ÖKODRIVE Grazer Busse fahren klimaschonend und emissionsmindernd mit Biodiesel

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ÖKODRIVE
Grazer Busse fahren klimaschonend und emissionsmindernd mit Biodiesel
                                     Prutsch W.
     Umweltamt der Stadt Graz, A-8010 Graz, Kaiserfeldgasse 1, E-mail: luft@graz.at

                                    Sams Th.
    Firma AVL List GmbH., A-8020 Graz, Hans-List-Platz 1, E-mail: samst@avl.com

                                       Proßnigg B.
        Grazer-Verkehrsbetriebe, Autobuswerkstätte, A-8053 Graz, Kärntnerstr. 120,
                                 Fax: +43(0)316/887/8282

ABSTRACT
Mit Unterstützung des Landes Steiermark wurde bei den Grazer Verkehrsbetrieben (GVB) im
November 1994 ein Pilotversuch zum Einsatz von Biodiesel in städtischen Bussen gestartet.
Zum Einsatz kommt sogenannter Altspeiseöl-Methylester (AME), der von der Firma
Südsteirische Energie und Eiweißerzeugung (SEEG) in Mureck gesammelt und entsprechend
aufbereitet wird.
      In einem ersten Schritt wurde dieser Biodiesel bei 2 GVB – Solobussen eingesetzt, die
bereits mit Oxidationskatalysatoren ausgerüstet waren, was jedoch keine Voraussetzung für
diesen Einsatz ist.
      Nach entsprechenden Adaptierungsarbeiten waren seit diesem Zeitpunkt diese beiden
Busse ohne Probleme im Einsatz, was dazu geführt hat, daß in Zusammenarbeit mit dem
Umweltamt der Stadt Graz im Dezember 1997 dieser Pilotversuch in einer zweiten Stufe auf
weitere 8 GVB-Solobusse ausgeweitet wurde.
      Während der ersten Stufe des Pilotversuches fanden regelmäßige Abgasmessungen und
Überprüfungen der Motorölkonsistenz durch das Institut für Verbrennungskraftmaschinen
und Thermodynamik der Technischen Universität Graz statt, die eine deutliche Verbesserung
der Abgassituation bei Diesel-Motoren bei Verwendung von Biodiesel zeigten.
Key words: Biodiesel, Stadtbusse, Altspeiseöl, Altspeiseöl-Methylester, Emissionen

1. AUSGANGSSITUATION

1.1. Bestrebungen der Stadt Graz
Im Sinne der Gemeinderatsbeschlüsse „ÖKOSTADT 2000“ (Niederl, 1995) und
„Kommunales Energiekonzept KEK“ sowie dem Beitritt zum Klimabündnis hat sich die Stadt
Graz zum verstärkten Einsatz biogener Rohstoffe und einer Verminderung der Luftbelastung
verpflichtet.
      Unter dem Projekttitel „ÖKODRIVE“ werden verschiedene Aktivitäten zur
Verminderung der Umweltbelastung aus dem Sektor Verkehr zusammengefaßt.

1.2. Die Emissionssituation
Nach dem Emissionskataster Graz (Sturm et. al. 1997) ergeben der Busverkehr und der
gesamte Verkehrsbereich jährliche Belastungen gemäß Tabelle 1.
[t/a]                CO           CO2         NOx           HC-ges.       Partikel            SO2        Kraftstoff

  Pkw-Fahrt               4335,0       202500       665,9             525,4        38,36            77,83        67680
     Lkw                   229,2        54900       652,6             132,0        34,00            53,50        17870
     Bus                    44,6         9460       112,7              26,0         6,32              9,23          3080
   Kaltstart              3785,0        11750       42,83             403.9         4,66              1,31          6090
 Verdunstung                    /            /           /            308,0            /                  /          308
   Garagen                  27,4          990        2,09               3,2        0,138              0.21           335
 Straße gesamt            8421,0       279600      1476,0            1399,0         83,5            142,1        95360
   Schiene                  14,8         7375        83,7               6,5         2,12              2,38          2380
   Gesamt                 8436,0       287000      1560,0            1405,0         85,6            144,5        97740
   Verkehr
                               Tabelle 1: Verkehrsemission im Jahr 1995 [t/a]

In der Gesamtbetrachtung der Sektoren Verkehr, Hausbrand und Betriebe (Sturm, 1997)
verursacht der Verkehr einen wesentlichen Anteil der Emissionen im Stadtgebiet (Bild 1).

   5000
          [t/a]
   4500

   4000
                                                                                           Emissionen 1995
   3500                                                                                            Verkehr
                                                                                                   Hausbrand *
   3000
                                                                                                   Betriebe
   2500

   2000

   1500

   1000

    500

      0
                  CO/10      CO2/100         NOx             HCges            PM             SO2              CH4

     Bild 1: Emissionen der einzelnen Sektoren 1995 (* inkl. NMVOC aus Haushalten)

2. ERPROBUNG VON AME ALS DIESELKRAFTSTOFF

2.1. Das Pilotprojekt
Im Rahmen eines österreichischen Forschungsprojektes und eines EU-ALTENER-Projektes
haben sich das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der
Technischen Universität Graz und das Institut für Organische Chemie der Universität Graz in
Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Biodieselinstitut sowohl mit der chemischen Seite
der Produktion, als auch mit der möglichst praxisnahen Erprobung von Altspeiseöl-
Methylester (AME) als Dieseltreibstoff beschäftigt (Sams, 1998). AME wird durch einen
Umesterungsprozeß aus Altspeiseöl hergestellt.
      Das Projekt stellt eine Fortsetzung der langen erfolgreichen österreichischen
Biodieselaktivitäten dar und wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Bundesministerium
für Wissenschaft und Verkehr sowie der Fachabteilung für Abfallwirtschaft und der
Abteilung für Wissenschaft und Forschung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung
finanziert.
      Die Besonderheit des Projektes liegt darin, daß neben den Labor und
Prüfstandsuntersuchungen die Praxiserfahrung aus dem Feldeinsatz von ca. 500 Fahrzeugen
und die Ergebnisse eines 3 jährigen Dauertests von zwei Stadtbussen der Grazer Stadtwerke
AG mit dem neuartigen Treibstoff AME eingebracht wurden.
      Für die chemischen Untersuchungen wurden aus der laufenden AME-Produktion in der
Umesterungsanlage der SEEG in Mureck über einen Zeitraum von 2 Jahren regelmäßig
Proben des eingesetzten Altspeiseöls und des daraus gewonnenen AME untersucht. Dabei
zeigte sich, daß während der gesamten Zeit die Qualität des Öles, welches in Gemeinden,
Haushalten und Gastgewerbebetrieben gesammelt wurde, sehr konstant war und der daraus
hergestellte AME durchwegs den Anforderungen der gültigen Ö-NORM entsprach. Bei zu
langer Erhitzungsdauer des Öles im Fritiereinsatz leidet jedoch auch die Qualität des daraus
gewonnenen AME.

2.2. Verhalten als Treibstoff und Emissionseigenschaften
Bei den motorischen Untersuchungen konnten im Vergleich zu herkömmlichem
Dieselkraftstoff weitgehend gleicher Wirkungsgrad und gleiches Geräuschverhalten der
Motoren erzielt werden. Hinsichtlich der Emissionen gilt, daß bei wesentlich niedrigeren
Schwarzrauchemissionen auch die HC- und CO-Emissionen, unabhängig vom Motorkonzept,
mit AME um 10 ÷ 40 % niedriger liegen. Unter Testbedingungen, die dem realen Fahrbetrieb
entsprechen, sind die Partikelemissionen niedriger und die Stickoxide gleich wie bei
Dieselbetrieb. Partikel und Stickoxide waren bei stationärem Testbetrieb mit AME schlechter.
Das bedeutet, daß der alternative Kraftstoff für den Einsatz in extrem niedrig belasteten
Motoren weniger geeignet ist.

                                         V e r g le ic h d e r E m is s io n e n fü r F a h r z e u g e o h n e K a t
                                   120
                                                                                                                 D ie s e l   AME
                                   100
         [%] von Diesel ohne Kat

                                    80

                                    60

                                    40

                                    20

                                     0
                                                CO              NOx                  HC               P a rt ik e l           Ruß
                                                                      S c h a d sto ffk o m p o n e n te

                                          Bild 2: Emissionsvergleich (Fahrzeuge ohne Katalysator)

In Bild 2 wurden die Emissions-Meßdaten aller am Prüfstand untersuchten Fahrzeuge und
Motoren gemittelt und im Vergleich zu den Emissionen bei Dieselbetrieb ohne Katalysator
dargestellt, wobei ein Schwerpunkt auf die beiden Linienbusse der GVB gelegt wurde, da
diese 3 Jahre ununterbrochen mit AME im Einsatz waren.

                                           Diesel                 AME
                                      ohne Kat mit Kat      ohne Kat mit Kat
           CO                             o         ++         o+           ++
           HC                             o         ++          +           ++
           NOx - stationär                o           o          -           -
           NOx - dynamisch                o           o          o           o
           Ruß                            o           o        ++           ++
           PM - stationär                 o         - (-)      - (-)        ++
           PM - dynamisch                 o          +           o          ++
           PAH                            o          +           o           +
                Tabelle 2: Vergleich des Emissionsverhaltens (Sams, 1995)

Bei Einsatz eines Oxidationskatalysators werden die CO- und HC-Emissionen für beide
Kraftstoffe um 70 ÷ 80% vermindert. Die Partikelemissionen werden bei Biodiesel durch den
Oxidationskatalysator noch einmal stark reduziert.
      Für Fahrzeuge mit einem dem heutigen Entwicklungsstand entsprechenden Rußniveau
ist mit Biodiesel eine dauerhafte und wirkungsvolle Abgasreduktion mit Oxikats möglich.
Werden ältere oder schadhafte Fahrzeuge, die von vorne herein einen sehr hohen Rußausstoß
aufweisen, nachgerüstet, so besteht die Gefahr, daß der Oxidationskatalysator sich so stark
belegt, daß er seine Wirkung verliert. Dies geschieht erfahrungsgemäß mit fossilem Diesel
aufgrund der höheren Rußemission schneller als mit AME.
      Die beschriebenen Emissionsvorteile sind im Langzeitbetrieb nur mit sehr hoher
Biodieselqualität aufrecht zu erhalten. Biodiesel mit zu hoher Gesamtverschmutzung neigt zur
Bildung von Ablagerungen, besonders im Einspritzsystem, die neben direkten Schädigungen
indirekt auch die motorische Verbrennung negativ beeinflussen können. Daher scheint eine
Begrenzung der Gesamtverschmutzung, wie in der DIN 51606 vorgesehen, unbedingt
erforderlich.
      Abgesehen vom Einspritzsystem wurden mit AME im Vergleich zu fossilem Diesel
keine zusätzlichen Ablagerungen im Brennraum, im Kolbenringbereich oder im
Auslaßsystem festgestellt.
      Hinsichtlich Verschleiß wurde ein Linienbus der Grazer Verkehrsbetriebe nach 150.000
km oder 7500 Stunden AME-Betrieb genau analysiert. An den unmittelbar mit dem Kraftstoff
in Verbindung stehenden Bauteilen – wie Einspritzsystem oder Kolbenringbereich – wurden
keine zusätzlichen Verschleißerscheinungen festgestellt.
      Nach dem Pilotversuch mit zwei Bussen wurden in einem gemeinsamen Projekt der
Grazer Verkehrsbetriebe und des Umweltamtes der Stadt Graz acht weitere Busse auf
Biodiesel umgestellt und eine eigene Tankstelle errichtet. Damit werden nun 10 % der GVB-
Busse mit Biodiesel betrieben. Der Jahresverbrauch beträgt derzeit etwa 240 000 Liter.
      Der volumsbezogene Mehrverbrauch im Vergleich zu konventionellem Diesel liegt mit
5 – 8 % im erwarteten Bereich.

3. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

      Biodiesel aus Altspeiseöl ist eines der besten Beispiele für ökologisch wünschenswerte
Kreislaufwirtschaft. Aus einem problematischen Abfall wird hochwertiger Dieseltreibstoff
hergestellt und damit die Umwelt mehrfach entlastet. Zur sinnvollen Abfallverwertung
kommt, daß bei der Verwendung von Biodiesel deutlich weniger Luftschadstoffe emittiert
werden als bei konventionellem Diesel.

      Hauptvorteil für die innerstädtische Luftbelastung ist dabei die Reduktion bei
Rußpartikeln, die mindestens 50% beträgt. Dies ist für jedermann aufgrund der verminderten
Abgastrübung sichtbar und damit besonders wichtig an Kreuzungen im Stadtbereich.
      Es ist daher eindeutig zu befürworten, Dieselkraftstoff aus Altspeiseöl zu erzeugen. Der
so gewonnene Treibstoff bringt bei richtigem Einsatz direkte (Emissionen) und indirekte
(sinnvolle Abfallverwertung) Umweltvorteile mit sich.
      Aufgrund der positiven Erfahrungen soll der Einsatz bei den GVB auf weitere 15 Busse
ausgeweitet werden. Bei 25 Bussen mit einem Jahresverbrauch von ca. 600 000 Liter
Biodiesel ergeben sich Emissionseinsparungen gemäß Tabelle 3.

    CO               CO2           NOx            HC            Ruß            SO2
  1460 kg       1 250 000 kg       +/- 0        1500 kg        510 kg        1380 kg
  Tabelle 3: Jährliche Emissionsverminderung bei Betankung von 25 Bussen mit Biodiesel

4. QUELLEN

Niederl K. et. al. (1995) Ökostadt 2000 – Auf dem Weg zu einer Nachhaltigen
Stadtentwicklung in Graz; Umweltamt der Stadt Graz

Sams Th. (1995) Emissionsverhalten bei realem RME-Betrieb mit bzw. ohne Oxikat; Bericht
aus Energie und Umweltforschung; Bericht 3/96, Bundesministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst

Sams Th., Mittelbach M. (1998) Wissenschaftliche Untersuchungen zur Qualitätsbeurteilung
von Altspeiseöl-Methylester und seine Erprobung als Dieselkraftstoff; Bericht aus Energie
und Umweltforschung; Bericht 3/98, Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und
Kunst

Sturm P. et. al. (1997) Emissionskataster Graz - Bezugsjahr 1995; erstellt im Auftrag des
Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fa Ia und des Umweltamtes der Stadt Graz
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