PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
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PRESS REVIEW Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal July 15 - 16, 2020
PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 Rbb Kultur (Radio/Online), 15.07.2020, DB, PBS Musikalische Eindrücke vom Festival „Distance / Intimacy“ im Pierre Boulez Saal 4 Abendzeitung München (Print), 16.07.2020, PBS Draufzahlen und Musik machen. Ein Blick in die Zukunft des Gasteig 6 Musik Heute (Online), 15.07.2020, Musikfest Berlin findet statt – mit verändertem Programm 8 Berliner Zeitung (Print), 16.07.2020 Ein anderes Jubiläum in Salzburg 10 Berliner Morgenpost (Print), 15.07.2020, „Aus der Krise lernen.“ Berlins Kulturszene sortiert sich 11 Berliner Zeitung (Print), 16.07.2020 Unter filigran gebogenem Dach. Sommerprogramm im HKW startet 19 The New York Times (Online), 15.07.2020 Wagner in the parking lot as opera returns to Germany 21 Die Zeit (Print), 16.07.2020 Reformhäuser. Gutachten zur Preußen-Stiftung legt Missstände offen 24 Süddeutsche Zeitung (Print), 16.07.2020 Mehr Geld für Kinos 27 Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020 Iris Radisch erhält Merck-Preis 2020 28 Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020 Breitbach-Preis an Nora Bossong 29 Die Welt (Print), 15.07.2020 Endlich ausgezoomt. Besuch einer Beethoven Aufnahme im Berliner Teldex Studio 30
Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020 Tischgespräch mit Jørgen I. Jensen über Carl Nielsen, dem das Schleswig-Holstein Musik Festival bald huldigen wird 31 Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020 Begegnungen mit Beethoven. Die Zeit von gestern 35 Die Zeit (Print), 16.07.2020 Ist das jetzt Klassik oder Jazz? Die Pianistin Johanna Summer 37
Das Festival "Distance / Intimacy" im Pierre Boulez Saal Berlin | rbbK... https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendung... Beitrag hören 1 von 2 16.07.2020, 15:00
Das Festival "Distance / Intimacy" im Pierre Boulez Saal Berlin | rbbK... https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendung... 2 von 2 16.07.2020, 15:00
Print Quelle: Abendzeitung vom 16.07.2020, S.28 (Tageszeitung/ täglich ausser Sonntag, München) Auch in: 2 weiteren Quellen » Reichweite: 77.534 Auflage: 44.305 Autor: Robert Braunmüller Ressort: Kultur Draufzahlen und Musik machen Das Münchener Kammerorchester wagt am Freitag im Carl-Orff-Saal einen Blick in die Zukunft des Gasteig D er"I Can't Neuanfang ist symbolträchtig: Breathe" heißt das Stück "Angesichts dessen, was der neue Boulez-Saal in Berlin bewegt, ist die Zeit mit seiner Tochter verbracht und mit dem Orchester über Zukunftssze- für Trompete solo, mit dem das Mün- Sanierung des Gasteig eine Riesen- narien nachgedacht. Der Chefdirigent chener Kammerorchester am Freitag Chance", sagt Ganslmeier. Vorausset- und seine 28 festangestellten Strei- sein erstes Konzert nach der Corona- zung dafür wäre aber eine Umwand- cher sind sich bewusst, dass ihre Situ- Pause beginnt. Der österreichische lung in eine multifunktionale Bühne, ation im Vergleich zu freien Musikern Komponist Georg Friedrich Haas er- auf der eine Brücke zwischen den vergleichsweise komfortabel ist: Die innert in dem Werk an den Schwarzen etablierten Institutionen und der Frei- in Konzerten mitwirkenden Bläser Erle Gardner, der 2014 in New York en Szene geschlagen werden soll. kommen entweder aus anderen Or- ein Opfer rassistischer Polizeigewalt Das Münchener Kammerorchester chestern oder arbeiten freiberuflich. wurde. Dessen letzten Worte wurden steht zwischen der staatsnahen und 18 von ihnen konnten nach einer Ver- zum Motto der Bürgerrechtsbewe- staatsfernen Kultur: Es wird von ei- steigerung von Grafiken mit jeweils gung "Black Lives Matter" - ein nach nem Verein getragen, wegen seines 1000 Euro unterstützt werden. dem gewaltsamen Tod von George Engagements für die Musik der Ge- Im September hätte das Orchester Floyd derzeit leider wieder aktuelles genwart aber auch zu gleichen Teilen beim ARD-Musikwettbewerb mitge- Thema. vom Freistaat und der Landeshaupt- wirkt. Aber auch der fällt dieses Jahr "Wir dachten an einen vieldeutigen stadt gefördert. Die öffentlichen Gel- aus. "Das Einfachste wäre, nichts zu Anfang, wenn das Publikum dazu der - etwas mehr als die Hälfte des tun, weil Konzerte im Moment defizi- durch den Mundschutz atmen muss", Etats - sichern die Personalkosten, tär sind. Damit würden wir aber unse- sagt Florian Ganslmeier, der Ge- das Programm wird über Gastspiele, ren Auftrag nicht mehr erfüllen", sagt schäftsführer des Münchener Kam- den freien Kartenverkauf und Abon- Ganslmeier. Daher hat sich das Or- merorchesters. Das ist nach den aktu- nements finanziert. chester entschlossen, einen Prolog zur ellen Regeln nicht notwendig. Aber Da ist in den vergangenen drei Mo- kommenden Saison mit sechs Konzer- natürlich lässt sich der Titel von Haas' naten vieles weggefallen, darunter ten in der Sendlinger Himmelfahrts- auch als Anspielung auf auch den ein- mehrere Abo-Konzerte im Prinzre- kirche zu veranstalten. samen Erstickungstod lesen, mit dem gententheater, Auftritte in Köln, beim Der Dirigent Omer Meir Wellber eine Corona-Infektion enden kann. Würzburger Mozartfest und auf Her- eröffnet am 30. August die Reihe, in Oder im weiteren Sinn auf die schwie- renchiemsee sowie Aufführungsserien der Musik des 20. Jahrhunderts mit rige Situation von Künstlern, die von der Oper "Mignon" von Ambroise Werken von Haydn und Vivaldi zu- Auftritten leben, derzeit aber nicht Thomas mit dem Opernstudio der Ba- sammentrifft. Weitere Termine leiten auftreten können. yerischen Staatsoper und die Wieder- Schuldt, Enrico Onofri und der Cellist Clemens Schuldt, der Chefdirigent aufnahme von Haydns "Orlando pala- Nicolas Altstaedt. Die mit dem Or- des Orchesters, hat für dieses Konzert dino" unter Ivor Bolton bei den ausge- chester verbundenen Bläser spielen im Gasteig Werke zusammengestellt, fallenen Festspielen im Prinzregen- Mozarts "Gran Partita" in der Kirche, die den Themenbereich Kommunika- tentheater. die wegen ihrer guten Akustik öfter tion und Kommunikationslosigkeit Für die beiden Opern gab es - in für Plattenaufnahmen genutzt wird. umkreisen. "Das zweite Stück, ein Absprache mit dem Kunstministeri- Nach den derzeit geltenden Abstands- Trio von Henryk G6recki, verlangt um - ein Ausfallhonorar von 40 Pro- regeln fasst sie 100 Besucher, was bei entfernt voneinander spielende Strei- zent. Aber das konnte nicht verhin- den üblichen Preisen keine kosten- cher., Quiet City', ein Trio für Trom- dern, dass die bereits unter Tarif be- deckenden Konzerte zulässt. pete, Englischhorn und Streicher schäftigten Musiker in Kurzarbeit ge- Die mit dem Motto "Nachbarn" stellt in einer städtischen Pastorale schickt wurden. Der Verlust "geht auf überschriebene Saison im Prinzregen- die schweigende Mehrheit dar." die Million zu", sagt Ganslmeier. tentheater beginnt der Chefdirigent Das Konzert ist zugleich auch als Schuldt hat eine Opernproduktion in am 15. Oktober mit der Uraufführung Vision für die Zukunft des städtischen England, diverse Gastdirigate und ei- von Beat Furrers Violinkonzert. Solist Kulturzentrums am Isarhochufer ge- ne Tournee durch Australien und ist der Geiger Ilya Gringolts. Wahr- dacht: Nach kürzlich abgeschlossener Neuseeland verloren. "Meine ganzen scheinlich wird die ursprünglich ge- Planung der im Herbst noch vom freischaffenden Engagements sind plante "Pastorale" von Ludwig van Stadtrat zu verabschiedenden Gene- weggefallen. "Ich bin froh, dass ich Beethoven durch eine kleiner besetzte ralsanierung soll das Münchener das auf 90 Prozent aufgestockte Ge- Symphonie von Mozart ersetzt. Kammerorchester hier eine eigene ex- halt als künstlerischer Leiter bekom- Weitere Konzerte leiten Jörg Wid- perimentelle Reihe mit Ausblicken in me." mann, Duncan Ward und John Stor- Richtung Tanz, Theater und Film Schuldt hat in der freien Zeit neue gards. Als Solisten werden Patricia durchführen. Partituren studiert, Bücher gelesen, Kopatchinskja, Nils Mönkemeyer und 3
Piotr Anderzeweski erwartet. Die käufer durch die Krise zu Dauerbesu- (Abbildungen) Die Köpfe des Münchener Kammerorchesters: Nachtmusiken in der Pinakothek der chern wurden. Wenn alles klappt und Geschäftsführer Florian Ganslmeier (links) mit Modeme werden Bryce Dessner, Cha- die Programme an einem Abend zwei- dem Chefdirigenten Giemens Schuld!. Foto: RBR ya Czernowin und Mieczyslaw Wein- mal gespielt werden, lassen sich mit DR. ROBERT BRAUN MUELLER berg gewidmet. Ächzen und einem guten Hygienekon- Der Carl-Orff-Saal m i Gasteig ist eigentlich we- gen seiner Akustik bei Musikern unbeliebt. Die Im Prinzregententheater, wo das zept alle Abonnenten im Prinzregen- Guckkastenbühne ist für Theater nicht tief ge- Orchester in der Regel vor dem Eiser- tentheater unterbringen. Robert nug, technisch eher mäßig ausgestattet und für nen Vorhang spielt, wäre als Plan B Braunmüller zeitgenössische Formen wenig geeignet. Im Rahmen der vom Stadtrat noch nicht beschlos- auch die Nutzung des Konzertzim- Das Programm "Quiet City" am senen Sanierung soll der Raum eine variable mers auf der Bühne möglich, was grö- Freitag, 20 Uhr im Carl-Orff-Saal des Bühnenfläche erhalten, ein Teil der festen Be- ßere Besetzungen erlaubt. Einbrüche Gasteig. Restkarten zu 25 Euro über stuhlung wird ebenfalls veränderbar sein. Foto: bei den Abonnements gibt es nicht: Es die Homepage des Orchesters M. Schönhofer/Gasteig ist eher so, dass treue Einzelkarten- www.m-k-o.eu. Dort gibt es Infos zur neuen Saison Alle weiteren Quellen: Abendzeitung Landshut • Abendzeitung Online zum Anfang dieses Artikels zum Inhaltsverzeichnis 4
Internet Quelle: Musik Heute vom 15.07.2020 (Internet-Publikation, Berlin) Auch in: 2 weiteren Quellen » MUSIK HEUTE KLASSIK-NACHRICHTEN-JOURNAL AÄW: 25€ Visits: 15.333 Reichweite: 511 Autor: k.A. Weblink Musikfest Berlin findet statt - mit verändertem Programm Berlin (MH) - Das Musikfest Berlin findet in diesem Jahr trotz Corona-bedingter Auflagen statt. Die bereits angekündigten Gastorchester aus dem In- und Ausland können zwar nicht teilnehmen, teil- ten die Veranstalter am Mittwoch mit. Das Programm bleibe aber im wesentlichen erhalten und ver- binde die Musik Beethovens mit Uraufführungen neuer Kompositionen. Die Berliner Klangkörper - Philharmoniker, Deutsches Symphonie-Orchester, Konzerthausorchester und Rundfunk-Sinfonieor- chester - starten mit dem Festival in die neue Konzertsaison. Berliner Philharmoniker © MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten - Informationen zum Zur Eröffnung interpretiert der Pianist lgor Levit ab dem 25. August in einem acht Konzerte umfas- senden Zyklus alle 32 Klaviersonaten von Beethoven. Beim ersten Orchesterkonzert des Musik- fests am 29. August spielen die Staatskapelle Berlin und Daniel Barenboim die drei letzten Sym- phonien von Mozart. Bis zum 23. September gastieren Ensembles für zeitgenössische Musik wie das Klangforum Wien, die Neuen Vocalsolisten Stuttgart und das Ensemble Modern. Sie interpre- tieren Werke von Georges Aperghis, Milica Djordjevic und Christian Jost. Der in Berlin lebenden britischen Komponistin Rebecca Saunders ist mit der Aufführung von 15 ihrer Kompositionen ein umfangreiches Porträt gewidmet. Zum Abschluss wird Wolfgang Rihms "Stabat Mater" durch Ta- bea Zimmermann und Christian Gerhaher uraufgeführt. Einige Gastorchester haben bereits Auftritte in den kommenden Jahren zugesagt. So kommt das Concertgebouworkest Amsterdam, das diesmal das Eröffnungskonzert gestalten sollte, 2021 mit ei- nem neuen Programm nach Berlin. Eine neue Produktion präsentieren auch das Orchestre Revolu- tionnaire et Romantique und der Monteverdi Choir mit Sir John Elio Gardiner. Die für dieses Jahr geplante Uraufführung von Heiner Goebbels' "A Hause of Call. My imaginary Notebook" soll nun am 30. August 2021 stattfinden. Das Konzert des Orchestra e Coro dell'Accademia Nazionale di Santa Cecilia mit Dirigent Antonio Pappano und lgor Levit als Solist wird 2022 nachgeholt. Im vergangenen Jahr hat das Musikfest nach Veranstalterangaben mehr als 39.000 Besucher an- gezogen. Sie erlebten 26 Konzerte von 22 Klangkörpern in der Philharmonie, dem Konzerthaus, dem Pierre-Boulez-Saal und an anderen Orten. Zu den teilnehmenden Ensembles zählten das BBC Symphony Orchestra unter Chefdirigent Sakari Oramo, Zubin Mehta auf Abschiedstournee mit 5
dem Israel Philharmonie Orchestra und das Pariser Orchester Les Siecles unter Fran9ois-Xavier Roth. © MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten - Informationen zum Copyright Alle weiteren Quellen: Classicpoint • Crescendo Online zum Anfang dieses Artikels zum Inhaltsverzeichnis 6
Artikel auf Seite 15 der Zeitung Berliner Zeitung vom Fr, 17.07.2020 https://epaper.berliner-zeitung.de/ Ein anderes Jubiläum in Salzburg Die traditionsreichen Festspiele feiern im Corona-Jahr ihr 100-jähriges Bestehen GEORG ETSCHEIT Viele Wochen hatten die Salzburger Festspiele gezögert. Eine Absage ausgerechnet der diesjährigen Jubiläumssaison wäre eine Katastrophe gewesen. Dann kam Ende Mai die Nachricht: Das Festival, das dieses Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert, wird trotz Corona über die Bühne gehen – mit Hygienekonzept, personalisierten Eintrittskarten, Besucherlenkung und „Gesundheitstagebuch“ für Künstler. Im Zentrum des auf August (1.–30.8.) beschränkten Spielplans steht einmal mehr der „Jedermann“. Schließlich wurden mit Hugo von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ 1920 die ersten Festspiele bestritten. Im Verlaufe eines Jahrhunderts ist aus dem einst recht intimen Veranstaltungsreigen ein „Global Player“ der Kulturindustrie geworden. 2019 wurden mehr als 270.000 Karten verkauft, bei einer Platzauslastung von 97 Prozent. Dass die Festspiele auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor sind, bekam die Stadt in der Corona-Krise zu spüren, der die Oster- und Pfingstfestspiele zum Opfer fielen. Wie die künstlerische Bilanz ausfällt, lässt sich schwer sagen. Auf jeden Fall ist es sehr schwer geworden, unter Hunderten von Musikfestivals in Europa und weltweit den Alleinstellungsanspruch „Von allem das Beste“ für sich zu reklamieren oder mit einer „Salzburger Dramaturgie“ Maßstäbe zu setzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Herbert von Karajan (1908–1989) der Übervater der Festspiele. Sein Nachfolger, der belgische Theatermanager Gerard Mortier (1943–2014), bestritt im Jahre 1991 einen umstrittenen Neuanfang. Er verjüngte das Publikum und stellte den allbekannten Repertoire-Hits auch weniger bekannte Werke und Modernes gegenüber. Die folgenden Intendanten Peter Ruzicka und Jürgen Flimm, vor allem aber der auf Prestige bedachte Alexander Pereira ließen die Reichen und Schönen wieder zurückkehren. Seit 2016 versucht Markus Hinterhäuser einen Mittelweg zu gehen zwischen gesellschaftlichem Event, ökonomischem Erfolg und künstlerischer Exzeptionalität. In diesem besonderen Jahr stehen nur zwei Opern auf dem Programm, „Elektra“ von Strauss und „Così fan tutte“ von Mozart. Die Theatersparte präsentiert neben dem „Jedermann“ eine mit Spannung erwartete Peter-Handke-Uraufführung, und der Pianist Igor Levit wird einen Zyklus aller Beethoven-Klaviersonaten spielen, der Salzburger Beitrag zum arg gerupften Beethoven-Jahr. (dpa) 1 von 1 16.07.2020, 14:14
Firefox https://reader.morgenpost.de/bmberlinermorgenpost/633/?gatoken=eyJ... 1 von 8 16.07.2020, 14:01
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Artikel auf Seite 15 der Zeitung Berliner Zeitung vom Mi, 15.07.2020 https://epaper.berliner-zeitung.de/ Unter filigran gebogenem Dach Bei „20 Sunsets“ erprobt das Haus der Kulturen der Welt die Potenziale seiner Dachterrasse Am Haus der Kulturen der Welt beginnt das Sommerprogramm. Volkmar Otto Auch mit dabei: Die Neuköllner Lesereihe Kabeljau & Dorsch.HKW/Schirin Moayerie ANNA GYAPJAS Der Plan für das diesjährige Wassermusik-Festival im Haus der Kulturen der Welt (HKW) war ziemlich perfekt: Ein Programm, das an die Ufer des Mississippi führt, wo einst der Blues entstand. Eine Rückkehr an die Wiege des Pop also, aber auch an die ehemalige Verkehrsader für Plantagenwirtschaft und Sklaverei. Und angesichts der aktuellen Rassismus-Debatten wären auch sicher viele gekommen, um genauer hinzuhören. „Sehr ärgerlich“ sei es für Detlef Diederichsen, Leiter des Bereichs Musik und Performing Arts am HKW gewesen, das ursprüngliche Programm pandemiebedingt abzusagen. Aber: „Wir freuen uns, dass wir das neue Festival in so kurzer Zeit mit fast allen Wunschkandidat*innen auf die Beine stellen konnten.“ Gerade mit Blick auf die Berliner Kultur- und Clubszene will Diederichsen nicht klagen: „Ihre Situation ist dramatisch, wir mit unserer Dachterrasse sind da sehr privilegiert, weil wir draußen veranstalten können.“ Und weil Privilegien geteilt werden wollen – aber auch, weil die Reisebeschränkungen teils immer noch gelten – bespielen bei „20 Sunsets“ Berliner Künstler die Fläche unter dem filigran gebogenen Dach des HKW. Einige Abende entstehen in solidarischer Kooperation mit lokalen Kulturproduzenten, etwa dem Ausland, einem Ort für experimentelle Musik im Prenzlauer Berg, das derzeit keine Veranstaltungen anbieten kann. Mit dabei sind auch die Neuköllner Lesereihe Kabeljau & Dorsch sowie das Flaneur Magazin, das bereits mit den Winkeln der Dachterrasse gespielt hat und diesmal seinen Podcast launchen wird. Nicht zu vergessen das Arsenal – Institut für Film und Videokunst, das mit sorgsam ausgewählten Filmen das Publikum Ländergrenzen überwinden lässt: An sechs Wochenenden geht es etwa in die touristisch strapazierten Alpen, ins Vierländer-Eck zwischen New Mexico, Arizona, Colorado und Utah und in die 1 von 2 16.07.2020, 14:06
Artikel auf Seite 15 der Zeitung Berliner Zeitung vom Mi, 15.07.2020 https://epaper.berliner-zeitung.de/ Wüste, erzählt mal aus der Perspektive von Enrique, der als Sklave Ferdinand Magellans genauso als erster Weltumsegler in die Geschichte eingegangen sein müsste, mal von kritisch-reflektierenden Tieren. Zu den Konzerten darf das Haus lediglich 300 Gästen Einlass gewähren; für die Literaturveranstaltungen sind 150 Personen geplant. Weil die Bestuhlung ausgelassenes Tanzen aus gutem Grund unmöglich macht, lässt man es ruhig angehen mit akustischer, teils elektroakustischer Musik von Singer/Songwriting über südamerikanische und arabische Klänge bis Ambient. Wobei es bei dem Auftritt von Bernadette La Hengst gut sein kann, dass sich die Gäste zum Wippen auf ihren Sitzen hinreißen lassen. Am Montag vor der Eröffnung türmen sich die Stühle noch im Schatten hinter der Konzertbühne, wo ein Crew-Mitglied sie gerade sauber wischt. Ein dunkelgrüner Stuhl steht an der Kante der Spree-Terrasse, in mehr als sicherem Abstand zu allem, aber auch ein wenig einsam. Dass es keinesfalls so bleiben soll, erzählt Mathias Zeiske, Leiter des Literaturprogramms im HKW, als er die Treppen zur Terrasse hochkommt: „Wir wollten nicht bloß Autor*innen einladen, die ihr Buch lesen, sondern dass es vielstimmig wird, dass die Texte mehrerer Leute im Dialog sind, sodass etwas Geselliges entsteht“, erklärt er. Deshalb wird die legendäre Erzählung „Die Henne und das Ei“ zur Feier von Clarice Lispector, die in diesem Jahr 100 geworden wäre, auch performativ aufbereitet: Mit an ihrem Körper befestigten Klangquellen wird die kolumbianische Soundkünstlerin Lucrecia Dalt zwischen den Sitzreihen wandeln und dabei Sounds erzeugen, die den Text bereichern. Vielstimmig wird auch der Abend mit Olivia Wenzel, die mit ihren Mitstreitern Banafshe Hourmazdi, Malu Peeters und Minh Duc Pham öffentliches, privates, klangliches Feedback auf ihr autofiktionales Debüt „1000 Serpentinen Angst“ um eine junge, schwarze, in der DDR geborene Frau verarbeitet. Wer sich die weiteren Namen im Programm zu Gemüte führt, kann sich guten Gewissens überzeugen lassen: 20 Sunsets ist keine behelfsmäßiges Corona-Programm, sondern das lang ersehnte kulturelle Miteinander, auf das alle gewartet haben. Die Konzertreihe „20 Sunsets“ findet vom 16. 7. bis 23. 8. statt. Tickets, Infos und Programm unter: hkw.de/20sunsets 2 von 2 16.07.2020, 14:06
Wagner in the Parking Lot as Opera Returns to Germany - The New Yo... https://www.nytimes.com/2020/07/15/arts/music/opera-germany-virus... 1 von 3 16.07.2020, 14:19
Wagner in the Parking Lot as Opera Returns to Germany - The New Yo... https://www.nytimes.com/2020/07/15/arts/music/opera-germany-virus... 2 von 3 16.07.2020, 14:19
Wagner in the Parking Lot as Opera Returns to Germany - The New Yo... https://www.nytimes.com/2020/07/15/arts/music/opera-germany-virus... 3 von 3 16.07.2020, 14:19
Firefox https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/930005/48 1 von 3 15.07.2020, 19:50
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Firefox https://epaper.zeit.de/webreader-v3/index.html#/930005/48 3 von 3 15.07.2020, 19:50
Firefox https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/791875/11 1 von 1 16.07.2020, 13:46
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/9 F.A.Z. - Feuilleton Mittwoch, 15.07.2020 Iris Radisch Merck-Preis 2020 Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnet die Literaturkritikerin Iris Radisch mit dem Johann-Heinrich-Merck- Preis für literarische Kritik und Essay 2020 aus. Radisch, die seit dreißig Jahren für „Die Zeit“ tätig ist und derzeit den Literaturteil der Wochenzeitung leitet, hatte zuletzt mit ihrem Titel „Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben“ (2017) ihr Stilideal des argu- mentierenden Erzählens bezeichnet. Vorangegangen waren eine Biographie von Albert Camus (2013) und ein Gesprächsband über „Die letzten Dinge“ (2016), der persönliche Begegnungen mit Auto- ren wie Julien Green, Péter Nádas, Friederike Mayröcker und Claude Simon enthält. Einem größeren Publikum ist Iris Radisch von 2000 an als festes Mitglied des „Literarischen Quartetts“ bekanntgeworden. Den „Literaturclub“ des Schweizer Fernsehens leitete sie von 2006 bis 2012. Im Jahr 2009 wurde Iris Radisch von der französischen Kulturministerin Aurélie Filippetti zum „Chevalier des Arts et des Lettres“ ernannt. Der mit 20 000 Euro dotierte Merck-Preis, der die Erinnerung an den Darmstädter Publizisten, Verleger und Natur- forscher der frühen Goethezeit wachhält, wird zusammen mit dem Georg-Büchner-Preis am 31.Oktober 2020 in Darmstadt verliehen. F.A.Z. 1 von 1 15.07.2020, 19:13
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/12 F.A.Z. - Feuilleton Mittwoch, 15.07.2020 Breitbach-Preis an Bossong Sie spielt ein breites literarisches Repertoire: vom magischen Gedicht über den historischen Roman bis zur Rotlicht-Reportage. Nora Bossong, 1982 in Bremen geboren, ist eine der umtriebigsten und ernsthaftesten Schriftstellerinnen ihrer Generation. Dafür wird sie reichlich belohnt. Nach dem Kranichsteiner Literaturpreis (2019), dem Wilhelm-Lehmann-Preis (2020) und dem Thomas- Mann-Preis (2020) erhält sie nun auch den mit 50000 Euro dotier- ten Joseph-Breitbach-Preis, den die Stiftung Joseph Breitbach und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz jähr- lich für ein Lebenswerk verleihen. Bossong, die laut Jury weder moralisiere noch „am grassierenden Rechthaben“ teilnehme und doch in jeder Zeile politisch erscheine, ist Gründungsmitglied des Vereins „Arbeit an Europa“, der sich die kulturelle Neuentdeckung des Kontinents zum Ziel gesetzt hat. Zuletzt erschien ihr vielgelob- ter Roman „Schutzzone“, der vom Schicksal einer UN-Mitarbeiterin berichtet. Die Preisverleihung ist für den 25. September 2020 in Koblenz vorgesehen.F.A.Z. 1 von 1 15.07.2020, 19:30
Die Welt (Print), 15.07.2020
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/11 F.A.Z. - Feuilleton Mittwoch, 15.07.2020 Tagelöhnerkind, Theologe, Literat und Musiker Ein Tischgespräch mit Jørgen I. Jensen über Carl Nielsen, dem das Schleswig-Holstein Musik Festival bald huldigen wird. Wir müssen noch Sushi kaufen, bevor wir zu Jørgen I. Jensen gehen können. Wir haben ihn nämlich zum Essen eingeladen, aber er darf wegen erster Corona-Warnungen an diesem frühen Märzabend die Wohnung nicht verlassen. Also bringen wir das Essen mit. Jensen ist Experte für Dänemarks „Nationalkomponisten“ Carl Nielsen, und das Schleswig-Holstein Musik Festival hatte – zumindest vor der Pandemie – eine große Nielsen-Retrospektive geplant. Per Erik Veng weiß, wo es das beste Sushi gibt. Schnurstracks läuft er in eine Kopenhagener Seitenstraße zu einer unscheinbaren Butze unweit vom alten Konzertsaal des Dänischen Rundfunks. Er kennt sich hier aus. Fast zwanzig Jahre war er Intendant der Klangkörper der Sendeanstalt, bevor er als Kulturattaché an die Dänische Botschaft in Berlin, schließlich – bis 2018 – als Direktor ans Dänische Kultur- institut in Brüssel wechselte. Jørgen I. Jensen schätzt er seit Jahrzehnten. Der Theologe und Musikwissenschaftler sei einer der originellsten Köpfe Dänemarks, dazu noch schlagfertig und unterhaltsam. Tatsächlich ist der Blick auf Jensens Publikationsliste verheißungsvoll. „Seelenmusik“ heißt ein frühes Buch über die Komponisten Carl Nielsen und Per Nørgård. Ein weiteres trägt den Titel „Die ferne Kirche. Zwischen Kultur und Religiosität“, das nächste „Ich-Automaten: Theologische Kritik eines Menschenbildes“. Vor elf Jahren schließlich erschien: „Europa-Sonate: Theologische Spuren in der klassischen Musik“. Allein die Titel klingen schon, als habe man es mit einem dänischen George Steiner zu tun, einem enzyklopädisch gebildeten Intellektu- ellen, der in seine kulturtheoretischen Überlegungen die Musik zentral einbezieht. Schade, dass man seine Bücher nicht auf 1 von 4 15.07.2020, 19:16
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/11 Deutsch lesen kann. Jensen, ein hochgewachsener Mann mit kahlem Schädel und Brille, Mitte siebzig, empfängt uns in seiner Wohnung. Sein Gesicht verrät, dass er gern und viel lacht. Er scheint hier wie ein Spitzweg’scher Bücherwurm zu hausen zwischen lauter Regalen, deren Bretter sich biegen. Wir sitzen am Tisch im Licht einer blauen Lampe und essen. Ohne Umschweife beginnt Jensen auf Deutsch: „Wissen Sie, Carl Nielsen erstaunt mich immer wieder. Er war ein Tagelöhner- kind, Sohn eines Malers, aufgewachsen auf dem Dorf. Woher hatte er diese enorme Bildung? Als er für die Pläne, nach Ludvig Holbergs Komödie ,Maskerade‘ eine Oper zu schreiben, kritisiert wird, verteidigt er sich mit der Souveränität eines Literaturtheoreti- kers, sowohl fachlich als auch rhetorisch. Nielsen konnte glänzend schreiben. Sein Erinnerungsbuch ,Meine fünische Kindheit‘ würde ich als Weltliteratur bezeichnen.“ Vital und bibelfest War Nielsen, der Anregungen des Naturalismus, Symbolismus und des philosophischen Vitalismus um 1900 in sich aufsog wie ein Schwamm, auch theologisch interessiert? Immerhin hat er nicht nur sechs Symphonien, zwei Konzerte und zwei Opern, sondern auch mehr als vierzig Kirchenlieder hinterlassen. „Nielsen las viel“, sagt Jensen, „ich weiß gar nicht, wann er neben dem Dirigieren und Spielen in der Königlichen Kapelle überhaupt dazu kam. Aber in einer Notiz zu den Dramen Henrik Ibsens bemerkt man seine Bibel- festigkeit. Er stellt nämlich selbst die Verbindung von Ibsen zu einem Satz des Lukas-Evangeliums her: ,Wenn du weißt, was du tust, bist du selig.‘ Nielsen führte, man vermutet das kaum, Gesprä- che mit dem Literaturtheoretiker Georg Brandes, der ja viel für die Nietzsche-Rezeption in Nordeuropa getan hatte. Und Nielsen besaß genaue Kenntnisse der Werke von Platon und Pindar.“ Das Nielsen-Jubiläum 2015 zum 150. Geburtstag, an dessen Ausstrahlungskraft in Deutschland Per Erik Veng großen Anteil hatte, mag Nielsen im Ausland etwas bekannter gemacht haben. Aber noch immer ist er weltweit nicht so stark im Musikleben etabliert wie der Finne Jean Sibelius oder der Norweger Edvard Grieg. Liegt das nur daran, dass er kein Folklorist war, dass er von Beginn an universell und nicht in Nationalstilen dachte? „Nein“, 2 von 4 15.07.2020, 19:16
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/11 sagt Jensen, „es hat mit dem Dänischen zu tun. Und das Dänische ist das Nebenperson-Syndrom: Man zieht sich zurück und sagt, ich bedeute nicht so viel. So war Nielsen schon zu Lebzeiten bei inter- nationalen Zusammenkünften. Er hat nie die Bedeutung für sich beansprucht, die ihm zugekommen wäre.“ Jensens Monographie über den Komponisten, die jahrzehntelang den Stand der Diskussion markierte, heißt „Carl Nielsen – der Däne“. Sie hatte 1991 den Anstoß zu weiter gehender Beschäftigung mit Nielsen gegeben. Der Dirigent Herbert Blomstedt regte mit einem Wochenhonorar für John Fellow Larsen die Veröffentlichung aller Briefe von Carl Nielsen an – ein Projekt, das zehn Jahre gedau- ert hat. Inzwischen sind fünf Millionen dänische Kronen (etwa siebenhunderttausend Euro) aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt worden, damit der Musikwissenschaftler Michael Fjeldsøe eine neue Nielsen-Monographie schreiben kann. Sie wird „Carl Nielsen – der Europäer“ heißen, was keineswegs als Kritik an Jensen gemeint ist. Ein Deichgraf als Schwiegervater Fjeldsøe, den wir schon am Vormittag getroffen hatten, legt das Gewicht seiner Darstellung auf ganz andere Dinge: Nielsens Nach- bar während dessen Kindheit sei ein deutscher Bauer aus Schleswig gewesen; das nahe gelegene Ziegelwerk hatte viele deutsche Arbei- ter; Nielsens Lehrer in der Militärkapelle von Odense seien deut- sche Musiker aus Rendsburg gewesen, die nur gebrochen Dänisch sprechen konnten. Nielsens „fünische Kindheit“ sei eben keine rein dänische gewesen. Es könne wissenschaftlich nicht mehr um die Restauration einer nationalromantischen Sicht gehen. Nielsens Schwiegervater stammte aus einer schleswigschen Deichgrafenfa- milie. Zu Nielsen als geistiger Persönlichkeit gehörten seine Orientierung nach Deutschland, seine Mitgliedschaft in der Preußischen Akade- mie der Künste, seine kollegialen Beziehungen zu Ferruccio Busoni und Arnold Schönberg, sein Interesse an der Musik Igor Strawin- skys. Natürlich hätte all das Carl Nielsen zum idealen Protagonisten gemacht, um beim Schleswig-Holstein Musik Festival in diesem Jahr an das Jubiläum der friedlichen Grenzziehung zwischen Däne- mark und Deutschland per Volksabstimmung 1920 zu erinnern. 3 von 4 15.07.2020, 19:16
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/11 Christian Kuhnt, der Intendant des Festivals, der in den Vorjahren eher auf Johann Sebastian Bach, Peter Tschaikowsky und Felix Mendelssohn Bartholdy als Schwerpunktkomponisten gesetzt hatte, würde mit Nielsen Mut bewiesen haben. Nun aber bleibt von dem Schwerpunkt nicht viel übrig. Einige Solisten und Ensembles wie Helene Blum und Harald Haugaard, Concerto Copenhagen, Musica Ficta und das Dänische Klavier-Duo haben sich diesen Sommer auf Gut Pronsdorf in einer Carl-Nielsen-WG versammelt, um dort einen Querschnitt aus Niel- sens Chor- und Kammermusik aufzuzeichnen, der vom 16. August an ausgestrahlt werden soll. Es wäre aber eine verpasste Chance, wenn man den Nielsen-Schwerpunkt in seinem ursprünglich geplanten Umfang nicht nachholen würde. Unsere Kultur des Redundanzhörens, also der Wiederholung von Allbekanntem, könnte diese Erfrischung dringend gebrauchen. Am Tisch von Jørgen I. Jensen nimmt unser Symposion, wiewohl gänzlich alkoholfrei, irgendwann die unvermeidliche Wendung ins Erotische, zumal Nielsen dafür bekannt ist, neben zwei ehelichen wenigstens zwei uneheliche Kinder gehabt zu haben. „Er war ein erotisch empfänglicher und ausstrahlungsstarker Mann, leutselig, gesprächig, leuchtend“, sagt Jensen, „aber in seinen Schriften erotisch immer sehr zurückhaltend.“ Und schon ist er wieder bei der Theologie. „Wissen Sie, dass Sonatenform und Komödientheo- rie zusammenhängen? Die Komödie ist die Überwindung einer alten Ordnung durch eine neue, die in einer Ehe bekräftigt wird. Und genau das ist die Dramaturgie des Neuen Testaments mit dem neuen Jerusalem als Braut und Christus als Bräutigam. Der Repri- seneinsatz in einer Sonate – das ist ein metaphysisches Ereignis.“ Das Sushi ist wirklich gut und offenbar bewusstseinserweiternd.Jan Brachmann 4 von 4 15.07.2020, 19:16
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/11 F.A.Z. - Feuilleton Mittwoch, 15.07.2020 Die Zeit von gestern Als das Radio die Welt erklärte und was Joachim Kaiser damit zu tun hat/Von Ulrich Bartels Mein Beethoven-Jahr war bereits 1970. Frisch aus der Bundeswehr entlassen, nach damals noch achtzehn Monaten Grundwehrdienst, durch die hinweg ich die Lust am Klavierspiel gerettet hatte, brach- te das Programm von WDR 3 für mich Unvergessliches. Der vor einigen Jahren verstorbene Joachim Kaiser sprach in einer langen Folge von Hörfunksendungen über die 32 Klaviersonaten Beetho- vens in verschiedenen Interpretationen. Er zelebrierte sie quasi, und das machte süchtig. Ich habe nicht eine Sendung verpasst und wartete ungeduldig auf die jeweils kommende. Kaiser hatte wenige Jahre zuvor das Buch „Große Pianisten in unserer Zeit“ vorgelegt und galt als „Klavierpapst“. Seine ruhige, warme, betörende Stimme ließ keinerlei Zweifel an seiner Kennerschaft zu. Man glaubte, einem umfassend gelehrten Mann zuzuhören. Meist waren es nicht mehr als zwei, manchmal drei Sonaten, die in verschiedenen Interpretationen vorgestellt wurden. Es war aber bereits damals eine Zeit von gestern. Die Sterne von Argerich, Barenboim oder Pollini gingen gerade erst auf, Brendel war zwar schon älter, galt aber noch als Geheimtipp. Die Stars der Zeit – und von Kaiser geschätzt – waren Friedrich Gulda, dessen 1967 begon- nene Aufnahme der 32 Sonaten bei Amadeo rasch Kultstatus erreichte, und das enfant terrible aus Kanada, Glenn Gould. Ansonsten gaben die Älteren den Ton an. Wilhelm Kempf, Jahrgang 1895, hatte gerade mit Aufnahmen der Schubert-Sonaten auf sich aufmerksam gemacht, und Wilhelm Backhaus war im Jahr zuvor mit 85 Jahren in Villach nach einem Konzert gestorben. Davon gab es eine Aufnahme. Ihn verließen die Kräfte, und er musste Beetho- vens Es-Dur-Sonate op. 31 Nr. 3 vor dem Schlusssatz beenden. Er entschuldigte sich beim Publikum. Nach einer Pause verabschiedete sich Backhaus mit Schumanns „Warum“. Ein bewegender Moment. 1 von 2 15.07.2020, 19:19
Firefox https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/465127/11 Kaiser fand den richtigen Ton. Der Russe Emil Gilels, der Chilene Claudio Arrau und der Italiener Benedetti-Michelangeli waren auf dem Höhepunkt ihres Ruhms und gehörten zu Kaisers Favoriten. Swjatoslaw Richter hatte sich mit einer furiosen „Appassionata“ in der Carnegie Hall im Westen durchgesetzt. Und zum ersten Mal überhaupt hörte ich den Namen Solomon, eigentlich Solomon Cutner. Der Brite musste seine Karriere wegen eines Schlaganfalls früh beenden und wurde von Kaiser für sein Beethoven-Spiel fast mythisch verehrt. Heute indes nur schwer vorstellbar: Kaiser fand Gefallen am Klavierspiel der Hitler-Verehrerin Elly Ney. Sie sei nach 1945 „nicht mehr Mode gewesen“, heißt es in seinem Buch, doch spiele sie Opus 111 aus einer großen, ruhigen Einsamkeit heraus und habe ein tiefe- res Verständnis von Beethoven als viele der ihr technisch haushoch überlegenen Kollegen. Die Details dieser Sendungen sind verblasst, manche Interpreten auch vergessen, aber nicht das private Vergnügen, immer wieder die damals gekaufte Henle-Ausgabe der Sonaten aufs Pult zu legen und daraus das zu spielen, was eben geht. Das sind eher die langsa- men Sätze. Beethoven war Erfinder wunderbarer Melodien. Hier gibt es viel zu entdecken, sei es das Nebenthema des ersten Satzes von op. 7, Takt 59, das Menuett der Sonate op. 10 Nr. 3 oder der nicht enden wollende Schlusssatz von op. 90 „Nicht zu geschwind und sehr singbar vorzutragen“. Ulrich Bartels saß für die SPD fünfzehn Jahre lang im Kulturaus- schuss der Stadt Münster. 2 von 2 15.07.2020, 19:19
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