SWR2 Glauben PROVOKANTER ROCKPFARRER
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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Glauben PROVOKANTER ROCKPFARRER CLEMENS BITTLINGER FROMM UND POLITISCH VON ANDREAS MALESSA SENDUNG 4.8.2019 / 12.05 UHR Redaktion Religion, Migration und Gesellschaft Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR SWR2 Glauben können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/glauben.xml Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de
1.Musik 1 Zeit, dass sich was dreht H. Grönemeyer live 2. Autor AM Zigtausende sind zu stolzen Eintrittspreisen ins Stadion geströmt, um das Können eines Stars und seiner Band zu bewundern. Sie sollen und wollen aber – erstmal selber singen! 3.Musik 2 Zeit, dass sich was dreht H. Grönemeyer live 4.O-Ton I CBDie Sehnsucht zu singen, ist auf jeden Fall da bei den Leuten. Das merkt man ja bei diesem Phänomen wie „Rudelsingen“, aber auch bei Konzerten wie Grönemeyer oder „Pur“ z.B., da singen die Leute ja von A bis Z mit und haben eine große Lust zu singen. 5. Autor AM Sagt der evangelische Pfarrer und Musiker Clemens Bittlinger. 6.O-Ton II CB Die identifizieren sich auch, werden Teil des Konzerts und es ist ja auch ein unglaubliches Gemeinschaftserlebnis, dann mit 20.000 Leuten „Du siehst mich an mit Deinen Funkelperlenaugen“ zu singen. 7. Musik 3 Funkelperlenaugen Pur live 8. Autor AM In den Gottesdiensten evangelischer und katholischer Kirchen ist das nicht so. Der Eintritt ist frei; gemeinsames Singen wird vorausgesetzt; ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen ist erklärtes Ziel der Programmgestalter. In den Versen der Kirchenlieder ist von „jubeln“, „jauchzen“ und „lobpreisen“ die Rede, aber selbst in der beseligenden Stimmung einer Weihnachtsfeier beim Text „Fröhlich soll mein Herze springen“ springt kein Funke über. 9. Musik 4 Fröhlich soll mein Herze springen 24.12. 2017, Zionskirche Bielefeld-Bethel ab 33`40“ bis 34`19 10. O-Ton III PB Es gibt verschiedene Gründe, warum in der Kirche nicht so gesungen wird wie unter der Dusche. Der Anspruch eines Gottesdienstes ist ja gerade, Milieu-übergreifend verschiedenartige Menschen zusammen zu führen. Dann kann ich nicht automatisch davon ausgehen, dass mein Lieblingslied auch dasjenige der anderen ist. Wir haben das Problem, dass die Gemeinden faktisch zerfallen in Geschmacksgemeinden und dann aufeinandertreffen und dann einigt man sich auf die Tradition. Zum anderen gibt es eine konventionelle Vorstellung davon, dass der Gottesdienst nicht laut und nicht ekstatisch sein solle, sondern gedeckt. 12. Autor AM Peter Bubmann ist Professor für praktische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg und beobachtet seit drei Jahrzehnten ein Phänomen, über das er seine Doktoranden sogar schon Promotionsarbeiten schreiben ließ: Während in der säkularen Pop- Szene und in der Unterhaltungsindustrie der Volksmusik- und Schlagerfestivals aus Zuhör-Konzerten immer häufiger Mitsing-Events werden; das Publikum sich also wie ein Massenchor verhält, der den vortragenden Solisten begleitet – verkümmert der Gemeindegesang in der Kirche selbst bei gut besuchten Gottesdiensten zu halbherzigem Aussitzen. Man blättert ratlos durchs Kirchengesangbuch, bestaunt Powerpoint-Folien unbekannter Liedtexte an der Wand, goutiert
bestenfalls die musikalische Leistung des Kantors an der Orgel oder der Band im Altarraum. 13. O-Ton IV AW Die Bekanntheit der Choräle nimmt dramatisch ab, die Verständlichkeit der mittelalterlichen Texte nimmt mindestens so sehr ab wie die Kenntnis der Melodie, die inhaltliche Übereinstimmung dessen, was man singt und was man selber erlebt, passt nicht mehr zusammen. 14. Autor AM … sagt Pfarrer Andreas Weidle aus Göppingen, der knapp 20 Jahre lang seine riesige Kirche zu füllen wusste, sobald er prominente und hochkarätige Künstler auftreten ließ, denen das Publikum gern zuhörte. Aber mitsingen? Schmetternd mitgesungen hätten die Leute nur bei einem, der keinen Hit in den Charts hat, keine Samstagabendshow im Fernsehen füllt und unter traditionellen Kirchen-Musikern umstritten ist: Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger. 15. O-Ton V AW Ich hab das erlebt, x-mal bei uns in der Kirche: 600 Menschen, er kommt mit einem völlig neuen Programm, keiner kennt seine Lieder und er sagt nur ein Mal: Singt mit. Und die ganze Kirche singt! Was isses? 16. Musik 5 Leise klopft der Regen C.Bittlinger Text: C.B., Mel.: Joachim Neander 1860 CD „Ihr sollt ein Segen sein“ Track 3 – 2`44“ bis 3`13“ LC-Nr 06190 17. O-Ton VI CB Eine Sache, die ich die letzten Jahre gemacht hab´, dass wir auf die wunderbaren Melodien der alten Choräle neue Texte getextet haben, die die Leute auf einmal wieder mitsingen und mich verwundert angucken und sich fragen: „Welcher Choral war das denn?“ 18. Autor AM Es war der Choral „Gott ist gegenwärtig“ von Gerhard Tersteegen und Joachim Neander aus dem Jahre 1680. 19. Musik 6 Ihr sollt ein Segen sein C.Bittlinger Text: C.B., Mel.: Heinrich Schütz 1628 CD „Ihr sollt ein Segen sein“, Track 8 – 1`38“ bis 2`19“ LC-Nr 06190 20. Autor AM Musikalisch der Choral „Wohl denen, die da wandeln vor Gott in Heiligkeit“ von Heinrich Schütz aus dem Jahr 1628, verbunden mit dem Gospel „Amen“ aus dem 19.Jahrhundert, textlich eine Kritik an wissenschaftlicher Forschung ohne ethische Grenzen. Die naheliegende Frage „Darf man das?“ – also die 400 Jahre bewährte „Heiligkeit“ eines Heinrich Schütz entweihen – beantwortet Konzert- Gottesdienst-Veranstalter Andreas Weidle nach dem Prinzip „Angriff ist die beste Verteidigung“: 21.O-Ton VII AW Ha ja! Dann würd´ ich zuerst dafür sorgen, dass von der Matthäus-Passion“ bis zur „h-moll-Messe“ die Texte mal so durchgearbeitet werden, dass man sie überhaupt noch verantworten kann. Wir singen und hören da zum Teil Schreckliches und das noch auf historischen Instrumenten, also das zieht dann allem voll die Schuhe aus!
22. Autor AM Aber was ist mit der schlagerhaft umarrangierten Choralmelodie? 23. O-Ton VIII AW Luther hat damals Gassenhauer genommen und in seine Zeit umgedichtet. Bittlinger komponiert im besten Sinne Gassenhauer und macht Texte aus unserer Zeit dazu, es ist das gleiche Strickmuster wie bei Martin Luther. 24. Musik 7 Mein Sonntag C.B. Text u. Mel.: C.Bittlinger CD „Bitte freimachen“, Track 7 – ab 2`22“ bis 2`58“ LC-Nr 00600 25. Autor AM Ein Lied für mehr „Heiligkeit“ des Feiertags, gegen verkaufsoffene Sonntage. Clemens Bittlinger, unterstützt von der verstorbenen Sängerin Joy Fleming und dem „Pur“-Frontmann Hartmut Engler. Hört der volksnahe Musikprediger das gelegentliche Schaudern des protestantischen Bildungsbürgertums? 26. O-Ton IX CB Wenn ich solche Stimmen höre, dann sag´ ich immer: Ja, mach´s doch mal besser und zeig´ mir, wie Du die Leute zum Mitsingen bekommen würdest! Und zwar so, dass sie einen sinnvollen, einen geistlich tröstenden oder heraus- fordernden Text aufgreifen, verstehen und mitsingen können! 27. Autor AM Fairerweise muss man hinzufügen, dass seine – mehrheitlich in Kirchen stattfindenden – rund 120 Auftritte pro Jahr auch konzertant ihr Eintrittsgeld wert sind: Keyboarder David Plüss, Gitarrist Adax Dörsam und Percussionist David Kandert bringen als virtuose Instrumentalisten ihre Fans zum Staunen und falls es trotzdem mal gottesdienstähnlich schwergängig werden sollte mit der Begeisterung, hat der Herr Pfarrer einen augenzwinkernden Spruch parat: 28. O-Ton X CB Je schöner Sie mitsingen, desto schöner wird dieses Konzert. Wenn Sie also nachher nach Hause gehen und sagen: „Na ja, so doll war`s nicht“ – es hat auch an Ihnen gelegen! 29. O-Ton XI PB Er könnte auch anspruchsvolle Chansons singen, er hat jetzt sehr viel in Richtung Schlager gemacht und damit eine typische Milieumusik fabriziert. Das Milieu der mittleren Generation, die jetzt nicht zu hohe Ansprüche an Ästhetik haben und einfach gern mal einen Schlager hören. 30. Autor AM Sagt der evangelische Theologieprofessor und Liturgiewissenschaftler Peter Bubmann ganz ohne bildungsbürgerliches Naserümpfen, denn: 31. O-Ton XII PB Was Clemens Bittlinger mit seinen ganz populären Melodien macht, ist im Prinzip nicht so viel anders als „Stille Nacht, heilige Nacht“ oder „So nimm denn meine Hände“. Wir brauchen ja auch ganz populäre Liedmelodien, insofern will ich da nicht kritischer sein als diesen Liedern gegenüber. 32. Musik 8 Was für ein Vertrauen C.Bittlinger Text u. Mel.: C.B., CD „Bleibe in Verbindung“, Track – 4, 0`53“ bis 1`13“ LC-Nr 00600
33. Autor AM Das Themenlied des Deutschen Evangelischen Kirchentags 2019 in Dortmund. Alle zwei Jahre findet das größte Protestantentreffen der Welt statt. Es hat den singenden Theologen aus dem Odenwald bekannt gemacht. Hier hat er sich als Markenzeichen etabliert für mindestens drei Sorten Gesang: 1. Mitsingbare „neue geistliche Lieder“ für die Gemeinde im Gottesdienst. 2. Gefällige, radiotauglich schlagerhafte Pop-Hits für Haus und Garten. Und 3. den politisch ambitionierten Protestsong der 70er-Jahre für die Foren und Podien der Akademien und Tagungshäuser. Auf Clemens Bittlingers rund 50 LPs und CDs seit 1979 finden sich Texte gegen Berlusconi und Ghaddafi, gegen Atomstrom und Rüstungsexporte, gegen die Marktmacht der Lebensmitteldiscounter, gegen Fremdenhass und Internetsucht. Klagelieder über die defekte Ölbohrinsel Deep Water Horizon im Golf von Mexiko und das geborstene Kernkraftwerk Fukushima in Japan. Sein papst-kritisches Lied „Mensch Benedikt“ auf dem Katholikentag Osnabrück 2008 brachte ihm sogar Morddrohungen von konservativ katholischen Internetseiten ein. Clemens Bittlinger sang schon gegen Brandanschläge auf Flüchtlingsheime und gegen Hetzjagden auf Dunkelhäutige, bevor gewählte Abgeordnete im Bundestag solche Verbrechen verharmlosten. 34. Musik 9 35. O-Ton XIII CB Dann kam irgendwann Ende der 70er ein Konstantin-Wecker- Konzert, was mich vom Stuhl gehauen hat, weil ich gemerkt habe, was man mit Zwischentexten machen kann. Mit der Prämisse, zu sagen: Du musst vor allem eines sein: Authentisch. Sei Du selbst und bring das in Liedern und Texten, mit Deiner ganzen Wut, mit Deiner Zärtlichkeit, mit Deiner Freude, Deinem Glauben, rüber. Das ist seitdem die Prämisse, dass ich dann ab 1981 mit einem wunderbaren Musiker David Plüss zusammenarbeiten durfte und eine Symbiose entstanden ist ganz vieler Kompositionen, das ist ein Geschenk. Mein Beruf ist: Clemens Bittlinger sein. Und diesen Beruf gibt´s nur ein Mal. 36. Musik 10 Kleider machen Leute C.B. Text: C.B., Mel.: David Plüss CD „Bleibe in Verbindung“, Track 6 – 0`24“ bis 0`46“ LC-Nr 00600 37. Autor AM Seinen chic und modisch gekleideten, aber vom Textil-Discounter billig ausgestatteten Zuhörern könnte es bei solchen Liedtexten unwohl werden. Genau das aber ist beabsichtigt. Clemens Bittlinger will nicht „Everybody´s Darling“ sein. Seine Tonträger werden auf eigenem Label vermarktet, also kann ihn keine Plattenfirma zwingen, doch bitte nirgends anzuecken. Im Gegenteil: Er hat sogar eine gewisse Routine darin, souverän zu bleiben bis hin zur Kompromisslosigkeit. Eine Mischung aus Rührung und Befremden empfindet das Publikum z.B. auch bei diesem Lied: 38. Musik 11 Dieses Land (Nationalhymne) C.Bittlinger Mel: trad., public domain Text: C.B. CD „Bleibe in Verbindung“, Track 12 – 0`52“ LC-Nr 00600
39. Autor AM Clemens Bittlinger weiß natürlich, dass politische Poesie aus dem eher linksliberal-grünen Spektrum denjenigen am besten gefällt, die ohnehin seiner Meinung sind. Dass also „Protestsänger“ wie er, wie Konstantin Wecker, Reinhard Mey, Hermann van Veen oder Peter Horton, ihre Botschaft meistens den bereits Bekehrten predigen. Als „unzulässige Politisierung der Kanzel“ beklagt ein rechtskonservativ evangelikales Wochenblatt das immer dann, wenn nicht die eigene Politik gepredigt wird. Clemens Bittlinger kann derlei fadenscheiniger Tadel egal sein. Seine Fanbasis ist groß und ökumenisch genug und – seine Veranstalter vor Ort glauben ihm, dass er aktuelle politische Missstände authentisch aus persönlichem Betroffensein kommentiert. Als ein gläubiger Christ eben, 40.O-Ton XIV …der dann protestiert, wenn er den Eindruck hat, er hat vom Evangelium her zu protestieren! Er übernimmt psychologische Erkenntnisse wie Naturwissenschaftliche Erkenntnisse und überträgt sozusagen die Theologie in die heutige Welt. Also ich sag mal so: Seelsorgliche Theologie am Küchentisch. Das transportiert für mich Clemens Bittlinger: ´ne Christologie, ne Verkündigung von Jesus Christus, der Mensch ist. 41.Autor AM Sagt Konzertveranstalter Andreas Weidle aus Göppingen. Theologen einzubinden, die sich als Verkündiger des Evangeliums verstehen, aber eben auch Künstler sind; die ihrer Kirche dienen wollen, sich aber auch auf eigene Rechnung profilieren möchten – das gelingt den Kirchen höchst selten. Der evangelischen Landeskirche von Hessen-Nassau ist es gelungen: 42.Musik 12 Ich bin das Brot / Kyrie eleison C.Bittlinger Text: C.B., Mel. David Plüss CD „Bilder der Passion“, Track 13 0`00“ bis 1`01“ LC-Nr 00600 0`05“ darüber 43. O-Ton XV CB Wenn man es kirchlich ausdrückt, ist mein Beruf natürlich nicht, „Clemens Bittlinger“ zu sein, sondern ich bin mit einer halben Stelle angestellt als Pfarrer für Mission und Ökumene in einem Dekanat. Und mit der anderen Hälfte frei- beruflich als Liedermacher unterwegs, aber von meiner Landeskirche „freigestellt in dienstlichem Interesse.“ Musik hoch bis 1`01“ 44. Autor AM Mission und Ökumene – mehrmals im Jahr und dann in meist großen Hallen kommt er dieser Beauftragung seiner evangelischen Landeskirche nach, indem er mit dem prominentesten Katholiken Deutschlands gemeinsam auftritt: Pater Anselm Grün: 45. O-Ton XVI AG Wenn ich Vorträge halte, kommen Menschen, die in der Kirche sind katholisch, evangelisch, die engagiert sind. Es kommen Menschen, die mal in der Kirche waren und sich etwas distanziert haben, aber interessiert sind, die nicht religiös sind. 46. Autor AM Benediktinerpater Anselm Grün aus dem Kloster Münsterschwarzach bei Würzburg erhöht den Anteil säkularer, kirchenferner Zuhörer in Clemens Bittlingers Konzerten. Aber – singen die dann tatsächlich ein „Kyrie Eleison“ mit?
47. O-Ton XVII AG Wenn einer eine gewisse Popularität erlangt hat, hat er es natürlich einfacher, Menschen zu animieren. Wenn ich Menschen einlade zu einem Ritual, dann machen sie mit, weil sie denken: Der wird`s schon richtig machen. Bei Clemens Bittlinger ist es ähnlich: Er ist natürlich bekannt als Liedersänger, aber außerdem hat er Lieder, die man mitsingen kann, die nicht so schwierig sind und er hat einfach ´ne freundliche Art, die Menschen zu motivieren, mitzusingen. 48. Autor AM Die rund 300 Bücher des unbremsbar fleißigen Autors Anselm Grün haben eine Gesamtauflage von rund 19 Millionen Exemplaren und sind in jeder Buchhandlung zu finden. Die CDs von Clemens Bittlinger sind es nicht. Warum der eine im säkularen Markt mehr Erfolg hat als der andere, erklärt er kurz und knapp so: 49. O-Ton XVIII Ein Lied mitsingen bedeutet mehr Bekenntnis als ein Buch zu lesen. Viele trauen sich nicht, mitzusingen, weil Singen ja immer bedeutet: Ich zeige meine Gefühle und heute sind viele eher dazu geneigt, cool zu sein und ja keine Gefühle zu zeigen. Ein Buch zu lesen ist noch kein so großes Bekenntnis. 50. Autor AM Warum willigt Anselm Grün dann ein, die Redezeit seiner eigenen Texte drastisch einzuschränken und lediglich Gast in einem mehrheitlich musikalischen Programm zu sein? 51. O-Ton XIX Wir beide sind befreundet seit einigen Jahren und wir machen schon lange gemeinsam Konzerte. Wir ergänzen einander und das hat sich als gut erwiesen. In meinen Büchern und meinen Vorträgen glaube ich immer an die Sehnsucht der Menschen und vielleicht spüren die Menschen, dass ich an sie glaube. Dass ich sie nicht belehren will, sondern vertraue, dass in jedem ´ne Sehnsucht nach dem Spirituellen ist, nach Gott ist, nach einer Geborgenheit, die größer ist als wir selber. Clemens schöpft sicher auch aus dem Glauben und für ihn ist es wichtig, den Glauben in Liedern auszudrücken, weil Lieder den Glauben nochmal auf ´ne andere Ebene heben, nicht nur rein rational, sondern emotional und Singen berührt nicht nur die Emotionen, sondern geht auch tiefer ins Unbewusste. 52. Musik 13 Klug werden (Psalm 90) C.Bittlinger Text: C.B., Mel.: David Plüss CD „Unerhört“, Track 11 – 0´31“ bis 1`14“ LC-Nr 00600 Nach 0`05“ darüber 53. Autor AM Pater Anselm Grün wird 2020 fünfundsiebzig Jahre alt, Clemens Bittlinger im August 2019 sechzig. Beide, der katholische Mönch und der evangelische Popsänger, garantieren ihrem ebenfalls sichtlich älter werdenden Publikum vor allem eins: Eine vitale Spiritualität, die erfahrungsgesättigt und altersweise kein Thema mehr vermeidet. Nicht mal das des eigenen Sterbens. Musik hoch bis Abblende 1`14“ 54. O-Ton XX PB Ich habe eine Veranstaltung erlebt mit Clemens Bittlinger und Anselm Grün auch beim Kirchentag, wo sich seine Popularmusik und die allzu populären Lebensweisheiten von Anselm Grün in einer für mich persönlich unguten Weise verbunden haben zu einer sehr einfach gestrickten Lebensberatung. Da
kann man auch zu viel der Harmonieseligkeit des Schlagers erleben. Aber wenn`s gut gemacht ist?! 55. Autor AM Professor Peter Bubmann von der evangelisch-theologischen Fakultät der Uni Erlangen-Nürnberg formuliert eine Kritik, die von den Buchauflagen Anselm Grüns, den CD-Verkäufen Clemens Bittlingers und den brechend vollen Kirchen bei beiden quantitativ widerlegt, qualitativ aber nicht ganz entkräftet wird: Seelsorgliche Harmlosigkeit. Geistlicher Rat, der den realen Härtefällen im Alltag der Zuhörer nur unzureichend gerecht wird. Clemens Bittlinger korrigiert diesen Eindruck mit inhaltlich ambitionierten Themenabenden: „Atem. Klang der Seele“, „Urknall und Sternenstaub“, „Perlen des Glaubens“ heißen z.B. Konzertprogramme, in denen die seelsorglich-therapeutische Wirkung nicht durch intellektuell-rhetorische Glanzleistungen, sondern durch gemeinsames Erleben, durch Atmosphäre, durch Rituale, Gebete und – eben das gemeinsame Singen erzeugt wird.
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