Fusionskontrolle bei Akquisition von Rechten des geistigen Eigentums - XXXVII. FIW-Seminar Aktuelle Schwerpunkte des Kartellrechts

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Fusionskontrolle bei Akquisition von
 Rechten des geistigen Eigentums

              Prof. Dr. Andreas Fuchs
    Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht
               Universität Osnabrück

            XXXVII. FIW-Seminar
  Aktuelle Schwerpunkte des Kartellrechts

              Köln, 19. November 2009

                                                 1
I. Einführung und Problemstellung (1)

  „   Steigende Bedeutung von IP-Rights für die Wett-
      bewerbsposition von Unternehmen, insbes. in
      bestimmten Branchen
  „   Eigenschaften von Immaterialgütern
       „   Ubiquität, Nicht-Rivalität im Konsum und gesteigerte
           Interdependenz
  „   Funktionen der Immaterialgüterrechte
       „   Schutzrechte zur Steigerung der Aneignungsfähigkeit und
           Handelbarkeit von geistigen Leistungen,
       „   Bekämpfung von free-riding durch zeitlich befristetes
           Imitationsverbot,
       „   Schutz der Selbst- und Fremdverwertung,
       „   Schaffung von Anreizen für Innovationen und Investitio-
           nen
                            Andreas Fuchs
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I. Einführung und Problemstellung (2)

  „   Ausschließlichkeitsrechte als Beschränkung der
      Verfügbarkeit geistiger Leistungen zur Aktivierung
      des wettbewerblichen Marktmechanismus
  „   Begründung eines begrenzten rechtlichen
      Monopols, aber nicht (unmittelbar) eines
      wirtschaftlichen Monopols, sondern
  „   Ressourcen mit dem Potential zur Verschaffung
      von Vorsprüngen im Wettbewerb und ggf. (bei
      überlegener Leistung und Marktakzeptanz) von
      Marktmacht
  „   Zusammenfassung von Schutzrechten in einer
      Hand mit potentiell gravierenden Auswirkungen
      auf die Marktstruktur
                       Andreas Fuchs
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I. Einführung und Problemstellung (3)

„   Anwendbarkeit der Fusionskontrolle auf
    den isolierten Erwerb von Immaterial-
    güterrechten
    „   Zusammenschluss durch Erwerb von
        einzelnen Immaterialgüterrechten oder
        Schutzrechtspaketen?
    „   Zusammenschluss durch Lizenznahme?
    „   Abgrenzung zwischen internem und
        externem Unternehmenswachstum im
        immaterialgüterrechtlichen Kontext

                      Andreas Fuchs
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II. Erscheinungsformen und wettbewerbliche Gefahren
der nachträglichen Akkumulation von Schutzrechten (1)

„   Erscheinungsformen des derivativen Erwerbs
    von Immaterialgüterrechten
    „   Isolierter Erwerb einzelner IP-Rights, z.B.
         „   Marke (BGH „Warenzeichenerwerb“)
         „   Werktitel (BGH „National Geographic I“)
    „   Ausstattung eines GU mit den benötigten Rechten
        durch die Gründer oder Dritte
    „   „Vergemeinschaftung“ des bestehenden Schutz-
        rechtsbestands bei F&E-Kooperationen
    „   Bildung von Technologiepools
    „   Akquisitionen im Zusammenhang mit Standardi-
        sierungsmaßnahmen

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II. Erscheinungsformen und wettbewerbliche Gefahren
der nachträglichen Akkumulation von Schutzrechten (2)

„   Wettbewerbliche Gefahren der Akkumulation
    bereits bestehender Schutzrechte
    „   Entstehung von „Patent-Dickichten“ mit besonders
        starker marktabschottender Wirkung
    „   Blockierung der Entwicklung alternativer und
        komplementärer Technologien durch „ring
        fencing“ und Kombinationseffekte
    „   Erhöhte Abschreckungs- und Entmutigungseffekte
        auch auf abgeleiteten Märkten
    „   Gefahr der Technologieunterdrückung
    „   Perpetuierung von Netzwerkeffekten (z.B. bei
        proprietären Standards)

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II. Erscheinungsformen und wettbewerbliche Gefahren
der nachträglichen Akkumulation von Schutzrechten (3)

„   Wettbewerbliche Bedeutung der Anwendung der
    Fusionskontrolle auf isolierte Immaterialgüterrechts-
    akquisitionen
    „   „Vorfeldwirkung“
    „   Reduzierung des Problems der nachträglichen Auferlegung
        von kartellrechtlichen Zwangslizenzen zur Marktöffnung in
        Missbrauchsfällen
    „   Möglichkeit der Freigabe unter Auflagen und Bedingungen
    „   Keine Behinderung des normalen Technologietransfers
    „   Anwendung nur in Ausnahmefällen aufgrund enger
        tatbestandlicher Grenzen und hoher Aufgreifschwellenwerte

                           Andreas Fuchs
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III. Die Akquisition von Immaterialgüterrechten als
Form externen Unternehmenswachstums (1)

„   Die relevanten Zusammenschlusstatbestände
    im Überblick
    „   Deutsche Fusionskontrolle
         „   § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB: (teilweiser) Vermögenserwerb
         „   § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB: Kontrollerwerb über Unterneh-
             mensteil durch (teilweisen) Vermögenserwerb
    „   Europäische Fusionskontrolle
         „   Art. 3 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 FKVO: Kontrollerwerb über
             Unternehmensteil durch (teilweisen) Vermögenserwerb
    „   Merger Control in USA
         „   Sec. 7 Clayton Act: acquisition of „any part of assets“

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III. Die Akquisition von Immaterialgüterrechten als
Form externen Unternehmenswachstums (2)

„   Die relevanten Erwerbsvorgänge
    „   Übertragung des Eigentums am
        Schutzrecht (Vollrechtserwerb)
    „   Einräumung von Nutzungsrechten am
        Immaterialgut (Lizenzen)
        „   Exklusivlizenz (exclusive license)
        „   Alleinlizenz (sole license)
        „   Einfache Lizenz

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III. Die Akquisition von Immaterialgüterrechten als
Form externen Unternehmenswachstums (3)

„   Verhältnis zum Lizenzkartellrecht
    „   Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf die
        Übertragung von Patent-, Know-how- oder
        Softwarerechten bei teilweiser Übernahme
        des Verwertungsrisikos durch den
        Veräußerer (Art. 1 Abs. 1 lit. b TT-GVO)
    „   Freistellung der Alleinlizenz
        (Art. 4 Abs. 1 lit. c iii) TT-GVO)
    „   Berücksichtigung kooperativer Auswirkun-
        gen von VollfunktionsGU im FK-Verfahren
        (Art. 2 Abs.4, Art. 3 Abs. 4 FKVO)
                       Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (1)

 Akquisitionstatbestand           Vermögenserwerb Kontrollerwerb über
                                  § 37 Abs. 1 Nr. 1 Unternehmensteil,
                                  GWB               § 37 Abs. 1 Nr. 2
                                                    GWB
 originärer Erwerb                         (–)             (–)

 derivativer Vollrechtserwerb              (+)             (+)
 (Eigentumsrechte)
 Einräumung von                            (–)             (+)
 Nutzungsrechten,                        (h.M.)
 insbes. Exklusivlizenz
 Alleinlizenz                              (–)          grds. (–)

 Einfache Lizenz                           (–)             (–)

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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (2)

  „   Zus.schluss durch Teilvermögenserwerb
      (§ 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB)
           Voraussetzungen nach BGHZ 119, 117 = WuW/E
           BGH 2783 „Warenzeichenerwerb“:
      1.   Abtrennbarer Vermögensteil
      2.   Tragende Grundlage (Substrat) der Marktstellung
           des Veräußerers
      3.   Eignung zur Übertragung der Marktstellung auf
           den Erwerber
      4.   (abstrakte) Eignung zur spürbaren Stärkung der
           Position des Erwerbers und
      5.   Ausscheiden des Veräußerers aus dem Markt.
                          Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (3)

      Kritik:
      1. Abtrennbarer Vermögensteil (selbstverständlich)
      2. Tragende Grundlage (Substrat) der Marktstellung
         des Veräußerers
      3. Eignung zur Übertragung der Marktstellung
         auf den Erwerber
      4. (abstrakte) Eignung zur spürbaren Stärkung des Erwerbers
         (überflüssig und systemfremd)
      5. Ausscheiden des Veräußerers aus dem Markt.
  „   Entscheidend daher: Vermögensgegenstand =
      Substrat einer auf den Erwerber transferierbaren
      Markstellung, Erwerb führt zum Ausscheiden des
      Veräußerers aus dem Markt.

                           Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (4)

  „   (Teil-)Vermögenserwerb als Unterfall des Kontroll-
      erwerbs über einen Unternehmensteil (§ 37 Abs. 1
      Nr. 2 S.2 lit. a GWB, Art. 3 Abs. 1 lit. b FKVO)
      „   KOM: „Unternehmensteil“ = Geschäft, dem ein Umsatz
          eindeutig zugeordnet werden kann; Eintritt des Erwerbers in
          die Marktstellung des Veräußerers (bei dessen gleichzeitiger
          Verdrängung aus seiner ggw. Position) erforderlich.
          „Marken und Lizenzen“ als Bsp. für Vermögenswerte, die ein
          „Geschäft“ bzw. einen „Unternehmensteil“ mit zurechenba-
          ren Marktumsätzen ausmachen können.
      „   BGH „National Geographic I“: dito; Eintritt des Erwerbers in
          eine bereits vorhandene aktuelle Marktposition des Veräuße-
          rers erforderlich; potentielle Marktstellung genügt nicht;
          Übernahme des Wesentlichkeitskriteriums aus § 37 Abs. 1
          Nr. 1 GWB in Nr. 2 lit. a.

                              Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (5)

  „   Stellungnahme und Kritik:
      „   Übernahme des „Wesentlichkeitskriteriums“ in
          § 37 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GWB überflüssig
           „   Auslegung des Merkmals „Unternehmensteil“ entschei-
               dend (vgl. KOM-Praxis)
           „   Verstecktes quantitatives Wesentlichkeitskrit. durch die
               allg. Umsatzschwellen iVm der Berücksichtigung nur des
               veräußerten Vermögensteils auf Seiten des Veräußerers.
      „   Beschränkung auf aktuelle Marktposition wider-
          spricht Schutzzweck und Systematik der FK
           „   Notw. Schutz von Zukunftsmärkten vor Vermachtung
           „   Pot. Wettbewerb grds. ebenso schutzwürdig wie akt.
           „   Hinr. rechtssichere Abgrenzung zw. internem u. exter-
               nem Wachstum aufgr. qualitativer Wertung bleibt mögl.
                               Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (6)

  „   Anforderungen an die Eigenschaft von Vermögens-
      rechten als Substrat einer (pot.) Marktstellung:
       „ Aktuelle Marktposition mit konkreten Umsätzen/
         Marktanteilen nicht erforderlich; aber: Ressource
         als notw. Grundlage für künftige Marktumsätze
       „ Zusätzlich: konkretes strategisches Marktpotential

          „   Hinreichende Marktnähe der Ressource als Substrat einer
              potentiellen Marktstellung (+ jdf. bei „vorwirkender
              Marktgeltung“ wie im Fall „National Geographic“)
          „   Hypothetischer Markttest (realistische Einschätzung der
              Vermarktungsfähigkeit des Immaterialgüterrechts auf
              dem Lizenz- oder Produktmarkt)
          „   Beurteilung der Exklusivitätswirkung/Substituierbarkeit
              der Ressource für den betr. wirtschaftlichen Markt

                              Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (7)

  „   Anforderungen an die Transferierbarkeit auf den
      Erwerber
      „   Möglichkeit der Eingliederung und Nutzung der Vermögens-
          gegenstände im Erwerberunternehmen (ggf. nach Anpas-
          sung und gewissen zusätzlichen Investitionen)
      „   Tatsächliche Nutzung nicht entscheidend (z.B. im Fall der
          Technologieunterdrückung, Übergang der Position des
          Veräußerers auf den Erwerber auf andere Weise)
  „   Ausscheiden des Veräußerers aus dem Markt
      „   loss of a going concern
      „   Verlust der Eigenschaft als potentieller Wettbewerber

                              Andreas Fuchs
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IV. Konkretisierung der Zusammenschlusstatbestände (8)

Zusammenschluss-         Erwerbsgegenstand           Qualifikation
tatbestand

Sec. 7 Clayton Act       „any part of assets“        „significant transfer of productive
                                                     potential“ / „loss of a going
                                                     concern“
§ 37 Abs. 1 Nr. 1        „wesentlicher Teil“ des     „Substrat“ einer (aktuellen?)
GWB                      Vermögens                   Marktstellung /
                                                     konkretes Marktpotential?
§ 37 Abs. 1 Nr. 2        Kontrolle über              existierende Marktstellung
GWB                      „Unternehmensteil“          des Veräußerers

Art. 3 Abs. 1 lit. b),   –"–                         „Geschäft“ mit zurechenbaren
Abs. 2 FKVO                                          aktuellen Marktumsätzen

Gründung eines GU        Gemeinsame Kontrolle        VollfunktionsGU
Art. 3 Abs. 4 FKVO       über Unternehmen(steil)

                                    Andreas Fuchs
                                 Universität Osnabrück                               18
V. Fazit und Ausblick (1)

  „   Der Erwerb einzelner Immaterialgüterrechte im Wege des
      Vollrechtserwerbs oder der exklusiven Lizenzierung kann in
      der dt. u. europ. Fusionskontrolle den Zusammenschlusstat-
      bestand der Kontrollerlangung über einen „Unternehmens-
      teil“ erfüllen.
  „   Die Voraussetzung nach ggw. Praxis der KOM und Rspr. des
      BGH, dass die übertragenen Schutzrechte oder Exklusivlizen-
      zen Substrat einer aktuellen Marktstellung des Veräußerers
      mit zurechenbaren Umsätzen/Marktanteilen sind, ist zu eng.
      Es sollte genügen, dass die erworbenen Assets ein konkretes
      strategisches Marktpotential darstellen, das unter Ausschluss
      des Veräußerers auf den Erwerber übergeht.

                          Andreas Fuchs
                       Universität Osnabrück                   19
V. Fazit und Ausblick (2)

  „   Der Tatbestand des (partiellen) Vermögenserwerbs in § 37
      Abs. 1 Nr. 1 GWB, der nach h.M. nur den Vollrechtserwerb
      erfasst, erscheint dagegen obsolet. Er hätte nur dann noch
      eine eigenständige Funktion gegenüber dem Kontroll-
      erwerbstatbestand (Nr. 2), wenn der Begriff des „wesent-
      lichen Teils“ des Vermögens eine weitergehende Interpreta-
      tion erführe als der des „Unternehmensteils“. Das ist jedoch
      nicht zu erwarten.
  „   Umgekehrt ist die Übernahme des „Wesentlichkeitskriteri-
      ums“ aus Nr. 1 in Nr. 2 überflüssig, da die notwendige quali-
      tative Bewertung der erworbenen Vermögensgegenstände
      als Substrat einer (potentiellen) Marktstellung unmittelbar an
      den Begriff des „Unternehmensteils“ anknüpft.

                           Andreas Fuchs
                        Universität Osnabrück                   20
V. Fazit und Ausblick (3)

  „   Bei einer mögl. künftigen Reform der dt. Fusionskontrolle
      sollte der Gesetzgeber aus teleologischen und systema-
      tischen Gründen zumindest in der Gesetzesbegründung
      klarstellen, dass auch der Erwerb hinreichend konkreter
      potentieller Marktstellungen durch derivativen Erwerb von
      Vermögensgegenständen den Zusammenschlusstatbestand
      des Kontrollerwerbs erfüllt.

                         Andreas Fuchs
                      Universität Osnabrück                  21
Kontaktdaten:

              Prof. Dr. Andreas Fuchs, LL.M.
               Geschäftsführender Direktor
        Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht
                   Universität Osnabrück
                      Katharinenstr. 15
                      49078 Osnabrück
                    Tel. (0541) 969-6001
                    Fax (0541) 969-4517
                   E-Mail: afuchs@uos.de

                      Andreas Fuchs
                   Universität Osnabrück             22
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