Pegelstände an Rhein und Donau erholen sich - mit Rückfallpotenzial
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Bundesanstalt für Gewässerkunde Niedrigwasser-Berichtsperiode 19.-25.08.2022 Am Mainzer Tor 1 Pegelstände an Rhein und Donau erholen sich – mit 56068 Koblenz Rückfallpotenzial Postfach 20 02 53 56002 Koblenz Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen 25.08.2022 Freiliegende Schotterflächen im Rhein bei Remagen am 22.08.2022: Nach inzwischen gestiegenem Wasserstand ist ein Wiedersehen im Laufe des Jahres möglich (Foto: Enno Nilson, BfG). Ergiebige Niederschläge in Süddeutschland und im angrenzenden Ausland führ- ten vor allem am Rhein und an der Donau zu markanten Anstiegen der Pegel- stände. Niedrigwasserstände finden sich hingegen noch oder weiterhin im Nor- den (Oder, Untere Mittelelbe, Weser, Ems). Doch auch am Rhein und an der Do- nau hat sich die Niedrigwassersituation noch nicht entspannt. Auch wenn die Vorhersagen für die kommenden Wochen zunächst nur für moderate Niedrig- wasserstände sprechen, könnte sich die Lage im Herbst wieder verschärfen. Meteorologische Entwicklung und klimatologische Einordnung Zu Beginn der aktuellen Berichtswoche brachte eine von Oberitalien bis Polen rei- chende Tiefdruckzone feuchte Luftmassen in weite Teile von Süd- und Ostdeutsch- land. Auch der Westen gelangte im Tagesverlauf unter den Einfluss eines Tiefs bei Is- land. Es kam vor allem im Süden und Südosten und später auch im Osten und Nordos- ten sowie im Laufe der Nacht ebenso im Westen zu teils ergiebigen Regenfällen mit stellenweise mehr als 60 mm Niederschlag (z.B. Oberstdorf 71 mm, Ulm 55 mm, München-Flugh. 44 mm). Am Samstag (20.08.) überquerte die Kaltfront des Tiefs zwischen Island und Schottland Deutschland in Richtung Osten und ließ subpolare Meeresluft einströmen. Im Osten und Südosten kam es vereinzelt zu Gewittern, die Starkregen mit bis zu 25 mm Niederschlag brachten. Am Sonntag (21.08.) gelangte die nach Deutschland eingeflossene Meeresluft unter leichten Hochdruckeinfluss und 1
es gab nur noch lokal begrenzte Niederschläge. Ein Tiefdruckgebiet über Ost- bzw. Bundesanstalt für Südosteuropa sorgte am Montag und Dienstag (22. u. 23.08.) für relativ feuchte Luft- Gewässerkunde massen im östlichen Teil Deutschlands, während die übrigen Landesteile weiter unter Am Mainzer Tor 1 schwachem Hochdruckeinfluss standen. Ab Mittwoch (24.08.) erstreckte sich der 56068 Koblenz Hochdruckeinfluss dann auf ganz Deutschland. Am heutigen Donnerstag (25.08.) ist Postfach 20 02 53 56002 Koblenz eine Abschwächung des Hochdruckeinflusses sowie eine sich von Frankreich nach Westdeutschland ausweitende Tiefdruckzone zu erwarten. Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Die klimatologische Einordnung der Lufttemperaturen zeigt, dass im Norden und in Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges der Mitte Deutschlands (Hamburg/Flughafen u. Frankfurt/Flughafen) in der aktuellen Referat M1 Berichtswoche zum Teil wieder deutlich höhere Temperaturen als im langjährigen Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Mittel aufgetreten sind. Lediglich im Süden Deutschlands waren die Temperaturen im Dr. Enno Nilson Bereich des langjährigen Mittels angesiedelt (s. Abbildung 1). Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Die teils ergiebigen Niederschläge der aktuellen Berichtswoche konnten das bisherige Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Niederschlagsdefizit der aktuell betrachteten 30-tägigen Periode (s. Abbildung 2) im Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- Vergleich zur Vorperiode in einigen Gebieten verringern, regional sogar ausgleichen. gen und Prognosen Im Mittel über alle Einzugsgebiete werden nun 63 % des vieljährigen Niederschlag- mittels erreicht (Vorwoche 46 %). Sehr wenig profitiert haben die Einzugsgebiete von 25.08.2022 Eider-NOK (31 %, Vorperiode 23%) und die Bereiche des Rheins von Basel bis An- dernach bzw. Andernach bis Lobith (34 % bzw. 32 %, Vorperiode 20 % bzw. 38 %). Eine deutliche Reduzierung des Defizits errechnet sich hingegen vor allem für das Einzugsgebiet der Elbe bis Barby (97 %, Vorperiode 49 %) und für das Donauein- zugsgebiet bis Ingolstadt (113 %, Vorperiode 53%). Auch im Bereich des Hochrheins (77 %, Vorperiode 42 %) deutet ein vermindertes Defizit auf eine Tendenz zur Nor- malisierung der Lage hin. Diese Zahlen sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die bisherige Trockenphase im hydrologischen System deutliche Spuren hinter- lassen hat. Von einer generellen und nachhaltigen Erholung in Bezug auf die Füll- stände der hydrologischen Speicher (z.B. Boden, Grundwasser, Talsperren) kann keine Rede sein. 2
Bundesanstalt für Gewässerkunde Am Mainzer Tor 1 56068 Koblenz Postfach 20 02 53 56002 Koblenz Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen 25.08.2022 Abb. 1: Tagesmittelwerte der Lufttemperatur in °C an den Wetterstationen Hamburg-Flugh. (oben), Frankfurt-Flugh. (Mitte), München-Flugh. (unten) vom 25.08.2021 bis 24.08.2022. Eingezeichnet sind neben den aktuellen Werten auch die vieljährigen Mittelwerte (schwarze Linie, 1981-2010 für Ham- burg und Frankfurt; 1993-2010 für München) und als graue Spannweite die im Zeitraum 1936-2021 (Hamburg), 1949-2021 (Frankfurt) bzw. 1992-2021 (München) bisher eingetretenen Maximal- bzw. Minimalwerte (Quelle: Daten und Grafik Deutscher Wetterdienst). 3
Bundesanstalt für Gewässerkunde Am Mainzer Tor 1 56068 Koblenz Postfach 20 02 53 56002 Koblenz Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen 25.08.2022 Abb. 2: Sechs Pentadensummen (P1-P6, 26.07.- 24.08.2022, 30 Tage) der Flächenmittel des Nieder- schlages der deutschen Fluss- und Stromgebiete im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten des gleichen Referenzzeitraumes. (Referenz 1961/90; Datenquelle: Deutscher Wetterdienst und Wetter- dienste Mitteleuropas, vorläufige Werte, aus dem Einzugsgebiet der Oder wird aus datentechnischen Gründen nur die Lausitzer Neiße betrachtet, EZG = Einzugsgebiet, ME = Flussgebiete Mitteleuropas ohne Küste, Maas- und Odergebiet; Pentadensummen = Summe über fünf Tage, *P1 = sechs Tage, P6 = 4 Tage). Die hydrologische Lage in Deutschland Im Vergleich zur Vorwoche ergaben sich in den Flussgebieten der Bundeswasserstra- ßen in der Berichtswoche unterschiedliche hydrologische Entwicklungen. Die im Ab- schnitt „Meteorologische Entwicklung und klimatologische Einordnung“ angespro- chenen Niederschläge gegen Ende der vergangenen Woche in Süddeutschland, der Schweiz, Österreich und Tschechien haben an den Pegeln des Rheins, der Donau und der sächsischen Elbe bereits zu deutlich gestiegenen Pegelständen und einer zumin- dest zeitweisen Entspannung der Niedrigwasserlage geführt. Dagegen verharren die Pegel der weiter nördlich gelegenen Flüsse bzw. Flussabschnitte weiterhin oder noch im Niedrigwasserbereich. Die aktuelle Niedrigwasserlage an den Bundeswasserstraßenpegeln (Stand 25.08.2022) ist im deutschlandweiten Gesamtüberblick auf der Karte in Abbildung 3 dargestellt. Abbildung 4 enthält zudem Wasserstandsganglinien ausgewählter Pegel. Im Gegensatz zur Vorwoche werden die Niedrigwassermarken des mittleren jährli- chen Niedrigwasserstands (MNW) sowie des für die Wasserstraßen wichtigen Gleich- wertigen Wasserstands (GlW) bzw. Regulierungs-Niedrigwasserstands (RNW) an den Pegeln des Rheins und der Donau aktuell nicht mehr unterschritten, während dies an den anderen Bundeswasserstraßen zumindest teilweise noch der Fall ist. In den einzel- nen Flussgebieten stellt sich die Lage aktuell wie folgt dar: Am Rhein stiegen die zuvor extrem niedrigen Pegelstände im Verlauf der Berichtswo- che vor allem infolge der im Bereich Badens (Schwarzwald) und der Schweiz verbrei- tet gefallenen und gebietsweise hohen Niederschlagsmengen. Damit liegen die Pegel- stände fast aller Rheinpegel heute (25.08.) wieder über dem MNW (s. Abbildung 3). 4
Am Oberrheinpegel Maxau (s. Abbildung 4) erreichte der Pegelstand am 21.08. einen Bundesanstalt für Scheitel von 470 cm (zum Vergleich Mittlerer Wasserstand MW 507 cm). Seitdem Gewässerkunde sank der Pegelstand jedoch bereits wieder deutlich bis auf heute 411 cm, womit er Am Mainzer Tor 1 noch etwa einen halben Meter oberhalb von GlW und MNW liegt. Auch an dem für 56068 Koblenz die Rheinschifffahrt bedeutenden Mittelrheinpegel Kaub ist der Wellenscheitel, der Postfach 20 02 53 56002 Koblenz mit 128 cm (23.08.) kaum den Niedrigwasserbereich überstieg, bereits durchgelaufen und fiel bis heute bereits wieder auf 111 cm zurück (zum Vgl. GlW = 78 cm). Am Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Niederrheinpegel Duisburg-Ruhrort (s. Abbildung 4) wurde der Scheitel erst gestern Dr. Martin Helms Abend erreicht. Er lag mit 236 cm etwa in der Größenordnung des GlW (233 cm). Daniela Supper-Nilges Referat M1 Dieser pegelübergreifende Vergleich zeigt, dass sich die Wirkung der im südlichen Hydrometrie und Gewäs- Rhein-Einzugsgebiet konzentrierten Niederschläge auf die Niedrigwasserlage rhein- serkundliche Begutachtung abwärts deutlich abschwächte. Grund sind neben der Abflachung der ablaufenden Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Welle im Rhein die Niedrigwasserabflüsse der wichtigen Rheinzuflüsse (s. Abbil- Barbara Frielingsdorf dung 3). Der nach Durchlauf des Scheitels bereits wieder deutliche Rückgang der Pe- Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach gelstände zeigt zudem, dass die Niedrigwasserlage am Rhein mit den derzeit erhöhten Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- Wasserständen nicht nachhaltig aufgelöst ist. Siehe hierzu auch Abschnitt „Wasser- gen und Prognosen haushaltsbezogene Situation am Rheinpegel Kaub“. 25.08.2022 Ähnlich entwickelten sich die Pegelstände der Donau, in deren Einzugsgebiet eben- falls verbreitet hohe Niederschlagsmengen fielen. Beispielsweise stieg der Wasser- stand am Pegel Hofkirchen, an dem in der Vorwoche noch der niedrigste bekannte Wasserstand (NNW) verzeichnet wurde, auf bis zu 349 cm (22.08) und damit über den MW (290 cm). Seitdem fiel der Pegelstand bis heute auf 226 cm und nähert sich damit bereits wieder dem RNW (207 cm). Auch an der deutschen Donau wurde die Niedrigwasserlage damit nicht nachhaltig aufgelöst. Ab dem Innzufluss (Pegel Ach- leiten) liegen die Wasserstände nach wie vor über den genannten Niedrigwassermar- ken. Im südlichen Elbe-Einzugsgebiet (Tschechien, Sachsen) fielen im Laufe der Berichts- woche ebenfalls verbreitet ergiebige Niederschläge. Sie führten am Pegel Dresden zu steigenden Wasserständen bis auf 163 cm am 23./24.08 (MW = 184 cm), die auch durch erhöhte Wasserabgaben aus der Moldaukaskade ab dem 23.08. eine weitere Stützung erfahren dürften. 1 Der am Pegel Dresden bereits erfolgte Anstieg der Was- serstände, zeigt sich mittlerweile auch am Pegel Magdeburg-Strombrücke (s. Abbil- dung 4), womit auch hier die Niedrigwassermarken MNW und GlW bereits über- schritten werden. An der Unteren Mittelelbe ist der sich stromabwärts ausbreitende Anstieg noch nicht eingetroffen, so dass hier, z. B. am Pegel Neu Darchau, zurzeit noch Niedrigwasserabflüsse herrschen (s. Abbildung 3). Auch an den deutschen Oderpegeln beginnt ein Anstieg der Wasserstände infolge von gebietsweise ergiebigen Niederschlägen, vor allem im südlichen polnischen Teilein- zugsgebiet, erst mit dem heutigen Tag, an dem die MNW der Pegel zumeist noch nicht überschritten wurden. 1 Siehe hierzu: https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/lhwz/download/wobe0816.pdf und https://www.pvl.cz/portal/SaP/de/pc/Mereni.aspx?id=VLCH&oid=2 5
Bundesanstalt für Gewässerkunde Am Mainzer Tor 1 56068 Koblenz Postfach 20 02 53 56002 Koblenz Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen 25.08.2022 Abb. 3: Pegelkarte für Deutschland vom 25.08.2022. Orange Markierungen zeigen Pegel, die aktuell Niedrigwasserstände kleiner oder gleich dem mittleren jährlichen Niedrigwasserstand (MNW) aufwei- sen (Quelle: GeoPortal.WSV). Abb. 4: Ganglinien täglicher Wasserstände (W) an repräsentativen Bundeswasserstraßenpegeln (Maxau/(Ober-)Rhein, Duisburg-Ruhrort/(Nieder-)Rhein, Hofkirchen/Donau, Vlotho/Weser sowie Magdeburg-Strombrücke/Elbe) vor dem Hintergrund der Unterschreitung der jeweiligen schifffahrts- relevanten GlW- bzw. RNW-Schwellenwerte; GlW: Gleichwertiger Wasserstand; RNW: Regulierungs- Niedrigwasserstand (Stand 25.08.2022). Daten: WSV. 6
Im Nordwesten Deutschlands fielen die Niederschläge während der Berichtswoche Bundesanstalt für insgesamt nur schwach aus. In der Folge fiel der Wasserstand der Ems am Pegel Lin- Gewässerkunde gen-Darme im Vergleich zur Vorwoche weiter und liegt heute mit 109 cm nur noch Am Mainzer Tor 1 knapp über dem NNW dieses Pegels (106 cm am 06.08.2003). Auch an der Weser, 56068 Koblenz deren Niedrigwasserlage im Bericht der Vorwoche näher betrachtet wurde, verharren Postfach 20 02 53 56002 Koblenz die Pegelstände infolge der trockenen Witterung auf sehr niedrigem Niveau (s. Abbil- dung 4, Pegel Vlotho). Am Pegel Intschede traten im Verlauf der Berichtswoche ne- Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 gative Pegelstände von bis zu - 10 cm auf, wobei allerdings deren durch Wehrsteue- Dr. Martin Helms rung bewirkte Schwankungen zu berücksichtigen sind. Daniela Supper-Nilges Referat M1 Zusammengefasst verharren Weser und Ems aktuell nach wie vor im extremen Nied- Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung rigwasserbereich, während sich an den anderen Flüssen aufgrund der in der Berichts- Dr. Enno Nilson woche gefallenen Niederschläge steigende Wasserstände ergaben oder zurzeit noch Carsten Viergutz ergeben. In den nördlicher gelegenen Abschnitten von Oder und Elbe haben diese An- Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea stiege noch nicht oder noch nicht vollständig stattgefunden, so dass sich die dort gele- Ebner von Eschenbach Referat M2 genen Pegel zurzeit noch im Niedrigwasserbereich bewegen. Starke Pegelanstiege, Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen zum Teil über den Niedrigwasserbereich hinaus, ergaben sich am Rhein und an der Donau, allerdings fielen die Pegelstände inzwischen bereits wieder deutlich zurück. 25.08.2022 Die Niedrigwasserlage ist damit auch an Rhein und Donau nicht aufgelöst und sollte sorgfältig im Auge behalten werden. Hintergründe zur hydrologischen Interpretation dieser Niedrigwassersituation werden im folgenden Abschnitt anhand des Rheinpe- gels Kaub näher beleuchtet. Wasserhaushaltsbezogene Situation am Rheinpegel Kaub Für ein besseres Verständnis der aktuellen Niedrigwasserlage am Rhein (Pegel Kaub) wurde an der BfG in Modellrechnungen für die vergangenen Monate der Basisabfluss- anteil am Gesamtabfluss ermittelt. Der Basisabfluss 2 entstammt den im Flussgebiet über längere Zeit gespeicherten Wasserreserven (z. B. Grundwasser) und stützt auf- grund seiner trägen Reaktion die Niedrigwasserabflüsse. Abbildung 5 zeigt die Basisabflussentwicklung am Pegel Kaub ab November 2021 im Zusammenhang mit dem Gesamtabfluss sowie im Vergleich zur Entwicklung im Niedrigwasserjahr 2018 und zur langfristigen, datumsbezogenen Verteilung des Ba- sisabflusses (Referenzperiode 1944-2014). Es ist erkennbar, dass sich die Ausgangssituationen der Niedrigwasserentwicklung im Jahr 2018 und im aktuellen Jahr wesentlich unterschieden. Während das Jahr 2018 bis Ende Juni überdurchschnittlich feuchte Bedingungen und hohe Basisabflüsse aufwies, war die Erholung des Wasserhaushalts ausgehend von einer Niedrigwassersituation im späten Herbst 2021 über den Winter und das Frühjahr 2022 nur schwach, so dass die Basisabflüsse bereits Ende Juni einen Wert erreichten wie er nur in 10 % aller Jahre der langfristigen Referenzperiode unterschritten wurde. Da es bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund räumlich begrenzter Niederschlagsereignisse immer wieder zu kurzfristigen Abflussanstiegen im Rhein kam, fiel der Gesamtabfluss des Rheins noch nicht in den Niedrigwasserbereich. Im Verlauf der trockenen Witterung im Juli und August fielen die Gesamtabflüsse – ähnlich wie 2018 – relativ rasch auf das Niveau des mittlerweile ebenfalls, wenn 2 zur weitergehenden Erläuterung siehe Fragen und Antworten zum Thema Niedrigwasser am Ende dieses Berichts. 7
auch deutlich schwächer zurückgegangenen Basisabflusses zurück. Aufgrund der an- Bundesanstalt für gesprochenen Vorgeschichte lag der Basisabfluss in der vergangenen Woche mit nur Gewässerkunde noch 550 m3/s (Gesamtabfluss 570 m3/s) in der Größenordnung seines datumsbezoge- Am Mainzer Tor 1 nen Minimums der langfristigen Referenzperiode (aus dem Jahr 1964) und damit 56068 Koblenz deutlich unter dem Basisabfluss zum gleichen Zeitpunkt des Jahres 2018 (knapp Postfach 20 02 53 56002 Koblenz 700 m3/s, in 10-20 % aller Jahre der langfristigen Referenzperiode unterschritten). Hieraus erklärt sich das im Jahresverlauf relativ frühe Auftreten extremer Niedrigwas- Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 serabflüsse am Rhein in der vergangenen Woche. Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen 25.08.2022 Abb. 5: Modellierte Basisabflussganglinien des Rheinpegels Kaub für die Jahre 2018 und 2022 (mit Vor- und ggf. Nachlauf) im Vergleich mit langfristigen, datumsbezogenen Bandbreiten und Vertei- lungskenngrößen (Mittelwerte, Quantile der genannten Prozentbereiche) der Referenzperiode 1944 – 2014. Zudem sind die Gesamtabflussganglinien der Jahre 2018 und 2022 (im Bereich der Ordi- natenskalierung) und als Referenz der zum GlW gehörende Abflusswert (GlQ) eingezeichnet. Der in den vergangenen Tagen erfolgte Anstieg des Gesamtabflusses am Rheinpegel Kaub ist auf rascher reagierende Abflusskomponenten zurückzuführen, während der Basisabfluss im Zuge dessen gebremst weiter fällt (vergleiche ähnliche Entwicklung auf etwas höherem Abflussniveau im August/September 2018 in Abbildung 5). Bei den aktuell vorliegenden Vorhersagen der Rheinabflüsse über 14 Tage und über 6 Wochen kann von einem weiteren, wenn auch gebremsten Rückgang des Basisab- flusses bis zu Beginn des Herbstes ausgegangen werden. Bei erneut trockener Witte- rung im Herbst (oder bereits zuvor) besteht daher die Möglichkeit eines wieder ra- schen Rückgangs des Gesamtabflusses auf ein sehr niedriges Basisabflussniveau. Da- bei ist die aktuelle Ausgangslage ungünstiger als im Jahr 2018 zum gleichen Zeit- punkt, wenngleich sich witterungsabhängig durchaus auch andere hydrologische Ent- wicklungen ergeben können. Die Niedrigwasserlage ist in jedem Fall auch bei den ak- tuell wieder etwas erhöhten Abflüssen sehr sorgfältig weiter zu beobachten. 8
Ausblick Bundesanstalt für Gewässerkunde Das sonnige Hochsommerwetter geht zum Wochenende vorerst zu Ende. Zum Wo- Am Mainzer Tor 1 chenende bilden sich Regen- und Gewittergüsse zuerst im Osten, dann aber auch in den 56068 Koblenz anderen Landesteilen. In der nächsten Woche versucht ein neues Hoch sich bei uns Postfach 20 02 53 auszubreiten. Zu Beginn der neuen Woche scheint unter leichtem Hochdruckeinfluss 56002 Koblenz meist die Sonne. Nur im Norden machen sich die Ausläufer eines Tiefs mit Wolkenfel- Tel.: 0261/1306-0 dern und etwas Regen bemerkbar. Mittwoch bis Freitag werden aktuell dann wieder Fax: 0261/1306-5302 Niederschläge für ganz Deutschland vorhergesagt. Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- Die vorhergesagten Niederschläge werden zunächst zu einer Stabilisierung Wasser- serkundliche Begutachtung stände an den Bundeswasserstraßen führen, jedoch fallen diese Niederschlagsmengen Dr. Enno Nilson und -dauern voraussichtlich zu gering aus, um an den größeren Flüssen eine nachhaltige Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Entspannung der Niedrigwassersituation zu bewirken. Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Die aktuelle 14-Tage-Wasserstandsvorhersage der BfG vom 25.08.2022 für den Mit- Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen telrheinpegel Kaub pendelt sich für die kommenden zwei Wochen um den Gleichwer- tigen Wasserstand (GlW) ein (s. Abbildung 6). 25.08.2022 Abb. 6: 14-Tage-Vorhersage der BfG für Pegel Kaub / Rhein vom 25.08.2022: Unterschreitungswahr- scheinlichkeiten von Wasserständen in Prozent, basierend auf Tagesmittelwerten Weitergehende Informationen zur 14-Tage-Vorhersage sind auf der Homepage der BfG zu finden: https://www.bafg.de/DE/08_Ref/M2/04_Vorhersagen/14dRhein/14dRhein_node.html Die ergiebigen Niederschläge der letzten Woche haben an der Donau und der Elbe die Abflüsse etwas ansteigen lassen. An der Donau ist nach der Erholung der Wasserstände mit dem Scheitel am 22.08.2022 weiter mit fallenden Wasserständen zu rechnen. Die hydrologische 6-Wochen-Vorhersage am Pegel Neu Darchau an der Elbe (s. Ab- bildung 7) zeigt einen Anstieg des Abflusses im Laufe dieser Woche, welcher sich dann ab nächster Woche im Bereich etwas oberhalb des mittleren jährlichen Niedrigwasser- abflusses (MNQ) für die darauf folgenden vier Wochen einpendelt. 9
Auch am Rhein werden gemäß 6-Wochen-Vorhersage für den September überwiegend Bundesanstalt für Abflüsse etwas oberhalb des MNQ vorhergesagt, nur am Niederrhein im Bereich des Gewässerkunde Pegels Duisburg-Ruhrort schwanken die vorhergesagten Abflüsse um den MNQ. Am Mainzer Tor 1 56068 Koblenz Postfach 20 02 53 56002 Koblenz Tel.: 0261/1306-0 Fax: 0261/1306-5302 Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges Referat M1 Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen 25.08.2022 Abb. 7: Hydrologische 6-Wochen-Vorhersage der BfG vom 22.08.2022 für den Pegel Neu Darchau / Elbe: Wahrscheinlichkeitsverteilung der Vorhersage dargestellt als Box-Plots, basierend auf Wochen- mittelwerten. Die 6-Wochen-Vorhersage wird in Form sog. Box-Plots basierend auf Wochenmittel- werten dargestellt. Box-Plots erlauben die übersichtliche Darstellung einer Wahr- scheinlichkeitsverteilung anhand relevanter Maßzahlen: Mit 50%iger Wahrscheinlich- keit liegt der spätere Messwert innerhalb der Box, die durch das 25%- und 75%-Quan- til begrenzt wird und in der der Median als horizontaler Querstrich gekennzeichnet ist. Dem gesamten, durch die „Antennen“ begrenzten Bereich, der durch das 5%- und 95%-Perzentil begrenzt ist, ist eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 90 % zugeordnet. − Der rote Box-Plot in Abbildung 7 stellt die aktuelle Vorhersage des Abflusses als Wochenmittel auf Grundlage der aktuellen Witterungsvorhersagen des Eu- ropäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) für die nächsten sechs Wochen dar. − Der blaue Box-Plot zeigt, wie sich der Abfluss (Wochenmittel) entwickeln würde, wenn bei aktuellem Zustand des Einzugsgebietes (z. B. der Boden- feuchte) sich für diese Zeit des Jahres durchschnittliche meteorologische Ver- hältnisse (auf Basis der Klimatologie der Reihe 1968 – 2018) einstellen würden. Im Fall von Neu Darchau (s. Abbildung 7) ergäben sich hieraus für die zweite bis sechste Woche geringere Werte als nach der Vorhersage. − Der schwarze Box-Plot stellt zur Einordnung die historischen Wochenmittel der Abflüsse auf Basis der Reihe 1968 – 2018 dar. Im Vergleich zu den roten Boxen der Vorhersage wird ersichtlich, dass derzeit erkennbar unterdurchschnittliche 10
Abflussverhältnisse herrschen und für die kommenden Wochen angenommen Bundesanstalt für werden können. Gewässerkunde Weitergehende Informationen zur 6-Wochen-Vorhersage sind auf der Homepage der Am Mainzer Tor 1 56068 Koblenz BfG zu finden: Postfach 20 02 53 https://www.bafg.de/DE/08_Ref/M2/04_Vorhersagen/6wRheinElbe/6w_node.html 56002 Koblenz Tel.: 0261/1306-0 Aktuelle Wasserstände und Vorhersagen für weitere schifffahrtsrelevante Pegel an Fax: 0261/1306-5302 den Bundeswasserstraßen finden Sie im Elektronischen Wasserstraßen-Informations- Dr. Martin Helms Daniela Supper-Nilges service ELWIS (www.elwis.de) unter „Service“ – „Wasserstände & Vorhersagen“: Referat M1 https://www.elwis.de/DE/Service/Wasserstaende/Wasserstaende-node.html Hydrometrie und Gewäs- serkundliche Begutachtung Dr. Enno Nilson Wasserqualität Carsten Viergutz Barbara Frielingsdorf Das Informationssystem UNDINE der BfG erlaubt einen messdatengestützten Über- Dr. Anna-Dorothea Ebner von Eschenbach blick über die aktuelle Gewässerbeschaffenheit der Bundeswasserstraßen. Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersa- gen und Prognosen Fragen und Antworten zum Thema Niedrigwasser 25.08.2022 Für eine bessere Verständlichkeit und leichtere Lesbarkeit werden in dieser Rubrik wichtige Fragen zum Thema Niedrigwasser gestellt und beantwortet Was ist der Basisabfluss? Als Basisabfluss wird der Teil des Abflusses bezeichnet, der ein Fließgewässer erst mit erheblicher Zeitverzögerung erreicht. Er steht damit im Gegensatz zum Direktab- fluss, der das Fließgewässer oberflächennah und nur mit geringer Zeitverzögerung er- reicht. Im Übergang zwischen direktem Abfluss und Basisabfluss wird schließlich der Zwischenabfluss ausgegliedert. Die Herkunft des Basisabflusses ist damit insbeson- dere bei größeren Fließgewässern, wie dem Rhein, zwar nicht eindeutig definiert, es handelt sich jedoch vorrangig um die grundwasserbürtige Abflusskomponente. Ferner können Anteile eines verzögerten Zwischenabflusses, z. B. aus tieferen Bodenschich- ten, sowie Abflüsse aus Seen, Talsperren und Gletschern hinzutreten. Die träge reagierende Basisabflusskomponente fällt in Niedrigwasserphasen nur lang- sam und stützt somit den Abfluss auch ohne Niederschlag bzw. Schneeschmelze noch über einen relativ langen Zeitraum. Die Kenntnis ihres Verhaltens kann damit zur In- terpretation bereits beobachteter bzw. aktueller Niedrigwasserphasen sowie zur Ein- schätzung möglicher weiterer Verläufe ausgehend von aktuellen oder anderen interes- sierenden Zeitpunkten während einer Niedrigwasserphase beitragen. Im Gegensatz zu einer flächenverteilten Wasserhaushaltssimulation wurden die im vorliegenden Bericht gezeigten Basisabflussganglinien durch einen filterbasierten An- satz allein aus der Gesamtabflussganglinie des Rheins abgeleitet. Damit werden keine Detailfragen des Niedrigwasser-Monitorings und -Managements gelöst. Ziel des in- zwischen über Jahre bewährten Ansatzes ist eine robuste Einschätzung der Niedrig- wassersituation am Rhein und in seinem Flussgebiet. 11
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