Rechtliche Risiken bei der GU-Vergabe und wie man ihnen begegnet - Frankfurt, 15.03.2017 Prof. Dr. Christian Lührmann Dr. Natalie Henrici ...

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Rechtliche Risiken bei der GU-Vergabe und wie man ihnen begegnet - Frankfurt, 15.03.2017 Prof. Dr. Christian Lührmann Dr. Natalie Henrici ...
Rechtliche Risiken bei der GU-Vergabe
und wie man ihnen begegnet

Frankfurt, 15.03.2017   Prof. Dr. Christian Lührmann
                        Dr. Natalie Henrici
Rechtliche Risiken bei der GU-Vergabe und wie man ihnen begegnet - Frankfurt, 15.03.2017 Prof. Dr. Christian Lührmann Dr. Natalie Henrici ...
Übersicht

       16:00 – 17:00 Uhr   Begrüßung und Vortragsteil I

       17:00 – 17:20 Uhr   Pause

       17:20 – 18:20 Uhr   Vortragsteil II

                                                          2
Rechtliche Risiken bei der GU-Vergabe und wie man ihnen begegnet - Frankfurt, 15.03.2017 Prof. Dr. Christian Lührmann Dr. Natalie Henrici ...
Unternehmereinsatzformen

        Generalunternehmer und Generalübernehmer

• Dem GU und dem GÜ werden gebündelt alle Gewerke der
  Bauleistungen übertragen.

• Generalunternehmer: Einen Teil der Leistungen vergibt er an
  Nachunternehmer.

• Generalübernehmer: Er vergibt alle Leistungen vollständig unter
  und beschränkt sich auf das Projektmanagement.

• Anders: Totalunternehmer und Totalübernehmer erbringen
  zugleich Architekten- und Ingenieurleistungen.
                                                                    3
Was sind die häufigsten Streitursachen am Bau?

1. Leistungsänderung                                              65,1 %
2. Zusätzliche Leistungen                                     51,9 %

                                                                       Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005
3. Unklarheiten im Vertrag                                    50,6 %
4. Fehlerhaftes LV                                         49,7 %
5. Fehlende Planunterlagen                           44,2 %

6. Mangelhafte Bauleistung                        41,9 %

7. Fehlende Vorleistung                           41,3 %

8. Fristenüberschreitung                         40,8 %

9. Zahlungsverzug                         37,9 %
Leistungsbeschreibung

Fall 1: Zu wessen Lasten geht eine unzureichende
Leistungsbeschreibung?

Ein öffentlicher Auftraggeber hatte Bauleistungen für den Um- und
Neubau eines Krankenhauses (unter anderem Erd- und
Abbrucharbeiten) ausgeschrieben. In der Ausschreibung waren
keine Hinweise auf eine besondere Belastung des abzufahrenden
Bodenaushubs enthalten. Während der Leistungserbringung stellt
sich heraus, dass der Boden mit Arsen belastet war.

Kann das Bauunternehmen eine zusätzliche Vergütung verlangen?
Leistungsbeschreibung

Fall 1: Zu wessen Lasten geht eine unzureichende
Leistungsbeschreibung?

„Der öffentliche Auftraggeber hat in der Leistungsbeschreibung eine
Schadstoffbelastung auszuhebenden und zu entfernenden Bodens
nach den Erfordernissen des Einzelfalls anzugeben. Sind
erforderliche Angaben zu Bodenkontaminationen nicht vorhanden,
kann der Bieter daraus den Schluss ziehen, dass ein schadstoffreier
Boden auszuheben und zu entfernen ist.“

(BGH vom 21.03.2013 – Az. VII ZR 122/11)
Leistungsbeschreibung

Fall 1: Zu wessen Lasten geht eine unzureichende
Leistungsbeschreibung?

Ausnahme: Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Kontaminierung ist
nicht notwendig, wenn sich dies aus den Umständen klar und
deutlich ergibt. Bspw. weil der im LV beschriebene Boden
regelmäßig kontaminiert ist.

(BGH vom 22.12.2011 – Az. VII ZR 67/11)
Leistungsbeschreibung
Fall 2: Zu wessen Lasten geht eine lückenhafte
Leistungsbeschreibung?

„Die Leistung des Auftragnehmers ist nur vertragsgerecht, wenn
sie die Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich
vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch erforderlich ist. Im
Rahmen der getroffenen Vereinbarung schuldet der Auftragnehmer
ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. An
dieser Erfolgshaftung ändert sich grundsätzlich nichts, wenn die
Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der
die geschuldete Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht
werden kann.“ (BGH vom 16.07.1998 – Az. VII ZR 350/96)
Leistungsbeschreibung
Fall 2: Zu wessen Lasten geht eine lückenhafte
Leistungsbeschreibung?

Ein Bauunternehmen wurde beauftragt auf der Hof- und
Zugangsfläche einer Wohnanlage einen Epoxidharz-Belag
aufzubringen. Wegen der eintretenden Pfützenbildung rügt die
Auftraggeberin die fehlende Herstellung eines Gefälles, obwohl die
Leistungsbeschreibung dies nicht vorsieht.

Ist ein Gefälle des Epoxidharz-Belages geschuldet?
Leistungsbeschreibung

Fall 2: Zu wessen Lasten geht eine lückenhafte
Leistungsbeschreibung?

• Entspricht die Ausführung den anerkannten Regeln der
  Technik?

• Auch wenn keine normgemäßen Vorgaben und kein Regelwerk
  vorliegen, die eine bestimmte Ausführungsart fordern, ist
  festzutellen, ob eine ungeschriebene anerkannte Regel der
  Technik vorliegt, die eine solche fordert.

  (BGH vom 21.11.2013 – Az. VII ZR 275/12)
Leistungsbeschreibung

Fall 2: Zu wessen Lasten geht eine lückenhafte
Leistungsbeschreibung?

„Entspricht das versprochene Bauwerk nicht dem üblichen
Qualitäts- und Komfortstandard, kann der Besteller in der Regel
auch die in der Ausführung nicht näher beschriebenen Details in
diesem Standard verlangen und muss sich nicht mit einem
Mindeststandard zufrieden geben.“

(BGH vom 21.11.2013 – Az. VII ZR 275/12)
Leistungsbeschreibung
Fall 2: Zu wessen Lasten geht eine lückenhafte
Leistungsbeschreibung?

„Daraus, dass ein bestimmtes Ausführungsdetail nicht erwähnt ist,
kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass es nicht
geschuldet ist. […] Entsprechende Qualitätsanforderungen können
sich nicht nur aus dem Vertragstext, sondern auch aus sonstigen
vertragsbegleiteten Umständen, den konkreten Verhältnissen des
Bauwerks und seines Umfeldes, dem qualitativen Zuschnitt, dem
architektonischen Anspruch und der Zweckbestimmung des
Gebäudes ergeben.“

(BGH vom 21.11.2013 – Az. VII ZR 275/12)
Leistungsbeschreibung

                     Komplettheitsklauseln

Klauseln, mit denen der Auftraggeber das Risiko unvollständiger
(Ausführungs-)Planung und/oder unvollständiger
Leistungsbeschriebung ungeachtet der im Vertrag vorgesehenen
konkreten Funktionszuweisung allein dem Auftragnehmer
aufbürdet.

                                                                  13
Leistungsbeschreibung

                   Komplettheitsklauseln

Unterschieden werden:

• Einfacher Global-Pauschalvertrag

• Komplexer Global-Pauschalvertrag

                                           14
Leistungsbeschreibung

               Einfacher Global-Pauschalvertrag

• Detailliert ausgeschriebene Leistung + Komplettheitsklausel

„Gegen die vereinbarte Vergütung übernimmt der Auftragnehmer
alle Leistungen, die erforderlich sind, um das Werk vollständig zu
erbringen, selbst wenn sie in den Vertragsunterlagen nicht erwähnt
sind.“

                                                                     15
Leistungsbeschreibung

               Einfacher Global-Pauschalvertrag

• Detailliert ausgeschriebene Leistung + Komplettheitsklausel

• Wirksam vereinbar in Allgemeinen Geschäftsbedingungen?

      AG überwälzt seine Verantwortung für die Vollständigkeit
      der von ihm beigebrachten Detaillierung funktionswidrig auf
      den AN. (BGH vom 05.06.1997 – Az.: VII ZR 54/96)

                                                                    16
Leistungsbeschreibung

               Komplexer Global-Pauschalvertrag

• Global beschriebene Leistung ohne Einzelpositionen

• ggf. Vereinbarung der Schlüsselfertigkeit

„Gegenstand des Vertrages ist die schlüsselfertige, funktions-,
betriebs- und bezugsbereite Errichtung eines Mehrfamilienhauses
auf dem Grundstück xxx nach Maßgabe dieses Vertrages.“

                                                                  17
Leistungsbeschreibung

              Komplexer Global-Pauschalvertrag

• Global beschriebene Leistung ohne Einzelpositionen

• ggf. Vereinbarung der Schlüsselfertigkeit

• Wirksam vereinbar in Allgemeinen Geschäftsbedingungen?

      Nur wenn dem AN auch die Ausführungsplanung
      übertragen worden ist (OLG München vom 22.05.1990 –
      Az. 9 U 6108/89)

                                                            18
AGB-Recht

                            § 305 BGB

„(1)1 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl
von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine
Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei
Abschluss eines Vertrags stellt.“

                           § 305 b BGB

„Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen
Geschäftsbedingungen“
AGB-Recht

Beispielfall:

„Der Auftragnehmer bestätigt ausdrücklich, dass im Rahmen der
vergangenen Verhandlungen zum GU-Vertrag über jede
Vertragsklausel ausgiebig und ernsthaft mit dem Auftraggeber
diskutiert und verhandelt wurde. Der Auftragnehmer ist sich daher
mit dem Auftraggeber darüber einig, dass es sich beim
geschlossenen GU-Vertrag um einen Individualvertrag handelt.“

Haben die Parteien verhandelt?
AGB-Recht

Ein Aushandeln und damit eine Individualvereinbarung liegt nicht
vor wenn:

• der Vertragspartner eine Erklärung unterschreibt, der
   Vertragstext sei in allen Einzelheiten ausgehandelt worden.
   (BGH vom 20.03.2014 – Az. VII ZR 248/13)

• der Vertragspartner aufgefordert wird solche Klauseln zu
   streichen, die nicht seinen Vorstellungen entsprechen (BGH
   vom 09.04.1987 – Az. III ZR 84/86).
AGB-Recht

Ein Aushandeln und damit eine Individualvereinbarung liegt nicht
vor wenn:

• der Vertrag per Beamer an die Wand projiziert und „Zeile für
   Zeile“ durchgegangen wird. (OLG Celle, Urteil vom 05.03.2014
   – Az. 7 U 227/11)
AGB-Recht
Beispielfall:

„Die Mängelhaftungsfrist beträgt

   5 Jahre. Es gilt der Preis gemäß § 3 dieses Vertrages.

   4 Jahre. Auf den Preis gemäß § 3 wird ein Abschlag von …
   Prozent gewährt.

   3 Jahre. Auf den Preis gemäß § 3 wird ein Abschlag von …
   Prozent gewährt.

   2 Jahre. Auf den Preis gemäß § 3 wird ein Abschlag von …
   Prozent gewährt.“
AGB-Recht

Ein Aushandeln und damit eine Individualvereinbarung liegt nicht
vor wenn:

• der Vertragspartner durch Ankreuzen zwischen verschiedenen
   vorformulierten Bedingungen wählen kann. (BGH vom
   10.10.2013 – Az. VII ZR 19/12)
AGB-Recht

Beispielfall:

AN und AG schließen einen Vertrag, mit dem sich der AG zur
Lieferung von Abfällen und der AN zu deren ordnungsgemäßer
Verwertung nach dem KrW-/AbfG gegen ein Entgelt von 112,50 €/t
verpflichtete. Die Jahresmindestmenge beträgt 5000 t. Dem AG
gelang es, eine Reduzierung der Vergütung für die die
Mindestmenge unterschreitenden Abfallmengen zu vereinbaren:

„Für den Fall, dass sich nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres
ergibt, dass die vom AG angelieferten Gesamtabfallmenge die
Jahresmindestmenge unterschreitet, erhält der AN 30,00 €/t für
nicht gelieferte Abfälle.“
AGB-Recht

Ein Aushandeln und damit eine Individualvereinbarung liegt nicht
vor wenn:

• die für den Vertragspartner nachteilige Wirkung der Klausel im
   Zuge von Verhandlungen zwar abgeschwächt, der
   gesetzesfremde Kerngehalt der Klausel vom Verwender nicht
   ernsthaft zur Disposition gestellt wird. (BGH vom 22.10.2015 –
   Az. VII ZR 58/14)
AGB-Recht

Ein Aushandeln und damit eine Individualvereinbarung liegt vor
wenn

• der Verwender tatsächlich (und nicht nur theoretisch)
   verhandlungsbereit ist,

• den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung zu ändern
   oder zu ergänzen und

• dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener
   Interessen eingeräumt wird oder zumindest die reale
   Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung zu beeinflussen.

(BGH vom 20.03.2014 – Az. VII ZR 248/13)
Anforderungen an die Objektüberwachung

Was ist geschuldet?

Fallbeispiel (nach OLG Frankfurt BauR 2004, 1329):

Generalplaner P beauftragt Architekten A ist mit der Ausführungsplanung
(Lph 5), Architekten B mit der Objektüberwachung (Lph 8). Nach dem
Bebauungsplan sind grelle Farbtöne für das geplante Gebäude nicht
zulässig. In der Ausführungsplanung bestimmt A den Farbton RAL 2002 –
blutorange, was so auch umgesetzt wird. Die Behörde beanstandet dies, es
muss für 30.000 € ein neuer Farbanstrich angebracht werden.

Der Bauherr nimmt A erfolgreich wegen eines Planungsmangels in
Anspruch. Dieser wiederum verlangt nun von B einen Ausgleich als
Gesamtschuldner.

Zu Recht?

                                                                       28
Anforderungen an die Objektüberwachung

Was ist geschuldet?

Fallbeispiel (nach OLG Frankfurt BauR 2004, 1329):

Generalplaner P beauftragt Architekten A ist mit der Ausführungsplanung
(Lph 5), Architekten B mit der Objektüberwachung (Lph 8). Nach dem
Bebauungsplan sind grelle Farbtöne für das geplante Gebäude nicht
zulässig. In der Ausführungsplanung bestimmt A den Farbton RAL 2002 –
blutorange, was so auch umgesetzt wird. Die Behörde beanstandet dies, es
muss für 30.000 € ein neuer Farbanstrich angebracht werden.

P, der seinerseits vom Bauherrn in Anspruch genommen wird, nimmt A
erfolgreich wegen eines Planungsmangels in Anspruch. Dieser wiederum
verlangt nun von B einen Ausgleich als Gesamtschuldner.

Zu Recht?

                                                                       29
Anforderungen an die Objektüberwachung

Was ist geschuldet?

Entscheidung (nach OLG Frankfurt BauR 2004, 1329):

Auch der vom Generalplaner allein mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt
schuldet als werkvertraglichen Erfolg, dass das Bauwerk entsprechend den
genehmigten Bauvorlagen und frei von Mängeln entsteht. Zur Erfüllung
dieser Verpflichtung muss er eigenverantwortlich prüfen, ob die ihm zur
Verfügung gestellten Planunterlagen mit der Baugenehmigung und den
Regeln der Baukunst vereinbar sind.

                                                                              30
Anforderungen an die Objektüberwachung

Was ist geschuldet?

• Richtet sich nach Vertrag, nicht nach HOAI (reines Preisrecht!)

• I.d.R, bei Bezugnahme auf Leistungsbild Lph. 8, § 34 HOAI

    • Überwachen der Ausführung auf Übereinstimmung mit
      Baugenehmigung, Ausführungsplanung und Anerkannten Regeln der
      Technik

    • Koordination der am Baugeschehen fachlich Beteiligten

    • Prüfung der zur Verfügung gestellten Planungs- und
      Ausschreibungsunterlagen auf Fehler und Widersprüche

                                                                    31
Anforderungen an die Objektüberwachung

Fallbeispiel (OLG Koblenz, IBR 2014, 222):

Nach der Ausschreibung der Bauleistung kommt es zu einem Wechsel des
Baumaterials. Abweichend von der ursprünglichen Planung sollen die
Außenwände statt in Kalksandstein in Poroton ausgeführt werden. Nach der
Abnahme zeigen sich Risse im Außenputz. Der bauplanende Architekt wird
von der Bauherrin erfolgreich in Anspruch genommen. Der
Berufshaftpflichtversicherer macht Rückgriffsansprüche gegen den
ausschreibenden und bauüberwachenden Architekten geltend.

                                                                       32
Anforderungen an die Objektüberwachung

Entscheidung (OLG Koblenz, IBR 2014, 222):

Treten im Fall des Wechsels des Baumaterials konstruktionsbedingte Risse
auf, ist hierfür nicht nur der planende Architekt, sondern auch der
ausschreibende und bauüberwachende Architekt verantwortlich. Dieser hat
bei Änderungen die Ausführungsplanung eigenverantwortlich zu überprüfen.
Außerdem muss er die Bauherrin und gegebenenfalls weitere Baubeteiligte
auf erkennbare Fehler und Ausführungsrisiken hinweisen sowie die
ausführenden Werkunternehmer besonders aufmerksam und intensiv
anleiten und überwachen.

                                                                       33
Anforderungen an die Objektüberwachung

Praxishinweis:

Wenn ein Architekt wegen eines Mangels in Anspruch genommen wird, ist

• Unverzüglich (d.h. sofort!) eine Schadensmeldung an die Versicherung zu
  geben

• Risiko unklare Zuständigkeit bei Versicherungswechsel (im Zweifel alte
  und neue Versicherung anschreiben)

• Schadensmeldung ggf. auch an Versicherungsmakler

Sonst droht Verlust des Deckungsschutzes wegen
Obliegenheitsverletzung

                                                                            34
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Mögliche „Rettungsanker“, selbst wenn ein Haftungsfall an sich
   besteht:

   1. Gesamtschuld § 426 BGB

   Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze
   Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur
   einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der
   Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner
   ganz oder zu einem Teil fordern.

   2. Mitverschulden, § 254 BGB

   Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des
   Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie
   der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen,
   insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem
   einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
                                                                            35
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Mögliche „Rettungsanker“, selbst wenn ein Haftungsfall an sich
   besteht:

   1. Gesamtschuld § 426 BGB

   Rechtsfolge der Gesamtschuld ist, dass im Innenverhältnis der
   Gesamtschuldner untereinander Ausgleichsansprüche bestehen, § 426
   BGB.

   2. Mitverschulden, § 254 BGB

   Rechtsfolge des Mitverschuldens ist es, dass die
   Schadensersatzforderung des Geschädigten unmittelbar um den Anteil
   des Mitverschuldens gekürzt wird.

                                                                        36
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Mögliche „Rettungsanker“, selbst wenn ein Haftungsfall an sich
   besteht:

   1. Gesamtschuld § 426 BGB

   Bei Planungs- und Bauüberwachungsfehlern sind planender Architekt
   und überwachender Architekt Gesamtschuldner

   Bei Ausführungsmängeln und fehlerhafter Bauüberwachung sind
   Architekt und Baufirma Gesamtschuldner

   2. Mitverschulden, § 254 BGB

   Den Bauherrn trifft ein Mitverschulden, wenn er durch den planenden
   Architekten fehlerhafte Pläne zur Verfügung stellt und er den
   bauüberwachenden Architekten in Anspruch nimmt, weil dieser es
   übersehen hat. (OLG Frankfurt, IBR 2009, 402)
                                                                         37
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Beispielsfall:

   Die Werkleistung des Bauunternehmers wird am 01.02.2012
   abgenommen. Die Gewährleistungspflicht beträgt 5 Jahre. Der Architekt
   ist mit der Lph. 8 und 9 beauftragt. Eine Teilabnahme der Leistungen
   Lph 8 findet nicht statt.

   Am 15.02.2017 rügt der Bauherr einen Mangel der sowohl auf eine
   fehlerhafte Ausführung wie auch auf einen Überwachungsmangel
   zurückzuführen ist.

   Der Bauunternehmer wendet Verjährung ein.

   Was nun?

                                                                           38
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Beispielsfall:

   Der Gewährleistungsanspruch gegen den Bauunternehmer ist verjährt.
   Der Bauherr kann gegen diesen nicht vorgehen.

   Der Schadensersatzanspruch gegen den Architekten ist noch nicht
   verjährt, da noch keine Abnahme erfolgt ist.

   Bauunternehmer und Architekt sind aber Gesamtschuldner, so dass der
   Architekt einen Ausgleichsanspruch gegen den Bauunternehmer hat,
   wenn er vom Bauherren voll in Anspruch genommen wird.

   Der Ausgleichsanspruch verjährt eigenständig. Der Verjährungsfrist
   beträgt drei Jahre ab Kenntnis des Anspruchs, maximal 10 Jahre ab
   Entstehung. Kenntnis besteht grds. erst, wenn Mangelursache bekannt
   ist. Hier wohl keine Verjährung des Ausgleichsanspruchs.

                                                                         39
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Das heißt:

   Obwohl sich das Bauunternehmen gegenüber dem Bauherren auf
   Verjährung berufen kann, besteht gegenüber dem Architekten u.U.
   trotzdem eine Ausgleichspflicht.

   Also nicht aus dem Blick verlieren, dass es da ggf. noch jemanden gibt,
   den man mit ins Boot holen kann!

                                                                             40
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Umfang der Überwachungspflicht:

   Grundsätzlich muss der Architekt so überwachen, dass das Bauwerk
   mangelfrei entsteht.

   Besondere Aufmerksamkeit, wenn

   • sich bereits in der Ausführung Mängel gezeigt haben, sich das
     Unternehmen als nicht zuverlässig erwiesen hat, ferner:

   • Bedenken geäußert wurden

   • Kritische und schadensträchtige Arbeiten (z.B. Abdichtungsarbeiten)
     ausgeführt werden

                                                                           41
Anforderungen an die Objektüberwachung

   Umfang der Überwachungspflicht:

   Aber sogenannte Handwerkliche Selbstverständlichkeiten müssen
   nicht oder nur stichprobenartig sowie anlassbezogen überprüft werden.

   Handwerkliche Selbstverständlichkeiten sind einfache Arbeiten, deren
   Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann.

   Ist aber stets eine Einzelfallentscheidung. Im Zweifel daher lieber mehr
   als zu wenig Überwachungstätigkeit.

                                                                              42
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB
                                            Ulmenstraße 37 − 39
                                            60325 Frankfurt am Main

                                            Tel:   +49 (0)69 7191 33 − 81
                                            Fax:   +49 (0)69 7191 33 − 91

                                            E-Mail: christian.luehrmann@kapellmann.de
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Prof. Dr. Christian   Dr. Natalie Henrici
Lührmann              Rechtsanwältin
Rechtsanwalt
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