Small Radio Telescope Vienna Anwenderhandbuch - Institut f ur Astronomie, Wien 16. M arz 2006
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Zusammenfassung Über das Small Radio Telescope (SRT) gibt es viele Dokumente, mehr oder weniger verstreut im Internet. Manche enthalten zuviele technische Details, die der Anwender nicht zu kennen braucht, andere beschreiben mittlerweile veraltete Module, die auf unserer Sternwarte nicht zur Anwendung kommen, und überhaupt gibt es nicht das eine zusammenfassende Dokument. Dieses Handbuch entstand aus dem Bedürfnis, alles Wichtige in einem Dokument unterzubringen: Technische und instrumentelle Details, eine Bedienungsanleitung und etwas Theorie zur Kalibrierung, um einige wichtige Grundlagen griffbereit zu haben.
Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 1 2 Radioastronomische Grundlagen 3 2.1 Eine ganz kurze Geschichte... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2 Physikalische Details . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2.1 Warum Radioastronomie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2.2 Zur Effizienz der kosmischen Radiostrahlung . . . . . . . . . . 5 2.2.3 Das beobachtbare Radiospektrum . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.4 Helligkeit und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.5 Die Antennentemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.6 Störeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3 Technische Details 11 3.1 Die Parabolantenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.2 Der digitale Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.2.1 Das Feedhorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2.2 Der LNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2.3 Der Superheterodyne Receiver“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 ” 3.3 Der Kalibrator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4 Das SRT Control Panel 22 4.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.2 Die Buttonleiste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.3 Die Anzeigefenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.3.1 Das Statusfenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.3.2 Die Spektrenfenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.3.3 Der Stripchart“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 ” 4.3.4 Die Himmelskarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.4 Die Sidebar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.5 Die Katalogdatei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 5 Kalibration 32 i
INHALTSVERZEICHNIS 5.1 Gründe für die Kalibration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5.2 Kalibration beim SRT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6 Beobachtungsdurchführung 36 6.1 Manuelle Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6.1.1 Kommando-Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6.2 Format der Aufzeichnungsdatei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 7 Übungen 39 7.1 Messung der Antennenkeule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 7.2 Messung der Apertureffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 7.3 Zur SRT Empfindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 7.4 Ermittlung der Rauschtemperatur bekannter Quellen . . . . . . . . . 40 ii
Kapitel 1 Einführung Das Small Radio Teleskope (SRT) wurde vor einigen Jahren von Mitarbeitern des Haystack Observatory des MIT entwickelt und ist mittlerweile via CASSI1 als Bau- satz erhältlich. Das SRT ist ein hochempfindliches Instrument zur Beobachtung der 21cm HI-Emis- sionslinie. Die Anlage besteht aus einer 2.3-Meter Parabolantenne mit fernsteuer- barer Montierung, einem erweiterbaren Feedhorn, einem digitalen Empfänger und einer zentralen Ground-Control“-Steuereinheit. ” Der digitale Empfänger ist, trotz der relativ kleinen Parabolantenne, derart lei- stungsfähig, daß man mit dem SRT im wesentlichen ähnliche Beobachtungsaufgaben durchführen kann, wie sie sonst nur mit großen Instrumenten möglich sind. Am Wiener Astronomischen Institut für Astronomie wird das SRT in erster Linie für Lehrzwecke eingesetzt. 1 http://www.cassicorp.com/ 1
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG Abbildung 1.1: Das Small Radio Telescope am Wiener Institut für Astronomie, kurz nach dem Zusammenbau im Herbst 2005. 2
Kapitel 2 Radioastronomische Grundlagen 2.1 Eine ganz kurze Geschichte... Zum Einstieg sei die Geschichte der Radioastronomie kurz umrissen. Die nachfol- gende Auflistung ist bei weitem nicht vollständig, es sollen nur die wichtigsten Mei- lensteine angeführt werden: 1931 Der Radioingenieur Karl Guthe Jansky soll für Bell Labs in Holmdel, New Jersey, die elektromagnetische Strahlung von Gewittern untersuchen. Insbe- sondere die Polarisierung und die Einfallsrichtung der Strahlung steht im Mit- telpunkt des Interesses. Jansky verwendet eine große, drehbare und vertikal polarisierte Richtantenne für eine Wellenlänge von λ = 14.6m (20.5 MHz) und entdeckt als erster eine elektromagnetische Strahlung, deren Quelle sich of- fenbar im Weltraum befindet. Durch weitere Unteruchungen gelingt ihm die Identifikation des galaktische Zentrums als Strahlungsquelle ([?]). 1937 Grote Reber baut das erste dezidierte Radioteleskop mit einer Parabolantenne von 9.5 m Durchmesser für Transitbeobachtungen. Das breite Beobachtungs- spektrum von 160 MHz bis 3.3 GHz ermöglicht eine Reihe neuer Entdeckungen: • Das Spektrum der galaktischen Strahlung folgt nicht dem Planck’schen Gesetz für die Schwarzkörperstrahlung. Offenbar müssen andere, nicht- thermische Prozesse diese Strahlung verursachen. • Reber führt eine erste radioastronomische Himmelsdurchmusterung durch und entdeckt mehrere starke Radioquellen in Sagittarius, Cygnus, Cassio- peia, Canis Major, Puppis und Perseus. Außerdem enteckt er die Sonne als starke Radioquelle.1 1 Während Jansky’s Beobachtungen befand sich die Sonne in einem Aktivitätsminimum, weshalb ihm deren Radiostrahlung nicht auffiel. 3
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN • Reber erkennt als erster, daß ein Radioteleskop, genauer gesagt das Sy- stem, bestehend aus Antenne und Empfänger, eine bolometrische Mes- sung durchführt. Das heißt der Strahlungswiderstand der Antenne mißt – wie ein Thermometer – die (äquivalente) Temperatur der Quelle. 1940 Reber veröffentlicht als erster eine radioastronomische Arbeit in einer astro- nomischen Publikation. 1944 Hendrik van de Hulst vermutet, daß der interstellare neutrale Wasserstoff (HI) eine Linienstrahlung im Radiobereich erzeugen könnte. 1946 Die Radio Astronomy Group der Universität Cambridge unter Martin Ryle entwickelt die Radio-Interferometrie. 1951 Ewen und Purcell entdecken die HI-Emission bei λ = 21cm. 1954 Hagen und McClain entdecken die HI-Absorption. 1965 Arno Penzias und Robert Wilson prüfen, ob die Himmelstemperatur im Zenit tatsächlich etwa 0 K beträgt, wie damals vermutet wurde. Sie entdecken dabei die 3 K Hintergrundstrahlung (bei λ = 7.4 cm). 1967 Jocelyn Bell entdeckt den ersten Pulsar. Weitere interessante Details über die Geschichte der Radioastronomie findet man beispielsweise in [?]. 2.2 Physikalische Details 2.2.1 Warum Radioastronomie? Ein jeder Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums verrät andere physikalische Phänomene. Die Radiostrahlung bildet das langwellige Ende dieses Spektrums und reicht im Prinzip bis zur THz-Strahlung, dem fernen Infrarot. Seit vielen Jahren existieren effiziente Techniken für die kohärente Detektion von Ra- diowellen. Kohärent bedeutet, daß der Empfänger die Phase (den Augenblickswert) des Signals direkt aufzeichnen kann. Dadurch kann das Signal sehr genau untersucht werden, z. B. mit einer Fast Fourier Transformation (FFT). In höherfrequenten Be- reichen, z. B. im sichtbaren Licht, existieren bis heute keine effizienten Methoden der Phasendetektion und Abtastung.2 2 Unter Laborbedingungen, mit extrem aufwendigen Techniken, ist dies aber seit kurzem möglich. 4
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN 2.2.2 Zur Effizienz der kosmischen Radiostrahlung Photonen der Radiostrahlung haben enorm niedrige Energien. Beispielsweise beträgt die Energie eines 1 GHz Photons rund 10−6 eV, während Photonen der Gammastrah- lung ungefähr 109 eV aufweisen. Dafür emittert eine Radioquelle rund 1015 mal mehr Photonen als eine Gammaquelle gleicher Leistung. Ein Vorteil der Radioastronomie besteht also in der großen Zahl an Photonen, die von den kosmischen Radioquellen ausgesandt werden, wodurch recht genaue und glatte“ Messungen möglich sind. ” 2.2.3 Das beobachtbare Radiospektrum Von der Erdoberfläche aus sind nur bestimmte Bereiche des elektromagnetischen Spektrums beobachtbar. Ähnlich wie es ein atmosphärisches Fenster“ für das sicht- ” bare Licht gibt, existiert auch ein Fenster in der Ionosphäre für einen großen Teil des Radiospektrums. Die moderne Radioastronomie beobachtet in einem Wellenlängenbereich von un- gefähr 1 mm (300 GHz) bis 150 m (2 MHz). Kürzere Wellenlängen erleiden, ähnlich wie der ferne IR-Bereich, atmosphärische Dämpfungen (zB durch Wasserabsorpti- on), während längere Wellenlängen von der Ionosphäre reflektiert werden. Denn nur Frequenzen oberhalb der Plasmafrequenz s e2 n ωP = (2.1) 0 me können das Plasma der Ionosphäre mit der Elektronendichte n durchdringen. In Gl.(??) steht e für die Elementarladung, 0 für die Dielektrizitätskonstante des Va- kuums und me für die Elektronenmasse. Kürzt man diese Konstanten und dividiert durch 2π, dann erhält man die praktische Darstellung √ fP ≈ 9 n . (2.2) Hierbei erhält man fP in Herz, sofern n in Partikel pro Kubikmeter ausgedrückt wird. Beispielsweise kann man n ≈ 1012 m−3 für die dichteste Ionosphärenschicht, der F2 -Schicht, annehmen. Mit Gl.(??) folgt, daß nur elektromagnetische Strahlung einer Frequenz oberhalb von ungefähr 28.5 MHz diese Barriere durchdringen kann. Glücklicherweise sinkt die Elektronendichte stark in den Abendstunden, da die ioni- sierende UV-Strahlung der Sonne verschwindet und die Rekombination dominiert. Somit werden nachts auch niedrigere Frequenzen beobachtbar, wobei man als Un- tergrenze 2-10 MHz annehmen darf. Zwar können auch Längstwellen mit λ ≥ 150 m (bis hin zu Extremely Low Frequencies, ELF) beobachtet werden, doch kommen hierfür nur Quellen innerhalb der Ionosphäre in Frage. Als weiterführende Literatur seien [?] und [?] empfohlen. 5
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN 2.2.4 Helligkeit und Leistung Genaugenommen steht der oft verwendete Begriff Helligkeit 3 Bν für Leistung pro Frequenzeinheit, pro Raumwinkel, pro Flächeneinheit der beleuchteten Fläche (An- tenne). Die Variation der Helligkeit über die Frequenz nennt man Helligkeitsspek- trum. Meist ist man an der Gesamthelligeit Z ν+∆ν B= Bν dν [Wm−2 rad−2 ], (2.3) ν eines bestimmten Frequenzbandes [ν, ν +∆ν] interessiert. Für eine ebene beleuchtete Fläche A ergibt sich damit die Gesamtleistung Z P = A B cos θ dΩ [W], (2.4) Ω wobei Ω der Raumwinkel und θ die Zenitdistanz bedeuten. Wenn die Antennenkeule eines Radioteleskops ausgedehntere Himmelsobjekte nicht ganz erfassen kann, ist die Helligkeits- bzw. Leistungsverteilung über verschiedene Beobachtungswinkel zu berücksichtigen. Ist man an Spektren interessiert, benötigt man die spektrale Lei- stung Z Pν = A Bν cos θ dΩ [W/Hz], (2.5) Ω mit der Einheit Watt pro Hertz. Die Gleichungen (??) bis (??) sind allerdings nur von theoretischer Natur, denn anstelle realer Antennencharakteristiken wurde hier nur eine ebene Fäche angenom- men. Der Faktor cos θ berücksichtigte dabei die unterschiedlichen Einfallswinkel auf diese Fläche. Die obigen Gleichungen lassen sich leicht an die reale Situation an- passen, wenn man die Fläche A mit der sogenannten effektiven Fläche Aeff ersetzt und den Faktor cos θ mit der etwas komplizierteren Funktion ΠAnt (θ, φ), dem power pattern der Antenne. Die Funktion ΠAnt (θ, φ) beschreibt den Dämpfungsfaktor der Antenne für eine (idea- lerweise) punktförmige Strahlung aus einer Richtung der Zenitdistanz θ und des Azi- muts φ. Dabei ist ΠAnt (θ, φ) dimensionslos und kann Werte zwischen 0 und 1 anneh- men. Umgangssprachlich ausgedrückt beschreibt ΠAnt (θ, φ) die richtungsabhängige Empfindlichkeit der Antenne, also die Richtcharakteristik. Der Graph ΠAnt (θ, φ) wird auch als Antennendiagramm bezeichnet. Somit ergibt sich aus Gl.(??) die praktische Gleichung für die spektrale Leistung einer Radioquelle, empfangen von einem realen Radioteleskop mit der Richtcharak- teristik ΠAnt (θ, φ) zu 1 Z Pν = Aeff Bν (θ, φ)ΠAnt (θ, φ) dΩ [W/Hz]. (2.6) 2 Ω 3 Engl.: Brightness 6
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN Der Faktor 21 berücksichtigt, daß eine (typische) Antenne nur eine bestimmte Polari- sationsrichtung der Strahlung empfangen kann. Sollte die Strahlung der Radioquelle bereits (zumindest teilweise) polarisiert sein, muß ein anderer geeigneter Vorfaktor gewählt werden. Die spektrale Leistungsflußdichte oder kurz Flußdichte einer (ausgedehnten) Radio- quelle Q ist Z SQ = Bν (θ, φ) dΩ [W m−2 Hz−1 ]. (2.7) ΩQ Diese Flußdichte wird meist in Jansky (Jy) angegeben, wobei 1 Jy = 10−26 Wm−2 Hz−1 . (2.8) Die Gl.(??) beschreibt die wahre Flußdichte der Radioquelle. Beobachtet wird aller- dings Z S= Bν (θ, φ)ΠAnt (θ, φ) dΩ , (2.9) ΩQ wobei also die Richtcharakteristik der Antenne berücksichtigt werden muß. Wenn die Radioquelle eine wesentlich geringere Winkelausdehnung als die Hauptkeule (HPBW) hat, dann kann man ΠAnt (θ, φ) ≈ 1 annehmen und die beobachtete Fluß- dichte entspricht ziemlich genau der tatsächlichen. Wenn andererseits die Quelle wesentlich ausgedehnter ist, als die HPBW, dann muß das Radioteleskop in einem Scan-Vorgang die Quelle abtasten. Die Flußdichte der Quelle, als Funktion der Beobachtungswinkel (θ 0 , φ0 ), läßt sich dann als Faltung beschreiben: Z θZ0 φ0 0 0 S(θ , φ ) = Bν (θ, φ)ΠAnt (θ − θ 0 , φ − φ0 ) dθdφ . (2.10) 0 0 Der Scan einer ausgedehnten Radioquelle mit einer realen Antenne liefert also eine durch die Faltung geglättete und verbreiterte Flußdichteverteilung. Je enger“ die ” Antennencharakteristik ΠAnt (θ, φ) ist (je besser sie also durch eine Diracfunktion beschrieben werden kann), umso genauer stimmt die beobachtete Flußdichte mit der wahren Flußdichte überein. Eine perfekte Antenne hätte also eine unendlich hohe Richtwirkung und somit eine unendlich schmale Antennenkeule. 2.2.5 Die Antennentemperatur In der Radioastronomie spielt die sogenannte Antennentemperatur eine große Rolle, wobei eine direkte Beziehung zum elektrischen Widerstandsrauschen besteht. Die Moleküle eines warmen“ elektrischen Widerstandes führen Schwingungen aus, ” ähnlich der Brown’schen Bewegung der Moleküle eines Gases. Die thermische Ener- gie der Moleküle wird auf die elektrischen Ladungsträger übertragen, wodurch an 7
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN den Klemmen des Widerstandes ein elektrisches Schwankungssignal entsteht, das Widerstandsrauschen (Johnson Noise). Dieser stochastische Prozess generiert Ströme und Spannungen, deren arithmetischer Mittelwert Null beträgt und darum nur über Effektivwerte, Leistungen und deren spektrale Dichten beschrieben werden können. Eine wichtige Größe ist beispielsweise die spektrale Rauschleistungsdichte n0 (ν) = kT [W/Hz], (2.11) die für einen großen Frequenzbereich (einige kHz bis einige THz) konstant ist. Diese Konstanz wird oft durch den Index Null und durch die Bezeichnung weißes“ Rau- ” schen ausgedrückt. Die gesamte Rauschleistung in einem Frequenzband der Breite B ist außerdem N0 = kT B [W]. (2.12) Die Größe des Widerstandes selbst spielt übrigens nur für die Berechnung der Ef- fektivwerte von Strom und Spannung eine Rolle. Wird der Widerstand durch den Strahlungswiderstand einer Antenne ersetzt und befindet sich diese Antenne im Inneren eines schwarzen Körpers, dann empfängt die Antenne die spektrale Leistung gemäß Gl.(??), wobei aber Bν vom Plank’schen Strahlungsgesetz beschrieben wird. Da im gesamten Frequenzbereich für Radiowellen die Rayleigh-Jeans Näherung 2kT Bν (θ, φ) = 2 (2.13) λ ausreichend ist, ergibt Gl.(??) kT Pν = Aeff ΩAnt . (2.14) λ2 Aus der Antennentheorie folgt, daß die effektive Antennenfläche Aeff mit dem Raum- winkel der Antennenkeule ΩAnt (HPBW) über die Wellenlänge gemäß λ2 = Aeff ΩAnt (2.15) verknüpft ist. Setzt man Gl.(??) in Gl.(??) ein, dann reduziert sich die von der Antenne empfangenen spektralen Leistung zu Pν = kT . (2.16) Dies entspricht der spektralen Rauschleistungsdichte eines Widerstandes. Somit kann man die spektrale Empfangsleistung und damit den Strahlungsfluß der Radio- quelle über die sogenannte Antennentemperatur TAnt definieren, die an dem Strahl- ungswiderstand 4 eine entsprechende spektrale Leistung Pν erzeugt. Deshalb lautet Gl.(??) richtiger Pν = kTAnt . (2.17) 4 Der Strahlungswiderstand ist definiert als die Strahlungsleistung dividiert durch das Quadrat des Effektivwertes des Antennenstroms in einem Bezugspunkt (meist der Antennenspeisepunkt). 8
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN Natürlich handelt es sich bei der Antennentemperatur nicht um die tatsächliche Temperatur des Metalls der Antenne (wie man sie mit einem Thermometer messen könnte), sondern um die äquivalente Temperatur eines schwarzen Körpers, der die spektrale Leistung Pν emittiert. Bei diesem Modell wird eine verlustlose und perfekt angepaßte Antenne angenommen. Grote Reber erkannte als erster, daß ein Radiote- leskop im wesentlichen die äquivalente Schwarzkörpertemperatur einer Radioquelle mißt und somit als kosmisches Thermometer“ angesehen werden darf. ” Über die Antennentemperatur läßt sich auch Gl.(??), die beobachtete Flußdichte einer Radioquelle, als 2kTAnt S= (2.18) Aeff konsistent darstellen. Abschließend muß betont werden, daß die Antennentemperatur kaum etwas mit der tatsächlichen Temperatur der Radioquelle zu tun hat. Erstens entsteht die Ra- diostrahlung kosmischer Radioquellen hauptsächlich durch nichtthermische Prozes- se (z. B. Synchrotonstrahlung oder Linienemission, s. u.), sodaß die äquivalente Schwarzkörpertemperatur extrem hohe Werte annimmt. Zweitens ist die Antennen- temperatur zwar proportional zur (äquivalenten) Quellentemperatur, im allgemeinen aber durch die Antennenverluste und durch die unterschiedlichen Raumwinkel, die die Antennenkeule und die Radioquelle einnehmen, etwas geringer. Der Fall ver- schiedener Raumwinkel soll nun näher untersucht werden. Angenommen die Win- kelausdehnung ΩQ der Radioquelle ist wesentlich geringer als die der Antennkeule ΩAnt . Es darf erinnert werden, daß zur Herleitung von Gl.(??) angenommen wurde, daß sich die Antenne innerhalb eines schwarzen Körpers befindet. Die Definition der Antennentemperatur verlangt also, daß die Schwarzkörperstrahlung aus allen Rich- tungen kommt, die die Antenne durch ihr power pattern wahrnehmen kann. Drückt man die Leistungsgleichung“ Gl.(??) in eine äquivalente Temperaturgleichung“ ” ” aus, indem man die Rayleigh-Jeans Näherung aus Gl.(?? für die Helligkeit Bν (θ, φ) einsetzt, dann erhält man 1 Z TAnt = TQ (θ, φ)ΠAnt (θ, φ) dΩ . (2.19) ΩAnt ΩQ Da nun ΩAnt ΩQ gilt, darf ΠAnt (θ, φ) ≈ 1 angenommen werden und Gl.(??) vereinfacht sich zu ΩQ TAnt = TQ,mittel , (2.20) ΩAnt wobei TQ,mittel die mittlere Temperatur über die Winkelausdehnung ΩQ bedeutet. 2.2.6 Störeffekte Ein perfektes Radioteleskop gibt es nicht. Folgende Begriffe bezeichnen bekannte Störeffekte, wie sie bei praktisch allen Radioteleskopen mehr oder weniger vorkom- 9
KAPITEL 2. RADIOASTRONOMISCHE GRUNDLAGEN men: error pattern – Da die Oberfläche der Parabolantenne geringfügig von der idea- len Parabolform abweicht und Unregelmäßigkeiten aufweist, ist die Haupkeule (main beam) praktisch immer von einem (schwachen) error beam umgeben. Be- zeichnet man die charakteristische Skalenlänge der Oberflächenunregelmäßig- keiten mit lc , dann ergibt sich die Breite des error beams zu θe ≈ lλc . Liegt die Beobachtungswellenlänge in der Nähe von lc , dann wird ein Teil der Energie in den error beam gestreut. side lobes, stray pattern – Strahlung wird auch über die side lobes und dem stray pattern empfangen. Das stray pattern bezieht sich auf Strahlung, die aus Richtungen stammt, die vom main lobe komplett abweichen, also beispielsweise aus der entgegengesetzten Richtung. Diese Effekte dürfen nicht unterschätzt werden, insbesondere wenn andere Strahlungsquellen aus diesen Richtungen zu erwarten sind – immerhin kann die Empfindlichkeit von Side Lobes jener von kleineren Antennen nahekommen. spillover – Da sich die eigentliche Empfangsantenne im Feedhorn (oder in einem Sekundärfokus) befindet, kann Strahlung aus anderen Richtungen als die Be- obachtungsrichtung auf direktem Wege (also ohne Reflektion durch die Para- bolantenne) den Empfänger erreichen. scattering – Das Feedhorn und seine Montierung (Stützstangen) streut einen Teil der Wellen und bewirkt eine (kleine) Signalminderung. 10
Kapitel 3 Technische Details 3.1 Die Parabolantenne Die 230 cm Parabolantenne besteht aus einem dünnen Gitter mit geringer Windlast und läßt sich elektronisch positionieren. Bild ?? zeigt das Antennendiagramm der Antenne laut einer Simulationsrechnung mit NEC. Der maximale Antennengewinn (in Richtung der Hauptkeule) bei 1420 MHz entspricht ungefähr 25 dBi. Deutlich erkennbar sind die Backlobes, die eine geringe Empfindlichkeit in entgegengesetzte Richtungen andeuten. Diese lassen sich praktisch nie ganz vermeiden und stellen nur ein geringes Problem dar (≈ 30 dB Dämpfung), solange es keine starken künstlichen Signalquellen aus diesen Richtungen gibt (was sehr wahrscheinlich ist). Die Breite der Hauptkeule bei halben Gewinn wird oft als Half Power Beam Width (HPBW) bezeichnet und kann entsprechend Θ ≈ Dλ = 5◦ 20 abgeschätzt werden, mit der beobachteten Wellenlänge λ = 0.21 m und dem Aperturdurchmesser D = 2.30 m. Realistischerweise muß für die HPBW ein etwas größerer Wert angenommen werden, als der berechnete (6-7◦ ). Die elektronisch gesteuerte Montierung erlaubt eine Pointing-Genauigkeit von einem Grad, was bei dieser Antennencharakteristik durchaus Sinn macht. 3.2 Der digitale Empfänger Um unnötige Leitungsverluste im Hochfrequenzbereich zu vermeiden, wurden die Receiver-Komponenten in das Feedhorn integriert. Zusammenfassend handelt es sich hier um einen digitalen Receiver, bestehend aus einem LNA, einem superheterody- nen Mischer, einem ADC und einem Signalprozessor. Die analogen Elemente, insbe- sondere das LNA ist primär für die 21 cm Emissionslinie des neutralen Wasserstoffs (HI) ausgelegt. Die gesamte Systemtemperatur beträgt etwa 150 K. Die Komponenten des neuen digitalen Receivers, sowie wichtige technische Details 11
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.1: Das Antennendiagramm der Parabolantenne in logarithmischer Dar- stellung. Der maximale Antennengewinn bei f=1420 MHz beträgt laut Simulation rund 25 dBi. Auf der Parabolantenne selbst ist die Stromverteilung erkennbar (Pha- senlage farbig codiert). Hier wurde ein einfacher Dipol als Feedhornantenne ange- nommen. Eine genauere Modellierung des Feedhorns ist in Arbeit. 12
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.2: Die elektronischen Komponenten des digitale Receivers im Feed- horn. Die Feedhornantenne selbst befindet sich vor dem LNA (links) und ist nicht eingezeichnet. werden anschließend kurz vorgestellt. 3.2.1 Das Feedhorn Dieser prominente“ Wellenlänge von 21.2 cm entspricht eine Frequenz von 1420.4 ” MHz und befindet sich somit im sogenannten L-Band (390-1550 MHz).1 Eine 4.25 cm lange Antenne im Feedhorn nimmt das schwache Signal auf, während eine kreisförmi- ge Abschirmung Signalanteile, die aus Richtungen jenseits der Parabolantenne stam- men, reduziert. Diese unerwünschten Signalanteile werden oft als Spillover 2 bezeich- net. Das Feedhorn kann optional auch für den Empfang im C-Band 3 (3900-6200 MHz) erweitert werden. 1 Die noch heute gebräuchliche Bezeichnung L-Band stammt aus dem Zweiten Weltkrieg und ist eigentlich veraltet; richtiger wäre heute die Bezeichnung D-Band. 2 engl. Überschuß“ 3 ” Die heute richtigere Bezeichnung wäre G-Band. 13
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS 3.2.2 Der LNA Das Antennensignal wird nun dem Low Noise Amplifier (LNA) zugeführt, der in der Standardausstattung“ 4 ein Frequenzband von 1400-1440 MHz um 24 dB (250- ” fach) verstärkt. Dieses Band wird durch einen keramischen Filter bei fm = 1420 MHz (FWHM = 40 MHz) bandbegrenzt. 3.2.3 Der Superheterodyne Receiver“ ” Als nächstes gelangt das Signal zu einem der wichtigsten Komponenten moderner Radioempfänger: dem Superheterodyne Receiver.5 Genaugenommen handelt es sich hier um einen Single-Side Band (SSB) scanning Receiver, der nach dem superhete- rodyn Prinzip arbeitet. Bevor sich diese Technik durchsetzte, verwendete man in der Radiotechnik soge- nannte Geradeausempfänger“. Diese basierten auf ein oder mehrere abstimmbare ” Eingangsfilter für die Frequenzselektion, einem HF-Verstärker und einem abschlie- ßenden Demodulator. Alle Komponenten, bis auf den Demodulator, mußten auf die gewünschte Frequenz genau eingstellt und zudem stabilisiert werden – ein technisch schwieriges Unterfangen! Das Superhet-Prinzip“ wurde bereits 1918 von Edwin Armstrong erfunden und wird ” heute praktisch in allen modernen Radioempfängern verwendet. Hierbei wird das Eingangssignal se (t) = a(t) cos(ωe t), mit der Amplitude a(t) und der Kreisfrequenz ωe , gleich zu Beginn mit dem Signal eines lokalen Oszillators (LO) sLO = cos(ωLO t) gemischt: a(t) sm (t) = se (t) · sLO (t) = (cos((ωLO + ωe )t) + cos((ωLO − ωe )t)) . 2 Beide Mischterme stellen um 3 dB reduzierte Kopien des Eingangssignals dar, je- weils verschoben um die Differenz zwischen der LO-Frequenz und der Frequenz des Eingangsignales. Für die Weiterverarbeitung wird nur der untere, niederfrequente Teil verwendet, wobei ωZF = ωLO − ωe als Zwischenfrequenz (ZF)6 bezeichnet wird. Offensichtlich ist die ZF umso niedriger, je näher die Oszillatorfrequenz bei der Fre- quenz des Eingangssignales liegt. Der wesentlichste Vorteil des Superhet besteht darin, daß alle, im Signalpfad folgen- den Komponenten, ausschließlich für diese konstante Zwischenfrequenz optimiert werden müssen. Selbst wenn eine andere Eingangsfrequenz empfangen werden soll, 4 Für das SRT ist außerdem noch ein etwas breitbandigeres LNA (1691 ULNA, 1370-1670 MHz) für die Beobachtung von OH-Maser erhältlich. 5 Historisch korrekt wäre der Begriff Supersonic Heterodyne Receiver Das seltener benutzte deutsche Wort, Überlagerungsempfänger, trifft den Kern der Sache eigentlich am besten. Der wahre Fachmann hingegen sagt bloß Superhet“. 6 ” Engl. Intermediate Frequency (IF). 14
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.3: Prinzip und Problem des Superheterodyn Empfängers. Alle Bänder im gleichen Abstand zur Oszillatorfrequenz werden auf die ZF zusammengemischt – neben dem gewünschten Eingangssignal eben auch sogenannte Images oder Spie- gelfrequenzen. braucht nur die Frequenz des LO so geändert werden, daß sich die gleiche ZF er- gibt. Es muß betont werden, daß man Oszillatoren sehr einfach abstimmen und stabilisieren kann – im Unterschied zu Filter. Meist wird eine sehr niedrige ZF ange- strebt, was auch das Filterdesign wesentlich erleichtert. Filter mit hoher Güte sind in üblichen ZF-Bereichen einfach herzustellen. Darüberhinaus kann man die meisten Komponenten, vor allem die teuren Backends“, wie beispielsweise AD-Wandler, für ” andere Systeme mit gleicher ZF weiterverwenden. Aus diesem Grund versuchen viele Hersteller mit einheitlichen Zwischenfrequenzen zu arbeiten. Andererseits gibt es mit allen Superhets auch ein Problem. Bild ?? zeigt das Band des erwünschten Signals bei ωe , die Frequenz des lokalen Oszillators bei ωLO und den unteren Mischterm (der obere Mischterm wurde aus Platzgründen weggelas- sen). Außerdem wurde ein sogenanntes Image-Band7 eingezeichnet, das den glei- chen Frequenzabstand zu ωLO hat, wie das erwünschte Signal. Natürlich wird das Image durch den Mischvorgang ebenso auf die gleiche ZF transformiert und stört somit das erwünschte Signal beträchtlich. Es kann sein, daß die Signalleistung des Images wesentlich höher ist, als jene des zu beobachtenden Bandes. Das gilt ins- besondere dann, wenn man mit Radioteleskopen den spektralen Rand“ eines für ” die Astronomie geschützten Bandes beobachtet; daneben könnte ein starker kom- merzieller Sender mit milliardenfach höherer Leistung arbeiten! Durch Änderung der LO-Frequenz und damit der ZF könnte die Situation in manchen Fällen verbes- sert werden, doch es gibt praktischere und viel bessere Lösungen für die sogenannte Image-Unterdrückung. 7 Diese werden im Deutschen auch als Spiegelfrequenzen bezeichnet. 15
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.4: Prinzip eines Phasing-Type Image Reject Mixers. Das gesamte RF- Signal wird phasengleich aufgesplittet und danach einerseits mit dem In-Phase LO- Signal LO-I = cos(ωLO t) gemischt, im zweiten Arm hingegen mit dem Quadratur LO-Signal LO-Q = cos(ωLO t − 90◦ ) = sin(ωLO t). Danach werden die gemischten Signale, die sich bereits auf der ZF befinden, gegeneinander um 90◦ phasenverscho- ben und subtrahiert. Als Ergebnis erhält man dann (idealerweise) das reine Signal se (t) ohne Spiegelfrequenzen. Die Tiefpaßfilterung, die nach jeder Mischoperation erfolgen muß, wurde hier wegen der Übersichtlichkeit weggelassen. Erstens könnte man, gleich nach dem LNA, das erwünschte Signal vom Image-Signal durch ein Bandfilter trennen. Das bedingt aber, daß die beiden Frequenzen weit genug auseinanderliegen, damit der Filter so effizient wie möglich das Nutzsignal separieren kann. Ein großer Abstand zum Image kann aber nur durch einen großen Abstand zum lokalen Oszillators erreicht werden – dieser wirkt ja quasi als Spiegel. Das wiederum bedeutet eine unpraktisch hohe ZF. Außerdem sind HF-Filter mit hoher Güte schwer herzustellen und erhöhen das Systemrauschen. Zweitens können sogennante Image Reject Mixer (IRMs) eingesetzt werden. Meist werden entweder IRMs vom Weaver-Typus oder sogennante Phasing IRMs verwen- det. Das SRT verwendet einen Phasing-Type IRM. Wie aus Abbildung ?? ersichtlich wird bei einem Phasing-Type IRM das gesamte RF-Signal zuerst phasengleich aufgesplittet und in zwei parallelen Pfaden weiterver- arbeitet, dem In-Phase- beziehungsweise dem Quadratur -Pfad. Im In-Phase Pfad erfolgt der Mischvorgang wie üblich; das RF-Signal wird einfach mit dem LO-Signal LO-I multipliziert. Im anderen Signalpfad wird das RF-Signal mit LO-Q, einer um 90◦ phasenverschobenen Variante des LO-Signals multipliziert. Bezeichnet man die Amplitude des Nutzsignales und des Image-Signales mit ae (t) bzw. ai (t), sowie deren Kreisfrequenzen mit ωe bzw. ωi , dann bringt der Mischvorgang im In-Phase Pfad ae (t) ai (t) sI (t) = cos((ωe − ωLO )t) + cos((ωi − ωLO )t) 2 2 (3.1) ae (t) ai (t) = cos(ωZF t) + cos(ωZF t) , 2 2 16
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS wobei die hochfrequenten Mischkomponenten infolge der notwendigen Tiefpaßfilte- rung gleich weggelassen wurden. Im Quadratur-Pfad hingegen ergibt sich ae (t) ai (t) sQ (t) = sin((ωe − ωLO )t) + sin((ωi − ωLO )t) 2 2 (3.2) ae (t) ai (t) =− sin(ωZF t) + sin(ωZF t) . 2 2 Anschließend werden die Signale beider Pfade zueinander um 90◦ phasenverscho- ben8 . Es genügt hierbei, sQ (t) um 90◦ zu verschieben, woraus ae (t) ai (t) sQ (t) = − cos(ωZF t) + cos(ωZF t) (3.3) 2 2 folgt. Subtrahiert man nun sI (t) und sQ (t), heben sich die Spiegelfrequenzen weg und man erhält (idealerweise) das reine Signal se (t) ohne Spiegelfrequenzen. Übrigens würde man durch eine Addition das reine Spiegelsignal erhalten.9 Die Abbildung ?? illustriert diese Vorgänge in der Frequenzebene mit komplexen Amplituden. Es sei erinnert, daß nach Euler, reelle harmonischen Funktionen sowohl positive als auch negative Frequenzkomponenten beinhalten: ejωt + e−jωt ejωt − e−jωt cos(ωt) = , bzw. sin(ωt) = . (3.4) 2 2j Eine exakte Image-Unterdrückung verlangt eine Phasenverschiebung von exakt 90◦ , sowie exakt gleiche LO-Amplituden. Das ist natürlich nie genau der Fall, trotzdem liegt das Image Rejection Ratio (IRR) in praktischen Realisierungen typischerweise zwischen 20 und 80 dB – letzteres gelingt aber nur mit großem Aufwand. Beim SRT ermöglicht der lokaler Oszillator eine Zwischenfrequenz von nur 800 kHz und kann dabei über eine Steuerspannung in 40 kHz Schritten von 1370-1800 MHz eingestellt werden. Er wird als sogenannter high-side LO betrieben, das heißt der LO generiert ein Signal, das um die ZF höher ist, als die zu beobachtende (Mitten-) Frequenz. Hierbei erhält man das Spektrum des Nutzsignals allerdings in Kehrlage. Das untere Seitenband (Lower Side Band, LSB), also in unserem Fall das Image, wird durch den IRM um 20 dB unterdrückt. Eine größere Unterdrückung würde einen höheren Schaltungsaufwand benötigen und das Systemrauschen erhöhen. Das obere Seitenband enthält das Beobachtungssignal, das nun zu den restlichen Komponenten des Empfängers zugeführt wird. 8 Auch Hilbert-Transformation genannt. 9 Bei einem Low-side Superhet, müßte man am Ende einfach die Addition mit der Subtraktion vertauschen. 17
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.5: Die Vorgänge des Phasing-Type IRMs in der Frequenzebene. Die Aufspaltung in Inphase- und Quadraturkomponenten konserviert die Phaseninfor- mation der Signale. Das Diagramm zeigt die komplexen Amplituden der Signale. 18
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Signaldetektion In weiterer Folge gelangt das Signal zu einem aktiven ZF-Filter und einem Verstärker. Hierbei wird eine Bandpaßfilterung von 0,5-3 MHz durchgeführt und der Signalpe- gel um +50 dB (d. h. 100,000-fach) angehoben. Ein 8-bit ADC (AD9283) tastet nun das ungefähr 1 MHz breite Signal mit einer Abtastfrequenz von 40 MHz ab. Der 8 · 40 = 320 Mbit/s Datenstrom10 gelangt nun zu dem eigentlichen digitalen Empfänger. Das Vorgängermodell verwendete einen analogen Empfänger, wo ein nichtlineares Element (wie beispielsweise eine Diode) zur Erzeugung quadratischer Terme des Si- gnals (=Leistung!) zum Einsatz kommt. Beim digitalen Receiver hingegen werden alle weiteren Schritte durch Signalprozessoren erledigt. Zuerst wird das digitale Si- gnal durch einen Digital Down Converter 11 (DDC) mit eigenem lokalen numerischen Oszillator in das Basisband gemischt. Hierbei wird aus der Kehrlage des Spektrums wieder die Gleichlage. Das Prinzip ist hier ähnlich, wie beim oben beschriebenen (analogen) Superhet. Es werden also genaugenommen wieder zwei unabhängige Mischvorgänge, einmal mit einem Kosinussignal und einmal mit einem Sinussignal durchgeführt. Wesentlich ist hier aber, daß die beiden (nun digitalen) In-Phase (I) und Quadratur- komponenten (Q) optimal für die Weiterverarbeitung der Daten geeignet sind. Die I-Komponente entspricht dem Realteil des Spektrums, die Q-Komponente dem Ima- ginärteil. Die In-Phase Komponente allein ist unbrauchbar, denn durch die Multipli- kation mit dem Kosinus wurden auch die Spektralanteile bei negativen Frequenzen in den positiven Frequenzbereich des Basisbandes konvertiert. Das bedeutet, daß die In-Phase Komponente durch Überlagerung (Aliasing) mit seinen eigenen Spiegelfre- quenzen gestört wurde. Ein korrektes Spektrum mit vollständiger Phaseninformation ergibt sich aber durch Subtraktion der Quadraturkomponente: S(ω) = I(ω) − Q(ω). Da die Phase des Signals zu jedem Zeitpunkt bekannt ist, kann man auch von einer koheränten Signalverarbeitung sprechen. Das komplexe Signal, dargestellt durch einen 8-bit Realteil und einen 8-bit Ima- ginärteil, wird nun einem Signalprozessor12 zugeführt. Dieser faßt jeweils 64 komple- xe Signal-Samples zu einem Block zusammen, führt eine FFT-64 durch und quadriert das Ergebnis, um ein Leistungsdichtespektrum zu erhalten. 4096 solcher Blöcke wer- den wiederum akkumuliert, damit auch sehr schwache Spektren sichtbar werden. Das Resultat wird über eine serielle Schnittstelle (2400 baud) direkt zur PC-Software übertragen. Der Signalprozessor stellt übrigens die zentrale Steuereinheit dar; er kontolliert den 10 Genaugenommen werden die 8 Datenbits jeweils in einem 12-bit Wort übertragen, wobei die LSBs 0,1,2 sowie das MSB 11 immer Null sind. 11 Genaugenommen ein Texas Instruments Graychip“ GC1011A, Quadrature Digital Mixer. 12 ” Ein DSP56F803 von Motorola. 19
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.6: Der elektronische Kalibrator. Man beachte die Dipol-Arme links, beziehungsweise die beiden Drähte für die Stromversorgung rechts.Die ganze Elek- tronik befindet sich im linken Teil, wo der Dipol befestigt ist. Die anderen Elemente dienen als Abstandhalter. lokalen Oszillator13 des Superhets, den Digital Down Converter und sorgt für die Da- tenübertragung zum PC. Da der LO binnen 5 ms auf eine neue Frequenz eingestellt werden kann, können schnelle spektrale Abtastungen eines größeren Frequenzberei- ches durchgeführt werden. 3.3 Der Kalibrator Früher wurde von Haystack ein sogenannter Vane Calibrator verwendet. Dieser be- steht aus einem annähernd schwarzen Körper, d.h. einem nahezu perfekt absorbie- renden Material (ECCOSORB, für Teraherz Imaging gedacht), welches über ein Gelenk vor den Empfänger eingeschwenkt werden kann. Die optische Dicke muß im Bereich der Beobachtungswellenlänge ausreichend groß sein, damit wirklich nur die Absorbertemperatur vom Empfänger gemessen wird und kein Beitrag der Himmels- temperatur. Dieses Verfahren hat viele Nachteile. Das Absorbermaterial verändert seine Eigen- schaften mit den Wetterbedingungen und reflektiert zum Teil sogar das Rauschen des Vorverstärkers. Der neue elektronische Kalibrator (siehe Abbildung ??), der heute ausschließlich benutzt wird, ist im wesentlichen ein kleiner Sender, wobei die Rauschleistung durch den Sperrstrom einer Diode erzeugt wird. Ein Halbwellendipol (λ = 21cm) strahlt dieses Rauschsignal vom Scheitelpunkt der Parabolantenne zum Feedhorn. Die Abbildung ?? zeigt das Schaltbild des Kalibrators. Als Diode kommt eine vom Typ NC302L (NOISE/COM) zum Einsatz, bei der der Sperrstrom hoch genug ist, um den sogenannten Lawineneffekt auszulösen – ein extrem breitbandiges Rausch- 13 Ein JTOS-2000 Voltage-tuned Oscillator mit LMX 2325 synthesizer, phased-locked 8 MHz. 20
KAPITEL 3. TECHNISCHE DETAILS Abbildung 3.7: Das Schaltbild des elektronischen Kalibrators. Die Kontakte D1 und D2 werden mit den Armen eines Dipols verbunden, wodurch eine optimale Abstrah- lung der Rauschleistung erzielt wird. signal ist die Folge. Der aktuelle Kalibrator kann über die selben Versorgungsdrähte gespeist werden, wie vormals der Vane Calibrator. Die Versorgungsspannung be- trägt ziemlich genau 24 Volt, weshalb ein einfacher Spannungsteiler ausreicht, um den Arbeitspunkt an der Diode einzustellen. Da das so erzeugte Rauschsignal unnötig stark für den empfindlichen Empfänger wäre, wurde der Diode noch ein Dämpfungselement (bestehend aus einem 20 pF Kondensator und einem 51 Ω Widerstand) parallel geschalten. Über zwei weitere 20 pF Kondensatoren wird eine dissipative“ Verbindung zu den Armen des Dipols ” hergestellt, der das Rauschsignal linear polarisiert abstrahlt. Der Dipol befindet sich in einem λ2 -Abstand von der ebenen Platte im Scheitelpunkt der Parabolantenne, um eine optimale Richtwirkung zum Feedhorn zu erreichen. Man beachte, daß die Feedhorn-Antenne des Radioteleskops ebenso eine Polarisie- rung aufweist und mit der Polarisierung des Kalibrators übereinstimmen soll. 21
Kapitel 4 Das SRT Control Panel Ein SRT Kontrollprogramm wurde vom Haystack Observatory in Java entwickelt und ist derzeit als Beta-Version unter der GPL-Lizenz (quasi Open Source) erhält- lich. Ein lauffähiges Programm für Windows, beziehungsweise der Quellcode für die Kompilation unter Linux, kann über die Haystack-SRT Webseite frei heruntergela- den werden. Das Programm läuft unter Windows XP und Linux einwandfrei.1 Soll das Programm unter Linux kompiliert werden, benötigt man neben einem (neueren) Java Development Kit auch noch eine Java Klasse für das Kommunikationsproto- koll am seriellen Port. Aktuelle Informationen hierüber sind auf der Haystack-SRT Webseite zu finden. Um das Programm zu starten sind (unter anderem) folgende Kommandos auf der DOS oder Linux Befehlszeile möglich: java srt 0 – Normaler Programmstart. Antenne und Empfänger im Normalbetrieb (d. h. keine Simulation). java srt 0 1 – Simulierte Antenne, Empfänger im Normalbetrieb. java srt 1 – Simulierter Empfänger, Antenne im Normalbetrieb. java srt 1 1 – Simulierter Empfänger und simulierte Antenne. Durch Weglassen aller Argumente wird eine kurze Hilfe in der Konsole angezeigt. 4.1 Überblick Abbildung ?? zeigt einen Screenshot des SRT Kontrollprogramms. Auf den ersten Blick erkennt man fünf wichtige Komponenten. Über eine Buttonleiste (1) am oberen 1 Es gibt noch ein alternatives Linux-basierendes Programm, das über http://www.astro.vir- ginia.edu/˜hbp4c/projects/srt/srt.tar.gz erhältlich sein sollte. In diesem Kapitel wird ausschließlich das JAVA-Programm behandelt. 22
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL Fensterrand können die wichtigsten Aktionen initiiert werden. Darunter befinden sich horizontal nebeneinander mehrere Anzeigefenster (2, 3, 4, 5, 6), insbesondere für die beobachteten Spektren (3, 4, 5). Darunter wiederum befindet sich das größte Anzeigefenster, das eine Himmelskar- te (7) darstellt, in welcher auswählbare Radioquellen eingetragen sind. Wiederum darunter gibt es ein Nachrichtenfenster (8, 9), das je nach Aktion eine kurze Hilfe- stellung bietet. Ganz unten befindet sich die Kommandozeile (10), da für manche Aktionen zusätz- liche Parameter eingegeben werden müssen. In der rechten Fensterhälfte werden wichtige astronomische und technische Informationen in einer Sidebar (11, 12, 13, 14, 15) ausgegeben. Der Text zur Abbildung ?? beschreibt nähere Einzelheiten. 4.2 Die Buttonleiste Jede Aktion, die über einen der 15 Buttons initiiert wurde, wird erst durchgeführt, wenn die letzte Aktion beendet wurde. Falls noch eine andere Aktion “im Laufen” ist, wird die zuletzt initierte Aktion verzögert. Jede Aktion kann überdies durch entsprechende Befehle in einer Kommandodatei (siehe Abschnitt ??) auch automa- tisiert durchgeführt werden. Nachfolgend ein Überblick über die Buttons: clear löscht das 25-Punkt N-Map Bild sowie das akkumulierte Spektrum. Achtung: Neue Messungen werden immer zu den letzten Messungen hinzuaddiert – dar- um vorher mit diesem Button zurücksetzen! atten Funktionslos! Wird nur für den analogen Receiver verwendet, wobei durch Drücken dieses Buttons das Eingangssignal um 10 dB (= Faktor 10) gedämpft werden würde. Wenn aktiv, wird der Button in roter Farbe angezeigt. Noch- maliges Drücken hebt dies wieder auf. Der digitale Receiver erreicht übrigens seine Sättigung erst bei einem numeri- schen Wert (des ADCs) von 50000. Help öffnet ein weiteres Fenster in dem Informationen über folgende Themen an- gefordert werden können: 1. Keywords, die in der Default-Konfigurations- und -Katalogdatei srt.cat verwendet werden können. 2. Kommandos die in einer Kommandodatei, wie z. B. srt.cmd verwendet werden können. 3. Eine Beschreibung der plots Fenster in der SRT Konsole. 23
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL Abbildung 4.1: Ein Screenshot des SRT Control Panels. Von oben nach unten im Hauptfenster: (1) eine Buttonleiste für die wichtigsten Kommandos; (2) Informa- tion über das Observatorium (Name, Breiten- und Längengrad) und der Positio- nierung; (3) ein Konturplot, welcher durch 25 Einzelmessungen gewonnen werden kann (nmap); (4) das zeitlich akkumulierte Spektrum; (5) das momentane Spek- trum; darunter (6) die gemessene Gesamtleistung der Himmelsquelle über die Zeit während der Beobachtung (als Stripchart); (7) eine Himmelskarte mit den Radio- objekten, die in der Katalogdatei angegeben wurden (die galaktischen Ebene ist als punktierte Linie eingetragen); (8) eine Statuszeile, die über die Empfangsfrequenz, der gemessenen Gesamtleistung am Feedhorn (in counts) und der Systemtempera- tur (in Kelvin) Auskunft gibt, sowie rechts davon anzeigt, ob die Montierung in diesem Moment das Beobachtungsobjekt verfolgt (tracking), gerade zu einem ande- ren Objekt hinfährt (slew ), oder angehalten wurde (stopped ); (9) ein Anzeigefeld für Kontext-Hilfe; (10) eine Kommandozeile. Die Sidebar: (11) Antennenkoordinaten (Azimut und Elevation des Ziels sowie des Augenblicks, optional Offset- und Korrek- turwerte, momentane galaktische Koordinaten sowie Rektaszension und Deklinati- on); (12) Zeitinformation (UT); (13) Letzte bzw. augenblickliche Objektinformation (Position), Empfängerinformationen: Mittenfrequenz, Frequenzauflösung und Inte- grationszeit; (14) Kalibrationsinformationen: Systemtemperatur, calcons (der Kor- rekturfaktor) und Receivertemperatur; (15) Velocity of Local Standard of Reference (VLSR) Parameter für die momentane Beobachtungsposition. 24
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL 4. Die Struktur eines outputfile, wo Daten im ASCII-Format aufgezeich- net werden können. 5. Kommandos, die in der cmdline für den Programmstart verwendet wer- den können. 6. Einige howto’s, über grundlegende Probleme, wie Pointing Adjustments, Kommunikationsprobleme zwischen den Modulen, sowie Probleme mit Bildschirmschonern. Stow fährt die Antenne in die Parkposition. Das ist die nördlichste und niedrigste Position über Osten, die die Montierung unter Berücksichtigung konfigurierter Limits (AZLIMITS, ELLIMITS in der Datei srt.cat) erreichen kann. Prak- tisch wird die geparkte Antenne also bei den niedrigstmöglichen Azimut und Elevationswerten anzutreffen sein (ungefähr im Norden). track schaltet die Nachführung der Montierung ab. Durch erneutes Drücken wird die letzte ausgewählte Himmelsquelle erneut angefahren und nachgeführt. Azel erlaubt die Eingabe des Azimuts und der Elevation in die Kommandozeile. Dieser Button wird immer benötigt, wenn man das Teleskop auf beliebige Himmelskoordinaten ausrichten will, wofür es aber keinen Objekteintrag in der Katalogsdatei srt.cat gibt. npoint initiert einen 25-Punkt Scan für die ausgewählte Himmelsquelle. Die ein- zelnen Messungen liegen eine halbe Keulenbreite auseinander. Achtung: Die Keulenbreite muß daher in der srt.cat Datei eingetragen sein (Keyword BEAMWIDTH). bmsw initiiert ein Beam Switching 2 . Das Teleskop wird in azimutaler Richtung abwechselnd eine Keulenbreite vor, auf und nach den ausgewählten Objektkoordinaten positioniert. Dadurch kann die baseline, also der Verlauf des Kontinuums im Spektrum, separat gemessen und gezielt vom Spektrum des Beobachtungsobjekts eliminiert werden. Das Ergebnis wird im linken Plotfenster (rot) angezeigt. Allerdings erhöht dieses Verfahren den Rauschanteil des Spektrums, da jetzt nur mehr ein Drittel der Zeit das Beobachtungsobjekt selbst beobachtet wird. Die Differenz der Gesamtleistung des beobachteten Spektrums, zusammen mit einer Fehlerabschätzung, wird ebenso in diesem Fenster angegeben. Ein noch- maliges Drücken dieses Buttons beendet das Beam Switching wieder. 2 Genaugenommen müßte man diesen Prozeß übrigens Position Switching bezeichnen, da sich beim echten Beam Switching das Teleskop selbst nicht bewegt. Vielmehr wird beim echten Beam Switching die Hauptkeule durch einen eingeschaltenen beweglichen Spiegel abgelenkt. 25
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL freq erlaubt die Spezifikation der beobachteten Mittenfrequenz in der Komman- dozeile. Optional kann die Bandbreite via Betriebsmodi“ angegeben werden. ” Die Syntax lautet: [ []] Verfügbare Betriebsmodi sind: 1 – 7,81 kHz × 64 bins = 500 kHz (default) 2 – 3,91 kHz × 64 bins = 250 kHz 3 – 1,95 kHz × 64 bins = 125 kHz 4 – 7,81 kHz × 156 bins = 1220 kHz (eigentlich 3 × 500 kHz“, aber über- ” lappend!) 5 – 1 MHz × [bins] bins ( scanmode“) ” Beispielsweise würde die Eingabe 1420.4 4 die Mittenfrequenz auf die Frequenz der neutralen Wasserstofflinie (HI) ein- stellen, wobei ein 1200 kHz breites Spektrum gemessen wird. offset erlaubt die Angabe eines Positionierungs-Offsets in der Kommandozeile. Die Syntax ist: [] Der Elevations-Offset ist optional. Drift bewegt die Antenne von der Beobachtungsposition eine halbe Keulenbreite in Richtung zunehmender Rektaszension (parallel zum Himmelsäquator), damit die Himmelsquelle erneut die Beobachtungskeule passiert. record schaltet die Datenaufzeichnung ein oder aus. Ein Dateiname kann in der Kommandozeile eingegeben werden, ansonsten wird ein Dateiname des For- mats yydddhh.rad“ gewählt. ” Rcmdfl erzwingt das Einlesen der Default-Kommandodatei srt.cmd und startet eine Datenaufzeichnung. Wurde vorher ein anderer Dateiname in der Kom- mandozeile angegeben, dann wird diese Datei anstelle von srt.cmd eingelesen. Die aktuell abzuarbeitenden Kommandos werden im Textfeld (in der unteren Fensterhälfte) angezeigt. Andere Kommandodateien können gestartet werden, indem der entsprechende Dateiname (mit dem .cmd Suffix) in der Komman- dozeile eingegeben wird. 26
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL Cal initiiert die Kalibrationssequenz mit dem elektronischen Rauschgenerator, der sich im Scheitel der Parabolantenne befindet. Hierbei wird die Himmelsquelle einmal mit und einmal ohne der Rauschquelle gemessen. Das ganze wird zehn Mal wiederholt und die Ergebnisse anschließend gemittelt. Aus diesen Werten kann nun die Systemtemperatur berechnet werden, die am Ende rechts in der Info-Bar angezeigt wird. Die gemessen Spektren erscheinen nun ebenso neu kalibriert. Der ganze Vorgang dauert nur wenige Sekunden. Für weitere Informationen zum Thema Kalibrierung siehe Abschnitt ??. Vane würde ein älteres Kalibrierungsmodul aktivieren, das jedoch in unserer Anlage nicht eingebaut wurde. (Hiermit würde eine Kalibrierung ungefähr eine halbe Minute dauern.) 4.3 Die Anzeigefenster 4.3.1 Das Statusfenster Ganz links oben befindet sich das Statusfenster, das Informationen über die Mon- tierung (moving, simulate, stopped, . . . ) anzeigt, sowie Stationsname, Längen- und Breitengrad, wie in der Datei srt.cat angegeben. 4.3.2 Die Spektrenfenster Das linke Spektrenfenster (rot) zeigt das akkumulierte Spektrum. Sobald das Te- leskop auf eine neue Radioquelle ausgerichtet wurde, beginnt der Akkumulations- prozess zu laufen. Dabei werden die einzelnen bins laufend über die Zeit gemittelt. Außerdem wird ein Fit eines Polynoms erster Ordnung (baseline und slope) ermittelt und vom Spektrum subtrahiert, womit der Anteil des Kontinuums eliminiert wird. Die Differenz des Maximalwertes zum Minimumwert sowie die slope werden perma- nent angezeigt. Durch den Akkumulationsprozess sollten diese beiden Werte, sowie das angezeigte Spektrum selbst, nach einiger Zeit konvergieren – sofern es sich nicht um ein zufälliges Rauschsignal handelt. Klickt man mit der linken Maustaste in dieses Fenster, erhält man eine vergrößerte Ansicht in einem separierten Fenster. Das rechte Spektrenfenster zeigt das momentane Spektrum, wie es nach einer halben Sekunde (0.52s) Integrationszeit direkt vom Empfänger ausgegeben wird. Außerdem wird die Mittenfrequenz, die Bandbreite, die Differenz des Maximalwertes zum Mi- nimumwert und die Richtung der Frequenzachse angezeigt. 27
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL 4.3.3 Der Stripchart“ ” Die Kurve der momentanen spektralen Gesamtleistung wird periodisch von links nach rechts gezeichnet und überschreibt sich dabei kontinuierlich. Die Höhe h dieser Kurve von der Grundlinie entspricht dem ganzzahligen Rest (Mo- dulus) aus der Gesamtleistung Ptot und dem eingestellten Skalenwert S, also h = Ptot mod S . (4.1) Dabei entspricht Ptot off set = (4.2) S dem absoluten Offset von der Nullinie, der selbst nicht angezeigt wird (der genaue Messwert wird ohnehin über der Kurve als Zahl angeschrieben). Manchmal verlassen die Messwerte die Skala, entweder weil sie langsam davon drif- ” ten“, oder weil es sich um stark fluktuierende Messwerte handelt. Im letzteren Fall könnten auch nur einzelne Messwerte außerhalb der aktuellen Skala liegen. Solche Ausreißer“ werden natürlich ebenso im Plot eingezeichnet, allerdings wurde dabei ” intern der Offset neu berechnet – die Skala bleibt aber die gleiche! Ein Offset-Wechsel wird durch einen Farbwechsel angezeigt und kann somit kaum übersehen werden. Dabei werden die Farben Schwarz, Blau, Grün und Rot zy- klisch durchlaufen. Die 400K Skala wird zu Beginn als Default-Skala verwendet. Durch Anklicken des Textes power vs time scale“ kann man die Skalenwerte ” 400K, 40K und 4K in zyklischer Weise auswählen. 4.3.4 Die Himmelskarte Die Himmelskarte zeigt Objekte der Katalogdatei im Azimut-Elevation Koordina- tensystem. Die Azimut-Achse ist in 10 Grad-Einheiten unterteilt, die Elevations- Achse in 20 Grad-Einheiten. Die galaktische Ebene ist als punktierte Kurve einge- zeichnet. Die travel limits sind als vertikale Linien eingezeichnet und wurden in der Standard- Katalogdatei (srt.cat) mit den Kommandos AZLIMITS und ELLIMITS spezifiziert. Um das Teleskop auf eine Quelle auszurichten, genügt es die Quelle mit der Maus anzuklicken. Der Name der ausgewählten Quelle sowie der Mauscursor (Fadenkreuz) erscheinen dann in roter Farbe. 4.4 Die Sidebar Die sidebar auf der rechten Seite des Programmfensters gibt eine Liste von System- und Objektinformationen aus: 28
KAPITEL 4. DAS SRT CONTROL PANEL 1. Antennenkoordinaten. Die erste Zeile ( cmd ...“) gibt den Zielort (Azimut ” und Elevation) an, der durch die letzte Eingabe spezifiziert wurde. Die zweite Zeile ( azel ...“) gibt die tatsächliche, momentante Himmelspo- ” sition (Azimut und Elevation) des Teleskops an. Abweichungen zu den Koor- dinaten in der ersten Zeile bedeuten im allgemeinen Korrekturmaßnahmen (siehe unten). Geringe kurzzeitige Abweichungen sind auf die Tücken der Nachführung zurückzuführen (es kann immer nur eine Achse gleichzeitig be- wegt werden). Die dritte Zeile ( total offsets: ...“) gibt an, welche Offsets momen- ” tan berücksichtigt werden. Dazu gehören die Offsets, die durch den Button offset definiert wurden, sowie ein in der Katalogdatei optional spezifizierter Elevations-Totgang (ELBACKLASH). Die vierte Zeile ( pointing corr ...“) gibt an, welche Offsets durch den ” Button offset definiert wurden. Die fünfte Zeile ( axis corr ...“) gibt an, ob eine Verkippung (tilt) der ” Montierung spezifiziert wurde. Die ist in der Katalogdatei srt.cat durch das Kommando AXISTILT möglich. Die sechste Zeile ( Galactic ...“) gibt die momentane Position in galakti- ” schen Koordinaten an. Die siebte Zeile ( radec ...“) gibt die momentane Position in äquatorialen ” Koordinaten, d. h. in Rektaszension und Deklination an. 2. Zeit. Das Datum und die Zeit der Universal Time (UT) sowie die Local Side- real Time (LST) werden angezeigt. 3. Informationen über die Radioquelle. Die erste Zeile zeigt den Namen der Quelle an. Die zweite Zeile gibt die Rektaszension und die Deklination der Quelle an. Die dritte Zeile gibt den Azimut und die Elevation der Quelle an. 4. Parameter des Empfängers. Die erste Zeile gibt die Mittenfrequenz an. Dabei ist 1420,400 MHz der Defaultwert. Die zweite Zeile ( spacing: ...“) zusammen mit der dritten Zeile ( number ” ” bins: ...“) gibt die Auflösung des Spektrums an. Diese Werte können durch den Button freq geändert werden (siehe Abschnitt ??). Die dritte Zeile ( integ. period: ...“) gibt die Integrationsperiode für die ” Spektrengewinnung an (0.52s). 29
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