Wissenschaftstheorie Prof. Dr. Andreas Georg Scherer Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung Institut für ...

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Wissenschaftstheorie

                                  Prof. Dr. Andreas Georg Scherer
                Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung
                                 Institut für Betriebswirtschaftslehre

                                                  Universität Zürich, HS 2020

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Hinweis

          ●     Aufzeichnung der Vorlesungen ab der folgenden Folie

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Some Notes on Housekeeping

          ●     Aufgrund von COVID-19 angepasstes Vorlesungsformat
          ●     Vorlesungen:
                 » Synchrone online Vorlesungen via Zoom mit Aufzeichnung
                 » Materialien und Aufzeichnungen werden online auf OLAT zur
                   Verfügung gestellt; Folien sind auf der Homepage zu finden
                 » Pause: Zur Interaktion zwischen Studierenden und Dozierenden sowie
                   der Studierenden untereinander werden wir «social breaks» anbieten
                   ohne Aufzeichnung
          ●     Sprechstunde & Weitere Fragen:
                 » Am Ende jeder Vorlesung findet ein Q&A-Diskussionsforum/ offene
                   Sprechstunde statt (ohne Aufzeichnung): Montag, 15.45 – 16.00 Uhr
                 » Individuelle Sprechstunde und Feedback zu Übungsaufgaben nach
                   Vereinbarung: ab 16.00 Uhr
                 » Weitere Fragen: Bitte per OLAT Forum
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Some Notes on Housekeeping (cont’d)

          ●     Leistungsnachweis:
                 » 2 Übungsaufgaben (je 20%) während des Semesters zu schreiben:
                      – Umfang: je 2-3 Seiten und bis zwei Wochen nach Abschluss des
                        jeweiligen Themas in der VL an Dorothee Winkler zu senden
                      – Aufgabenstellung verfügbar auf OLAT, Zuteilung erfolgt in der
                        kommenden Woche
                 » Klausur (60%): Voraussichtlich am 11. Januar 2021, 14.00 – 16.00 Uhr
                    (Prüfungsdauer: 90 min.), virtuelle Durchführung unter Aufsicht

          ●     Ihre Fragen?

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Hinweis zu Vorlesung zu MEDU der ETH (siehe auch OLAT)

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Bitte
                                                        Einstiegsumfrage                                              separat
                                                                                                                       Menti
                                                                                                                      öffnen!

          ●     Bitte öffnen Sie die unten stehenden Links:

          ●     (1) Teilnehmer Link: https://www.menti.com/gvz8h4h5om
          ●     Bitte geben Sie hier jeweils nach Aufforderung Ihre Antworten ein.

          ●     (2) Live Resultate Link:
                https://www.mentimeter.com/s/d50d00f7436681f614e38dc7a63ea4f8/0
                1b57d7def2c
          ●     Hier können Sie die Live Ergebnisse aller Teilnehmer sehen.

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Some Notes on Housekeeping (cont’d)

          ●     Was dürfen Sie von uns erwarten?
                 » Einführung in die Grundfragen und Grundpositionen der
                   Wissenschaftstheorie für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
                 » Hilfsbereitschaft und konstruktive Atmosphäre

          ●     Was erwarten wir von Ihnen?
                 » Aktive und regelmässige Teilnahme an der Vorlesung
                 » Zusammenarbeit in Kleingruppen und Bereitschaft, das Erarbeitete im
                   virtuellen Plenum zu präsentieren
                 » Einhalten allgemeiner Verhaltensregeln (z.B. Pünktliches Erscheinen;
                   Einschalten Ihres Videos; Ausschalten des Mikrofons, sofern kein
                   aktiver Redebeitrag)

          ●     Ihre Fragen?
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Inhalt

  I.      Grundbegriffe und Grundpositionen
          1.      Einleitung
                  - Warum Wissenschaftstheorie?
                  - Drei Ebenen: Wissenschaftstheorie, Theorie und Praxis
          2.      Grundfragen der Wissenschaftstheorie
                  - Grundbegriffe der Wissenschaftstheorie
                  - Wahrheitsbegriff
                  - Erkenntnistheoretische Grundpositionen
                  - Teilnehmer- und Beobachterperspektive
          3.      Systematisierung sozialwissenschaftlicher Paradigmen
                  - Burrell-Morgan-Schema
                  - Das Inkommensurabilitätsproblem

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Inhalt

  II. Sozialwissenschaftliche Paradigmen

          1.      Das Subjekt-Objekt-Modell („naturwissenschaftlicher Ansatz“)
          2.      Der interpretative Ansatz
          3.      Die kritische Theorie
          4.      Die postmoderne Philosophie
          5.      Rational Choice Ansatz
          6.      Evolutionärer Erklärungsansatz

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Inhalt

  III. Konsequenzen für Theorie und Praxis

          1.      Perspektiven zur Inkommensurabilitätsproblematik
          2.      Verhältnis von Theorie und Praxis
          3.      Konsequenzen für die Praxis

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I. Grundbegriffe und Grundpositionen

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1.              Einleitung: Warum Wissenschaftstheorie?

                               Zum Zustand der Sozialwissenschaften: gestern...

               "Disagreement in theoretical approaches and even in methodology will
               not prove detrimental as long as there is some agreement about what
               the fundamental questions or issues are and as long as there are some
               agreed upon ways of resolving theoretical and methodological disputes.
               At the moment neither condition holds. There is no commitment to a
               unifying set of research goals or questions being pursued by varied
               means. There is no agreement as to whether the field should serve the
               powerful, presumabley business and government interests, or the
               powerless. There is little apparent agreement about how to resolve the
               controversies among competing paradigms - not only disagreement
               about which one is correct or useful, but disagreement about how to
               even go about figuring this out."
                Pfeffer, Academy of Management Review 1993, p. 617 f.

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1.              Einleitung: Warum Wissenschaftstheorie?

                                                                ... und heute?
          Auszug aus „Die BWL duckt sich zu oft weg“ (zu Knyphausen-Aufsess, Kunisch & Nippa, 2020).
          „Die aktuelle Corona-Krise führt uns deutlich vor Augen, dass Wirtschaften kein
             Selbstzweck sein darf, sondern gesellschaftliche Probleme effizient lösen
             soll (…) In der Mainstream-Managementforschung geht es (allerdings) fast
             ausschließlich um Wachstum und Renditestreben.“
          Ein aktueller Artikel zeigt: „in den 20 ausgezählten führenden Management-
             Fachzeitschriften sind in den Jahren 2007 bis 2018 nur 24 Artikel
             erschienen, die sich explizit mit dem Klimawandel auseinandersetzen, dafür
             aber 1206 Artikel, die das Wachstum, die Profitabilität und die
             Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen adressieren. Das Problem, so die
             Autoren, ist, dass der Klimawandel zwar nicht explizit geleugnet, wohl aber
             implizit dadurch verneint wird, dass man vor der Komplexität des Themas
             kapituliere und sich lieber auf die Beantwortung von sehr speziellen Fragen
             konzentriere, die sich im Rahmen von Zeitschriftenbeiträgen und mit Hilfe
             einer „rigorosen“ Forschungsmethodik bearbeiten lassen“
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1.              Einleitung: Warum Wissenschaftstheorie?

                                                                ... und in der VWL?
          Das Netzwerk „Plurale Ökonomik“
          „Ein Blick in die tägliche Presse zeigt: Ob Hunger, Umweltzerstörung,
          Klimawandel, Finanzmarktkrise, soziale Ungleichheit oder Arbeitslosigkeit
          – die (ökonomischen) Probleme unserer Zeit sind vielfältig und komplex.
          Die Antworten der akademischen VWL [...] sind hingegen meist eindimen-
          sional. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass die dahinter liegenden theore-
          tischen Konzepte meist ein und derselben Denkschule entspringen,
          weshalb ihre Modelle einseitig und ihre Perspektive eingeschränkt bleiben.
          [...]
          Unser Ziel ist es, der Vielfalt ökonomischer Theorien Raum zu geben, die
          Lösung realer Probleme in den Vordergrund zu stellen sowie Selbstkritik,
          Reflexion und Offenheit in der VWL zu fördern. Dabei gehen wir bewusst
          über einen VWL-internen Diskurs hinaus und richten unser Anliegen
          gezielt an Zivilgesellschaft, Politik und mediale Öffentlichkeit.“
          Quelle: https://www.plurale-oekonomik.de/das-netzwerk/ziele-und-aktivitaeten/

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1.              Einleitung: Wissenschaftstheorie, Theorie und Praxis

                                                                                             Wie werden die Sozial-
                                                                                             wissenschaften betrieben?
                              Wissenschaftstheorie                                           Wie sollten die Sozial-
                                                                                             wissenschaften betrieben
                                                                                             werden?

                                                                                             Wie lässt sich die soziale
                              Sozialwissenschaften                                           Praxis erklären (beschreiben)?
                                                                                             Wie sollte die soziale Praxis
                                                                                             verbessert (gestaltet) werden?

                                    soziale Praxis

                    Quelle: Scherer 2006 (modifiziert)

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1.              Einleitung: Wissenschaftstheorie, Theorie und Praxis

                                                                                             Wie wird die MT/OT
                                                                                             betrieben?
                              Wissenschaftstheorie
                                                                                             Wie sollte die MT/OT
                                                                                             betrieben werden?

                                                                                             Wie wird die MP/OP
                                Management-/                                                 betrieben?
                              Organisationstheorie                                           Wie sollte die MP/OP
                                                                                             betrieben werden?

                                 Management-/
                               Organisationspraxis

                    Quelle: Scherer 2006

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2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

           Exkurs: Wissenschaften, die Wissenschaft zum Gegenstand haben
       ●     Wissenschaftssoziologie (Untersuchung der wissenschaftlichen
             Entwicklung und Interaktion von Forschern als sozialer Prozess)
       ●     Wissenschaftstheorie (Untersuchung der Bedingungen der Möglichkeit
             wissenschaftlicher Erkenntnis; Wahrheitsnachweis und Begründung)
       ●     Wissenschaftsgeschichte (historischer Gang einer Wissenschaft)
       ●     „Wissenschaftspsychologie“ (Verhalten und Motive der einzelnen Forscher)
       ●     „Wissenschaftspolitologie“ (Analyse und Gestaltung von Wissenschaft als
             Institution)
       ●     Wissenschaftsethik (moralische Rechtfertigung wissenschaftlichen Handelns)
       ●     Wissenschaftsphilosophie („alles umfassende Theorie systematischen
             Wissens“)
               »    Posner, H. Wissenschaftstheorie. Eine philosophische Einführung, 2. Auflage, Stuttgart 2012, S. 15 ff.

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2.              Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

  ●     „Eine jede Lehre, wenn sie ein System, d.h. ein nach Prinzipien geordnetes
        Ganzes der Erkenntnis sein soll, heißt Wissenschaft.“
          »    I. Kant zit nach Posner 2012, p. 24
  ●     „Unter Wissenschaft verstehen wir einen widerspruchsfreien Zusammenhang
        von Satzfunktionen (Aussageformen) oder geschlossenen Satzformeln
        (Aussagen), die einer bestimmten Reihe von Satzbildungsregeln entsprechen
        und den Satztransformationsregeln (logischen Ableitungsregeln) genügen, oder
        aber wir verstehen darunter einen widerspruchsfreien Beschreibungs- und
        Klassifikations- und/oder Begründungs- oder Ableitungszusammenhang von
        teils generellen, teils singulären, zumindest indirekt intersubjektiv prüfbaren,
        faktischen Aussagen, die einer bestimmten Reihe von Satzbildungsregeln
        entsprechen und den Satztransformationsregeln (logischen Ableitungsregeln)
        genügen.“
          »    Wohlgenannt, R., Was ist Wissenschaft?, Braunschweig 1969, p. 197; zit nach Posner 2012, S. 25f.

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2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

  ●     wissenschaftliche Erkenntnis ist nicht schon „da“, d.h. dem menschlichen
        Subjekt gleichsam vorgegeben wie die Gegenstände der Natur, sondern wird
        durch menschliche Anstrengungen, durch Handeln („Wissenschaft treiben“),
        hervorgebracht, ist also ein Kulturphänomen
  ●     „Wissenschaft treiben“ findet unter historischen, soziokulturellen und
        institutionellen Bedingungen statt, ist von diesen also nicht unabhängig
  ●     „Wissenschaft treiben“ wird daher konsequent als Handeln (=absichtsgeleitetes
        Tun) begriffen
  ●     dieses Handeln ist eingebettet in (historische, sozio-kulturelle, institutionelle)
        Rahmenbedingungen, wird von diesen beeinflusst und beeinflusst seinerseits
        diese

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2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

  Wissenschaft treiben als Handeln

  ●     1. Grundfrage: Warum / zu welchem Ende betreiben wir Wissenschaft
        (Zweckebene)
  ●     2. Grundfrage: Welche methodischen Mittel setzen wir ein? / Welche
        Annahmen treffen wir? (Mittelebene)
          »    Scherer Kritik der Organisation oder Organisation der Kritik? 2006, p. 22

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   20
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

                                                   1. Grundfrage: Zweckebene
                                Warum / zu welchem Ende betreiben wir Wissenschaft?

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   21
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

                                                   1. Grundfrage: Zweckebene
                                Warum / zu welchem Ende betreiben wir Wissenschaft?

                          "Wissensanhäufung"                                                  Stützung der Praxis

                          l'art pour l'art                                        hilfreiches, aber durchaus kritisches
                   (selbstgenügsame Theorie)                                      ("reflektiertes") Orientierungswissen

                   Wissen für Wissenschaftler                                              Wissen der Wissenschaftler
                         (über Praxis)                                                          (für die Praxis)
                      "Werturteilsfreiheit"                                                                       •technisches Wissen
        •technisches Wissen                                                                                       •politisches Wissen
              Erhaltung des Status Quo                           Kritik des Status Quo
                  (in der Tendenz)
          Erkenntnisinteressen: technisch-instrumentell, praktisch-hermeneutisch,
          emanzipatorisch (vgl. Habermas 1968)
          Praxis als Referenzpunkt für Probleme und Lösungen?
Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich                     22
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

                                                             Zweckebene
  Erkennt- Methode                 Zweck                 Fokus                 Angestrebtes                   Beispiel
  nisinter-                                                                    Ergebnis
  esse

  Tech-          Empirisch-        Ermöglichung          Identifikation        Steigerung der                 Zeit- und
  nisches        analytisch        von                   und                   Effektivität/Effizienz         Bewegungsstudien von
                                   Vorhersage            Modifikation          von Mittel-Zweck               Frederick Taylor (1911)
                                   und Kontrolle         der objektiven        Beziehungen und
                                                         sozialen              Beseitigung von
                                                         Realität              Irrationalität

  Prakt-         Historisch-       Förderung             Interpretation        Analyse und                    Organisations-
  isches         hermen-           eines gegen-          der sozial            (evt.)Beseitigung              kulturansätze (Schein
                 eutisch           seitigen Ver-         konstruierten         von Interpretations-           1985)
                                   ständnisses           Wirklichkeit          unterschieden

  Eman-          Kritisch          Kritik                Ausbeutungs-          Kritik und                     Critical Management
  zipator-                         bestehender           und                   Beseitigung von                (Alvesson/Willmott 1992)
  isches                           Verhältnisse          Dominanz-             Ausbeutungs- und               Postmoderne
                                                         beziehungen           Machtbeziehungen               Organisationstheorien
                                                                                                              (Calàs/Smircich 1999)
                                                                                           Tabelle in Anlehnung an Willmott (2003: 95)
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2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

                                          2. Grundfrage: Mittelebene
             Welche methodischen Mittel setzen wir ein?/Welche Annahmen treffen wir?
              Betrifft v.a. Konzeptionalisierung menschlichen Tuns (Verhalten i.w.S.)

                                             Fallstudie: Studienfachwahl

                                                                                                                       Virtual
                                                                                                                      Breakout
                                                                                                                       Room

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich              24
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

                                          2. Grundfrage: Mittelebene
             Welche methodischen Mittel setzen wir ein?/Welche Annahmen treffen wir?
               betrifft v.a. Konzeptionalisierung menschliches Tuns (Verhalten i.w.S.)

                     von durchschaubaren                                       absichtsgeleitetes (intentionales)
                    Mechanismen determiniert                                  Tun, durch Rede und Argumentation
                                                                                  mit Sinngehalten versehbar

                         "Verhalten" i.e.S.                                                         "Handeln"

               Sozialwissenschaft als Natur-                                          Sozialwissenschaft als
                wissenschaft (Szientismus)                                   Kulturwissenschaft deutend-verstehende
                                                                                         Rekonstruktion

                    "Gesetze" entdecken
  Abgrenzungsmerkmale (Janich 1992)                zweckrational                                                      verständigungs-
  (1) zu "Handlungen" kann man auffordern                                                                                orientiert
  (2) "Handlungen" kann man tun oder unterlassen
  (3) "Handlungen" können gelingen oder misslingen
Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich                     25
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Grundbegriffe

    Ontologie:                     Die Lehre vom Seienden (Seiffert 1997: 136)
                                   à Welchen Charakter hat der
                                      Untersuchungsgegenstand?

    Epistemologie:                 „the nature, extend, and justification of knowledge“
                                   (Rosenberg 1995: 2)
                                   à Welchen Charakter hat das Wissen über den
                                     Untersuchungsgegenstand?
                                   à Wie lässt sich Wissen über den Untersuchungsgegenstand
                                     erlangen?

    Methodologie:                  Art und Weisen der Untersuchung
                                   à Welche Methoden lassen sich zur Untersuchung des
                                      Gegenstandes einsetzen?

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   26
2. Wahrheitsbegriff

          ●     Was verstehen Sie unter “Wahrheit”?

                                                                                                              Virtual
                                                                                                             Breakout
                                                                                                              Room

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich     27
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie: Wahrheitsbegriff

    -    Korrespondenztheoretischer Wahrheitsbegriff
         „Wahr ist eine Aussage dann, wenn sie mit der Wirklichkeit (Realität)
         übereinstimmt.“

    -    Kohärenztheoretischer Wahrheitsbegriff
         „Wahr ist eine Aussage dann, wenn sie sich ohne logischen Widerspruch in ein
         System wahrer Aussagen einfügen lässt.“

    -    Konsenstheoretischer Wahrheitsbegriff
         „Wahr ist, worauf sich die betroffenen und sachverständigen Akteure in einem
         herrschaftsfreien Diskurs einigen.“

    -    Pragmatischer Wahrheitsbegriff
         „Wahr ist, was erfolgreich funktioniert.“

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   28
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie

                                   Erkenntnistheoretische Grundpositionen I

          ●     Was ist das Objekt der Erkenntnis?/Wie wird das Objekt der Erkenntnis
                konstituiert? (Ontologie)
          ●     Realismus
                  » es gibt eine ausserhalb des Bewusstseins liegende Realität, die vom
                    Subjekt mehr oder weniger sicher erkannt werden kann
          ●     Idealismus/Nominalismus
                  » das erkennende Subjekt konstituiert erst die Realität

Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   29
2.               Grundfragen der Wissenschaftstheorie

                     Erkenntnistheoretische Grundpositionen II (Scherer 2006, p. 24)
           ●     Was ist die Quelle der Erkenntnis? (Epistemologie)
           ●     Rationalismus
                  » die menschliche Vernunft ist Quelle der Erkenntnis
                     es sind Erkenntnisse ohne Erfahrung möglich („a priori ), die sich durch
                     Erfahrung auch nicht widerlegen lassen
                     kohärenztheoretischer Wahrheitsbegriff
                     Vertreter: Platon, Descartes, Leibnitz
                  Problem: Begründung, Widerspruch zwischen Ratio und Erfahrung
           ●     Empirismus
                  » die (sinnliche) Erfahrung ist Quelle der Erkenntnis
                     Erkenntnisse sind ohne Erfahrung nicht begründbar (es gibt keine
                     Erkenntnisse „a priori )
                     korrespondenztheoretischer Wahrheitsbegriff
                     Vertreter: Locke, Hume
                  Problem: Irrtum, normative Aussagen, naturalistischer Fehlschluss
Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   30
2.              Grundfragen der Wissenschaftstheorie:
                  Teilnehmer- und Beobachterpespektive

                  ® Ziel: kritische Beurteilung von Handlungen (des Wissenschaftlers oder des
                    Praktikers) zum Zwecke ihrer Verbesserung
               ● Der Beobachter
                           – ist vom betrachteten Akteur distanziert
                           – betrachtet den Akteur als "Objekt" seiner Anschauung (Vorordnung der
                               Perspektive des Beobachters)
     sucht Erklärung
       "objektiver"        – orientiert sich am beobachtbaren Verhalten
      Sachverhalte         – sucht nach allgemeingültigen Erklärungen/Verhaltensmustern
                           – Rationalitätsbeurteilung durch Anwendung externer Kriterien
               ● Der Teilnehmer
                           – lässt sich auf den Akteur ein (symmetrische Beziehung Subjekt-Subjekt)
                           – räumt den Erläuterungen des Akteurs ein Primat ein
                           – partielle Distanzierung möglich
                           – orientiert sich an den erläuterten Intentionen des Akteurs
 sucht Verständnis und – sucht nach Aussagen mit lokaler Geltung
Einverständnis von (und
   mit) Handlungen         – Rationalitätsbeurteilung durch Konsens zwischen Teilnehmer und Akteur
                               (Vernunft wird auf der Basis eines qualifizierten Konsens einer Handlung
                               zugeschrieben)
  Mittel     Zwecke
Prof. Dr. Andreas Georg Scherer, Lehrstuhl für Grundlagen der BWL und Theorien der Unternehmung, Universität Zürich   31
Q&A

          ●     Ihre Fragen?

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