Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand

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Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand
LowEx-Konzepte für die Wärmeversorgung von Mehrfamilien-Bestandsgebäuden

Bericht zu AP 2.1

Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-
Systeme in Mehrfamilienhäusern
Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand
Der vorliegende Bericht ist Ergebnis der wissenschaftlichen Querspange »LowEx-Bestand Analyse«
des thematischen Projektverbunds »LowEx-Konzepte für die Wärmeversorgung von Mehrfamilien-
Bestandsgebäuden (LowEx-Bestand)«. In diesem Verbund arbeiten Forschungsinstitute mit Herstellern
von Heizungs- und Lüftungstechnik und mit Unternehmen der Wohnungswirtschaft zusammen.
Gemeinsam werden Lösungen entwickelt, analysiert und demonstriert, die den effizienten Einsatz von
Wärmepumpen, Wärmeübergabesystemen und Lüftungssystemen bei der energetischen
Modernisierung von Mehrfamiliengebäuden zum Ziel haben.

LowEx-Systeme arbeiten durch geringe Temperaturdifferenzen zwischen Heizmedium und Nutzwärme
besonders effizient. Wärmepumpen haben dabei erhebliches Potenzial zur Absenkung der spezifischen
CO2-Emissionen bei der Wärmebereitstellung. Für die energetische Modernisierung von Mehrfamilien-
gebäuden ist der Einsatz solcher Systeme mit besonderen Herausforderungen und Anforderungen an
die Übergabe der Raumwärme, die Warmwasserbereitung und die Nutzung von Umweltwärme
verbunden. Diese Herausforderungen werden in LowEx-Bestand adressiert.
Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand
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Projekt LowEx-Bestand Analyse
Bericht zu AP 2.1

Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-
Systeme in Mehrfamilienhäusern im Bestand

Stand: 15.12.2019

Autoren: Raphael Vollmer (INATECH), Jeannette Wapler (ISE),
 Dr. Stefan Hess (INATECH)

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH)

Förderkennzeichen: 03SBE0001

www.lowex-bestand.de
Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand
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Kurzfassung

Kurzfassung
Ziel des Arbeitspaktes 2.1 und damit dieses Berichtes ist eine qualitative Potenzialabschätzung der
verschiedenen Wärmequellen bzgl. ihres Einsatzes in Mehrfamilienhäusern (MFH). Zusätzlich werden
die Rechenwege zur Quellen-Dimensionierung für gängige Wärmepumpen(WP)-Typen nach
gebräuchlichen Normen und Richtlinien anhand von Beispielen vermittelt.
Zunächst werden verschiedenste Wärmequellen mithilfe einer umfassenden Literaturrecherche bzgl.
ihres Potentials für den Einsatz im Mehrfamilienhausbestand charakterisiert. Hierbei werden
vorzugsweise technische und regulatorische Aspekte beleuchtet. Für einen quantitativen Vergleich der
einzelnen Quellen miteinander wird mithilfe gängiger Rechenverfahren die Quelle einer
Wärmepumpenanlage für ein Beispielgebäude dimensioniert. Um aus den so ermittelten
Flächenbedarfen eine Potentialabschätzung tätigen zu können, muss der tatsächlich verfügbare Anteil
an Flächen mitsamt seinen Randbedingungen zur Wärmequellennutzung bekannt sein. Zu diesen
Bedingungen gehören beispielsweise die Bodenbeschaffenheiten bei Erdwärmesonden oder
Dachorientierung bei Solarthermie-Systemen.
Aus der beispielhaften Quellendimensionierung für einen Wohnkomplex mit 4 Wohneinheiten, auf einer
Wohnfläche von 356 m² und einem Jahresenergiebedarf von 32.220 kWh, ergibt sich bei den
gegebenen Randbedingungen (vgl. einzelne Berechnungen im Anhang) zum Beispiel ein
Volumenstrom von 4.570 m³/h für eine Außenluft-Wärmepumpe (WP). Eine Grundwasser-
Wärmepumpe benötigt mit 1-2 m³/h zwar nur einen Bruchteil dieses Volumenstromes, jedoch ist die
lokale Verfügbarkeit von Grundwasser als Wärmequelle aufgrund geologischer und rechtlicher
Rahmenbedingungen sehr begrenzt. Entsprechend lassen sich die Quellenarten bzgl. ihrer Effizienz
und Verfügbarkeit wie in Abbildung 1 gezeigt einordnen:

 Abbildung 1: Vergleich von lokaler Verfügbarkeit und Effizienz unterschiedlicher Quellenarten
 nach Viessmann Deutschland GmbH, S. 37

Von Hess et al. (2019) wurde eine Studien zur qualitativen Quellen-Verfügbarkeit im deutschen MFH-
Bestand abhängig vom energetischen Stadtraumtyp, vom Gebäudetyp, von der Art des Untergrunds
und der Art des WP-Systems (mono-energetisch oder bivalent) durchgeführt. Hier zeigte sich, dass in
Reihenhaussiedlungen die Bivalenzpunkte der Anlage (-5 °C oder +2 °C), d.h. der Anteil des durch die
WP gedeckten Gesamtbedarfs und auch der Sanierungsstandard (EnEV 2016 oder anspruchsvollere
Sanierung) für die Beurteilung der Auskömmlichkeit der Freifläche als Quelle einer WP weitgehend
irrelevant sind. Diese Faktoren sind jedoch bei geringer Flächenverfügbarkeit bei Blockrand-Bebauung
oder bei Hochhäusern in City-Bebauung durchaus relevant.
Die qualitative Quellen-Verfügbarkeit im deutschen MFH-Bestand stellt sich wie folgt dar:

  Typische Reihenhaussiedlungen bieten i.d.R. ausreichend Platz um mono-energetische oder
 bivalente Luft- und Erdsonden-WP-Systeme zu installieren. Nur bei diesem Stadtraum-Typ sind
 zumindest für bivalente Systeme oft sogar flache Erdkollektoren möglich.
  In Blockrand-Bebauungen sind Luft-WP in der Regel möglich, Erdsonden oft, aber stark
 abhängig von Grundstücksgröße, Bivalenz-Auslegungspunkt und Bodenart.
  Grundstücke im Innenstadtbereich sind ohne zusätzliche Maßnahmen meist zu klein für die
 Quellen Luft und Erdwärme. Durch Maßnahmen wie z.B. Schallschutzhauben oder Einbau in
 den Dachstuhl können jedoch auch hier i.d.R. zumindest Luft-WP eingesetzt werden.
  Für WP-Systeme im Innenstadtbereich sollten als Quelle photovoltaisch-thermische
 Kollektoren, Mehrquellen-Systeme oder kalte Fernwärmenetze in Betracht gezogen werden.
 V
Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand
Abstract

Abstract
The aim of work package 2.1 and thus of this report is a qualitative assessment of the potential of the
various heat sources with regard to their use in multi-family houses (MFH). In addition, the calculation
methods for source dimensioning for common heat pump (HP) types according to common standards
and guidelines are conveyed by means of examples.
First of all, various heat sources are characterized with the help of a comprehensive literature research
with regard to their potential for use in multi-family housing stock. Preference is given to technical and
regulatory aspects. For a quantitative comparison of the individual sources with each other, the source
of a heat pump system for an example building is dimensioned with the help of common calculation
methods. In order to be able to estimate the potential from the area requirements determined in this
way, the actual amount of available area together with its boundary conditions for heat source utilization
must be known. These conditions include, for example, the ground conditions for geothermal probes or
roof orientation for solar thermal systems.
From the exemplary source dimensioning for a residential complex with 4 residential units, on a living
area of 356 m² and an annual energy demand of 32,220 kWh, the given boundary conditions (cf.
individual calculations in the appendix) result, for example, in a volume flow of 4,570 m³/h for an outdoor
air heat pump (HP). A groundwater heat pump requires only a fraction of this volume flow with 1-2 m³/h,
but the local availability of groundwater as a heat source is very limited due to geological and legal
conditions. Accordingly, the source types can be classified with respect to their efficiency and availability
as shown in Abbildung 2.

 Abbildung 2: Comparison of availability (Verfügbarkeit) and efficiency (Effizienz) of different types of
 heat sources for heat pumps (Viessmann Deutschland GmbH, S. 37)

By Hess et al. (2019), a study on the qualitative source availability in the German MFH stock depending
on the energetic urban space type, the building type, the type of underground and the type of WP system
(mono-energetic or bivalent) was conducted. Here, it was found that in typical row house developments,
the bivalence points of the system (-5 °C or +2 °C), i.e. the proportion of the total demand covered by
the HP, and also the refurbishment standard (EnEV 2016 or more sophisticated refurbishment) are
largely irrelevant for assessing the sufficiency of the open space as a source of a HP. However, these
factors are certainly relevant in the case of low land availability in perimeter block developments or high-
rise buildings in city developments.
The qualitative source availability in the German MFH stock is as follows:

  Typical row house developments usually offer sufficient space to install mono-energetic or
 bivalent air and ground probe HP systems. Only in this type of urban space, even flat ground
 collectors are often possible, at least for bivalent systems.
  In perimeter block developments, air HPs are usually possible, ground probes often, but highly
 dependent on lot size, bivalence design point, and soil type.
  Properties in the inner city area are usually too small for the sources air and geothermal heat
 without additional measures. However, by measures such as sound insulation hoods or
 installation in the roof truss, at least air HPs can usually be used here as well.
  For HP systems in inner city areas, photovoltaic-thermal collectors, multi-source systems or
 cold district heating networks should be considered as well.

VI
Quellen-Verfügbarkeit für Wärmepumpen-Systeme in Mehrfamilienhäusern - LowEx-Bestand
Inhalt

Inhalt

Kurzfassung........................................................................................................................................ V
Abstract ............................................................................................................................................. VI
Inhalt ................................................................................................................................................. VII
Nomenklatur .................................................................................................................................... VIII
1 Einführung ................................................................................................................................. 11
 1.1 Wärmepumpen für Mehrfamilienhäuser ......................................................................... 11
 1.2 Ziele ................................................................................................................................ 12
2 Grundlagen der Auslegung ....................................................................................................... 13
 2.1 Einflussparameter Quelle, Wärmepumpen-Effizienz und Senke ................................... 13
 2.2 Beispielgebäude ............................................................................................................. 15
 2.3 Auslegungsschritte ......................................................................................................... 16
3 Erschließung nach Quellenart ................................................................................................... 17
 3.1 Luft .................................................................................................................................. 17
 3.2 Erdreich .......................................................................................................................... 19
 3.3 Wasser ........................................................................................................................... 28
 3.4 Gebäudehülle ................................................................................................................. 33
 3.5 Quellenkombinationen und Sonderformen..................................................................... 35
 3.6 Entkopplung von Wärmequellenstandort und Gebäude ................................................ 36
4 Quellen-Potential im Mehrfamilienhaus-Bestand ...................................................................... 40
Anhang A: Beispielrechnungen ........................................................................................................ 42
 Rechenbeispiel – Luft-WP ........................................................................................................ 42
 Rechenbeispiel – Sonden-WP.................................................................................................. 45
 Rechenbeispiel – Kollektor-WP ................................................................................................ 63
 Rechenbeispiel – Wasser-WP .................................................................................................. 68
Anhang B: Tabellen zur Einschätzung des Quellenpotentials ......................................................... 75
Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 80

 VII
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Nomenklatur

Nomenklatur

 Abkürzung Bedeutung

 a Jahr

 A Fläche

 aE Temperaturleitfähigkeit

 ARohr Querschnittsfläche Rohr

 B Sondenabstand / Entnahmebreite

 c Strömungsgeschwindigkeit

 cp spez. Wärmekapazität

 dB Rohrdurchmesser (Brunnen)

 di Innendurchmesser

 Es Eskilson Zahl

 H Sondenlänge -/ Bohrlochtiefe

 hF Filterstrecke

 J Joule

 K Kelvin

 kf Durchlässigkeitsbeiwert

 kg Kilogramm

 l Liter / Hydraulischer Gradient

 LAeq Schallpegel am Empfänger

 LEWS Sondenlänge

 LWAeg Schallleistungspegel an der Schallquelle

 m Meter / Erschlossene Grundwassermächtigkeit

 n Effektive Porosität

 Pel Elektrische Leistung WP

 PUP,el Leistungsaufnahme Umwälzpumpe

 Q Richtfaktor (Abstrahlbedingungen)

 Q̇ Wärmeleistung

 qEntzugsleistung Entzugsleistung

 q̇geo Geothermischer Wärmestrom

 Q̇Q Verdampferleistung WP

 q̇Q,Jahr Jahresmittelwert der Sondenbelastung

VIII
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Nomenklatur

q̇Q,Last Spezifische Sondenbelastung

q̇Q,Monat Periodischer Jahresgang

 QRW Netto-Heizwärmebedarf

 QS Gebäudeenergiebedarf

 Q̇S Heizleistung

Q̇S,Jahr Mittlere Wärmeleistung (Jahr gesamt)

 q̇TRT spez. Wärmeleistung Thermal-Response-Test

QTWW Trinkwarmwasser-Wärmebedarf

 QWP Jahresenergiebedarf

 Q̇WP Heizleistung WP

 r Abstand Empfänger  Quelle

 R Retardation

 rb Sonden- / Bohrlochradius

 Rb Effektiver Bohrlochwiderstand

 Re Reynoldszahl

 RJahr Stationärer thermischer Widerstand

 RLast Thermischer Widerstand der Sprungantwort

RMonat Periodischer thermischer Widerstand

 s Sekunde / Absenktiefe des Grundwassers

 su Scheitel der Entnahmeparabel

 t Reale Zeit

 T Temperatur / Transmissivität

 t̂ Einwirkdauer der Spitzenlast

 TAus Austrittstemperatur

 TEin Eintrittstemperatur

TFläche Oberflächentemperatur

 TGW Grundwassertemperatur

 tJahr Stundenanzahl (Jahr gesamt)

 Tm Jahresmitteltemperatur

 tN Norm-Jahresbetriebszeit

 tp Periodendauer

 TRL Rücklauftemperatur

 tRW Stundenanzahl (Raumwärmebedarf)

 IX
Nomenklatur

 ts Physikalische Zeitkonstante

 TU Untergrundtemperatur

 TVL Vorlauftemperatur

 tWP Heizperiode

 tWWP Stundenanzahl (TWW-Wärmebedarf)

 V̇ Volumenstrom

 va Abstandsgeschwindigkeit

 vf Filtergeschwindigkeit

 V̇L Volumenstrom Luft

 α Wärmeübergang

 αL Längsdispersivität

 αT Querdispersivität

 γ Eulerkonstante

 Δp Druckverlust

 ΔT Temperaturdifferenz

 ΔTFB Temperaturdifferenz Fluid und Erdreich

 ΔTTRT Temperaturdifferenz Thermal Response Test

 Δx Tiefe

 ε Leistungszahl WP

 ηUP,el Pumpenwirkungsgrad

 λ Wärmeleitfähigkeit

 λE Wärmeleitfähigkeit Erdreich

 λRohr Rohrreibungszahl

 ν Kinematische Viskosität

 ρ Dichte

 ρE Dichte Erdreich

 ρE*cp,E Volumenbezogene Wärmekapazität

 ∇TG Temperaturgradient

X
1 Einführung

1 Einführung

1.1 Wärmepumpen für Mehrfamilienhäuser
Der fachgerechte Einsatz von Wärmepumpen birgt durch die Nutzung der Umweltwärme für
Einfamilienhäuser (EFH) wie auch MFH ökologische und ökonomische Vorteile. Gerade wenn im
Zusammenhang mit einer Gebäudesanierung ein EnEV-Standard zu erfüllen ist, ermöglicht der Einsatz
von Wärmepumpen einen größeren Spielraum was die einzelnen baulichen Maßnahmen betrifft. So
kann beispielsweise eine Raumwärmebereitstellung mit einer niedrigen Energieaufwandszahl (bspw.
einer WP) eine schlechte Gebäudehülle in der EnEV-Berechnung oder auch im Energieausweis
kompensieren. Auch mögliche Förderkredite können somit leichter agreiert werden (EnergieArgentur
NRW 2007, S. 33).
Trotz dieser Vorteile bleibt der Gebäudebestand das „Sorgenkind der Energiewende“ (Bundesverband
Wärmepumpe 2017):
 „Während die Wärmepumpe in jedem dritten neugebauten Wohngebäude eingesetzt wird, bleibt
 der Erfolg im Gebäudebestand aus – hier liegt der Marktanteil bei unter 5 Prozent.“
 (Bundesverband Wärmepumpe 2017)1
Die Ursache hierfür liegt unter anderem bei den Energiekosten. So kostete ein Liter Heizöl 2016 ca.
0,49 € (Statistisches Bundesamt 2017a) was umgerechnet etwa 0,05 €/kWh für die Endenergie
bedeutet. Strom hingegen lag bei über 0,28 €/kWh (Statistisches Bundesamt 2017b), mit speziellen
Heizstromtarifen auch geringfügig günstiger (bspw. EON mit 0,18-0,27 €/kWh je nach Tarifzeit (Eon
2017)). Die großen Kostenunterschiede sind mitunter auf die Besteuerungspolitik zurückzuführen.
Bei den Absatzzahlen elektr. Kompressionswärmepumpen liegen die Luft/Wasserwärmepumpen 2016
mit fast 70 % Markanteil deutlich vor den Erdgekoppelten-Wärmepumpen mit ca. 30 % (Bundesverband
Wärmepumpe 2017). Die detailliertesten verfügbaren Absatzzahlen datieren aus dem Jahr 2013, in dem
2.800 Grundwasser/Wasser-WP (W/W-WP), 18.500 Sole/Wasser-WP (B/W-WP)2 und etwa 39.000
Außenluft/Wasser-WP (A/W-WP) gegenüber stehen (Appelhans et al. 2014). Entsprechend werden
auch in den nachfolgenden Abschnitten die Wärmequellen sortiert und priorisiert.

 Abbildung 3: Absatzzahlenentwicklung verschiedener WP-Typen (Appelhans et al. 2014)

1 Detailliert ist es ein Marktanteil von 34,0 % bei den neugebauten Ein- und Zweifamilienhäuser und
16 % bei den neu errichteten MFH (Statistik 2016: Wärmepumpen haben sich in Neubauten fest
etabliert 2017)
2 Formal richtig handelt es sich hier stets um ein Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch wie beispielsweise

Ethylenglykol und nicht um eine Salzlösung.
 11
1.2 Ziele

Grundsätzlich können sowohl Kompressions- wie auch Ad- und Absorptionswärmepumpen mit den
gleichen Umweltwärmequellen gekoppelt werden. Einzig die Wärmequellentemperatur der Adsorptions-
WP muss über dem Gefrierpunkt liegen, da die Anlage Wasser als Kältemittel verwendet. Da die
Kompressions-WP die am Weitesten verbreitete Variante darstellt, liegt auch der Fokus der
nachfolgenden Ausführungen auf diesem Gerätetyp.

1.2 Ziele
Das vorliegende Dokument stellt eine Potentialanalyse der Wärmequellen in Abhängigkeit vom
Siedlungs- und Gebäudetyp dar. Geeignete Quellen werden einer aus der Analyse des
Mehrfamilienhaus-Bestandes abgeleiteten Gebäudematrix zugeordnet. Die betrachteten Quellen sind
neben dem Erdreich (Erdkollektoren und Erdsonden), dem Grundwasser und der Außenluft auch Abluft
und Abwasser, sowie solarthermische Kollektoren. Zusätzlich werden weitere Komponenten des
Wärmequellensystems beschrieben wie z. B. Eisspeicher.
Im ersten Schritt gilt es den Begriff der „Potentialanalyse“ näher zu definieren. Das gesamte im Umfeld
eines Mehrfamilienhauses vorhandene Energieangebot wird als theoretisches Potential bezeichnet.
Technisch lässt sich jedoch nur ein Teil davon erschließen – was als technisches Potential beschrieben
wird. Durch Berücksichtigen ökonomischer Randbedingungen ergibt sich daraus dann das
wirtschaftliche Potential. Das letztendlich nutzbare Potential bildet das erschließbare Potential. Hier
werden zusätzlich noch politische Aspekte wie Gesetze oder auch Subventionen beachtet (Schierling
2012, S. 56).

 Abbildung 4: Potentialanalyse in Bezug auf Wärmequellen nach (Schierling 2012, S. 56)

Für die Nutzung einer Quelle für Wärmepumpen-Systeme in LowEx-Bestand ist das erschließbare
Potential von Relevanz. Entsprechend sind die oben genannten Wärmequellen auf mögliche
Entzugsleistungen, Kosten und gesetzliche Limitierungen (vgl. Abbildung 4) zu überprüfen. Aufgrund
inhaltlicher Überschneidungen befindet sich der Teil rechtliche Grundlagen im Abschlussbericht des
Arbeitspaketes 1.3.

12
2 Grundlagen der Auslegung

2 Grundlagen der Auslegung
Bei der einfachen Auslegung einer Wärmequelle gibt es theoretisch drei grundlegende Stellschrauben:
  Höhe des Wärmebedarfes (Senke)
  Effizienz der Wärmepumpe (WP)
  Art bzw. Temperaturniveaus der Wärmequelle (Quelle)

Weitere Einflussmöglichkeiten sind:
  Wärmequelle- / Wärmepumpenanlage mit oder ohne Speicher
  Anzahl der unterschiedlichen Wärmequellen und die jeweiligen Anteile

 Abbildung 5: Einflüsse bei der Wärmequellenauslegung

Mathematisch lässt sich dabei der Zusammenhang zwischen der Quelle, WP und Senke mit folgender
Formel beschreiben:

 ̇ 
 ̇ = ̇ + = ̇ + (1)
 
2.1 Einflussparameter Quelle, Wärmepumpen-Effizienz und Senke
Im nachfolgenden Abschnitt werden die oben erwähnten Einflussmöglichkeiten (vgl. Abbildung 5)
näher erläutert.

2.1.1 Variationen im Energiebedarf (Senke)
Bei der Wärmeversorgung eines Gebäudes gibt es zwei wesentliche Einflussfaktoren auf die Auslegung
einer Wärmepumpenanlage:
 - Wärmemenge (kWh/a)
 - Temperaturniveau (°C)

Die benötigte Wärmemenge für die Raumheizung ist abhängig von den Transmissions- und
Lüftungswärmeverluste, was wiederum von Dämmstandard, Wärmebrücken, Oberflächen-zu-Volumen-
Verhältnis usw. beeinflusst wird. Den Verlusten wirken interne und externe Wärmegewinne durch bspw.
Bewohner oder Glasfassaden entgegen. Zudem ist evtl. die für das Trinkwarmwasser benötigte
Wärmemenge zu berücksichtigen – abhängig davon ob auch die Trinkwarmwasser-Versorgung mit der
WP abgedeckt werden soll. Das Temperaturniveau ist hingegen abhängig von der Art und Auslegung
der Wärmeübertragung im Raum (Fußbodenheizung, Radiator, Konvektor usw.) und von der Art der
Trinkwarmwassererwärmung (TWW), falls diese auch von der WP versorgt werden soll.
Die Heizlastberechnung für ein Gebäude erfolgt bspw. anhand der DIN EN 12831. Der
Energieverbrauch für die Trinkwarmwassererwärmung (TWW-Erwärmung) ist ebenfalls über DIN
Normen (bspw. 4708) oder auch mit Faustformeln (bspw. 50 Liter pro Person und Tag, 500-800 kWh
pro Person und Jahr usw.) abschätzbar.
Abhängig von der Heizlast und dem etwaigen Energiebedarf für die TWW-Erwärmung sowie dem
zugehörigen Temperaturniveau kann dann die Betriebsart und eine WP gewählt werden.
 13
2.1 Einflussparameter Quelle, Wärmepumpen-Effizienz und Senke

2.1.2 Auswahl der Wärmepumpe (WP)
Im Anschluss der Wärmebedarfsbestimmung stellt sich die Frage bzgl. der angestrebten Betriebsart.
Wird die benötigte Wärmemenge vollständig über die WP zur Verfügung gestellt handelt es sich um
eine monovalente Betriebsweise. Für den Fall, dass eine Zusatzheizung mit dem gleichen Energieträger
wie die WP installiert wird ist es eine monoenergetische Betriebsweise. Als Beispiel kann hier der
elektrisch betriebene Heizstab in Kombination mit einer Kompressions-Wärmepumpe aufgeführt
werden. Wird dagegen ein zweiter Wärmeerzeuger verwendet der einen anderen Energieträger als die
WP nutzt ist es eine bivalente Betriebsweise. Die Wahl der Betriebsart ist von unterschiedlichen
Faktoren wie Wirtschaftlichkeit, Quellenleistung und -art, bereits vorhandenem Heizsystem usw.
abhängig und bestimmt welchen Anteil die Wärmepumpe an der totalen Wärmebereitstellung für das
Gebäude übernimmt.
Abhängig von der Leistungszahl ε, auch COP (coefficient of performance) genannt, verändert sich die
zur Deckung eines bestimmten Wärmebedarfs benötigte Quellenleistung. Je höher die Leistungszahl
desto größer der Anteil der Leistung, der aus der Quelle entzogen wird und desto geringer der Anteil,
der aus elektrischer / thermischer Antriebsenergie bereitgestellt werden muss. Einen großen Einfluss
auf den COP hat dabei das Temperaturniveau der Wärmequelle und Wärmesenke. Je höher die
Quellen- und niedriger die Senkentemperatur, desto besser der COP. Dies begünstigt beispielsweise
Flächenheizsysteme wie Fußbodenheizungen (Vorlauftemperatur von ca. 35 °C möglich). Mit dem von
der Wärmepumpe benötigten Wärmebedarf lässt sich dann die Wärmequelle dimensionieren.

2.1.3 Dimensionierung der Wärmequelle (Quelle)
Abhängig von der Art und Nutzung (RW und-/ oder TWW) der Wärmequelle ergeben sich
unterschiedliche Potentiale bzgl. der nutzbaren Umweltwärme. Bei Betrachtung der drei
Hauptwärmequellen1 (Wasser, Erde, Luft) und unter Vernachlässigung der reinen TWW-Bereitstellung,
besitzt bspw. Wasser die höchste durchschnittliche Quellenbetriebstemperatur. Da das
Temperaturniveau der Quelle die thermische Quellenleistung beeinflusst, wirkt es sich auch auf den
Wirkungsgrad des Systems aus. Eine hohe Quellentemperatur erhöht also pauschal die Effizienz der
WP. Jedoch ist das verfügbare Potential bei Wasser durch Gesetze und Vorkommen stark
eingeschränkt (vgl. Abbildung 6). Beim Erdreich spielt hingegen die verfügbare Freifläche um ein
Gebäude und die physikalischen Stoffeigenschaften des Bodens eine wichtige Rolle – allgemein ist die
Verfügbarkeit höher, die Effizienz aber aufgrund der niedrigeren Quellentemperatur schlechter. Im Zuge
der Quellendimensionierung muss nun die in Frage kommende Quelle bzgl. ihrer benötigten Fläche und
Tiefe (Erdreich, Wasser) und- /oder Volumenstromes2 (Luft, Wasser) ausgelegt werden, um den für die
WP benötigen Bedarf zu decken.

 Abbildung 6: Gegenüberstellung Verfügbarkeit und Effizienz von Umweltwärmequellen nach
 (EnergieArgentur NRW 2007, S. 21)

1 Es gibt hier diverse weitere Unterteilungen wie bspw. im Falle von Wasser mit Grundwasser,
Oberflächenwasser (Seen, Flüsse) oder Abwasser. Der Übersichtlichkeitshalben liegt der Fokus aber
auf den drei Hauptquellen.
2 Wird in der Regel jedoch schon von den WP-Herstellern mit angegeben.

14
2 Grundlagen der Auslegung

Thermische Energie besitzt einen niedrigeren Exergieanteil als elektrische Energie. Aufgrund dessen
ist auch die Leistungszahl thermisch angetriebener Wärmepumpen niedriger und folgerichtig wird bei
diesem WP-Typ weniger thermische Leistung aus der Quelle entzogen wodurch diese kleiner
dimensioniert werden kann. Beim Vergleich zwischen einer Kompressions- und einer Absorptions-WP1
benötigt erstere eine ca. 70-80 % leistungsfähigere Quelle als die Absorptions-Wärmepumpe
(Koenigsdorff 2011, S. 60–61).

2.2 Beispielgebäude
In den nachfolgenden Kapiteln wird die Quellenauslegung anhand eines Beispielgebäudes vollzogen.
Dabei handelt es sich um einen Bereich eines MFH Typ E mit 4 WE nach der durch das Institut für
Wohnen und Umwelt (IWU) erarbeiteten Gebäudetypologie (Loga et al. 2015). Nach dem
Zwischenbericht zu AP 1.1 – Systematische Analyse des Gebäudebestandes handelt es sich um
eines der am häufigsten anzutreffenden MFH in Deutschland (Ebert 2019, S. 43).

 Abbildung 7: Möglicher Grundriss und Aussehen eines MFH-E Gebäudes (Ebert 2019; Loga et al.
 2015, S. 36)
Es wird ein Bereich mit 4 Wohneinheiten aus einem zweispännig erschlossenen Gebäude (vgl.
Abbildung 7) mit 4 Vollgeschossen und 4 Treppenhäusern, also 32 Wohneinheiten betrachtet.
Folgende Parameter werden dabei in der Deutsche Wohngebäudetypologie für diesen Gebäudetyp
(32 WE umfassend) im unsanierten Zustand aufgeführt (Loga et al. 2015, S. 110):
 - Anzahl der Wohneinheiten: 4
 - Anzahl der Bewohner pro Wohneinheit: 3
 - Beheizte Gesamtwohnfläche: 356 m²
 - Netto-Heizwärme :
 2 160,5 kWh/(m²a)
 - Trinkwarmwasser3: 16,5 kWh/(m²a)
 - Transmissionswärmetransfer-Koeffizient: 1,91 kWh/(m²a)

Im konventionell sanierten Zustand, sprich die Mindeststandards der EnEV 2014 einhaltend,
verbessert sich der Netto-Heizwärmebedarf von 160,5 auf 74 kWh/(m²a). Der Trinkwarmwasser-
Wärmebedarf bleibt konstant und der Transmissionswärmetransfer-Koeffizient senkt sich auf 0,67
kWh/(m²a).

1 Beispielhafte COP-Werte für den Betriebspunkt W10/W50: Kompressions-WP mit COP = 3,6 und
Absorptions-WP mit COP = 1,5 (Koenigsdorff 2011, S. 60)
2 Jahresheizwärmebedarf des Gebäudes abzüglich der durch die Lüftungsanlage zurückgewonnenen
Wärme (entspricht der Wärmemenge, die von statischen Heizflächen abgegeben werden muss) (Loga
et al. 2015, S. 35).
3 TWW umfasst Speicher- und Zirkulationsverluste (Loga et al. 2015, S. 189).

 15
2.3 Auslegungsschritte

2.3 Auslegungsschritte
Unabhängig von der Art der Quelle erfolgen in diesem Abschnitt die in Kapitel 2.1.1 und 2.1.2 kurz
umrissenen Schritte der Wärmebedarfsbestimmung des sanierten Beispielgebäudes (vgl. Kapitel 2.2)
und der daraus resultierenden WP-Auswahl. Dabei werden diverse Vereinfachungen getroffen:
 - Annahme einer monovalenten Betriebsweise (Abschätzung der max. Last) – im Falle eines
 bivalenten Betriebes müsste die Last im Bivalenzpunkt1 berechnet werden
 - Standardanlagensystem ohne besondere Speicherkapazitäten
 - Abschätzung der Heizlast aus Jahresheizwärmebedarf

Schritt 1): Senken-Berechnung

Energiebedarf für das Gebäude (Senke) für Raumwärme und Trinkwarmwasser: 
 ℎ ℎ ℎ
 = + = 74 2
 ∗ 356 2 + 16,5 2 ∗ 356 2 = 32.220
 
Schritt 2): WP-Berechnung

Bei einer monovalenten WP-Auslegung, muss die Heizleistung der WP stets größer als die Heizlast des
Gebäudes sein. Die Heizlast kann mit nachfolgender Formel vereinfachend abgeschätzt werden:

 Φ = ∑ (Θ − Θ ) + ∑ (Θ − Θ )

Der Transmissionswärmetransfer-Koeffizient HT liegt für das in Kapitel 2.2 definierte Beispielgebäude
im sanierten Zustand bei 0,67 W/(m²K) (Loga et al. 2015, S. 111). Die Norm-Außentemperatur Θext bei
-12 °C und die Norm-Innentemperatur bei 20 °C. Der Lüftungswärmeverlust-Koeffizient HL berechnet
sich über das Produkt aus dem Raumvolumen V2, der Luftwechselrate n (hier: 0,4 h-1), der Dichte ρL
sowie der spez. Wärmekapazität cp,L der Luft zu:
 ℎ 1 ℎ 
 = ∗ ∗ 0,34 3
 = 356 2 ∗ 2,5 ∗ 0,4 ∗ 0,34 3 = 121
 ℎ 
Insgesamt ergibt sich für die Heizlast folgender Wert:3
 
 Φ = ( ∑ 0,67 ∗ 356 2 + ∑ 121 ) ∗ 32 = 11,5 
 2 
Die WP muss also eine Heizleistung von mindestens 11,5 kW aufweisen.

1 Punkt der abhängig von der Außentemperatur ist und ab der sich die Zusatzheizung ein- (Alternativ-
Betrieb) / zuschaltet (Parallel-Betrieb), um den für das Gebäude erforderlichen Wärmebedarf zu
gewährleisten.
2 Raumhöhe von 2,5 m (Loga et al. 2015)

3 Es wird angenommen, dass das TWW nicht zeitgleich zur Raumwärme bereitgestellt wird. Bei 12

Personen und 35 l pro Person und Tag sowie einem Temperaturhub von 10 auf 50 °C (SIA 384/6, S.
54) würden 19,5 kWh zur TWW-Bereitstellung benötigt werden ( = ∗ ∗ Δ ).
16
3 Erschließung nach Quellenart

3 Erschließung nach Quellenart
Im nachfolgenden Abschnitt werden die Quellen in Anlehnung an Abbildung 4 in die technische Nutzung
und ihre Erschließbarkeit unterteilt und beschrieben. Im Anhang finden sich noch weitere Daten zu den
Erschließungskosten und Auslegungsberechnungen.

3.1 Luft
Die am einfachsten zu erschließende Wärmequelle stellt die Außenluft dar. Sie ist überall vorhanden
und mit einfachen Mitteln nutzbar. Gerade im Zuge von Sanierungen oder in stark versiegelten Gebieten
(hier: mit einer hohen Bebauungsdichte) könnte diese Quelle trotz ihrer niedrigeren Effizienz einen
Vorteil gegenüber Wasser und Erdreich haben.

3.1.1 Außenluft
Durch die überall in unbegrenzten Mengen vorhandene Außenluft und den wirtschaftlichen Vorteilen bei
der Investition gewinnt sie als Wärmequelle für WP immer mehr an Bedeutung.
 Tabelle 1: Pro- und Contra der Außenluftnutzung nach Bongs und Cube (Bongs et al. 2013, S. 76;
 Cube 1977, S. 175)

 Vorteile Nachteile
 - Beste örtliche Verfügbarkeit - Starke jahreszeitliche Schwankungen
 - Geringe Investitionskosten - Geringste Effizienz im Winter
 - Hohe Effizienz im Sommer - Geringe Wärmekapazität der Quelle hat
 - Genehmigungsfrei erhöhten Volumenstrom zur Folge1 (Lärm)
 - Abtau- und Kondenswasser-Problematik (Lärm
 und Effizienzeinbußen)
 - Verschmutzung möglich

Neben der unbegrenzten Menge der Außenluft gibt es auch keine thermische Rückkopplung der Quelle.
Prinzipiell steht hierdurch mit der Außenluftwärmequelle eine unbegrenzt große Energiemenge zur
Verfügung, welche auch keiner Genehmigung zur Nutzung bedarf (Tiator und Schenker 2007, S. 108).
Jedoch müssen Aufgrund der geringen volumetrischen Wärmekapazität und der niedrigen
Temperaturdifferenz2 zwischen Ein- und Austritt des Verdampfers hohe Volumenströme gefördert
werden. Entsprechend groß muss die Verdampfereinheit (Wärmeübertrager (WÜ) und Ventilator)
dimensioniert werden. In der Größenordnung von 10 kW Heizleistung ist mit ca. 2 m Aufstellfläche zu
rechnen.
Bei der Außenluft-WP gibt es neben der kompakten Bauweise mit einer Innen- oder Außenaufstellung
auch eine sogenannte Split-Bauweise. Hierbei wird der Verdampfer aus der Wärmepumpe ausgelagert
und kann alleinig im Freien mit einigen Metern Abstand von der WP aufgestellt werden (Bongs et al.
2013, S. 76; Ochsner 2009, S. 77).
Vorteile einer Innenaufstellung:
 - Schutz vor Witterungseinflüssen
 - Schutz vor Frost bei Stromausfall
 - Tendenziell geringere Geräuschprobleme mit Nachbarn

1Bei großen Volumenströmen müssen die Querschnitte des Ventilators, Luftkanäle usw. entsprechend
groß ausgelegt werden, um Strömungsgeräusche durch erhöhte Geschwindigkeiten zu vermeiden.
2 Gilt nicht bei reinen TWW-WP die 50% ihrer Zeit im Sommerhalbjahr und damit bei hohen

Quellentemperaturen arbeiten, sondern für Systeme mit RW und mit oder ohne TWW.
 17
3.1 Luft

Vorteile einer Außenaufstellung:
 - Keine Luftzuführkanäle notwendig
 - Freie Anströmung ermöglicht Einsatz leiser Axialventilatoren
 - Hoher Grad der Vorfertigung (nur Anbindung der Heizungsleitung nötig)

Bei Heizsystemen mit einer Luftwärmepumpe liegt bei niedrigen Außenlufttemperaturen eine starke
Divergenz zwischen der Heizleistung der WP und dem Heizwärmebedarf des Gebäudes vor. Der größte
Heizleistungsbedarf besteht also dann, wenn die Quellentemperatur am geringsten ist und somit auch
die Effizienz der Wärmepumpe (Baumann et al. 2007, S. 46).

 Abbildung 8: Beispielhafter Verlauf von Gebäudewärmebedarf und WP-Heizleistung

Aus diesem Grund hat eine monovalente Betriebsweise (hier: nur WP als Heizsystem) eine starke
Überdimensionierung der Anlage in weiten Teilen des Jahres zur Folge. Im Falle von nicht
modulierenden1 Wärmepumpen führt dies zu Effizienzeinbußen durch kurze An-Ausschaltintervalle zu
Zeitpunkten, in denen weniger Energie benötigt wird als im Auslegungsbereich der WP vorgesehen ist.
Entsprechend wird in der Realität das Heizungssystem meist als monoenergetisches (nur eine Art der
Energie wird verwendet - hier: Strom) ausgeführt und eine zusätzliche Widerstandsheizung (Heizstab)
für die Spitzenlasten verwendet (Bongs et al. 2013, S. 74).
Ein weiteres Problem mit der Quelle Außenluft ist die Thematik der Taupunkt-Unterschreitung. Durch
die Abkühlung der Luft am Verdampfer kann es zu dieser Unterschreitung kommen und Wasser
kondensiert aus. Bei Temperaturen an der Oberfläche des Verdampfers unter 0 °C vereist dieses
Wasser auf den Lamellen des Wärmeübertragers und verschlechtert den Wärmeübergang. Zusätzlich
wird der Querschnitt verringert und damit der elektrische Energieaufwand des Ventilators erhöht. Mithilfe
von elektrischen Enteisungsfunktionen2 kann die Luftwärmepumpe jedoch im Temperaturbereich
zwischen +5 und -3 °C betrieben werden, wo mit Eisbildung zu rechnen ist (Schellhorn 2015). Jedoch
wirkt sich der zusätzliche Energieaufwand negativ auf die Effizienz der WP-Anlage aus (Tiator und
Schenker 2007, S. 110). Bei den Herstellerangaben wird dies bereits im COP bei den Betriebspunkten
-7/35 und meist auch bei 2/35 berücksichtigt. Bei tiefen Temperaturen wie bspw. -15 °C ist der
Feuchtegehalt der Luft gering und ein Abtauprozess nicht nötig. Die limitierende Temperatur für eine
Luft-WP wird durch das Druckverhältnis im Kältekreislauf definiert.

1An-Aus Betriebsweise ohne Möglichkeit einer Anpassung der Heizleistung an den Wärmebedarf
2Neben der selten genutzten direkt-elektrischen Heizung gibt es auch Verfahren welche elektrische
Energie indirekt verwenden wie bspw. Heißgasabtauung (Heißgas nach Kompressionsvorgang über
Verdampfer statt Verflüssiger geleitet), Prozessumkehr (Umdrehung des Kältekreislaufes: Kondensator
wird zu Verdampfer und umgekehrt), Heizungswasser (Wasser aus Heizkreislauf wird über
Wärmeübertrager genutzt) (Schellhorn 2015).
18
3 Erschließung nach Quellenart

Um das Gebäude aus Abschnitt 2.2 mit Raumwärme und Trinkwarmwasser monovalent zu versorgen,
müssten bei einer angenommen Außentemperatur von 2 °C ca. 8.930 m³/h Luft befördert werden (vgl.
Rechenbeispiel – Luft-WP, Seite 42). Die hierfür exemplarisch verwendete A/W-WP mit Split-Bauweise
hätte einen Schallleistungspegel von 67 dB(A) beim Außen- und 42 dB(A) beim Innenteil.

3.1.2 Ab- /Raumluft
Als Alternative zur stark saisonal schwankenden Außenluft, kann auch die relativ konstante und ca. 20-
22 °C warme Ab- /Raumluft eines Gebäudes als Quelle genutzt werden (Baumann et al. 2007, S. 49).
Die konstante Quellentemperatur ist vor allem im Winter ein Vorteil gegenüber einer
Außenluftwärmepumpe. Von Nachteil ist hingegen, dass die Ab-/Raumluft nur in einem begrenzten
Maße zur Verfügung steht.
Von technischer Seite aus gesehen gibt es unterschiedliche Konzepte zur Integration einer solchen
Wärmepumpe.

Umluft-WP:
Die erste Variante nutzt die Raumluft als Quelle und entzieht die Wärme direkt aus dem jeweiligen
Aufstellraum, kühlt diesen damit ab und entfeuchtet ihn gleichzeitig (Ausfall des Kondenswassers). Ein
mögliches Aufstellungsszenario wäre beispielsweise ein Abstellraum im Keller, ein
Wäschetrocknungsraum oder eine Tiefgarage. Da hierbei dem Gebäude Wärme entzogen wird, ist eine
Aufstellung außerhalb der thermischen Hülle sinnvoll. Die Nutzung der Raumluft spielt üblicherweise
nur als Quelle für Brauchwasser-Wärmepumpen eine Rolle.

Abluft-WP:
Die zweite Variante entspricht dem Prinzip einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG). Die
Luft wird gezielt den Räumen wie Küche, Bad und WC entzogen und über einen Verdampfer geführt,
wodurch die Abluft des Gebäudes abgekühlt wird. Der leichte Unterdruck der hierdurch entsteht, zieht
frische Außenluft über Außenwanddurchlässe in das Gebäude nach. Die Quellentemperatur der WP
entspricht somit der Zimmertemperatur. Häufig werden solche WP für die TWW-Bereitung verwendet
(Bongs et al. 2013, S. 77).

Zu- und Abluft WP:
Im Falle einer zentralen Zu- und Abluftanlage ist es üblich die Zuluft über einen Wärmeübertrager mit
der Abluft vorzuwärmen. Die bereits abgekühlte Fortluft kann über den Verdampfer einer WP noch
weiter abgekühlt werden – vor allem durch die Nutzung der Kondensationswärme der feuchten Abluft
(Baumann et al. 2007, S. 50). Durch die kühleren Quellentemperaturen im Vergleich zu einer Abluft-WP
fällt der COP der WP in der Regel niedriger aus (Bongs et al. 2013, S. 78). Nichtsdestotrotz ist dies eine
bewährte Technik bei gut gedämmten Häusern wie beispielsweise im Falle von Passivhäusern.

3.2 Erdreich
Vom inneren Kern der Erde mit ca. 5000 °C1 bis zur Erdkruste mit einer mittleren weltweiten
bodennahen Lufttemperatur von ca. 14,5 °C nimmt die Temperatur stetig ab. Der geothermische
Temperaturgradient beträgt im oberflächennahen Bereich im Durchschnitt etwa 3 K pro 100 m, lokal
kann sich dieser Wert jedoch stark ändern. So liegt im Oberrheingraben der Wert bspw. bei bis zu 10 K
pro 100 m. Der durch das Temperaturgefälle entstehende geothermische Wärmestrom liegt im

1 Entsteht aus Gravitationswärme und Wärme aus dem Zerfall radioaktiver Isotope
 19
3.2 Erdreich

Durchschnitt bei etwa 0,065 W/m² (Spannweite zwischen 0,05 und 0,12 W/m²) (Koenigsdorff 2011, S.
16–19).
 Δ 30 
 ̇ = ∗ = −2,1 ∗ = 0,063
 Δ −1000 ²
Die thermischen Kenndaten des Untergrundes entscheiden sich dabei Abhängig von der Gesteinsart
und Zusatzfaktoren wie bspw. einer Grundwasserströmung.
 Tabelle 2: Thermische Kenndaten des Untergrundes (Koenigsdorff 2011, S. 19)

 Boden ρE [10³ kg/m³] λE [W/(mK)] ρE*cp,E [MJ/(m³K)]

 Sand, trocken 1,2 - 1,7 0,3 - 0,8 1,3 - 1,6

 Sand, feucht 1,6 - 2,2 1,7 - 5,0 2,2 - 2,9

 Kies, trocken 1,5 - 1,8 0,4 - 0,5 1,4 - 1,6

 Kies, feucht 2,2 1,8 2,4

 Mergelstein 2,3 - 2,6 1,8 - 2,9 2,2 - 2,3

 Kalkstein 2,4 - 2,7 2,0 - 3,9 2,1 - 2,4

 Dolomitstein 2,4 - 2,7 3,0 - 5,0 2,1 - 2,4

 Quarzit 2,5 - 2,7 5,0 - 6,0 2,1

Im oberflächennahen Bereich (ca. 0 bis 10 m Tiefe) ist der Temperaturverlauf des Erdreiches von der
solaren Einstrahlung und somit auch von der Außenlufttemperatur und den Niederschlägen geprägt.
Der Jahresgang der Bodentemperatur ähnelt dem der Lufttemperatur (vgl. Abbildung 9), jedoch ist die
Amplitude gedämpft und die Sinusfunktion leicht verschoben. Der geothermische Wärmestrom mit
0,065 W/m² ist gegenüber der globalen solaren Einstrahlung von 168 W/m² vernachlässigbar
(Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik).

 Abbildung 9: Jahresgang der Erdreichtemperatur nach (Koenigsdorff 2011, S. 20)
20
3 Erschließung nach Quellenart

Der solare Einfluss wird jedoch mit zunehmender Tiefe geringer und ab 10 m unterhalb der
Erdoberfläche liegt eine nahezu konstante Temperatur vor, welche im Bereich der
Jahresmitteltemperatur der Außenluft liegt (Cube 1977, S. 177). Ab Tiefen von ca. 20 m, abhängig von
der Eindringtiefe des solaren Einflusses, spielt auch der geothermische Wärmefluss auf die Temperatur
im Erdreich eine Rolle. Dazwischen, also etwa 10-20 m Tiefe, liegt die sogenannte neutrale Zone (VDI-
Richtlinie 4640, S. 9). Hier schwankt die Temperatur um nicht mehr als 0,1 K (Koenigsdorff 2011, S.
23).
Im Untergrund erfolgt der Wärmetransport durch Wärmeleitung und Konvektion. Für die Wärmeleitung
sind dabei die Wärmeleitfähigkeit λ [W/(mK)] und Temperaturleitfähigkeit α [m²/s] von Relevanz. Bei der
Konvektion sind die hydraulische Leitfähigkeit und der durchflusswirksame Hohlraumanteil wichtig. Für
die Speicherung der thermischen Energie ist die Wärmekapazität verantwortlich (VDI-Richtlinie 4640,
S. 8).
In mathematischen Modellen zur Abbildung des Untergrundes spielen folgende drei, vom Feuchtegrad
abhängige, Größen eine Rolle (Cube 1977, S. 177):
 - Wärmeleitung
 - Wärmekapazität
 - Dichte
Anlagen die das Erdreich als Quelle nutzen sind, im Gegensatz zu Wasser-WP, ein System mit
thermischer Rückwirkung, vergleichbar mit einem Speicher der entladen (Wärmeentzug) und geladen
(Wärmeeinspeisung) werden kann. Die Höhe der Entzugsleistung und der zeitliche Verlauf des
Wärmeentzuges sind also als „Vorgeschichte“ von Relevanz für den Ist-Zustand. Die Regeneration des
Erdreiches erfolgt sehr langsam. Wird dem Untergrund erneut Wärme entzogen, bevor sich der
Ursprungszustand (ungestörte Erdreichtemperatur) eingestellt hat, sinkt die mittlere Betriebstemperatur
Heizsaison für Heizsaison ab, bis sich nach einigen Jahren ein Gleichgewicht der Anlage eingestellt hat
(Koenigsdorff 2011, S. 88). Bei falscher Auslegung der Anlage führt dies zu einer vollständigen
Vereisung der Sonde / Kollektor.

 Tabelle 3: Pro- und Contra der Erdreichnutzung nach Cube (Cube 1977)

 Vorteile Nachteile
 - Geringere Wartungskosten - Wärmequellenerschließung aufwendiger
 - Lebensdauer der Sonden / Kollektoren als bspw. bei A/W-WP
 (> 20 a) - Teilweise genehmigungspflichtig
 - Geringe Abkühlung der Quelle im
 Heizbetrieb

3.2.1 Erdwärmesonde
Prinzipiell sind Erdwärmesonden (EWS) nichts anderes als „[…] Wärmeübertrager, die vertikal oder
schräg in den Untergrund eingebracht werden.“ (VDI-Richtlinie 4640, S. 4). Die Wärme wird dabei aus
dem Untergrund mittels eines Wärmeträgerfluides aufgenommen und im Verdampfer der Wärmepumpe
wieder abgegeben.
Bei der Form der Sonde kann zwischen Koaxial und U-Sonden unterschieden werden (vgl. Abbildung
10). Die Koaxialsonde ist eine Art "Rohr-in-Rohr" Sonde. Dabei fließt das Wärmeträgermedium von der
Wärmepumpe im äußeren Rohr nach unten, erwärmt sich und steigt im inneren Rohr aufgrund des
Pumpendruckes wieder zur Wärmepumpe auf. Der große Nachteil der Koaxialsonden ist die starke
energetische Interaktion zwischen Vor- und Rücklauf und dem damit verursachten thermischen
Kurzschluss. Bei U-Sonden sind die gegenseitigen Beeinflussungen zwischen Vor- und Rücklauf durch
den vergrößerten geometrischen Abstand beider Rohre zueinander geringer.

 21
3.2 Erdreich

Da die eine EWS dem Prinzip eines Wärmeübertragers folgt, ist die Entzugsleistung von folgenden
Parametern abhängig (Koenigsdorff 2011, S. 84) :
 - Temperaturdifferenz zwischen Wärmeübertragerfluid und Erdreich
 - Volumenstrom des Wärmeübertragerfluids
 - Übertragungsfläche

Generell ist die Temperaturdifferenz bei Sonden zwischen Ein- und Austritt gering. Als Richtwert wird
oftmals 3 K angegeben (Koenigsdorff 2011, S. 94). Die minimale Eintrittstemperatur wird durch die VDI-
Richtlinie festgelegt, welche eine maximale Temperaturdifferenz zwischen Medium und ungestörter
Erdreichstemperatur im Wochenmittel mit ± 11 K und in Spitzen mit ± 17 K angibt (VDI 4640 Blatt
2:2001, S. 15). Mit einer durchschnittlichen Erdreichstemperatur von ca. 10 °C (vgl. GeoHand, S. 56)
ergibt sich somit ein Eingangstemperaturbereich von mindestens -7 °C bis -1 °C.
Die Beeinflussung der Entzugsleistung durch eine Veränderung des Volumenstromes kann entweder
durch eine Variierung der Anzahl an parallel geschalteter Sonden (Annahme: Grundfläche für EWS
bleibt konstant) oder durch eine veränderte Strömungsgeschwindigkeit erreicht werden. Für eine
Vergrößerung der Entzugsleistung würden bei der ersten Variante durch die Zusatzbohrungen die
Investitionskosten erhöht werden. Bei der zweiten Variante würden sich dagegen die Betriebskosten
durch einen übermäßig ansteigenden Druckverlust vergrößern. Aus diesen Gründen werden in der
Regel Doppel-U-Sonden bevorzugt, da hier der zweifache Volumenstrom pro Bohrung genutzt werden
kann (Loose 2009, S. 48–50).
Das Material der Erdwärmesonden ist meistens Polyethylen (VDI 4640 Blatt 2:2015, S. 18). Die
Bohrtiefen liegen in etwa zwischen 50-150 m (Koenigsdorff 2011, S. 79) und der Außendurchmesser
der Rohre zwischen 0,032 und 0,04 m (Koenigsdorff 2011, S. 108) bzw. 0,025 bis 0,04 m (VDI 4640
Blatt 2:2001, S. 23).

 Abbildung 10: Bauarten von Erdwärmsonden nach (VDI 4640 Blatt 2:2001, S. 23)

Eine Spezialform der Erdwärmesonde stellt das Wärmerohr (Heat Pipe) dar, welches aus einem
geschlossenen, zweiphasigen System besteht. Das Wärmeträgermedium fließt in flüssiger Phase an
der Innenseite der Rohrwandung in die Tiefe, nimmt Wärme auf und verdampft dabei. Die dampfförmige
Phase steigt in der Mitte auf und gibt seine Energie im Wärmeübertrager (Kondensator) des
Sondenkopfes an den Kältemittelskreislauf der WP ab (Zilch et al. 2013, S. 1686). Wegen seiner
physikalischen und chemischen Eigenschaften kommt als Arbeitsmedium im Wärmerohr vor allem
Kohlenstoffdioxid in Frage. Der große Vorteil der Wärmerohre ist neben einem möglichen Einsatz in
Wasserschutzgebieten (vgl. Projekt Karlsruhe-Rintheim (Müller et al. 2012)) auch der Betrieb ohne
zusätzliche Fördertechnik und somit einem reduzierten Energie- und Wartungsaufwand. Jedoch können
Wärmerohre aufgrund der physikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht zum Kühlen verwendet werden
(Zilch et al. 2013, S. 1687). Ein weiterer Nachteil von CO2-Sonden sind die hohen Investitionskosten
aufgrund von Kupfer, teilweise Edelstahl, als Material für die Sonden. Das deutlich günstigere
Polyethylen von U-Sonden ist wegen seiner fehlenden Diffusionsdichtigkeit und Druckbeständigkeit
gegenüber CO2 ungeeignet (Wenzel 2007).
Nachfolgende Abbildung 11 stellt schematisch die Hydraulik eines EWS-Feldes und einer WP mitsamt
den wichtigsten Kenngrößen dar. Abbildung 12 zeigt ein Bohrgerät zum Einbringen der EWS im
Erdreich.

22
3 Erschließung nach Quellenart

 Abbildung 11: Schematische Hydraulik einer EWS mit wichtigen Kenngrößen

 Abbildung 12: Bohrverfahren zum Einbringen einer EWS (Erdwärmesonde 2017)

Die Wärmeübertragung bei Sonden ist abhängig vom effektiven Bohrlochwiderstand Rb, der angibt:
 „[…] welche Wärmeleistung pro Meter Bohrlänge und Kelvin Temperaturdifferenz zwischen dem
 Mittelwert der Fluidtemperatur in der Sonde und der Erdreichtemperatur am Bohrlochrand
 übertragen wird.“ (Koenigsdorff 2011, S. 84)

 Δ = ∗ (3)

ΔTFB entspricht also der Temperaturdifferenz zwischen dem Mittelwert der Fluidtemperatur und der
Erdreichstemperatur am Bohrlochrand.

 23
3.2 Erdreich

Der Bohrlochwiderstand hängt von folgenden Parametern ab (Koenigsdorff 2011, S. 105):
 - Geometrie (Sondendurchmesser und –tiefe sowie Rohrabstände)
 - Material (Sonden- und Verfüllmaterial (i. d. R. Betonit mit 0,6-2 W/(mK))
 - Fluid (Stoffdaten und Volumenstrom)
Beim Verpressen der Sonde ist daher darauf zu achten, dass Lufteinschlüsse verhindert werden und
das Füllmaterial eine hohe Wärmeleitfähigkeit besitzt. Gute Werte für Rb liegen zwischen 0,05 und
0,1 mK/W (Loose 2009, S. 52).
In der Praxis kann der Bohrlochwiderstand über einen sogenannten Thermal Response Test (TRT)
ermittelt werden. Hierbei wird eine konstante Wärmeleistung Q̇TRT in das Bohrloch geleitet und dabei
der Volumenstrom V̇, die Vor- (TVL) und Rücklauftemperatur (T RL) sowie die ungestörte
Untergrundtemperatur TU gemessen. Hieraus lässt sich dann der Bohrlochwiderstand Rb bestimmen
(Loose 2009, S. 54):
 2 
 = ∗ Δ (4)
 ̇ 

Zur Berechnung der spezifischen Wärmeleistung q̇TRT werden außer den gemessenen Größen V̇, TVL
und TRL auch noch die Stoffeigenschaften des Mediums (Dichte ρ, Wärmekapazität c p) sowie Tiefe H
der Sondenbohrung benötigt:

 ̇ ∗ ∗ ̇ ∗ Δ 
 ̇ = = (5)
 
Die Temperaturdifferenz ergibt sich wie folgt:
 − 
 ΔTTRT =
 − (6)
 ln ( )
 − 

Bei der Auslegung der Rohrquerschnitte gilt es die Balance zwischen einem niedrigen Druckverlust und
einer hohen Wärmeübertragungsrate zu halten. Während eine turbulente Strömung (Re > 2.320) einen
sehr guten Wärmeübergang besitzt, liegt der Vorteil einer laminaren Strömung (Re ≤ 2.320) im geringen
Druckverlust. Für ein gesamtenergetisches Optimum werden die Rohrquerschnitte entsprechend auf
eine leicht turbulente Strömung ausgelegt. Die Reynoldszahlen liegen hierbei zwischen 2.320 – 3.000
(Koenigsdorff 2011, S. 98; VDI 4640 Blatt 2:2015, S. 32). Für die zuvor angegebenen Durchmesser von
Sondenrohre1 ergibt sich mit der Annahme von Re = 2700 und ν = 3,7*10-6 m²/s ein Volumenstrom
zwischen 0,7 (DN 32) und 1 m³/h (DN 40).
Aus ökonomischen Gründen werden die EWS oft so ausgelegt, dass die Temperaturen des
Wärmeträgermediums in der Kernheizperiode auch deutlich unter 0 °C fallen können. Daher kommt als
Wärmeträgermedium in der Regel ein Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch der WGK 1
(Wassergefährdungsklasse) wie Ethylenglykol zum Einsatz. Dies ist jedoch nur außerhalb von
Wasserschutzgebieten erlaubt (Umweltministerium Baden-Württemberg, S. 9).

Für das Gebäude aus Abschnitt 2.2, mit einem Jahres-Wärmebedarf von 32.220 kWh, würden bei einer
angenommenen Wärmeleitfähigkeit des Bodens von λ = 3 W/(mK)2 je nach Rechenverfahren (vgl. Seite
45) zwischen 85-95 m à 3 Sonden (VDI 4640) und 85 m à 4 Sonden (GeoHand) benötigt werden.

1 Mit einem Außendurchmesser von 0,032 bzw. 0,04 m ergibt sich bei einer Wandstärke von 3,0 mm
ein Innendurchmesser von 0,026 bzw. 0,034 m.
2 Für Einordnung der Wärmeleitfähigkeit vgl. Tabelle 2 mit den therm. Kenndaten des Untergrundes

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