Berufliche Bildung als Zugang zur arbeitsbezogenen Lebenswelt - Dr. Caren Keeley Universität zu Köln - Werkstätten ...

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Berufliche Bildung als Zugang zur arbeitsbezogenen Lebenswelt - Dr. Caren Keeley Universität zu Köln - Werkstätten ...
Berufliche Bildung als
Zugang zur
arbeitsbezogenen
Lebenswelt
Dr. Caren Keeley
Universität zu Köln
„Arbeit sollte eine für die Person und die Umwelt
             bedeutungsvolle Tätigkeit sein, die Interessen
             aufgreift und weckt, Fähigkeiten herausfordert.“
             (DOOSE 2012, 94)
Arbeit und
Bildung      Arbeit setzt Lernen und Bildung voraus und
             ermöglicht gleichzeitig Lernen, da „wir Erlerntes
             anwenden, Kenntnisse und Kompetenzen nutzen und
             weiterentwickeln. Teilhabe in diesem Lebensbereich
             erfordert und beinhaltet also Bildung.“ (KLAUß 2012,
             49)
Berufliche Bildung für
Menschen mit schwerer
und mehrfacher
Behinderung
„Berufliche Bildung ist
             ein lebensbegleitender Prozess und damit
             ein bedeutender Baustein in der
             Bildungsbiographie eines Menschen.
Definition   Die Berufswelt ist wichtiger Lern-, Erfahrungs-
             und Gestaltungsraum
             und eng mit gesellschaftlicher Transformation
             verknüpft.“
             (Deutschen UNESCO – Kommission 2010)
Begriffsdiskussion
               (vgl. u.a. BECKER 2016, TERFLOTH 2011,
               TERFLOTH/ LAMERS 2011)

Begriffs-   Berufliche Bildung ist Lernen in oder bezogen auf
            die Arbeitswelt = arbeitsweltbezogene Bildung
diskurs
            Arbeitsbezogene Bildungsbegleitung = weiteres
            Verständnis von Beruflichkeit und Betonung des
            Bildungsaspekts
 Menschen mit schwerer und mehrfacher
              Behinderung werden in der aktuellen Diskussion
              (fast) nicht berücksichtigt
Aktuelle
Situation    Mögliche Begründung: „Arbeit und die Ausübung
              eines Berufes für sie als unrealistische
              Zielperspektive“ (Terfloth 2011, 356)
Orte beruflicher
                               Bildung
Aktuelle
Situation
                                          Im Kontext
              Im schulischen           arbeitsbezogener
            Kontext (v.a. FS GE)       Tätigkeit (WfbM,
                                           FuB o.ä.)
Berufliche Bildung im
schulischen Kontext
FS GE: Werk-, Abschluss-, Berufs- oder
               Übergangs-stufe
Berufliche    Auftrag der KMK-Konferenz: u.a. berufliche
Bildung im     Grundbildung und Berufsvorbereitung mit
schulischen    unterschiedlichen Tätigkeits- und
               Lernangeboten
Kontext
              Ersetzt in der Regel die Berufsschule/
               Berufsschulpflicht
Situation von Schüler*innen mit schwerer
               und mehrfacher Behinderung:
                 häufiger Ausschluss von Bildungsangeboten
                 v.a. von Angeboten zur beruflichen Bildung
Berufliche
Bildung im
schulischen   Mögliche Gründe:
Kontext          Orientierung an „vorrangigen“ Bedürfnissen
                 Berufliche Bildung wird „als nicht notwendig,
                  als nicht sinnvoll, als Überforderung
                  betrachtet“ (LAMERS 2012, 23)
                 Mangelnde Konzepte und Modelle
So ist es häufig Realität, dass
                  „Menschen mit schwerer und
               mehrfacher Behinderung die Schule
Berufliche     beruflich ungebildet verlassen und
              dass dadurch der weitere Lebensweg,
Bildung im      besonders auch die Entscheidung
schulischen     darüber, wer einen Arbeits- bzw.
Kontext       Produktionsbereich oder einen FuB
                besucht, wesentlich mitbestimmt
                  wird.“ (KLAUß et al. 2009, 17)
Berufliche Bildung im
Kontext arbeitsbezogener
Tätigkeit
 Art. 24 Abs. 5 UN-BRK
                Teilhabe an Berufs(aus)bildung,
                Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen

(Sozial-)                      Teilhaberecht

Rechtliche
Situation
                             Kein Teilhaberecht

              § 219 BTHG:
                Werkstattfähigkeit, Mindestmaß-Kriterium
 Aktuell: nur wenig Angebote zur beruflichen
              Bildung im nachschulischen Bereich
Aktuelle
Situation    Forschungsprojekt SITAS (LAMERS/TERFLOTH
              2009)
Möglichkeit einer Teilhabe an
             beruflicher Bildung ist davon
             abhängig,
Aktuelle      in welchem Bundesland
Situation     oder in welcher Einrichtung und
              wie die berufliche Bildung in den
               jeweiligen Institutionen angeboten
               wird
Es findet „in den der Schule nachfolgenden
             Einrichtungen eine Fortschreibung der
            Vorenthaltung beruflich qualifizierender
          Angebote und damit auch eine Festschreibung
Dilemma   der Berufsbildungsunfähigkeit von Menschen
           mit schwerer und mehrfacher Behinderung
                    statt.“ (LAMERS 2012, 28)
Wissenschaft gefordert, grundlegende Theorien
                    und Konzepte zur beruflichen Bildung zu
                 entwickeln, „die allen Menschen, unabhängig
                vom Schweregrad ihrer Behinderung, Zugänge
Handlungs-      zur beruflichen Bildung eröffnet, was sie bislang
bedarf:            aber kaum getan hat.“ (LAMERS 2012, 34)

Gestaltung        „Noch immer ist es der Wissenschaft nicht
                     gelungen, bessere und altersgemäße
von Zugangs-          Praxishilfen zu entwickeln. Für eine
                       Fachrichtung, die so dicht an der
möglichkeiten           Handlungsebene steht, wie die
                      Sonderpädagogik, ist das ein nicht
                 hinnehmbarer Zustand.“ (HIRSCH 2006, 199)
(Didaktische)
Zugangsmöglichkeiten
zu beruflicher Bildung
Grundlegende Frage:
               Wer soll was wie wozu wo und wann
Didaktik:       lernen?
Wie kann
Bildung
gestaltet   Grundlegendes Ziel: Planung,
werden?      Begründung, Durchführung und
             Reflexion von Lehr- und Lernprozessen
Bildung mit ForMat
 „theoriegeleiteter Denkanstoß für die Praxis“
            (Heinen/ Lamers 2006, 145)

Bildung    „Vorschlag für eine veränderte
mit         Unterrichtspraxis mit Schülerinnen und
            Schülern mit schwerer und mehrfacher
ForMat      Behinderung“ (Bernasconi/ Böing 2015, 170)
Für diesen Personenkreis überwiegen
            häufig Bildungsangebote, die sich mit dem
            Erwerb von Fertigkeiten und dem
            Ausbilden der Persönlichkeit
Ausgangs-   auseinandersetzen (formale Inhalte) und
punkt       nur vereinzelt Angebote, die konkrete
            Lerninhalte berücksichtigen (materiale
            Inhalte).
 Didaktisches Konzept: Abstimmungsprozess zwischen
                dem Bildungsinhalt und den Lernenden

Elemen-        Didaktische Reduktion
tarisierung         = Vereinfachung i.S. einer Verdichtung
                    = Wesentliche Elemente komplexer Sachverhalte
–                   = adressatengemäße Präsentation des Lerninhalts
Grundlagen
                    Vereinfachen im Sinne von Reduzierung, nicht
                    Simplifizierung!
Exemplarische
Umsetzung
Thema: Arbeitssicherheit
In Anlehnung an den bayerischen Lehrplan
Informationen über
                       Warnschilder
  Sicherheits- und                      Vorschriften
                       erkennen und
 Unfallverhütungs-                       einhalten
    vorschriften         verstehen

    ...                 Arbeits-          Ordnung am
                                          Arbeitsplatz
                       sicherheit           halten

                                        Die (eigene)
  Verhalten in       Gesundheits- und    Sicherheit
   Notfällen          Umweltschutz       beachten
Elemen-
tarisierung
 –
zusammen-
fassender
Überblick
Was sind die
                   (fachwissen-
                   schaftlichen)
               Grundbestandteile?
                   Was sind die
             elementaren Strukturen
               des Bildungsinhalts?

1.
Elementare
                                          Was sind die
Strukturen                            wesentlichen Aspekte
                                          des Inhalts?
Hygiene-         Augenschutz
    maßnahmen

                Die (eigene)
…
                 Sicherheit         Lärmschutz
                 beachten

Schutzvor-
richtungen

                  Schutzkleidung
Elementare Strukturen: Was sind die
            wesentlichen Aspekte des Inhalts?
    Geräuschearten                                                                        Ohrstöpsel
    Lärmarten                                               …                             Kapselgehörschutz
    Geräuscherzeugung         (Arbeits-)Geräusche                     Gehörschützer
                                                                                          Aktiver Gehörschutz
    Störwirkung
                                                                                          Bügel-Gehörschutz

                                                                                                       Sicherheit
Selbsthilfefähigkeit
                                                                                                       Gefahren (abwehren)
Wissen über               Selbst-schutz             Lärmschutz                   Schutz
Gefährdung                                                                                             Geborgenheit
Selbsterleben

  Schalldruck (Dezibel)                                                               Gesetzliche Vorschriften
                                                                       Rechtliche     Richtlinien
  Lautstärkepegel                  Lautstärke            Gehör
   Lautstärkeempfindung                                               Bedingungen
                                                                                      Grenzwerte

                                                    Ohr/ Hörvorgang                   Warnhinweise
                                                    Hörvermögen
                                                    Wahrnehmung
Welche (aktuelle)
                   Bedeutung hat ein
                 Bildungsinhalt sowohl
                       kulturell-
2.                 gesellschaftlich als
Elementare        auch im Hinblick auf
                   anthropologische
lebensleitende    Grunderfahrungen?

Grund-
annahmen
                                          Warum ist der Inhalt
                                              wichtig?
Elementare        (Arbeits-)Lärm betrifft uns alle: Wie kann damit
lebensleitende     umgegangen werden?
Grund-            Regulationsmöglichkeit durch Schutzmaßnahmen
annahmen:          (für mich und andere)
                  (Lärm-)Schutz als elementares Bedürfnis des
                   Menschen
Warum ist der
Inhalt            Erfahrung individueller Einflussnahme durch
                   Erleben von Gehörschutzmaßnahmen
grundsätzlich      (Selbstschutz)
wichtig?         …
Welche
                subjektive
              Bedeutung hat
3.              der Inhalt?

Elementare
Erfahrungen                   Warum ist der Inhalt für
                               den Lerner wichtig?
 Zusammenführung der Sach- und
                  Subjektperspektive
Elementare       Herausforderung: Berücksichtigung
Erfahrungen:      biografischer Erfahrung

Warum ist der    Aspekte im Kontext von (Arbeits-/Lärm)schutz:
Inhalt für          Vermutlich viele Erfahrungen der Schutzlosigkeit
den/die             Vermutlich wenige Erfahrungen mit Selbstschutz
                    Schutzraum = evtl. wenig Zugang zu „Arbeitslärm“
Lerner*in
                    Hörbeeinträchtigungen häufig nicht diagnostiziert
wichtig?           …
Welche individuellen
                (Lern)Voraus-
              setzungen hat der
             Lerner? Auf welchen
4.           Aneignungsebenen
             erschließt er sich in
Elementare         Inhalte?

zugänge
                                            Welche
                                     Lernvoraussetzungen
                                        hat der Lerner?
Elementare       Nur individuell zu beantworten:
Zugänge:         - Verfahren wie das Beobachten, Befragungen,
                   Expertengespräche, Aktenstudien
Welche (Lern-)   - eigene Erfahrungen mit dem Menschen
Voraussetzun     - vorhandenes Wissen nutzen
gen bringt       - Wissen über Aneignungsmöglichkeiten
                    z.B. basal-perzeptiv (über die Sinne) und/ oder
der/die             konkret-gegenständlich (über den handelnden
Einzelne mit?       Umgang
Wie müssen Inhalte
              angeboten werden? Wie
                 können alle Aspekte
               (Lehrender, Lernender,
                Sache) berücksichtigt
                      werden?

5.
Elementare
                                             Wie wird das
Aneignungs-                             Lernangebot gestaltet?

wege
 Individualisierung und Differenzierung der
Elementare       Lernangebote
Aneignungs-     Projektorientierung/ Lernfeldorientierung
wege:           Handlungsorientierung
                Interessenorientierung
Wie wird das
                Altersangemessenheit
Bildungs-
                Methodenauswahl
angebot
gestaltet?     …
Was sind die wesentlichen Aspekte des Inhalts?

    Geräuschearten                                                                        Ohrstöpsel
    Lärmarten                                               …                             Kapselgehörschutz
    Geräuscherzeugung         (Arbeits-)Geräusche                     Gehörschützer
                                                                                          Aktiver Gehörschutz
    Störwirkung
                                                                                          Bügel-Gehörschutz

                                                                                                       Sicherheit
Selbsthilfefähigkeit
                                                                                                       Gefahren (abwehren)
Wissen über               Selbst-schutz             Lärmschutz                   Schutz
Gefährdung                                                                                             Geborgenheit
Selbsterleben

  Schalldruck (Dezibel)                                                               Gesetzliche Vorschriften
                                                                       Rechtliche     Richtlinien
  Lautstärkepegel                  Lautstärke            Gehör
   Lautstärkeempfindung                                               Bedingungen
                                                                                      Grenzwerte

                                                    Ohr/ Hörvorgang                   Warnhinweise
                                                    Hörvermögen
                                                    Wahrnehmung
 Erkundung der WfbM – Suche nach Arbeitslärm
             Erkundung der Umgebung – Suche nach Arbeitslärm
Mögliche     Auseinandersetzung mit verschiedenen
              Lärmbelästigungen
Bildungs-    Erfahren von Lautstärke z.B. mit Musik
angebote     Kennenlernen und Erproben verschiedener
              Schutzmöglichkeiten (Gehörschützer)
            …
Elementa-        Möglichkeiten zur Teilhabe von Menschen mit
risierung         schwerer Behinderung an allen
                  Bildungsinhalten
–
Implikationen    Lernen an gemeinsamen Gegenstand trotz
für die           individueller Lernvoraussetzungen ist denkbar
berufliche        und umsetzbar
Bildung
 Inhalte (beruflicher Bildung) können allen
  Menschen zugänglich gemacht werden – die
  Elementarisierung unterstützt die didaktische
  Umsetzung

 Konkrete Aufbereitung arbeitsbezogener
  Bildungsinhalte (Handwerkszeug)
 Veränderung der institutionellen und
                    sozialrechtlichen Rahmenbedingungen:
                       „Fortschritt bei der Verwirklichung des Rechts auf
                       Bildung hätte auch Strukturveränderungen (…) der
                       WfbM zur Folge“ (Greving/ Scheibner 2017, 223)
                   Ausbau der beruflichen Bildung in den BPS der FSGE
Ausblick:          Gestaltung des Übergangsprozesses von der Schule
                    in die Arbeitswelt
                   (Weiter-)Qualifizierung der Lehrer*innen und
Was ist zu tun?     Mitarbeiter*innen im Hinblick auf (didaktisch
                    fundierte) Gestaltung von Bildungsprozessen
                   Verankerung des Themenfeldes Arbeit in allen
                    diesbezüglichen Ausbildungsformen
                   Forschung und wissenschaftliche Begleitung:
                    Entwicklung von Konzepten, Modellen, Curricula
Berufliche Bildung als Zugang
Vision   zur arbeitsbezogenen
         Lebenswelt
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

            Dr. Caren Keeley
          ckeeley@uni-koeln.de
Aktion Mensch (2014): Arbeit möglich machen! Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit schwerer
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