Risiko und Häufigkeit von Long-COVID - Vielfältige Symptome und mehrere Hypothesen zur Pathogenese - Springer Link

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Risiko und Häufigkeit von Long-COVID - Vielfältige Symptome und mehrere Hypothesen zur Pathogenese - Springer Link
Schwerpunk t • Atemwegserkrankungen

                                                         Vielfältige Symptome und mehrere Hypothesen zur Pathogenese

                                                         Risiko und Häufigkeit von
                                                         Long-COVID
                                                         Dr. Isabell Pink, Prof. Dr. Tobias Welte
                                                         Klinik für Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover

                                                         Bei 10–20% aller Menschen, die sich mit „severe acute respiratory syn-                   konvaleszenz ist ebenso möglich wie
                                                         drome coronavirus type 2“ (SARS-CoV-2) infiziert haben, bleiben auch                     fluktuierende oder wiederkehrende Sym-
                                                         Wochen nach der Infektion noch Beschwerden zurück. Meist klagen die                      ptome [23].
                                                         Betroffenen über Fatigue, Dyspnoe, Anosmie und Ageusie, zudem über
                                                         Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Husten, kognitive Einschränkungen                        Verringert die Impfung das Risiko
                                                         und Schlafstörungen. Scheiden andere Ursachen aus und bestehen die                       von Long-COVID?
                                                         Beschwerden länger als vier Wochen, wird dies meist als Long-COVID                       Aktuell berichten etwa 10–20% aller
                                                         bezeichnet.                                                                              SARS-CoV-2-infizierten Patient*innen
                                                                                                                                                  über bleibende Symptome nach der pri-
                                                         Neben der akuten „coronavirus disease        [WHO]; [13, 19, 23]). Allen gemeinsam ist   mären Infektion [2, 8, 23]. Mit zuneh-
                                                         2019“ (COVID-19) rückt das Long- bzw.        die Einteilung der zeitlichen Intervalle    mendem zeitlichem Abstand zum Infek-
                                                         Post-COVID-19-Syndrom immer mehr             (Abb. 1). Beschwerden über mehr als 4       tionszeitpunkt nimmt auch die Anzahl
                                                         in den Fokus des allgemeinen Interesses.     Wochen nach der Infektion werden als        der noch symptomatischen Patient*innen
                                                         Insbesondere Häufigkeit, Symptome, Ri-       postakute COVID-19 bzw. anhaltende          ab. So ist davon auszugehen, dass nach
                                                         sikofaktoren und eine mögliche Therapie      symptomatische COVID-19 („ongoing           ≥ 12 Wochen noch ungefähr 2% der
                                                         der Erkrankung sind aktuell Gegenstand       symptomatic COVID-19“) bezeichnet.          Patient*innen betroffen sind [19, 24].
                                                         der Wissenschaft und werden in weltwei-      Über mehr als zwölf Wochen bestehende          Einzelne Studien berichten über eine
                                                         ten Studien untersucht. Dabei sind die       Beschwerden werden als Post-COVID-          Reduktion des Risikos, nach einer SARS-
                                                         zeitlichen Abstände zur Primärinfektion,     19-Syndrom bzw. -Zustand bezeichnet.        CoV-2-Vakzinierung unter Long-COVID
                                                         nach denen die Patient*innen in Studien      Der Begriff Long-COVID schließt beide       zu leiden, um bis zu 15%, andere verein-
                                                         untersucht werden, häufig sehr different.    Zeiträume ein. Alternative Ursachen der     zelte Studien hingegen konnten keine Ri-
                                                         Für die Vereinheitlichung der Nomenkla-      Symptome sollten ausgeschlossen wer-        sikoreduktion durch eine Impfung fest-
                                                         tur gibt es Empfehlungen des National        den, bevor die Patient*innen diese Diag-    stellen [1, 19]. Unbestritten bleibt das
                                                         Institute for Health and Care Excellence     nose erhalten. Die WHO grenzt zusätz-       durch die Impfung reduzierte Risiko ei-
                                                         (NICE), aus der deutschen S1-Leitlinie       lich ein, dass die Beschwerden über min-    nes schweren COVID-19-Verlaufs.
                                                         und auch von der Weltgesundheitsorga-        destens zwei Monate bestehen sollten.
                                                         nisation (World Health Organisation          Eine zwischenzeitlich vollständige Re-      Mögliche Pathomechanismen
                                                                                                                                                  Der Pathomechanismus von Long-CO-
                                                                                                                                                  VID ist weiterhin nicht verstanden. Bei
                                                                                                                                                  der akuten Infektion kommt es im Ver-
                                                                                                                                                  lauf der Erkrankung zu einer starken Ak-
                                                                                                                                                  tivierung des Immunsystems mit einer
© fizkes / Stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

                                                                                                                                                  massiven Erhöhung von inflammatori-
                                                                                                                                                  schen Parametern wie C reaktivem Pro-
                                                                                                                                                  tein (CRP), Interleukin 6 (IL-6), Ferritin,
                                                                                                                                                  D Dimeren und Laktatdehydrogenase
                                                                                                                                                  (LDH; [18]). Möglicherweise kommt es
                                                                                                                                                  daraufhin zu einer fehlregulierten Im-
                                                                                                                                                  munantwort mit Überaktivierung des
                                                                                                                                                  Immunsystems und unkontrollierter
                                                                                                                                                  Ausschüttung von Zytokinen [10]. Aber
                                                                                                                                                  auch eine direkte Virustoxizität, eine
                                                                                                                                                  Dysregulation des Renin-Angiotensin-
                                                         Fatigue ist eines der häufigsten Symptome bei Patientinnen und Patienten, die von        Aldosteron-Systems sowie ein endotheli-
                                                         ­Long-COVID betroffen sind.                                                              aler Schaden mit folgender Inflammation

                                                         12 CME      1-2 • 2023
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Atemwegserkrankungen • Schwerpunk t

                              und Thromboinflammation, eine endo-              Beschwerden waren in dieser Studie               nem. Die häufigsten berichteten Sympto-
                              krine, metabolische oder autonome Dys-           funktionelle Mobilitätseinschränkungen,          me zu allen Zeitpunkten waren Anosmie,
                              regulation bzw. eine Immundysregulati-           Fatigue bzw. Muskelschwäche sowie ge-            Ageusie, Fatigue und Dyspnoe. Nach sie-
                              on mit Ausbildung von Autoantikörpern            neralisierte Angststörungen, Konzentra-          ben Monaten litten noch 123 der 958
                              sind mögliche Pathomechanismen, die              tionsstörungen und posttraumatische              Patient*innen (12,8%) unter mindestens
                              aktuell diskutiert werden [6, 10, 14, 16].       Belastungsstörungen. Ebenfalls häufig            einem Symptom.
                                 Patient*innen berichten über vielfälti-       waren Sauerstoffbedarf, Diffusionsstö-              Aus China wurden erste Daten eines
                              ge Symptome. Die aktuellen Leitlinien,           rungen in der Lungenfunktionsuntersu-            Zwei-Jahres-Follow-ups publiziert [11].
                              Nomenklatur- und Definitionsvorschlä-            chung und Veränderungen in der Com-              Huang et al. schlossen 1.192 Patient*innen
                              ge benennen keine Symptome, die vor-             putertomografie des Thorax (insbesonde-          nach einem stationären Aufenthalt in die
                              handen sein müssen, um das Krankheits-           re Milchglasveränderungen). Die Kons-            Studie mit drei Follow-up-Visiten (sechs
                              bild zu definieren. Die Häufigkeit der ein-      tellation aus ausgeprägten physischen,           Monate, zwölf Monate und 24 Monate)
                              zelnen Symptome variiert in den ver-             psychischen und kognitiven Beschwer-             ein, zudem eine 1:1 angeglichene Kont-
                              schiedenen Studien, am häufigsten                den ist sicherlich durch das sehr kranke         rollgruppe. Anhand der Schweregrade
                              werden jedoch Fatigue, Dyspnoe, Anos-            Patientenkollektiv dieser Studie bedingt         erfolgte eine Aufteilung in drei Gruppen
                              mie und Ageusie sowie Kopfschmerzen              und kommt dem „post-intensive care               („scale“ 3: keine Sauerstoffsubstitution
                              angegeben, aber auch Gelenkschmerzen,            syndrome“ („post-ICU syndrome“) nahe             [295/1.192 Patient*innen], „scale“ 4: Not-
                              Husten, kognitive Einschränkungen und            [12].                                            wendigkeit einer Sauerstoffsubstitution
                              Schlafstörungen gehören zu den häufig                                                             [806/1.192 Patient*innen], „scale“ 5–6:
                              berichteten Symptomen [13]. Für die fol-         Große prospektive Kohortenstudie                 Notwendigkeit von High-flow-Sauerstoff,
                              genden Daten und Studien ist einschrän-          mit 958 Teilnehmenden                            nicht invasiver oder invasiver Beatmung
                              kend zu bemerken, dass Erhebung und              Eine Arbeitsgruppe aus Köln führte in            [91/1.192 Patient*innen]). Nach zwei Jah-
                              Durchführung in den meisten Fällen vor           ihrer Post-COVID-Ambulanz eine große             ren klagten noch 55% der Patient*innen
                              der Zeit der Omikron-Variante erfolgten.         prospektive Kohortenstudie mit 958               über Beschwerden (68% zum Zeitpunkt
                              Ob und inwiefern die Ergebnisse auch auf         Patient*innen durch [3]. Es handelte sich        nach sechs Monaten, 49% zum Zeitpunkt
                              die Omikron-Variante übertragbar sind,           bei dieser Kohorte um überwiegend nicht          nach zwölf Monaten). Unabhängig vom
                              ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar.          hospitalisierte Patient*innen, nur insge-        Schweregrad waren Fatigue/Muskel-
                                 Groff et al. evaluierten in ihrem Review      samt 28 der 958 Patient*innen waren hos-         schwäche und Schlafstörungen die häu-
                              die Folgen von COVID-19 anhand von 57            pitalisiert, hierunter sieben Patient*innen      figsten berichteten Beschwerden. Im Ver-
                              Studien [9]. Insgesamt wurden mehr als           (0,7%) mit intensivstationärem Aufent-           gleich zu den Ergebnissen nach sechs Mo-
                              250.000 Überlebende in die Auswertun-            halt und zwei Patien*innen (0,2%) mit            naten nahm nach zwei Jahren der Anteil
                              gen eingeschlossen, fast 80% des Kollek-         notwendiger invasiver Beatmung. Evalu-           an Patient*innen mit Dyspnoe (von 26%
                              tivs benötigten jedoch eine stationäre Be-       ationszeitpunkte mittels Fragebögen und          auf 14%), mit Angst/Depression (von 23%
                              handlung während der Akuterkrankung.             Bestimmung der spezifischen Antikörper           auf 12%) und mit reduzierter Gehstrecke
                              Sechs Monate nach der Infektion berich-          (Immunglobulin G gegen das Spike-Pro-            im 6-min-Gehtest (von 14% auf 8%) ab.
                              teten noch etwa 50% der Patient*innen            tein) waren sechs bis sieben Wochen, vier        Insgesamt fand sich bei den meisten
                              über Folgeerscheinungen. Die häufigsten          Monate und sieben Monate post infectio-          Symp­tomen eine Verbesserung im zeitli-

                                                              akute COVID-19                    weiterhin symptomatische        Post-COVID-19-Syndrom
                                                              – Symptome bis zu 4 Wochen        COVID-19                        – Symptomatisch für mehr als
                                                                                                – 4 bis 12 Wochen                12 Wochen
                                                    SARS-
                                                   CoV-2-
                                                  Infektion                                                               Long-COVID
                                                                                                       – Fortbestehende Symptome oder neue Symptome 4
                                                                                                                    Wochen nach der Infektion
[18], modifiziert nach [12]

                              1 COVID-19-Nomenklatur anhand der deutschen S1-Leitlinie. COVID-19 „coronavirus disease 2019“, SARS-CoV‑2 „severe acute respiratory
                              syndrome coronavirus type 2“.

                                                                                                                                                      1-2 • 2023 CME 13
Schwerpunk t • Atemwegserkrankungen

              chen Verlauf, jedoch zeigten die Überle-         dem Start der Impfkampagne in                bis 49 Jahren und ein vermindertes Risi-
              benden der Infektion im Vergleich zur            Deutschland erfolgte. Patient*innen mit      ko für Patient*innen ≥ 65 Jahre [5]. In ei-
              Kontrollgruppe ohne SARS-CoV-2-In-               schwerem Verlauf zeigen häufig höhere        ner großen prospektiven Beobachtungs-
              fektion sowohl physische Einschränkun-           Antikörpertiter im Vergleich zu              studie aus England wurden hospitalisier-
              gen als auch eine reduzierte Lebensqua-          Patient*innen mit milderen Verläufen         te Patient*innen fünf und zwölf Monate
              lität („health-related quality of life“ [HR-     [4], sodass auch in dieser Studie davon      nach der Entlassung untersucht und in
              QoL]).                                           auszugehen ist, dass Patient*innen mit       vier Cluster eingeteilt (1. sehr schwere, 2.
                                                               hohem Titer einen schwereren Verlauf         schwere, 3. moderate physische und psy-
              Mindestens fünf Symptome als                     hatten. Zwar gab es nur einen sehr klei-     chische Einschränkungen mit kognitiven
              Risikofaktor für Long-COVID                      nen Teil hospitalisierter, schwer erkrank-   Defiziten, 4. milde physische und psychi-
              In einer multivariaten Analyse der oben          ter Patient*innen, die in die Auswertung     sche Einschränkungen; [17]). Eine Mes-
              bereits erwähnten Kölner Studie durch            eingeschlossen wurden, jedoch ergibt         sung von inflammatorischen Proteinen
              Augustin et al. ergab sich das Vorhan-           sich anhand der Daten dieser Studie kein     fand zum Zeitpunkt nach fünf Monaten
              densein von mindestens fünf Sympto-              erhöhtes Risiko für Patient*innen mit ei-    statt. Adipositas, eine reduzierte Gehstre-
              men während der akuten Erkrankung                nem schweren Verlauf.                        cke im „incremental shuttle walk test“,
              (adjustierte Odds Ratio [aOR] 1,29;                                                           eine höhere Anzahl an Symptomen und
              95%-Konfidenzintervall [KI] 1,08–1,55;           Weibliches Geschlecht, Adipositas,           ein erhöhtes CRP waren mit einer stärke-
              p = 0,005) als Risikofaktor für die Ent-         schwere initiale Erkrankung                  ren Einschränkung assoziiert. Charakte-
              wicklung von Long-COVID, zudem fand              Ein erhöhtes Long-COVID-Risiko bei           ristisch für das Cluster mit kognitiven
              sich für das männliche Geschlecht ein            weiblichem Geschlecht sowie bei einer        Einschränkungen war eine Erhöhung
              reduziertes Risiko, Long-COVID-Be-               höheren Anzahl von Symptomen wäh-            von IL 6 und CD70. CD70 kann durch
              schwerden zu entwickeln (aOR 0,59;               rend der Akuterkrankung konnte auch in       Lymphozyten exprimiert werden und
              95%-KI 0,36–0,98; p = 0,040; [3]). Des           anderen Studien nachgewiesen werden          zeigt durch die Expression eine erhöhte
              Weiteren stellte sich ein mittelhoher An-        [5, 11, 20]. Weitere mögliche Risikofakto-   ZNS-Gängigkeit an (ZNS zentrales Ner-
              tikörpertiter („signal-to-cut-off ratio“         ren, die in Studien nachgewiesen wurden,     vensystem; [7]). Die erhöhte CD70-Ex-
              [„S/CO ratio“] 1,2–4; aOR 1,90; 95%-KI           sind zudem Adipositas oder ein höherer       pression stützt daher die Hypothese neu-
              1,13–3,18; p = 0,015) als Risikofaktor für       Schweregrad der initialen Erkrankung [5,     roinflammatorischer Vorgänge als Patho-
              die Entwicklung von Long-COVID in                6, 11, 17, 20]. Bezüglich der Altersgrup-    genese neurologischer Beschwerden [6].
              der multivariaten Analyse heraus. Eine           penverteilung sind die Ergebnisse diffe-     Eine spanische Studie wies bei 40,6% der
              mögliche Impfung und ein darauffolgen-           rent. Einige Studien zeigen ein erhöhtes     Patient*innen ein Ferritin > 150 mg/l, bei
              der Anstieg der Antikörpertiter wurden           Risiko für Patient*innen in höherem Al-      24,9% D‑Dimere > 0,5 mg/ml und bei
              in dieser Studie nicht berücksichtigt, wo-       ter [5, 6, 11, 20]. Andere Arbeiten zeigen   19,9% eine Lymphozytopenie < 1500/μl
              bei die Rekrutierung der Patient*innen           den größten Anteil an betroffenen            nach, allerdings konnten weder die La-
              von April bis Dezember 2020, also vor            Patient*innen in der Altersgruppe von 35     borparameter noch die erhobenen klini-
                                                                                                            schen Parameter das Auftreten von Be-
                                                                                                            schwerden 10–14 Wochen nach der pri-
                                                                                                            mären Infektion voraussagen [15].
                                                                                                               Insgesamt ist die Studienlage bezüglich
                                                                                                            der Risikofaktoren unklar und weitere
                                                      Hospitalisiert                                        longitudinale Studien sind notwendig,
                                                      – Normalstationär                                     um die Charakteristika der Patient*innen
                                                      – ICU
                                                                                                            mit Long-COVID besser definieren zu
                                                                                                            können.
                                                                                                               Klinisch hilft eine grobe Einteilung der
                                                                                                            Patient*innen in drei Gruppen (Abb. 2,
                                                      Nicht-hospitalisiert                                  modifiziert nach [21]):
                                                      – massive Erschöpfung und Belastungsintoleranz
                                                      – keine eigenständige Bewältigung des Alltags         • Hospitalisierte Patient*innen,
                                                                                                            • Nichthospitalisierte Patient*innen mit
                                                                                                               massiver Belastungseinschränkung und
                                                                                                               Unvermögen, den Alltag allein zu meis-
                                                      Nicht-hospitalisiert
                                                                                                               tern,
                                                      – Vielzahl an Symptomen                               • Nichthospitalisierte Patient*innen mit
                                                      – Im Alltag nicht schwer beeinträchtigt                  einer Vielzahl von Symptomen ohne
                                                                                                               massive Einschränkung der Alltagsfä-
                                                                                                               higkeit.
© Nach [21]

                                                                                                            Die erste Gruppe sollte, vor allem nach
                                                                                                            intensivstationärem Aufenthalt, einer
              2 Unterscheidung der Patientinnen und Patienten in drei Gruppen. ICU „intensive care          stationären Rehabilitationsmaßnahme
              unit“ (Intensivstation).                                                                      zugeführt werden. Die zweite Gruppe be-

              14 CME      1-2 • 2023
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Schwerpunk t • Atemwegserkrankungen

                                                                                                         8. Greenhalgh T, Knight M, A’Court C et al. Manage-
darf häufig einer intensiven Betreuung       Troponins, sowie Elektrokardiogramm                             ment of post-acute covid-19 in primary care. BMJ.
und psychosomatischer sowie physiothe-       und Echokardiografie zu kontrollieren.                          2020;
rapeutischer Unterstützung, da hier häu-                                                                 9. Groff D, Sun A, Ssentongo AE et al. Short-term and
                                                                                                             long-term rates of postacute sequelae of SARS-coV
fig ein Fatigue-Syndrom zugrunde liegt.      Fazit für die Praxis                                            2 infection: a systematic review. JAMA Netw Open.
Auch diese Gruppe benötigt meist eine        • Wahrscheinlich leiden 10–20% aller                            2021;4:e2128568
stationäre Rehabilitationsmaßnahme,            SARS-CoV-2-infizierten Patient*innen                      10. Gupta A, Madhavan MV, Sehgal K et al. Extrapul-
                                                                                                             monary manifestations of COVID-19. Nat Med.
um die Alltagsfähigkeit wiederzuerlan-         unter Long-COVID-Beschwerden.                                 2020;26:1017-32
gen. Die dritte Gruppe ist in der Nachsor-   • Die Beschwerden sind mannigfaltig                         11. Huang L, Li X, Gu X et al. Health outcomes in people
ge sehr komplex, denn Long-COVID ist           und in der Intensität häufig im zeitli-                       2 years after surviving hospitalisation with CO-
                                                                                                             VID-19: a longitudinal cohort study. Lancet Respir
grundsätzlich weiterhin eine Ausschluss-       chen Verlauf regredient.                                      Med. 2022; https://doi.org/10.1016/S2213-
diagnose. Bis heute gibt es keine pathog-    • Es gibt keine pathognomonischen Be-                           2600(22)00126-6
nomonischen Untersuchungsergebnisse            funde oder laborchemischen Parame-                        12. Inoue S, Hatakeyama J, Kondo Y et al. Post-intensive
                                                                                                             care syndrome: its pathophysiology, prevention,
oder laborchemischen Befunde [13], so-         ter für Long-COVID.                                           and future directions. Acute Med Surg. 2019;6:233-
dass eine multidisziplinäre Zusammen-        • Die häufigsten Beschwerden sind Fa-                           46
arbeit notwendig ist, um organische Ur-        tigue, Dyspnoe, Anosmie und Ageusie                       13. Koczulla AR, Ankermann T, Behrends U et al. S1-Leit-
                                                                                                             linie Post-COVID/Long-COVID. Pneumologie. 2021;
sachen der Beschwerden auszuschließen          sowie Kopfschmerzen, Gelenkschmer-                        14. Marques KC, Silva CC, da Trindade SS et al. Reduc-
bzw. bei Nachweis von Endorganschäden          zen, Husten, kognitive Einschränkun-                          tion of cardiac autonomic modulation and increa-
eine entsprechende Therapie einleiten zu       gen und Schlafstörungen.                                      sed sympathetic activity by heart rate variability in
                                                                                                             patients with long COVID. Front Cardiovasc Med.
können.                                      • Vor allem das weibliche Geschlecht, > 5                       2022;9:862001
                                               Symptome während COVID-19 und                             15. Moreno-Pérez O, Merino E, Leon-Ramirez J M et al.
Erhöhtes Risiko für alle                       ein höherer COVID-19-Schweregrad                              Post-acute COVID-19 syndrome. Incidence and risk
                                                                                                             factors: a mediterranean cohort study. J Infect.
kardiovaskulären Komplikationen                sind mögliche Prädiktoren für Long-                           2021;82:378-83
Unabhängig von Long-COVID hat eine             COVID.                                                    16. Nalbandian A, Sehgal K, Gupta A et al. Post-acute
große Studie anhand der Gesundheitsda-       • Hospitalisierte Patientinnen und Pati-                        COVID-19 syndrome. Nat Med. 2021;27:601-15
                                                                                                         17. PHOSP-COVID Collaborative Group. Clinical charac-
ten des US Department of Veterans Af-          enten und solche mit massiver Erschöp-                        teristics with inflammation profiling of long COVID
fairs das Langzeitrisiko kardiovaskulärer      fung und Belastungsintoleranz sollten                         and association with 1 year recovery following hos-
Komplikationen nach COVID-19 unter-            einer stationären Rehabilitationsmaß-                         pitalisation in the UK: a prospective observational
                                                                                                             study. Lancet Respir Med. 2022
sucht [22]. Dabei wurden über 150.000          nahme zugeführt werden.                                   18. Siddiqi HK, Mehra MR. COVID-19 illness in native
Veteranen nach COVID-19 verfolgt und         • Patientinnen und Patienten mit kardio-                        and immunosuppressed states: a clinical–therapeu-
mit einer historischen sowie mit einer ak-     vaskulären Komplikationen während                             tic staging proposal. J Heart Lung Transplant.
                                                                                                             2020;39:405-7
tuellen Kontrollgruppe hinsichtlich einer      der Akuterkrankung oder Notwendig-                        19. Sivan M, Taylor S. NICE guideline on long covid.
Notwendigkeit der Inanspruchnahme              keit einer intensivstationären Behand-                        BMJ. 2020;
des Gesundheitssystems innerhalb von           lung sollten sechs bis zwölf Wochen                       20. Sudre CH, Murray B, Varsavsky T et al. Attributes and
                                                                                                             predictors of long COVID. Nat Med. 2021;27:626-31
zwölf Monaten nach der Infektion vergli-       nach COVID-19 eine kardiologische                         21. Welte T. Post-COVID syndrome—more questions
chen. Dabei zeigte sich ein erhöhtes Risi-     Diagnostik erhalten, da das Risiko kar-                       than answers. Dtsch Arztebl Int. 2022;
ko bezüglich aller untersuchten kardio-        diovaskulärer Komplikationen für diese                    22. Xie Y, Xu E, Bowe B, Al-Aly Z. Long-term cardiovas-
                                                                                                             cular outcomes of COVID-19. Nat Med. 2022;28:583-
vaskulären Komplikationen (zerebrovas-         Patientengruppe unabhängig von Long-                          90
kuläre Komplikationen, Dysrhythmien,           COVID auch ein Jahr nach der Infekti-                     23. A clinical case definition of post COVID-19 condition
inflammatorische und ischämische myo-          on erhöht ist.                                                by a Delphi consensus. (Erstellt: 6. Okt. 2021). Zuge-
                                                                                                             griffen: 2. Nov. 2021
kardiale Komplikationen, thromboem-                                                                      24. Prevalence of ongoing symptoms following corona-
bolische Komplikationen) für die Gruppe                                                                      virus (COVID-19) infection in the UK – Office for Na-
der SARS-CoV-2-infizierten Studien­                                                                          tional Statistics. https://www.ons.gov.uk/
                                             Literatur                                                       peoplepopulationandcommunity/healthandsocial-
teilnehmer*innen.                                                                                            care/conditionsanddiseases/bulletins/prevalenceo-
                                             1. Al-Aly Z, Bowe B, Xie Y. Long COVID after breakt-
   In der Subgruppenanalyse zeigte sich           hrough SARS-CoV 2 infection. Nat Med. 2022;                fongoingsymptomsfollowingcoronaviruscovid19inf
zudem, dass dieses Risiko unabhängig         2. Antoniou KM, Vasarmidi E, Russell A M et al. Euro-           ectionintheuk/6may2022. Zugegriffen: 28. Mai 2022
von zuvor bekannten kardiovaskulären              pean respiratory society statement on long CO-
                                                                                                         Erstveröffentlicht in Die Innere Medizin.
                                                  VID-19 follow-up. Eur Respir J. 2022;
Vorerkrankungen war. Auch bei                3. Augustin M, Schommers P, Stecher M et al. Post-CO-
                                                                                                         2022;63:813-8; https://doi.org/10.1007/s00108-022-
                                                                                                         01370-4
nichthospitalisierten Patient*­innen war          VID syndrome in non-hospitalised patients with CO-
das Risiko erhöht, stieg jedoch mit zu-           VID-19: a longitudinal prospective cohort study.
                                                  Lancet Reg Health Eur. 2021;6:100122
nehmendem Schweregrad der initialen          4. Cervia C, Nilsson J, Zurbuchen Y et al. Systemic and
Erkrankung, sodass Patient*innen mit              mucosal antibody responses specific to SARS-CoV 2                                  Dr. med. Isabell Pink
Notwendigkeit einer intensivstationären           during mild versus severe COVID-19. J Allergy Clin                                              Klinik für
                                                  Immunol. 2021;147:545-57.e9
Behandlung das höchste Risiko zeigten.       5. Cervia C, Zurbuchen Y, Taeschler P et al. Immuno-                                            Pneumologie
Auch die aktuelle deutsche S1-Leitlinie           globulin signature predicts risk of post-acute CO-                                  Medizinische Hoch­­
empfiehlt, alle Patient*innen mit kardio-         VID-19 syndrome. Nat Commun. 2022;13:446                                                schule Hannover
                                             6. Crook H, Raza S, Nowell J et al. Long covid—me-
vaskulären Komplikationen während der             chanisms, risk factors, and management. BMJ.                                         Carl-Neuberg-Str. 1
akuten COVID-19 sechs bis zwölf Wo-               2021;                                                                                   30625 Hannover
chen nach der Erkrankung mittels Be-         7. Dhaeze T, Tremblay L, Lachance C et al. CD70 defi-                                           pink.isabell@
                                                  nes a subset of proinflammatory and CNS-pathoge-
stimmung des N-Terminalen pro-Brain               nic TH1/TH17 lymphocytes and is overexpressed in                                        mh-hannover.de
Natriuretic Peptides (NT-proBNP) und              multiple sclerosis. Cell Mol Immunol. 2019;16:652-65

16 CME      1-2 • 2023
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