Sparen auf Kosten der kleinsten Patienten - Kinderspitäler finanziell am Anschlag - AllKidS

 
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Sparen auf Kosten der kleinsten Patienten - Kinderspitäler finanziell am Anschlag - AllKidS
Kinderspitäler sparen auf Kosten der kleinsten Patienten - Blick                       Seite 1 von 10

       News     Schweiz    Kinderspitäler sparen auf Kosten der kleinsten Patienten

 Kinderspitäler finanziell am Anschlag

 Sparen auf Kosten der kleinsten Patienten
      Danny Schlumpf            00:06 Uhr           08:02 Uhr
                              04.08.2019         04.08.2019

 Die Kinderspitäler schlagen Alarm. Der Ärztetarif Tarmed deckt ihre
 Leistungen nicht. Ihre Defizite sind massiv gestiegen. Im letzten Jahr
 fehlten 60 Millionen Franken allein im ambulanten Bereich.

 Warnt vor dem Kollaps der Kinderspitäler: Agnes Genewein, Geschäftsführerin von AllKidS
 Zusammenschluss der eigenständigen Kinderspitäler Zürich, Basel und St. Gallen.

 Sparen ist das Gebot der Stunde im Schweizer Gesundheitswesen. Fragt sich nur, wo
 und bei wem? SonntagsBlick liegen die neusten Zahlen der Kinderspitäler vor. Und die
 besagen: Gespart wird auf Kosten der Kleinsten.

https://www.blick.ch/news/schweiz/kinderspitaeler-finanziell-am-anschlag-sparen-auf... 09.08.2019
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 Im Jahr 2018 schrieben die sechs grossen Kinderspitäler Zürich, Basel, St. Gallen, Bern,
 Lausanne und Genf insgesamt 60 Millionen Franken Defizit im ambulanten Bereich. Das
 sind über zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im Fall der drei eigenständigen
 Kinderspitäler Zürich, Basel und St. Gallen sind es gar 25 Prozent mehr.

 Verantwortlich dafür machen die Kinderspitäler die Revision des Ärztetarifs Tarmed
 durch SP-Bundesrat Alain Berset (47). Sie trat am 1. Januar 2018 in Kraft.

 Tarmed legt fest, was ärztliche Leistungen kosten dürfen

 «Die Kindermedizin ist akut bedroht», sagt Agnes Genewein (51), Geschäftsführerin der
 Allianz Kinderspitäler der Schweiz (AllKidS), in der sich die drei eigenständigen
 Kinderspitäler zusammengeschlossen haben.

 Der umstrittene Tarmed ist ein Vertrag zwischen Ärzten, Spitälern und Krankenkassen.
 Er legt fest, was ärztliche Leistungen im ambulanten, also nicht-stationären Bereich
 kosten dürfen: von der Blutentnahme über das Beratungsgespräch bis zur
 Röntgenuntersuchung.

 Der Tarif wurde 2004 eingeführt und muss regelmässig überarbeitet werden. Können
 sich die Tarifpartner nicht einigen, spricht der Bundesrat ein Machtwort. Nach 2014 tat
 er dies im letzten Jahr zum zweiten Mal: Gesundheitsminister Berset verordnete eine
 Tarifreduktion, mit der die Effizienz medizinischer Behandlungen gesteigert werden soll.

 Massstab ist die Erwachsenenmedizin

 Doch was in der Erwachsenenmedizin – hoffentlich – zu Kostensenkungen führt, wirkt
 sich in der Kindermedizin verheerend aus. Genewein: «Die steigenden Defizite der
 Kinderspitäler sind das Resultat des Tarmed-Eingriffs durch Bundesrat Berset.»

 Tarmed orientiert sich an der Erwachsenenmedizin – und folgt dabei der Devise:
 Röntgenuntersuchung ist Röntgenuntersuchung – egal, wie alt der Patient ist.

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 «Und das ist das Problem», sagt Genewein. «Kindermedizin ist viel aufwendiger und
 zeitintensiver als Erwachsenenmedizin.» Was letztlich dazu führt, dass die Kinder-
 spitäler die im Tarmed festgesetzten Zeitlimiten nicht einhalten können.

 350'000 Kinder von seltenen Krankheiten betroffen

 Das bekommen besonders die drei AllKidS-Kinderspitäler Zürich, Basel und St. Gallen zu
 spüren. Über ein Drittel ihrer kleinen Patienten leidet an seltenen Krankheiten, die eine
 besonders aufwendige Behandlung erfordern. Häufig handelt es sich um Gendefekte
 oder Stoffwechselkrankheiten.

 In der Schweiz sind über 350'000 Kinder von einer seltenen Krankheit betroffen. Sie
 können nicht in einer Praxis betreut werden. Spezialisten dafür gibt es nur in den
 Kinderspitälern. «Tarmed berücksichtigt das nicht», sagt die Neonatologin Genewein,
 die sich am Kinderspital beider Basel um Neu- und Frühgeborene kümmert. Dann
 erzählt sie von Fatima, die dort im Frühling auf die Welt gekommen ist.

 Schon vor Fatimas Geburt war klar: das Mädchen leidet unter sogenannten
 Migrationsstörungen des Gehirns, ihre Hirnzellen wachsen nicht dort, wo sie hingehören.
 Nach Fatimas Geburt ordnen die Ärzte eine Reihe von Untersuchungen an. Darunter
 auch eine Magnetresonanztomografie, ein Verfahren, das Gewebe und Organe sichtbar
 macht.

 Zweieinhalb Stunden statt einer halben für die Tomografie

 Weil Fatima gravierende Atemprobleme hat, bräuchte sie im Tomografen ein spezielles
 Beatmungsgerät. Diese 40'000 Franken teure Maschine aber gibt es in Basel nicht. Ein
 Assistent muss Fatima deshalb von Hand beatmen. Dazu legt er sich mit dem Kind in
 den Tomografen. Der Kinderradiologe startet die erste Sequenz, Neonatologin
 Genewein überwacht Fatima von aussen. Sobald sich das Kind bewegt, muss die
 Sequenz unterbrochen und von vorne gestartet werden.

 Die Prozedur ist aufwendig. Und sie braucht Zeit. Am Ende schlagen zweieinhalb
 Stunden für die Tomografie zu Buche. Bei einem Erwachsenen wären es zwanzig
 Minuten. «Diese zwanzig Minuten sind von Tarmed auch in Fatimas Fall gedeckt», sagt
 Genewein. «Der Rest ist Defizit.»

 Fälle wie dieser sind für sie Alltag.

 Krebs bei Kindern in 80 Prozent der Fälle heilbar

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 Die Leistungsbilanz der modernen Kindermedizin ist beeindruckend. Noch in den
 1960er-Jahren überlebte kein Kind eine Krebserkrankung. Heute ist Krebs bei Kindern in
 80 Prozent der Fälle heilbar. Nierentransplantationen ermöglichen inzwischen auch
 kleinen Patienten ein normales Leben, früher waren sie an die Dialyse gekettet. Schwere
 Immundefekte bei Kindern führten noch bis vor kurzem zum Tod, weil sie nicht entdeckt
 wurden. Seit diesem Jahr gibt es ein Neugeborenen-Screening, das solche Defekte
 sichtbar macht – und damit behandelbar.

 Operationen am offenen Rücken sind heute bereits im Mutterleib möglich. Auch die
 Situation für Kinder, die nicht geheilt werden können, hat sich markant verbessert:
 Fortschritte in der Palliativpflege ermöglichen ihnen ein schmerzfreies und würdevolles
 Sterben im eigenen Zuhause.

 «Doch ausgerechnet diese Hausbesuche werden von Tarmed miserabel abgerechnet»,
 sagt Michael Grotzer (55), Ärztlicher Direktor des Kinderspitals Zürich. Es ist paradox: Die
 moderne Kindermedizin ist eine Erfolgsgeschichte. Bloss kosten darf sie nichts.

 Nächste Gesamtrevision erst 2021 wirksam

 Besonders prekär ist die Lage für die AllKidS-Kinderspitäler. Bislang werden ihre Defizite
 von Stiftungen und den Trägerkantonen aufgefangen. Doch die sind nicht länger bereit,
 jedes Jahr mehr zu zahlen. Stattdessen drängen nun auch die Kantone auf eine
 Änderung des Tarifsystems. Mitte August wird die Gesundheitskommission des
 Ständerats gleich mehrere kantonale Standesinitiativen diskutieren, die eine Anpassung
 des Tarmed fordern.

 Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sieht keinen Grund, den bundesrätlichen
 Tarifeingriff zu korrigieren. Es verweist auf die nächste Gesamtrevision. Der geplante
 Tarmed-Nachfolger namens Tardoc wird allerdings frühestens 2021 wirksam. Ob er für
 die Kinderspitäler eine Verbesserung bringt, ist ungewiss.
 Auf den Tardoc wollen die Kinderspitäler ohnehin nicht warten. Sie fordern eine rasche
 Anpassung des Tarmed. Agnes Genewein: «Ohne Änderung der Tarifstrukturen können
 die AllKidS-Kinderspitäler nicht überleben.» Damit droht auch die Forschung auf dem
 Gebiet der Kindermedizin zusammenzubrechen.

 Schlimmer noch: Die Kindermedizin läuft Gefahr, hinter das Erreichte zurückzufallen.
 Denn Behandlungen, die heute möglich sind, könnten schon bald nicht mehr
 durchgeführt werden. Weil sie zu teuer sind.
 Und das in der Schweiz – gemessen am Geldvermögen pro Kopf das reichste Land der
 Welt.

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    Natürlich steigen da die Gesundheitskosten!

    Gieri Cavelty, Chefredaktor SonntagsBlick.

    Wir alle stöhnen über die Kosten im Gesundheitswesen. Wundern muss sich freilich
    niemand: Die Berechnungsgrundlagen dafür, wieviel eine medizinische

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    Behandlung kostet, heissen Tarmed und DRG. Letzteres ist die Abkürzung für
    «Diagnosis Related Groups», zu Deutsch: «Diagnosebezogene Gruppen».

    Ein Wort wie Pestilenz!

    Glaubt jemand ernsthaft, dass bei sprachlichen Ungetümen wie diesem etwas
    Gutes herausschaut?

    Erfunden hat das DRG-Konzept der amerikanische Wirtschaftsingenieur Robert B.
    Fetter. Ende der 1960er-Jahre erklärte er das Krankenhaus zur Fabrik. Wie am
    Fliessband, so sein Gedankengang, würden auch im Spital die einzelnen
    Komponenten nach und nach zu einem Endprodukt zusammengefügt.

    Bis dahin galten Spitäler als Orte, wo Patienten gepflegt werden und Ärzte ihre
    Heilkunst praktizieren. Weshalb verfiel Robert B. Fetter auf die irre Idee, das
    Krankenhaus zur Fabrik zu degradieren?

    Mit seiner Methode liessen sich medizinische Leistungen standardisieren. Wenn
    eine bestimmte Schraube beim Auto stets gleich viel kostet, sollte auch ein
    bestimmter medizinischer Eingriff immer den selben Preis haben. Gewiss ist eine
    Blinddarmoperation teurer als ein Blick in den Rachen – sie besteht ja aus mehr
    Komponenten. Doch kein Unterbauch-Eingriff sollte mehr kosten als der andere.

    Mit Robert B. Fetter kam das Managementdenken in die Medizin. Von den USA griff
    dieser Virus allmählich auf andere Länder über. In der Schweiz gilt der «SwissDRG»
    für stationäre Behandlungen im Krankenhaus seit 2012. Schon ein paar Jahre
    früher war für ambulante Dienstleistungen auch ausserhalb der Spitäler das
    Tarifsystem Tarmed eingeführt worden, das ebenfalls nach der Logik von
    Fliessband und gleich teurer Schraube funktioniert.

    Im nebenstehenden Text beschreibt mein Kollege Danny Schlumpf eine eklatante
    Schwäche dieses Prinzips. Benötigt der Erkrankte mehr Aufwand als vom
    Tarifsystem vorgesehen, rechnet sich das Ganze nicht. Betroffen sind vor allem
    Kinder und alte Menschen. Diesen besonders schwachen Patienten wird darum
    oftmals nicht die richtige Behandlung zuteil, sondern die vermeintlich günstigste.

    Die bittere Pointe ist, dass die Vorherrschaft betriebswirtschaftlichen Denkens in
    der Medizin nicht nur einzelnen Patienten schadet. Nein, das System ist auch aus
    finanzieller Sicht ein Fiasko.

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    Die Politik hat DRG und Tarmed eingeführt, um die Gesundheitskosten in den Griff
    zu kriegen. Tatsächlich aber bewirkt die Gleichsetzung des Spitals mit einer Fabrik
    das Gegenteil.

    Ein betriebswirtschaftlich denkender Arzt hat automatisch weniger das Wohl des
    Patienten im Auge als den eigenen Gewinn. Dem Patienten seinerseits wird
    eingeimpft, Gesundheit sei nichts weiter als ein Konsumgut. Gesund ist oder wird,
    wer möglichst viel konsumiert. Also konsumieren wir alle tüchtig, der
    Gesundheitsmarkt wächst und wächst – und mit ihm die Kosten.

    Operation gelungen, Patient tot.

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   Kommentare

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   Mami meierisli aus aarau                                           05.08.2019, 11:48 Uhr

   Es wird nicht nur auf Kosten der Kleinsten gespart. Auch auf Kosten der
   Pflegefachpersonen. In der Kantonsspital Aarau AG verdienen die dipl.
   Pflegefachpersonen im Kinderspital deutlich ( mind. 200sFr/Monat ) weniger als
   bei den Erwachsenen...und das, obwohl sie höchste (z.B. auf dem Kindernotfall)
   Verantwortung tragen.

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   Andreas Keusch aus Pfäffikon SZ                                    04.08.2019, 13:21 Uhr

   Sparen? Nein, wir müssen effizienter werden! Dies dank rigider
   Operationalisierung der med. WZW-Kriterien Wirksamkeit & Zweckmässigkeit
   mit gezielter Qualitätsörderung von Indikation & Outcome mit externen
   interessenskonfliktfreien Audits (Kontrollen). Dieses Optimieren & ‚Ausmisten’
   resp. Rationalisierung med. Leistungen beinhaltet ein Kosteneinsparpotential
   von mind. 30%! Viel Luft also, bis wir eventuell mit Rationierung anfangen
   müssten! Aber eben, solange es gewinnorientiert sein muss ...

   0 2                                                           Melden       Antworten

   Martin Zürcher aus St. Gallen                                      04.08.2019, 12:57 Uhr

   Alle reden immer nur von den Kosten und dem Tarmed. Vielmehr sollte man sich
   um die Ursachen dieser 350000 seltenen Krankheiten kümmern und diese nach
   und nach ausmerzen. Viele Mütter und Väter leiden selbst schon an Gendefekten
   und vermehren sich trotzdem. Da sollte man klar auf den Kinderwunsch
   verzichten. Wir haben eh schon viel zu viele Menschen weltweit, die Ressourcen
   in Massen verbrauchen. Besser wäre es, mehr gute Präventivmedizin zu
   betreiben, als im Nachhinein überteuert zu behandeln.

   5 1                                                           Melden       Antworten

          Andreas Keusch aus Pfäffikon SZ                            04.08.2019, 13:41 Uhr

           Ausmerzen! Wow, das tönt wie im letzten Jahrhundert, als man die
           gesundheitlich nicht erwünschten Mitmenschen gezielt ...

                

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          Susi Keller aus Luzern                                    05.08.2019, 09:57 Uhr

           Was ist falsch daran, eine Krankheit auzumerzen?

           1 0                                                    Melden      Antworten

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   Martin Segers aus Rüti                                             04.08.2019, 12:31 Uhr

   Nicht wegen jedem „HÄÄÄHNESCHISS“ ind den Notfall rennen!!!

   5 0                                                           Melden       Antworten

   Daniel Stufer aus Zürich                                           04.08.2019, 12:21 Uhr

   Für die Raucher reichts aber! Ein Skandal, was die Lobbyisten in Bundesbern
   abziehen, und dass es keinen Aufschrei gibt!

   2 0                                                                        Antworten

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