Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober

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Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
Rauchen und Passivrauchen
     http: www.zaum-online.de/lectures/overview.html

   Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
      Fachtoxikologe (DGPT, EUROTOX)

    ZAUM – Zentrum Allergie und Umwelt
      Technische Universität München
Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
Rauchen in Deutschland
       (Zahlen für das Jahr 2010)
       (Quelle: Statistisches Bundesamt u.a.)

30 % der Erwachsenen rauchen:
   - 35 % der Männer
   - 27 % der Frauen

Täglicher Konsum > 20 Zigaretten:
 - 8 % der 18-20-jährigen und
 - 39 % der 60-64-jährigen
   Raucher
Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
Ausgaben für (versteuerten) Tabak:
   21 Milliarden EUR

Einnahmen durch Tabaksteuer:
   14,5 Milliarden EUR

Kosten für medizinische Behandlung:
   8,7 Milliarden EUR

Indirekte Kosten:
    25 Milliarden EUR
Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
Wirkungen des Nikotins
bindet an nikotinische Acetylcholinrezeptoren
im Gehirn und in anderen Organen
führt zur Freisetzung von Dopamin
wirkt anregend
verbessert Konzentrations- und Lernvermögen
ermöglicht bessere Kontrolle von Ängsten
reduziert Hungergefühl
verändert Rezeptorempfindlichkeit und –dichte
(u.a.)
Nikotin = Suchtmittel
Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
Symptome des Nikotinentzugs

   Gereiztheit
   Nervosität, Ruhelosigkeit
   Konzentrationsschwäche
   Müdigkeit
   Schlaflosigkeit
   Appetitsteigerung
   heftiges Verlangen nach Nikotin
Rauchen und Passivrauchen - Priv.-Doz. Dr.rer.nat. Wolfgang Schober
Gro Harlem Brundtland,
als Generaldirektorin der WHO:

„Eine Zigarette ist ein Euphemismus
für ein clever konzipiertes Produkt,
das genau die Menge Nikotin abgibt, um
den Konsumenten sein Leben lang
abhängig zu halten, bevor es ihn umbringt.“

                   (Quelle: Süddeutsche Zeitung)
Die Risiken des Rauchens

Weltweit:
 Im Jahr 2000 starben ca. 5 Millionen Menschen
 (~14 000 pro Tag) an den direkten Folgen des
  Rauchens; Tendenz stark steigend

Deutschland 2007:
 ~ 110 000 Menschen (ca. 300 pro Tag)
    = 13 % aller Todesfälle
   Von 1950-2011 sind in Deutschland über
   6 Millionen Menschen am Tabakkonsum
   gestorben.
Vermeidbare Todesfälle
      in Deutschland

Verkehrsunfälle   ~   3700
Infektionen       ~ 30 000
Alkohol           ~ 70 000
Fehlernährung     ~ 100 000
Rauchen           ~ 110 000

                   (verschiedene Quellen)
Die Risiken des Rauchens (2)

Todesfälle als Folge des Rauchens in Deutschland
                                  Zahlen für 1990
                         Männer       Frauen      gesamt
an Krebs                 39 000        4 400        43 400
   davon Lungenkrebs     25 000        3 400        28 400
an Herz-Kreislauf-       31 000        6 300        37 300
   Erkrankungen
an Erkrankungen des      15 800        3 800        19 600
   Respirationstraktes
an anderen Krankheiten   10 100        2 000        12 100

             insgesamt   95 500       16 500      112 400
                                         (Peto & Lopez, 1994)
Die Risiken des Rauchens (2)

Todesfälle als Folge des Rauchens in Deutschland
                                  Zahlen für 2008
                         Männer       Frauen    gesamt
an Krebs                 39 000        4 400        43 400
   davon Lungenkrebs     25 000        12 000       28 400
an Herz-Kreislauf-       31 000        6 300        37 300
   Erkrankungen
an Erkrankungen des      15 800        3 800        19 600
   Respirationstraktes
an anderen Krankheiten   10 100        2 000        12 100

             insgesamt   95 500       16 500    112 400
Tabakrauch
enthält > 4000 identifizierte chemische Verbindungen.
Davon sind ca. 60 eindeutig krebserzeugend beim
Menschen oder beim Tier, z.B.
       Nitrosamine
       polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
       Benzol (g Leukämien)
       aromatische Amine (g Blasenkrebs)
       Formaldehyd
       Schwermetalle
       radioaktives Polonium-210
Die Schadstoffe sind in der Tabakpflanze enthalten oder
entstehen beim Herstellen oder Rauchen des Tabaks.
Nikotin und Krebs
  keine Initiatorwirkung (nicht mutagen)
aber:
   Fermentierung des Tabaks führt zur Entstehung
   hochmutagener Nitrosierungsprodukte
   (Nitrosonornikotin (NNN), Nikotin-Nitrosaminoketon (NNK))
   auch endogene Nitrosierung?
   Bindung von Nikotin und NNK an nikotinische
   Acetylcholinrezeptoren stimuliert Signalwege
   (über Katecholaminausschüttung), die die
   Krebsentstehung fördern (Tumorpromotion)
        (siehe z.B. Schuller, Nature Reviews Cancer 9:195 (2009)
Krebsmortalität in den USA 1930-2005
                             (alterskorrigiert)
Häufigkeit
pro 100 000                         Männer
                                          Lunge & Lunge
                                          Bronchien

                    Magen                                                     Prostata
                                                       Prostata
                                             Kolon und Rektum
                Magen                 Kolon &
                                      Rektum

                                                                         Pankreas
                                                        Pankreas
                        Leukämie
                         Leukämie      Leber
                   Leber

                                                   Quelle: American Cancer Society 2009
Zigarettenkonsum und Lungenkrebsmortalität
                                          USA, 1900-2005

                                                        Lungenkrebs-
                                                        mortalität
                                                        Männer
Zigarettenkonsum pro Kopf

                                                                                        Lungenkrebsmortalität
                                     Zigarettenkonsum

                                                                                           alterskorrigierte
                                     pro Kopf

                                                        Quelle: American Cancer Society 2009
Krebsmortalität in den USA 1930-2005
                            (alterskorrigiert)
Häufigkeit
pro 100 000                        Frauen
                                            Lunge & Lunge
                                            Bronchien

                    Magen                                Lunge &            Prostata
                                                    Prostata
                                                         Bronchien
                                          Kolon und Rektum
                Magen                 Brust&
                                     Kolon
     Uterus
                                     Rektum

                                    Kolon &           Pankreas Pankreas
                                    Rektum
                Magen Leukämie                           Pankreas
        Ovar
                        Leukämie       Leber
                   Leber

                                                 Quelle: American Cancer Society 2009
„Wenn Frauen rauchen wie Männer,
dann sterben sie auch wie Männer“

                       ?
    Aus „Das Rauchverhalten in Deutschland“
   Burckhard Junge, Robert-Koch-Institut, Berlin
„Leichte Zigaretten (Slim-Zigaretten)“

„Leichte“ Zigaretten werden bevorzugt
von Frauen geraucht.

   ca. 50% der weiblichen und ca. 30%
   der männlichen Raucher in der EU
   bevorzugen „leichte“ Zigaretten.

   60% der 45-64-jährigen Raucher-
   innen rauchen „leichte“ Zigaretten.
Sind „leichte“
Zigaretten (Slim-
Zigaretten) weniger
gesundheitsschädlich
als „normale“ ?
Vorhergesagte und tatsächliche Nikotinaufnahme in
  Abhängigkeit vom Nikotingehalt der Zigaretten
                                                 (nach Jarvis et al., JNCI 93: 134, 2001)

                                     1,4

                                     1,2
Nikotinaufnahme pro Zigarette (mg)

                                      1

                                     0,8

                                     0,6

                                     0,4

                                     0,2

                                      0
                                           0- 0,1- 0,2- 0,3- 0,4- 0,5- 0,6- 0,7- 0,8- 0,9- 1,0-
                                            nominale Nikotinausbeute pro Zigarette (mg)
                                                     vorhergesagt       tatsächlich
Relative Risiken, an Lungenkrebs zu sterben, in
     Abhängigkeit vom Zigarettenkonsum
     Kohortenstudie an 34 000 britischen Ärzten,
                20 Jahre Follow-up
                                        Relatives Risiko

 Nichtraucher                                      1,0

 Raucher (alle)                                  14,0

   1-14 Zigaretten/Tag                             7,8

   15-24 Zigaretten/Tag                          17,4

   25 und mehr Zigaretten/Tag                    25,1
                          (Doll & Peto, Brit. Med. J. 2: 1525, 1976)
Passivrauchen
= inhalative Aufnahme von
Tabakrauch in der Raumluft
„Hauptstromrauch“, „Nebenstromrauch“,
            „Passivrauch“

Hauptstromrauch
• wird vom Raucher beim Ziehen aufgenommen.
• entsteht bei Verbrennungstemperaturen von ca. 950°C.

Nebenstromrauch
• wird von der Zigarette beim Glimmen abgegeben.
• entsteht bei Verbrennungstemperaturen von ca. 500°C.

Passivrauch
• besteht zum größeren Teil aus Nebenstromrauch und
  zum kleineren Teil aus ausgeatmetem Hauptstromrauch.
Passivrauchen und Lungenkrebs

  tabakspezifische Kanzerogene (u.a. NNK) in
  Blut und Urin von Nichtrauchern nachweisbar,
  die Passivrauch ausgesetzt waren
  Metaanalyse von 37 epidemiologischen
  Studien:
  Lungenkrebsrisiko von „Nie-Rauchern“,
  die mit Rauchern zusammenleben,
  = 24 % erhöht
  Dosis-Wirkungsbeziehungen nachweisbar
Alle verfügbaren Evidenzen sprechen dafür,
dass Passivrauchen Lungenkrebs verursacht.
Passivrauchen und koronare Herzkrankheit

   Metaanalyse von 19 epidemiologischen Studien:
    Risiko für KHK von „Nie-Rauchern“,
    die mit Rauchern zusammenleben,
    = 30 % erhöht

   Vergleich:
    Risiko für KHK bei einer aktiv gerauchten
    Zigarette/Tag
    = 39 % erhöht
   Nikotin ist nicht die Ursache !
Wirkung des Passivrauchens auf das
      kardiovaskuläre System
  Schädigung der Endothelzellen
  (z. B. durch polyzyklische aromatische KW)
  Hemmung der Verfügbarkeit von NO
  Verlust der Schutzwirkung von NO;
  NO wirkt Atherogenese entgegen durch:

   • Entspannung und Erweiterung der Blutgefäße
   • Verhinderung der Anheftung von Blutplättchen
   • Verhinderung der Bildung von Blutpfropfen in
     den Gefäßen
Ausmaß der Gesundheitsschäden durch
           Passivrauchen

     USA, Erwachsene, 90er Jahre
   ~ 3 000 Tote durch Lungenkrebs
   ~ 12 000 Tote durch andere Krebsarten
   ~ 35 000 – 62 000 Tote durch KHK
                     (Environ. Int. 16: 187-193, 1990;
                     Brit. Med. J. 315: 961, 1997)

          Deutschland, 2007
         ~ 3 300 Tote insgesamt
                     (Drogen- und Suchtbericht 2009)
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