Sanierung von Radverkehrsanlagen in Düren - Pro Rad Düren
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Sanierung von Radverkehrsanlagen in Düren Ein Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft ProRad. Aufgrund der politischen Präferenz für Schutzstreifen folgt zuerst eine Auflistung von Problempunkten bei diesen. Anschließend werden Sicherheit, Präferenzen, Radwegebenutzungspflicht und Kosten angesprochen. 1. Praktische Problemfälle/Nachteile Schutzstreifen Punktweise folgt eine kurz gefasste Auflistung. Passende Beispiele/Hinweise gibt es im Anhang. 1. Bei Stau/zähfließendem Verkehr (Berufsverkehr) ist der Radfahrende oft in einer benachteiligten Lage. Der Grund ist: Wenn Radfahrende an Stauungen heranfahren, kommen sie nur langsam an Kraftfahrzeugen vorbei, weil der Schutzstreifen häufig teilweise überfahren wird. Darüber hinaus dür- fen Radfahrende nur rechts überholen, wenn der Verkehr auf der Fahrbahn steht. Gegenbeispiel Radweg: Für Radfahrende ist es ein Genuss, an einem Stau vorbeizuradeln. Hinweis: Bei Schutzstreifen empfiehlt ProRad, zumindest vor Kreuzungen echte Radfahrstreifen an- zulegen. 2. Behinderung durch haltende Kfz. Es kommt oft vor, dass Fahrzeuge auf Schutzstreifen halten. Bei Radwegen tritt dieses Problem viel seltener auf, und wäre zudem verkehrswidrig. 3. Der Überholabstand ist bei Kreuzungen mit viel Verkehrsaufkommen in der Praxis zu knapp (z.B. wg. Linksabbiegespur), und auf breiten Straßen mit zwei Spuren pro Richtung oder einer ganz breiten Spur oft auch. 4. Die Unfallwahrscheinlichkeit zu Dooring-Unfällen ist bei Radwegen statistisch deutlich geringer als bei Schutzstreifen: Die Beifahrerseite ist nur bei jedem sechsten Unfall beteiligt 1. Ausnahme: Berei- che mit viel Publikumsverkehr (Läden, Arztpraxen…). Insgesamt sind Radfahrer im Berufsverkehr besonders benachteiligt, was die Motivation, über- haupt mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, beeinträchtigen kann. 2. Sicherheit Die obigen Punkte machen unserer Meinung nach ausreichend klar, dass Schutzstreifen nur bis zu moderat dichtem Verkehr zur Anwendung kommen sollen. Alles spricht zudem dafür, dass eine Steigerung der Radfahrerzahlen nur eintreten wird, wenn Radfahrende sich sicher fühlen. Dass die reale Sicherheit dem entsprechen kann, wird im einem Bericht der Unfallforschung der Versicherer (UdV)2 auch festgehalten: Die mittlere Unfallrate rechtsfahrender Radfahrer ist bei anforderungsgerechten Radwegen niedriger als bei nicht anforderungsgerechten Radwegen, aber gleich mit anforderungsgerechten Radfahrstreifen. Wohlgemerkt: im Vergleich zu Radfahrstreifen. Dort steht nicht: Schutzstreifen. 3. Präferenz der Alltagsradler Die UdV-Untersuchung ging (ab S. 87) auch mit Umfragen einher: 1 Die Unfallwahrscheinlichkeit an der Beifahrerseite dürfte ca. die Hälfte oder etwa ein Drittel betragen. 2 https://udv.de/system/files_force/tx_udvpublications/fb_21_ab_pkw_rf.pdf (2013)
In einer Umfrage unter ca. 420 Radfahrenden vor Ort (in vier Städten, Mitte 2011) wurde nach der Präferenz der Radinfrastruktur gefragt. Fast 80 Prozent der Radfahrenden fühlen sich auf se- paraten Radwegen am sichersten, und 75 Prozent finden die Radfahrt dort am komfortabelsten. Radfahrstreifen werden lediglich bei der Schnelligkeit leicht positiver bewertet. Das wundert nicht, weil viele (ältere) Radwege in Deutschland zu schmal und zu kurvig sind. Dem aktuellen Fahrrad-Monitor des Bundesverkehrsministeriums kann man folgendes Bild ent- nehmen: Besonders schlecht schneidet im Fahrrad-Monitor 2017 das notgedrungene Fahren auf der Kfz-Fahrbahn ab („Mischverkehr“) – hier fühlen sich 85 Prozent der Radfahrenden unsicher. „Zu viel Verkehr“ macht 71 Prozent unsicher, „zu wenig separate Radwege“ 70 Prozent, „rücksichtslose Autofahrer“ 65 Prozent und [...] 3 Als dringlichste Forderung wird genannt: Radwege bauen. Und: Die Mehrzahl favorisiert dabei vom Autoverkehr getrennte Infrastruktur: Abseits vom Verkehr geführte selbständige Radwege und [...] 4. Radwegebenutzungspflicht Der UdV-Bericht zitiert aus der VwV-StVO: Gemäß Randnummer 9 zu § 2 VwV-StVO dürfen demnach benutzungspflichtige Radwege nur angeordnet werden, wo es die Verkehrssicherheit oder der Verkehrsablauf erfordern und wo ausreichende Flächen für den Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen. Es kann auch bei den knappen Räumen in Dürens Innenstadt Möglichkeiten geben, bestehende Radwege deutlich zu verbessern, gradliniger zu gestalten und auf mindestens 1,50 m Breite aus- zulegen (besser 1,80 m wg. Überholen zweier Radfahrer). Diese Gegebenheiten machen deut- lich, dass es nicht das Ziel sein kann, eine großräumige Wiedereinführung bzw. Beibehaltung der Benutzungspflicht anzustreben. Worauf es ankommt: Gute Radverkehrsanlagen benötigen keine Benutzungspflicht. Radfahrende nutzen sie gern.4 5. Kosten Gute Sanierungen werden einiges kosten. Geld aber ist ausreichend da. Die Bundesregierung spendiert dem Land NRW im Rahmen des neuen Rahmenplanes bis 2030 jährlich annähernd 4 Milliarden Euro für Verkehrsinfrastruktur (der Landespolitische Korrespondent des WDR sagte dazu im WDR5-Morgenecho vom 8.1.2018: „unfassbar viel Geld“). Aus der Empfehlung des ADFC, pro Jahr mindestens 30 Euro pro Einwohner und Jahr im Be- reich Radinfrastruktur auszugeben, ergibt sich für NRW ein Betrag von ca. 0,5 Milliarden. Es ist für ProRad nicht hinnehmbar, wenn nicht mal 1/8 dieses Geldes für die kommunalen Verkehrsin- vestitionen vorgesehen ist, obwohl das gerechtfertigt wäre. Außerdem zieht der Großteil der Mit- 3 https://www.adfc-nrw.de/aktuelles/aktuelles/article/fahrradmonitor-2017.html (Link am 13.6.2020 ersetzt) 4 https://www.adfc.de/grundsatzprogramm/verkehrspolitisches-programm (ADFC-Leitlinien Fahrradinfrastruktur, 2016)
tel sehr wahrscheinlich eine Zunahme des Kfz-Verkehres nach sich, wenn nicht ein substantieller Teil für Radverkehrsinfrastruktur verwendet wird. Im bereits genannten Fahrrad-Monitor antwortet die überwältigende Mehrheit (87%), dass die Bundesregierung zu wenig für den Radverkehr tue. Der ADFC kommentiert dazu: Verkehrspolitik und Planer haben 20 Jahre lang auf die falschen Pferde gesetzt. Weil dem Autoverkehr kein Platz weggenommen werden sollte, müssen Radfahrer heute entweder am Rand der Kfz-Fahrbahn im rasanten Autoverkehr mitfahren – oder sich auf viel zu schmalen, holperigen Bordsteinradwegen herumquälen. Eine Einmalspritze wegen Rückstandsaufholung wäre also auch angemessen. Wir möchten, dass die Stadt Düren sich mit anderen Städten in NRW für eine richtige Finanz- spritze für Radverkehrsinfrastruktur einsetzt. Und zwar kurzfristig, weil das Zeitfenster günstig ist: Klimaschutz bzw. Luftqualität erfahren neuerdings eine deutlich höhere Dringlichkeit. Letztlich könnte es höchstens am Willen scheitern, großzügig und kurzfristig Sanierungsprojekte umzusetzen. ProRad jedenfalls kämpft dafür, dass es daran nicht scheitert. Deswegen auch dieses Papier. Arbeitsgemeinschaft Pro Rad Düren, 21.01.2018 Update 22.6.2020: Ergänzung zu Dooring-Statistik; neue Fußnote 1 eingefügt.
Anhang zum Problembereich Schutzstreifen 1. Stau/zähfließender Verkehr. Beispiel: Kölnstraße, kurz vor dem großen B56-Kreisverkehr. Als Radfahrer kommt man dann nicht oder nur langsam voran. Gerade im Be- rufsverkehr möchte man flott unterwegs sein. 2. Behinderung durch haltende Kfz. Beispiel am Jesuitenhof („was-wäre-wenn Schutzstrei- fen wäre“): Hier halten Pkw auf der Fahrbahn, und zwar unmittel- bar hinter der Insel (etwa ab Bushaltestelle). Sie war- ten offenbar auf Angehörige (Kinder), die vom Schwimmunterricht kommen. Bei Schutzstreifen wä- ren Radfahrende im sicheren Fortkommen behindert. Ausnahmefall: halb auf Radweg halten 3. Überholabstand: Das ist der Abstand zwischen überholendem Kraftfahrzeug und Radfahrer. In der StVO ist der Mindestabstand nicht festgelegt; in der Rechtsprechung werden 1,5 m Abstand als aus- reichend angesehen, zu Radfahrenden mit Kind im Kindersitz sogar 2 m. Der ADFC erhält regelmäßig Beschwerden von Radfahrern, die von zu geringem Überholabstand be- richten. 4. Dooring-Unfälle. Wenn der Radweg eine angemessene Breite aufweist gibt es automatisch ausrei- chend Abstand; hingegen muss der Schutzstreifenfahrer dann nahe am linken Rand des Streifens fah- ren. Für Kinder und Ältere ist das problematisch (verstärktes Unsicherheitsgefühl). Quelle der statistischen Daten: GIDAS-Datenbank, über ADFC.
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