Positionspapier "Schlafmedizin in der Kardiologie", Update 2021
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Positionspapiere Kardiologe https://doi.org/10.1007/s12181-021-00506-4 Angenommen: 12. August 2021 Positionspapier „Schlafmedizin in © Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- der Kardiologie“, Update 2021 und Kreislaufforschung e.V. Published by Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature Henrik Fox1,2 · Michael Arzt3 · Martin W. Bergmann4,15 · Thomas Bitter5 · - all rights reserved 2021 Dominik Linz6 · Olaf Oldenburg7 · Thomas Penzel8 · Andreas Rillig9 · Christoph Schöbel10 · Anil-Martin Sinha11 · Philipp Sommer2,12 · Jens Spießhöfer13 · Stefan Stadler3 · Christian Erik Skobel14 1 Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie/Angiologie, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Ruhr-Universität Bochum, Bad Oeynhausen, Deutschland; 2 Zentrum für Herzinsuffizienz, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Universitätsklinik, Ruhr-Universität Bochum, Bad Oeynhausen, Deutschland; 3 Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Deutschland; 4 Cardiologicum Hamburg, Hamburg, Deutschland; 5 Klink für Pneumologie & Beatmungsmedizin, Städtisches Klinikum Braunschweig, Braunschweig, Deutschland; 6 Kardiologie, Maastricht University Medical Centre and Cardiovascular Research Institute Maastricht, Maastricht, Niederlande; 7 Klinik für Kardiologie, Ludgerus-Kliniken Münster, Clemenshospital, Münster, Deutschland; 8 Interdisziplinäres Schlafmedizinisches Zentrum, Zentrum für Kardiologie und Angiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; 9 Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, UKE Hamburg, Hamburg, Deutschland; 10 Zentrum für Schlaf- und Telemedizin, Ruhrlandklinik, Westdeutsches Lungenzentrum am Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland; 11 Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin, Klinikum Hof, Hof, Deutschland; 12 Klinik für Elektrophysiologie/Rhythmologie, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Ruhr-Universität Bochum, Bad Oeynhausen, Deutschland; 13 Klinik für Pneumologie und Internistische Intensivmedizin, RWTH Universitätsklinikum Aachen, Aachen, Deutschland; 14 MVZ Ambulantes Aachener Zentrum für Pneumologie, Ärztehaus am Luisenhospital, Aachen, Deutschland; 15 Kommission für Klinische Kardiovaskuläre Medizin, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Düsseldorf, Deutschland Zusammenfassung Es hat sich viel getan in der Welt der Schlafmedizin in der Kardiologie, weshalb eine vollwertige Überarbeitung des Positionspapiers „Schlafmedizin in der Kardiologie“ erforderlich wurde. In der aktuellen neuartigen Version finden sich nicht nur alle verfügbaren Studien, Literaturstellen und Updates zu Pathophysiologie, Diagnostik- und Therapieempfehlungen, sondern auch Ausblicke auf neue Entwicklungen und zukünftige Forschungserkenntnisse. Dieses überarbeitete Positionspapier gibt Empfehlungen für Diagnostik und Therapie von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen mit schlafassoziierten Atmungsstörungen und erteilt darüber hinaus einen fundierten Überblick über verfügbare Therapien und Evidenzen, gibt aber ebenso Ratschläge wie mit Komorbiditäten umzugehen ist. Insbesondere enthält dieses überarbeitete Positionspapier aktualisierte Stellungnahmen zu schlafassoziierten Atmungsstörungen bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, arterieller Hypertonie, aber auch für Patienten mit Vorhofflimmern. Darüber hinaus finden sich erstmals Empfehlungen zur Telemedizin als eigenes, neues Kapitel. Dieses Positionspapier bietet Kardiologen sowie Ärzten in der Der Verlag veröffentlicht die Beiträge in der von Behandlung von kardiovaskulären Patienten die Möglichkeit einer evidenzbasierten den Autor*innen gewählten Genderform. Die Behandlung der wachsend bedeutsamen und mit zunehmender Aufmerksamkeit Verwendung einer angemessenen genderge- behafteten Komorbidität schlafassoziierter Atmungsstörungen. Und nicht zuletzt rechten Sprache, um Menschen in ihrer Vielfalt wertschätzend anzusprechen, wird begrüßt. besteht mit diesem neuen Positionspapier eine enge Verknüpfung mit dem neuen Curriculum Schlafmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, weshalb dieses Positionspapier eine Orientierung für die erworbenen Fähigkeiten des Curriculums im Umgang von kardiovaskulären Patienten mit schlafassoziierten Atmungsstörungen darstellt. Schlüsselwörter Schlafbezogene Atmungsstörungen · Herzinsuffizienz · Arterielle Hypertonie · Koronare Herzerkrankung · Vorhofflimmern QR-Code scannen & Beitrag online lesen Der Kardiologe 1
Positionspapiere 1 Präambel im Hinblick auf die Behandlung sind zahl- besteht bei wesentlichen Begleiterkran- reicheneueErkenntnisseerschienen,die es kungen und hier insbesondere kardiovas- Das erste Positionspapier „Schlafmedi- galt, in diesem aktualisierten Positionspa- kulären Grunderkrankungen. Auf welche zin in der Kardiologie“ der Deutschen pier zu bewerten und einzuordnen. Dabei Weise der Schlaf für die psychische und Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und reift die Erkenntnis, dass die Physiologie physische Erholung verantwortlich ist, Kreislaufforschung (DGK) stammt aus und Pathophysiologie von SBAS weitaus lassen aktuelle Ergebnisse der Schlaf- dem Jahr 2009. Wissenschaft und For- komplexer zu sein scheint, als man bislang forschung erkennen: Der weitgehende schung haben zwischenzeitlich wieder dachte, und neue Studien sowie große Bewusstseinsverlust im kompliziert re- viele neue Erkenntnisse auf dem Gebiet Register, randomisierte klinische Untersu- gulierten Schlaf, spricht für bedeutende des gesunden und gestörten Schlafes chungen und Metaanalysen haben zwi- Funktionen des Schlafes [148]: Schlaf stellt hervorgebracht, insbesondere in Bezug schenzeitlich fundierte Erkenntnisse über die Energieversorgung des Gehirns sicher auf schlafbezogene Atmungsstörungen das Krankheitsbild von SBAS, den klini- [191], aktiviert Gene, die für zelluläre Re- (SBAS). Die prognostische Bedeutung von schen Stellenwert und auch Diagnose- und paratur und Stoffwechselprozesse wichtig SBAS ist zwischenzeitlich gut belegt, und Therapieverfahren verfügbar gemacht. sind [108], spielt eine bedeutende Rolle Da sich dieses Positionspapier primär bei der Gedächtniskonsolidierung [152] Abkürzungen auf kardiovaskuläre Patienten mit SBAS und dem Auf- und Abbau synaptischer AASM American Academy of Sleep beschränkt, kann kein Anspruch auf Voll- Verbindungen im Gehirn [118]. Aber auch Medicine ständigkeit des gesamten Feldes und aller wichtige Regulationsprozesse des Fett- AHI Apnoe-Hypopnoe-Index auf dem Gebiet der SBAS gewonnenen und Glukosestoffwechsels [120], des Im- ASV Adaptive Servoventilation Erkenntnisse erhoben werden. Dieses Po- munsystems [68] und der langfristigen BiPAP Bi-Level Positive Airway Pressure sitionspapier ist eine Stellungnahme der Blutdruckkonstanz [125] sind schlafab- BMI Body Mass Index CPAP Continuous positive airway pressure, DGK, die den gegenwärtigen Erkenntnis- hängig. Beatmung mittels kontinuierlich stand widerspiegelt und allen Ärzten und Schlaf geht mit einer Absenkung des positivem Atemwegsdruck ihren Patienten eine Hilfestellung zur Ent- arteriellen Blutdrucks um mindestens 10 % CRT Kardiale Resynchronisationstherapie scheidungsfindung bieten soll. Es werden gegenüber den mittleren Werten im Wach- CSR Cheyne-Stokes-Atmung bisher publizierte, relevante Studien her- sein einher [184]. Diese Blutdruckabsen- CTEPH Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie angezogen, zwischenzeitlich gelöste Fra- kung, „Dipping“ genannt, wird aktiv re- DGK Deutsche Gesellschaft für Kardiolo- gen beantwortet, aber auch bislang unge- guliert und beruht offensichtlich auf einer gie – Herz- und Kreislaufforschung löste Fragen aufgezeigt. Das Positionspa- Rückstellung (Resetting) des Regelpunktes DGSM Deutsche Gesellschaft für Schlaffor- pier gibt Empfehlungen und Evidenzgra- des Barorezeptorreflexes [160]. Schlafde- schung und Schlafmedizin de, für welche Patienten ein diagnostisches privation erhöht den diastolischen Blut- EEG Elektroenzephalographie EMG Elektromyographie und/oder therapeutisches Verfahren infra- druck trotz reduzierter nervaler Sympa- EOG Elektrookulographie ge kommt. Das Positionspapier ersetzt da- thikusaktivität, was als ein Resetting des EPAP Expiratory positive airway pressure bei keine ärztliche Evaluation eines jeden Barorezeptorreflexes in entgegengesetz- ESC European Society of Cardiology Patienten und die Anpassung von Diag- ter Richtung interpretiert wird [125]. Auch ESH European Society of Hypertension nostik und Therapie im individuellen Fall die Herzfrequenz wird reduziert: Zunächst HFpEF Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion, und der spezifischen Situation. bewirken der Lagewechsel und das ru- heart failure with preserved left Die Einteilung der Empfehlungs- und hige Liegen eine Absenkung gegenüber ventricular ejection fraction Evidenzgrade (. Tab. 1 und 2) erfolgt nach dem Wachsein. Mit dem Erreichen stabilen HFrEF Herzinsuffizienz mit reduzierter der internationalen Klassifikation der DGK Schlafes sinkt die Herzfrequenz weiter [38], linksventrikulärer Ejektionsfraktion, [136]. um im REM-Schlaf bei höherer Variabilität heart failure with reduced left ventricular ejection fraction wieder anzusteigen. ICD Implantierbarer Kardioverter- 2 Einleitung: Schlaf und Gestörter Schlaf und Schlafmangel sind Defibrillator kardiovaskuläre Funktion in modernen Gesellschaften weit verbrei- LV-EF Linksventrikuläre Ejektionsfraktion tet [28], wirken sich ungünstig auf das kar- NIV Nichtinvasive Ventilation Mit 6–8 h täglich widmet der Mensch etwa diovaskuläre System aus und gehen mit NREM Non-rapid eye movement, Nicht- Traumschlaf-Schlafstadien N1–N3 ein Drittel seiner Lebenszeit dem Schlafen. einem erhöhten Risiko für arteriellen Hy- OHS Obesitas-Hypoventilationssyndrom Kürzere und längere Schlafzeiten sowie ge- pertonus [63] und atherosklerotische Ver- OSA Obstruktive Schlafapnoe störter Schlaf gehen mit gesundheitlichen änderungen der Gefäße [91] inklusive ko- PG Polygraphie Risiken und Leistungsbeeinträchtigungen ronarer Herzkrankheit [73] und erhöhter PH Pulmonale Hypertonie einher [174]. Guter Schlaf ist erholsamer Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffi- PSG Polysomnographie REM Rapid eye movement, Traumschlaf Schlaf, gekennzeichnet durch rasches Ein- zienz einher [174]. Besonders ausgeprägt mit schnellen Augenbewegungen schlafen, problemloses Durchschlafen und sind die negativen Effekte auf das kardio- SBAS Schlafbezogene Atmungsstörungen morgendliches Ausgeschlafensein [115]. vaskuläre System bei Störungen des Schla- TIA Transiente ischämische Attacke Ein Zusammenhang von Morgenbefind- fes durch schlafbezogene Atmungsstörun- ZSA Zentrale Schlafapnoe lichkeit und nächtlicher Schlafqualität gen (SBAS) [88]. Neben erhöhtem Sympa- 2 Der Kardiologe
Tab. 1 Empfehlungsgrade nach DGK [136] krankungen. Während Erwachsene zu et- I Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnosti- wa 4–7 % an einem obstruktiven Schlafap- sche Maßnahme effektiv, nützlich oder heilsam ist noesyndrom, also eine OSA mit typischer II Widersprüchliche Evidenz und/oder unterschiedliche Meinungen über den Nutzen/die Tagesschläfrigkeit und Einschlafneigung, Effektivität einer Therapieform oder einer diagnostischen Maßnahme leiden, liegt die Prävalenz der SBAS im II a Evidenzen/Meinungen favorisieren den Nutzen bzw. die Effektivität einer Maßnahme kardiologischen Patientengut deutlich hö- II b Nutzen/Effektivität einer Maßnahme ist weniger gut durch Evidenzen/Meinungen belegt her [16, 59]. Bei Patienten mit arteriel- III Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnosti- ler Hypertonie weisen etwa 20–60 % eine sche Maßnahme nicht effektiv, nicht möglich oder nicht heilsam und im Einzelfall schäd- begleitende SBAS auf, bei therapieresis- lich ist tenter, arterieller Hypertonie sogar bis zu 71 % [35, 196]. Auch bei Patienten mit Tab. 2 Evidenzgrade nach DGK [136] koronarer Herzerkrankung zeigt sich eine A Daten aus mehreren ausreichend großen, randomisierten Studien oder Metaanalysen erhöhte Prävalenz von SBAS; im akuten B Daten aus einer randomisierten Studie oder mehreren großen, nicht randomisierten Myokardinfarkt zeigen bis zu 69 % der Pa- Studien tienten mittel- bis schwergradige Formen C Konsensusmeinung von Experten, basierend auf Studien und klinischer Erfahrung [54]. Mehrere Studien zeigen ein gehäuf- tes Vorkommen von OSA, aber auch ZSA bei Patienten mit Vorhofflimmern. Diese thikotonus und hormoneller Aktivierung net man in diesem Fall eine mit typi- liegt bei 30 bis 75 % bei persistierenden, durch Kortikosteroide und Adrenalin im schen Symptomen (Tagesschläfrigkeit und paroxysmalen oder gemischten Vorhoff- Rahmen der Schlafstörungen entsteht zu- Schnarchen) einhergehende OSA. limmerkollektiven [23, 62]. Bei herzinsuf- sätzlich ein Teufelskreis aus Störung der Auf der anderen Seite steht die zentrale fizienten Patienten finden sich ebenfalls appetitregulierenden Hormone wie Leptin Schlafapnoe (ZSA), meist mit Cheyne-Sto- mit einer Prävalenz von 46 % und mehr und Ghrelin sowie der Glukosehomöosta- kes-Atmungsmuster (CSR). Bei Letzterer deutlich vermehrt SBAS, darunter auch ein se mit den Folgen eines erhöhten Risikos finden sich mindestens 3 aufeinanderfol- überproportional hoher Anteil mit ZSA und für Diabetes mellitus und Adipositas [120]. gende Zyklen mit typischen Crescendo-de- therapiebedingter Schlafapnoe [9, 22, 131, crescendo-Muster der Atmungsamplitude, 162]. Auch für weitere kardiale Erkrankun- 3 Schlafbezogene Atmungs- welche durch zentrale Hypopnoen bzw. gen wie Vorhofflattern, die hypertrophe störungen Apnoen unterbrochen sind. Bei zentra- Kardiomyopathie, die pulmonale Hyperto- len Apnoen fehlen Atmungsversuche kom- nie, Klappenerkrankungen und das Bruga- 3.1 Definition und Prävalenz plett, bei zentralen Hypopnoen sind diese da-Syndrom konnte eine erhöhte Präva- aufgrund eines mangelnden Atmungsan- lenz von SBAS nachgewiesen werden [107, SBAS sind bislang definiert über die An- triebes vermindert [17]. Schnarchen und 141]. zahl der Apnoe- und Hypopnoeereignis- paradoxe Atmungsbewegungen von Tho- se pro Stunde Schlaf (Apnoe-Hypopnoe- rax und Abdomen sind nicht charakteris- 3.2 Diagnostik Index [AHI]). Nach gängiger Graduierung tisch für die ZSA bzw. CSR. besteht bei einem AHI von ≥5/h eine leicht- Als Sonderformen finden sich ge- Gemäß der Leitlinie der Deutschen Gesell- gradige, bei ≥15/h eine mittelgradige und mischtförmige SBAS, die zu Beginn der schaft für Schlafforschung und Schlafme- bei einem AHI ≥30/h eine schwergradi- respiratorischen Störung eine zentrale dizin (DGSM) stehen zu Beginn einer Dia- ge SBAS [177]. Insbesondere im Bereich Apnoe aufweisen, zu der sich am Ende gnostik die schlafmedizinische Anamnese Herzinsuffizienz erscheint die additive Be- noch frustrane Atmungsanstrengungen und Untersuchung sowie verschiedene stimmung von Zykluslängen (Dauer der hinzugesellen; der Anfang also zentral, das Fragebögen [115, 177]. Diese Fragebö- Apnoephase und Dauer der Ventilations- Ende durch dann verschlossene Atemwe- gen, die ungewolltes Einschlafen bei mo- phase) und der nächtlichen Hypoxämielast ge aber obstruktiv ist. Demaskiert sich bei notonen Situationen, Tagesschläfrigkeit, von klinischer Bedeutung [187]. Bei Pa- Patienten mit OSA unter kontinuierlicher, beobachtete nächtliche Atemstillstände, tienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiver Überdruckbeatmung („continu- Schnarchen, Probleme mit dem Ein- und finden sich im Wesentlichen 2 Subtypen ous positive airway pressure“ [CPAP]) eine Durchschlafen sowie frühmorgendliches der SBAS: auf der einen Seite die ob- ZSA, so wird diese als therapiebedingte Erwachen und weitere Punkte erfragen, struktive Schlafapnoe (OSA), welche sich ZSA („complex sleep apnea“) definiert sind nicht für Patienten mit kardiologi- durch das Vorhandensein von inspiratori- [177]. schen Grunderkrankungen validiert (z. B. schen Flusslimitationen, Schnarchen und Die Prävalenz der SBAS ist abhängig Epworth Sleepiness Scale, Berlin Ques- paradoxen Atemexkursionen von Thorax von Patientenalter und -konstitution, Body tionnaire) [82]. Es ist zu berücksichtigen, und Abdomen bis hin zu komplett frustra- Mass Index (BMI), Geschlecht, anatomi- dass eine symptombezogene Anamnese nen Atmungsversuchen gegen verschlos- schen Merkmalen im Bereich der oberen und der Gebrauch entsprechender Frage- sene Atemwege auszeichnet. Als obstrukti- Atemwege sowie kardialer Grunderkran- bögen allein nicht geeignet sind, um das ves Schlafapnoesyndrom (OSAS) bezeich- kung als auch nichtkardialen Begleiter- Vorhandensein einer SBAS bei Patienten Der Kardiologe 3
Positionspapiere mit kardiologischen Grunderkrankungen PG wird zur Beurteilung von Atemfluss, At- im Schlaflabor (Level I) oder in häusli- abzuschätzen [11], da die Prävalenz der mungsbewegungen, Sauerstoffsättigung, cher Umgebung (Level II) erfolgen. Die evaluierten Symptome in diesem Patien- Herz- oder Pulsfrequenz und Körperlage überwachte PSG (Level I) stellt den Gold- tenkollektiv relativ niedrig ist [149]. Das während des Schlafes genutzt. Diese Auf- standard der schlafmedizinischen Unter- heißt, dass ein negativer Fragebogen oder zeichnung wird im Hinblick auf Apnoe- und suchung dar. Sie wird zur diagnostischen die Abwesenheit von den oben genannten Hypopnoeereignisse, nächtliche Hypoven- Klärung und bei allen Zweifelsfällen heran- Symptomen nicht dazu führen sollte, von tilationen, Schnarchen, Sauerstoffabfälle gezogen. Aufgrund des hohen Personal- einer weiteren Diagnostik abzusehen. und eine Lageabhängigkeit der respira- aufwandes und der damit verbundenen Zusätzlich zu den oben genannten torischen Ereignisse ausgewertet. Um die Kosten sowie aufgrund der langen Warte- Fragebögen hat sich die Anamnese von diagnostischen Engpässe zu überwinden, zeiten in Schlaflaboren sollte die Indikation typischen schlafbezogenen Beschwerden kommen heute neue 1- bis 3-Kanal-Mess- zur PSG mit Bedacht gewählt werden. Bei (nächtliche Dyspnoe, Nykturie, nächtli- systeme (Level IV) bzw. neue Verfahren, dieser werden zusätzlich zu den oben ge- che pektanginöse Beschwerden etc.) bei die weniger als 6 Kanäle benötigen, teil- nannten Ableitungen der PG auch EEG-, Patienten mit schwierig zu behandeln- weise zum Einsatz. Grundsätzlich erlauben EMG- und EOG-Ableitungen aufgezeich- dem Vorhofflimmern oder Hypertonus PG-Geräte eine einfache, preiswerte und net und auf dieser Grundlage die Schlaf- bewährt, um die Vortestwahrscheinlich- dennoch gute Diagnose von SBAS, sind stadien bestimmt. Weiterhin werden die keit für eine SBAS zu verbessern. Das aber häufig für kardiovaskuläre Patienten Bewegungen der Gliedmaßen (EMG der bedeutet, dass z. B. das Vorhandensein ei- nicht ausreichend evaluiert [144]. Die ak- Beine) aufgezeichnet und mittels Video nes therapierefraktären Hypertonus oder tuellen evidenzbasierten Empfehlungen auch Bewegungsstörungen während des eines Vorhofflimmerns mit einer hohen der American Thoracic Society, American Schlafens erfasst. Eine CO2-Aufzeichnung SBAS-Vortestwahrscheinlichkeit assoziiert College of Chest Physicians, American kann nächtliche Hypoventilationen iden- ist. Zusätzlich geben zahlreiche in der Association of Sleep Medicine und Eu- tifizieren. Kardiologie etablierte Diagnostiken, wie ropean Respiratory Society sehen vor, Auch Wearables können Hinweise auf z. B. das Langzeit-EKG (z. B. nächtliches dass Geräte mit mindestens 4 Kanälen das Vorliegen einer Schlafapnoe aufzeigen, Vorhofflimmern) oder die 24-h-Blutdruck- (Atemfluss, Atmungsanstrengung, Sauer- hierzu liegen aber bislang nur wenige und messung (z. B. nächtliches Non-Dipping) stoffsättigung, Herz- oder Pulsfrequenz) noch unzureichende Daten vor [177]. wertvolle Hinweise auf das Vorliegen für die Diagnosestellung ausreichend sind – Level I: Überwachte kardiorespiratori- einer bislang unerkannten SBAS. Auch [92]. sche Polysomnographie im Schlaflabor Impedanz- oder Herzfrequenzvariabilität- Ist das Ergebnis der PG eindeutig und (Goldstandard) basierte Algorithmen, integriert in Lang- positiv im Hinblick auf eine ausgeprägte – Level II: Kardiorespiratorische Polysom- zeit-EKG-Systeme oder implantierbare Schlafapnoe, so kann der Patient gemäß nographie in häuslicher Umgebung Schrittmacher, können Hinweise zum Vor- der DGSM-Leitlinie einer SBAS-Therapie- – Level III: Kardiorespiratorische Polygra- liegen einer SBAS oder zu longitudinalen einleitung in einem schlafmedizinischen phie Veränderungen von SBAS liefern. Einfa- Zentrum zugeführt werden [115, 177]. Ist – Level VI: Screening mittels einfacher che nächtliche Oxymetriemessungen mit das Ergebnis der PG nicht eindeutig oder diagnostischer 1- bis 3-Kanal-Messsys- neueren Algorithmen können angewandt passt das negative Ergebnis der PG nicht teme werden, um die Vortestwahrscheinlichkeit zu den Beschwerden und Symptomen am weiter zu verbessern [102]. Tag, sollte die Untersuchung wiederholt Derzeit werden über die bestehenden In Anbetracht der aktuellen Studienla- werden. Bei Patienten mit und ohne kar- schlafmedizinischen Zentren hinaus neue ge stellen Wearables zur Diagnostik von diologische Begleiterkrankung wird eine Strukturen entwickelt, die eine gestufte SBAS ein wachsendes Feld dar, sind aber hohe Nacht-zu-Nacht-Variabilität der SBAS ökonomische Versorgung in der Breite noch nicht für die Darstellung von SBAS beobachtet [100, 147]. Diese Variabilität ermöglichen sollen. So könnten z. B. validiert und können deshalb zur Untersu- verkompliziert zum einen die Diagnose Fachärzte, insbesondere Kardiologen, mit chung bis dato nicht empfohlen werden von SBAS, insbesondere von moderater entsprechender Zusatzqualifikation (sog. (s. Abschn. 3.4.10; [177]). SBAS, wenn die Behandlungsbedürftigkeit BUB-Kurs/eigenes DGK-Curriculum), die Ist die Vortestwahrscheinlichkeit hoch, nicht eindeutig ist. Die optimale Dauer ei- Auswertungen einer Polygraphie dann sollten weitergehende Untersuchungen ner SBAS-Diagnostik und die beste Art und selbst vornehmen. Viele kardiologische eingeleitet werden. Gemäß den aktuellen Weise zum longitudinalen SBAS-Screening Kliniken sowie niedergelassene Kardio- DGSM-Richtlinien werden Untersuchun- und Monitoring bleiben unklar. Zum an- logen arbeiten bereits mit schlafmedizi- gen zum Screening und Diagnostik von deren hat diese Nacht-zu-Nacht-Variabili- nischen Zentren zusammen, was weiter SBAS in verschiedene Untergruppen ein- tät der SBAS einen Einfluss auf die Dy- ausgebaut werden könnte [53]. geteilt: Level I–IV [115, 177]. namik von z. B. Vorhofflimmern und ande- EineeffektiveEtablierungeiner Schlafap- Die ambulante kardiorespiratorische ren Bedingungen [101]. Ist ein PG-Resultat noediagnostik und -therapie in der Kar- Polygraphie (PG) (Level III) hat sich als nicht eindeutig, muss eine weitergehen- diologie ist nur im Rahmen einer inter- Standarduntersuchung zur Evaluierung ei- de Diagnostik mittels überwachter kardio- disziplinären Zusammenarbeit zwischen ner SBAS in der Kardiologie etabliert. Die respiratorischer Polysomnographie (PSG) Kardiologie und Schlafmedizin möglich. 4 Der Kardiologe
Tab. 3 Schlafmedizinische Anamnese und Fragebögen zum Ausschluss von SBASbei kardiolo- Dipping ein hohes Risiko dar (PAMELA- gischen Patienten Studie) [165]. Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur grad grad Diagnostik. Die klinische und anamnesti- Schlafmedizinische Anamnese und Fragebögen zum III B [149] scheAbklärunghinsichtlicheiner Schlafap- Ausschluss von SBAS werden nicht empfohlen noe ist Bestandteil der empfohlenen Stan- darddiagnostik bei Abklärung einer arteri- Tab. 4 Diagnostik und Therapie von SBASbei Patienten mit arterieller Hypertonie ellen Hypertonie, da zu diesem Zeitpunkt Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur immer mögliche sekundäre Ursachen, Fak- grad grad toren, die die arterielle Hypertonie ver- Polygraphie sollte zur OSA-Diagnostik bei I B [143, schlimmern können, sowie weitere kardio- – typischen Symptomen eines OSA-Syndroms, 157] vaskuläre Risikofaktoren evaluiert werden – pathologischem 24-h-Blutdruckprofil („Non-Dip- ping“ oder „Rising“) oder (. Tab. 4; [188]). Die OSA stellt eine Indika- – therapierefraktärer arterieller Hypertonie tion für die ambulante 24-h-Blutdruckmes- sung dar („ambulatory blood pressure mo- durchgeführt werden nitoring“ [ABPM]) [188]. Bei Patienten mit CPAP-Therapie der symptomatischen OSA soll bei I A [112, Patienten mit arterieller Hypertonie eingesetzt werden 116, 143] klinischem Verdacht für eine OSA, patholo- CPAP-Therapie der schweren asymptomatischen OSA IIa B [143] gischem 24-h-Blutdruckprofil („Non-Dip- bei Patienten mit arterieller Hypertonie soll eingesetzt ping“ oder „Rising“) oder therapierefrak- werden tärer arterieller Hypertonie ist eine appara- tive Diagnostik zur Abklärung hinsichtlich einer Schlafapnoe mittels Polygraphie in- Hierzu eignet sich ein integriertes Pfle- reagiert werden. Koordiniert wird der diziert [177, 188]. gemodell („integrated care model“) [46]. gesamte Prozess durch einen Care-Koor- Im Rahmen eines standardisierten Work- dinator (z. B. medizinische Fachkräfte oder Therapie der obstruktiven Schlafapnoe ups kardiologischer Patienten erfolgen ein Krankenschwester). bei arterieller Hypertonie. Standardthe- Symptomassessment und Anamnese, um rapie der OSA ist die nächtliche CPAP- die SBAS-Vortestwahrscheinlichkeit eines 3.3 Schlafbezogene Atmungs- Therapie. Bei nichtadipösen Patienten mit jeden Patienten einzuschätzen (. Tab. 3). störungen und kardiovaskuläre einer leicht- bis mittelgradigen OSA kön- Ist die Vortestwahrscheinlichkeit erhöht Erkrankungen nen auch Unterkieferprotrusionsschienen (z. B. Vorhandensein von Vorhofflimmern, eingesetzt werden [177]. Lebensstilände- therapierefraktärer Hypertonus etc.), wird 3.3.1 Arterielle und pulmonale rungen wie Bewegung und Gewichtsab- dem Patienten dargelegt, warum ein Hypertonie nahme werden empfohlen, aber es liegen Schlafapnoescreening zu diesem Zeit- bislang keine Langzeitdaten zur Wirksam- punkt der Behandlung der kardiologi- 3.3.2 Schlafapnoe und arterielle keit vor [162, 183]. Die aktuellste Metaana- schen Grunderkrankung notwendig ist Hypertonie lyse der randomisierten Studien, die die („patient education“). Es folgt die Durch- Epidemiologische Studien legen nahe, Effekte einer CPAP-Therapie und Unterkie- führung einer PG. Ist die PG positiv, wird dass eine langjährig unbehandelte schwe- ferprotrusionsschiene auf den arteriellen mit dem Schlafmediziner die Einleitung re OSA zur Entwicklung einer manifesten Blutdruck untersuchte, schloss OSA-Pati- einer SBAS-Behandlung besprochen. Zu- Hypertonie beitragen kann [96]. Inter- enten mit und ohne arterielle Hypertonie sätzlich werden die Relevanz und der nationale Leitlinien beschreiben die OSA ein [143]. Insgesamt führten sowohl die Effekt einer Risikofaktoroptimierung und als häufigste Ursache der sekundären CPAP-Therapie als auch die Therapie mit- Lifestyle-Anpassung (Gewichtsreduktion, Hypertonie [35]. Die Prävalenz von SBAS tels Unterkieferprotrusionsschiene zu ei- Sport, Alkoholkarenz etc.) diskutiert, und bei Patienten mit arterieller Hypertonie ner ähnlichen moderaten Senkung des ar- der Patient wird in die Behandlung invol- liegt bei 20–60 %, bei therapierefraktärer teriellen Mitteldrucks. Die CPAP-Therapie viert („patient involvement“ und „patient Hypertonie bis 71 % [188]. Die Rolle der senkt bei Patienten mit und ohne arterielle empowerment“). Die Entscheidung zur zentralen Schlafapnoe ist hierbei bislang Hypertonie den systolischen und diastoli- Behandlung der SBAS wird zusammen nur unzureichend untersucht [174]. schen Blutdruck stärker in der Nacht als am mit dem Patienten getroffen („shared Experimentelle und klinische Daten zei- Tag (–3,9/–2,6 vs. –1,8/1,8 mm Hg) [143]. decision making“). Nach Einleitung der gen, dass eine OSA den nächtlichen Blut- Die Senkung des systolischen Blut- Behandlung der SBAS ist der Effekt maß- druck akut erhöht, zu einem fehlenden drucks ist insbesondere günstig bei Pati- geblich von der Adhärenz des Patienten nächtlichen Blutdruckabfall führen und die enten mit therapierefraktärem Bluthoch- abhängig. Im Rahmen jedes Folgebe- Blutdruckerhöhung v. a. in der ersten Ta- druck (CPAP-Effekt Senkung des systoli- suchs in der Ambulanz sollte das Thema geshälfte anhalten kann [96]. Im Hinblick schen Blutdrucks etwa 4 mm Hg) [143]. Therapieadhärenz besprochen werden auf das kardiovaskuläre Risiko stellt be- Zudem ist bei Patienten mit fehlender und im Falle von Patientenbeschwerden sonders der nächtliche Hypertonus/Non- nächtlicher Blutdrucksenkung in der am- Der Kardiologe 5
Positionspapiere Tab. 5 Diagnostik und Therapie von OSA/OHS bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie Effekt zu haben [110]. Bei Patienten mit Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur OHS und schwerer obstruktiver Schlafap- grad grad noe konnte gezeigt werden [113], dass so- Polygraphie auf SBAS bei Patienten mit stabiler pul- I B [74, 81] wohl mit einer CPAP-Therapie als auch mit monaler Hypertonie und Symptomen einer OSA soll einer NIV-Therapie eine ähnlich effektive durchgeführt werden Senkung der pCO2 und des echokardiogra- CPAP/NIV-Therapie der OSA/OHS bei Patienten mit IIa B [5, 113, phisch abgeschätzten pulmonalarteriellen pulmonaler Hypertonie sollte eingesetzt werden 167, 177, 190] Druckes erreicht werden kann [113, 179]. Es fehlen jedoch randomisierte Studien mit invasiver Diagnostik und längerem Follow- Tab. 6 Diagnostik und Therapie von OSA bei Patienten mit KHK up. Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur Zur Therapie der ZSA bei pulmonaler grad grad Hypertonie liegen aktuell keine Daten vor. Polygraphie bei Patienten mit KHK und typischen IIa B [116, Symptomen einer OSA sollte durchgeführt werden 143] CPAP-Therapie der OSA im Rahmen eines kombinier- IIb B [116, 3.3.4 Koronare Herzerkrankung und ten Risikofaktorenmanagements bei Patienten mit 143] Myokardinfarkt KHK kann erwogen werden Die OSA und in geringerem Ausmaß auch die ZSA sind mit atherosklerotischen Er- krankungen assoziiert (. Tab. 6). Die Präva- bulanten 24-h-Blutdruckmessung (Non- Hypoxämie mit transienten Anstiegen des lenz der OSA bei koronarer Herzkrankheit Dipper) der CPAP-Therapieeffekt auf den PA-Druckes, Entwicklung eines Cor pulmo- (KHK) ist 2- bis 3-fach höher als in vergleich- mittleren 24-h-Blutdruck stärker als bei nale und nachfolgendem Ungleichgewicht baren Populationen ohne kardiovaskuläre Patienten mit physiologischer Nachtab- zwischen endothelbasierter Vasokonstrik- Erkrankung; umgekehrt findet man bei Pa- senkung (5,4 vs. –3,0 mm Hg) [157]. tion und -dilatation mit Mediahypertro- tienten mit koronarangiographisch nach- Weiterhin sind ein niedrigeres Le- phie sowie einer Intimaobstruktion mit weisbarer KHK in bis zu 50 % eine OSA [33, bensalter und eine schwere OSA mit Assoziation von Endothelin-1, Serotonin, 105]. Bisherige große randomisierte Studi- schwerer Hypoxämie Faktoren für eine Angiopoetin-1 und NO vor. en konnten bei Patienten mit obstruktiver größere blutdrucksenkende Wirkung der Häufig findet man bei OSA nur eine Schlafapnoe und vorliegender koronarer CPAP-Therapie [143]. Bei Patienten mit leichte pulmonale Druckerhöhung, die kei- oder zerebrovaskulärer Erkrankung sowie schwerer OSA, arterieller Hypertonie und ner spezifischen Therapie der PH bedarf, auchnachakutem Koronarsyndrom keinen Tagesschläfrigkeit sind beachtliche Effek- sondern die Einleitung einer CPAP-Thera- Vorteil einer CPAP-Therapie im Hinblick te zu erzielen (z. B. –10 mm Hg arterieller pie erforderlich macht [167]. Bei Obesitas- auf kardiovaskulären Tod, Myokardinfarkt, Mitteldruck) [13]. Hypoventilationssyndrom (OHS) hingegen Schlaganfall oder Hospitalisierung aufzei- Die medikamentöse antihypertensive findetsicheinePHdeutlichhäufiger (42 %), gen [116, 142, 156]. Auch in Metaana- Therapie ist auch bei Patienten mit OSA die auch Einfluss auf die Lebensqualität lysen fand sich kein Hinweis darauf, dass hinsichtlich der Blutdrucksenkung effekti- hat. Dann ist die Einleitung einer CPAP- CPAP bei Patienten mit OSA zur Prävention ver als die alleinige CPAP-Therapie [137]. /NIV-Therapie indiziert [89]. kardiovaskulärer Ereignisse und Todesfälle Eine begleitende CPAP-Therapie in dieser Auch bei idiopathischer pulmonalarte- dienen könnte [43, 90]. Patientengruppe zeigt jedoch hinsichtlich rieller Hypertonie (PAH) oder chronisch Bei Patienten mit akutem Myokardin- der Blutdrucksenkung synergistische Ef- thrombembolischer PH (CTEPH) liegt ein farkt und Schlafapnoe kommt es trotz er- fekte [137] und führt meist zu einer Ver- hoher Anteil (bis 89 %) von nächtlicher folgreicher Revaskularisation zu einer ge- besserung von Tagesschläfrigkeit und an- Hypoxämie und Schlafapnoe vor. Als Risi- ringeren Erholung der linksventrikulären deren Symptomen der OSA [112]. kofaktoren für OSA bei PH wurden männ- Funktion und zu einer geringeren Reduk- liches Geschlecht, Hypoxämie am Tag, er- tion der potenziellen Infarktgröße als bei 3.3.3 Schlafapnoe und pulmonale höhter BMI, nächtlich erhöhtes pCO2 sowie Patienten ohne Schlafapnoe [34, 57]. Hypertonie erniedrigte Vitalkapazität und FEV1 durch Schlafapnoe kann bei pulmonaler Hyper- Restriktion des Thorax [60] beschrieben, 3.3.5 Schlaganfall tonie (PH) einerseits als Mitursache ande- während bei zentraler Schlafapnoe bei PH Risiko. Die arterielle Hypertonie und das rerseits auch als Begleiterkrankung vorlie- höheres Alter und Hypokapnie am Tag ge- Vorhofflimmern gehören zu den wichtigs- gen (. Tab. 5). Die Prävalenz liegt zwischen funden wurden. Bei milder Ausprägung ten Risikofaktoren für einen Schlaganfall, 12 und 34 %. Nach der Klassifikation der der PH bei OSA [168] zeigt sich unter und v. a. das klinisch inapparente Vor- WHO [172] fällt die PH als Folge bei schlaf- nächtlicher Überdrucktherapie (CPAP) eine hofflimmern ohne eine entsprechende bezogenen Atemstörungen unter die Klas- Senkung des pulmonalarteriellen Druckes Antikoagulation ist eine häufige Ursa- se 3 (PH aufgrund einer Lungenerkrankung [5]. che kardioembolisch-zerebraler Infarkte mit und ohne Hypoxämie). Pathophysio- Bei OSA und hohen pulmonalarteriellen (. Tab. 7). logisch liegt eine chronische nächtliche Drücken scheint CPAP keinen relevanten 6 Der Kardiologe
Tab. 7 Diagnostik und Therapie von SBASim chronischen Stadium nach Schlaganfall von Vorhofflimmern bei Patienten mit Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur SBAS 5- bis 6-fach erhöht im Vergleich grad grad zu Patienten ohne SBAS [117]. Wird bei Polygraphie sollte zur OSA Diagnostik bei I B [143, einem Patienten mit Vorhofflimmern ei- – typischen Symptomen eines OSA-Syndroms, 157] ne SBAS diagnostiziert, mindert dies die – pathologischem 24-h-Blutdruckprofil („Non-Dip- ping“ oder „Rising“) oder Wahrscheinlichkeit des medikamentösen – therapierefraktärer arterieller Hypertonie antiarrhythmischen Therapieerfolges (von 70 auf 39 %) [119] und erhöht die Rezi- durchgeführt werden divrate nach effektiver Kardioversion (von CPAP-Therapie der symptomatischen OSA soll bei I A [112, Patienten mit arterieller Hypertonie eingesetzt werden 116, 143] 53 auf 82 %) und/oder Katheterablation (von 23–27 % auf 31–35 %) [98]. Obser- vative, nicht randomisierte und zumeist Tab. 8 Diagnostik und Therapie bei SBASbei Patienten mit Herzrhythmusstörungen retrospektive Studien zeigen, dass eine Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur Therapie der SBAS, insbesondere OSA, mit grad grad einer niedrigeren Rezidivrate nach antiar- Polygraphie auf SBAS bei Patienten als Teil eines kom- I B [36, 75, binierten Risikofaktorenmanagements bei Herzrhyth- 139, 140] rhythmischer Behandlung assoziiert sein musstörungen (insbesondere Vorhofflimmern) sollte kann [171]. Interessanterweise suggerie- durchgeführt werden ren Studien, dass bei OSA-Patienten eine CPAP-Therapie der OSA kann berücksichtigt werden, IIb C [36, 52, CPAP-Therapie zur Behandlung des Vor- um das Auftreten, die Progression sowie Rezidiv und 75, 171] hofflimmerns ebenso effektiv sein kann Symptome von Herzrhythmusstörungen (insbesonde- wie eine invasive, kathetergeführte Pul- re des Vorhofflimmerns) zu reduzieren monalvenenisolation [52]. Daher werden in internationalen Leitlinien bei Patienten Es leiden 30 % der Patienten mit tran- tig auf die Rekonvaleszenz nach erlittenem mit Vorhofflimmern im Rahmen einer sienter ischämischer Attacke (TIA) respek- Schlaganfall auswirken, auch wenn in die- kombinierten Erfassung von bestehenden tive Schlaganfall an einer schweren SBAS sen Fällen oft eine schlechte Therapiead- Risikofaktoren ein Schlafapnoescreening (AHI ≥30/h) [166]. Nur bei 7 % der Pati- härenz besteht [15]. In der Akutphase wird (Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad B) so- enten mit TIA oder Schlaganfall und einer eine nächtliche Positivdrucktherapie kon- wie eine Therapie der SBAS empfohlen schlafbezogenen Atmungsstörung liegt ei- trovers diskutiert [15]. (Empfehlungsgrad IIa, Evidenzgrad B) [36, ne ZSA vor [29, 83], welche bei herzge- 75]. sunden Schlaganfallpatienten meist nach 3.3.6 Herzrhythmusstörungen Eine CPAP-Therapie der OSA kann auch einigen Wochen wieder sistiert. Bradykardien. SBAS sind mit einer er- berücksichtigt werden, um gezielt das Auf- Epidemiologische Studien zeigen kon- höhten Prävalenz an nächtlichen bradykar- treten von Vorhofflimmern, die Progres- sistent, dass die schwere unbehandelte den Rhythmusstörungen vergesellschaftet sion von Vorhofflimmern und das Wie- OSA mit einer Verdopplung der Schlagan- (. Tab. 8; [104]). Als bradykarde Störun- derauftreten von Vorhofflimmern sowie fallinzidenz einhergeht [10, 15]. Das OSA- gen können höhergradige AV-Blöcke bis dessen Symptome zu reduzieren (Empfeh- assoziierte Schlaganfallrisiko ist bei Frau- hin zu vorübergehenden Asystolien auftre- lungsgrad IIb, Evidenzgrad C) [36, 75]. Die en und Männern ähnlich und ist weni- ten. Während diese Reizleitungsstörungen Ergebnisse größerer randomisierter Studi- ger deutlich bei älteren Patienten nach- bei vielen Erkrankungen aufgrund struk- en stehen jedoch aktuell aus. In einer klei- zuweisen [15]. Somit stellen SBAS sowohl tureller Veränderungen auftreten, führen nen randomisierten Studie wurde geprüft einen Risikofaktor als auch eine Folge ei- bei Patienten mit SBAS meistens repetiti- [37], ob die Behandlung einer OSA mittels nes Schlaganfalles dar und sind mit einer ve Stimulation des autonomen Nervensys- CPAP-Therapie das Risiko eines Vorhoff- schlechteren Prognose und erhöhten Mor- tems zu funktionellen Veränderungen des limmerrezidivs nach elektrischer Kardio- talität assoziiert [15]. Reizleitungssystems. Das Auftreten nächt- version senkt (CPAP n = 12 und Kontrollen licher intermittierender AV-Blockierungen n = 13). Hinsichtlich der Rezidivrate (25 %) Effekte der OSA-Therapie auf die Schlag- als auch Sinusbradykardien sollte an eine und der Zeitdauer bis zum Rezidiv des Vor- anfallinzidenz. In Metaanalysen mit meh- SBAS denken lassen. Eine Behandlung der hofflimmerns (129 vs. 109 Tage) zeigte sich reren randomisierten Studien konnte bei SBAS kann häufig zu einer Reduktion von kein Unterschied in der CPAP- im Vergleich OSA-Patienten mit milder Symptomatik nächtlichen Pausen und AV-Blockierungen zur Kontrollgruppe [37]. Letztlich war die nicht nachgewiesen werden, dass eine führen [72]. Jedoch bleibt eine bestehende Studie von Caples und Kollegen [37] jedoch Positivdrucktherapie zu einer Reduktion Schrittmacherindikation davon unberührt. zu klein und zeigte zu viele Limitationen der Schlaganfallinzidenz führt [15]. (z. B. Studieneinschluss und Therapie bis Vorhofflimmern. In 60 bis zu 70 % al- zu 30 Tage nach der elektrischen Kardio- Positivdrucktherapie in der Frühphase ler Patienten mit Vorhofflimmern lässt version und Methode des Rhythmusmoni- nach Schlaganfall. Eine suffiziente Posi- sich eine relevante SBAS diagnostizieren torings) auf, um einen möglichen Effekt ei- tivdrucktherapie einer OSA kann sich güns- [22, 62, 103]. Zusätzlich ist die Prävalenz ner CPAP-Therapie auf die Vorhofflimmer- Der Kardiologe 7
Positionspapiere rezidivrate nach elektrischer Kardioversi- Screening auf und Diagnose von schlaf- lären Funktionsstörung. Mit stärkerer on sicher auszuschließen. In den nächsten bezogenen Atmungsstörungen bei Ausprägung der Herzinsuffizienz nimmt Jahren sind die Ergebnisse von weiteren, Herzinsuffizienz. Validierte Fragebö- die Prävalenz SBAS insgesamt und ins- größeren und auch besser angelegten ran- gen zum Screening auf oder zur sicheren besondere die der ZSA deutlich zu [24, domisierten Studien zu erwarten [182], Diagnostik von OSA und ZSA fehlen für 187]. z. B. die „Sleep Disordered Breathing in herzinsuffiziente Patienten. Oftmals ver- Insgesamt weist die aktuelle Datenla- Patients With Paroxysmal Atrial Fibrillati- ändern oder übertönen die Symptome ge darauf hin, dass die OSA bei HFrEF on“-Studie (Effekt von CPAP-Therapie der der Herzinsuffizienz (z. B. Fatigue) die einen eigenständigen Risikofaktor für ei- OSA auf Vorhofflimmer-Burden bei Pati- ansonsten typischen Symptome (z. B. Ta- ne verschlechterte Prognose darstellt, ob enten mit paroxysmalem Vorhofflimmern; gesschläfrigkeit) einer OSA. Daher können dies jedoch auch für die ZSA per se der NCT02727192) und die „SLEEP-AF“-Studie ansonsten gebräuchliche Fragebögen bei Fall ist, bleibt umstritten [79, 80]. In ei- (Effekt von CPAP-Therapie der OSA auf die Herzinsuffizienz nicht zuverlässig aus- ner großen Kohortenstudie konnte jüngst Vorhofflimmerrezidivrate nach Ablations- schießen oder beweisen, und man ist auf gezeigt werden, dass es vermutlich nicht therapie; ACTRN12616000088448). technisches Screening oder Diagnosever- die ZSA per se, sondern die generell mit Wohingegen die Behandlung einer OSA fahren angewiesen [27]. schlafbezogenen Atmungsstörungen ver- zur Kontrolle des Vorhofflimmerns emp- bundenen Sauerstoffentsättigungen sind, fohlen wird, sind die Relevanz und Be- Schlafbezogene Atmungsstörungen die den robustesten Mortalitätsfaktor bei handlungsbedürftigkeit einer ZSA/CSR bei als Ursache von HFrEF. Sowohl die Quer- HFrEF darstellen [134]. Eine nächtliche Sau- PatientenmitVorhofflimmernweniger ein- als auch die jüngst erschienene Längs- erstoffschuld („hypoxemic burden“), defi- deutig und aktuell nicht in internationalen schnittanalyse der Sleep-Heart-Health- niert als Zeit einer peripheren Sauerstoff- Leitlinien zur Behandlung des Vorhofflim- Studie zeigen, dass die OSA v. a. bei Män- sättigung unter 90 % von 22 min und mehr merns diskutiert. nern einen unabhängigen Risikofaktor war eindeutig und in verschiedenen Mo- für die Entstehung einer Herzinsuffizienz dellen nachhaltig mit einer erhöhten Mor- Maligne ventrikuläre Arrhythmien. OSA darstellt [69]. Pathophysiologisch kommt talität bei HFrEF verbunden [129, 134]. oder ZSA/CSR sind auch mit einem erhöh- es bei der OSA zu frustranen Atemanstren- ten Auftreten ventrikulärer Rhythmusstö- gungen gegen verschlossene Atemwege, Therapie schlafbezogener Atmungs- rungen vergesellschaftet [104]. Ferner ist die letztlich in einer Zunahme von links- störungen bei HFrEF. OSA bei HFrEF: Bei die zirkadiane Verteilung von malignen Ar- ventrikulärer Nachlast, Wandspannung, HFrEF kann eine CPAP-Therapie der OSA rhythmien beeinflusst [200]. Speziell die Sympathikusaktivität sowie einem gestei- zur Verbesserung der linksventrikulären OSA gilt als Risikofaktor für den plötzli- gerten Sauerstoffverbrauch bei gleich- Funktion, aber auch der Lebensqualität chen Herztod, welcher bei diesen Patien- zeitigen Sauerstoffentsättigungen mit und Leistungsfähigkeit führen [56, 86, ten überhäufig zwischen Mitternacht und Hypoxämie resultieren und mit einer 109]. Prospektiv randomisierte Studien zu 6:00 Uhr morgens auftritt [61]. In kleine- anhaltenden und progredienten subkli- harten Endpunkten sind nicht vorhanden ren Kollektiven konnte eine CPAP-Thera- nischen Myokardschädigung verbunden und außerhalb der ADVENT HF-Studie pie maligne ventrikuläre Arrhythmien und sein können [97, 153]. nicht zu erwarten, welche sowohl OSA adäquate ICD-Interventionen reduzieren Für die ZSA und insbesondere die CSR und ZSA einschließt [106]. [77]. ist eine Rolle als unabhängiger Risikofak- Eine automatische CPAP-Therapie tor für die Entstehung von HFrEF nicht (APAP) führt zu einer Verbesserung der 3.3.7 Herzinsuffizienz und beschrieben. Vielmehr wird davon ausge- kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit in linksventrikuläre Ejektionsfraktion gangen, dass die CSR in vielen Fällen als der Spiroergometrie, verbunden mit einer Nach der Terminologie der Europäischen Ausdruck einer kardialen Dysfunktion zu verbesserten Lebensqualität und LVEF Gesellschaft für Kardiologie werden bei der sehen ist [9, 14, 55]. [56]. Herzinsuffizienz seit 2016 solche mit er- Neben der CPAP-Therapie zur Behand- haltener („preserved“) (HFpEF) von solchen Prävalenz und prognostische Bedeu- lung der OSA kommen auch orale Applika- mitreduzierter („reduced“) linksventrikulä- tung schlafbezogener Atmungsstörun- tionssysteme zur Anwendung. Bei herzin- rer Ejektionsfaktion (HFrEF) bzw. einer nur gen bei HFrEF. Die Prävalenz mittel- suffizienten Patienten ist hier eine erste leicht reduzierten („mid-range“) (HFmrEF) bis schwergradiger schlafbezogener At- randomisierte Studie zur Wirksamkeit ge- linksventrikulären Ejektionsfraktion unter- mungsstörungen (AHI ≥15/h) liegt nach startet [114], Ergebnisse liegen noch nicht schieden [21, 145]. Da jedoch andere inter- Registerdaten zwischen 46 und 51 % [9, vor, daher kann noch keine allgemeine nationale Fachgesellschaften (ACC, AHA) 19]. Dabei ist die Prävalenz bei ischämi- Therapieempfehlung abgegeben werden nur HFpEF und HFrEF unterscheiden und scher Grunderkrankung sowie bei Män- (. Tab. 9). sich die vorliegenden schlafmedizinischen nern höher als die bei Frauen [132]. Der Studien auch nach dieser Einteilung rich- Anteil einer OSA bzw. ZSA an schlaf- CSR bei HFrEF. Die CPAP-Therapie zur Be- ten, wird im Folgenden auch nur HFrEF bezogenen Atmungsstörungen ist dabei handlung der ZSA bei chronischer HFrEF und HFpEF unterschieden. wiederum abhängig vom Schweregrad konnte in der CANPAP-Studie trotz einer der Herzinsuffizienz bzw. linksventriku- Verbesserung respiratorischer und kar- 8 Der Kardiologe
Tab. 9 Diagnostik und Therapie von SBASbei Patienten mit HFrEF Patienten mit Herzinsuffizienz fehlen, wird Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur ein einfaches apparatives Screening mit grad grad der Möglichkeit der Unterscheidung von Polygraphie zur SBAS-Diagnostik sollte bei Patienten IIa B [27] obstruktiven und zentralen respiratori- mit symptomatischer HFrEF erwogen werden schen Ereignissen sowie der kontinuierli- CPAP-Therapie der OSA bei HFrEF sollte erwogen wer- IIa B [56, 86, chen Pulsoxymetrie empfohlen. den 109] Bei HFrEF besteht eine Therapieemp- ASV-Therapie bei Patienten mit symptomatischer III B [40, 51] fehlung hinsichtlich einer CPAP-Therapie, HFrEF und HFmrEF (LVEF ≤45 %) und prädominan- ter ZSA soll aufgrund erhöhter kardiovaskulärer und wobei die meisten Studien mit positivem Gesamtmortalität nicht erfolgen Outcome einen fixen CPAP-Druck benutz- ten (. Tab. 9). Die adaptive Servoventila- tionstherapie zur Therapie der ZSA bzw. dialer Funktionsparameter keinen Über- herige Ergebnisse sind Post-hoc-Analysen CSR bei HFrEF ist kontraindiziert. Inwieweit lebensvorteil zeigen [31]. Diese Studie von Subgruppen (vgl. Abschn. 3.4.3), und diese bei HFpEF und/oder in der Akutsi- wurde kontrovers diskutiert [31]. In einer die alleinige Betrachtung von Surrogatpa- tuation bei akuter Dekompensation eine Post-hoc-Analyse dieser Studie wurden rametern erscheint nach den Ergebnissen Rolle spielt, bleibt abzuwarten. sog. CPAP-Responder, definiert als solche der SERVE-HF-Studie nicht mehr adäquat Die unilaterale Stimulation des N. phre- Patienten, bei denen der AHI mittels CPAP [70, 71]. nicus konnte in Post-hoc-Analysen in Un- auf 40 % eine HFrEF (LVEF ≤45 %) kontraindiziert [127]. dekompensierter HFpEF zeigte sich jedoch Prävalenz der mittel- bis schwergradigen Die Therapie einer OSA bzw. einer ZSA ein möglicher Überlebensvorteil der mit SBAS von >40 % aus [9]. Auf der ande- mittels implantierbarer elektrischer Syste- ASV-therapierten Patienten. Aufgrund der ren Seite weisen in Kohortenstudien nur me (Stimulation des N. phrenicus bzw. des kleinen Fallzahl müssen hier jedoch weite- 5–18 % der Patienten eine diagnostizier- N. hypoglossus) konnte bei selektierten re Studien folgen, bevor eine allgemeine te SBAS auf, was auf eine diagnostische Patienten zwar eine Senkung der respi- Therapieempfehlung abgegeben werden Versorgungslücke schließen lässt [1, 50]. ratorischen Ereignisse dokumentieren, zu kann. Die prognostische Bedeutung der SBAS kardiovaskulären Endpunkten liegen aber Da validierte Fragebögen zur Erken- bei Patienten mit HFpEF ist nicht mit letzter noch keine eigenen Studien vor [58]. Bis- nung bzw. Diskriminierung von SBAS bei Sicherheit geklärt (. Tab. 10). Verschiede- Der Kardiologe 9
Positionspapiere Tab. 10 Diagnostik und Therapie von SBASbei Patienten mit HFpEF 3.4.3 Zentrale schlafbezogene Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur Atmungsstörung inklusive Cheyne- grad grad Stokes-Atmung Polygraphie zur SBAS-Diagnostik bei Patienten mit IIa C [27] Die zentrale schlafbezogene Atmungsstö- symptomatischer HFpEF sollte erwogen werden rung findet sich in der Kardiologie insbe- CPAP-Therapie der OSA bei HFpEF sollte erwogen IIa C [21, 25, sondere bei Patienten mit Herzinsuffizienz werden 44, 178] [104]. Hier besteht eine Abhängigkeit zwi- ASV-Therapie der ZSA bei HFpEF kann erwogen wer- IIb C [124] schen dem Schweregrad der Herzinsuffizi- den enz und der Ausprägung der CSR [19, 131, 193]. Korrespondierend konnten Studien Tab. 11 Medikamentöse Therapie, orale Applikationen und Gewichtsreduktion bei SBAS eine Besserung der CSR unter verschie- Empfehlung Empfehlungs- Evidenz- Literatur denen Modalitäten der Herzinsuffizienz- grad grad therapiewiemedikamentöser Behandlung Protrusionsschienen bei Patienten mit leichtgradiger IIa A [114] der akuten und chronischen Herzinsuffizi- symptomatischer OSA sollten als Alternative zu CPAP enz, kardialer Resynchronisationstherapie erwogen werden oder Behandlung von anderen Komorbi- Gewichtsreduktion zur Behandlung der OSA sollte IIa B [183] ergänzend erfolgen ditäten nachweisen [14, 55, 94, 130, 161]. Spezifische Therapeutika zur Behand- Medikamentöse Therapie der ZSA wird nicht empfoh- III C [4, 20, len 65, 78, lung der CSR wurden überwiegend in klei- 164, 186] neren randomisierten Studien untersucht. So konnten medikamentöse Stimulanzien des Atemantriebes wie Theophyllin die pe- ne Kohortenstudien weisen inkohärente 3.4 Therapieoptionen riodische Atmung, nicht aber die linksven- Ergebnisse sowohl in Bezug auf die In- trikuläre Pumpfunktion verbessern [78]. Al- zidenz von HFpEF bei bestehender SBAS 3.4.1 Medikamentöse Therapie, lerdings erhöht Theophyllin das potenziel- als auch auf die Prognose der HFpEF in orale Applikationen le Risiko für einen plötzlichen Herztod [18]. Abhängigkeit einer additiv bestehenden Ebenso konnte mittels des Carboanhydra- SBAS hin [50, 178, 198]. 3.4.2 Obstruktive schlafbezogene sehemmers Azetazolamid eine Verbesse- Therapeutische Effekte einer nächtli- Atmungsstörung rung der CSR erreicht werden, jedoch feh- chen Überdrucktherapie respektive einer Neben der kontinuierlichen nächtlichen len Langzeitresultate, und Azetazolamid nächtlichen nichtinvasiven Beatmung sind Überdruckbeatmung steht heutzutage ei- stellt aufgrund des Nebenwirkungsprofils vorwiegend in kleineren Kohortenstudi- ne Vielzahl alternativer Behandlungsme- heutzutage nur ein Diuretikum der zweiten en untersucht worden. Eine Verbesserung thoden zur Verfügung (. Tab. 11). Hierzu Wahl dar [4, 197]. Eine signifikante Besse- von Surrogatparametern wie NYHA-Klasse, gehören unter anderem diätetische Maß- rung des AHI ist auch unter dynamischer kardiopulmonale Leistungsfähigkeit oder nahmen und körperliches Training [47], Inhalation von CO2 beschrieben, Langzeit- echokardiographische Parameter der dia- Unterkieferprotrusionsschienen [32, 114, ergebnisse sowie Untersuchungen zu kar- stolischen LV-Funktion zeigte sich einheit- 163, 169], Sedativa und Sauerstoff [48, diovaskulären Effekten stehen auch hier lich [25, 44, 128, 178, 198, 199]. Eine Sub- 95], Diuretika [87, 150], Lagetherapie [175] aus [65, 186]. Weder mittels Glyceroltrini- gruppenanalyse der vorzeitig terminierten oder auch die nasale High-Flow-Therapie tratnochdurchIloprostwar eineBesserung randomisiert kontrollierten „Cardiovascu- [123]. Eine entsprechende Phänotypisie- der CSR zu verzeichnen [20]. Durch eine lar Improvements with Minute Ventilation- rung der Patienten vorausgesetzt, ist unter nächtliche Sauerstofftherapie konnte der targeted ASV Therapy in Heart Failure (CAT- den oben genannten Therapien eine sig- AHI um 50 % reduziert werden [30, 158], HF)“-Studie illustrierte bei 24 Patienten nifikante Verbesserung der OSA im Sinne begleitet von einer gebesserten kardiopul- mit HFpEF nach 6 Monaten einen sig- einer Reduktion des AHI möglich. monalen Leistungsfähigkeit und reduzier- nifikant positiven Effekt einer ASV-The- In Bezug auf kardiovaskuläre Parameter ten Katecholaminspiegeln [122, 170, 181]. rapie auf einen kombinierten Endpunkt fehlen ausreichende Daten. Es zeigten sich Ein positiver Effekt auf die systolische LV- (Tod, kardiovaskulär bedingte Hospitali- Symptome der exzessiven Tagesschläfrig- Pumpfunktion zeigte sich hingegen nicht sationen, prozentuale Veränderungen im keit verbessert [84]. Da größere randomi- [164]. 6-min-Gehtest, p = 0,036) [124]. siert kontrollierte Studien bis dato nicht Der P2Y12-Rezeptorantagonist Ticagre- verfügbar sind [114], ist die Therapie als lor ging in Fallserien bei Patienten mit KHK Alternativtherapie bei CPAP-Intoleranz bei miteinem gehäuftensimultanen Auftreten leichter OSA zu erwägen. Hier sind drin- von Cheyne-Stokes-Atmung und Dyspnoe gend weitere Daten bei kardiovaskulären einher, sodass hier nach entsprechender Patienten notwendig. Diagnostik eine Therapieumstellung erwo- gen werden sollte [66, 151]. 10 Der Kardiologe
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