Politische Inklusion in der EU 2020 - IFZ-Vortragsreihe "Europa 2020 - Auf dem Weg zu sozialer Gerechtigkeit? - IFZ-Salzburg

Die Seite wird erstellt Ansgar-Maximilian Seeger
 
WEITER LESEN
Politische Inklusion in der EU 2020
 IFZ-Vortragsreihe „Europa 2020 – Auf dem Weg zu sozialer Gerechtigkeit?

                              Markus Pausch
                        Zentrum für Zukunftsstudien
                               FH Salzburg

                      markus.pausch@fh-salzburg.ac.at
Politische Inklusion

Politische Inklusion bedeutet, dass Menschen, die in der EU leben…

…politische Rechte haben
• Aktives und passives Wahlrecht (StaatsbürgerInnen)
• Grundrecht auf Meinungsfreiheit (alle Menschen)
• Mitgliedschaften in Parteien, Interessenorganisationen etc.

…politische Rechte nutzen
• Aktive und passive Beteiligung an Wahlen
• Freie Meinungsäußerung
• Beteiligung in der politischen Öffentlichkeit

Die Rechtsunterworfenen müssen die Autoren des Rechts sein!
Wer hat politische Rechte?

Politische Rechte sind in jedem Staat ungleich verteilt

Kinder, AusländerInnen, StraftäterInnen unter gewissen Umständen
sowie behinderte/entmündigte Menschen in manchen EU-Staaten
haben weder aktives noch passives Wahlrecht (Ausnahme: EU-
AusländerInnen auf kommunaler Ebene und bei EU-Wahlen sowie in
manchen Ländern auf kommunaler Ebene auch Drittstaatsangehörige).

Alle haben aber das Recht auf freie Meinungsäußerung

Soziale Gerechtigkeit ist ohne politische Inklusion schwer vorstellbar
Politische Beteiligungsformen

•   Wahlen
•   Parteimitgliedschaften
•   Interessenvertretungen
•   BürgerInneninitiativen
•   Demonstrationen
•   Streiks
•   Soziale Netzwerke, Internetforen, E-Partizipation
•   Buttons, Leserbriefe, Diskussionen, Konsum, etc.
Trend in der Wahlbeteiligung (Österreich)

  100                                           90,4
        89,5
   90           83,8
                                                        86
                                                                81,9
                                                                       85,9
                                                                              80,4
                                                                                     84,3
                                                                                            78,5   78,8
   80                   74,4
                                71,7
   70
   60                                   53,6

   50
   40
   30
   20
   10
    0
         1986    1992    1998    2004    2010   1986   1990    1994    1995   1999   2002   2006   2008

                                   BP-Wahlen                  NR-Wahlen
• EinwohnerInnen in Österreich:                 ca. 8.300.000
• Wahlberechtigte 2008:                         ca. 6.300.000
• Abgegebene Stimmen:                           ca. 4.900.000

            ca. 40 % aller in Österreich lebenden
Menschen haben nicht an den letzten Wahlen
teilgenommen = 3.400.000 Menschen.
= NichtwählerInnen, Kinder, ausländische StaatsbürgerInnen,…

Zahl der NichtwählerInnen = 1.400.000 Menschen haben ihr Wahlrecht nicht
genutzt. Ca. 2.000.000 Menschen (ca. 24 %) hatten kein Recht zu wählen, davon
ca. 830.000 ausländische StaatsbürgerInnen.
Beteiligung bei den jeweils letzten
Wahlen auf nationaler Ebene

100                                                                                                      95
 90                                                                              84,6
                      78,8           80
 80
                                                 70,8                 68,9
 70      65,1
 60                                                         54
                                                                                           48,5
 50
 40
 30
 20
 10
  0
      Griechenland Österreich     Frankreich Deutschland Polen 2011   Spanien   Schweden   Schweiz   Belgien 2010
          2012       2008            2012       2009                   2011       2010      2011

  Quellen: Offizielle Webseiten der genannten Staaten
Unterschiede in Europa

100
                                                  91
                                    89
 90                                                                                     86 85
                      81 80                                 80
                                                       79
 80
        70 69                            71
 70                                                              65

 60                                                                        55
                                                                      53
                                                                                48 49
 50

 40                                                                                             Wahlen 80er/90er
                                                                                                letzte Wahl
 30

 20

 10

  0

      Quellen: Offizielle Webseiten der genannten Staaten
Länderunterschiede

•   Die Wahlbeteiligung an nationalen Wahlen geht in manchen Ländern
    Europas deutlich zurück, in anderen bleibt sie stabil.
•   Aufgrund ganz unterschiedlicher politischer Systeme und
    Partizipationstraditionen kann man nicht von einem
    gesamteuropäischen Phänomen sprechen.
•   In einigen Ländern (D, Ö, GB…) ist der Anteil derer, die politisch
    partizipieren deutlich geringer geworden = weniger politische Inklusion.
•   In manchen Ländern (CH, PL) ist die politische Inklusion auf einem
    gleichbleibend niedrigen Niveau.
•   In manchen Ländern (DK, S, FIN, NL, IRL, F…) haben auch Nicht-EU-
    AusländerInnen schon jetzt ein kommunales Wahlrecht
Trend bei EU-Wahlen

              80

              70         68

                    59
              60

                               49,8 49,4
              50
                                                  45,6                46
                                                          42,4   43

              40

              30

              20

              10

              0
                   1984/1996     1999                2004         2009
                                        EU   Österreich
Quelle: BMI
Wahlbeteiligung EU-Wahlen

•   Stark rückläufig
•   An die 60 % der Wahlberechtigten partizipieren nicht bei Wahlen zum
    Europäischen Parlament
•   Im Jahre 2009 gab es 378 Mio. Wahlberechtigte
•   EinwohnerInnen EU insgesamt: ca. 500 Mio.

122 Mio. der in der EU lebenden Menschen hatten kein Wahlrecht (24 %), davon
etwa 85 Mio. Kinder und ca. 35 Mio. Menschen mit Nicht-EU-Staatsbürgerschaft.
Von den 378 Mio. Wahlberechtigten gingen 57 % nicht zur Wahl = 215 Mio.
Menschen.
Gesamtzahl der Menschen, die nicht an der EU-Wahl teilnahmen: 337 Mio. (67 %)

Zwei Drittel aller Menschen, die in der EU leben haben sich nicht an den EU-Wahlen
2009 beteiligt.
Gründe für geringe Wahlbeteiligung

•   Skepsis gegenüber der repräsentativen Demokratie und deren
    Akteure/Institutionen (Parteien, BerufspolitikerInnen, Parlament) wächst, das
    Vertrauen sinkt
•   Die Bindungen an die Parteien sind geringer geworden
•   Supranationalisierung und Globalisierung führen zum Gefühl, keinen Einfluss zu
    haben
•   Nationalstaaten verlieren an Bedeutung
•   Ungleichheit im sozialen und ökonomischen Bereich führen auch zu politischer
    Exklusion (Schere zwischen Reich und Arm)
Wer sind die NichtwählerInnen?
Jüngere eher als Ältere
schlechter Gebildete eher als besser Gebildete
Arbeitslose eher als Erwerbstätige
Frauen eher als Männer
SchlechtverdienerInnen eher als BesserverdienerInnen
Unzufriedene eher als Zufriedene.
SOZIALE EXKLUSION führt zu POLITISCHER EXKLUSION und UMGEKEHRT
Mögliche Reformen zur Erhöhung
der politischen Inklusion

• Wahlrechte ausweiten
•   Wahlalter verringern (von 18 auf 16 oder auf ???)
•   Wahlrecht für AusländerInnen aus Drittstaaten auf kommunaler („Stadtbürgerschaft“) und
    nationaler Ebene (Anreizsystem, z. B. Wahlrecht, wenn Integrationsvereinbarung erfüllt ist
    oder ein freiwilliges Sozialjahr gemacht wird)
•   Reformen bei Vergabe von Staatsbürgerschaften
•   Wahlrecht für Menschen mit Behinderungen ausweiten (UN-Konvention, die 16 EU-Staaten
    nicht befolgen)

• Politische Teilhabe fördern
•   „Empowerment“ (Strukturen für Inklusion schaffen)
•   Politische Bildung ab der Volksschule
•   Demokratisierung der Arbeitsverhältnisse und der Ökonomie (Workplace-Democracy)
•   Schärfere Profilierung von Parteien
•   Reformen in der EU-Politik (z. B. Europäische Bürgerinitiative, Direktwahl
    Kommissionspräsident, europäische Parteien/Listen)
•   Wahlpflicht
•   Soziale Inklusion und soziale Gerechtigkeit
Entwicklungen in Europa bis 2020

   Nationalstaaten                   EU-Ebene
   Demokratiepakete und              Strategiepapier der EU sagt nichts zu
   Reformdiskussionen                politischer Inklusion

   Stärkung nationalpopulistischer   Europäische Bürgerinitiative (1 Mio./7 MS)
   Parteien
   Mehr direkte Demokratie           EU-Reformdebatte

   Verteilungsdebatten               Verteilungsdebatten zwischen MS

   Re-Ideologisierung                Parteipolitisierung/Ideologisierung
Sie können auch lesen