PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of

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PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

            July 15 - 16, 2020
PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW                                                        July 15 - 16, 2020

Rbb Kultur (Radio/Online), 15.07.2020, DB, PBS
        Musikalische Eindrücke vom Festival „Distance / Intimacy“ im Pierre Boulez Saal   4

Abendzeitung München (Print), 16.07.2020, PBS
      Draufzahlen und Musik machen. Ein Blick in die Zukunft des Gasteig                  6

Musik Heute (Online), 15.07.2020,
       Musikfest Berlin findet statt – mit verändertem Programm                           8

Berliner Zeitung (Print), 16.07.2020
        Ein anderes Jubiläum in Salzburg                                                  10

Berliner Morgenpost (Print), 15.07.2020,
        „Aus der Krise lernen.“ Berlins Kulturszene sortiert sich                         11

Berliner Zeitung (Print), 16.07.2020
        Unter filigran gebogenem Dach. Sommerprogramm im HKW startet                      19

The New York Times (Online), 15.07.2020
       Wagner in the parking lot as opera returns to Germany                              21

Die Zeit (Print), 16.07.2020
         Reformhäuser. Gutachten zur Preußen-Stiftung legt Missstände offen               24

Süddeutsche Zeitung (Print), 16.07.2020
       Mehr Geld für Kinos                                                                27

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020
        Iris Radisch erhält Merck-Preis 2020                                              28

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020
        Breitbach-Preis an Nora Bossong                                                   29

Die Welt (Print), 15.07.2020
       Endlich ausgezoomt. Besuch einer Beethoven Aufnahme im Berliner Teldex Studio      30
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Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020
       Tischgespräch mit Jørgen I. Jensen über Carl Nielsen, dem das Schleswig-Holstein
       Musik Festival bald huldigen wird                                                  31

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Print), 15.07.2020
        Begegnungen mit Beethoven. Die Zeit von gestern                                   35

Die Zeit (Print), 16.07.2020
         Ist das jetzt Klassik oder Jazz? Die Pianistin Johanna Summer                    37
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Das Festival "Distance / Intimacy" im Pierre Boulez Saal Berlin | rbbK...   https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendung...

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Das Festival "Distance / Intimacy" im Pierre Boulez Saal Berlin | rbbK...   https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendung...

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Quelle:        Abendzeitung vom 16.07.2020, S.28 (Tageszeitung/ täglich ausser Sonntag, München)
Auch in:       2 weiteren Quellen »
                                               Reichweite:    77.534
Auflage:       44.305                          Autor:         Robert Braunmüller              Ressort:   Kultur

           Draufzahlen und Musik machen
           Das Münchener Kammerorchester wagt am Freitag im Carl-Orff-Saal einen Blick in die
           Zukunft des Gasteig

           D er"I Can't
                  Neuanfang ist symbolträchtig:
                        Breathe" heißt das Stück
                                                                  "Angesichts dessen, was der neue
                                                              Boulez-Saal in Berlin bewegt, ist die
                                                                                                                  Zeit mit seiner Tochter verbracht und
                                                                                                                  mit dem Orchester über Zukunftssze-
           für Trompete solo, mit dem das Mün-                Sanierung des Gasteig eine Riesen-                  narien nachgedacht. Der Chefdirigent
           chener Kammerorchester am Freitag                  Chance", sagt Ganslmeier. Vorausset-                und seine 28 festangestellten Strei-
           sein erstes Konzert nach der Corona-               zung dafür wäre aber eine Umwand-                   cher sind sich bewusst, dass ihre Situ-
           Pause beginnt. Der österreichische                 lung in eine multifunktionale Bühne,                ation im Vergleich zu freien Musikern
           Komponist Georg Friedrich Haas er-                 auf der eine Brücke zwischen den                    vergleichsweise komfortabel ist: Die
           innert in dem Werk an den Schwarzen                etablierten Institutionen und der Frei-             in Konzerten mitwirkenden Bläser
           Erle Gardner, der 2014 in New York                 en Szene geschlagen werden soll.                    kommen entweder aus anderen Or-
           ein Opfer rassistischer Polizeigewalt                  Das Münchener Kammerorchester                   chestern oder arbeiten freiberuflich.
           wurde. Dessen letzten Worte wurden                 steht zwischen der staatsnahen und                  18 von ihnen konnten nach einer Ver-
           zum Motto der Bürgerrechtsbewe-                    staatsfernen Kultur: Es wird von ei-                steigerung von Grafiken mit jeweils
           gung "Black Lives Matter" - ein nach               nem Verein getragen, wegen seines                   1000 Euro unterstützt werden.
           dem gewaltsamen Tod von George                     Engagements für die Musik der Ge-                      Im September hätte das Orchester
           Floyd derzeit leider wieder aktuelles              genwart aber auch zu gleichen Teilen                beim ARD-Musikwettbewerb mitge-
           Thema.                                             vom Freistaat und der Landeshaupt-                  wirkt. Aber auch der fällt dieses Jahr
               "Wir dachten an einen vieldeutigen             stadt gefördert. Die öffentlichen Gel-              aus. "Das Einfachste wäre, nichts zu
           Anfang, wenn das Publikum dazu                     der - etwas mehr als die Hälfte des                 tun, weil Konzerte im Moment defizi-
           durch den Mundschutz atmen muss",                  Etats - sichern die Personalkosten,                 tär sind. Damit würden wir aber unse-
           sagt Florian Ganslmeier, der Ge-                   das Programm wird über Gastspiele,                  ren Auftrag nicht mehr erfüllen", sagt
           schäftsführer des Münchener Kam-                   den freien Kartenverkauf und Abon-                  Ganslmeier. Daher hat sich das Or-
           merorchesters. Das ist nach den aktu-              nements finanziert.                                 chester entschlossen, einen Prolog zur
           ellen Regeln nicht notwendig. Aber                     Da ist in den vergangenen drei Mo-              kommenden Saison mit sechs Konzer-
           natürlich lässt sich der Titel von Haas'           naten vieles weggefallen, darunter                  ten in der Sendlinger Himmelfahrts-
           auch als Anspielung auf auch den ein-              mehrere Abo-Konzerte im Prinzre-                    kirche zu veranstalten.
           samen Erstickungstod lesen, mit dem                gententheater, Auftritte in Köln, beim                  Der Dirigent Omer Meir Wellber
           eine Corona-Infektion enden kann.                  Würzburger Mozartfest und auf Her-                  eröffnet am 30. August die Reihe, in
           Oder im weiteren Sinn auf die schwie-              renchiemsee sowie Aufführungsserien                 der Musik des 20. Jahrhunderts mit
           rige Situation von Künstlern, die von              der Oper "Mignon" von Ambroise                      Werken von Haydn und Vivaldi zu-
           Auftritten leben, derzeit aber nicht               Thomas mit dem Opernstudio der Ba-                  sammentrifft. Weitere Termine leiten
           auftreten können.                                  yerischen Staatsoper und die Wieder-                Schuldt, Enrico Onofri und der Cellist
               Clemens Schuldt, der Chefdirigent              aufnahme von Haydns "Orlando pala-                  Nicolas Altstaedt. Die mit dem Or-
           des Orchesters, hat für dieses Konzert             dino" unter Ivor Bolton bei den ausge-              chester verbundenen Bläser spielen
           im Gasteig Werke zusammengestellt,                 fallenen Festspielen im Prinzregen-                 Mozarts "Gran Partita" in der Kirche,
           die den Themenbereich Kommunika-                   tentheater.                                         die wegen ihrer guten Akustik öfter
           tion und Kommunikationslosigkeit                       Für die beiden Opern gab es - in                für Plattenaufnahmen genutzt wird.
           umkreisen. "Das zweite Stück, ein                  Absprache mit dem Kunstministeri-                   Nach den derzeit geltenden Abstands-
           Trio von Henryk G6recki, verlangt                  um - ein Ausfallhonorar von 40 Pro-                 regeln fasst sie 100 Besucher, was bei
           entfernt voneinander spielende Strei-              zent. Aber das konnte nicht verhin-                 den üblichen Preisen keine kosten-
           cher., Quiet City', ein Trio für Trom-             dern, dass die bereits unter Tarif be-              deckenden Konzerte zulässt.
           pete, Englischhorn und Streicher                   schäftigten Musiker in Kurzarbeit ge-                   Die mit dem Motto "Nachbarn"
           stellt in einer städtischen Pastorale              schickt wurden. Der Verlust "geht auf               überschriebene Saison im Prinzregen-
           die schweigende Mehrheit dar."                     die Million zu", sagt Ganslmeier.                   tentheater beginnt der Chefdirigent
               Das Konzert ist zugleich auch als              Schuldt hat eine Opernproduktion in                 am 15. Oktober mit der Uraufführung
           Vision für die Zukunft des städtischen             England, diverse Gastdirigate und ei-               von Beat Furrers Violinkonzert. Solist
           Kulturzentrums am Isarhochufer ge-                 ne Tournee durch Australien und                     ist der Geiger Ilya Gringolts. Wahr-
           dacht: Nach kürzlich abgeschlossener               Neuseeland verloren. "Meine ganzen                  scheinlich wird die ursprünglich ge-
           Planung der im Herbst noch vom                     freischaffenden Engagements sind                    plante "Pastorale" von Ludwig van
           Stadtrat zu verabschiedenden Gene-                 weggefallen. "Ich bin froh, dass ich                Beethoven durch eine kleiner besetzte
           ralsanierung soll das Münchener                    das auf 90 Prozent aufgestockte Ge-                 Symphonie von Mozart ersetzt.
           Kammerorchester hier eine eigene ex-               halt als künstlerischer Leiter bekom-                  Weitere Konzerte leiten Jörg Wid-
           perimentelle Reihe mit Ausblicken in               me."                                                mann, Duncan Ward und John Stor-
           Richtung Tanz, Theater und Film                        Schuldt hat in der freien Zeit neue             gards. Als Solisten werden Patricia
           durchführen.                                       Partituren studiert, Bücher gelesen,                Kopatchinskja, Nils Mönkemeyer und

                                                                                                                                                            3
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Piotr Anderzeweski erwartet. Die        käufer durch die Krise zu Dauerbesu-    (Abbildungen)
                                                                                Die Köpfe des Münchener Kammerorchesters:
Nachtmusiken in der Pinakothek der      chern wurden. Wenn alles klappt und     Geschäftsführer Florian Ganslmeier (links) mit
Modeme werden Bryce Dessner, Cha-       die Programme an einem Abend zwei-      dem Chefdirigenten Giemens Schuld!. Foto: RBR
ya Czernowin und Mieczyslaw Wein-       mal gespielt werden, lassen sich mit    DR. ROBERT BRAUN MUELLER
berg gewidmet.                          Ächzen und einem guten Hygienekon-      Der Carl-Orff-Saal m
                                                                                                   i Gasteig ist eigentlich we-
                                                                                gen seiner Akustik bei Musikern unbeliebt. Die
    Im Prinzregententheater, wo das     zept alle Abonnenten im Prinzregen-     Guckkastenbühne ist für Theater nicht tief ge-
Orchester in der Regel vor dem Eiser-   tentheater unterbringen.      Robert    nug, technisch eher mäßig ausgestattet und für
nen Vorhang spielt, wäre als Plan B     Braunmüller                             zeitgenössische Formen wenig geeignet. Im
                                                                                Rahmen der vom Stadtrat noch nicht beschlos-
auch die Nutzung des Konzertzim-           Das Programm "Quiet City" am         senen Sanierung soll der Raum eine variable
mers auf der Bühne möglich, was grö-    Freitag, 20 Uhr im Carl-Orff-Saal des   Bühnenfläche erhalten, ein Teil der festen Be-
ßere Besetzungen erlaubt. Einbrüche     Gasteig. Restkarten zu 25 Euro über     stuhlung wird ebenfalls veränderbar sein. Foto:
bei den Abonnements gibt es nicht: Es   die Homepage des Orchesters             M. Schönhofer/Gasteig
ist eher so, dass treue Einzelkarten-   www.m-k-o.eu. Dort gibt es Infos zur
                                        neuen Saison
Alle weiteren Quellen: Abendzeitung Landshut • Abendzeitung Online
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                                                                                                                                  4
PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
Internet
Quelle:    Musik Heute vom 15.07.2020 (Internet-Publikation,   Berlin)
Auch in:   2 weiteren Quellen »                                                                                  MUSIK HEUTE
                                                                                                                 KLASSIK-NACHRICHTEN-JOURNAL
                                             AÄW:              25€
Visits:    15.333                            Reichweite:       511               Autor:   k.A.                                          Weblink

                    Musikfest Berlin findet statt - mit verändertem
                    Programm
                    Berlin (MH) - Das Musikfest Berlin findet in diesem Jahr trotz Corona-bedingter Auflagen statt. Die
                    bereits angekündigten Gastorchester aus dem In- und Ausland können zwar nicht teilnehmen, teil-
                    ten die Veranstalter am Mittwoch mit. Das Programm bleibe aber im wesentlichen erhalten und ver-
                    binde die Musik Beethovens mit Uraufführungen neuer Kompositionen. Die Berliner Klangkörper -
                    Philharmoniker, Deutsches Symphonie-Orchester, Konzerthausorchester und Rundfunk-Sinfonieor-
                    chester - starten mit dem Festival in die neue Konzertsaison.

                    Berliner Philharmoniker
                    © MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten - Informationen zum

                    Zur Eröffnung interpretiert der Pianist lgor Levit ab dem 25. August in einem acht Konzerte umfas-
                    senden Zyklus alle 32 Klaviersonaten von Beethoven. Beim ersten Orchesterkonzert des Musik-
                    fests am 29. August spielen die Staatskapelle Berlin und Daniel Barenboim die drei letzten Sym-
                    phonien von Mozart. Bis zum 23. September gastieren Ensembles für zeitgenössische Musik wie
                    das Klangforum Wien, die Neuen Vocalsolisten Stuttgart und das Ensemble Modern. Sie interpre-
                    tieren Werke von Georges Aperghis, Milica Djordjevic und Christian Jost. Der in Berlin lebenden
                    britischen Komponistin Rebecca Saunders ist mit der Aufführung von 15 ihrer Kompositionen ein
                    umfangreiches Porträt gewidmet. Zum Abschluss wird Wolfgang Rihms "Stabat Mater" durch Ta-
                    bea Zimmermann und Christian Gerhaher uraufgeführt.
                    Einige Gastorchester haben bereits Auftritte in den kommenden Jahren zugesagt. So kommt das
                    Concertgebouworkest Amsterdam, das diesmal das Eröffnungskonzert gestalten sollte, 2021 mit ei-
                    nem neuen Programm nach Berlin. Eine neue Produktion präsentieren auch das Orchestre Revolu-
                    tionnaire et Romantique und der Monteverdi Choir mit Sir John Elio Gardiner. Die für dieses Jahr
                    geplante Uraufführung von Heiner Goebbels' "A Hause of Call. My imaginary Notebook" soll nun
                    am 30. August 2021 stattfinden. Das Konzert des Orchestra e Coro dell'Accademia Nazionale di
                    Santa Cecilia mit Dirigent Antonio Pappano und lgor Levit als Solist wird 2022 nachgeholt.
                    Im vergangenen Jahr hat das Musikfest nach Veranstalterangaben mehr als 39.000 Besucher an-
                    gezogen. Sie erlebten 26 Konzerte von 22 Klangkörpern in der Philharmonie, dem Konzerthaus,
                    dem Pierre-Boulez-Saal und an anderen Orten. Zu den teilnehmenden Ensembles zählten das
                    BBC Symphony Orchestra unter Chefdirigent Sakari Oramo, Zubin Mehta auf Abschiedstournee mit

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PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
dem Israel Philharmonie Orchestra und das Pariser Orchester Les Siecles unter Fran9ois-Xavier
         Roth.
         © MUSIK HEUTE. Alle Rechte vorbehalten - Informationen zum Copyright
Alle weiteren Quellen: Classicpoint • Crescendo Online
zum Anfang dieses Artikels                                                              zum Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                 6
PRESS REVIEW July 15 - 16, 2020 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
Artikel auf Seite 15 der Zeitung Berliner Zeitung vom Fr, 17.07.2020                                                    https://epaper.berliner-zeitung.de/

          Ein anderes Jubiläum in Salzburg
          Die traditionsreichen Festspiele feiern im Corona-Jahr ihr 100-jähriges Bestehen

          GEORG ETSCHEIT

          Viele Wochen hatten die Salzburger Festspiele gezögert. Eine Absage ausgerechnet der diesjährigen Jubiläumssaison wäre eine
          Katastrophe gewesen. Dann kam Ende Mai die Nachricht: Das Festival, das dieses Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert, wird
          trotz Corona über die Bühne gehen – mit Hygienekonzept, personalisierten Eintrittskarten, Besucherlenkung und
          „Gesundheitstagebuch“ für Künstler.

          Im Zentrum des auf August (1.–30.8.) beschränkten Spielplans steht einmal mehr der „Jedermann“. Schließlich wurden mit Hugo
          von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ 1920 die ersten Festspiele bestritten. Im Verlaufe eines Jahrhunderts
          ist aus dem einst recht intimen Veranstaltungsreigen ein „Global Player“ der Kulturindustrie geworden. 2019 wurden mehr als
          270.000 Karten verkauft, bei einer Platzauslastung von 97 Prozent. Dass die Festspiele auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor
          sind, bekam die Stadt in der Corona-Krise zu spüren, der die Oster- und Pfingstfestspiele zum Opfer fielen.

          Wie die künstlerische Bilanz ausfällt, lässt sich schwer sagen. Auf jeden Fall ist es sehr schwer geworden, unter Hunderten von
          Musikfestivals in Europa und weltweit den Alleinstellungsanspruch „Von allem das Beste“ für sich zu reklamieren oder mit einer
          „Salzburger Dramaturgie“ Maßstäbe zu setzen.

          Nach dem Zweiten Weltkrieg war Herbert von Karajan (1908–1989) der Übervater der Festspiele. Sein Nachfolger, der belgische
          Theatermanager Gerard Mortier (1943–2014), bestritt im Jahre 1991 einen umstrittenen Neuanfang. Er verjüngte das Publikum
          und stellte den allbekannten Repertoire-Hits auch weniger bekannte Werke und Modernes gegenüber. Die folgenden Intendanten
          Peter Ruzicka und Jürgen Flimm, vor allem aber der auf Prestige bedachte Alexander Pereira ließen die Reichen und Schönen
          wieder zurückkehren. Seit 2016 versucht Markus Hinterhäuser einen Mittelweg zu gehen zwischen gesellschaftlichem Event,
          ökonomischem Erfolg und künstlerischer Exzeptionalität.

          In diesem besonderen Jahr stehen nur zwei Opern auf dem Programm, „Elektra“ von Strauss und „Così fan tutte“ von Mozart. Die
          Theatersparte präsentiert neben dem „Jedermann“ eine mit Spannung erwartete Peter-Handke-Uraufführung, und der Pianist Igor
          Levit wird einen Zyklus aller Beethoven-Klaviersonaten spielen, der Salzburger Beitrag zum arg gerupften Beethoven-Jahr. (dpa)

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Artikel auf Seite 15 der Zeitung Berliner Zeitung vom Mi, 15.07.2020                                                      https://epaper.berliner-zeitung.de/

          Unter filigran gebogenem Dach
          Bei „20 Sunsets“ erprobt das Haus der Kulturen der Welt die Potenziale seiner Dachterrasse

                                           Am Haus der Kulturen der Welt beginnt das Sommerprogramm. Volkmar Otto

                                        Auch mit dabei: Die Neuköllner Lesereihe Kabeljau & Dorsch.HKW/Schirin Moayerie

          ANNA GYAPJAS

          Der Plan für das diesjährige Wassermusik-Festival im Haus der Kulturen der Welt (HKW) war ziemlich perfekt: Ein Programm, das
          an die Ufer des Mississippi führt, wo einst der Blues entstand. Eine Rückkehr an die Wiege des Pop also, aber auch an die
          ehemalige Verkehrsader für Plantagenwirtschaft und Sklaverei. Und angesichts der aktuellen Rassismus-Debatten wären auch
          sicher viele gekommen, um genauer hinzuhören.

          „Sehr ärgerlich“ sei es für Detlef Diederichsen, Leiter des Bereichs Musik und Performing Arts am HKW gewesen, das
          ursprüngliche Programm pandemiebedingt abzusagen. Aber: „Wir freuen uns, dass wir das neue Festival in so kurzer Zeit mit fast
          allen Wunschkandidat*innen auf die Beine stellen konnten.“ Gerade mit Blick auf die Berliner Kultur- und Clubszene will
          Diederichsen nicht klagen: „Ihre Situation ist dramatisch, wir mit unserer Dachterrasse sind da sehr privilegiert, weil wir draußen
          veranstalten können.“

          Und weil Privilegien geteilt werden wollen – aber auch, weil die Reisebeschränkungen teils immer noch gelten – bespielen bei „20
          Sunsets“ Berliner Künstler die Fläche unter dem filigran gebogenen Dach des HKW. Einige Abende entstehen in solidarischer
          Kooperation mit lokalen Kulturproduzenten, etwa dem Ausland, einem Ort für experimentelle Musik im Prenzlauer Berg, das
          derzeit keine Veranstaltungen anbieten kann.

          Mit dabei sind auch die Neuköllner Lesereihe Kabeljau & Dorsch sowie das Flaneur Magazin, das bereits mit den Winkeln der
          Dachterrasse gespielt hat und diesmal seinen Podcast launchen wird. Nicht zu vergessen das Arsenal – Institut für Film und
          Videokunst, das mit sorgsam ausgewählten Filmen das Publikum Ländergrenzen überwinden lässt: An sechs Wochenenden geht es
          etwa in die touristisch strapazierten Alpen, ins Vierländer-Eck zwischen New Mexico, Arizona, Colorado und Utah und in die

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Artikel auf Seite 15 der Zeitung Berliner Zeitung vom Mi, 15.07.2020                                                 https://epaper.berliner-zeitung.de/

          Wüste, erzählt mal aus der Perspektive von Enrique, der als Sklave Ferdinand Magellans genauso als erster Weltumsegler in die
          Geschichte eingegangen sein müsste, mal von kritisch-reflektierenden Tieren.

          Zu den Konzerten darf das Haus lediglich 300 Gästen Einlass gewähren; für die Literaturveranstaltungen sind 150 Personen
          geplant. Weil die Bestuhlung ausgelassenes Tanzen aus gutem Grund unmöglich macht, lässt man es ruhig angehen mit
          akustischer, teils elektroakustischer Musik von Singer/Songwriting über südamerikanische und arabische Klänge bis Ambient.
          Wobei es bei dem Auftritt von Bernadette La Hengst gut sein kann, dass sich die Gäste zum Wippen auf ihren Sitzen hinreißen
          lassen.

          Am Montag vor der Eröffnung türmen sich die Stühle noch im Schatten hinter der Konzertbühne, wo ein Crew-Mitglied sie gerade
          sauber wischt. Ein dunkelgrüner Stuhl steht an der Kante der Spree-Terrasse, in mehr als sicherem Abstand zu allem, aber auch ein
          wenig einsam. Dass es keinesfalls so bleiben soll, erzählt Mathias Zeiske, Leiter des Literaturprogramms im HKW, als er die
          Treppen zur Terrasse hochkommt: „Wir wollten nicht bloß Autor*innen einladen, die ihr Buch lesen, sondern dass es vielstimmig
          wird, dass die Texte mehrerer Leute im Dialog sind, sodass etwas Geselliges entsteht“, erklärt er. Deshalb wird die legendäre
          Erzählung „Die Henne und das Ei“ zur Feier von Clarice Lispector, die in diesem Jahr 100 geworden wäre, auch performativ
          aufbereitet: Mit an ihrem Körper befestigten Klangquellen wird die kolumbianische Soundkünstlerin Lucrecia Dalt zwischen den
          Sitzreihen wandeln und dabei Sounds erzeugen, die den Text bereichern. Vielstimmig wird auch der Abend mit Olivia Wenzel, die
          mit ihren Mitstreitern Banafshe Hourmazdi, Malu Peeters und Minh Duc Pham öffentliches, privates, klangliches Feedback auf ihr
          autofiktionales Debüt „1000 Serpentinen Angst“ um eine junge, schwarze, in der DDR geborene Frau verarbeitet.

          Wer sich die weiteren Namen im Programm zu Gemüte führt, kann sich guten Gewissens überzeugen lassen: 20 Sunsets ist keine
          behelfsmäßiges Corona-Programm, sondern das lang ersehnte kulturelle Miteinander, auf das alle gewartet haben.

          Die Konzertreihe „20 Sunsets“
          findet vom 16. 7. bis 23. 8. statt. Tickets,
          Infos und Programm unter:
          hkw.de/20sunsets

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Wagner in the Parking Lot as Opera Returns to Germany - The New Yo...   https://www.nytimes.com/2020/07/15/arts/music/opera-germany-virus...

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          F.A.Z. - Feuilleton                                 Mittwoch, 15.07.2020

                                Iris Radisch
                                  Merck-Preis 2020

          Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnet die
          Literaturkritikerin Iris Radisch mit dem Johann-Heinrich-Merck-
          Preis für literarische Kritik und Essay 2020 aus. Radisch, die seit
          dreißig Jahren für „Die Zeit“ tätig ist und derzeit den Literaturteil
          der Wochenzeitung leitet, hatte zuletzt mit ihrem Titel „Warum die
          Franzosen so gute Bücher schreiben“ (2017) ihr Stilideal des argu-
          mentierenden Erzählens bezeichnet. Vorangegangen waren eine
          Biographie von Albert Camus (2013) und ein Gesprächsband über
          „Die letzten Dinge“ (2016), der persönliche Begegnungen mit Auto-
          ren wie Julien Green, Péter Nádas, Friederike Mayröcker und
          Claude Simon enthält.

          Einem größeren Publikum ist Iris Radisch von 2000 an als festes
          Mitglied des „Literarischen Quartetts“ bekanntgeworden. Den
          „Literaturclub“ des Schweizer Fernsehens leitete sie von 2006 bis
          2012. Im Jahr 2009 wurde Iris Radisch von der französischen
          Kulturministerin Aurélie Filippetti zum „Chevalier des Arts et des
          Lettres“ ernannt. Der mit 20 000 Euro dotierte Merck-Preis, der die
          Erinnerung an den Darmstädter Publizisten, Verleger und Natur-
          forscher der frühen Goethezeit wachhält, wird zusammen mit dem
          Georg-Büchner-Preis am 31.Oktober 2020 in Darmstadt verliehen.
          F.A.Z.

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          F.A.Z. - Feuilleton                                Mittwoch, 15.07.2020

               Breitbach-Preis an Bossong
          Sie spielt ein breites literarisches Repertoire: vom magischen
          Gedicht über den historischen Roman bis zur Rotlicht-Reportage.
          Nora Bossong, 1982 in Bremen geboren, ist eine der umtriebigsten
          und ernsthaftesten Schriftstellerinnen ihrer Generation. Dafür wird
          sie reichlich belohnt. Nach dem Kranichsteiner Literaturpreis
          (2019), dem Wilhelm-Lehmann-Preis (2020) und dem Thomas-
          Mann-Preis (2020) erhält sie nun auch den mit 50000 Euro dotier-
          ten Joseph-Breitbach-Preis, den die Stiftung Joseph Breitbach und
          die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz jähr-
          lich für ein Lebenswerk verleihen. Bossong, die laut Jury weder
          moralisiere noch „am grassierenden Rechthaben“ teilnehme und
          doch in jeder Zeile politisch erscheine, ist Gründungsmitglied des
          Vereins „Arbeit an Europa“, der sich die kulturelle Neuentdeckung
          des Kontinents zum Ziel gesetzt hat. Zuletzt erschien ihr vielgelob-
          ter Roman „Schutzzone“, der vom Schicksal einer UN-Mitarbeiterin
          berichtet. Die Preisverleihung ist für den 25. September 2020 in
          Koblenz vorgesehen.F.A.Z.

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Die Welt (Print), 15.07.2020
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          F.A.Z. - Feuilleton                                Mittwoch, 15.07.2020

                Tagelöhnerkind, Theologe,
                   Literat und Musiker
           Ein Tischgespräch mit Jørgen I. Jensen über Carl Nielsen,
           dem das Schleswig-Holstein Musik Festival bald huldigen
                                    wird.

          Wir müssen noch Sushi kaufen, bevor wir zu Jørgen I. Jensen gehen
          können. Wir haben ihn nämlich zum Essen eingeladen, aber er darf
          wegen erster Corona-Warnungen an diesem frühen Märzabend die
          Wohnung nicht verlassen. Also bringen wir das Essen mit. Jensen
          ist Experte für Dänemarks „Nationalkomponisten“ Carl Nielsen,
          und das Schleswig-Holstein Musik Festival hatte – zumindest vor
          der Pandemie – eine große Nielsen-Retrospektive geplant. Per Erik
          Veng weiß, wo es das beste Sushi gibt. Schnurstracks läuft er in eine
          Kopenhagener Seitenstraße zu einer unscheinbaren Butze unweit
          vom alten Konzertsaal des Dänischen Rundfunks. Er kennt sich hier
          aus. Fast zwanzig Jahre war er Intendant der Klangkörper der
          Sendeanstalt, bevor er als Kulturattaché an die Dänische Botschaft
          in Berlin, schließlich – bis 2018 – als Direktor ans Dänische Kultur-
          institut in Brüssel wechselte.

          Jørgen I. Jensen schätzt er seit Jahrzehnten. Der Theologe und
          Musikwissenschaftler sei einer der originellsten Köpfe Dänemarks,
          dazu noch schlagfertig und unterhaltsam. Tatsächlich ist der Blick
          auf Jensens Publikationsliste verheißungsvoll. „Seelenmusik“ heißt
          ein frühes Buch über die Komponisten Carl Nielsen und Per
          Nørgård. Ein weiteres trägt den Titel „Die ferne Kirche. Zwischen
          Kultur und Religiosität“, das nächste „Ich-Automaten: Theologische
          Kritik eines Menschenbildes“. Vor elf Jahren schließlich erschien:
          „Europa-Sonate: Theologische Spuren in der klassischen Musik“.
          Allein die Titel klingen schon, als habe man es mit einem dänischen
          George Steiner zu tun, einem enzyklopädisch gebildeten Intellektu-
          ellen, der in seine kulturtheoretischen Überlegungen die Musik
          zentral einbezieht. Schade, dass man seine Bücher nicht auf

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          Deutsch lesen kann.

          Jensen, ein hochgewachsener Mann mit kahlem Schädel und Brille,
          Mitte siebzig, empfängt uns in seiner Wohnung. Sein Gesicht verrät,
          dass er gern und viel lacht. Er scheint hier wie ein Spitzweg’scher
          Bücherwurm zu hausen zwischen lauter Regalen, deren Bretter sich
          biegen. Wir sitzen am Tisch im Licht einer blauen Lampe und
          essen. Ohne Umschweife beginnt Jensen auf Deutsch: „Wissen Sie,
          Carl Nielsen erstaunt mich immer wieder. Er war ein Tagelöhner-
          kind, Sohn eines Malers, aufgewachsen auf dem Dorf. Woher hatte
          er diese enorme Bildung? Als er für die Pläne, nach Ludvig
          Holbergs Komödie ,Maskerade‘ eine Oper zu schreiben, kritisiert
          wird, verteidigt er sich mit der Souveränität eines Literaturtheoreti-
          kers, sowohl fachlich als auch rhetorisch. Nielsen konnte glänzend
          schreiben. Sein Erinnerungsbuch ,Meine fünische Kindheit‘ würde
          ich als Weltliteratur bezeichnen.“

          Vital und bibelfest

          War Nielsen, der Anregungen des Naturalismus, Symbolismus und
          des philosophischen Vitalismus um 1900 in sich aufsog wie ein
          Schwamm, auch theologisch interessiert? Immerhin hat er nicht
          nur sechs Symphonien, zwei Konzerte und zwei Opern, sondern
          auch mehr als vierzig Kirchenlieder hinterlassen. „Nielsen las viel“,
          sagt Jensen, „ich weiß gar nicht, wann er neben dem Dirigieren und
          Spielen in der Königlichen Kapelle überhaupt dazu kam. Aber in
          einer Notiz zu den Dramen Henrik Ibsens bemerkt man seine Bibel-
          festigkeit. Er stellt nämlich selbst die Verbindung von Ibsen zu
          einem Satz des Lukas-Evangeliums her: ,Wenn du weißt, was du
          tust, bist du selig.‘ Nielsen führte, man vermutet das kaum, Gesprä-
          che mit dem Literaturtheoretiker Georg Brandes, der ja viel für die
          Nietzsche-Rezeption in Nordeuropa getan hatte. Und Nielsen besaß
          genaue Kenntnisse der Werke von Platon und Pindar.“

          Das Nielsen-Jubiläum 2015 zum 150. Geburtstag, an dessen
          Ausstrahlungskraft in Deutschland Per Erik Veng großen Anteil
          hatte, mag Nielsen im Ausland etwas bekannter gemacht haben.
          Aber noch immer ist er weltweit nicht so stark im Musikleben
          etabliert wie der Finne Jean Sibelius oder der Norweger Edvard
          Grieg. Liegt das nur daran, dass er kein Folklorist war, dass er von
          Beginn an universell und nicht in Nationalstilen dachte? „Nein“,

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          sagt Jensen, „es hat mit dem Dänischen zu tun. Und das Dänische
          ist das Nebenperson-Syndrom: Man zieht sich zurück und sagt, ich
          bedeute nicht so viel. So war Nielsen schon zu Lebzeiten bei inter-
          nationalen Zusammenkünften. Er hat nie die Bedeutung für sich
          beansprucht, die ihm zugekommen wäre.“

          Jensens Monographie über den Komponisten, die jahrzehntelang
          den Stand der Diskussion markierte, heißt „Carl Nielsen – der
          Däne“. Sie hatte 1991 den Anstoß zu weiter gehender Beschäftigung
          mit Nielsen gegeben. Der Dirigent Herbert Blomstedt regte mit
          einem Wochenhonorar für John Fellow Larsen die Veröffentlichung
          aller Briefe von Carl Nielsen an – ein Projekt, das zehn Jahre gedau-
          ert hat. Inzwischen sind fünf Millionen dänische Kronen (etwa
          siebenhunderttausend Euro) aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt
          worden, damit der Musikwissenschaftler Michael Fjeldsøe eine
          neue Nielsen-Monographie schreiben kann. Sie wird „Carl Nielsen
          – der Europäer“ heißen, was keineswegs als Kritik an Jensen
          gemeint ist.

          Ein Deichgraf als Schwiegervater

          Fjeldsøe, den wir schon am Vormittag getroffen hatten, legt das
          Gewicht seiner Darstellung auf ganz andere Dinge: Nielsens Nach-
          bar während dessen Kindheit sei ein deutscher Bauer aus Schleswig
          gewesen; das nahe gelegene Ziegelwerk hatte viele deutsche Arbei-
          ter; Nielsens Lehrer in der Militärkapelle von Odense seien deut-
          sche Musiker aus Rendsburg gewesen, die nur gebrochen Dänisch
          sprechen konnten. Nielsens „fünische Kindheit“ sei eben keine rein
          dänische gewesen. Es könne wissenschaftlich nicht mehr um die
          Restauration einer nationalromantischen Sicht gehen. Nielsens
          Schwiegervater stammte aus einer schleswigschen Deichgrafenfa-
          milie.

          Zu Nielsen als geistiger Persönlichkeit gehörten seine Orientierung
          nach Deutschland, seine Mitgliedschaft in der Preußischen Akade-
          mie der Künste, seine kollegialen Beziehungen zu Ferruccio Busoni
          und Arnold Schönberg, sein Interesse an der Musik Igor Strawin-
          skys. Natürlich hätte all das Carl Nielsen zum idealen Protagonisten
          gemacht, um beim Schleswig-Holstein Musik Festival in diesem
          Jahr an das Jubiläum der friedlichen Grenzziehung zwischen Däne-
          mark und Deutschland per Volksabstimmung 1920 zu erinnern.

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          Christian Kuhnt, der Intendant des Festivals, der in den Vorjahren
          eher auf Johann Sebastian Bach, Peter Tschaikowsky und Felix
          Mendelssohn Bartholdy als Schwerpunktkomponisten gesetzt hatte,
          würde mit Nielsen Mut bewiesen haben. Nun aber bleibt von dem
          Schwerpunkt nicht viel übrig.

          Einige Solisten und Ensembles wie Helene Blum und Harald
          Haugaard, Concerto Copenhagen, Musica Ficta und das Dänische
          Klavier-Duo haben sich diesen Sommer auf Gut Pronsdorf in einer
          Carl-Nielsen-WG versammelt, um dort einen Querschnitt aus Niel-
          sens Chor- und Kammermusik aufzuzeichnen, der vom 16. August
          an ausgestrahlt werden soll. Es wäre aber eine verpasste Chance,
          wenn man den Nielsen-Schwerpunkt in seinem ursprünglich
          geplanten Umfang nicht nachholen würde. Unsere Kultur des
          Redundanzhörens, also der Wiederholung von Allbekanntem,
          könnte diese Erfrischung dringend gebrauchen.

          Am Tisch von Jørgen I. Jensen nimmt unser Symposion, wiewohl
          gänzlich alkoholfrei, irgendwann die unvermeidliche Wendung ins
          Erotische, zumal Nielsen dafür bekannt ist, neben zwei ehelichen
          wenigstens zwei uneheliche Kinder gehabt zu haben. „Er war ein
          erotisch empfänglicher und ausstrahlungsstarker Mann, leutselig,
          gesprächig, leuchtend“, sagt Jensen, „aber in seinen Schriften
          erotisch immer sehr zurückhaltend.“ Und schon ist er wieder bei
          der Theologie. „Wissen Sie, dass Sonatenform und Komödientheo-
          rie zusammenhängen? Die Komödie ist die Überwindung einer
          alten Ordnung durch eine neue, die in einer Ehe bekräftigt wird.
          Und genau das ist die Dramaturgie des Neuen Testaments mit dem
          neuen Jerusalem als Braut und Christus als Bräutigam. Der Repri-
          seneinsatz in einer Sonate – das ist ein metaphysisches Ereignis.“
          Das Sushi ist wirklich gut und offenbar bewusstseinserweiternd.Jan
          Brachmann

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          F.A.Z. - Feuilleton                                Mittwoch, 15.07.2020

                         Die Zeit von gestern
             Als das Radio die Welt erklärte und was Joachim Kaiser
                      damit zu tun hat/Von Ulrich Bartels

          Mein Beethoven-Jahr war bereits 1970. Frisch aus der Bundeswehr
          entlassen, nach damals noch achtzehn Monaten Grundwehrdienst,
          durch die hinweg ich die Lust am Klavierspiel gerettet hatte, brach-
          te das Programm von WDR 3 für mich Unvergessliches. Der vor
          einigen Jahren verstorbene Joachim Kaiser sprach in einer langen
          Folge von Hörfunksendungen über die 32 Klaviersonaten Beetho-
          vens in verschiedenen Interpretationen. Er zelebrierte sie quasi,
          und das machte süchtig. Ich habe nicht eine Sendung verpasst und
          wartete ungeduldig auf die jeweils kommende. Kaiser hatte wenige
          Jahre zuvor das Buch „Große Pianisten in unserer Zeit“ vorgelegt
          und galt als „Klavierpapst“. Seine ruhige, warme, betörende Stimme
          ließ keinerlei Zweifel an seiner Kennerschaft zu. Man glaubte,
          einem umfassend gelehrten Mann zuzuhören.

          Meist waren es nicht mehr als zwei, manchmal drei Sonaten, die in
          verschiedenen Interpretationen vorgestellt wurden. Es war aber
          bereits damals eine Zeit von gestern. Die Sterne von Argerich,
          Barenboim oder Pollini gingen gerade erst auf, Brendel war zwar
          schon älter, galt aber noch als Geheimtipp. Die Stars der Zeit – und
          von Kaiser geschätzt – waren Friedrich Gulda, dessen 1967 begon-
          nene Aufnahme der 32 Sonaten bei Amadeo rasch Kultstatus
          erreichte, und das enfant terrible aus Kanada, Glenn Gould.

          Ansonsten gaben die Älteren den Ton an. Wilhelm Kempf, Jahrgang
          1895, hatte gerade mit Aufnahmen der Schubert-Sonaten auf sich
          aufmerksam gemacht, und Wilhelm Backhaus war im Jahr zuvor
          mit 85 Jahren in Villach nach einem Konzert gestorben. Davon gab
          es eine Aufnahme. Ihn verließen die Kräfte, und er musste Beetho-
          vens Es-Dur-Sonate op. 31 Nr. 3 vor dem Schlusssatz beenden. Er
          entschuldigte sich beim Publikum. Nach einer Pause verabschiedete
          sich Backhaus mit Schumanns „Warum“. Ein bewegender Moment.

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          Kaiser fand den richtigen Ton.

          Der Russe Emil Gilels, der Chilene Claudio Arrau und der Italiener
          Benedetti-Michelangeli waren auf dem Höhepunkt ihres Ruhms
          und gehörten zu Kaisers Favoriten. Swjatoslaw Richter hatte sich
          mit einer furiosen „Appassionata“ in der Carnegie Hall im Westen
          durchgesetzt. Und zum ersten Mal überhaupt hörte ich den Namen
          Solomon, eigentlich Solomon Cutner. Der Brite musste seine
          Karriere wegen eines Schlaganfalls früh beenden und wurde von
          Kaiser für sein Beethoven-Spiel fast mythisch verehrt.

          Heute indes nur schwer vorstellbar: Kaiser fand Gefallen am
          Klavierspiel der Hitler-Verehrerin Elly Ney. Sie sei nach 1945 „nicht
          mehr Mode gewesen“, heißt es in seinem Buch, doch spiele sie Opus
          111 aus einer großen, ruhigen Einsamkeit heraus und habe ein tiefe-
          res Verständnis von Beethoven als viele der ihr technisch haushoch
          überlegenen Kollegen.

          Die Details dieser Sendungen sind verblasst, manche Interpreten
          auch vergessen, aber nicht das private Vergnügen, immer wieder
          die damals gekaufte Henle-Ausgabe der Sonaten aufs Pult zu legen
          und daraus das zu spielen, was eben geht. Das sind eher die langsa-
          men Sätze. Beethoven war Erfinder wunderbarer Melodien. Hier
          gibt es viel zu entdecken, sei es das Nebenthema des ersten Satzes
          von op. 7, Takt 59, das Menuett der Sonate op. 10 Nr. 3 oder der
          nicht enden wollende Schlusssatz von op. 90 „Nicht zu geschwind
          und sehr singbar vorzutragen“.

          Ulrich Bartels saß für die SPD fünfzehn Jahre lang im Kulturaus-
          schuss der Stadt Münster.

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