Regionalversammlung Mittelhessen - Regierungspräsidium ...

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Regionalversammlung Mittelhessen - Regierungspräsidium ...
Regionalversammlung Mittelhessen
                            Regierungspräsidium Gießen
                                     Geschäftsstelle

    Beschlussvorlage für die Regionalversammlung Mittelhessen

 Bearbeiter/-in:                                       Gz.: RPGI-31-93a0110/1-2021/4
 Katrin Becker            Tel.: +49 641 303-2417       Dokument Nr.: 2021/1041065
 Maximilian Becker        Tel.: +49 641 303-2426
                                                       Datum: 31.08.2021
 Ausschuss für Energie, Umwelt,       Sitzungstag:
 Ländlichen Raum und Infrastruktur    14.09.2021       Drucksache IX/117

Abweichung von den Zielen des Regionalplans Mittelhessen 2010
Antrag der Gemeinde Cölbe vom 12.07.2021 zwecks Errichtung einer Photovoltaik-
Freiflächenanlage im Ortsteil Reddehausen

Anlage: 5 Karten

1. Antragsgegenstand
Die Gemeinde Cölbe beantragt mit Schreiben vom 12. Juli 2021 die Zulassung einer
Abweichung von den Zielen des Regionalplans Mittelhessen 2010 (RPM 2010), um
nordöstlich der Gemarkung Reddehausen in einem derzeit landwirtschaftlich genutz-
ten Gebiet die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung einer Photo-
voltaik-Freiflächenanlage (PV-FFA) auf einer Fläche von 8,6 ha für die Nutzungs-
dauer von 30 Jahren zu schaffen. Die Anlage soll voraussichtlich eine Leistung von
6,9 MW besitzen. Das Gebiet liegt planungsrechtlich im Außenbereich nach § 35
BauGB und stellt ein nicht-privilegiertes Vorhaben dar. Der rechtskräftige Flächennut-
zungsplan der Gemeinde Cölbe weist den Bereich als „Fläche für Landwirtschaft“
aus, sodass zur Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzung für eine Bebau-
ung die Aufstellung eines (vorhabenbezogenen) Bebauungsplans und eine Änderung
des Flächennutzungsplans erforderlich ist. Diese erfolgt gem. § 8 Abs. 3 BauGB pa-
rallel zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Die Gemeinde Cöl-
be hat infolgedessen am 31.08.2020 die Beschlüsse zur Aufstellung des Bebauungs-
plans Nr. 4.4 „Vorhabenbezogener Bebauungsplan - Solaracker Reddehausen“
sowie zur Änderung des Flächennutzungsplans in diesem Bereich gefasst.
Der RPM 2010 legt für den Bereich des Plangebietes nahezu vollständig ein Vor-
ranggebiet für Landwirtschaft (Plansatz 6.3-1 (Z) (K)) fest. Das Plangebiet wird
weiterhin jeweils zur Hälfte durch ein Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Freiflächen-
anlagen sowie ein Vorbehaltsgebiet für oberflächennahe Lagerstätten, zu ungefähr
0,5 ha durch ein Vorbehaltsgebiet für die Landwirtschaft und vollständig durch ein
Vorbehaltsgebiet für den Grundwasserschutz überlagert. Die PV-FFA ist aufgrund ih-
rer Größe insgesamt als raumbedeutsam anzusehen. Die Fläche, die nicht als
Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Freiflächenanlagen ausgewiesen ist, wird von ei-
nem Vorranggebiet für Landwirtschaft überlagert. Der Planung steht in diesem
Bereich, das raumordnerische Ziel des Vorranggebiets für Landwirtschaft entgegen.
Die vorgesehene Flächeninanspruchnahme des Vorranggebiets für Landwirtschaft
(soweit es nicht durch das Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Freiflächenanlagen
überlagert ist) setzt daher eine Befreiung von der Beachtenspflicht voraus, die im
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Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens zu prüfen ist (siehe Karte 2). Der Abwei-
chungsantrag gilt somit lediglich für die außerhalb des Vorbehaltsgebiets für
Photovoltaik-Freiflächenanlagen liegende Planungsfläche.

2. Beschlussvorschlag

Die von der Gemeinde Cölbe beantragte Abweichung von den Zielen des Regional-
plans Mittelhessen 2010 zwecks bauleitplanerischer Ausweisung eines sonstigen
Sondergebiets im Sinne des § 11 Abs. 2 BauNVO mit der Zweckbestimmung „Photo-
voltaik“ und mit zeitlicher Befristung (30 Jahre) des Betriebs einer Photovoltaik-
Freiflächenanlage in der Gemarkung Cölbe-Reddehausen wird im Zusammenhang
mit der dazu notwendigen Änderung des Flächennutzungsplans bzw. der Aufstellung
eines Bebauungsplans zugelassen.
Die regionalplanerische Zielfestlegung Vorranggebiet für Landwirtschaft ist mit einer
Flächeninanspruchnahme von ca. 4,6 ha betroffen (s. Karte 2).

Die Zulassung ergeht unter folgenden Maßgaben
   1. Die im Regionalplan Mittelhessen für die Antragsfläche vorgenommene regio-
      nalplanerische Gebietsfestlegung als Vorranggebiet für Landwirtschaft bleibt
      bestehen; die Abweichungsentscheidung umfasst lediglich eine zeitlich befris-
      tete Photovoltaiknutzung für max. 30 Jahre.
   2. Die zeitlich befristete Befreiung von der Beachtenspflicht des regionalplaneri-
      schen Ziels Vorranggebiet für Landwirtschaft steht in untrennbarem Zusam-
      menhang mit der entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan und der
      Festsetzung der landwirtschaftlichen Folgenutzung (Grünland bzw. Acker
      gem. heutiger Nutzung) nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BauGB.
   3. Der vollständige Rückbau der Photovoltaikanlage nach Ablauf der festgeleg-
      ten Nutzung ist in der Weise sicherzustellen, dass nachfolgend eine landwirt-
      schaftliche Nutzung (Grünland bzw. Acker gem. heutiger Nutzung) wieder
      möglich ist. Kompensationsmaßnahmen sind innerhalb der Planungsfläche zu
      realisieren.
   4. Der städtebauliche Vertrag mit den sich aus der Bauleitplanung und diesem
      Beschluss ergebenden Inhalten zum Anlagenrückbau, zur Folgenutzung, zur
      Flächenpflege während der Nutzungsdauer, zur Erschließung und zur Umset-
      zung von Kompensationsmaßnahmen ist der Oberen Landesplanungsbehörde
      vorzulegen.

Hinweise:
Die im Rahmen der Trägerbeteiligung von dem Kreisausschuss des Landkreises
Marburg-Biedenkopf, dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und
Geologie, Hessen Mobil, dem Dezernat 31 – Bauleitplanung, dem Dezernat 41.2 –
Oberirdische Gewässer, Hochwasserschutz, dem Dezernat 41.4 – Industrielles Ab-
wasser, Altlasten, dem Dezernat 42.2 – Kommunale Abfallwirtschaft, dem Dezernat
44.1 – Bergaufsicht, der Oberen Landwirtschaftsbehörde (Dezernat 51.1) und der
Oberen Naturschutzbehörde (Dezernat 53.1 N) geäußerten Anforderungen an ver-
tiefte Planungsschritte sowie Hinweise, Empfehlungen und Anregungen sind im
nachfolgenden Bauleitplanverfahren zu berücksichtigen bzw. sachgemäß abzuarbei-
ten.

3. Antragsbegründung

Die Stadt Schlitz begründet ihren Antrag wie folgt:
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Zahlreiche wissenschaftliche Studien der letzten Jahre wie auch die weltweit zuneh-
menden klimatischen Extremereignisse untermauern den fortschreitenden und an-
thropogen verstärkten Klimawandel und damit die Dringlichkeit eines Ausbaus rege-
nerativer Energiequellen als Ersatz fossiler Energieträger. Das Bundesland Hessen
hat die Notwendigkeit einer raschen und umfassenden Energiewende erkannt und
auf dem Energiegipfel 2011 das Ziel einer klimaneutralen Deckung des Energiever-
brauchs bis zum Jahr 2050 ausgegeben. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft und
Biomasse ist in Hessen naturgemäß limitiert, doch weist das Land große Potentiale
sowohl für die Windkraft wie auch insbesondere für die Nutzung der solaren Einstrah-
lung zur Stromerzeugung auf. Das Umsetzungskonzept der hessischen Landesre-
gierung von 2012 sieht, neben der Forcierung von Solaranlagen auf Dachflächen,
auch die Erschließung neuer Flächen für die Errichtung von Photovoltaikanlagen vor.
Hier kommt großflächigen Solarparks auf Freiflächen größere Geltung zu – nicht zu-
letzt, da die Energiewende in jüngerer Vergangenheit ins Stocken geraten ist und
auch die Standorte für Windparks begrenzt sind. In den Verdichtungsräumen, insbe-
sondere des Rhein-Main-Gebietes, überwiegt aufgrund der dichten Bebauung und
der Flächeninanspruchnahme von Freiflächenphotovoltaikanlagen die Realisierung
von Dachflächenanlagen. Aufgrund dieses Nutzungskonfliktes erhält der ländliche
Raum eine stetig wachsende Bedeutung als Standort für regenerative Energien, die
einem gewissen Flächendruck unterliegen. Durch die fortschreitende technische Ent-
wicklung wächst mit jeder Solarzellengeneration der Wirkungsgrad der Solarmodule,
wodurch die Stromerzeugung auch in Regionen mit schwächerer Einstrahlung renta-
bel wird. Entsprechend besteht auch in den Regionen mit geringer
Sonneneinstrahlung ein zunehmendes Potential für die Errichtung und den wirt-
schaftlichen Betrieb von Freiflächenphotovoltaikanlagen. Die Regionalversammlung
Mittelhessen hat die Ziele der Landesregierung aufgegriffen und einen Teilregional-
plan Energie erstellt, der 2017 erstmals rechtskräftig wurde und dessen ergänzende
Fassung 2020 genehmigt wurde. Er enthält neben der Darstellung von Vorranggebie-
ten für die Windenergie auch die planzeichnerische Darstellung von
Vorbehaltsflächen für Freiflächenphotovoltaikanlagen. Auch im Gemeindegebiet
Cölbe bestehen sowohl Potentiale sowie förderfähige Standorte für die Errichtung
und den Betrieb von Freiflächenphotovoltaikanlagen, die jedoch teilweise auch in
Konkurrenz zu regionalplanerischen Vorgaben oder der kommunalen Bauleitplanung
stehen.

Das Vorhaben dient der Nutzung erneuerbarer Energien und damit auch der ange-
strebten Energiewende durch die Reduzierung der Nutzung fossiler Energieträger.
Das Vorhaben trägt damit auch zu einer Vermeidung von Emissionen bei und dient
dadurch auch dem Klimaschutz und der Klimaanpassung. Der Regionalplan Mittel-
hessen 2010 formuliert in Kapitel 7.2 die Zielvorgabe, bis zum Jahr 2020 mindestens
ein Drittel des Endenergieverbrauchs - ohne Verkehr - durch möglichst regional er-
zeugte Erneuerbare Energien abzudecken. Nach der vorstehenden Prognose müss-
te Mittelhessen demzufolge im Jahr 2020 durch die Nutzung Erneuerbarer Energien
rd. 6.085 GWh (Strom und Wärme) erzeugen. Dieser Zielvorgabe möchte die Ge-
meinde Cölbe nun durch die Einleitung einer Bauleitplanung entsprechen. Das Vor-
haben entspricht damit gleich mehreren Zielen und Grundsätzen der Bauleitplanung
(§ 1 Abs. 5 und 6 Baugesetzbuch - BauGB) und ist insofern im öffentlichen Interesse.

4. Anhörungsverfahren
Im Anhörungsverfahren wurden von den beteiligten Trägern öffentlicher Belange fol-
gende Anregungen, Hinweise und Bedenken vorgetragen:
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Die Stadt Wetter (Hessen) trägt keine Bedenken vor. Die Städte Rauschenberg,
Kirchhain und Marburg sowie die Gemeinde Lahntal gaben keine Stellungnahme
ab.

Seitens des Fachbereichs Bauen, Wasser- und Naturschutz des Landkreises
Marburg-Biedenkopf bestehen seitens des Fachdienstes Bauen keine Bedenken.
Der Fachdienst Wasser- und Bodenschutz merkt an, dass sich das Vorhaben in ei-
nem Trinkwasserschutzgebiet befinde, weshalb die Schutzgebietsverordnung zu
beachten sei, auch wenn sie der Planung nicht grundsätzlich widerspreche. Außer-
dem verlaufe im Süden der Reddehäuser Bach, zu dem nach § 23 Abs. 1 Hes-
sisches Wassergesetz (HWG) ein mind. 10 m breiter Gewässerrandstreifen von jegli-
chen baulichen Anlagen (was auch eine angedachte Umzäunung beinhalte) frei-
zuhalten sei. Der Fachdienst Naturschutz bringt Bedenken bezüglich des Bio-
topschutzes und des Landschaftsbilds vor. Im Planbereich befänden sich mehrere
Biotope, die bei Umsetzung der Planung zerstört oder durch die Errichtung der Solar-
panels erheblich beeinträchtigt würden. Diese Strukturen seien bei der Umsetzung zu
sichern und zu entwickeln, wobei ausreichend breite Schutzstreifen zu berücksichti-
gen seien. Beim betroffenen Reddehäuser Bach seien die Uferbereiche von jeglicher
Bebauung freizuhalten. Hier werde eine ökologisch wertvolle Grünlandfläche über-
plant und es sei ein Korridor für den Biotopverbund zu beachten sowie freizuhalten.
Das Grünland sei zu erhalten und der Biotopverbund durch extensive Pflege des Ge-
wässerrandstreifens in einer Mindestbreite von 10 Metern zu entwickeln. Der Maß-
nahmenvorschlag zur Anlage eines Feldweihers sollte auch aufgrund der aktuellen
Erfahrungen in den Hochwasserschadensgebieten zeitnah umgesetzt werden und
könnte als naturschutzfachlicher Ausgleich auf Bebauungsplanebene dienen. Bezüg-
lich des Landschaftsbildes wird angemerkt, dass die Landschaft nördlich der Kreis-
straße Reddehausen-Schönstadt hinsichtlich technischer Anlagen noch unbelastet
und aufgrund kleiner Schläge und einem Nutzungsmosaik kleinteilig strukturiert sei.
Um eine Zerstückelung und Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu vermeiden,
sollten PV-Anlagen in landschaftlich vorbelasteten Standorten oder in Anbindung an
bestehende Siedlungseinheiten errichtet werden bzw. ausschließlich Gebäude oder
versiegelte Flächen genutzt werden. Eine großräumige Einsehbarkeit und Belastung
des Landschaftsbildes, wie am geplanten Standort, sollte unterbleiben. Zusätzlich sei
zu bemängeln, dass die Gesamtanlage fest eingezäunt und ein Teil der Fläche aus-
gegrenzt werde. Kleintierdurchlässe änderten die Zugänglichkeit der Landschaft nur
unerheblich.

Der Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz nimmt wie folgt Stel-
lung:
    Die in den Antragsunterlagen stehende Aussage, dass nur 4,6 ha Vorrangflä-
      che Landwirtschaft betroffen sei, könne nicht bestätigt werden, da laut RPM
      2010 die Vorrangfläche nur von einem Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Frei-
      flächenanlagen überlagert werde. Somit müsse sich für die gesamte Fläche
      von 8,6 ha mit den negativen Auswirkungen für die örtliche Landwirtschaft
      auseinandergesetzt werden.
    Der gesamte Planbereich werde vom Agrarfachplan Mittelhessen mit höchster
      Bedeutung für die Landwirtschaft eingestuft. Die Ertragsmesszahlen des Plan-
      gebiets liegen unter dem in Reddehausen geltenden Durchschnitt.
    Der Planbereich sei als Ackerland mit mittlerer Nutzungseignung kartiert.
    In Reddehausen wirtschaften landwirtschaftliche Unternehmen mit einer Ge-
      samtnutzfläche von rund 629 ha, wobei die landwirtschaftliche Gesamtfläche
      der Gemarkung Reddehausen bei 213 ha liege, sodass 416 ha der von diesen
      Betrieben bewirtschafteten Fläche in anderen Gemarkungen bewirtschaftet
      werden. Von dem geplanten Solaracker seien 4 landwirtschaftliche Betriebe
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       mit Flächen zwischen 1 bis 3 ha betroffen bei einem anteiligen Flächenverlust
       zwischen 1 bis 7 %.
      Im Antrag werde eine Auseinandersetzung mit dem Belang Landwirtschaft
       vorgenommen, der jedoch nur auf den privaten Belang einzelner Betriebe ab-
       hebe, aber nicht dem öffentlichen Belang Landwirtschaft Rechnung trage.
      Der Verlust von örtlichen Flächen bedeute immer einen weiteren erheblichen
       zeitlichen und monetären Mehraufwand für landwirtschaftliche Betriebe und
       greife unmittelbar negativ in die örtliche Agrarstruktur ein. Dies betreffe auch
       ortsübergreifend weitere Gemarkungen, in denen von den betroffenen Betrie-
       ben entsprechende Ersatzflächen gesucht werden. Durch diese Suche werde
       das innerlandwirtschaftliche Preisgefüge beim Erwerb bzw. bei der Pacht von
       landwirtschaftliche Flächen zukünftig spürbar belastet.
      Bei einer Grünlandnutzung von 30 Jahren entstehe Grünland im Rechtssinne.
       Die Wiederherstellung der ursprünglichen Ackernutzung sei aufgrund von den
       gesetzlichen Gegebenheiten nicht mehr möglich, sodass eine weitere Beein-
       trächtigung der örtlichen Agrarstruktur zusätzlich gegeben sei.
      Die Anlage solle mit Gehölzen umhegt werden. Diese könne nach Ablauf der
       Nutzung in 30 Jahren nicht mehr entfernt werden, wodurch sich die Bilanz für
       die landwirtschaftliche Fläche weiter verschlechtere.
      Die in diesen Verfahrensstand noch offenen Arten- und Naturschutzmaßnah-
       men würden zusätzlich die landwirtschaftlichen Flächen belasten, wenn die
       Umsetzung im Plangebiet nicht, wie im Antrag vorgesehen, erfolgen könne.

Es wird darauf hingewiesen, dass sich im Gebiet bestimmte Strukturen (Hecke bzw.
Feldgehölz) befinden, die unter dem besonderen Schutz der Europäischen Union
stehen und nicht entfernt werden dürfen. Um die Effizienz des Eingriffs zu erhöhen,
sollte eine Einfriedung mittels Solarzaunes in Erwägung gezogen werden.

Insgesamt könne der Antrag nur dann aus agrarstruktureller Sicht positiv bewertet
werden, wenn für diesen Verlust an anderer Stelle entsprechend eine Vorrangfläche
für die Landwirtschaft geschaffen werde. Dies könne aus Sicht des Landkreises nur
durch die Reduzierung von Gewerbegebietsfläche im Bereich der Gemeinde Cölbe
ausgeglichen werden, da es sich bei dem Solaracker letztendlich um eine Gewerbe-
gebietsfläche handele.

Hessen Mobil trägt keine Bedenken vor, weist aber darauf hin, dass die äußere ver-
kehrliche Erschließung über vorhandene Wirtschaftswege an die K 5 vorgesehen sei.
Zum Bebauungsplan sei die genaue Verknüpfung mit der Kreisstraße darzulegen.

Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG)
merkt im Hinblick auf die Belange des Bodenschutzes an, dass diese Belange durch
die zuständige Bodenschutzbehörde zu prüfen seien. Es sei mit erheblichen Beein-
trächtigungen durch den Baustellenbetrieb zu rechnen, weshalb eine Wiederher-
stellung der Bodenfunktionen geregelt zu gewährleisten und Vorsorgepflichten zu
wahren seien. Dies betreffe insbesondere auch die Baueinrichtungsflächen und Zu-
wegungen, die grundsätzlich nicht auf empfindlichen Standorten eingerichtet werden
sollten. Es werde auf die vorhandenen Publikationen „Bodenschutz in der Bauleitpla-
nung“, DIN 19639-Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben“
und die BFD5L-Karten des Bodenviewers Hessen sowie „Kompensation des Schutz-
guts Boden in der Bauleitplanung nach BauGB“ des HLNUG verwiesen. Für evtl.
anfallendes Bodenmaterial gelten gemäß Erlass die Vorsorgewerte nach Anhang 2
Nr.4 der BBodSchV. Aus Sicht der Hydrogeologie wird darauf hingewiesen, dass sich
ein Trinkwasserschutzgebiet innerhalb der Planfläche befinde. Die Verbote der
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Schutzgebietsverordnungen seien zum Schutz des Grundwassers während der Um-
setzung und bei der späteren Nutzung zwingend einzuhalten. Ausnahmegenehmi-
gungen von den Verboten der Schutzgebietsverordnungen seien bei der zuständigen
Unteren Wasserbehörde zu beantragen. Seitens der Ingenieurgeologie liegen keine
der Planung entgegenstehenden Informationen vor und auch die Belange der Geolo-
gischen Landesaufnahme werden nicht berührt. Aus den Unterlagen gehe nicht
hervor, dass geologische Untersuchungen geplant seien. Sollten Baugrunduntersu-
chungen oder andere geologische Untersuchungen nach § 3 GeolDG erfolgen, so
seien diese beim HLNUG als zuständige Landesbehörde gemäß § 8 GeolDG anzu-
zeigen. Von Seiten der Rohstoffgeologie wird angemerkt, dass ein Großteil der Plan-
fläche in einem Vorbehaltsgebiet oberflächennaher Lagerstätten liege. Die Auswei-
sung der Vorbehaltsgebiete oberflächennaher Lagerstätten diene der mittel- und
langfristigen Sicherung von Lagerstätten für den Abbau. Deren Ausweisung beinhalte
grundsätzlich keine Abbaugenehmigung, sondern soll bei Überlagerung unterschied-
licher Nutzungsansprüche auch die rohstoffwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit dar-
stellen. Diese Rohstoffsicherungsflächen stehen einer anderweitigen, zwischenzeitli-
chen Ausweisung oder Nutzung grundsätzlich nicht entgegen, wenn hierdurch künfti-
ger Abbau nicht unzumutbar erschwert oder unmöglich gemacht werde. Die Belange
anderer Dezernate des HLNUG sind durch die Planungen nicht berührt.

Der zuständige Netzbetreiber, die EAM Netz GmbH, hat keine Bedenken gegen das
Vorhaben und merkt an, dass für die geplante PV-FFA eine Einspeisungszusage des
Unternehmens bestehe. Eine Einspeisung der elektrischen Energie könne bei Red-
dehausen in das Mittelspannungsnetz der EAM Netz GmbH erfolgen und ein ent-
sprechendes Anschlussangebot sei ihrerseits bereits verlegt worden.

Die Fachdezernate des Regierungspräsidiums Gießen äußern sich wie folgt:

Das Dezernat 31 – Bauleitplanung weist darauf hin, dass das Plangebiet im wirksa-
men Flächennutzungsplan der Gemeinde als Fläche für die Landwirtschaft darge-
stellt werde. Dies treffe auch auf den Teilbereich zu, der im Teilregionalplan Energie
Mittelhessen (TRPEM) 2016/2020 bereits als Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Frei-
flächenanlagen ausgewiesen sei, wodurch die Angaben unter Punkt 5.2 bestätigt
werden können. Die Untersuchung von Alternativstandorten im Gemeindegebiet be-
schränke sich auf landwirtschaftliche Flächen und führe im Ergebnis zu der bean-
tragten Fläche in der Gemarkung Reddehausen. Die Errichtung von PV-Anlagen in-
nerhalb bestehender Gewerbegebiete bzw. auf Dachflächen vorhandener Gewerbe-
betriebe werde nicht ausreichend in der Alternativenprüfung thematisiert. Diese Un-
tersuchungen werden aus planungsrechtlicher Sicht im Sinne von § 1 Abs. 5 BauGB
i. V. m. § 1a BauGB zum „Schutz des Bodens“ für erforderlich gehalten. Die Ände-
rung des Flächennutzungsplanes und die Ausweisung einer Sonderbaufläche
„Photovoltaik“ über die Gesamtfläche von 8,6 ha sei bei einem positiven Ausgang
des Abweichungsverfahrens erforderlich. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes
habe parallel zu erfolgen.

Das Dezernat 41.1 – Grundwasserschutz, Wasserversorgung trägt keine Beden-
ken gegen das geplante Vorhaben vor, teilt aber mit, dass die Planfläche teilweise
innerhalb eines Vorbehaltsgebietes für den Grundwasserschutz sowie der Schutz-
zone III B des festgesetzten Trinkwasserschutzgebietes für die Trinkwasser-
gewinnungsanlagen Marburg / Wehrda der Stadtwerke Marburg liege. Die Verbote
der Schutzgebietsanordnung stünden der Planung nicht grundsätzlich entgegen.

Das Dezernat 41.2 – Oberirdische Gewässer, Hochwasserschutz teilt mit, dass
der gesetzliche 10 m breite Gewässerstreifen beim Reddehäuser Bach eingehalten
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werde. Hierbei werde auf § 23 Abs. 2 HWG sowie auf § 38 Abs. 4 Wasserhaushalts-
gesetz verwiesen. Für die geplante Anlage eines Feldweihers werde um detailliertere
Unterlagen gebeten, damit die Notwendigkeit einer Genehmigung beurteilt werden
könne. Der Hochwasserschutz sowie Überschwemmungsgebiete seien durch das
Vorhaben nicht betroffen.

Das Dezernat 41.3 – Kommunale Abwasser teilt mit, dass die Zuständigkeit beim
Landkreis Marburg-Biedenkopf, Fachdienst für Wasser- und Bodenschutz liege.

Das Dezernat 41.4 – Industrielles Abwasser, Altlasten weist aus Sicht des Nach-
sorgenden Bodenschutzes darauf hin, dass sich im Planungsraum keine Altstand-
orte, Altablagerungen, altlastverdächtige Flächen, Altlasten und schädliche Boden-
veränderungen befinden. Da eine Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten jedoch
nicht garantiert werden könne, werde eine weitere Informationsbeschaffung bei der
zuständigen Wasser- und Bodenschutzbehörde des Landkreises Marburg-Bieden-
kopf empfohlen. Weiterhin werde auf § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1, 7 BauGB sowie auf die
Entsorgungspflichten nach § 8 Abs. 4 HAltBodSchG hingewiesen.

Bezüglich des Vorsorgenden Bodenschutzes werde auf § 1 und § 7 BBodSchG so-
wie § 1 Abs. 1 Nr. 2 HAltBodSchG verwiesen. Die durchgeführte Alternativenprüfung
berücksichtige den Funktionserfüllungsgrad der Böden, die innerhalb des Plange-
biets sehr gering sei. Diese Form der Lenkung der Flächeninanspruchnahme trage
dem Vorsorgenden Bodenschutz Rechnung und werde begrüßt. Es werde zur Bean-
spruchung sowie Teilversiegelung von Böden und somit zu einem erheblichen Ver-
lust der Bodenfunktionen an dieser Stelle kommen. Es wird darauf hingewiesen, dass
es nachteilige Einflüsse durch die Umsetzung im Hinblick auf die Bodenfunktionen
sowie eine verminderte Verdunstungskühlleistung durch die Solarpaneele geben
werde. Daher werde dringend empfohlen, zunächst alternative bereits versiegelte
Standorte oder Dachflächen zu nutzen. Grundsätzlich seien Förderungen zur Ener-
gieeinsparung der Inanspruchnahme von Naturschutzgütern zur Energiegewinnung
vorzuziehen. Es sei auf Grund der Flächengröße von 8,6 ha bei der Bauplanung und
-ausführung in ausreichendem Maße Vorsorge gegen das Entstehen von schädli-
chen Bodenveränderungen zu treffen. Es bestehe für den anstehenden Boden eine
Belastungsgefahr und durch z.B. Aushub könne die Qualität des Bodens und seiner
Funktion erheblich beeinträchtigt werden. Um diese komplexen Sachverhalte ausrei-
chend zu würdigen, sei im Rahmen der Bauarbeiten eine bodenkundliche Baube-
gleitung durch ein sachverständiges Ing.-Büro erforderlich. Es werde auf § 15 Abs. 1
BNatSchG verwiesen. Die Maßnahmen zum Vorsorgenden Bodenschutz dienten ins-
besondere dem Schutz des Bodens und seiner natürlichen Funktionen vor vermeid-
baren Beeinträchtigungen, was durch die Bodenkundliche Baubegleitung sicherge-
stellt werde. Um eine schnelle Reaktion vor Ort und einen möglichst verzögerungs-
freien Bauablauf bei gleichzeitiger Einhaltung der bodenschutzfachlichen Anforderun-
gen zu gewährleisten, sei eine Weisungsbefugnis für die Bodenkundliche Baubeglei-
tung erforderlich.

Laut Dezernat 42.2 – Kommunale Abfallwirtschaft bestehen aus abfallbehördlicher
Sicht keine Bedenken gegen die Zielabweichung. Es befänden sich keine geplanten
oder betriebenen ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen im Plangebiet. Bei Bau- und
Erdarbeiten seien die Vorgaben im Merkblatt „Entsorgung von Bauabfällen“ der Re-
gierungspräsidien in Hessen zu beachten.

Das Dezernat 44.1 – Bergaufsicht weist darauf hin, dass im Plangebiet ein Vorbe-
haltsgebiet oberflächennaher Lagerstätten liege, wobei keine konkreten Abbau-
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planungen bekannt seien. Dennoch sei sicherzustellen, dass eine zukünftige Roh-
stoffgewinnung nicht beeinträchtigt werde.

Das Dezernat 51.1 – Landwirtschaft, Marktstruktur trägt aus Sicht der Landwirt-
schaft und des vorsorgenden Bodenschutzes Bedenken gegen die Planung vor und
kann dem Abweichungsantrag nicht zustimmen. Es liege nur ein Teil der Planungs-
fläche innerhalb des Vorbehaltsgebiets für Photovoltaik-Freiflächenanlagen und die
übrige Fläche in einem Vorranggebiet für Landwirtschaft. Mit dem TRPEM 2016/2020
wurden die Vorbehaltsgebiete für Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit den landwirt-
schaftlichen Belangen abgestimmt und der geplante Solarpark liege teilweise bereits
im Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Daher werde vorgeschla-
gen, den Solarpark vollständig in die Vorbehaltsgebiete für Photovoltaik-
Freiflächenanlagen zu verlegen. Inwiefern die Gründe für einen abweichenden
Standort gewichtiger seien als die Inanspruchnahme eines Vorbehaltsgebiet für Pho-
tovoltaik-Freiflächenanlagen, würde in den Unterlagen nicht beantwortet.

In der Alternativenprüfung werde eine Agri-Photovoltaik-Freiflächenanlage (Agri-PV-
FFA) in keiner Weise in Betracht gezogen. Einer Agri-PV-FFA, bei der mindestens
80 % der Planungsfläche mit einer möglichst uneingeschränkten Landbewirtschaf-
tung möglich sei, könne zugestimmt werden, weshalb die Betrachtung einer Agri-PV-
FFA als Alternative gefordert werde.

In der Begründung zum Abweichungsantrag werde eine Auseinandersetzung mit
dem Belang Landwirtschaft vorgenommen, die jedoch als Fazit auf den privaten Be-
lang Landwirtschaft abhebe und keineswegs dem öffentlichen Belang Landwirtschaft
Rechnung trage. Außerdem sei an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass nach Ab-
lauf der temporären Nutzung von etwa 30 Jahren eine Grünlandnutzung vorgesehen
sei, die sich aus der Extensivierung zwangsläufig entwickelt habe. Die Wiederherstel-
lung der ursprünglichen Ackernutzung sei insofern nicht mehr vorgesehen, sodass
eine Beeinträchtigung der örtlichen Agrarstruktur zusätzlich gegeben sei. Des Weite-
ren werde sich der Stellungnahme des Fachdienstes Landwirtschaft des Kreises
Marburg-Biedenkopf angeschlossen.

Seitens des Dezernats 53.1 – Forsten und Naturschutz I bestehen aus Sicht der
Oberen Naturschutzbehörde (ONB) die folgenden Bedenken, wodurch die nachfol-
genden Sachverhalte eingehender geprüft werden sollten. Ca. 1.000 m entfernt be-
ginne westlich ein Vogelschutzgebiet (VSG), sodass der Planungsraum für die im
VSG vorkommenden Vogelarten als Nahrungshabitat dienen könne. Daher sei eine
Prognose zu erstellen, die sich mit den Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhal-
tungsziele des VSG befasse und diese bewerte. Weiterhin würden die im südlichen
Randbereich überplante „Ökologisch wertvolle Grünlandfläche“ und der als „Korridor
für den Biotopverbund“ verlaufenden Reddehäuser Bach in ihren Funktionen einge-
schränkt und sollten aus dem Plangebiet mit ausreichendem Abstand ausgeschlos-
sen werden. Ob diese Flächen in den naturschutzfachlichen Ausgleich einbezogen
werden könnten, wäre auf Ebene des Bebauungsplans zu prüfen. Es sei darauf zu
achten, dass die beiden Gehölzreihen im Plangebiet, die vom Geltungsbereich der
Anlage ausgeschlossen seien, als Brut- und Nahrungshabitat erhalten blieben. Zur
Sicherstellung ihrer Funktion als Lebens- und Nahrungsstätte sei ein ausreichender
Abstand zu den Solarmodulen vorzusehen.

Dem Antrag seien keine Angaben zum Vorkommen geschützter Arten im Plangebiet
zu entnehmen, sodass das Vorkommen von Bodenbrütern nicht auszuschließen sei.
Dadurch möglicherweise verursachte Ausgleichsmaßnahmen würden gegebenenfalls
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zusätzliche landwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch in nehmen, die wieder-
rum regionalplanerisch relevant sein könnten.

Da eine Verschiebung der Belange des Artenschutzes auf die Ebene der Bauleitpla-
nung für problematisch gehalten werde, bittet die ONB um die Vorlage eines Arten-
schutzbeitrages mit einer Beschreibung des faunistischen Potentials der Vorhaben-
fläche und den daraus resultierenden Ausgleichsmaßnahmen sowie den dafür
erforderlichen Flächen.

Für die Eingrünung der Anlage seien grundsätzlich heimische Gehölzarten zu ver-
wenden, die einen ausreichenden Sichtschutz bieten und dauerhaft ihre Funktion
erfüllen können. Aus der Sicht des Naturschutzes werde empfohlen, die Fläche in-
nerhalb der Einzäunung mit zertifiziertem kräuterreichen und gebietsheimischen
Saatgutmischung einzusäen und extensiv durch Schafbeweidung zu nutzen.

Auch wenn gegen die beantragte Abweichung aus der Sicht des Naturschutzes und
der Landschaftspflege keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, werde zur ab-
schließenden Beurteilung des Antrags um Vorlage der v. g. Unterlagen gebeten. Das
Benehmen werde daher nicht hergestellt. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich
bei der Nutzung der Ackerflächen als PV-FFA um einen Eingriff in Natur und Land-
schaft im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG handle. Laut der Oberen Forstbehörde
sind keine forstlichen Belange durch das Vorhaben berührt.

Die beteiligten Dezernate 42.1 – Industrielle Abfallwirtschaft, Abfallvermeidung
sowie 43.1 – Immissionsschutz I äußern keine Bedenken. Das Dezernat 43.2 – Im-
missionsschutz II gab keine Stellungnahme ab.

5. Raumordnerische Bewertung

Notwendigkeit des Zielabweichungsverfahrens

Das Vorhaben, das laut Antragsunterlagen auf einer Gesamtfläche von 8,6 ha die
Entwicklung eines Solarackers, also einer PV-FFA, zum Ziel hat, liegt im planungs-
rechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Das Vorhaben ist raumbedeutsam

Dem Bereich der Anlage, welcher im Vorranggebiet für Landwirtschaft und nicht
gleichzeitig im Vorbehaltsgebiet für Freiflächen-Photovoltaik liegt (ca. 4,6 ha und da-
mit ebenfalls raumbedeutsam), stehen die Ziele der Raumordnung entgegen, da
raumbedeutsame PV-FFA in Vorranggebieten für Landwirtschaft gemäß Plansatz
7.2.3-3 (Z) des Regionalplan Mittelhessen 2010 unzulässig sind. Um diesen Zielkon-
flikt aufzulösen, ist eine Befreiung von der Beachtungspflicht dieses regionalplane-
rischen Ziels notwendig, welche im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens erteilt
werden kann.

Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen der Zielabweichung

Gemäß § 8 Abs. 1 Hessisches Landesplanungsgesetz (HLPG) i.V.m. § 6 Abs. 2 S. 1
Raumordnungsgesetz (ROG) kann eine Zielabweichung zugelassen werden, wenn
sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden.

Maßstab für die Beurteilung der raumordnerischen Vertretbarkeit ist die Frage, ob
die Abweichung mit Rücksicht auf den Zweck der Zielfestlegung auch planbar gewe-
sen wäre, ob also unter raumordnerischen Gesichtspunkten statt der Abweichung
-10-

auch der Weg der Planung hätte gewählt werden können. Es ist also zu prüfen, ob
für die Abweichung wichtige Gründe sprechen, die schwerer wiegen als die Um-
stände, die zu einer entgegenstehenden Zielausweisung im Regionalplan geführt
haben.
Ob eine Zielabweichung die Grundzüge der Planung berührt, beurteilt sich nach
den konkreten Umständen des Einzelfalls, mithin nach der im Raumordnungsplan
zum Ausdruck gebrachten planerischen Absicht des Planungsträgers. Bezogen auf
diese Planungsabsicht darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeu-
tung zukommen, dass die angestrebte und im Raumordnungsplan zum Ausdruck
gebrachte Raumordnung in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Ein Indiz für die
Nichtberührung der Grundzüge der Planung stellt es dar, wenn es sich um einen aty-
pischen Sonderfall handelt und somit eine Befreiung von der Zielbeachtenspflicht in
Betracht kommt.

Die beantragte Befreiung von der Beachtenspflicht kann zugelassen werden, denn
die o.g. gesetzlichen Voraussetzungen liegen in diesem Fall vor.

Auf das hier maßgebliche raumordnerische Ziel Vorranggebiet für Landwirtschaft be-
zogen, ist die Abweichung vertretbar. Für sie sprechen gewichtige Gründe, die
schwerer wiegen als die Umstände, die zu einer entgegenstehenden Zielausweisung
im Regionalplan geführt haben. Die Abweichung ist auch deshalb vertretbar, weil le-
diglich eine auf 30 Jahre zeitlich beschränkte Abweichung beantragt ist. Die im Plan-
gebiet im Rahmen der noch durchzuführenden Bauleitplanung zur Festsetzung vor-
gesehenen baulichen Nutzungen und sonstigen Anlagen sind nur auf den Zeitraum
des tatsächlichen Anlagenbetriebs beschränkt. Danach erfolgt ein vollständiger
Rückbau der Photovoltaikanlage. Als Folgenutzung ist gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BauGB landwirtschaftliche Nutzung (gemäß der heutigen Nutzung) angegeben (vgl.
Maßgabe 1 und 2).
Durch die Errichtung der PV-FFA wird ein den Regionalplan prägender Grundzug
nicht berührt. Vielmehr wird dort im Energiekapitel die Zielsetzung formuliert, bis
zum Jahr 2020 mindestens ein Drittel des mittelhessischen Endenergieverbrauchs
(ohne Verkehr) durch möglichst regional erzeugte erneuerbare Energien abzude-
cken. Dazu wird die hier vorgesehene Anlage einen Beitrag leisten.

Die im Regionalplan Mittelhessen für die Antragsfläche vorgenommene Ausweisung als
Vorranggebiet für Landwirtschaft bleibt langfristig bestehen; die Abweichungsentschei-
dung umfasst lediglich die zeitlich befristete Nutzung durch eine PV-FFA (s. Maßgabe
1). Laut Abweichungsantrag ist eine Nutzung (Betriebsdauer) von 30 Jahren vorgese-
hen, nach der der Anlagenbetreiber zum Rückbau der Anlage verpflichtet ist.
Anschließend können die Flächen wieder landwirtschaftlich genutzt werden. Dies ist
durch eine entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan und nachfolgend als
Festsetzung im Bebauungsplan zu sichern (s. Maßgabe 2) und zusätzlich durch die
Vorlage des städtebaulichen Vertrags gegenüber der Oberen Landesplanungsbehörde
nachzuweisen (vgl. Maßgabe 4).

Begründung der Zulassung

Die 3. Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) Hessen 2000 legt in Plansatz
4.4-7 (Z) fest, dass für die Landwirtschaft einschließlich Wein-, Obst und Gartenbau
besonders geeignete Flächen in ausreichendem Umfang zu erhalten und durch Fest-
legung von Vorranggebieten für Landwirtschaft durch die Regionalplanung zu sichern
sind. Dabei sind insbesondere innerhalb der Agrarischen Vorzugsräume landwirt-
schaftlich genutzte Flächen von der Regionalplanung als Vorranggebiete für die
-11-

Landwirtschaft festzulegen, wobei der Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen mit ho-
her Ertragssicherheit ein hohes Gewicht zukommt. Die Böden dieser landwirtschaft-
lichen Flächen weisen auch unter veränderten klimatischen Bedingungen eine hohe
Ertragssicherheit auf. Ein Maß für die Ertragssicherheit sind die in der Bodenschät-
zung ermittelten Bodenzahlen (Ackerland) bzw. Grünlandgrundzahlen (Grünland).
Böden mit einer Bodenzahl/Grünlandgrundzahl > 60 sind überdurchschnittlich er-
tragssichere Böden und sollen langfristig für die landwirtschaftliche Nutzung erhalten
bleiben.
Im Hinblick auf PV-FFA legen die Ziele 5.3.21-1 und 5.3.2.1-2 der 3. Änderung LEP
Hessen 2000 fest, dass für solche Anlagen Standorte im Freiraum mit entsprechen-
der Vorbelastung und nachrangig Standorte in benachteiligten Gebieten in Betracht
zu ziehen sind. Darüber hinaus sind in den Regionalplänen Gebietskategorien fest-
zulegen, in denen die Errichtung von PV-FFA mit den Erfordernissen der Raumord-
nung vereinbar ist.

Das Land Hessen hat mit der Verordnung über Gebote für Freiflächensolaranlagen
(Freiflächensolaranlagenverordnung – FSV) vom 19.11.2018 von der Ausnahmere-
gelung nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. h und i des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) Gebrauch gemacht. Demnach dürfen auf Acker- und Grünlandflächen in be-
nachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten, ausgenommen sind Natura-2000-Gebie-
te, PV-FFA bis zu einer zu installierenden Nennleistung von 35 MW/Jahr (entspre-
chend etwa 50 ha) im Ausschreibungsverfahren nach EEG bezuschlagt werden. Mit
der Freiflächensolarverordnung weist das Land Hessen im Hinblick auf die notwen-
dige Energiewende PV-FFA eine hohe Bedeutung zu, der in der Abwägung zur
Zielabweichung ein besonderes Gewicht beizumessen ist.
Als weiterer Punkt zu nennen ist das im Dezember 2020 verabschiedete EEG 2021,
das für Photovoltaik deutschlandweit bis zum Jahr 2030 einen Ausbaupfad auf 100
Gigawatt Nennleistung (Ausbaustand nach Fraunhofer ISE, Fakten zur PV,
17.12.2020: Ende 2020 = 53 GW) vorsieht. Unter diesen Rahmenbedingungen
kommt im Hinblick auf die Energiewende einer regionalplanerischen Steuerung des
Ausbaus von Freiflächen-Photovoltaik eine entscheidende Steuerungsfunktion zu.

Mit der Drucksache IX/85 hat die Regionalversammlung Mittelhessen – Ausschuss
für Energie, Umwelt, Ländlichen Raum und Infrastruktur – das Grundsatzpapier zu
PV-FFA in Vorbehaltsgebieten und Vorranggebieten für Landwirtschaft in Mittelhes-
sen beschlossen. In Ziff. 3 des Grundsatzpapiers ist festgelegt, dass in der Regel
Böden mit einer hohen Ertragssicherheit von einer Nutzung durch raumbedeutsame
PV-FFA auszuschließen sind. Dies sind regelmäßig Flächen, die Bodenzahlen
(Ackerland) bzw. Grünlandgrundzahlen (Grünland) von überwiegend größer 60 auf-
weisen. In den naturräumlich benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten in
Mittelhessen, zu denen die Planungsfläche gehört, sind regelmäßig bereits Flächen
mit einer Bodenzahl bzw. Grünlandgrundzahl überwiegend größer 50 auszuschlie-
ßen.

Nach Auswertung der Bodenzahlen auf der Planungsfläche ist seitens der Oberen
Landesplanungsbehörde festzuhalten, dass die Bodenzahlen innerhalb einer Band-
breite von 26 bis 48 variieren. Die Planungsfläche liegt im benachteiligten Gebiet,
eine Bodenzahl von größer 50 wird in keinem Teilbereich erreicht (s. Karte 4).
Insofern steht das Grundsatzpapier im Hinblick auf die Ertragsfähigkeit der Fläche ei-
ner Zielabweichung nicht entgegen.

Auswirkungen auf die Agrarstruktur
-12-

In Cölbe-Reddehausen wirtschaften fünf landwirtschaftliche Unternehmen, davon vier
im Haupt- und einer im Nebenerwerb. Die landwirtschaftliche Gesamtfläche in Redde-
hausen selbst liegt bei 213 ha, die Gesamtnutzfläche der ansässigen Betriebe beträgt
ca. 629 ha. Damit werden gut zwei Drittel der Flächen außerhalb des Ortsteils bewirt-
schaftet. Im Planbereich selbst werden 8,3 ha als Ackerland und 0,3 ha als Grünland
genutzt. Den betroffenen Bereich bewirtschaften hauptsächlich Vollerwerbslandwirte
(ca. 6,4 ha), zu einem kleineren Teil auch Nebenerwerbslandwirte (ca. 2,2 ha). Alle be-
troffenen Landwirte sind Flächeneigentümer und haben sich gegenseitig Flächen ver-
pachtet.

Seitens der Belangträger „Landwirtschaft“ durch den Kreisausschuss des Landkrei-
ses Marburg Biedenkopf und das Dez. 51.1 des RP Gießen werden Bedenken in
Bezug auf die Inanspruchnahme eines Vorranggebietes für Landwirtschaft sowie we-
sentlicher Beeinträchtigungen der örtlichen Agrarstruktur geäußert. Zu diesen Be-
denken enthält auch das Grundsatzpapier der DS IX/85 Festlegungen und Hinweise.
Zunächst ist festzuhalten, dass mit der Planungsfläche das Ziel 2.3-4 (Z) des TRPEM
2016/2020, wonach die Flächeninanspruchnahme durch PV-FFA innerhalb einer Ge-
bietskörperschaft auf 2 % der Fläche der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für
Landwirtschaft begrenzt wird, nicht verletzt wird.
Im RPM 2010 sind im Gebiet der Gemeinde Cölbe 1.699 ha Vorbehalts- und Vor-
ranggebiete Landwirtschaft ausgewiesen. Der Anteil der Planungsfläche von 8,6 ha
an der Gesamtfläche zusammen mit der bestehenden PV-FFA in der ehemaligen
Kiesgrube Bernsdorf beträgt somit knapp 1 %. Insofern kann allein daraus keine we-
sentliche Beeinträchtigung der örtlichen Agrarstruktur abgeleitet werden. Im Zielab-
weichungsantrag wird außerdem nachvollziehbar ausgeführt, dass keine wesentli-
chen Auswirkungen auf die Agrarstruktur zu erwarten sind. Einige der vorgetragenen
Bedenken werden durch die Antragsunterlagen bereits entkräftet. Die darin gemach-
ten Angaben wurden in Absprache mit dem Sprecher der Eigentümer sowie dem
Landwirt mit dem größten Flächenanteil im April 2021 getroffen.

Im Hinblick auf den öffentlichen Belang der Agrarstruktur wird dargestellt, dass für sämt-
liche betroffenen Flurstücken folgende Merkmale zutreffen:
- Die Inanspruchnahme ist mangels Bedarf an Ersatzland nicht mit einem erhöhten
  Flächendruck verbunden
- Eine Erhöhung von Pachtpreisen ist als Folge dessen nicht erkennbar
- Landwirtschaftliche Kooperationen gehen nicht verloren, z.T. wird Ersatzland intern
  getauscht
- Es sind keine drohenden Betriebsaufgaben erkennbar
- Das Flurwegesystem bleibt in relevantem Umfang erhalten
- Die Böden weisen Boden-/Grünlandgrundzahlen von überwiegend unter 31 auf
- Wie oben erläutert, werden zusammen mit der bestehenden PV-FFA in der ehemali-
  gen Kiesgrube Bernsdorf knapp 1 % der Vorbehalts- und Vorranggebiete für Landwirt
  schaft in Anspruch genommen
- Die Laufzeit der Anlage wird auf max. 30 Jahre begrenzt, als Nachnutzung wird
  landwirtschaftliche Nutzung gem. der heutigen Nutzung (also Acker- oder Grünland-
  nutzung) bestimmt.

Im Hinblick auf den privaten Belang der Agrarstruktur liegen folgende betriebsbezogene
Merkmale vor:
Betrieb A: Es handelt sich um einen Ackerbaubetrieb im Haupterwerb. Bei einer Be-
triebsgröße von ca. 320 ha werden durch das Vorhaben weniger als 1 % der Fläche
entzogen. Durch einen internen Tausch wird kein Ersatzland benötigt.
-13-

Betrieb B: Es handelt sich um einen Veredelungsbetrieb im Haupterwerb. Bei einer Be-
triebsgröße von ca. 50 ha werden durch das Vorhaben ca. 2,9 % der Fläche entzogen.
Es wird kein Ersatzland benötigt.
Betrieb C: Es handelt sich um einen Ackerbaubetrieb im Zuerwerb. Bei einer Betriebs-
größe von ca. 30 ha werden durch das Vorhaben ca. 0,8 % der Fläche entzogen. Es
wird kein Ersatzland benötigt.
Betrieb D: Es handelt sich um einen Ackerbaubetrieb im Haupterwerb. Bei einer Be-
triebsgröße von ca. 30 ha werden durch das Vorhaben ca. 2,7 % der Fläche entzogen.
Es wird kein Ersatzland benötigt.

Mehrere Betriebe werden absehbar auslaufen, sodass deren Flächen zukünftig dem
Markt zu Verfügung stehen werden. Drei der Flächeneigentümer besitzen ebenfalls Flä-
chen östlich des Plangebiets und damit Flächen, welche teilweise im Vorbehaltsgebiet
für Photovoltaik-Freiflächenanlagen liegen. Da diese Flächen schlechtere Bodenzahlen
aufweisen und zudem dort erst kürzlich eine biologische Landwirtschaft begonnen
wurde, ist es deren ausdrücklicher Wunsch, auf die Flächen des aktuellen Plangebietes
auszuweichen. Der Argumentation mit den schlechteren Bodenzahlen kann zwar nicht
gefolgt werden, da es gerade diese sind, welche aus raumordnerischer Sicht ein Krite-
rium für die Standortwahl für PV-FFA darstellen. Jedoch würden mit diesen Flächen
östlich des aktuellen Plangebietes im Verhältnis mehr Vorranggebiete für Landwirtschaft
und weniger Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Anspruch genom-
men werden, sodass die beantrage Planabgrenzung aus raumordnerischer Sicht die
nachvollziehbarere Variante darstellt.

Einer entsprechenden Rücknahme von Vorranggebieten für Industrie und Gewerbe Pla-
nung, wie vom Kreisausschuss des Kreises Marburg-Biedenkopf vorgeschlagen, kann
nicht gefolgt werden, da in der Bilanz des Regionalplans kein Vorranggebiet für Land-
wirtschaft verloren geht. Auch wenn die Fläche unter einer Nutzung mit Freiflächen-
Photovoltaik gem. § 11 Abs. 2 BauNVO sondergebietspflichtig ist, bleibt sie im Regio-
nalplan Mittelhessen Vorranggebiet für Landwirtschaft. Da die Nutzung zeitlich begrenzt
ist und keine dauerhaften Versiegelungen stattfinden, ist eine anschließende Nutzung,
die dem Vorranggebiet gerecht wird, wieder möglich.

Zusammenfassend sind daher wesentliche Auswirkungen auf die Agrarstruktur nicht
zu erwarten. Zudem kann die Fläche zwischen und unter den Photovoltaikmodulen
auch während deren Betriebsdauer zumindest partiell landwirtschaftlich genutzt wer-
den (z. B. Futtergewinnung, Biomassegewinnung, Schafbeweidung, neuerdings wird
auch Gänsehaltung erwähnt). Eine neuere technische Entwicklung stellt die soge-
nannte Agri-Photovoltaik dar, bei der durch größeren Abstand zwischen den Modulen
oder eine höhere Aufständerung eine gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung, auch
als Acker, ermöglicht werden soll. Obwohl diese Technik in Pilotprojekten bereits
praktische Erfolge zeigte, ist sie noch nicht als „serienreif“ zu bezeichnen. Da Agri-PV
jedoch als besonders verträglich mit der Agrarstruktur angesehen werden kann,
muss sich im nachfolgenden Bauleitplanverfahren mit dieser Möglichkeit auseinan-
dergesetzt und begründet werden, inwiefern diese Technik hier angewendet werden
kann. Gründe für eine Nichtanwendung sind dabei zu nennen.

Zu den Bedenken hinsichtlich einer späteren Wiedernutzbarmachung der Planungsflä-
che als Ackerland ist zu berücksichtigen, dass infolge der bauleitplanerischen Festset-
zung des Sondergebietes „Photovoltaik“ die Fläche planungsrechtlich und förderrecht-
lich anders zu bewerten ist als eine landwirtschaftliche Fläche außerhalb eines Bebau-
ungsplans. Über die Festsetzung des Baurechts auf Zeit (gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BauGB) kann gewährleistet werden, dass nach Ablauf der Photovoltaiknutzung die
landwirtschaftliche Nutzung auf der Grundlage der im Bebauungsplan festzusetzenden
-14-

Folgenutzung, auch als Ackernutzung, wiederaufgenommen werden kann (vgl. Maß-
gabe 2 und 3).
Die Begrünung der PV-FFA dient grundsätzlich als Ausgleich des temporären Eingriffs
auf einer Ackerfläche, sodass mit Abbau des Eingriffes die Fläche wieder landwirt-
schaftlich genutzt werden kann. Aus diesen Gründen ist der künftige Umbruch in Acker-
land aufgrund der Vorgaben des Bebauungsplanes auch in 30 Jahren möglich, unab-
hängig von den dann gültigen gesetzlichen Vorgaben, da hier der vorliegende Bebau-
ungsplan das entsprechende Bauplanungsrecht und die Nachfolgenutzung festgesetzt
hat. Der § 35 BauGB (Außenbereich) kann in diesem Fall dann nicht für die Beurteilung
des Grünlandes herangezogen werden.

Standortalternativen

Der Antrag enthält eine Standortanalyse Freiflächenphotovoltaik, mit der eine Alter-
nativenprüfung auf Ebene des Gemeindegebietes durchgeführt wird. Nach Prüfung
der grundsätzlichen Eignung der Fläche auf technische und wirtschaftliche Machbar-
keit und den Regelungen des EEG wurden so 12 Flächen einer näheren Betrachtung
unterzogen.
Danach bieten sich im Gebiet der Gemeinde Cölbe keine ausreichenden Möglichkei-
ten der Nutzung von Vorranggebieten für Industrie und Gewerbe, da diese entweder
bereits genutzt werden oder, im Falle des geplanten Gewerbegebietes zwischen Bür-
geln und Schönstadt, keine günstige Exposition aufweisen und es sich hier um ge-
fragte Flächen, auch aufgrund des Ausbaus der A 49, handelt.
Im Gemeindegebiet von Cölbe sind zwei Vorbehaltsgebiete für Photovoltaik-Freiflä-
chenanlagen in einer Gesamtgröße von ca. 14,7 ha festgelegt. Das Vorbehaltsgebiet
für Photovoltaik-Freiflächenanlagen westlich des Ortsteils Schwarzenborn wurde auf-
grund der nicht gegebenen EEG-Förderfähigkeit und der guten Boden- und Grün-
landgrundzahlen (deutlich über 60 auf einem Großteil der Fläche) nicht weiterver-
folgt. Die EEG-Förderfähigkeit ist für die regionalplanerische Beurteilung ohne
Belang, der Argumentation aufgrund der hohen Bodenzahlen kann jedoch gefolgt
werden. Das andere vorliegende Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-Freiflächenanla-
gen zwischen Reddehausen und Schönstadt wird mit dieser Planung mit dem Teil
der Planfläche, für den keine Zielabweichung notwendig wird, in Anspruch genom-
men. Der Teil der Planfläche, der über das Vorbehaltsgebiet für Photovoltaik-
Freiflächenanlagen hinausgeht, folgt zum einen den Grenzen derjenigen Flurstücke,
welche durch das ohnehin nicht parzellenscharf festgelegte Vorbehaltsgebiet für
Photovoltaik-Freiflächenanlagen betroffen sind, zum anderen werden hier vergleichs-
weise geringwertige Böden in Anspruch genommen.

Die Standortwahl ist aus regionalplanerischer Sicht nachvollziehbar und schlüssig;
sie berücksichtigt die Festlegungen im TRPEM 2016/2020.
Die Stadt kann ohnehin nicht auf die mit dem TRPEM 2016/2020 im Gemeindegebiet
ausgewiesenen Vorbehaltsgebiete für Photovoltaik-Freiflächenanlagen verwiesen
werden. Diese Vorbehaltsgebiete sind als Angebotsplanung zur Unterstützung der
kommunalen Planung zu verstehen und als Grundsatz der Raumordnung im Rahmen
der kommunalen Bauleitplanung zu berücksichtigen. Begründete Abweichungen sind
ebenso möglich wie die Option, dass auch PV-FFA an anderer Stelle im Gemeinde-
gebiet im Rahmen der kommunalen Planung entstehen können. Die regionalpla-
nerische Vorbehaltsfestlegung führt demnach nicht zu einer abschließenden verbind-
lichen regionalplanerischen Standortsteuerung von PV-FFA.
-15-

Natur- und Artenschutz

Von den Belangträgern für Natur- und Artenschutz werden von der Oberen Natur-
schutzbehörde keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Ausweisung des Sonder-
gebietes Freiflächenphotovoltaik erhoben, jedoch zur Beurteilung Nachforderungen
gestellt. Aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde bestehen Bedenken.
Festgesetzte Schutzgebiete sind von der Planung nicht unmittelbar betroffen, in ca.
1.000 m Entfernung beginnt westlich das Vogelschutzgebiet „Burgwald“ (VSG Nr.
5018-401). Darüber hinaus befinden sich mehrere durch die Hessische Biotopkartie-
rung erfassten Biotope innerhalb des Planbereiches.
Im Hinblick auf die noch durchzuführende Bauleitplanung und die Ausführung der
Maßnahme werden von beiden Belangträgern Hinweise und Anregungen gegeben,
vertiefte Untersuchungen gefordert sowie Maßnahmen zur Umsetzung vorgeschla-
gen. Im Wesentlichen betrifft dies:
- Prognose der Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele des in 1.000 m
gelegenen VSG „Burgwald“
- Ausschluss aus der Planung bzw. Erhaltung der im südlichen Randbereich gelege-
nen ökologisch wervollen Grünlandfläche, des Reddehäuser Baches sowie den
beiden Gehölzreihen bzw. der nach der Hessischen Biotopkartierung erfassten Bio-
tope im Plangebiet
- Vorlage eines Artenschutzbeitrages mit einer Beschreibung des faunistischen Po-
tenzials der Vorhabenfläche und den daraus resultierenden Ausgleichsmaßnahmen
sowie den dafür erforderlichen Flächen.
Diese Hinweise und Forderungen sind jedoch auf der Grundlage des Abweichungs-
antrags für die raumordnerische Ebene nicht durchschlagend. Hier geht es um das
„Ob“ und nicht um das „Wie“. Sowohl dem Abweichungsantrag als auch den Stel-
lungnahmen können keine Anhaltspunkte entnommen werden, die eine grundsätz-
liche Umsetzbarkeit des Vorhabens in der Bauleitplanung ausschließen. Da sich Ar-
tennachweise gemäß den Antragsunterlagen zumindest nicht im Plangebiet selbst
finden, wird davon ausgegangen, dass auch die artenschutzrechtliche Prüfung auf
Bauleitplanungsebene abschichtbar ist.
Die Hinweise der Belangträger für Natur- und Artenschutz werden deshalb in die Ab-
weichungsentscheidung als Hinweise aufgenommen, die in der nachfolgenden Bau-
leitplanung zu berücksichtigen und abzuarbeiten sind.

Bauleitplanung

Aus Sicht der Bauleitplanung wird die Errichtung von PV-Anlagen auf Dachflächen
vorhandener Gewerbebetriebe nicht ausreichend in der Alternativenprüfung themati-
siert. Dieser Aspekt ist im Rahmen der Bauleitplanung auszuarbeiten.

Zusammenfassung

In Bezug auf die Errichtung von PV-FFA in Vorranggebieten für Landwirtschaft ste-
hen die raumordnerischen Ziele des RPM 2010 zunächst in einem Widerspruch zu
den energiepolitischen Zielen des EEG, das bei Vorliegen der oben genannten Vo-
raussetzungen die Inanspruchnahme von Ackerflächen und Grünlandflächen in
benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten als Anlagenstandorte ausdrücklich be-
nennt.
Im TRPEM 2016/2020 ist die Vorgabe enthalten, in der Region Mittelhessen bis zum
Jahr 2020 mehr als ein Drittel des Endenergieverbrauchs (ohne Verkehr) (bis 2050
100%) durch möglichst regional erzeugte Erneuerbare Energien abzudecken.
Hinsichtlich dieser Ziele und Vorgaben, die einerseits die raumordnerisch veranker-
ten Freiraumfunktionen gewährleisten, andererseits aber auch für eine ausreichende
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