"Sprachmiteinander um Afro-Mülheim" - Pidgin-Englisch verbindet Kulturen Werkstatt Vielfalt - Robert Bosch Stiftung

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"Sprachmiteinander um Afro-Mülheim" - Pidgin-Englisch verbindet Kulturen Werkstatt Vielfalt - Robert Bosch Stiftung
Projekt des Monats (04/2017)

                                                        »Sprachmiteinander
                                                        um Afro-Mülheim«
                                                        Pidgin-Englisch verbindet Kulturen

                                                        Werkstatt Vielfalt
»Spontan bildeten                                       Projekte für eine lebendige Nachbarschaft

sie zwei WhatsApp-                                      Ein Programm der Robert Bosch Stiftung
                                                        durchgeführt von der Stiftung Mitarbeit
Gruppen, in
denen nicht nur
die ›offiziellen‹
Projekttermine
diskutiert wurden.«

Migrantische Gemeinschaften sind in vielen Kom-         werken der Diaspora (Kirchengemeinden, Vereine,
munen selbstverständlicher Teil der Stadtgesell-        Geschäfte, Mund-zu-Mund Propaganda) und in der
schaft. Sie gestalten mit Vereinen und Geschäften       Studierendenschaft (Homepage des Instituts, Aus-
das öffentliche Leben mit und tragen zu einem           hänge) beworben. Gemeinsam mit der afrikanischen
vielfältigen Stadtbild bei. So auch in Mülheim an der   Gemeinschaft wurde in dieser Zeit auch der Zeitplan
Ruhr. Hier leben zwei Generationen einer subsaha-       konkretisiert, um diesen mit den sonstigen Aktivitä-
risch-afrikanischen Diasporagemeinschaft. Das Pro-      ten der Gemeinschaft zu koordinieren. Am Projekt
jekt »Sprachmiteinander um Afro-Mülheim« brachte        nahmen verteilt über den gesamten Zeitraum, d.h.
Mitglieder dieser Gemeinschaft und Studierende der      über drei Semester, insgesamt 16 Studierende sowie
Ruhr-Universität Bochum zusammen und ermög-             sieben Jugendliche der zweiten Einwandererge-
lichte eine (wissenschaftliche) Auseinandersetzung      neration, sechs junge Erwachsene und 13 ältere
mit den kulturellen und sprachlichen Eigenschaf-        Erwachsene der jeweils ersten Generation teil. In
ten der Gemeinschaft. Es wurde vom Lehrstuhl für        der zweiten Projektphase waren außerdem die ka-
Englische Sprachwissenschaft der Ruhr-Universität       merunische katholische Gemeinde in der St. Mariae
Bochum zwischen Oktober 2015 und Januar 2017            Rosenkranz Kirche Mülheim/Ruhr, die Presbyterian
durchgeführt.                                           Church Ruhrgebiet und die Mülheimer Pfingstge-
                                                        meinde beteiligt.
Kooperationspartner & Teilnehmer/innen
Die Ruhr-Universität Bochum kooperierte eng mit         Ziele & Erwartungen
dem Verein Afro-Mülheimers e.V., über den die           Das Projekt zielte darauf ab, langfristige Strategien
Projektteilnehmer/innen aus der afrikanischen           für den Abbau von Kontaktschwellen und für ein
Gemeinschaft im Schneeballprinzip gewonnen              stärkeres Miteinander der Diasporagemeinschaft
wurden. Das Projekt wurde in bestehenden Netz-          und der übrigen Bevölkerung Mülheims sowie der
"Sprachmiteinander um Afro-Mülheim" - Pidgin-Englisch verbindet Kulturen Werkstatt Vielfalt - Robert Bosch Stiftung
Werkstatt Vielfalt. Projekte für eine lebendige Nachbarschaft

Kurzbeschreibung
Dieses interkulturelle Sprachprojekt für Studierende am Englischen Seminar der Ruhr-Universität
Bochum und subsaharisch-afrikanische Migrant/innen, die in erster und zweiter Generation in Mül-
heim leben, schuf bei den Studierenden ein Bewusstsein für die spezifischen sprachlichen Heraus-
forderungen der afrikanischen Migrantengruppe. Die jungen Migrant/innen wiederum setzten sich
kreativ mit ihrer Mehrsprachigkeit auseinander und wurden für die Bedeutung einer guten Sprach-
beherrschung für Schule und Beruf sensibilisiert. Im Rahmen verschiedener Aktivitäten befassten
sich die Teilnehmenden mit den charakteristischen sprachlichen Eigenschaften der Gemeinschaft.
Dazu dienten Gesprächsrunden und gemeinsame Unternehmungen wie Musikworkshops und eine
Fotoreportage. Eine abschließende Ausstellung wurde in der Volkshochschule und der Universitäts-
bibliothek gezeigt.

Ruhr-Region zu schaffen. Darüber hinaus sollte          zum tertiären Bildungssektor auszutauschen. Dies
das Projekt der zweiten Generation Zugänge zum          schuf die Grundlage für eine enge Zusammenarbeit
tertiären Bildungssystem (Berufsfachschulen, Uni-       in der nächsten Projektphase.
versitäten etc.) aufzeigen und ein Bewusstsein für
ihre Mehrsprachigkeit schaffen. Gleichzeitig wurden
Mitglieder der ersten Diasporageneration beteiligt,
um im Projekt von deren Erfahrungen zu profitieren.

Durchführung
Zunächst stand das Kennenlernen im Mittelpunkt.
Hierzu fanden im Dezember 2015 und im Januar
2016 zwei von Afro-Mülheimers e.V. organisierte
Treffen in Mülheim statt. Bereits während des ersten
Treffens zeigte sich, dass sich zahlreiche Mitglieder
der afrikanischen Gemeinschaft wenig integriert
fühlten. Bedingt durch zahlreiche berufliche Ver-
pflichtungen – nicht zuletzt um die Verwandschaft       Im Januar und Februar 2016 begaben sich die Stu-
im Heimatland finanziell zu unterstützen – bleibt       dierenden gemeinsam mit den Jugendlichen in die
ihnen oft wenig Zeit, Aktivitäten nachzugehen, bei      afrikanische Gemeinschaft. Sie besuchten Lebens-
denen sie stärker mit der übrigen Bevölkerung in        mittelgeschäfte und nahmen dort Gespräche zwi-
Kontakt kommen. Entsprechend positiv reagierte          schen Afrikaner/innen auf, um deren Mehrsprachig-
die Gemeinschaft auf das Projekt.                       keit zu dokumentieren. Ausgewählte Gesprächsteile
                                                        wurden von den Studierenden verschriftlicht und
Es zeigte sich aber auch, dass zahlreiche afrikani-     für die spätere Ausstellung aufbereitet. Dabei zeigte
sche Migrant/innen vom deutschen Schulsystem            sich, dass bei der ersten Einwanderergeneration
enttäuscht waren. Die Empfehlungen am Ende              neben den Muttersprachen der Heimatländer auch
der Grundschulzeit empfanden sie als ungerecht          eine informelle, pidginisierte Variante des Engli-
und das System insgesamt als undurchsichtig. Als        schen eine zentrale Rolle spielt. In dieser Phase ge-
Konsequenz wurde von zwei Studierenden für das          lang es außerdem, die Studierenden und die Jugend-
zweite Treffen spontan eine Präsentation zu den         lichen zu eigenständigem Austausch zu motivieren.
unterschiedlichen Schulformen und den vielen            Spontan bildeten sie zwei WhatsApp-Gruppen, in
Möglichkeiten des Zugangs zu Abitur und Universi-       denen nicht nur die ›offiziellen‹ Projekttermine dis-
tät vorbereitet. Es gelang dabei, Verständnis für die   kutiert wurden.
Empfehlungen der Lehrer/innen zu schaffen und
die vielfältigen Möglichkeiten eines erfolgreichen      Im zweiten Projektblock stand die fotografische
Einstiegs ins Berufsleben zu vermitteln.                Dokumentation der afrikanischen Gemeinschaft
                                                        im Mittelpunkt. Wieder begleitet von den Jugendli-
Die Sorgen der ersten Generation wurden nicht un-       chen, besuchten die Studierenden im April und Mai
bedingt von der zweiten geteilt, da diese oft andere    Lebensmittelgeschäfte, Friseure, eine Schneiderin
Vorstellungen von ihrem Bildungsverlauf hat als ihre    sowie drei Kirchengemeinden und hielten das Leben
Eltern. Zwei ausschließlich von den Studierenden        der Gemeinschaft im Bild fest. Die Fotos dokumen-
und den Jugendlichen organisierte Gesprächskreise       tieren, wo die Gemeinschaft lebt, wie sie durch
an der Ruhr-Universität ermöglichten, sich unbe-        Geschäfte, Poster etc. im Stadtraum in Erscheinung
obachtet über unterschiedliche Möglichkeiten des        tritt, und wie vielfältig sie ist (z.B. in Aussehen, Klei-
Bildungssystems und erfolgversprechende Zugänge         dung, Mahlzeiten und Sprachen). Sie zeigen Motive
"Sprachmiteinander um Afro-Mülheim" - Pidgin-Englisch verbindet Kulturen Werkstatt Vielfalt - Robert Bosch Stiftung
Werkstatt Vielfalt. Projekte für eine lebendige Nachbarschaft

für Migration, illustrieren die historische Entwick-    Die dreimonatige Ausstellung in der Universitätsbi-
lung der Diasporagemeinschaft und weisen auf Orte       bliothek wurde von den Studierenden gut angenom-
hin, an denen die Mülheimer Bevölkerung mit ihr in      men. Die Studierendenzeitung und das Hochschul-
Kontakt treten kann.                                    radio berichteten. Zur Eröffnung machten sich auch
                                                        neun junge Mitglieder der afrikanischen Gemein-
In dieser Projektphase erarbeiteten außerdem            schaft ein Bild von der Universität.
zwei Fachkräfte aus den Reihen der Studierenden
gemeinsam mit den Jugendlichen einen Rap-Song.          Perspektiven
Organisation und Vorbereitung der späteren Auf-         Bochum, Dortmund, aber auch Düsseldorf und Köln
tritte wurden dabei vollständig von den Projektteil-    haben noch wesentlich größere afrikanische Diaspo-
nehmer/innen übernommen. Sie diskutieren den            ragemeinschaften, welche sich in einer ähnlichen
Wert und die Grenzen nicht-standardsprachlicher         Situation wie die Gemeinschaft in Mülheim befinden.
Ausdrucksformen und die Notwendigkeit, neben            Insbesondere Missverständnisse und Enttäuschun-
solchen identitässtiftenden Sprachmustern auch die      gen in der ersten Generation im Zusammenhang mit
Standardvarietäten des Deutschen und des Engli-         dem deutschen Bildungssystem sind zweifellos nicht
schen zu beherrschen. Beim Texten wurde schnell         auf Mülheim beschränkt. Mit einem Transfer der
deutlich, dass die zweite Generation sich persönlich    Projektidee könnte daher an einem anderen Ort ein
und sprachlich eindeutig als deutsch identifiziert.     ähnlicher Begegnungsprozess gestaltet werden.
Entsprechend ist der Raptext bis auf wenige engli-
sche Zeilen auf Deutsch gehalten.                       Kontakt und weitere Informationen
                                                        Ruhr-Universität Bochum – Englisches Seminar
Ausstellungen                                           Lehrstuhl für Englische Sprachwissenschaft
Im April 2016 konnten mit der Volkshochschule           Prof. Dr. Christiane Meierkord
Mülheim (VHS) und der Universitätsbibliothek der        Universitätsstraße 150
Ruhr-Universität Bochum starke Partner für zwei         44801 Bochum
abschließende Ausstellungen gewonnen werden.            E-Mail: christiane.meierkord@rub.de
Großformatige Poster machten die Diasporage-            Web: http://www.ruhr-uni-bochum.de/engling/
meinschaft für die Besucher/innen der VHS und die
Studierenden der Ruhr-Universität an den Ausstel-
lungsorten in besonderer Weise sichtbar.

Mit Auftritten der Rap-Gruppe und des Chors der         Ansprechpartner für das Programm
Presbyterian Church sowie mit afrikanischem Fin-        »Werkstatt Vielfalt«
ger Food wurde die einmonatige Ausstellung an der       Timo Jaster & Björn Götz-Lappe
VHS im November 2016 eröffnet. Sie stieß auf gro-       Stiftung Mitarbeit
ßes Interesse. Die Presse berichtete anschließend       Ellerstraße 67
ausführlich über die Eröffnung und das Projekt. Die
                                                        53119 Bonn
Ausstellungshalle lag zentral zwischen den Veran-
                                                        Tel.: (02 28) 6 04 24-17/-12
staltungsräumen. Kursteilnehmer/innen – insbe-
                                                        Fax: (02 28) 6 04 24-22
sondere der angebotenen Deutschkurse – tauschten
sich in den Pausen gerne vor den Postern aus, die für   E-Mail: jaster@mitarbeit.de
einige die eigene Heimat abbildeten.                             goetz-lappe@mitarbeit.de
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