SCHRIFTEN REIHE NR. 132 - Batterie-managementsysteme für Elektro-straßenfahrzeuge - VDA

 
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SCHRIFTEN REIHE NR. 132 - Batterie-managementsysteme für Elektro-straßenfahrzeuge - VDA
SCHRIFTEN
REIHE NR. 132

Batterie-
managementsysteme
für Elektro-
straßenfahrzeuge
Batterie-
managementsysteme
für Elektro-
straßenfahrzeuge

Auftraggeber:
Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT)

Forschungsnehmer:
Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA)
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

Verfasser:
Dr.-Ing. Friedhelm Schöpe
Dipl.-Phys. Eckhard Karden
Dipl.-Ing. Reiner Küssel
Postanschritt:
Postfach 17 05 63 • 60079 Frankfurt/M.
Telefon (0 69)97507-0
Drahtanschrift: Autoverband
Telex 411293
Druckerei Henrich
Schwanheimer Straße 110
60528 Frankfurt am Main
Vervielfältigungen, auch auszugsweise, nur
mit ausdrücklicher Genehmigung der FAT
Vorwort

Die bescheidenen Markterfolge von Elektrostraßenfahrzeugen sind hauptsächlich durch deren
operationelle Grenzen bedingt.

Ein besonderes Problem stellen Speicherung und Bereitstellung der zum Fahrbetrieb benötigten
Traktionsenergie dar, weil dies - im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren - nur in
weit geringerem Umfang möglich ist. Die Elektrofahrzeuge sind damit in ihrer Leistungsfähigkeit
- Reichweite, Beschleunigung etc.- stark eingeschränkt. Das mag auch ein Grund dafür sein,
daß die Batterie häufig durch fehlerhafte Handhabungen wie Tiefentladung überbeansprucht
wird, was die Lebensdauer extrem beeinträchtigt.

Durch Einsatz von Batteriemanagementsystemen, die den (Lade)Zustand der Batterie anzeigen,
den Batteriebetrieb wie Laden und Entladen steuern und vor Fehlbehandlungen warnen, soll
dieses Problem überwunden werden.

Im vorgelegten Bericht werden die Leistungskennwerte und Einsatzspektren der modernen,
heute auf dem Markt angebotenen Batteriemanagementsysteme dargestellt. Er gibt einen guten
Überblick und kann als Basisinformation für weitere wissenschaftliche Untersuchungen auf die-
sem Gebiet und die gezielte Auswahl entsprechender Systeme dienen.

Die Studie wurde mit hohem persönlichen Einsatz der Bearbeiter durchgeführt - wofür an dieser
Stelle gedankt wird - und vom FAT-AK 18 'Elektrostraßenfahrzeuge', dessen Mitglieder im An-
hang namentlich genannt sind, begleitet.

Frankfurt am Main, im Juli 1997

Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT)
Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG                                                             5
    1.1 Problemstellung und Définition                                   5
    1.2 Vorgehensweise                                                   6
         1.2.1   Grundlagenliteratur                                     7
         1.2.2   Literaturrecherche                                      7
         1.2.3   Normen                                                  7
         1.2.4   Herstellerinformationen                                 8

2 ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN AN EIN
    BATTERIEMANAGEMENTSYSTEM                                             9
   2.1 Anforderungsprofil                                                9
   2.2 Struktur eines Batteriemanagementsystems                         13

3 ANFORDERUNGEN AN DAS MANAGEMENT VERSCHIEDENER
    BATTERIETYPEN                                                       15
   3.1 Blei-Batterie                                                    16
        3.1.1 Offene Blei-Batterie                                      23
        3.1.2 Verschlossene Blei-Batterie                               23
   3.2Nickel-Cadmium-Batterie                                           28
   3.3 Nickel-Metallhydrid-Batterie                                     31
   3.4 Natrium-Schwefel-Batterie                                        33
   3.5 Natrium-Nickelchlorid-Batterie                                   37
   3.6 Zink-Brom-Batterie                                               41
   3.7 Lithium-Batterien                                                44

4 TECHNISCHE REALISIERUNG DES BATTERIEMANAGEMENTSYSTEMS                 49
   4.1 Microcontrollermodul                                             49
   4.2 Informationsschnittstellen                                       50
         4.2.1 Normen und Standards für Informationsschnittstellen in
               Elektro Straßenfahrzeugen                                50
         4.2.2 Kommunikation zwischen verschiedenen
               Batteriemanagementsystemen                               51
         4.2.3 Schnittstelle BMS - Meßdatenerfassung                    51
         4.2.4 Schnittstelle BMS - Bordladegerät                        52

                                            i
ii                                                                       Inhaltsverzeichnis

           4.2.5 Schnittstelle BMS - Antriebssteuerung                                   53
           4.2.6 Schnittstelle BMS - Heizung/Kühlung/Lüftung der Batterie                53
           4.2.7 Schnittstelle BMS - Fahrer-Display                                      54
           4.2.8 Schnittstelle BMS - Service-PC                                         .54
     4.3 Sensoren und Meßwerterfassung                                                   55
          4.3.1 Spannungsmessung                                                          55
          4.3.2 Strommessung                                                              56
          4.3.3 Temperaturmessung                                                         57
          4.3.4 pH-Wert-Messung                                                           58
          4.3.5 Druckmessung.                                                        .....59
          4.3.6 Messung des Ladezustands                                                  59
     4.4 Integration in das Elektrostraßenfahrzeug                                      59
          4.4.1 Nonnen                                                                  59
          4.4.2 Stromversorgung des Batteriemanagementsystems                           61
          4.4.3 EMV-Probleme                                                            62
     4.5 Bemerkungen zur Software                                                       62
          4.5.1 Ladezustandsbestimmung                                                  62
          4.5.2 Datenarchivierung                                                       64

5 MARKTÜBERSICHT                                                                        66
     5.1 Bewertungskriterien                                                            66
     5.2 Charakterisierung der ausgewerteten Systeme                                    69
          5.2.1 Ladezustandsanzeigen (Auswahl)...                                       69
          5.2.2 Industriell gefertigte Batteriemonitoring- und -managementsysteme       69
          5.2.3 Neuentwicklungen und Prototypen                                         71

6 ZUSAMMENFASSUNG                                                                        73

ANHANG I EIGENSCHAFTEN VORHANDENER SYSTEME                                              74

ANHANG II BEGRIFFE UND GRÖßEN                                                           76

ANHANG III HERSTELLERADRESSEN                                                           78

ANHANG IV LITERATURVERZEICHNIS                                                          80
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1: Struktur eines Batteriemanagementsystems                             13

Abbildung 3.1: Reaktionsschema der Blei-Batterie                                    16

Abbildung 3.2: Vereinfachtes Reaktionsschema der Nickel-Cadmium-Zelle während der

               Hauptladephase                                                       28

Abbildung 3.3: Modifikationen im aktiven Material der Nickelhydroxid-Elektrode      28

Abbildung 3.4: Schnitt durch eine Natrium-Schwefel-Zelle [Linden 1995]              34
Abbildung 3.5: Ruhespannung sowie Zellspannung beim Entladen und Laden einer
               Natrium-Schwefel-Zelle (obere Kurven, linke Skala) sowie
               Innenwiderstand (untere Kurven, rechte Skala) [Linden 1995]          35

Abbildung 3.6: Aufbau einer Natrium-Nickelchlorid-Zelle (nach [Böhm 1991])          39

Abbildung 3.7: Funktionsprinzip der Zink-Brom-Batterie [Linden 1995]                42

Abbildung 3.8: Schematische Darstellungen von drei Lithium-Batterien:               47

Abbildung 4.1: Ladegerät und Batteriemanagementsystem mit PWM-Schnittstelle         52

Abbildung 4.2: Modulspannungsmessung mit Ringleitungssystem [Geuer 1991]            56
Tabellenverzeichnis

Tabelle 3.1: Alterungseffekte in Blei-Batterien (nach [Berndt et al. 1995]; ergänzt)      20

Tabelle 3.2: Alterungseffekte in verschlossenen Blei-Batterien (nach [Berndt et al.
                 1995])..                                                               ...26

Tabelle 3.3: Einteilung der Lithium-Sekundärbatterien nach [Linden 1995] mit
                Literaturangaben zu Entwicklungsvorhaben als Traktionsbatterien für
                Elektrostraßenfahrzeuge                                                   45

Tabelle 6.1 : Übersicht über Eigenschaften und Leistungen von Batteriemonitoring- und
                 -managementsystemen                                                      74

                                               IV
1       Einleitung

1.1    Problemstellung und Definition

Die zunehmende Luftverschmutzung fordert neue Wege zur Verbesserung der Um-
weltsituation. So verlangt der US-Bundesstaat Kalifornien durch gesetzliche Auflagen nicht
nur drastische Emissionsminderung an Verbrennungsmotoren, sondern auch (lokal) völlig
emissionsfreie Fahrzeuge. Solche - am Einsatzort - emissionsfreien Fahrzeuge sind zur Zeit
nur als Elektrostraßenfahrzeuge (ESF) realisierbar.

Bei neueren Elektrostraßenfahrzeugen ist meist die Motor- und Antriebssteuerungstechnik
sehr weit entwickelt und effizient, während sich die Traktionsbatterie als Schwachpunkt
erweist. Insbesondere führt oftmals falsche Behandlung zu extremer Beeinträchtigung der
Batterielebensdauer. Hier soll ein Batteriemanagementsystem (BMS) ansetzen, welches
 • den Zustand der Batterie meßtechnisch erfaßt, auswertet, wichtige Daten speichert sowie
   den Fahrer über die Restreichweite (Ladezustand) und andere Batteriegrößen informiert
   (Batteriebeobachtung),
 • Fehlbehandlungen erkennt und ggf. davor warnt (Batterieüberwachung)
 • sowie den Batteriebetrieb optimiert, indem es Temperatur, Lade- und Entladestrom direkt
   beeinflußt (Beeinflussung).

In dieser Arbeit sind die Begriffe Batteriemonitor und Batteriemanagement folgendermaßen
definiert: Ein Batteriemonitor umfaßt die beiden ersten genannten Funktionen,
Batteriebeobachtung und Batterieüberwachung. Batteriemanagement umfaßt diese
Funktionen und außerdem die zuletzt genannte Beeinflussung. Der Begriff Batterie-
management wurde in Abgrenzung zu Batteriemonitoring geprägt, um die gewachsenen
Anforderungen an die Behandlung der Batterie zu charakterisieren (vgl. z.B. [Kahlen/Hauck
1995], [Schöpe 1994a,b]). Trotz der Zweideutigkeit wird im weiteren die Abkürzung BMS
ausschließlich für Batteriemtftt#gewe«/system verwendet (anders z.B. [Kahlen/Hauck 1995]).
Der Begriff Batteriecontroller wird hier nicht verwendet, da er zu unscharf ist. Hersteller
bezeichnen reine Ladezustandsanzeigen mit oder ohne Abschaltrelais bei Tiefentladung als
Batteriecontroller (z.B. Bauser, Curtis); [Kahlen/Hauck 1995] schlagen hingegen vor, ihn
synonym mit Batteriemanagement zu behandeln. Auch der Begriff Batteriemanagement wird
allerdings von Herstellern oft in einem wesentlich allgemeineren Sinn verwendet, etwa für
eine Ladegerätsteuerung, welche zusätzlich Angaben über den Gabelstapler-Gerätepark
verwaltet (Oldham), oder ein tragbares Meßgerät für Kapazitätsprüfungen (Programma TMC-
2001).

Ziel des Batteriemanagements im Sinne der obigen Definition ist es, die Batterie optimal zu
führen und somit die Gesamtkosten - trotz zusätzlicher Kosten für das Management - zu
senken, indem man die Lebensdauer der Batterie maximiert und Wartungskosten minimiert.
In jüngerer Zeit rückt darüber hinaus das Ziel ins Blickfeld, den Arbeitsgrad (Wirkungsgrad
1. Einleitung

der Energie nach DIN 40729) der Batterie zu erhöhen, indem insbesondere Ladeverfahren und
Nutzbremsungen im Hinblick auf den aktuellen Batteriezustand angepaßt werden. Um diese
anspruchsvolle und komplexe Zielsetzung zu realisieren, wird das Batteriemanagement immer
seltener isoliert betrachtet. Es ist integraler Bestandteil des Fahrzeugs geworden. Dies
bedeutet zum Beispiel, daß die Antriebssteuerung oder das Ladegerät vom BMS beeinflußt
werden, um die Betriebsbedingungen der Batterie zu optimieren.

Heute gibt es eine Vielzahl von Batteriearten, die jeweils unterschiedliche Behandlung
verlangen, um die genannten Ziele zu erreichen. Da der Benutzer des Batteriesystems nicht
notwendig technischen Sachverstand über Batterien mitbringt, muß das BMS, angepaßt an die
batteriespezifischen Anforderungen, automatisch arbeiten.

Die vorliegende Studie gibt einen Überblick über den Stand der Technik von BMS für
Elektrostraßenfahrzeuge. Dazu wurden sowohl die heute auf dem Markt erhältlichen Systeme
als auch solche, die sich erst in der Entwicklung befinden, herangezogen. Der folgende
Abschnitt 1.2 dokumentiert die Quellen, welche für diese Studie im einzelnen ausgewertet
wurden. Die Ergebnisse werden in den vier folgenden Kapiteln, nach Themen gegliedert,
wiedergegeben. Zunächst werden solche Anforderungen an ein Batteriemanagementsystem
formuliert, die von der verwendeten Batterieart unabhängig sind (Kapitel 2). Davon getrennt
werden in Kapitel 3 batteriespezifische Anforderungen dargestellt; zu dieser Einteilung vgl.
auch [Hauck 1992]. Betrachtet werden Blei-Batterie (offene sowie verschlossene Bauweise),
Nickel-Cadmium-Batterie, Nickel-Metallhydrid-Batterie, Natrium-Schwefel-Batterie, Natri-
um-Nickelchlorid-Batterie, Zink-Brom-Batterie und Lithium-Batterie. Kapitel 4 stellt techni-
sche Realisierungsmöglichkeiten für Batteriemanagementsysteme vor, und Kapitel 4.5 bringt
eine Zusammenstellung, inwieweit die heute bereits marktgängigen BMS die vorher
formulierten Anforderungen erfüllen. Kapitel 6 faßt die Ergebnisse der Studie zusammen.

Wichtige Begriffsdefinitionen und Konventionen über die verwendeten Größen sind in An-
hang I zusammengestellt. Die Adressen der zitierten Hersteller sind in Anhang III zu finden.
Anhang IV enthält das Literaturverzeichnis.

1.2    Vorgehensweise

Für die vorliegende Studie wurden möglichst umfassend die verfügbaren Informationen über
Batteriemanagementsysteme für Elektrostraßenfahrzeuge ausgewertet. Das sind im einzelnen:
 • Grundlagenliteratur über Batterien und Elektrostraßenfahrzeuge;
 • eine ow-Zme-Literaturrecherche im Fachinformationszentrum Karlsruhe (FIZ) zur Ermitt-
   lung aktueller Fachveröffentlichungen in Zeitschriften und Konferenzberichten, welche
   ggf. über die Fernleihstelle der Bibliothek beschafft wurden;
 • weitere Fachveröffentlichungen      aus der umfangreichen,        seit Jahren am ISEA
   gesammelten Literatur;
 • Normen;
 • Herstellerinformationen über marktgängige Batteriemanagementsysteme.
1. Einleitung                                                                             7

1.2.1 Grundlagenliteratur

Ein Batteriemanagementsystem muß die spezifischen Merkmale eines Batterietyps
berücksichtigen, um den Batteriebetrieb zu optimieren. Im Rahmen dieser Studie wird daher
Grundlagenliteratur über Batterien ausgewertet, um anhand der Eigenschaften der einzelnen
Batterietypen batteriespezifische Anforderungen an das Batteriemanagement abzuleiten.
Neben den gängigen Handbüchern wie [Linden 1995], [Varta 1986] wurde dabei zu
Einzelfragen die Literatursammlung des Instituts herangezogen.

Weiterhin wird verschiedentlich Grundlagenliteratur zu Elektrofahrzeugen benutzt, die über
den Bereich des Batteriemanagements hinausgeht, zum Beispiel über industriell verwendete
Informationsschnittstellen.

1.2.2 Literaturrecherche

Bei der o«-/me-Literaturrecherche am FIZ wurden die folgenden englischsprachigen
Datenbanken durchsucht:
 • Compendex (allgemeine Ingenieurwissenschaften)
 • Energy (Energietechnik)
 • Inspec (Informationstechnik)
 • Elcom (Nachrichtentechnik)

In der Datenbank Compendex wurde nach den Fundstellen gesucht, bei denen in Titel oder
Inhaltsangabe (abstract) einer der vier Begriffe battery management, battery controller,
battery monitor?, battery charge indicat? vorkommt. Das Fragezeichen ist dabei ein
Platzhalter für beliebige Endungen. Es zeigte sich, daß der Suchbegriff battery management
allein bereits genügend Treffer erbrachte und die übrigen Begriffe thematisch weniger genau
waren. Die übrigen drei genannten Datenbanken wurden deshalb nur nach battery
management durchsucht. Insgesamt wurden so 158 Veröffentlichungen aufgefunden. Nach
Durchsicht der abstracts wurden davon 35 Veröffentlichungen in Bibliotheken bestellt.

Zusätzlich wurden die am ISEA seit Jahren gesammelten Fachveröffentlichungen
ausgewertet. Darunter befindet sich insbesondere auch deutschsprachige Literatur, die nicht
vollständig in den englischsprachigen Datenbanken enthalten ist.

1.2.3 Normen

Die Normen für ein BMS wurden an der Bibliothek der RWTH Aachen an einem Perinorm-
Rechner recherchiert. Die Normen sind auf einer CD-ROM gespeichert und können anhand
von Suchworten ausgewählt werden. Nach für ein BMS relevanten Normen wurden die
Regelwerke DIN, VDE und ISO durchsucht. Folgende Normen wurden im Rahmen dieser
Studie ausgewertet:
 • DIN VDE 0122: Elektrische Ausrüstung von Elektrostraßenfahrzeugen.
 • DIN VDE 0410: VDE- Bestimmungen für elektrische Meßgeräte.
8                                                                               1. Einleitung

    • DIN VDE 0510, Teil 3: Akkumulatoren und Batterieanlagen: Antriebsbatterien für
      Elektrofahrzeuge.
    • DIN VDE 0879, Teil 3: Funk-Entstörung bei Fahrzeugen.
    • DIN 41 772,41 773 , 41 774, 41 775, 41 776, 41 777: Batterieladegeräte und -verfahren.

Zur Zeit werden europäische Normen vorbereitet, die teilweise die DIN- und DIN-VDE-
Normen ablösen werden. Die europäischen Norm-Entwürfe sind aber noch nicht
veröffentlicht und können daher in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt werden.
Anforderungen an den Austausch digitaler Informationen speziell bei Diagnosesystemen in
Straßenfahrzeugen sind in ISO 9141 spezifiziert.

1.2.4    Herstellerinformationen

Eine Recherche der auf dem Markt erhältlichen Systeme wurde in Branchenbüchern der
Bibliothek der RWTH Aachen durchgeführt. Der Schwerpunkt lag auf Branchenbüchern für
die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Weitere Hinweise auf
Batteriemanagementsysteme und deren Hersteller wurden durch Gespräche mit Herstellern
von Elektrostraßenfahrzeugen ermittelt.

Über diese heute auf dem Markt erhältlichen Batteriemanagementsysteme wurden
systematisch schriftlich und fernmündlich Informationen von den Herstellern eingeholt. Diese
Herstellerinformationen sind einerseits in die Anforderungskataloge (Kapitel 2 und 3) sowie
die Zusammenstellung der technischen Realisierungsmöglichkeiten (Kapitel 4) eingeflossen.
Andererseits wird in Kapitel 5 eine Marktübersicht aufgestellt, aus der hervorgeht, inwieweit
die heute erhältlichen BMS bereits die formulierten Anforderungen erfüllen. Die Adressen der
Hersteller sind in Anhang III angegeben.
2          Allgemeine Anforderungen an ein
           Batteriemanagementsystem

Zunächst werden in Abschnitt 2.1 systematisch die Anforderungen an das
Batteriemanagement für Elektrostraßenfahrzeuge zusammengestellt, soweit diese nicht durch
das verwendete Batteriesystem bestimmt sind (vgl. Kapitel 3). Daraus wird in Abschnitt 2.2
modellhaft eine logische Struktur in Form eines Blockschaltbildes entworfen, das die
Funktionen eines Batteriemanagementsystems enthält und zweckmäßig miteinander
verbindet.

2.1        Anforderungsprofil

Um die Anforderungen an Batteriemanagementsysteme (BMS) zu systematisieren, gliedert
sich die folgende Liste ausschließlich nach den Zielen, die ein BMS primär erreichen soll.
Dagegen stellen viele Eigenschaften, die in der Literatur ebenfalls als Anforderungen an BMS
formuliert werden, keine eigenständigen Ziele dar, sondern Mittel, um diese zu erreichen. So
ist beispielsweise eine Modulspannungsüberwachung kein Selbstzweck, sondern bei vielen
Batterietypen notwendig zur Optimierung der Betriebsbedingungen. Solche Eigenschaften
sind hier den jeweiligen primären Zielen zugeordnet.

Folgende Ziele bestimmen das Anforderungsprofil für das Batteriemanagementsystem in
Elektrostraßenfahrzeugen (vgl. [Alzieu et cd. 1995], [Chan/Chu 1990], [Kahlen/Hauck 1995],
[Karden et al 1996], [Nor/Smith 1994], [O'Brien 1994], [Pavlat/Diller 1993], [Retzlaff 1992],
[Retzlaff/Ambrosio 1994], [Schöpe 1994a,b]):

1.    Das BMS soll einen optimalen Batteriebetrieb gewährleisten ([Kahlen/Hauck 1995],
      [Schöpe 1994a,b]). Dieser ist gekennzeichnet durch:

      a)   Hohe Batterielebensdauer.

           Dazu gehört in erster Linie die Einhaltung der elektrischen und thermischen
           Betriebsgrenzen, beispielsweise
           • Schutz vor Überladung;
           • Schutz vor Tiefentladungen;
           • Schutz vor zu hohen Strömen oder schädlichen Wechselstromanteilen;
           • Temperaturregelung mittels Heiz- oder Kühlsystemen;
           • Temperaturausgleich der einzelnen Zellen;
           • Reduzierung des Lade- und Entladestroms bei Übertemperatur.
10                            2. Allgemeine Anforderungen an ein Batteriemanagementsystem

     b) Geringen Wartungsaufwand für die Batterien.

          Typische Wartungsmaßnahmen sind z.B. Nachfüllen von destilliertem Wasser oder
          Austausch des Elektrolyten (offene Nickel-Cadmium-Batterie) oder „Gutlade-
          verfahren" zur Regeneration der Batterie. Sofern erforderlich, können sie vom BMS
          vorgeschlagen und/oder durchgeführt werden.

     c)   Hohen Arbeitsgrad (z.B. [Pavlat/Diller 1993]; [O'Brien 1994]; [Nor/Smith 1994]).

          Geringe Energieverluste in der Batterie sind u.a. zu erreichen, indem das
          Ladeverfahren geeignet gewählt und Überladung (Stromverbrauch zur parasitären
          Wasserelektrolyse) vermieden wird. Weiter sind die Nutzbremsungen zu optimieren.

     d) Hohe Verfügbarkeit durch schnelle Wiederaufladung.

          Das Ziel der schnellen Wiederaufladung (hoher Ladestrom) kann allerdings der
          Optimierung des Arbeitsgrads (geringe parasitäre Ströme und Verlustleistungen)
          zuwiderlaufen.

     e)   Vermeidung von Memoryeffekten, welche die Entnehmbare Ladung der Batterie
          reversibel verringern [Schöpe 1994 a, b].

     Aus diesen Zielen zum optimalen Batteriebetrieb ergeben sich drei wesentliche Forde-
     rungen an seine Funktion:

     • Das BMS muß den Ladezustand der Batterie oder auch der einzelnen Module präzise
       bestimmen, was bei einigen Batterietypen aufwendige Berechnungen erfordert. Die
       zulässigen Betriebsgrenzen hängen maßgeblich vom Ladezustand ab. (z.B. [Alzieu et
       al. 1995])

     • Das BMS muß andere Komponenten des Fahrzeugs, insbesondere Ladegerät und
       Antriebssteuerung, beeinflussen (z.B. [Kahlen/Hauck 1995], [Nor/Smith 1994],
       [Schöpe 1994 a, b]). Ladeverfahren, die auf einer genauen Beobachtung der Batterie
       beruhen, werden auch als smart charging bezeichnet und am Beispiel der Blei-Batterie
       in Abschnitt 3.1 ausführlicher diskutiert.

     Beide Punkte seien kurz an drei Beispielen erläutert. (1) Beim Rückspeisen von
     Bremsenergie soll Überladung vermieden, aber möglichst viel Energie ausgenutzt
     werden: Das erfordert sowohl Kenntnis von Batteriedaten (zulässige Stromaufnahme) als
     auch Zugriff auf die Antriebssteuerung (Vorgabe eines maximalen Rückspeisestroms).
     (2) Der Fahrstrom soll zur Vermeidung von Tiefentladungen begrenzt werden, wenn die
     Batterie bereits relativ weit entladen ist, während sonst zur Ausnutzung der maximalen
     Motorleistung ein höherer Strom wünschenswert ist. (3) Das Bordladegerät sollte vom
     BMS gesteuert werden, um beispielsweise nach kurzen Fahrten, wenn die Batterie noch
     fast voll ist, eine lange U-Ladephase zu vermeiden, welche bei verschlossenen Blei-
     Batterien Lebensdauer und Arbeitsgrad ungünstig beeinflußt.

     • Eine weitere Forderung besteht in der Adaption der verwendeten Batterieparameter an
       Exemplarstreuung und Alterung der tatsächlichen Batterie. Während des ESF-Betriebs
       soll das im BMS repräsentierte mathematische Modell der Batterie kontinuierlich an
       deren gemessenes Verhalten angepaßt werden.
2. Allgemeine Anforderungen an ein Batteriemanagementsystem                              11

2.   Das BMS soll Informationen über die Batterien verwalten ([Kahlen/Hauck 1995],
     [Schöpe 1994a,b], [Alzieu et al. 1995]):

     a)   Ständige Information des Fahrers über die Restreichweite (Ladezustand) und andere
          wichtige Batteriedaten. Die Erfassung dieser Daten und ihre Weitergabe an den
          Fahrer ist im Gegensatz zum reinen Batteriemonitoring nicht Hauptzweck des
          Systems, sondern eine Notwendigkeit zur Realisierung der unter 1. dargestellten
          Optimierung des Batteriebetriebs [Nor/Smith 1994].

     b) Datenarchivierung zur späteren Auswertung, z.B. in Bezug auf
          • Ermittlung von Schadensursachen (Fehlerdiagnose), Klärung von Garantie-
            ansprüchen (Produktions- oder Anwendungsfehler?);
          • Verbesserung des BMS;
          • Verbesserung der Batterie, des Ladegeräts, des Antriebs oder des Zusammenspiels
            der einzelnen Komponenten.

3.   Das Batteriemanagementsystem selbst soll folgende Bedingungen erfüllen:

     a)   Zuverlässigkeit

          Die Zuverlässigkeit des Systems muß in allen Situationen und Betriebsbereichen
          hoch sein. Eine Fehlerdiagnose sollte vom System selber durchgeführt und auch
          angezeigt werden. Im Fall eines von außen verursachten Systemabsturzes muß der
          Neustart automatisch erfolgen (z.B. [Retzlaff 1992]); wichtige Daten müssen
          nichtflüchtig gespeichert werden.

     b) Technische Realisierbarkeit
          • Verzicht auf aufwendige Sensorik:
             - keine Hilfselektroden,
             - keine Gassensoren,
             - möglichst nur Messung elektrischer Größen und der Temperatur;
          • Verzicht auf Pilotzellen;
          • Keine nachträglichen Eingriffe in die Batterien;
          • Geringer Leistungsbedarf des BMS;
          • Geringer Platzbedarf des BMS.

     c)   Flexibilität in Bezug auf unterschiedliche Batterien, Antriebe etc.;

          Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Batterietypen wird eine
          ideale Flexibilität des BMS im Hinblick auf den Einsatz beliebiger Batterien kaum
          erreichbar sein (vgl. [Hauck 1992]). Zumindest ist aber wünschenswert, daß ein
          gegebenes BMS bei gleichen Batterietypen verschiedener Hersteller einsetzbar ist.
          Außerdem sollte es mit unterschiedlichen Ladegeräten, Antrieben etc.
          zusammenarbeiten. Schließlich müssen anwendungsspezifische Anpassungen der
12                              2. Allgemeine Anforderungen an ein Batteriemanagementsystem

          Software möglich sein. Dies alles erfordert eine modulare Softwarestruktur und eine
          hohe Transparenz der Funktionen des Batteriemanagementsystems für den Benutzer.
          Weiterhin sind standardisierte Schnittstellen zu Ladegerät und Antrieb erforderlich.

     d)   Wirtschaftlichkeit.

          Ein Batteriemanagementsystem ist dann wirtschaftlich, wenn der Mehraufwand für
          seine Installation und seinen Betrieb durch Einsparungen in den Bereichen
          Wartungsaufwand, Energieverbrauch sowie durch erhöhte Batterielebensdauer
          wieder ausgeglichen wird (vgl. [Retzlaff/Ambrosio 1994]).
2. Allgemeine Anforderungen an ein Batteriemanagementsystem                                                                                              13

2.2           Struktur eines Batteriemanagementsystems

Für das Batteriemanagementsystem werden nun verschiedene Maßnahmenbereiche definiert.
Beginnend mit der Datenerfassung folgen die Datenauswertung, die Datenüberwachung, die
Beeinflussung, die Darstellung sowie die Parameteradaption. Abbildung 2.1 zeigt eine
modellhafte Struktur für ein Batteriemanagementsystem (vgl. z.B. [Dowgiallo 1991],
[Kahlen/Hauck 1995]; [Schöpe 1994a]).

      Datenerfassung                    Datenauswertung                  Bart e rie-    Überwachung                                Beeinflussung
                           Meßwerte                                      grö fle n                                  Sollwerte
                                            Batteriegroßen
           Batteriedaten                                                                                                        Thermisches Management
                                              Fahrgrößen                                 Fehlervermeidung
          Umgebungsdaten                                                                                                                Ladegerät
                                           integrale Größen                              Fehlererkennung
            Fahrdaten                                                                                                               Antriebssteuerung
                                          statistische Größen

                                                       i \
      •
                                 gemessene und                                                    Meldungen
                                    berechnete               Modell-                             1
                                       Batterie-             parameter
                                        größen
                                                                                       Datenverwaltung           Daten,
                                                   r                                                            Meldungen
                                                                                                                                   Ein-/Ausgabe
                                                                                        Fahrerinformationen
                                                                                             erzeugen
                                       Parameteradaption                                 Datenspeicherung
                                                                                                                                     Fahrer-Display
                                                                                                              •
14                          2. Allgemeine Anforderungen an ein Batteriemanagementsystem

Die Parameteradaption aktualisiert die Parameter des Batteriemodells. Dazu werden
gespeicherte Prognosen, wie die entnehmbare Ladung, mit den gemessenen Werten
verglichen.

Der Block Überwachung ist in Fehlervermeidung und Fehlererkennung unterteilt. Die
Fehlervermeidung gewährleistet die Einhaltung der elektrischen und thermischen
Betriebsgrenzen der Batterie, indem sie Größen wie Temperatur, Spannung, Strom,
Ladedauer, Ladezustand und Elektrolytmenge überwacht. Drohen die erlaubten Grenzen
überschritten zu werden, muß das BMS geeignete Maßnahmen einleiten, z.B. die Kühlung
einschalten, oder eine Warnung oder einen Wartungshinweis an den Fahrer ausgeben. Die
Fehlererkennung greift ein, wenn die Überschreitung von Betriebsgrenzen detektiert wurde,
um eine weitere Schädigung der Batterie zu verhindern. Sie beendet beispielsweise die
Entladung zum Schutz einzelner Module vor Umpolung. Bei einem Systemabsturz sorgt eine
entsprechende Schaltung (Watchdog) für einen automatischen Neustart. Bei Fehlern in der
Isolation zwischen Fahrzeug und Batterie oder bei Fehlfunktionen von Antriebssteuerung oder
Ladegerät werden Warnungen an den Fahrer ausgegeben. Ein BMS mit
Einzelmodulüberwachung kann defekte Module lokalisieren ([Alzieu et al. 1995], [Nor/Smith
1994], [Noworolskie/a/. 1991]).

Die Beeinflussung der Batterie und der anderen Komponenten im Fahrzeug wird in die
Ladeführung, die Entladeführung und die thermische Führung unterteilt. Die Ladeführung
gibt das Ladegerät frei und übermittelt ihm den Sollwert für den Ladestrom. Zum Ladeende
schaltet das BMS das Ladegerät ab. Die Entladeführung muß die Antriebssteuerung
entsprechend den Ergebnissen der Überwachung freigeben und verschiedene Grenzwerte von
Entladestrom und Spannung an die Antriebssteuerung übermitteln. Dazu gehört auch der
maximal erlaubte Ladestrom beim regenerativen Bremsen. Die thermische Führung sorgt
durch Kühlung oder Heizung für die Einhaltung des erlaubten Temperaturbereichs und
darüber hinaus erforderlichenfalls für einen Temperaturausgleich zwischen den Zellen.

Der Block Datenverwaltung ist für die Anzeige von Daten und Meldungen und deren
Speicherung zur späteren Auswertung an einem Service-PC zuständig. Darüber hinaus eignet
sich die Service-PC-Schnittstelle dazu, das BMS umzuprogrammieren sowie Korrekturen an
den Parametern des Batteriemodells durchzuführen. Die Speicherung der wichtigen Batterie-,
Fahr- und statistischen Größen sowie die integralen Größen aus dem Block Datenauswertung
erfolgt in einem nichtflüchtigen Massenspeicher. Außerdem werden Fehlermeldungen aus
dem Block Überwachung gespeichert. Ein Datenreduktionsalgorithmus verhindert den
Überlauf des Speichers. Das Display dient der Fahrerinformation und zeigt ausgewählte
Meßwerte und ausgewertete Daten sowie Betriebsmeldungen, also Wartungshinweise,
Warnungen vor einem in Kürze bevorstehenden Erreichen einer Betriebsgrenze sowie
Fehlermeldungen an.
3      Anforderungen an das Management
       verschiedener Batterietypen

Die verschiedenen Batterietypen, die für Elektrostraßenfahrzeuge in Frage kommen, besitzen
ganz unterschiedliche Eigenschaften. Daher muß ein Batteriemanagementsystem je nach
Batterietyp unterschiedliche Aufgaben erfüllen, um einen sicheren und innerhalb der
Betriebsgrenzen verlaufenden Batteriebetrieb zu gewährleisten. In diesem Kapitel werden die
Eigenschaften der verschiedenen Batterietypen zusammengestellt, soweit daraus
Anforderungen an das BMS erwachsen.

Im einzelnen werden folgende Batterietypen behandelt:
 • Offene Blei-Batterie (Abschnitt 3.1.1);
 • Verschlossene Blei-Batterie (Abschnitt 3.1.2);
 • Nickel-Cadmium-Batterie (Abschnitt 3.2);
 • Nickel-Metallhydrid-Batterie (Abschnitt 3.3);
 • Natrium-Schwefel-Batterie (Abschnitt 3.4);
 • Natrium-Nickelchlorid-Batterie (Abschnitt 3.5);
 • Zink-Brom-Batterie (Abschnitt 3.6);
 • Lithium-Batterie (Abschnitt 3.7).

Die Darstellungen zu jedem Batterietyp gliedern sich nach folgenden Themen:
 • Funktionsweise einschließlich Reaktionsgleichungen;
 • Aufbau der Batterie;
 • Thermisches Verhalten;
 • Elektrische Betriebsgrenzen;
 • Alterung und Wartung;
 • Ladezustandsbestimmung;
 •   Ladeverfahren.

                                             15
16                          3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen

3.1    Blei-Batterie

Blei-Batterien sind die ältesten und am weitesten verbreiteten industriell hergestellten elektro-
chemischen Energiespeicher. Heute werden sie in zwei Bauweisen hergestellt, die als offen
(im allgemeinen wartungsarm oder wartungsfrei) und als verschlossen oder gasdicht
bezeichnet werden. In Elektrostraßenfahrzeugen kommt heute praktisch nur noch die
verschlossene Blei-Batterie zum Einsatz. Im folgenden werden zunächst die Eigenschaften
dargestellt, die für verschlossene ebenso wie für offene Batterien gültig sind. Danach werden
kurz die Besonderheiten der offenen und, ausführlicher, diejenigen der verschlossenen
Bauweise dargestellt (Abschnitte 3.1.1 und 3.1.2).

Funktionsweise

Das Funktionsprinzip der Blei-Batterie ist in Abbildung 3.1 dargestellt. In den Elektrolyten
aus verdünnter Schwefelsäure tauchen die negative Elektrode aus metallischem Blei (Pb) und
die positive Elektrode aus Bleioxid (PbO2).

Die Reaktionsgleichung lautet:

      positive Elektrode: PbO2 + 3 H+ + HSO4~ + 2 e"                   PbSO4 + 2 H2O          (1)
                                                         Entladung ,
      negative Elektrode:               Pb + HSO4"        Ladung
                                                                       PbSO4 + H + + 2 e"     (2)
                                                         Entladung ,
      Bruttoreaktion:        Pb + PbO2 + 2 H2SO4          Ladung       2 PbSO4   2 H2O        (3)

Abbildung 3.1:       Reaktionsschema der Blei-Batterie
3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen                              17

Wie aus der Reaktionsgleichung hervorgeht, nimmt der Elektrolyt Schwefelsäure an der
Reaktion teil und dient nicht nur als ionenleitendes Medium. Daher unterliegt die
Schwefelsäurekonzentration großen Schwankungen. Sie liegt, gemittelt über das gesamte
Batterievolumen, zwischen 37 Masseprozent (vollständig geladene Batterie) und 15
Masseprozent (entladen), lokal treten noch größere Unterschiede auf. Elektrolytwiderstand
und -gefrierpunkt sind daher ladezustandsabhängig. Die Stromabhängigkeit der Entnehmbaren
Ladung und die Dynamik des Batterieverhaltens sind, insbesondere bei hohen Strömen,
maßgeblich durch die Säurediffusion bestimmt.

Als Nebenreaktion tritt in der Blei-Batterie die elektrolytische Zersetzung von Wasser in
Sauerstoff (positive Elektrode) und Wasserstoff (negative Elektrode) auf, die in der
Batterietechnik als Gasung bezeichnet wird. Beide Halbzellenreaktionen sind bei den
Ruhepotentialen der Blei-Batterie-Elektroden thermodynamisch möglich, aber kinetisch stark
gehemmt. Sie spielen eine Rolle erstens für die Selbstentladung der Batterie (Lokalelemente
ohne äußeren Stromfluß) und zweitens als parasitäre Nebenreaktion beim Laden. Die
Selbstentladung ist im äußeren Stromkreis nicht meßbar, muß aber vom BMS für die
Ladezustandsbestimmung rechnerisch berücksichtigt werden. Gasung verzehrt einen Teil des
Ladestroms und setzt so den Arbeitsgrad der Batterie herab. Außerdem führt sie zu
Wasserverlust und weiteren Alterungseffekten.

Bei offenen Blei-Batterien werden gasungsbedingte Wasserverluste durch Nachfüllen von
destilliertem Wasser ausgeglichen. Bei sogenannten wartungsarmen oder -freien Batterien ist
infolge geänderter Materialzusammensetzung (z.B. antimonfreie Bleilegierung) und
Überdimensionierung der negativen Elektrode die Wasserstqffb'ùdung kinetisch stark
gehemmt. Bei verschlossenen Blei-Batterien erreicht man außerdem eine Rekombination des
Sauerstoffs, dessen Bildung sich nicht ganz unterdrücken läßt. Zu diesem Zweck ist der
Elektrolyt in Glasfaservlies oder Gel festgelegt, und durch Kapillaren in diesem Material
wandert der gasförmige Sauerstoff von der positiven zur negativen Elektrode, wo unter
Stromfluß die elektrochemische Rekombination zu Wasser stattfindet (Sauerstoffkreislauf).
Fehlbehandlungen, z.B. starke Überladung, die dennoch zu Wasserverlust führen, müssen bei
verschlossenen Blei-Batterien zuverlässig durch das Batteriemanagement vermieden werden,
da kein Nachfüllen möglich ist.

Selbstentladung und Gitterkorrosion sind elektrochemische Reaktionen, die ohne äußeren
Stromfluß über die Klemmen in einer einzigen Elektrode ablaufen (Lokalelemente). So setzt
sich die Selbstentladung der negativen Elektrode aus der Entlade-Teilreaktion gemäß
Gleichung (2) und der Wasserstoffbildung aus der Wasser-Elektrolyse zusammen.

Aufbau

Bei den Elektroden in Blei-Batterien für Traktionszwecke gibt es mehrere Bauformen, denen
gemeinsam ist, daß das elektrochemisch aktive Material in poröser Form eingebracht ist. Das
maximiert die wirksame Elektrodenoberfläche, an welcher die Entlade-/Ladereaktion abläuft,
es optimiert also die Ausnutzung des aktiven Materials und den Durchtritts widerstand. Zur
mechanischen Stabilisierung und zur Erhöhung der Elektronenleitfähigkeit innerhalb der
Elektroden dient eine metallische Struktur, zumeist aus Blei oder einer härteren Bleilegierung,
z.B.:
18                .        3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen

  • ein Gitter aus Stegen von wenigen Millimetern Querschnitt und Abständen in der
    Größenordnung von etwa einem Zentimeter, in welche bei der Herstellung das aktive
    Material als wasserhaltige Paste eingewalzt wird (Gitterplatten);
 • zylindrische, perforierte Röhren, in deren Mittelachse ein Stab als Stromsammler liegt;
   das aktive Material wird als Granulat eingerüttelt. Zahlreiche parallel verlaufende Röhren
   sind zu einer Röhrchenplatte zusammengefaßt (nur für positive Elektroden verwendet).

Eine Zelle besteht meist aus einem Stapel von abwechselnd positiven und negativen Platten,
die jeweils elektrisch parallelgeschaltet sind. Durch diese Anordnung mit möglichst großer
äußerer Plattenoberfläche wird der Elektrolytwiderstand minimiert. Mechanisch sind die
Platten im Fall der offenen Zelle durch poröse Separatoren aus Zellstoff o.a. getrennt, bei der
verschlossenen Bauweise auch durch den festgelegten Elektrolyten. So werden Kurzschlüsse
und das Wachstum von Bleidendriten aus der negativen Platte verhindert.

In der Batterie sind meist Module von drei oder sechs Zellen seriell verbunden. Die elektri-
schen Verbindungen der Zellen innerhalb eines Moduls liegen unzugänglich innerhalb des
Kunststoffgehäuses. Parallelschaltung von Bleizellen ist problematisch, weil wegen der
Ladezustands-, Exemplar- und Altersabhängigkeit ihres elektrischen Verhaltens die Strom-
aufteilung zwischen den Strängen ungleichmäßig wird.

Thermisches Verhalten

Die optimale Betriebstemperatur für Blei-Batterien im Hinblick auf elektrisches Verhalten
und Lebensdauer liegt bei 20°C, akzeptabel sind 15°C bis 45°C, und 50°C sollten auf keinen
Fall überschritten werden [Varta 1986; Hanauer 1994]. Mit steigender Temperatur sinkt die
Lebensdauer (Halbierung der Lebensdauer je 10°C Temperaturzunahme). Bei Temperaturen
oberhalb von 45 °C bis 50°C darf die Batterie wegen der Wärmetönung der Reaktion
insbesondere nicht geladen werden. Bei niedrigen Temperaturen sinkt die Entnehmbare
Ladung (ca. 1% pro °C). Daher sollte ab 15°C eine Heizung aktiviert werden. Die Kühlung
sollte schon deutlich vor Erreichen der Maximaltemperatur von 45°C beginnen.

Neben der Durchschnittstemperatur muß auch die Temperaturverteilung zwischen den
einzelnen Zellen und Modulen beachtet werden [Hauck 1992]. Ein Temperaturausgleich
zwischen den Batteriemodulen durch eine Wassertaschenkühlung erhöhte in Elektrostraßen-
fahrzeugen     signifikant die    Batterielebensdauer,    insbesondere    die   erreichbare
Kilometerleistung      und  den     Ladungsdurchsatz       [Kalker/Zander     1993].    Die
Temperaturdifferenzen zwischen Zellen derselben Batterie sollten 5°C nicht übersteigen
[Hanauer 1994]. Die Firma Mentzer gibt an, allein durch geeignete Regelung der elektrischen
Batteriegrößen mit dem BMS Badicheq lasse sich dieses Ziel erreichen, so daß ein aktiver
Temperaturausgleich unnötig sei [Retzlaff/Ambrosio 1994].

Elektrische Betriebsgrenzen

Zu hohe Zellspannungen schädigen die Batterie, weil dann ein wesentlicher Teil des Lade-
stroms in die Wasserzersetzung statt in die Ladereaktion fließt und dabei mehr Gas entsteht,
als durch Rekombination aufgebraucht wird. Deshalb wird bei den üblichen Ladeverfahren die
3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen                             19

durchschnittliche Spannung pro Zelle begrenzt (vgl. Abschnitt Ladeverfahren). Soll die
Batterie ständig mit einer höheren als der Ruhespannung betrieben werden, z.B. in einer
unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV; standby-Betrieb), so geben die Hersteller dafür
meist zusätzlich eine niedrigere Erhaltungsladespannung an, auf die nach Erreichen des
Volladezustandes umzuschalten ist (DIN 41 777). Es ergibt sich für solche Spannungsgrenzen
das generelle Problem, daß sich nicht alle Zellen einer «-zelligen Batterie völlig gleich
verhalten und deshalb einige Zellen stets eine höhere Spannung als ein «-tel der
Klemmenspannung aufweisen.

Auch Tiefentladungen einzelner Zellen der Batterie haben schädliche Auswirkungen. Wird
einer völlig entladenen Zelle weiterhin ein Strom in Entladerichtung aufgeprägt, führt das zur
Umpolung der Zelle und durch Bildung von Bleidendriten zum Kurzschluß. Auf jeden Fall
führt aber wiederholtes Tiefentladen der schwächsten Zellen zu einer progressiven Abnahme
ihrer Entnehmbaren Ladungsmenge („Auseinanderlaufen").

Um Tiefentladung und Überladung aller Zellen zu vermeiden, müßten also idealerweise alle
Zellspannungen einzeln gemessen werden. Da dies meist nicht ohne Zerstörung der Batterie
möglich ist und bei 40 bis 120 Zellen zu unvertretbarem Aufwand führt, werden zumindest
die Einzelspannungen aller drei- oder sechszelligen Module gemessen (z.B. [Retzlaff 1992]).

Die einfachste Schutzmaßnahme gegen Tiefentladung einzelner Module besteht darin, die
gesamte Entladung abzubrechen, sobald ein einziges Modul (oder eine festzulegende kleine
Anzahl) eine Schwellenspannung unterschreitet. Bereits vorher kann der Fahrer über die
zunehmende Inhomogenität der Modulspannungen durch Warnleuchten o.a. informiert
werden [Alzieu et al. 1995]. Der Entladeschlußzeitpunkt läßt sich hinauszögern, wenn der
Entladestrom in Abhängigkeit vom Ladezustand begrenzt wird, was lediglich bei weit
entladener Batterie Leistungsspitzen im dynamischen Fahrbetrieb „abschneidet".

Analog wird zum Schutz gegen Überladung eine obere Grenze für die Modulspannung fest-
gelegt. Diese muß sowohl dem Ladegerät als auch der Antriebssteuerung übermittelt werden.
So kann auch die Energierückgewinnung beim regenerativen Bremsen optimiert werden, ohne
die Batterie durch Überladung zu schädigen.

Einige BMS sehen darüber hinaus einen Ladungsausgleich zwischen den in Serie geschalteten
Modulen vor. Dies geschieht entweder durch ein Zusatzladegerät kleiner Leistung oder durch
eine Vorrichtung, welche den Strom an einzelnen Modulen vorbeileitet (bypass), wenn diese
bereits vollständig ge- bzw. entladen sind (vgl. Abschnitt 4.2.4). Der Ladungsausgleich
zwischen den Modulen soll die Lebensdauer der Batterie verlängern, indem er das sogenannte
„Auseinanderlaufen" verhindert. Der Nachweis einer tatsächlichen Lebensdauerverlängerung
ist allerdings schwierig. Außerdem ist ein Modul-Ladungsausgleich mit Mehraufwand an
Material und Energie verbunden.

Alterung und Wartung

Die wichtigsten Alterungsprozesse von Blei-Batterien sind in Tabelle 3.1 zusammengestellt.
Zusätzlich werden in verschlossenen Blei-Batterien weitere Prozesse wichtig, über die Tabelle
3.2 einen Überblick gibt.
20                                3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen

Zu beachten ist, daß die wichtigsten Alterungsprozesse in der Blei-Batterie, wie
Gitterkorrosion und Wasserstoffentwicklung, mit steigender Temperatur deutlich beschleunigt
werden. Als Faustregel gilt: Die angegebene Brauchbarkeitsdauer wird bei 20°C erreicht; sie
vermindert sich je 10°C Temperaturerhöhung bereits um die Hälfte [Berndt et al. 1995].

Infolge der verschiedenen Alterungsprozesse sinkt die Entnehmbare Ladung der Batterie ab.
Dieser Prozeß kann teilweise umgekehrt werden durch Zyklisierung mit niedrigem Entlade-
und hohem Anfangsladestrom, was vom BMS in geeigneten Intervallen zu veranlassen ist
([Hauck 1992], [Alzieuef a/. 1995]).

Komponente                    Alterungseffekt            Gegenmaßnahmen             Anmerkungen

Aktives Material der          Verlust der elektrischen   Herstellungsverfahren      Vor allem bei Fahr-
positiven Elektrode           Leitfähigkeit und der      (Curing-Methode).          zyklenbetrieb.
                              mechanischen Stabilität    Begrenzung der             Verstärkt bei antimon-
                              (reversibler vorzeitiger   Ausnutzung.                armen oder -freien
                              Kapazitätsverlust,         Geeignete Ladeverfahren.   Gitterlegierungen
                              premature capacity loss,   Zyklisierung mit kleinem   (dann Zinnzusatz als
                              PCL)                       Entlade- und großem        Gegenmaßnahme).
                                                         Ladestrom.

Aktives Material der          Rekristallisation          Zusatzstoffe (Expander)    Verstärkt bei erhöhten
negativen Elektrode           (Verbleiung)                                          Betriebstemperaturen.

Gitter und Stromableiter      Korrosion                  Verstärkte Gitterquer-     Lebensdauerbegrenzend
der positiven Elektrode                                  schnitte.                  bei ortsfesten Batterien im
                                                         Gitterlegierungen mit      standby-Betrieb.
                                                         Antimon oder Zinn.
                                                         Herstellungsverfahren.

Elektrolyt                    O2-Entwicklung an          Niedrige                   Läßt sich nicht völlig
(Wasserverlust)               der positiven Elektrode    Erhaltungsladespannung.    unterdrücken.
                                                         Wasser nachfüllen          U.a. bei Selbstentladung
                                                         (bei offener Batterie).    unter Gitterkorrosion.

                              Hj-Entwicklung an          Niedrige                   Läßt sich nicht völlig
                              der negativen Elektrode    Erhaltungsladespannung.    unterdrücken.
                                                         Antimonarme oder -freie    U.a. bei Selbstentladung.
                                                         Gitterlegierungen.
                                                         Wasser nachfüllen
                                                         (bei offener Batterie).

Tabelle 3.1:               Alterungseffekte in Blei-Batterien (nach [Berndt et al. 1995]; ergänzt)

Ladezustandsbestimmung

Die Entnehmbare Ladung Q der Blei-Batterie hängt von der Temperatur und vom
(idealerweise konstanten) Entladestrom / ab. Die Stromabhängigkeit wurde bereits von
[Peukert 1897] durch eine phänomenologische Gleichung beschrieben:
3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen                             21

             l
        i"       • Q = i" • T = const.,                                                    (4)

wobei T = QII die Entladedauer ist. Der Exponent n > 1 liegt typischerweise im Bereich
1,3 ... 1,4. Neuere Gleichungen für diesen Zusammenhang weisen meistens keine Divergenz
für / - > 0 auf (z.B. [Schieuter 1982], [Asher et al. 1980], [Kaushik/Mawston 1989], [Giglioli
et al. 1990], [Compagnone 1991]). Auch für die Temperaturabhängigkeit der Entnehmbaren
Ladung, die im wesentlichen durch die Temperaturabhängigkeit der Elektrolyt-Leitfähigkeit
bedingt ist, existieren inzwischen zahlreiche phänomenologische Beschreibungen (z.B.
[Giglioli et al. 1990]). Als lineare Faustformel gilt: Abnahme der Entnehmbaren Ladung um
1 % pro Kelvin Temperaturverringerung [Varta 1986].

Die Ladezustandsbestimmung einer Blei-Batterie kann also nicht einfach durch einen
Ladungszähler erfolgen, sondern muß die Strom- und Temperaturabhängigkeit der
Entnehmbaren Ladung berücksichtigen. Häufig wird in einem komplexeren Batteriemodell
zusätzlich die Spannungsmessung zur Ladezustandsbestimmung herangezogen. Gerade beim
Aufladen der Batterie ist es wesentlich, den Volladezustand zu erkennen, obwohl die
elektrochemische Umwandlung der aktiven Materialien nicht direkt meßbar ist. Ein starker
Anstieg des inneren Widerstandes kann dafür als Indikator dienen, denn er zeigt an, daß der
Ladestrom nun zum größten Teil in die Gasung fließt. Einzelne Verfahren zur
Ladezustandsbestimmung werden in Abschnitt 4.5.1 dargestellt.

Ladeverfahren

In Normen sind bewährte Ladeverfahren nur für offene Blei- und Nickel-Cadmium-Batterien
niedergelegt:
 • DIN 57 510 / VDE 0510, Teil 3: Aufbau, Unterbringung, Schaltung und Betrieb von
   Antriebsbatterien in Elektrofahrzeugen,
 • DIN 41 772: Kennlinien von Halbleiter-Gleichrichtergeräten,
   z.B. Batterieladegeräten (insbesondere Beiblatt 1 und 2)
 • DIN 41 773: Ladegeräte mit IU-Kennlinie (inklusive IUI- und IUW-Kennlinie)
   (Teil 1: Offene Blei-Batterien, Teil 2: Nickel-Cadmium-Batterien)
 • DIN 41 774: Ladegeräte mit W-Kennlinie für offene Blei-Batterien,
 • DIN 41 775: Ladegeräte mit W-Kennlinie
    für Nickel-Cadmium- und Nickel-Eisen-Batterien,
 • DIN 41 776: Ladegeräte mit I-Kennlinie,
 • DIN 41 777: Erhaltungsladegeräte für Blei-Batterien,
Für andere Batterietypen bestehen keine Normen über Ladeverfahren. Insbesondere gelten die
Festlegungen über Ladeverfahren in DIN 57 510/VDE 0510, 41 773, 41 774, 41 775, 41 777
ausdrücklich nicht für gasdichte Bauformen von Blei- bzw. Nickel-Cadmium-Batterien,
sondern verweisen dafür auf Herstellerangaben.

Bei der Bezeichnung der Ladeverfahren bedeuten nach DIN 41 772 die Buchstaben W, I und
U typische Kennlinienverläufe, und zwar
22                          3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen

     W      fallende Kennlinie (Spannung steigt bei sinkendem Strom), die sich bei
            konstanten Blind- und Wirkwiderständen im Ladegerät als natürlich ergibt (P
            konstant);

     I      Der Strom ist konstant;

     U      Die Spannung ist konstant;

     a      Selbsttätige Ausschaltung (z.B. ström-, spannungs-, zeit- oder temperatur-
            abhängig).

Bei zusammengesetzten Kennlinien des Ladegeräts (Gleichrichters) werden mehrere
Buchstaben in der zeitlichen Folge des Ladevorgangs benutzt. Es folgen einige Beispiele (vgl.
Beiblatt 1 zu DIN 41 772) mit eingesetzten Zahlenwerten für offene Blei-Batterien (DIN
41 773 Teil 1 und DIN 57 510/VDE 0510):

     IU     Zunächst wird der Batterie ein konstanter Strom eingeprägt (Hauptladephase),
            dann wird nach Erreichen einer vorgegebenen Spannung der Strom so geregelt,
            daß die Batterie diesen Spannungswert konstant hält (Gasungsspannung). Diese
            Spannung beträgt je nach Angabe des Batterieherstellers 2,33 .. 2,4 Volt für offene
            Blei-Batterien.

     IUIa   Zunächst wie IU. Nachdem in der Konstantspannungsphase der Strom unter einen
            bestimmten Wert fällt, wird der Ladestrom auf diesen (Nachlade-) Strom geregelt,
            bis eine Abschaltbedingung erfüllt ist. Der Nachladestrom beträgt bei
            Antriebsbatterien (IN = I5) für offene Blei-Batterien 25 % des Nennstroms, für
            Nickel-Cadmium-Batterien 100% des Nennstroms. Die zweite Konstant-
            stromphase wird beendet, wenn die Zellenspannung bei der Blei-Batterie 2,7 Volt
            erreicht hat.

     IUW    Zunächst wie IU. Nachdem in der Konstantspannungsphase der Strom unter einen
            bestimmten Wert fällt, erfolgt die Nachladung auf einer fallenden Kennlinie, die
            bei Nullstrom die Zellspannung von 2,7 Volt erreicht.

Andere Kennlinien, wie die Wa-Kennlinie, werden vorwiegend bei NiCd-Gerätebatterien mit
kleineren Nennladungen eingesetzt.

Ein normales Ladegerät kann zu Regelung nur die Gesamtspannung der Batterie verwenden.
Es ist aber sinnvoll, mit Hilfe einer Einzelmodulüberwachung die jeweils höchste
Modulspannung zu begrenzen, um nicht einzelne Zellen durch Überladung zu schädigen (so
z.B. MtnXzQX-Badicheq, [Fischer/Lohner/Mauracher 1996], BEMS [Nor/Smith 1994]).

Neben den genannten Standardverfahren werden in der Literatur verschiedene
Schnelladeverfahren vorgeschlagen. Als Zielvorgabe für Schnelladeverfahren (fast recharge)
definiert das Advanced Lead-Acid Battery Consortium (ALABC), einer vollständig
entladenen Batterie innerhalb von 5 Minuten 50% der Ladung, innerhalb von 15 Minuten
8 0 % und innerhalb von 240 Minuten 100% zuzuführen. Ein Verfahren, das ähnliche
Vorgaben weitgehend erfüllt, ist das System BEMS von Chrysler/Norvik [Nor/Smith 1994],
das neben einem konventionellen „ overnight "-Ladeverfahren mit dem stationären
Schnelladegerät MINITCHARGER™ [Chang et al. 1994] zusammenarbeitet. Dieses
3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen                               23

Ladegerät benutzt eine IU-Kennlinie, deren Anfangsladestrom mehrere hundert Ampere
beträgt. Schon nach etwa zehn Minuten wird die Spannungsbegrenzung erreicht und der
Ladestrom zurückgeregelt. Das Batteriemanagement verhindert gemäß [Nor/Smith 1994]
durch Modul Spannungsüberwachung dennoch Überladung und Tiefentladung einzelner
Zellen, so daß Norvik mit einer zwei- bis dreifach erhöhten Batterielebensdauer wirbt. Mit
einem anderen stationären Schnelladegerät (SGTE Westinghouse) realisiert [Alzieu et al] ein
ähnliches Schnelladeverfahren, dessen Abbruchkriterium Einzelmodulspannungen auswertet.
Ein Schnelladeverfahren, das eine italienische Gruppe mit dem Batteriehersteller FIAMM
vorgeschlagen hat, sieht hohe Strompulse von einigen Minuten Dauer, abwechselnd mit etwas
längeren Pausen, vor [Buonarota et al. 1994].

3.1.1 Offene Blei-Batterie

Eine Übersicht über die Anforderungen an ein Batteriemanagement für offene Blei-Batterien
geben [Hayden 1981] und [Willer/Knorr 1992]. Im folgenden werden einige Besonderheiten
im Vergleich zu verschlossenen Batterien diskutiert. Letztlich ist die offene Blei-Batterie aber
als Traktionsbatterie für Elektrostraßenfahrzeuge nicht mehr relevant; sie findet für
Traktionszwecke nur noch in Gabelstaplern, fahrerlosen Transportsystemen etc. Anwendung.

Beim IUIa-Ladeverfahren für offene Blei-Batterien (DIN 41 773 Teil 1) wird die Batterie
bewußt durch die zweite Konstantstromphase in die Gasung getrieben. Erstens wird dadurch
der Volladezustand schneller erreicht, zweitens durchmischen die gebildeten Gasbläschen den
Elektrolyten, um eine Säureschichtung zu beseitigen. Solche Säureschichtung entsteht beim
Laden infolge einer ungleichmäßigen Stromaufteilung über die Plattenfläche. Um
Wasserverluste infolge Gasung und während Standzeiten durch Nachfüllen ausgleichen zu
können, sollte das BMS für offene Blei-Batterien eine Messung (z.B. [Waikida et al. 1991];
[Rasmussen et al. 1994]) oder zuverlässige Berechnung von Säure-Füllstand und/oder -Dichte
enthalten und gegebenenfalls eine Warnung ausgeben. [Willer/Knorr 1992] messen die
Säurekonzentration der offenen Blei-Batterie zur Ladezustandsbestimmung. Als Alternative
oder ergänzend zur IUIa-Ladung kann die Durchmischung des Elektrolyten durch eine
Umwälzpumpe oder Einleiten von Luftblasen bewerkstelligt werden, welche vom BMS zu
steuern wäre (z.B. [Willer/Knorr 1992]). Es wurden in der Vergangenheit auch Batterien mit
Rekombinationsstopfen verwendet, in denen Sauerstoff und Wasserstoff katalytisch wieder zu
Wasser reagieren sollen (vgl. [Varta 1986]; [Willer/Knorr 1992]). Dies kann allerdings nie
vollständig gelingen, weil die Gasentwicklung an beiden Elektroden nicht mit gleichen Raten
(stöchiometrisch) abläuft. In einigen BMS-Prototypen für offene Blei-Batterien wurden
Elektrolytdichtesensoren verwendet. Einige Hersteller sehen automatische Wassernachfüll-
systeme vor.

3.1.2 Verschlossene Blei-Batterie

Funktionsweise / Aufbau

Bei der verschlossenen Blei-Batterie gibt es zwei Möglichkeiten, den Elektrolyten
festzulegen: Die Gelierung mit Kieselsäure und die Verwendung von Glasfaservlies zwischen
24                         3. Anforderungen an das Management verschiedener Batterietypen

den Elektroden. Im gelierten Elektrolyten bilden sich während der Herstellung oder der ersten
Zyklisierungen feine Haarrisse, durch die gasförmiger Sauerstoff von der positiven Elektrode
zur negativen wandern und dort verzehrt werden kann. Im Glasvlies sind die Fasern von
Elektrolytflüssigkeit benetzt, so daß dazwischen von Anfang an gasgefüllte Hohlräume
verbleiben.

Der zentrale Unterschied in der Funktionsweise verschlossener gegenüber offenen Blei-
Batterien besteht darin, daß der Sauerstoff hier als Gas entlang des Druckgefälles von der
positiven zur negativen Elektrode wandert. Demgegenüber ist der Transport von in Wasser
bzw. Schwefelsäure gelöstem Sauerstoff um etwa zwei Größenordnungen langsamer, weshalb
Sauerstoffverzehr in Batterien mit flüssigem Elektrolyten praktisch keine Rolle spielt. In
verschlossenen Blei-Batterien hingegen wird ein Sauerstoffkreislauf aufgebaut, der den durch
Elektrolyse gebildeten Sauerstoff an der negativen Elektrode wieder zu Wasser rekombiniert.

Die Wasserstoffbildung ist wegen der Überdimensionierung der negativen Elektrode unter
normalen Betriebsbedingungen vernachlässigbar. An einer reinen Bleielektrode ist nämlich
die negative Halbzellenreaktion der Wasserelektrolyse kinetisch extrem gehemmt (z.B. [Varta
1986]). Falls dennoch Wasserstoff entsteht, geht er verloren, weil Wasserstoff im Gegensatz
zum Sauerstoff nicht verzehrt wird. Wenn im Laufe des Batterielebens durch Korrosion des
positiven Gitters dort Antimonionen freigesetzt und an der negativen Elektrode als Metall
abgeschieden werden, dann „vergiften" diese die Bleielektrode und beschleunigen die
Wasserstoffbildung drastisch.

Thermisches Verhalten

Durch den Sauerstoffkreislauf wird der überschüssige Ladestrom, der nicht zur Umwandlung
der aktiven Massen dient, hauptsächlich in Wärme umgesetzt, Ein zu hoher Anfangsladestrom
kann durch Sauerstoffbildung eine Überhitzung der Batterie (thermal runaway; thermisches
Durchgehen) auslösen.

Batterien mit Glasvlies-Elektrolyt sind hier empfindlicher als solche mit geliertem
Elektrolyten, weil die Rate des Sauerstoffkreislaufs bei ersteren im Verlauf der
Batterielebensdauer bis auf den zehnfachen Wert der neuen Batterie anwachsen kann [Berndt
et al. 1995]. Dies wird damit erklärt, daß die Elektrolytflüssigkeit an die Vlies-Separatoren
wesentlich schwächer durch Kapillarkräfte gebunden ist als im Gel. Kommt es also, z.B.
infolge Überladung, zu Wasserverlust, so wachsen die Hohlräume im Vlies-Elektrolyten stark
an und beschleunigen den Sauerstofftransport.

Elektrische Betriebsgrenzen

Neben der Gefahr des „thermischen Durchgehens" kann Überladung durch Gasung auch zu
mechanischer Beschädigung der porösen Elektroden oder des gelierten Elektrolyten führen.
Soll Gasung vermieden werden, muß am Ende der Ladung die Spannung begrenzt werden.
[Kalker/Zander 1993] geben in Abhängigkeit von der Zellentemperatur folgende Werte als
Anhaltspunkte an:
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