Projekt-patenschaften 2021 - unicef.ch
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Projekt- patenschaften 2021 Unsere Kleinsten und Verletzlichsten nicht vergessen – gerade in Krisenzeiten: Das ist der Motor unserer Arbeit. Unermüdlich handeln wir im Interesse der Kinder und sorgen nachhaltig für ihr gesundes Aufwachsen. Bettina Junker, Geschäftsleiterin UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Liebe UNICEF Freunde D ie zurückliegenden Monate haben uns Keines dieser gefährdeten Kinder lassen wir im alle geprägt. Wir leben in einer Zeit voller Stich. Davon lesen Sie auf den folgenden Seiten. Unsicherheiten rund um das Virus, von Damit dies gelingt, braucht es einen langen dem die ganze Welt betroffen ist. Die Folgen Atem. Menschen wie Sie erlauben UNICEF sind für die Jüngsten am gravierendsten: Kinder, dranzubleiben, auf Bewährtem aufzubauen und die monatelang nicht zur Schule können und immer wieder nach neuen Wegen zu suchen. denen damit auch ihre einzige täglich sichere Wir danken allen unseren Projektpaten von Mahlzeit fehlt. Kranke Babys, deren Mütter Herzen für ihre Treue. Sie ist in unsicheren Zeiten den Gang zum Gesundheitszentrum nicht mehr wie der gegenwärtigen wichtiger denn je. wagen. Ihre Hilfe ist dringend nötig. Dank flexiblen Anpassungen rund um COVID-19 stand die Programmarbeit von UNICEF nie still. Neue Wege wurden gefunden, um besonders schutzbedürftige Kinder zu erreichen: Mädchen, denen Beschneidungen drohen; Kleinkinder, die chronisch mangelernährt sind; Kinder, die zu Hause Bettina Junker misshandelt werden oder schwere Arbeiten verrich- Geschäftsleiterin ten müssen, statt lesen und schreiben zu lernen. UNICEF Schweiz und Liechtenstein Inhalt 09 Gleiche Entwicklungschancen 15 für alle Kinder in Bolivien Sechzehn Prozent der unter Vier jährigen leiden aufgrund chronischer Mangelernährung an Entwicklungs- verzögerungen FOTOS: © UNICEF/UN0280936; © UNICEF/UN0299026/KANOBANA; © UNICEF/UN0225945/LIBORIO; © UNICEF/Vyhnalkova 03 Bildung für benachteiligte 18 Programme gegen Kinder in Ruanda Mädchenbeschneidung Aufgrund der Schulschliessungen ist in In Guinea kam es trotz Ausbruch von Ruanda die kontinuierliche Schulbil- COVID -19 zu keinem neu registrierten dung von 3 Millionen Kindern gefährdet Fall einer Mädchenbeschneidung 12 06 Verbesserung der Unterrichts- qualität in Bhutan Mehr als 2500 Kindermönche und -nonnen profitieren von verbesserten Hygienemassnahmen 21 Bildung und Schutz für Für eine Welt ohne Polio Mädchenbildung in Indien Kinder in Brasilien Unmittelbar nach der viermonatigen 1,5 Millionen Kinder konnten in Über 52 Millionen Buben und Kampagnen-Pause konnten in Bihar mit Bildungsprogrammen via Mädchen konnten während des Afghanistan mehr als 1,1 Millionen Radiosender neu erreicht werden Lockdowns nicht zur Schule gehen Kinder immunisiert werden 2 — Projektpatenschaften 2021
Programme gegen Mädchenbeschneidung Damit Körper und Seele unversehrt bleiben Dank flexiblen Anpassungen an die Situation rund um die COVID-19- Pandemie stand UNICEFs Programm- S arbeit gegen Mädchenbeschneidung ie hat einen Entscheid gefällt und ihre nie still. Neue Wege wurden gefunden, scharfen Messer zur Seite gelegt. Makema um Mädchen vor Verletzungen an ihrer Traore hat Hunderte von Mädchen be sensibelsten Körperstelle zu bewahren: schnitten. Sie hatte in angsterfüllte Augen von vor Schnitten, die sie für ihr Leben Kindern geblickt, denen der schmerzhafte zeichnen. In Guinea beispielsweise, Eingriff bevorstand. Während sie ihre Arbeit verrichtete, hatte sie Tränen und Schreie igno- einem besonders betroffenen Land, riert. Doch das zählt nun zu ihrer Vergangen- kam es trotz Ausbruch von COVID-19 FOTO: © UNICEF/UNI211412/Brembati heit. Die Frau im langen roten Gewand legt zu keinem neu registrierten Fall einer einen Arm um ihre achtjährige Tochter und Mädchenbeschneidung. sagt: «Dank UNICEFs Sensibilisierungsarbeit wurde mir klar, welche schädlichen Konse quenzen die Praxis der Beschneidung für junge Mädchen hat.» UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 3
Schwerste Kinder- und Menschen- rechtsverletzung Die ehemalige Beschneiderin Makema Traore stammt aus der Stadt Nionsomoridou in Guineas Südosten. 97 Prozent der 15- bis 49-jährigen Mädchen und Frauen in Guinea sind beschnit- ten. Tiefgreifende soziale Normen sind der Hintergrund der noch immer weit verbreiteten schädlichen Praxis, körperliche und seelische Wunden oft die lebenslangen Begleiter der betrof- fenen Mädchen. Unermüdlich engagiert sich UNICEF in Ländern wie Guinea mit Sensibilisie- rungsmassnahmen gegen die tief eingreifenden Kinder- und Menschenrechtsverletzungen: Gesundheitsmitarbeitende suchen das Gespräch mit Beschneiderinnen und wichtigen Entschei- dungsträgern in Gemeinden. In Schulen werden Lehrpersonen wie auch Kinder informiert. Radio- und Fernsehprogramme klären über das Thema auf. Der weltweite Erfolg spricht für sich: In den 30 Ländern mit der höchsten Anzahl an Mädchenbeschneidungen ist heute noch 1 von Deklarationen von Gemeinschaften erwiesen. 3 Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren be- Es ist ein nachhaltiges Zeichen von Stärke, wenn schnitten; 1980 war es noch jedes 2. Mädchen. sich ganze Dorfgemeinschaften überzeugt gegen die schädliche Praxis wenden. Im letzten Jahr haben sich beispielsweise in den afrikani- Deklarationen gegen Mädchen- schen Ländern Djibouti, Gambia, Guinea, Guinea- beschneidung sind wirksam – Bissau, Mali, Mauretanien, Senegal und Somalia mehr als 8000 Gemeinschaften öffentlich gegen aktuell via Radio. das Beschneiden von Mädchen ausgesprochen. Nachhaltige Zeichen von Stärke Angepasste, wirksame Sensibilisierungs- Doch weltweit sind noch immer 68 Millionen massnahmen Mädchen in Gefahr, den schmerzhaften Eingriff UNICEF engagierte sich in den zurückliegenden über sich ergehen lassen zu müssen. Um diese Monaten dafür, dass diese wichtigen Signale Mädchen wirksam zu schützen, hat UNICEF auch in Zeiten von COVID-19 umsetzbar sind. die Anstrengungen nochmals intensiviert. Das In Guinea beispielsweise haben sich im letzten Kinderhilfswerk setzt alles daran, die nachhal- Jahr 116 Gemeinschaften zu Deklarationen tigen Entwicklungsziele Realität werden zu gegen Mädchenbeschneidung entschieden und lassen. So gezielt auch das fünfte Entwicklungs- weitere 31 gemeinsame Manifestationen ange- ziel: Gleichstellung der Geschlechter und somit kündigt – beides übers Radio. In Zeitungen Selbststimmung für jedes Mädchen und jede wurden mit UNICEFs Hilfe Inserate platziert Frau. Dazu zählt selbstverständlich auch die zu einem überarbeiteten Gesetz, das Mädchen- FOTO: © UNICEF/UNI212928/Mazboudi körperliche und seelische Unversehrtheit von beschneidung und Frühehen verbietet. Weiter heranwachsenden Mädchen. konnte der Grundstein für eine Zusammenarbeit mit der nationalen Anwaltskammer gelegt wer- Als besonders wirksam in der Überwindung der den, um eine Beratungsstelle für Kinderrechts- sozialen Normen, die den Boden für Mädchen- verletzungen einzurichten. Zudem gelang es, beschneidungen legen, haben sich öffentliche 280 Mädchen aus 13 Gemeinden des Landes 4 — Programme gegen Mädchenbeschneidung
Als besonders wirksam in der Überwindung der sozialen Normen haben sich öffentliche Deklarationen von Gemeinschaften erwiesen. darin zu trainieren, ihre Kolleginnen über die schädliche Praxis der Mädchenbeschneidung 97 Prozent und ihre Folgen aufzuklären. In zahlreichen der 15- bis 49-jährigen WhatsApp- und Facebook-Gruppen tauschen Mädchen und Frauen in Guinea sich die Jugendlichen über ihre Sorgen und sind beschnitten. Erfahrungen aus. Insgesamt sind mehr als 3000 10- bis 19-jährige Mädchen involviert. Darüber hinaus hat UNICEF unterstützend dabei mitge- wirkt, dass im Juni letzten Jahres das neu gebildete Ministerium für die Rechte und die Ermächtigung der Frauen seine Arbeit aufneh- men konnte: Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Regierung Guineas erkannt hat, wie wichtig es ist, die Rechte von Kindern und Frauen zu res- FOTO: © UNICEF/DSC01963/Guinea* / *Dieses Bild ist vor der COVID-19-Pandemie entstanden. pektieren – dazu zählt auch die Überwindung der schädlichen Praxis der Mädchenbeschneidung. Selbstbestimmte, erfüllte Zukunft Makema Traore zieht ihre Tochter näher zu sich Burkina Faso und lächelt. Stolz erzählt sie, sich gemeinsam Guinea mit anderen ehemaligen Beschneiderinnen dafür einzusetzen, dass Mädchen aus ihrem Dorf und der Umgebung unversehrt bleiben. «UNICEF hat mir Mut gemacht, mich für unsere Mädchen einzusetzen», sagt sie und schliesst überzeugt an: «Ich möchte, dass auch meine Tochter eine emanzipierte Frau werden kann und ein erfülltes Leben vor sich hat.» UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 5
Mädchenbildung in Indien Die verletzlichsten Mädchen nicht im Stich lassen UNICEF engagiert sich für die Mädchen in Indiens ärmstem Bundesstaat, Bihar, denn für sie sind die Folgen der COVID-19-Krise besonders verheerend. Während des Lockdowns haben viele die Schule abgebrochen. 13 Millionen Mädchen sind noch stärker der Gefahr ausgesetzt, allzu früh verheiratet zu werden. Mit flexiblen Lerntechniken und intensiver Aufklärungsarbeit setzt sich UNICEF auch während des Lockdowns unermüdlich dafür ein, marginalisierte Mädchen der untersten Kasten zu stärken.
Z u Hause mithelfen zu müssen, nicht in war, bekam Pratibha einen ersten Zugang zu die Schule zu dürfen, früh verheiratet zu Schulbildung. Ihre Neugierde und ihr Interesse werden – mit dieser Perspektive hatte sich wurden geweckt, und als das mobile Lernzen- die 15-jährige Pratibha abgefunden. Sie würde trum aufgrund des Lockdowns nicht weiter nach damit das Schicksal Millionen anderer teilen: Maksudpur kommen konnte, war der Boden 27 Prozent der jungen Frauen in Indien werden bereits gelegt: Pratibha traf sich mit gleichaltri- vor dem gesetzlich festgelegten 18. Lebensjahr gen anderen Mädchen und lernte schnell, wie verheiratet. Schulabbrüche und allzu frühe die Online-Learning-Programme funktionieren. Schwangerschaften sind zwei der gravierendsten Folgen, ein weiterer Abstieg in der Armuts- Wirksame Programmarbeit auch während spirale ist die wahrscheinliche Konsequenz. des Lockdowns UNICEFs breit abgestütztes Vorgehen in enger Pratibha stammt aus dem kleinen Dorf Zusammenarbeit mit dem nationalen Bildungs- Maksudpur in Indiens ärmstem Bundesstaat, ministerium und lokalen Behörden erwies sich Bihar. Die Auswirkungen von COVID-19 sind gerade in den von COVID-19 überschatteten hier besonders bitter – speziell für Kinder tiefer Monaten als äusserst hilfreich. Gemeinsam Kasten. Pratibhas Vater starb, als sie ein Baby gelang es, innovative Lösungen für besonders war. Das Mädchen wuchs in prekären Verhält- marginalisierte Mädchen zu finden. Während nissen auf. Von klein auf musste Pratibha zu der landesweiten Schulschliessungen wurden Hause mithelfen. In den zurückliegenden Mona- nicht nur in Bihar Hunderttausende Buben und ten wuchs die Hoffnung ihrer Mutter, nach Mädchen weiter unterrichtet. Insgesamt erreich- Pratibhas Eheschliessung von den grössten ten neue, via Fernsehen und über digitale Me- finanziellen Nöten befreit zu sein. Mädchen aus tiefen Kasten sind oft in Gefahr Auf die Nöte solch stark benachteiligter Mäd- chen geht UNICEFs breite Programmarbeit ein. Sie fusst auf mehreren, sich ergänzenden Pfei- lern: Eltern von Mädchen, die besonders gefähr- det sind, werden informiert und sensibilisiert; den Mädchen wird ein auf sie zugeschnittener Zugang zu Bildung ermöglicht und es wird ein sicherer Rahmen geschaffen, in dem sie sich zu selbstbewussten Frauen entwickeln können. Flexible Bildungsmassnahmen Bihar für marginalisierte Mädchen Indien sind zentral. So suchten Mitarbeitende von UNICEF auch Pratibhas Mutter auf, erläuterten, welch tiefe FOTO: © UNICEF/UNI355820/Panjwani Zäsur das Ausbleiben der Schulbildung und eine frühe Eheschliessung für den künftigen Lebens- weg ihrer Tochter bedeute und welche Konse- quenzen der illegale Schritt der Frühehe nach sich ziehen könne. Dank UNICEFs mobilem Lernbus, der in 100 Dörfern im Distrikt Patna Mädchenbildung in Indien — 7
dien lancierte Schulprogramme 40 Millionen Kinder aus 16 Bundesstaaten. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Mädchen. Neue, flexible Ansätze Wirksame Bildungsmassnahmen für besonders marginalisierte Mädchen – das ist einer der Kern- punkte, über den UNICEF laufend nachdenkt und reagiert. Denn die Geschlechterunterschiede beim Zugang zu Bildung sind gravierend – wie sich auch bei digitalen Lernplattformen zeigt. Beispielsweise hat in Bihar nur knapp jede dritte Frau Zugang zum Internet, allzu viele Mädchen bleiben somit ausgeschlossen. Doch die meisten Familien haben ein Radio, womit Mädchen wie Buben erreicht werden können. Gemeinsam mit dem Bildungsministerium in Bihar hat sich UNICEF dafür stark gemacht, dass der grösste Radiosender Bildungsprogramme ausstrahlt. 1,5 Millionen Buben und Mädchen konnten auf diese Weise neu erreicht werden. Parallel dazu wurde eine neue Mobile-App eingeführt, UNICEF bleibt dran: Auf innovativen Wegen die breit genutzt wird. Auf diese Weise erhielten wird dafür gesorgt, dass die Kommunikation zu 10 000 Lehrpersonen ein Online-Training zu Kindern und ihren Eltern nicht abbricht. einem angepassten Lehrplan. Schliesslich wurden im Hinblick auf die Schulöffnungen nach dem Lockdown die Hygienebedingungen in mehr als 10 000 Schulen deutlich verbessert und die Areale gründlich desinfiziert. FOTOS: © UNICEF/UNI346440/Panjwani; © UNICEF/Photo2India2020* / *Dieses Bild ist vor der COVID-19-Pandemie entstanden. Hartnäckiges Dranbleiben UNICEF bleibt dran – während Zeiten des Lock- downs wie danach. Das grösste Ziel ist, auf innovativen Wegen dafür zu sorgen, dass die Kommunikation zu Kindern und ihren Eltern nicht abbricht, dass die Schule zu den Kindern Dank UNICEFs mobilem Lernbus erhalten kommt und dass vor allem Mädchen integriert Mädchen aus tiefen Kasten einen ersten Zugang werden. Im zurückliegenden Programmjahr zu Schulbildung. wurden knapp 700 Lehrpersonen darin unter- stützt, spezielle Lernzentren für Mädchen auf- zubauen, die bisher nicht zur Schule gingen. Auf diese Weise werden ihnen Fähigkeiten und Fertigkeiten beigebracht, die eine spätere Ein- gliederung in die öffentliche Schule ermöglichen. 13 Millionen Der Programmteil richtet sich gezielt an Mädchen, die in Gefahr sind, zu früh verheiratet zu werden. Mithilfe dieser Massnahme konnten bereits mehr Mädchen sind noch stärker der Gefahr aus- als 1700 Mädchen erreicht werden – so auch gesetzt, allzu früh verheiratet zu werden. Pratibha und ihre Freundinnen. 8 — UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Bildung für benachteiligte Kinder in Ruanda Damit Schulen nicht lange pausieren Die Schule zu den Kindern bringen – zum Beispiel via Lernprogramme über Radiosender. E Es ist eines der weltweit ärmsten Länder s wird geformt, gemalt, gestaltet. Zehn und hat grosse Anstrengungen unter- kleine Hände und zwei grosse tauchen nommen und viel erreicht. Vor Ausbruch Papier in Klebemasse, verzieren Papier- körbe, bemalen Blumentöpfe, bringen nasse der COVID-19-Krise lag die Einschulungs- Papierstreifen in Buchstabenform. Jean Claude quote in Ruanda bei knapp 98 Prozent. Rukundo und seine fünf Söhne sind beschäf- Doch nun sind 3 Millionen Kinder in tigt. «Während der Schulschliessung möchte Gefahr, den Anschluss zu verlieren. ich, dass meine Buben nicht tatenlos zu Hause FOTO: © UNICEF/UNI319826/Kanobana UNICEFs Programmarbeit erreicht beson- sind», sagt Rukundo, Mitarbeiter von UNICEF Ruanda. Morgens verfolgen seine schulpflichti- ders schutzbedürftige Kinder: Über wirk- gen Söhne am Fernseher Lernprogramme, same Wege während des Lockdowns die UNICEF gemeinsam mit der staatlichen und mit vorausschauenden Massnahmen Erziehungskommission lanciert hat. Und nach- zur Öffnung der Schulen. mittags wird auf dem Innenhof gewerkt. «Ich UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 9
bin glücklich, dass wir etwas tun können», sagt sungen seien Geschwister, Eltern, Grosseltern der 13-jährige Ethan und zeigt stolz auf sein und Nachbarn zu Lehrern geworden; «doch volles Aufgabenheft und den bunt verzierten ohne die Lernimpulse von UNICEF wie bei- Papierkorb, der gerade entstanden ist. Wäh spielsweise täglich neue Aufgabenstellungen renddessen formt einer seiner kleineren Brüder wären wir verloren gewesen». konzentriert eine Papierschlange zum ersten Buchstaben seines Namens. Kinder dürfen nicht Die Schule zu den Kindern bringen unter Unterbrüchen in der Aufgrund der COVID -19-bedingten Schul- schliessungen ist in Ruanda die kontinuierliche Bildung leiden. Schulbildung von 3 Millionen Kindern gefähr- det. Umso wichtiger sind UNICEFs Anstren- Bildungsnotfall gungen, die Schule zu den Kindern zu bringen – Mit Besorgnis beobachtet UNICEF die vielen via Lernprogramme über verschiedene Kinder, denen die notwendigen Geräte zum Fernseh- und Radiosender, E-Learning-Platt- Lernen über Distanz fehlen. Weltweit sind formen sowie über Streaming-Dienste. Die während Lockdowns mehr als 460 Millionen Anzahl Nutzer nahm auf allen Kanälen konti- Buben und Mädchen vom Lernen ausge- nuierlich zu. Waren im Frühling 2020 beispiels- schlossen, da sie über digitale Wege nicht zu weise täglich erst 5000 Besucher auf den erreichen sind. UNICEFs Generaldirektorin neuen E-Learning-Plattformen, waren es im Henrietta Fore spricht in diesem Zusammen- Sommer bereits mehr als 50 000 Besucher. hang von einem «Bildungsnotfall»: Werde «Die Lehrer im Bild vor mir zu sehen, hilft mir nicht umgehend etwas unternommen, blieben sehr», sagt etwa die 15-jährige Yvette. Und die ökonomischen und sozialen Folgen über ihre Mutter ergänzt, während der Schulschlies- Jahrzehnte gravierend. Ruanda Die Schule zu den Kindern bringen Nicht tatenlos zu Hause sein: Jean Claude Rukundo mit zwei seiner Söhne beim Werken im Innenhof. FOTOS: © UNICEF/UNI354462/Kanobana; © UNICEF/UNI354465/Kanobana Aufgrund der COVID-19-bedingten Schulschliessungen ist in Ruanda die kontinuierliche Schulbildung von 3 Millionen Kindern gefährdet. 10 — Bildung für benachteiligte Kinder in Ruanda
Damit gerade die am stärksten marginalisierten Wiedereröffnung verantwortbar ist. Dabei wird Buben und Mädchen keinen längerfristigen alles darangesetzt, Kinder wie Lehrpersonen Unterbruch in ihrer Bildung erfahren, müssen umfassend zu schützen, zusätzliche Waschmög- die Schulen möglichst schnell wieder geöffnet lichkeiten zu installieren, die Hygienestandards werden. Denn je länger ein Unterbruch dauert, zu verbessern und dafür zu sensibilisieren, wie umso grösser ist die Gefahr für besonders man sich vor dem ansteckenden Virus schützt. verletzliche Kinder, nicht zur Schule zurückzu- Für die Aufteilung der Klassen in kleine Gruppen kehren. Buben und Mädchen aus sehr armen wurde das Symbol sicherer Blasen oder Kreise Familien bleiben der Schule fünfmal häufiger entwickelt, die so lange sicher bleiben, wie sie fern als Kinder, die ohne grosse Sorgen auf- sich wirklich nicht berühren. wachsen. Allzu oft sind ihre Eltern auf jede helfende Hand angewiesen. Je drängender Bei vielen Kindern hat die lange Phase des die finanziellen Nöte, umso stärker werden Lockdowns für grosse Lücken gesorgt. Es gilt, Kinder Opfer von Gewalt und Übergriffen; und Verpasstes aufzuholen, Vergessenes aufzufri- oftmals fehlt ihnen auch die täglich einzige schen. Die Herausforderungen für die Lehrper- sichere Mahlzeit, die sie in der Schule erhalten. sonen sind gross. Umso wichtiger sind die auch während der COVID-19-Krise von UNICEF Massnahmen gegen folgenschwere ausgebildeten Schulmentoren, welche für die Lernlücken Einführung des im vergangenen Programm Deshalb hat sich UNICEF in den zurückliegen- jahres überarbeiteten, neuen Lehrplans sorgen. den Monaten mit grosser Energie für die mög- «Unsere Massnahmen greifen», sagt Sara lichst schnelle und sichere Öffnung der Schulen McGinty, Leiterin von UNICEFs Bildungspro- Ende letzten Jahres eingesetzt. Das Kinderhilfs- grammen in Ruanda. «Wir erreichen alle Kinder werk unterstützt das ruandische Bildungsminis- Ruandas – gerade auch die speziell Benach terium in der Entscheidfindung, wann eine teiligten und Verletzlichsten.» FOTO: © UNICEF/UN0283110/Rudakubana* / *Dieses Bild ist vor der COVID-19-Pandemie entstanden. Ein Mentoring-Programm sorgt dafür, dass Lehrpersonen die nötige Unter- stützung erhalten, um ihre pädagogischen Fähigkeiten kontinuierlich zu verbessern. UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 11
Bildung und Schutz für Kinder in Brasilien Hunderttausende Kinder erfasst und begleitet UNICEFs in Brasilien etabliertes «School Active Search»-Programm erweist sich in Krisenzeiten wie der COVID-19-Pandemie als besonders nützlich. Die gut ausge- baute digitale Plattform widmet sich Kindern und Jugendlichen, die durch alle Maschen fallen. Sie sichert ihren Zugang zu Bildung weiter ab. Das System wird laufend angepasst, damit auch die gefährdetsten Kinder geschützt werden und eine Chance auf Bildung erhalten.
M orgens aufwachen und nicht wissen, Über was der Tag bringt – vielleicht Hunger und Langeweile, vielleicht Schläge oder Arbeit zu Hause. Unsicherheiten wie diese plagen 52 Millionen in Brasilien Millionen Kinder – die COVID-19-Krise Buben und Mädchen konnten während des hat ihre Not verstärkt. Über 52 Millionen Buben Lockdowns nicht zur Schule gehen. und Mädchen konnten während des Lockdowns nicht zur Schule gehen; fast 5 Millionen von ihnen fehlte die Möglichkeit, dem Unterricht von zu Hause aus via Fernlernprogramme zu folgen. Doch nicht nur das: Seit Pandemie-Ausbruch haben knapp 10 Prozent der von Armut betroffe- nen Familien kein Geld für Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel. Für viele Kinder entfällt zudem die einzige gesicherte Mahlzeit, die sie Brasilien üblicherweise in der Schule erhalten. In Brasilien, das bislang weltweit am drittmeis- ten COVID-19-Todesfälle verzeichnet, leiden die Jüngsten am stärksten unter den Folgen der Pandemie. Diese verletzlichen Buben und Mäd- chen erfasst UNICEFs etablierte «School Active Search»-Strategie. Die gemeinsam mit dem brasilianischen Bildungsministerium lancierte digitale Plattform fokussiert auf Kinder, die am Rande der Gesellschaft stehen, nie zur Schule gegangen sind oder diese abgebrochen haben. Gerade während Krisenzeiten erweist sich die flexible Gestaltung des computerbasierten Systems als besonders wertvoll. 3160 Gemeinden aus 16 Bundes- «…noch viel Platz im Kopf, um zu lernen» staaten involviert Eines der zahlreichen Kinder, die von der Platt- Während des landesweiten Lockdowns wurden form profitieren, ist der 10-jährige Rodolfo Prozesse optimiert, um Tausende Kinder, Lehr- Ramirez Gimenez, dessen Familie aus Venezuela FOTO: © UNICEF/Ramirez1/Brasil* / *Dieses Bild ist vor der COVID-19-Pandemie entstanden. personen und Gemeindemitarbeitende zu fliehen musste. Sein Lachen ist breit und die erreichen. Bereits in den ersten Monaten der beiden grossen Zahnlücken werden gut sichtbar, Schulschliessungen hatten sich mehr als 3160 wenn Rodolfo von seinen Schulerfahrungen in Gemeinden aus 16 Bundesstaaten der Strategie den zurückliegenden Monaten erzählt: «Ich habe angeschlossen. Dadurch gelang es, über die noch viel freien Platz in meinem Kopf, um neue schwierigen Sommermonate hinweg mehr als Sachen zu lernen.» Gemeinsam mit weiteren 100 000 Kinder und Jugendliche direkt zu beglei- 667 Kindern aus Boa Vista, der Hauptstadt des ten. Mehr als 60 000 von ihnen konnten neu Bundesstaates Rorima, wurde Rodolfo Teil von oder wieder ins Schulsystem aufgenommen UNICEFs Initiative: Kinder, bei denen sich Bil- werden. Die Massnahmen greifen breit. Sie dungslücken auftun, wieder einzuschulen. Nach umfassen nicht nur Bildungsprojekte, sondern der mehrmonatigen Schulpause erleben die auch Zugang zu Sozialhilfe-, Gesundheits- sowie Eltern den positiven Wandel ihres Sohnes deut- Schutzdiensten – in Zeiten von COVID-19 ist lich: «Rodolfo fühlt sich wieder lebendig, seitdem dies besonders wertvoll. er wieder lernen kann», sagt seine Mutter. Bildung und Schutz für Kinder in Brasilien — 13
Neuer, zielführender Leitfaden entwickelt Die COVID-19-Pandemie hat die Herausforde- rungen, besonders verletzliche Kinder zu finden und ihnen Schutz und Bildung zukommen zu lassen, noch grösser gemacht. Umso hilfreicher ist es, auf der «School Active Search»-Plattform aufbauen und sie flexibel anpassen zu können. In den zurückliegenden Programm-Monaten wurde ein neuer Leitfaden aufgeschaltet. Mit hilfe von wenigen Worten, eindringlichen Film- sequenzen und weiterführenden Links fasst er zusammen, wie das Recht auf Bildung auch in Krisenzeiten eingehalten werden kann. Alleine zwischen Ende Juni und Anfang Oktober letzten Jahres wurde er von mehr als 4000 Personen aus dem Bildungsbereich abgerufen. Da wäh- Eines der zahlreichen Kinder, die von der rend der COVID-19-Pandemie die Anzahl Schul- Plattform profitieren, ist der 10-jährige Rodolfo abbrüche in die Höhe schnellt, wurde eine neue (rechts), dessen Familie aus Venezuela fliehen musste. Monitoring-Funktion entwickelt, um gefährdete Kinder erfassen zu können. Im ersten Halbjahr 2020 wurden knapp 7000 Kinder wieder einge- schult. Neu konzipiertes Videomaterial richtet sich an Lehrpersonen, informiert und unterstützt sie im Vorgehen gegen die COVID-19-bedingten Schulabbrüche. Knapp 7000 Lehrpersonen haben an den Videokonferenzen teilgenommen. Neue Monitoring-Formen erfassen besonders gefährdete FOTOS: © UNICEF/Ramirez2/Brasil*; © UNICEF/UN0225950/Libório* / *Dieses Bild ist vor der COVID-19-Pandemie entstanden. Kinder. Die gut ausgebaute digitale Plattform widmet sich Kindern und Jugendlichen, die durch alle Damit kein Kind verloren geht Maschen fallen. Zahlreiche Rückmeldungen zeigen, wie wertvoll die Plattform ist. «Mir wurden die Augen geöffnet, dass es nicht genügt, Schüler einfach zu erfassen», schreibt etwa die Lehrerin Monica Carvalho; «vielmehr müssen wir einen Plan haben, der garantiert, dass Kinder wirklich in der Schule bleiben und uns nicht verloren gehen.» Und ihre Kollegin Mariana Mendes Pedruzzi, Koordinatorin für Kinder, die nicht mehr in der Schule sind, Seit Pandemie-Ausbruch haben knapp schreibt: «Die von UNICEF angebotenen Kurse sind für uns ein wichtiges Fundament. Sie er- weitern die Aussichten, die Kinder aus Brasilien 10 Prozent vor den zusätzlichen Herausforderungen rund der von Armut betroffenen Familien kein Geld um die COVID-19-Pandemie zu schützen.» für Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel. 14 — UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder in Bolivien Sicherer Start ins Leben Gesundheitsfachleute leisten in Bolivien seit Ausbruch der COVID-19-Krise unschätzbare Sondereinsätze: Sie gehen von Tür zu Tür und k ümmern sich um Kleinkinder von besonders vulnerablen Familien. UNICEFs angepasste Programmarbeit erreichte in den zurückliegenden Monaten Tausende Buben und Mädchen mit geschwächtem Immun system. Ihre Mütter wurden informiert und sensibilisiert und die Kinder mit lebenswichtigen Vitaminen sowie Spuren elementen versorgt. B olivien ist ein junges Land; knapp die Hälfte der gut 11 Millionen Bewohner ist unter 18 Jahre alt. Doch gerade die Kleinsten starten allzu häufig auf unsicherem Boden ins Leben: Sechzehn Prozent der unter Vierjährigen leiden aufgrund chronischer Mangelernährung an Entwicklungsverzögerungen – oft mit lebens- langen Folgen. Zahlreiche Mütter wissen nicht, wie wichtig es ist, ihre Kinder, wenn immer möglich, zu stillen und ihnen Vitamine sowie Spurenelemente zukommen zu lassen. Deshalb liegt UNICEFs Schwerpunkt des laufenden Programms auf einer ausgewogenen Ernäh- rung der Kleinkinder – ist dies doch die Basis für eine gesunde weitere Entwicklung. Mit Ausbruch von COVID-19 verschärfte sich UNICEFs Sorge um Boliviens Kleinkinder. Während des Lockdowns verliessen viele Mütter ihr Zuhause nicht mehr, Besuche in Gesundheitszentren fielen aus, vielen Kinder drohte neben mangelnder Ernährung auch ein ungenügender Impfschutz. Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium entschied UNICEF, die Anstrengungen zu erhöhen und FOTO: © UNICEF/UNI335562/Andrade die Überwachung der Schwächsten zu inten sivieren. Seit Monaten gehen Mitarbeitende sogenannter «Gesundheits-Brigaden» von Tür zu Tür, besuchen Mütter und ihre Kinder, Folgen von COVID-19: Viele Familien erhalten klären auf, wie auch in Zeiten von COVID-19 nicht die nötige medizinische Unterstützung. die nötigen Untersuchungen und Impftermine UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 15
Trotz COVID-19 stand UNICEFs Ernährungsprogramm nie still. wahrgenommen werden können, und geben wichtige Mikronährstoffe und Vitamine ab. Helfen, wo die Not am grössten ist Trotz den grossen Herausforderungen rund um COVID-19 stand UNICEFs breit angelegtes Ernährungsprogramm nie still. Vielmehr wird es laufend angepasst und setzt gezielt dort an, wo die Not am grössten ist. Die Resultate sprechen für sich: Allein zwischen April und September des letzten Jahres erhielten landes- weit 36 Prozent aller Kinder im Alter zwischen 6 und 59 Monaten Vitamin A und 30 Prozent aller unter Einjährigen konnten mit der Gesamt- dosis an Eisen versorgt werden. In den Departe- menten Pando, La Paz, Potosí und Oruro gelang es, trotz den erschwerten Abläufen fünfzehn neue Gesundheitszentren als «Babyfreundliches Spital» zu zertifizieren. Überdies erhielten 144 Gesundheitsfachleute aus La Paz und El Alto eine Spezialausbildung rund um die Abgabe von Mikronährstoffen und Vitaminen. Schliess- lich konnten knapp 4000 Mütter direkt sensibili- siert werden. Sie wurden zur Wichtigkeit des Stillens sowie zur regelmässigen Abgabe lebenswichtiger Spurenelemente und Vitamine an ihre Kleinsten aufgeklärt. Unschätzbare Sondereinsätze: «Gesundheits- «Mein Baby begann zu wachsen Brigaden» gehen von Tür zu Tür und versorgen und nahm zu» Kleinkinder mit geschwächtem Immunsystem. Die Sorge um Raul begleitete Ivania Villca Poma seit Geburt ihres Sohnes. «Mit 3 Monaten wog mein Baby nur 3 Kilo», sagt die 19-jährige Ivania. Sie suchte ein Gesundheitszentrum auf. Dort wurden Zeichen von Mangelernährung festge- stellt und Ivania informiert, wie wichtig es ist, ihr Kind zu stillen und ausgewogen zu ernähren. Stärkung des Immunsystems Kurz vor dem Lockdown wurde Raul erneut Seither hat Ivania das Haus kaum mehr verlas- untersucht. Inzwischen ass er zerquetschte sen. Und mit ihr Tausende anderer Mütter, Bananen und Papayas – dazu mischte Ivania die befürchten, sich beim Besuch eines Gesund- sogenannte «Sprinkles», von UNICEF abge heitszentrums mit COVID-19 anzustecken. gebene Mikronährstoffe in Streusel-Form. «Mit Umso wichtiger ist, dass geschulte Fachleute dieser Zusatzdiät begann mein Baby zu wachsen zu den Kindern kommen. Mayra Zapata Poma FOTO: © UNICEF/Bolivia_Image2/2020 und nahm zu.» Dankbar denkt Ivania Villca zählt zu einer seit Monaten besonders intensiv Poma an die Pakete mit Sprinkles und Vitamin A arbeitenden Gesundheits-Brigade, deren Einsätze zurück, die ihr beim letzten Besuch im von UNICEF unterstützt werden. Um fünf Uhr medizinischen Zentrum übergeben worden steht die junge Ärztin auf. Sie zieht in den waren: «Sie retteten uns über die letzten folgenden Stunden von Tür zu Tür und sucht Monate hinweg.» besonders gefährdete Kinder auf. «COVID-19 16 — Gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder in Bolivien
unter 18 Jahre alt Bolivien ist ein junges Land; knapp die Hälfte der gut 11 Millionen Bewohner ist unter 18 Jahre alt. FOTOS: © UNICEF/UNI335563/Andrade; © UNICEF/UNI7807/Pirozzi* / *Dieses Bild ist vor der COVID-19-Pandemie entstanden. 16 Prozent der unter Vierjährigen leiden aufgrund chronischer Mangelernährung an Entwicklungsverzögerungen – oft mit lebenslangen Folgen. hat dazu geführt, dass viele Familien nicht die nötige medizinische Unterstützung erhalten», sagt die Ärztin. «Das Immunsystem vieler Kinder ist geschwächt, die Gefahr einer Erkrankung ist gross.» Dutzende von Familien hat Mayra Zapata Brasilien Poma in den letzten Monaten mit Sprinkles, Peru Folsäure und Zink versorgt. Sie hat Mütter ermutigt, La Paz unter Einhaltung der Hygiene- und Sicherheits- massnahmen wieder Gesundheitszentren Bolivien aufzusuchen und ihre Kinder regelmässig untersuchen zu lassen. «Ansonsten entstehen gefährliche Impflücken und werden Mangel- Paraguay Chile und Fehlernährung nicht rechtzeitig erkannt.» UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 17
Verbesserung der Unterrichtsqualität in Bhutan Zentrale Kinderschutzmassnahmen für kleine Mönche und Nonnen In Bhutan blieben die traditionellen Klosterschulen während der COVID-19- Krise offen. UNICEFs Programmarbeit rund um Kindermönche und -nonnen konnte fortgesetzt werden – in enger Zusammenarbeit mit der Kommission für Klosterangelegenheiten und dem nationalen Bildungsministerium. Mehr als 2500 Kindermönche und -nonnen profitieren von verbesserten Hygiene massnahmen, Sportmöglichkeiten und Englischunterricht – neuerdings auch Online-Englischunterricht. Sport für Körper und Geist: Seit Einführung der neuen Fächer hat sich der Alltag der jungen Mönche und Nonnen stark verändert.
P ro Familie ein Kind in eine Klosterschule und die Klöster mit Material ausgerüstet. Ein zu schicken, entsprach über lange Zeit weiterer Programmschwerpunkt liegt in der Ver- der Tradition in Bhutan. In den letzten besserung der Hygiene und im Installieren sani- Jahren hat sich das geändert. Heute leben vor tärer Einrichtungen – Massnahmen, auf die mit allem Kinder aus armen Familien, Waisen oder Ausbruch der COVID-19-Krise nochmals mehr Kinder mit Behinderungen hinter Klostermauern. Gewicht gelegt wurde. 1745 Mönche aus 7 Dis- Oft sind es stigmatisierte Buben und Mädchen, trikten erhielten unter anderem neue Toiletten und die in den öffentlichen Schulen wenig Chancen 280 Mönche sowie 120 Nonnen aus 9 Kloster- haben. schulen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der harte Alltag von Bhutans rund 9000 Kinder- mönchen und -nonnen steht gegenwärtig unter Mehr Bewegung hilft anderem im Fokus von UNICEFs Programm- Kindermönchen, sich besser arbeit. Denn in allzu vielen Klöstern verhindern ungenügende Hygieneverhältnisse, harte Stra- zu konzentrieren. fen, bitterkalte Winter und verbreitete Krankhei- ten ein gesundes Aufwachsen, und der Lehrplan «Bewegung nährt Körper und Geist» beschränkt sich vielerorts auf das Vermitteln Mitunter fliegen die zinnoberroten Gewänder im religiöser Inhalte. Doch die meisten jungen Wind, verrutscht ein Tuch, sitzt eine Schärpe Mönche und Nonnen treten heute nach Ende der schräg. Wenn die Kindermönche der Kloster- Schulzeit aus den Klöstern aus. Damit fehlt den schule Dorshong Goenpa am späteren Nachmit- meisten das Rüstzeug für ein säkulares Leben. tag jeweils ihre Schulbücher beiseitelegen und mit Fussballspielen beginnen, werden aus Respektvolle Unterstützung In den letzten Jahren hat sich UNICEFs Erfah- rungshorizont laufend verbreitert, wie den Kindermönchen und -nonnen auf nachhaltige und respektvolle Weise geholfen werden kann. Dazu arbeitet das Kinderhilfswerk eng mit der Kommission für Klosterangelegenheiten und dem Bildungsministerium Bhutans zusammen. Gemeinsam wurden Massnahmen definiert, die dafür sorgen, dass die Kinderrechte nicht vor den Klosterpforten haltmachen. Bhutan Eines der Hauptaugenmerke liegt in der Erweite- rung der Unterrichtsfächer. 90 Lehrpersonen aus 75 Klöstern absolvierten Trainings, um künftig Englisch und Mathematik zu unterrichten. Damit lernen erstmals in der Geschichte Bhutans mehr als 2500 junge Mönche und Nonnen diese fürs Leben wichtigen Fächer. Gemeinsam mit der Kommission für Klosterangelegenheiten wurde zudem der Lehrplan rund um den Sportunter- richt weiterentwickelt. Neben dem traditionellen FOTO: © UNICEF/Bhutan1 Maskentanz, Joga und Meditieren stehen neu auch Sportarten wie Fussball, Volleyball oder Badminton auf dem Stundenplan. 50 Schulleiter aus 26 Klöstern wurden entsprechend geschult Verbesserung der Unterrichtsqualität in Bhutan — 19
Der harte Alltag von Bhutans rund 9000 Kindermönchen und -nonnen steht gegenwärtig unter anderem im Fokus von UNICEFs Programmarbeit. disziplinierten kleinen Mönchen ausgelassene Buben. «Sie lieben es, sich zu bewegen», sagt der leitende Mönch Sonam Gyaltshen. Er legt grossen Wert darauf, dass die Kinder gesund aufwachsen und auch in säkularen Fächern wie Englisch unterrichtet werden. Zwei Lehrpersonen sind mit UNICEFs Unterstüt- zung darin ausgebildet worden, den 33 jungen Mönchen die englische Sprache beizubringen. Mit Ausbruch der COVID-19-Krise haben die Lehrer zudem begonnen, online zu unterrichten. «Wir Mönche dürfen zwar keine Mobiltelefone verwenden», erklärt Sonam Gyaltshen, «aber die Kinder müssen diese neuen Kommunikations- möglichkeiten kennenlernen.» Volleyball, Badminton, Fussball, Seilspringen Mit Einführung der neuen Fächer hat sich der Alltag der jungen Mönche und Nonnen stark verändert. Vorgängig sassen sie stundenlang auf kalten Lehmböden und lernten Gebete auswendig. «Wir haben gemerkt, dass die Kinder inaktiv sind, wenn sie sich nicht genü- gend bewegen», so Sonam Gyaltshen. Seit Einführung der Sportmöglichkeiten beobachtet der leitende Mönch, dass die Kinder ruhiger geworden und in den Schulstunden deutlich aktiver sind. FOTOS: © UNICEF/BhutanMonks/2; © UNICEF/Yeshey/Bhutan Ein weiterer Schultag neigt sich dem Ende zu. Auch heute springen die Kinder ausgelassen ihrem Ball nach und vergnügen sich. Sonam Gyaltshen blickt auf die Schar Kinder mit dem kurzgeschnittenen Haar und den langen roten Gewändern. Er erklärt, wie wichtig es ist, dass die Kinder physisch fit bleiben. «Bewegung nährt unseren Körper und auch den Geist, das hilft beim Lernen.» 20 — UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Für eine Welt ohne Polio Intensivierter Einsatz für jedes Kind UNICEFs mitgetragene Massnahmen gegen Kinderlähmung zeigen Wirkung: Afrika wurde frei von Polio erklärt. Nach viermonatigem Impfstopp wegen COVID -19 stehen Pakistan und Afghanistan im Fokus, wo die Pandemie die Lage verschärft. Fachleute wie Bibi Malika gehen wieder von Haus zu Haus, um alle Kinder mit den lebensrettenden Tropfen zu versorgen. Denn Polio ist erst besiegt, wenn alle Kinder immunisiert sind. I m Kampf gegen Kinderlähmung kam es jüngst zu einem historischen Moment: Nachdem Afrikas bevölkerungsreichstes Land, Nigeria, vor vier Jahren als letzter Staat des Kontinents eine Infektion mit dem Virus gemeldet hatte, erklärte die Weltgesund- heitsorganisation Ende August 2020 ganz Afrika als frei von der wilden Polio. Damit ist ein weiterer bedeutender Meilenstein in der Ausrottung der Kinderlähmung erreicht – einer heimtückischen Erkrankung, die vor allem bei Kleinkindern zu irreversiblen Lähmungen führen kann. Dass es dank dem unermüdlichen Einsatz von UNICEF und seinen Partnern gelungen ist, in ehemals stark betroffenen Ländern und Regionen wie Indien oder Afrika lückenlos alle Kinder gegen Polio zu schützen, ist ein grosser Mutmacher. Viren kennen keine Grenzen Nun, in der Mitte der intensivierten «Polio End- game Strategy 2019–2023», ist das erklärte Ziel UNICEF setzt alles daran, das Impfprogramm der Weltgemeinschaft, wirklich alle Kinder zu effektiv auszudehnen und die Massnahmen immunisieren. Denn ein einziges ungeschütztes lückenlos weiterzuführen. Kind genügt, damit sich Polio wieder verbreiten kann. UNICEFs präzises Vorgehen in Nigeria beweist, dass Übertragungsketten ein für alle FOTO: © UNICEF/UNI356259 Mal durchbrochen werden können: Hier rückten in enger Absprache mit den lokalen Behörden mobile Impfteams in die entlegensten Gebiete aus. Sie scheuten keine Mühe, von Haus zu UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 21
Haus zu gehen, konsequent über die hocheffek- Mutige Frauen sind in Impfkampagnen tiven Tropfen aufzuklären und alle geimpften unverzichtbar Kinder in Karten zu erfassen. Sie spüren Familien Wenn Bibi Malika durch die Strassen ihres auf, die kein festes Zuhause haben oder auf der Dorfes in Afghanistans Süden geht, muss sie Flucht sind. gegen vieles gewappnet sein. Es ist eine Region, in der die Taliban an der Macht sind, die politi- Auch in Afghanistan und Pakistan leben Tausende sche Situation angespannt ist, Frauen keiner schwer erreichbarer Kinder. Umso mehr ist UNICEF Tätigkeit ausser Haus nachgehen dürfen und die besorgt, wie stark sich nach der COVID-19- eigenen Wände nur mit Bewilligung des Ehe- bedingten Immunisierungspause das Virus manns verlassen können. «Manchmal fürchte ausbreiten konnte. Zwischen Januar und Mitte ich, abends nicht lebendig heimzukommen», September 2020 wurden 116 Fälle gemeldet, sagt die 35-Jährige, die mit 16 Jahren erstmals 2019 waren es im gleichen Zeitraum 78 Fälle. Mutter wurde. Dennoch ist die von UNICEF ausgebildete Polio-Spezialistin unermüdlich 50 Millionen Kinder unter 5 Jahren verfügen in im Einsatz. den beiden Ländern nicht über den notwendigen Impfschutz. «Wie wir gegenwärtig allzu gut 50 Millionen Kinder sind in Gefahr sehen, kennen Viren keine Grenzen», sagt Jean Mutige, kompetente Frauen sind in Afghanistan Gough, UNICEFs Regionaldirektor für Südostasien. und Pakistan, den beiden letzten Ländern, in «Kein Kind ist sicher vor Polio, wenn nicht alle denen die wilde Polio endemisch vorkommt, Kinder geschützt sind. Doch wir stehen kurz unverzichtbar. «Vergleiche ich die Resultate in vor dem Ziel und werden nicht aufgeben, bis wir meiner Gruppe, kommen die Frauen viel öfter es erreicht haben.» zum Ziel.» Auch Studien belegen, dass Mütter Zwischen Januar und Mitte September 2020 wurden 116 Fälle gemeldet, 2019 waren es im gleichen Zeitraum 78 Fälle. Afghanistan Pakistan Unmittelbar nach der viermonatigen Kampagnen-Pause FOTOS: © UNICEF/UN0353278/Shah; © UNICEF/UN0353292/Bukhari konnten in Afghanistan knapp 8000 Spezialisten mehr als 1,1 Millionen Kinder aus 3 Provinzen immunisieren. 22 — Für eine Welt ohne Polio
Seit Juli sind UNICEFs Impfteams wieder im Einsatz und ziehen in Afghanistan sowie Pakistan von Haus zu Haus. eher anderen Müttern aus der Region trauen Im Fokus stehen vulnerable Kleinkinder und gegenüber Männern skeptisch sind. Bibi Seit Juli sind UNICEFs Impfteams wieder Malikas Team wurde in den letzten Monaten im Einsatz und ziehen in Afghanistan sowie speziell geschult, wie die COVID-19-Vorsichts- Pakistan von Haus zu Haus. Ein spezielles massnahmen strikt einzuhalten sind. Unter Augenmerk richten sie auf vulnerable Klein Wahrung des notwendigen Abstands kann die kinder, deren Eltern schlecht informiert und Schluckimpfung ohne Berührung verabreicht verunsichert sind. «Gerade bei ihnen ist unser werden. Dranbleiben so wichtig», sagt Bibi Malika. Unmittelbar nach der viermonatigen Kam pagnen-Pause konnten in Afghanistan knapp Am ehesten trauen 8000 Spezialisten mehr als 1,1 Millionen Kinder Mütter anderen Müttern aus 3 Provinzen immunisieren, und in Pakistan stehen neben den bekannten kritischen Regionen FOTO: © UNICEF/UN0353292/Bukhari aus der Region. jene Gebiete im Fokus, die vor dem COVID-19- Ausbruch keine Polio-Fälle mehr verzeichnet hatten. UNICEF setzt alles daran, das Impf programm effektiv auszudehnen und die Mass nahmen lückenlos weiterzuführen. UNICEF Schweiz und Liechtenstein — 23
n Herzlich!e Dank Autorität, Wissen, Projektpatenschaften in Kürze Gedruckt auf umweltschonendem Papier. / FOTO COVER: © UNICEF/UNI355816/Panjwani / FOTO: © UNICEF/BhutanMonks/2007 / Satz und Bildbearbeitung: Marjeta Morinc / 100121 Erfahrung für Kinder. Mit einem monatlichen Beitrag von 30 Franken und mehr unterstützen Sie ein ganz bestimmtes Projekt, Weltweit. das die Lebensaussichten von Kindern dauerhaft ver- bessert, ohne dass einzelne Kinder privilegiert werden. Sie schaffen Strukturen, die eine nachhaltige Entwick- lung ermöglichen. Und Sie beteiligen sich an einem Komplexe Probleme erfordern vielschichtige Lösungen. Projektkonzept, das die Probleme in ihrer ganzen Kom- Als Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen besitzt plexität angeht. UNICEF Schweiz und Liechtenstein finanziert derzeit Projekte in verschiedenen Ländern. UNICEF die Autorität, gemeinsam mit Regierungen Wählen Sie Ihr Projekt und unterstützen Sie Dienst- Lösungen zu initiieren, die der Not von Kindern nachhal- leistungen zum Wohle der Kinder dieser und der tig entgegenwirken. Lösungen auch, die darin münden, nachfolgenden Generation. Über den Fortgang Ihres dass der Staat übernimmt, was Sie als Spenderin und Projekts werden Sie regelmässig informiert. Spender begonnen haben. Ohne Daten kein Fortschritt. Daten zu erheben, ist wenig Unterstützen Sie UNICEF, attraktiv. Dennoch muss diese Arbeit gemacht werden. indem Sie: UNICEF verfügt als einziges Kinderhilfswerk über detail- liertes Spezialwissen, das täglich gebraucht wird, um Kindern in aller Welt effizient, kostengünstig und nachhal- tig zu helfen. Ein Wissen übrigens, an dem UNICEF unzählige Hilfsorganisationen weltweit teilhaben lässt. einmalig Mitglied Global Parent spenden werden werden Spendengeld ist kostbar, denn mit jeder Spende verbin- det sich eine Hoffnung. UNICEF ist sich dessen bewusst und geht entsprechend sorgfältig mit Spendengeld um. Dabei ist es hilfreich, dass UNICEF über 75 Jahre Erfah- rung hat. Mit einer Spende an UNICEF finanzieren Sie eine Projekt- ein Legat eine Firmen- zugunsten von Kindern in Not Unterstützungsleistungen, patenschaft überlassen partnerschaft die erprobt sind und funktionieren. übernehmen eingehen Komitee für UNICEF Schweiz und Liechtenstein Pfingstweidstrasse 10, 8005 Zürich Telefon +41 (0)44 317 22 66 projektpaten@unicef.ch, www.unicef.ch/patenschaften
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