Jedes Wort wirkt! Bewusste Sprache in der Schule - Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - Lingva ...

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Jedes Wort wirkt! Bewusste Sprache in der Schule - Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - Lingva ...
S_wie_Sprache_in_der_Schule_Mantel 19.12.2017 09:29 Seite 58

             Jedes Wort wirkt!
             Bewusste Sprache in der Schule
             Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf

             Sprache geht uns alle an. Wir alle gebrauchen sie,          Zu dieser Sprache gehört als weiteres wesentliches
             egal ob wir reden, schreiben oder auch nur                     Element eine wertschätzende Grundhaltung
             denken. Die Sprache ist dabei im Wesent-                           gegenüber dem Gesprächspartner und letzt-
             lichen ein Mittel zur Weitergabe von                                  lich gegenüber allen Menschen. In einer
             Informationen geworden. Doch ist                                          solchen sprachlichen Umgebung
             und kann Sprache weit mehr als                                                können Menschen ihr Potenzial
             das. Darin liegt gerade für die                                                   entfalten und gute Ergebnisse
             Pädagogik eine riesengroße                                                          erzielen. Die Kinder der
             Chance.                                                                             Erfolgreichen werden von
                                                                                             klein auf mit dieser Sprache
             Es gibt eine Sprache, die aufbaut                                            groß. Sie hören sie tagtäglich, und
             und Kräfte freisetzt, und es gibt auch                                   sie prägt sie zutiefst. Mit ihr haben sie
             eine Sprache, die Kraft kostet und herun-                            hervorragende Voraussetzungen, zu
             terzieht. Eine solche Sprache macht das                           glücklichen, zielstrebigen und wertschätzen-
             Leben mühsam. Mit ihr ist für Lehrer das Unter-               den Menschen heranzuwachsen.
             richten anstrengend und für Schüler das Lernen.             Jeder kann die Sprache der Erfolgreichen lernen,
             Der Unterschied liegt in der Struktur der                      egal was für einen Hintergrund und welche
             Sprache: im Wortschatz, in der Grammatik                           persönliche Geschichte er mitbringt. Ich
             und im Satzbau!                                                       wünsche allen Kindern und Jugend-
                                                                                       lichen, dass sie diese Sprache lernen
             Diese weitreichende Erkenntnis                                                und ihre wohltuende Wirkung
             gewann ich im Gespräch mit                                                       erfahren. Der ideale Ort dafür
             erfolgreichen Menschen.                                                             ist die Schule. Und ich
             Damit meine ich Menschen,                                                           wünsche dasselbe auch allen
             die klare Ziele haben und in                                                    Lehrerinnen und Lehrern.
             ihrem Leben das erreichen, was sie
             erreichen wollen. Der Schlüssel zu                                        Daher beschloss ich, eine Art Sprach-
             Erfolg und Leichtigkeit ist die Art, wie sie                          kurs zu entwickeln. Das war Mitte der
             sprechen, und damit letztlich ihre Haltung.                        Neunzigerjahre. Daraus entstand das Lingva
             Ihre Sprache ist geprägt von Klarheit und einer                Eterna Sprach- und Kommunikationskonzept.
             zielorientierten Sichtweise. Sie bilden beispielsweise      Seit 2004 habe ich daran gemeinsam mit dem Arzt
             vollständige Sätze. Das spiegelt sich in ihrem Leben     und Neurowissenschaftler Theodor von Stockert weiter-
             wider: Sie bringen auch sonst ihre Dinge zu Ende und     gearbeitet. Mit der Zeit ist daraus ein umfangreiches
             erreichen damit ihre Ziele.                              Lehrgebäude entstanden.

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S_wie_Sprache_in_der_Schule_Mantel 19.12.2017 09:30 Seite 59

                    Dieses Konzept ruht auf drei Säulen: auf der Präsenz       Sprache wirkt sich auch auf ihn selbst und auf die
                    des Sprechers, auf der Klarheit der Botschaft und auf      Entwicklung seiner Persönlichkeit aus. Beides gehört
                    der fundamentalen Wertschätzung des Gesprächspart-         zusammen. Spätestens seit der Hattie-Studie wissen
                    ners und ganz allgemein eines jeden Menschen. Lehrer       wir, dass guter Unterricht wesentlich geprägt ist von
                    aller Schularten und Bildungseinrichtungen setzen es       der Lehrerpersönlichkeit.
                    mit Erfolg in ihren unterschiedlichen Wirkungsberei-
                    chen ein. Sie berichten neben anderem, dass ihnen          Eine Wortprobe
                    damit der Unterricht spürbar leichter gelingt und dass
                    sie auch für sich persönlich davon profitieren. Interes-   Eine Wortprobe ist so etwas Ähnliches wie eine Wein-
                    sierte können entsprechende Angebote bereits in neun       probe, nur mit dem Unterschied, dass wir beim Wein
                    Bundesländern über die jeweiligen Lehrerweiter-                wahrscheinlich wesentlich mehr darauf achten, was
                    bildungsportale buchen. Weitere werden folgen.                    wir schlucken und wie es uns bekommt, als bei
                                                                                         den Wörtern, die wir tagtäglich gebrauchen.
                    Die Sprache jedes einzelnen Lehrers                                      Bei der Wortprobe biete ich Ihnen zehn
                    spielt in jeder Bildungseinrichtung                                         Wörter an und bitte Sie, sie auf sich
                    eine entscheidende Rolle. Mit ihr                                               wirken zu lassen. Lassen Sie sich
                    unterrichtet er und gibt den                                                        die Wörter auf der Zunge zer-
                    Kindern und Jugendlichen                                                              gehen und schmecken Sie
                    sein Wissen weiter. Mit ihr                                                           ihnen nach. Lesen Sie diese
                    stellt er Fragen und gibt seiner-                                                 Wörter bitte langsam und laut
                    seits Antworten. Ebenso nutzt er                                               oder halblaut. Lassen Sie sich Zeit,
                    die Sprache, wenn er Mut macht, lobt                                       dann können innere Bilder entstehen:
                    oder tadelt. Dabei gibt er, ohne dies aus-
                    drücklich zu wollen, seine Werte und seine                              Quelle – Apfelbaum – Familienfeier –
                    Vorstellungen von der Welt an die Schüler                              besonnen – müssen – schnell – lernen –
                    weiter. Dies geschieht bereits durch seine Wort-                         Wohlwollen – Lächeln – Dankeschön
                    wahl und durch seinen Satzbau. Durch seinen
                    individuellen Sprachgebrauch gestaltet ein                            War ein Wort dabei, das Ihnen angenehm
                    Pädagoge entweder eine angenehme,                                         war? Gebrauchen oder hören Sie es in
                    warme Lernatmosphäre, in der                                                 Ihrem Alltag häufig? War auch ein
                    Vertrauen entsteht und Schüler                                                   Wort dabei, das Ihnen unan-
                    mit Freude lernen können.                                                           genehm war? Und wie ist es
                    Oder er erzeugt – ebenfalls                                                           hier: Gebrauchen oder
                    ohne dies zu wollen – eine                                                           hören Sie es häufig?
                    kühle Atmosphäre mit Druck                                                         Die Erfahrung zeigt, dass wir
                    und Anspannung, in der Schüler                                                 Wörter, die uns belasten, oft regel-
                    sich verschließen oder in Widerstand                                        mäßig gebrauchen wie zum Beispiel
                    gehen. Am Ende einer solchen Unter-                                     „müssen“ und „schnell“. Sie machen
                    richtsstunde fühlen sich dann beide Seiten                           Druck und erzeugen immerfort neuen Druck.
                    angestrengt oder auch einfach müde.                              Dagegen benutzen wir viele angenehme Wörter
                                                                                  kaum wie beispielsweise „besonnen“, „Wohl-
                    Die Sprache des Lehrers wirkt sich auf den Unterricht      wollen“ oder „Lächeln“. Wie oft sagen oder hören Sie
                    aus und entscheidet wesentlich darüber, ob der Unter-      beispielsweise: „Ich schenke ihm eine Lächeln“ oder
                    richt gut ist und bei den Schülern gut ankommt. Seine      „Er hat ein zauberhaftes Lächeln“?

                    „ S“ wie Sprache in der Schule                                                                                  59
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             Die angenehmen oder auch unangenehmen inneren              Der inflationäre Gebrauch von „müssen“ erzeugt
             Bilder und Empfindungen schwingen bei jeglicher            Druck und mindert bei Kindern binnen Kurzem die
             Kommunikation immer unbewusst mit und kommen               Freude an der Schule und am Lernen. Und Erwachsene
             bei unserem Gesprächspartner ebenso unbewusst an.          macht der Dauerdruck mit der Zeit mürbe oder sogar
             Jedes Wort wirkt und hat eine Wirkung. Es liegt an uns     krank. Das Modalverb „müssen“ signalisiert Zwang
             selbst, einen Wortschatz zu entwickeln und zu pflegen,     und Fremdbestimmung. Nichts geht davon leichter,
             der ein wahrer Wort-Schatz ist. Er wird uns selbst             dass jemand etwas tun muss – im Gegenteil. Am
             und auch den Schülern guttun. Lehrer geben                        leichtesten lernen Kinder, die lernen wollen.
             mit einem solchen sprachlichen Vorbild                                Das wollen alle Kinder von Natur aus. Wir
             ihren Schülern einen großen Schatz fürs                                  alle sind mit einer gesunden Neugier
             Leben mit.                                                                   und Lernfreude auf die Welt und
                                                                                              auch in die Schule gekommen.
             Freude schaltet                                                                      Es ist wichtig, diese Lernfreu-
             das Gehirn ein                                                                         de ein Leben lang zu erhal-
                                                                                                    ten. Darum empfehle ich
             Was Kinder mit Freude                                                               Ihnen, „müssen“ äußerst
             machen, lernen sie leicht: Freude                                               sparsam zu gebrauchen.
             schaltet das Gehirn regelrecht ein.                                         Meistens können wir „müssen“ ersatz-
             Dagegen haben Druck und Zwang eine                                      los streichen. Vielfach können wir es
             gegenteilige Wirkung. Sie erschweren das                             durch den Gebrauch von Futur ersetzen.
             Lernen. Betrachten wir mit diesem Blick den                      Dann heißt es statt „Ich muss heute Abend den
             Gebrauch des Modalverbs „müssen“. Es ist in der                Unterricht für morgen vorbereiten“ neu: „Ich
             Schule allgegenwärtig. Kinder müssen Haus-                        werde heute Abend den Unterricht für morgen
             aufgaben machen, sie müssen etwas lernen,                             vorbereiten.“ Die vermeintliche Aufforde-
             sie müssen sich etwas merken, sie                                        rung „Ihr müsst diese drei Rechenaufga-
             müssen im Unterricht still sitzen, sie                                       ben bis morgen lösen!“ ist in Wirk-
             müssen pünktlich ankommen und                                                    lichkeit ein Aussagesatz, freilich
             sie müssen für den Sport ihren                                                       durch das „müssen“ auch ein
             Turnbeutel      mitbringen.                                                            reiner Druckmacher. Die
             Lehrer müssen etwas erklä-                                                             grammatikalisch korrekte
             ren, sie müssen Arbeitsblätter                                                      Aufforderung heißt: „Löst diese
             kopieren und den Unterricht vor-                                                drei Rechenaufgaben bis morgen.“
             bereiten. Die Beispiele lassen sich                                         Erlauben Sie sich sprachliche Alter-
             beliebig ergänzen.                                                      nativen zu den gewohnten Sätzen mit
                                                                                  „müssen“. Übrigens gebrauchen die bereits
             Ganz anders klingen diese Sätze ohne „müssen“:                   erwähnten Erfolgreichen kaum „müssen“: Sie
             Kinder machen Hausaufgaben, sie lernen etwas, sie             machen – sie müssen nicht machen.
             merken sich etwas, sie sitzen im Unterricht still, sie
             kommen pünktlich und sie bringen für den Sport ihren       Kurze, vollständige Sätze erleichtern
             Turnbeutel mit. Das ist alles so, und es ist selbst-       das Lernen
             verständlich. Das Gleiche gilt für die Lehrerbeispiele:
             Lehrer erklären etwas, sie kopieren Arbeitsblätter und     Schüler können im Unterricht am leichtesten kurze,
             sie bereiten den Unterricht vor. Diese Sätze lassen sich   vollständige Sätze aufnehmen und gleich ihren Sinn
             leicht ohne „müssen“ bilden.                               erfassen. Hier entstehen schon beim Hören innere

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                    Bilder, und das eigenständige Denken und Mitdenken          ze. Machen Sie pro Satz nur ein Bild. Wir merken uns
                    kann umgehend beginnen. Das Gleiche gilt analog für         Bilder, nicht Sätze! Jeder Nebensatz bringt uns davon
                    das Lesen von schriftlichen Aufgaben.                       weg: Er hat ein neues Bild.
                    Kurze, vollständige Sätze bringen klare Aussagen her-
                    vor. Gleichzeitig fördern sie die eigene Klarheit. Ein      Noch etwas gehört zu den kurzen, vollständigen
                    Lehrer, der so spricht, ist klar und präsent, und die       Sätzen: es sind die minimalen Pausen am Ende eines
                    Schüler nehmen ihn als solchen wahr. Sie wissen                jeden Satzes. Beim Schreiben markieren wir das
                    bei klaren, vollständigen Sätzen genau, um was                     Ende eines Aussagesatzes mit einem Punkt.
                    es geht. Da ist es für sie leicht mitzumachen                          Beim Sprechen hören wir diesen Punkt in
                    und den Ausführungen zu folgen.                                            Form einer minimalen Pause. Diese
                                                                                                   minimalen Pausen haben eine gera-
                    Dies klingt alles selbstverständ-                                                 dezu magische Wirkung. Sie
                    lich und logisch. Doch sind                                                           bewirken, dass der Angespro-
                    unvollständige und abge-                                                                chene die vorher gemachte
                    brochene Sätze bei den                                                                  Aussage speichert! Dann
                    Schülern weitverbreitet. Dies                                                        kann er sich die Inhalte mer-
                    gilt für alltägliche Dialoge ebenso                                              ken! So wird Lernen leicht, und
                    wie für das Schreiben von elektroni-                                         die Schüler sind mit Interesse dabei.
                    schen Nachrichten. Alle Satzteile können                                 Viele Menschen sprechen ohne Punkt
                    fehlen: das Subjekt, das Prädikat oder das                            und Komma. Sie sind für ihre Zuhörer an-
                    Objekt. Zum Beispiel: Bei dem Satz „Komme                         strengend. Ein solches atemloses Sprechen wirkt
                    gleich!“ fehlt das Subjekt. Bei dem Satz „Mach ich             auch auf den Sprecher selbst. Es lässt ihn gehetzt
                    später!“ fehlt das Objekt, und bei dem Satz                        und überfordert erscheinen. Damit gehen
                    „Kannst du mal?“ fehlt das Prädikat. Es                                Souveränität und glaubhafte Kompetenz
                    können auch zwei Satzteile fehlen: Bei                                     verloren. Pausen am Ende jedes Satzes
                    „Muss ich noch!“ fehlen das Objekt                                            helfen beiden: den Schülern und
                    und das Prädikat. Der Gesprächs-                                                  dem Lehrer.
                    partner ergänzt das fehlende                                                          Vollständige, kurze Sätze mit
                    Satzteil aus dem Kontext.                                                               Pausen tragen erheblich zu
                    So gelingt die Kommunika-                                                               einer angenehmen Atmo-
                    tion hinsichtlich des Informati-                                                     sphäre und einem guten Lern-
                    onsaustauschs dennoch meistens.                                                  klima bei. Sie werden merken,
                    Es ist jedoch mühsam, immerfort die                                          dass Sie auf diese Weise die Aufmerk-
                    Sätze der anderen zu Ende denken zu                                       samkeit Ihrer Schüler gewinnen und auch
                    müssen. „Stummelsätze“ wirken in der Häu-                             halten können. So erleichtern Sie sich und
                    fung oberflächlich und wenig wertschätzend.                       den Schülern den Unterricht. Sie werden es auch
                    Diese schlampige Ausdrucksweise ist ansteckend.               an den Noten merken.
                    Dann übernehmen die Gesprächspartner in ihren Ant-
                    worten, ohne es zu merken, diesen Ton und sprechen          Noch etwas Wichtiges geschieht bei vollständigen,
                    genauso. Damit eskalieren Konflikte leicht.                 kurzen Sätzen. Dieser Satzbau gehört ganz wesentlich
                                                                                zur Sprache der Erfolgreichen. Wer so spricht, lernt,
                    Hier können Lehrer wirksam gegensteuern und vor al-         denkt Gedanken zu Ende. Dies wirkt sich auf das
                    lem bei sich selbst auf kurze, vollständige Sätze achten.   Handeln und Verhalten aus. Ein in dieser Weise
                    Damit meine ich vor allem Hauptsätze ohne Nebensät-         geschultes Sprechen und Denken bewirkt, dass ein

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             Schüler am Ende der Mathematikaufgabe noch den           Formulierungen mit „nicht“ sind weitverbreitet. Dazu
             Lösungssatz hinschreibt, oder dass er den Turnbeutel     gehören neben dem genannten Lob die vielen Anwei-
             nicht nur für den Sportunterricht vorbereitet, sondern   sungen und Verbote: „Nicht über den Rasen laufen!
             auch von zu Hause mitnimmt.                              Das Schulgelände während des Unterrichts nicht ver-
             Schon beim Betreten des Klassenzimmers kann ein          lassen! Wir unterbrechen einander nicht. Wir vergessen
             Lehrer mit einem vollständigen Satz ein gutes Klima       unsere Unterrichtsmaterialien nicht.“ usw.
             erzeugen. Betrachten Sie bitte den Gruß: „Guten              Es ist leicht, dafür positive Formulierungen zu fin-
             Morgen!“ Dieser Gruß ist genau genommen ein                      den: „Geht außen um den Rasen herum! Bleibt
             „Stummelsatz“. Von dem einst vollständi-                             während des Unterrichts innerhalb des
             gen Satz ist nur das Akkusativobjekt                                     Schulgebäudes! Wir lassen einander
             übrig geblieben. Der vollständige                                            ausreden. Wir bringen unsere Unter-
             Satz heißt: „Ich wünsche euch                                                    richtsmaterialien mit.“ usw.
             einen guten Morgen!“ Dieser                                                          Kinder und Jugendliche
             vollständige Gruß geht mit                                                              hören tausendfache Formu-
             einem achtsamen Blickkon-                                                               lierungen mit „nicht“. Diese
             takt einher und transportiert                                                       verneinende Sprache hat eine
             Wertschätzung und Wohlwollen.                                                  einengende Wirkung auf sie. Sie
             Probieren Sie es aus!                                                       nimmt ihnen Schwung und versäumt
                                                                                     es, ihnen Weisungen zu geben. Das
             Denken in der richtigen                                             Gegenteil einer verneinenden Sprache ist
             Richtung macht das Lernen leicht                                eine bejahende Sprache. Sie vermeidet Ver-
                                                                          neinungen und fördert dadurch eine bejahende,
             Viele Menschen wissen eher, was sie nicht haben                  zielorientierte Grundhaltung. Sie setzt viel
             wollen, als das, was sie haben oder erleben                          Potenzial frei. Mit dieser Sprache werden
             wollen. Die Energie folgt der Aufmerk-                                   die Kinder der Erfolgreichen groß. Ich
             samkeit. Mit diesem Denken                                                   empfinde es als eine großartige Auf-
             erreichen sie oftmals das genaue                                                 gabe, allen Kindern und Jugend-
             Gegenteil des Gewünschten.                                                           lichen schon früh eine solche
             Sie denken in die falsche                                                               Sprache nahezubringen und
             Richtung. Der Umgang mit                                                                sie anzuleiten, sie für sich
             Verneinungen spielt dabei eine                                                      anzunehmen. Sie wird ihnen
             große Rolle.                                                                    für ihr ganzes Leben ein Schatz
             Verneinungen sind etwas Hochkom-                                            sein.
             plexes. Ein großer Teil unseres Gehirns
             kann mit einer Verneinung nichts anfangen.                           Das Denken in der richtigen Richtung
             Darum kommt mit der verneinten Botschaft                         erleichtert die Kommunikation und die individu-
             beim Gesprächspartner eine falsche Botschaft an.             elle Lebensgestaltung erheblich. Das Gegenteil
             Hier liegt der Grund für viele sachliche und auch        davon ist das Denken in der falschen Richtung. Der
             emotionale Missverständnisse.                            bewusste Umgang mit den Negationen hilft dabei, dem
             Die als Lob gemeinte Äußerung „Deine Präsentation        weitverbreiteten Mangeldenken eine neue, gute Rich-
             war nicht schlecht!“ kommt nur nach einem bewussten      tung zu geben. Das Denken in der richtigen Richtung
             Nachdenken an, doch kommt auch immer die Bot-            hilft Schülern, Ziele zu formulieren und sie dann auch
             schaft „schlecht“ an. Das ist verwirrend. Ganz anders    im Blick zu behalten. Diese innere Haltung fördert die
             klingt und wirkt: „Deine Präsentation war gut!“          Motivation und erleichtert das Lernen.

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                    Eine friedliche Sprache trägt zum                          und auch im Herzen des Lehrers. Denn seine eigene
                    Frieden in der Schule bei                                  gewandelte Sprache wirkt auf seine innere Haltung.
                                                                               Kinder und Jugendliche spüren das, und beglückend
                    Eine friedliche Ausdrucksweise trägt zu einem fried-       viele lassen sich davon mittragen. Natürlich kann und
                    lichen Umgang der Schüler bei. Umgekehrt gilt, dass        wird ein Lehrer dies in seiner Klasse auf geeignete
                    eine grobe Ausdrucksweise grobe Verhaltensweisen           Weise kommunizieren und mit den Schülern darüber
                    begünstigt. Es ist bekannt, dass groben Taten eine         sprechen. Sie sind erfahrungsgemäß sehr bereit hinzu-
                    grobe Sprache vorausgeht. Wo immer wir eine grobe          hören und erfassen schnell, um was es geht. Ihre ange-
                    Sprache antreffen, ist wirklich Achtsamkeit geboten.       borene Freude, etwas Neues auszuprobieren, erleichtert
                                                                               den nächsten Schritt: Sie probieren neue sprachliche
                    In unseren Schulen wächst die Gesellschaft von morgen      Varianten aus und machen dabei eigene Erfahrungen.
                    heran. Wir haben in Deutschland seit siebzig Jahren        Vielfach bleiben sie dann bei den neuen Formulierungen
                    Frieden. Ich wünsche auch der nächsten Generation,         und übernehmen sie in ihre Ausdrucksweise.
                    dass sie in Frieden leben darf. Es ist Aufgabe der mitt-
                    leren und der alten Generation, sich bewusst für den       Die Wirkung gezielter sprachlicher Änderungen ist
                    Erhalt des Friedens einzusetzen und aktiv etwas dafür      größer, als der Einzelne dies vielleicht meint. Denn:
                    zu tun. Dazu gehört der bewusste Umgang mit der            Wenn einer seine Sprache wandelt, dann fordert er die
                    Sprache. Werfen wir einmal einen Blick auf den Wort-       Gesellschaft auf, einen Schritt nach vorn zu tun.
                    schatz: Viele Formulierungen haben eine aggressive
                                                                               Die Abbildungen sind entnommen aus:
                    Grundbedeutung. Sie haben auf Dauer immer eine
                    nachteilige Wirkung, selbst wenn uns die aggressive
                    Bedeutung nicht bewusst ist und wir sie nicht so
                    meinen. Auch hier ist der Lehrer durch seine eigene
                    Sprache Vorbild. Die Sprache ist oft kalt oder sogar
                    aggressiv. Die Menschen und auch die Ergebnisse
                    leiden unter einer solchen Sprache. Wer sich dies
                    bewusst macht, kann daran etwas ändern. So entsteht
                    ein Arbeitsklima, in dem Schüler und auch Lehrer
                                                                               EAN 4 260198990156                 EAN 4 260198990156
                    leistungsfähig und kreativ sind und bleiben.
                                                                               Literatur
                    Seien Sie bitte achtsam mit Formulierungen wie „Ich        Bücher:
                                                                               Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf, Jedes Wort wirkt. Bewusste
                    habe ein Attentat auf dich vor“, wenn sie nur eine         Sprache in der Pädagogik, Lingva Eterna Verlag 2016
                    Aufgabe für jemanden haben oder eine Bitte äußern          Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf, Deutlich reden, wirksam
                    wollen. Auch der „Papierkrieg“ ist aggressiv – welche      handeln. Kindern zeigen, wie Leben geht, Herder 2016
                                                                               Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf, Drück mich mal ganz fest.
                    Papiere führen mit wem Krieg?? Es geht doch nur um         Therapie und Erfolgsgeschichte eines wahrnehmungsgestörten
                    das Erledigen von Formalitäten. Nageln Sie bitte nie-      Kindes, Herder 2017
                                                                               Theodor von Stockert, Meine Sprache und ich. Mit Sprachstruktur
                    manden auf etwas fest, und ziehen Sie auch niemanden       Persönlichkeit entwickeln, Lingva Eterna Verlag 2016
                    auf. Beides sind Ausdrücke aus der Foltersprache.
                                                                               Kartensätze und Hörbuch:
                    Zwei weitere Beispiele: Da hat jemand angeblich einen      Die Kraft der Sprache, 40 Karten für Pädagogen, Lingva Eterna
                    Knall oder einen „Schuss weg“. Unsere Sprache ist voll     Verlag 2015
                                                                               Sprachkarten – Denkmuster aktiv wandeln, Lingva Eterna Verlag 2015
                    von Ausdrücken aus der Kriegs- und Gewaltsprache.
                                                                               Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf und Theodor von Stockert, In
                    Eine bewusst friedvolle sprachliche Umgebung trägt         der Sprache liegt die Kraft. Sich selbst und andere führen (Hörbuch),
                    wirksam zur Friedenserziehung bei. Als Erstes beginnt      Lingva Eterna Verlag

                    das Bewusstwerden und dann das Umdenken im Kopf            weitere Publikationen siehe unter: www.lingva-eterna.de

                    „ S“ wie Sprache in der Schule                                                                                              63
Jedes Wort wirkt! Bewusste Sprache in der Schule - Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - Lingva ... Jedes Wort wirkt! Bewusste Sprache in der Schule - Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - Lingva ... Jedes Wort wirkt! Bewusste Sprache in der Schule - Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - Lingva ... Jedes Wort wirkt! Bewusste Sprache in der Schule - Von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - Lingva ...
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