Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021

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Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
AG 6 – BERICHT

Standards und Normen für
die Mobilität der Zukunft
Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM
2018–2021
Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
AG 1                              AG 2

   Klimaschutz im Verkehr         Alternative Antriebe und Kraft-
                                  stoffe für nachhaltige Mobilität

            AG 3                              AG 4
    Digitalisierung für den        Sicherung des Mobilitäts- und
       Mobilitätssektor         Produktionsstandortes, Batteriezell-
                                produktion, Rohstoffe und Recycling,
                                     Bildung und Qualifizierung

            AG 5                              AG 6
Verknüpfung der Verkehrs- und      Standardisierung, Normung,
 Energienetze, Sektorkopplung   Zertifizierung und Typgenehmigung
Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
INHALT

VORWORT                                                                       4
1 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN ZUR ZUKUNFT
  DER MOBILITÄT AUS SICHT VON STANDARDISIERUNG UND NORMUNG                    5
  CURRENT DEVELOPMENTS AND CHALLENGES FOR THE FUTURE OF
  MOBILITY FROM THE VIEWPOINT OF STANDARDS AND NORMS                          8
2 SCHWERPUNKTTHEMEN DER AG 6                                                  10
  2.1 NACHHALTIGE MOBILITÄT                                                   10

  2.2 INTELLIGENTES LASTMANAGEMENT                                            16

  2.3 AUTOMATISIERTES UND VERNETZTES FAHREN                                   19

  2.4 DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT   22

  2.5 KÜNSTLICHE INTELLIGENZ – MOBILITÄT UND LOGISTIK                         25

3 AUSBLICK                                                                    30
4 GESAMTÜBERSICHT HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN                                       32
5 PUBLIKATIONEN DER NPM AG 6 (2019 – 2021)                                    50
6 MITGLIEDER DER NPM AG 6                                                     51
IMPRESSUM                                                                     52
Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

     VORWORT
                                                                    Gerade vor dem Hintergrund eines immer komplexer wer-
                                                                    denden Mobilitätssystems, das sich bereits heute über
                                                                    eine Vielzahl von Branchen und Technologien erstreckt,
                                                                    wie die Automobiltechnik, die Elektro- und Energietech-
                                                                    nik sowie die Informations- und Kommunikationstech-
                                                                    nologie, ist dies von großer Bedeutung. Dieser Trend zum
                                                                    branchenübergreifenden Zusammenwirken wird sich in
                                                                    Zukunft noch weiter verstärken. Standards und Normen
                                                                    stellen die notwendige Kompatibilität, Interoperabilität
                                                                    und vor allem die Sicherheit der vielfältigen Mobilitäts-
                                                                    systeme her. Sie sorgen für Investitionssicherheit, fördern
                                                                    Innovationen und bilden damit die Grundlage für eine
                                                                    Mobilität der Zukunft.
    von Prof. Dr. Henning Kagermann,
    Vorsitzender des Lenkungskreises der NPM                        Mit dem vorliegenden Kompendium Standards und Normen
                                                                    für die Mobilität der Zukunft legt die NPM einen umfas-
    Das Mobilitätssystem befindet sich in einem umfassen-           senden und strategisch ausgerichteten Bericht vor, der
    den Transformationsprozess, der noch lange andauern             verschiedene Schlüsselthemen zur Zukunft der Mobili-
    wird. Megatrends wie Digitalisierung, Elektrifizierung oder     tät gezielt betrachtet. Die daraus abgeleiteten Hand-
    Automatisierung stellen den gesamten Mobilitätssektor           lungsempfehlungen wurden in einem fachübergreifenden
    vor große technische Herausforderungen. Um die Transfor-        Austausch mit allen Arbeitsgruppen der NPM erarbeitet,
    mation erfolgreich und insbesondere markttauglich um-           der sich für die Beteiligten als enorm gewinnbringend
    zusetzen, sind international abgestimmte Standards und          herausstellte.
    Normen von entscheidender Bedeutung.
                                                                    Das Kompendium baut auf den erarbeiteten Schwerpunkt-
    Ein zukunftsorientiertes, integriertes Mobilitätssystem         Roadmaps auf und bildet damit sowohl den strategischen
    führt zur Entwicklung neuer Produkte, Anwendungen und           Rahmen als auch den Ausgangspunkt für die weitere Dis-
    Geschäftsmodelle und bietet Wachstumschancen. Um sie            kussion zur Zukunft der Standardisierungs- und Nor-
    auf dem Markt erfolgreich anbieten zu können, müssen            mungsarbeit im Mobilitätssektor. Der Transformationspro-
    hohe Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Benutz-          zess im Mobilitätssystem setzt sich weiterhin fort und wird
    barkeit erfüllt sein. Das setzt ein einheitliches Verständnis   auch zukünftig neue Fragen und Herausforderungen mit
    des technischen Rahmens sowie Standards und Normen              sich bringen.
    voraus, um für alle Marktteilnehmer gleiche Voraussetzun-
    gen zu schaffen.                                                Mein herzlicher Dank gilt allen, die sich an der Entwicklung
                                                                    der Schwerpunkt-Roadmaps und der zusammenfassenden
                                                                    Darstellung in diesem Kompendium beteiligt haben. Wich-
                                                                    tig ist es nun, die Ergebnisse und Empfehlungen auch in
                                                                    die Tat umzusetzen, um das Ziel einer bezahlbaren, nach-
                                                                    haltigen und klimafreundlichen Mobilität zu verwirklichen.

4
Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT   AG 6

1 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND HERAUS­
  FORDERUNGEN ZUR ZUKUNFT DER MOBILITÄT AUS
  SICHT VON STANDARDISIERUNG UND NORMUNG

                                                                                 5
Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

                                                                        Standards und Normen definieren den Stand der Technik
                                                                        und die Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen.
                                                                        Gleichzeitig erhöhen sie die gesellschaftliche Akzeptanz und
                                                                        das Vertrauen in neue Technologien. Die Anforderungen an
                                                                        Produkte und Dienstleistungen werden in einem trans-
                                                                        parenten Prozess definiert. Dabei gilt der Grundsatz, dass
                                                                        Normungsprojekte im Konsens unter Beteiligung aller inte-
                                                                        ressierten Kreise zum Nutzen der Allgemeinheit erarbeitet
                                                                        werden.

                                                                        Das Kompendium Standards und Normen zur Mobilität der
                                                                        Zukunft ist das Ergebnis einer intensiven und themenüber-
                                                                        greifenden Zusammenarbeit innerhalb der NPM Arbeits-
    Von Roland Bent,                                                    gruppe 6 „Standardisierung, Normung, Zertifizierung und
    Leiter der NPM AG 6, VORSITZENDER DER DKE DEUTSCHE                  Typgenehmigung“. In einem ersten Schritt wurden zunächst
    KOMMISSION ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK INFORMA-                       die wichtigsten Themenkomplexe zur Zukunft der Mobi-
    TIONSTECHNIK IN DIN UND VDE (VDE|DKE) und MITGLIED                  lität mit allen Arbeitsgruppen der NPM abgestimmt und
    DES DIN-PRÄSIDIUMS                                                  gesammelt. Daraus entstand ein erstes White Paper, das
                                                                        die zentralen Herausforderungen zusammenfasst und die
    In der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM)             branchenübergreifenden Standardisierungsbedarfe ableitet.
    arbeiten Expert:innen aus Industrie, Verbänden, Ministe-            Dieses White Paper diente der AG 6 als strategischer Leitfa-
    rien und Wissenschaft gemeinsam an einer Vision: einer              den für die weitere Arbeit.
    nachhaltigen Mobilität, die für alle Menschen in Deutsch-
    land bezahlbar bleibt. Eine besondere Bedeutung kommt               In einem nächsten Schritt haben sich die Mitglieder der AG
    dabei dem Thema „Standardisierung und Normung“ zu.                  6 sowie weitere Fachleute aus dem Bereich der Normung im
    Standards und Normen ermöglichen Gesellschaft, Wirt-                Detail mit den im White Paper definierten Themenfeldern
    schaft und Politik, gemeinsam technische Empfehlungen               auseinandergesetzt und daraus Schwerpunkt-Roadmaps
    und Rahmenbedingungen zu formulieren, die Qualität,                 entwickelt. Diese Schwerpunkt-Roadmaps beschreiben so-
    Sicherheit und Benutzbarkeit, aber auch systemische In-             wohl den aktuellen Sachstand als auch bestehende Heraus-
    tegrationsfähigkeit und Interoperabilität sicherstellen. Sie        forderungen und geben konkrete Handlungsempfehlungen
    sind damit der Schlüssel für Innovationen in einer zuneh-           zur Weiterentwicklung von Standards und Normen. Insge-
    mend komplexen und vernetzten Welt, schützen Inves-                 samt entwickelte die AG 6 vier Schwerpunkt-Roadmaps in
    titionen und schaffen die Grundlage, damit die Vision der           den Themenfeldern „Nachhaltige Mobilität“, „Intelligentes
    „Zukunft der Mobilität“ Realität werden kann.                       Lastmanagement“, „Automatisiertes und vernetztes Fah-

                                          Schwerpunkt-Roadmap
                                                                                                 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
                                          „Nachhaltige Mobilität“

                           Schwerpunkt-Roadmap
                           „Intelligentes Lastmanagement“                                          Globale         Investitions-
                                                                                                Harmonisierung       sicherheit
                                                                 Normen und
              Schwerpunkt-Roadmap                                Standards zur
              „Automatisiertes und Vernetztes Fahren“             Zukunft der
                                                                   Mobilität
                                                                                                 Gremienarbeit       Stärkung
                                                                                                                   des Standorts
                     „Daten und Vernetzung – Standards
                     und Normen für intermodale Mobilität“

                                          Künstliche Intelligenz –                                Vernetzung          KI und
                                          Mobilität und Logistik                                                       Daten

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Standards und Normen für die Mobilität der Zukunft - Ergebnisse der Arbeitsgruppe 6 der NPM 2018-2021
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT        AG 6

ren“, „Daten und Vernetzung – Standards und Normen für         dargestellt. Dies beinhaltet eine einleitende Übersicht zum
intermodale Mobilität“. Eine weitere Roadmap zum Thema         Themenkomplex sowie die Zusammenfassung der Hand-
„Künstliche Intelligenz und Mobilität“ wurde als Ausleitung    lungsempfehlungen. Die Normungsübersichten zu allen re-
aus der übergreifenden, durch DIN und DKE initiierten Deut-    levanten Normen werden aktualisiert und zusammengefasst
schen Normungsroadmap Künstliche Intelligenz übernom-          für alle Themen am Ende dargestellt. Eine Verlinkung zu den
men und in dieses Kompendium integriert.                       Originalfassungen der Schwerpunkt-Roadmaps finden Sie
                                                               immer zu Beginn des jeweiligen Kapitels.
Die Roadmap Nachhaltige Mobilität zeigt anhand zahlreicher
Beispiele und Empfehlungen den großen Beitrag, den Stan-       Bei der Bearbeitung der einzelnen Themen zeigte sich die
dards und Normen zur Schaffung eines nachhaltigen Ver-         enorme Komplexität eines ganzheitlichen Mobilitätssystems
kehrssystems leisten können. Sie bieten insbesondere einen     der Zukunft. Eine Vielzahl von Wechselwirkungen zwischen
Mehrwert, indem sie Nachhaltigkeitsmaßnahmen bewert-           verschiedenen Bereichen und Sektoren bringt enorme Her-
und vergleichbar sowie deren Nachvollziehbarkeit möglich       ausforderungen mit sich, die sich in den Standardisierungs-
machen. Im Bereich der Elektromobilität zeigt die Roadmap      und Normungsaktivitäten widerspiegeln müssen. Standards
Intelligentes Lastmanagement, dass das Stromnetz durch         und Normen entstehen durch die Arbeit und das komplexe
die zunehmenden Ladevorgänge vor große, aber auch lös-         Zusammenspiel verschiedener Organisationen auf inter-
bare Herausforderungen gestellt wird. Die vor allem punk-      nationaler, europäischer und nationaler Ebene. Um diese
tuellen Belastungen des Stromnetzes müssen zukünftig so        Prozesse erfolgreich zu gestalten, ist eine weiterhin intensi-
austariert werden, dass das Stromnetz stabil standhält. Dies   ve Beteiligung von allen Beteiligten aus Industrie, Wissen-
setzt voraus, dass die Ladeinfrastruktur mit den Fahrzeugen    schaft und Politik notwendig.
und dem Stromnetz in alle Richtungen kommunizieren und
intelligent gesteuert werden kann.                             Bei aller Komplexität zeigen sich aber ebenso deutlich die
                                                               vielfältigen Chancen, die in der Zukunft der Mobilität liegen.
Für die Weiterentwicklung des Automatisierten und ver-         Dazu zählen unter anderem deutliche CO2-Einsparpotenzia-
netzten Fahrens gilt es zu beachten, dass die Komplexität      le, Möglichkeiten zur Neugestaltung der Wohn- und Lebens-
des Produkts, die Anforderungen an die Interoperabilität       räume in Stadt und Land, eine intelligentere und bedarfsge-
und an die Infrastruktur steigen werden. Damit verbunden       rechtere Verkehrssteuerung als auch neue Geschäftsmodelle
ist auch die Neugestaltung von Typgenehmigungs- und Zer-       im Mobilitätssektor.
tifizierungsprozessen im Fahrzeugbereich. Der Bericht Daten
und Vernetzung – Standards und Normen für intermodale          Damit Standards und Normen ihren vollen Beitrag zur Ver-
Mobilität zeigt, dass in der Intermodalität, also der kom-     wirklichung dieser Chancen leisten können, müssen sie
binierten Nutzung verschiedener Verkehrsmittel auf einer       möglichst auf internationaler Ebene zum Einsatz kommen.
Reiseroute, große Ausbaupotenziale liegen, um das Mobili-      Die AG 6 arbeitet daher stets in enger Abstimmung mit den
tätssystem sowohl nachhaltiger als auch kunden- und be-        zuständigen Gremien der Normungsorganisationen DIN
darfsgerechter zu gestalten. Um dieses Potenzial zu heben,     (Deutsches Institut für Normung) und DKE (Deutsche Kom-
sind vor allem gemeinsame Standards und Normen für die         mission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik)
Dienste des verkehrsträgerübergreifenden Informierens,         sowie den zuständigen Bundesministerien an der Erarbei-
Buchens und Abrechnens von Mobilitätsleistungen nötig.         tung ihrer Handlungsempfehlungen. Die Normungsorgani-
                                                               sationen sorgen dafür, dass die nationalen Anforderungen
Mit der Normungsroadmap Künstliche Intelligenz haben DIN       sukzessive in europäische und internationale Gremien sowie
und DKE in einem gemeinsamen Projekt mit dem Bundes-           die geeigneten Normungsprozesse einfließen.
ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) eine ers-
te umfassende Analyse des Bestands und des Bedarfs an          Die interessenübergreifende Arbeit der NPM AG 6 bildet zu-
internationalen Standards und Normen für diese Schlüssel-      sammenfassend einen strategischen Rahmen für die Nor-
technologie erarbeitet. Dabei werden explizit nicht nur die    mungsarbeit der kommenden Jahre. Das Kompendium kann
technischen, sondern auch die ethischen und gesellschaft-      und darf dabei nicht als abschließend betrachtet werden,
lichen Aspekte von Normen in der KI ausführlich berück-        sondern muss in den nächsten Jahren kontinuierlich weiter-
sichtigt. Die Entwicklung dieser Normungsroadmap wurde         entwickelt, verfeinert und immer wieder an die sich dyna-
im Bereich der Mobilität von Expert:innen der NPM AG 6 be-     misch verändernden Anforderungen unseres Mobilitäts-
gleitet und unterstützt.                                       systems angepasst werden.

Im vorliegenden Kompendium Standards und Normen zur            Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden für ihr großes
Mobilität der Zukunft wird in den Themenkapiteln jeweils       Engagement und freue mich auf eine weiterhin anregende
eine komprimierte Fassung der Schwerpunkt-Roadmaps             und gewinnbringende Zusammenarbeit.

                                                                                                                                7
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

    CURRENT DEVELOPMENTS AND CHALLENGES FOR
    THE FUTURE OF MOBILITY FROM THE VIEWPOINT
    OF STANDARDS AND NORMS

                                                                     The compendium Standards and norms for mobility of the
                                                                     future is the result of intensive inter-thematic collabo-
                                                                     ration within the NPM working group 6 “Standardisation,
                                                                     norms, certification and type approval”. The first step was
                                                                     to agree on and collate the most important interrelated
                                                                     themes on the future of mobility with all working groups
                                                                     of the NPM. The result was an initial white paper, which
                                                                     summarised the key challenges and cross-industry stand-
                                                                     ardisation requirements. WG 6 used this white paper as a
                                                                     strategic guideline for subsequent work.

                                                                     In the next step, the members of WG 6 and other experts
    By Roland Bent,                                                  working in the field of standardisation examined the the-
    Head of NPM WG 6, CHAIRMAN OF THE DKE GERMAN COM-                matic areas defined in the white paper in detail and on this
    MISSION FOR ELECTRICAL, ELECTRONIC AND INFORMATION               basis developed focal roadmaps. These focal roadmaps
    TECHNOLOGIES OF DIN AND VDE (VDE|DKE) and MEMBER OF              describe the current situation as well as existing challeng-
    THE DIN STEERING COMMITTEE                                       es, and provide specific recommendations for action in
                                                                     relation to further development of standards and norms.
    In the National Platform Future of Mobility (NPM), experts       WG 6 developed four focal roadmaps for the themes
    in industry, associations, ministries and science work to-       “Sustainable mobility”, “Intelligent load management”,
    gether towards one vision: a sustainable mobility that           “Automated and connected driving”, “Data and networking
    remains affordable for everybody in Germany. The topic           – standards and norms for intermodal mobility”. An addi-
    “Standardisation and norms” assumes a special signifi-           tional roadmap on the topic of “Artificial intelligence and
    cance in this context. Standards and norms enable soci-          mobility”, which was derived from the overarching German
    ety, the economy and the political establishment to work         standardisation roadmap artificial intelligence initiated
    together to formulate technical recommendations and              by DIN and DKE, was adopted and integrated into this
    framework conditions that not only ensure quality, relia-        compendium.
    bility and usability, but also systemic integration capability
    and interoperability. They are therefore the key to inno-        The roadmap for sustainable mobility contains count-
    vation in an increasingly complex interconnected world,          less examples and recommendations that demonstrate
    protect investments and are the basis for ensuring that the      the enormous contribution that standards and norms can
    vision “Future of Mobility” becomes reality.                     make towards establishing a sustainable transportation
                                                                     system. They have one added value in particular, namely
    Standards and norms define the state of the art and the          to facilitate the evaluation and comparison of sustaina-
    requirements for products and services. They also increase       bility measures, and also ensure their traceability. In the
    acceptance by society and trust in new technologies. The         area of electromobility, the Intelligent load management
    requirements to be met by products and services are de-          roadmap indicates that the increasing number of charging
    fined in a transparent process. In this case, the fundamen-      cycles is posing significant but not insurmountable chal-
    tal principle that standardisation projects are worked out       lenges to the grid. In future the loads that occur at specific
    consensually with the participation of all interested groups     points on the grid must be balanced out so that the grid
    for the benefit of the general public applies.                   remains stable. The prerequisite for this is that the charging

8
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT       AG 6

infrastructure communicates with the vehicles and grid in       ty of an all-encompassing mobility system of the future.
all directions and can be intelligently controlled.             Owing to the many reciprocal effects between different
                                                                areas and sectors, huge challenges exist which will inev-
It should be observed that further development of auto-         itably be reflected in activities related to standardisation
mated connected driving will lead to more complex prod-         and norms. Standards and norms are established through
ucts, and greater demands on interoperability and the           the work and interaction of various organisations at inter-
infrastructure. This will also be accompanied by a restruc-     national, European and national level. Structuring these
turing of type approval and certification processes in the      processes effectively requires intensive participation of all
vehicle sector. The report Data and networking – standards      parties involved in the industrial, economic and political
and norms for intermodal mobility shows in the case of          spheres. For all its complexity, the wide range of oppor-
intermodality, in other words the combined use of differ-       tunities inherent in the future of mobility are also equally
ent modes of transport on one travel route, significant po-     apparent. This includes significant potentials for reducing
tential exists for upgrading the mobility system to make it     CO2 emissions, opportunities for redesigning urban and
more sustainable, customer-oriented and demand driven.          rural residential and living environments, more intelligent
To leverage this potential, general standards and norms         demand-driven transport management and also new busi-
in particular are required for the services associated with     ness models in the mobility sector. In order that standards
information, booking and invoicing of mobility services in      and norms can most effectively contribute towards turning
all modes of transport. The Artificial intelligence stand-      these opportunities into reality, they must whenever pos-
ardisation roadmap is a project undertaken by DIN and           sible be applied at international level. When elaborating its
DKE together with the Federal Ministry for Economic Affairs     recommendations for action, WG 6 therefore always works
and Energy (BMWi) which comprises an initial compre-            closely with the relevant committees of the DIN standardi-
hensive analysis of the existing situation and the need for     sation organisation (German Institute for Standardisation)
international standards and norms for this key technolo-        and DKE (German Commission for electrical, electronic and
gy. Not just the technical aspects, but also the ethical and    information technologies) and the relevant federal min-
societal aspects of standards in AI have been explicitly        istries. The standardisation organisations ensure that the
and carefully considered. Advice and support in the area of     national requirements are gradually introduced into Euro-
mobility was given by experts of the NPM WG 6 during the        pean and international bodies and the appropriate stand-
development of this standardisation roadmap. A compact          ardisation processes. The NPM WG 6 works in the interest
version of the focal roadmap is presented in each case in       of everybody concerned to establish a consolidated stra-
the thematic chapters of this compendium Standards and          tegic framework for standardisation work in the coming
norms for the mobility of the future. This contains an in-      years. The compendium cannot and must not be consid-
troductory overview of the themes and a summary of the          ered as conclusive, and must instead be continuously de-
recommended actions. The standardisation overviews for          veloped, refined and consistently adapted to the dynam-
all relevant norms are presented at the end, updated and        ic changes in the requirements of our mobility system. I
summarised for all topics. A link to the original versions of   would like to take this opportunity to thank all participants
the focal roadmaps is always provided at the start of the       for their huge commitment and look forward to our contin-
relevant chapter in the form of a QR code. Working through      ued inspiring and fruitful collaboration.
the individual themes revealed the enormous complexi-

                                                                                                                                9
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

      2 SCHWERPUNKTTHEMEN DER AG 6

      2.1 NACHHALTIGE MOBILITÄT

     Die vollständige Schwerpunkt-Roadmap finden Sie hier:
     www.plattform-zukunft-mobilitaet.de/wp-content/uploads/2020/10/20201020-NPM-Bericht-AG6-
     RoadmapNachhaltigeMobilitaet-V2-wrz.pdf

10
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT      AG 6

                                                             „Bilanzierung“, „Wiederverwendung und Verwertung“,
                                                             „Batterie“, „Energieträger“ und „Kommunikation“ gibt. In
                                                             jedem Themenfeld konnten daraus Handlungsempfeh-
                                                             lungen für zukünftige Standardisierungs- und Normungs-
                                                             projekte abgeleitet werden. Der Fokus richtet sich dabei
                                                             prioritär auf den Straßenverkehr, da hier bis 2030 aus Sicht
                                                             der NPM große Veränderungspotenziale erschließbar sind.
                                                             Eine Betrachtung weiterer Verkehrsträger, wie des Schie-
                                                             nen- oder Luft- und Seeverkehrs, ist aber ebenso notwen-
                                                             dig und sollte ergänzend untersucht werden.

                                                             Bezieht man diese Ziele auf das Mobilitätssystem der Zu-
                                                             kunft, ergeben sich in einem derart komplexen System
                                                             viele Anknüpfungspunkte für normungsrelevante inter-
EINLEITUNG                                                   nationale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development
                                                             Goals), die sich erneut in viele Teilbereiche und -aspekte
von Dr. Michael Stephan,                                     untergliedern lassen. Die nachhaltige und widerstandsfä-
DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Mitglied der        hige Gestaltung von Städten und Gemeinden ist beispiels-
Geschäftsleitung – Bereich Normung und Standardisierung      weise ein wichtiger Faktor, der dabei mitbetrachtet werden
                                                             muss.
 Zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit von Deutsch-
land spielen die branchenübergreifende Weiterentwicklung     Ziel dieser Schwerpunkt-Roadmap ist es, zur Entwicklung
des Mobilitätssystems sowie Innovationen von Techno-         von ökonomisch tragfähigen Lösungen beizutragen, die
logien und Dienstleistungen eine zentrale Rolle. Für die     den Ressourcenverbrauch reduzieren, damit die Umwelt-
Mobilität von morgen brauchen wir verkehrsträgerüber-        verschmutzung mindern und den natürlichen Lebensraum
greifende und -verknüpfende Lösungen für ein weitgehend      schonen. Die Etablierung von Standards und Normen zur
treibhausgasneutrales und umweltfreundliches Verkehrs-       sozialen Verantwortung, etwa beim Abbau von Rohstoffen
system, um so unter anderem eine effiziente, hochwertige     und allgemein in Lieferketten, ist ein weiterer wichtiger
und sichere Mobilität zu unterstützen.                       Aspekt. Nun gilt es, die Empfehlungen in den zukünftigen
                                                             Standardisierungs- und Normungsarbeiten zu berücksich-
Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologi-     tigen und auf den Ergebnissen der Roadmap aufzubauen.
schen Treiber wie das künftige Mobilitätsverhalten und
die Entwicklung des urbanen Lebensraums, sich heraus-
bildende Geschäftsmodelle und technische Fortschritte in     HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN AUS DER
den Bereichen der Circular Economy und KI müssen dabei       SCHWERPUNKT­ROADMAP (AUSWAHL)
als wichtige Veränderungsprozesse berücksichtigt werden.
Für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele spielen daher    HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE BILANZIERUNG
die Ausgestaltung und der Erfolg der zukünftigen Mobilität   DES GESAMTSYSTEMS
eine maßgebliche Rolle.
                                                             Bezogen auf das Gesamtsystem empfiehlt es sich, Stan-
Mit der Schwerpunkt-Roadmap Nachhaltige Mobilität soll       dardisierungsaktivitäten zur Festlegung des Bilanzrah-
die Grundlage für die technische Verwirklichung der Nach-    mens (beispielsweise inklusive Verkehrsleitsystem), seiner
haltigkeitsziele gelegt werden. Die Entwicklung und An-      Teilsysteme, funktionellen Einheiten und ihrer jeweiligen
wendung von Standards und Normen sind dabei elementar,       Wirkgrößen zu initiieren. Die Festlegungen beziehen sich
denn sie steigern Vertrauen, Effizienz und Qualität, ma-     auf methodische und organisatorische Festlegungen (unter
chen Produkte und Dienstleistungen sicher sowie umwelt-      anderem die Anrechenbarkeit) sowie auf den Zertifizie-
verträglich und vereinfachen den nationalen und interna-     rungsprozess (Aufbau, Ablauf etc.). Bei allen Aspekten ist
tionalen Handel.                                             die digitale Umsetzung von Beginn an zu berücksichtigen.
                                                             Empfehlenswert ist, für das Gesamtsystem und alle seine
Die Schwerpunkt-Roadmap Nachhaltige Mobilität der            Komponenten eine standardisierte IKT-Architektur und
NPM AG 6 zeigt auf, welche standardisierungsrelevanten       Organisation zu konzeptionieren.
Herausforderungen und Bedarfe es in den Themenfeldern

                                                                                                                            11
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

     Operationalisierung, Nutzbarkeit und Transparenz                sozioemotionaler Aspekte beantwortet werden müssen
                                                                     (vergleiche Kapitel „Kommunikation“).
     Als Ausgangspunkt der Operationalisierung kann eine Ver-
     ortungsarchitektur genutzt werden, die bei der Festlegung       Weitere Empfehlungen sind die Auswahl der zu verwen-
     des Rahmens der Ökobilanzen und ihrer Wirkgrößen für            denden Indikatoren und deren Bewertungsmodelle sowie
     das Gesamtsystem und seine unterschiedlichen Teilsyste-         eine Festlegung von spezifischen Allokations- und Re-
     me für eine eingängige Darstellung sorgt. Dabei beschreibt      chenregeln im Sinne einer Produktkategorieregel (PCR,
     sie die jeweilige Sachlage aus verschiedenen Blickwinkeln       siehe unter anderem DIN CEN ISO/TS 14027).
     und mittels unterschiedlicher Darstellungsebenen.
                                                                     Datenverfügbarkeit und Nutzungsende
     In das Architekturbild sollen neben dem Bilanzrahmen und
     den Wirkgrößen auch existierende und zukünftige Anwen-          Aus Sicht der IKT-Technologie sind hier Governance-
     dungsszenarien (Use-Cases), deren Systemgrenzen sowie           Modelle anwendbar und eine offen zugängliche standardi-
     bereits bestehende und geplante Standards und Normen            sierte Policy im Sinne der Datenschutzregelungen. Wichtig
     eingeordnet beziehungsweise verortet werden. Auf diese          ist, dass das Prinzip der Datenminimierung und so weit
     Weise werden offene Aspekte und zukünftiger Standar-            wie möglich der Datenanonymisierung umgesetzt wird.
     disierungs- und Normungsbedarf sichtbar. Wichtig wird           Weiterhin soll das Datenkonzept frühzeitig die relevanten
     sein, dass in dem Architekturbild die spezifischen Frage-       Fragestellungen zum Nutzungsende (End of Life) einbezie-
     stellungen der Teilsysteme hinsichtlich der unterschied-        hen: (1) Welche Informationen werden über die Produkt-
     lichen Ansätze der Ökobilanzierung zum Beispiel bei Pro-        lebensdauer hinaus benötigt? (2) Welche Daten sollen
     dukten, Unternehmen, Transportdienstleistungen oder für         beziehungsweise können am Nutzungsende dauerhaft
     Städte und Gemeinden erfasst werden können. Es wird             gelöscht werden?
     für das Gesamtsystem und die Teilsysteme eine möglichst
     einheitliche Darstellung angestrebt. Es ist aber davon aus-     Nutzungsabhängige Bilanzierung
     zugehen, dass es hinsichtlich der Relevanz der Ebenen und
     des Detaillierungsgrads Unterschiede geben wird.                Grundlage für eine nutzungsabhängige Bilanzierung ist die
                                                                     durchgängige Digitalisierung der Wertschöpfungsketten.
     Für die Erarbeitung von Standards sollten zwei Perspek-         Die Zukunft wird darüber hinaus durch die Nutzung von KI,
     tiven berücksichtigt werden: die inhaltlich-technische          insbesondere dem maschinellen Lernen, geprägt werden.
     Perspektive sowie die Perspektive zur Steigerung von            Dies gilt auch für die Ermittlung des State of Charge (SoC),
     Vertrauen und Akzeptanz. Bei der inhaltlich-technischen         State of Function (SoF) und State of Health (SoH), wobei
     Perspektive geht es unter anderem um die technischen            gerade der SoH noch nicht klar definiert ist. Im Sinne der
     Aspekte der IKT-Infrastruktur einschließlich der Integra-       Standardisierung ist für die digitale Umsetzung eine klare
     tion der Teilsysteme und funktionellen Einheiten sowie um       Begriffsdefinition notwendig, die eine digitale Darstellung
     die notwendigen Konzepte und Lösungen für die Sicherheit        und Beschreibung sowie die Verwendung systemübergrei-
     und Verlässlichkeit. Sämtliche Ergebnisse sowie Standards       fender, digital verwertbarer Regeln zur Betriebssicherheit
     und Normen der Ökobilanzierung für Produkte sowie Pro-          ermöglicht.
     jekte und Betrachtungen auf Organisationsebene müssen
     digital zugreifbar und digital verwendbar (interpretierbar)     HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR WIEDERVERWENDUNG
     sein. Die Ergebnisse der Initiative Digitale Standards (IDiS)   UND VERWERTUNG
     sollten möglichst früh einbezogen werden.
                                                                     Im ersten Schritt kommt der Transparenz von Lieferket-
     Die Perspektive hinsichtlich der Steigerung von Vertrauen       ten eine besondere Bedeutung zu. Für die Schaffung einer
     und Akzeptanz spielt eine wesentliche Rolle bei der Erfas-      Transparenz von Lieferketten sind weitere Standardisie-
     sung der Daten für die Ökobilanz. Sind Nutzen und Wir-          rungs- und Normungsaktivitäten notwendig, beispiels-
     kung klar? Werden bei der Weitergabe von Informationen          weise durch die Erhöhung der Rückverfolgbarkeit von
     Wissen und geistiges Eigentum ausreichend geschützt?            Lieferketten (vergleiche ISO FDIS 22095) oder durch die
     Verursachen mögliche gesetzliche Vorgaben zur Umset-            Festlegung einer einheitlichen Methode zur Darstellung
     zung einer Ökobilanz nur zusätzliche Kosten? Oder kann          von Lieferketten (zum Beispiel Massenbilanzansatz).
     mit einer verifizierten Ökobilanz zum Beispiel von Produk-
     ten ein höherer Umsatz je Produkt generiert werden? Dies        Alle in der Nachhaltigkeitsbewertung angewendeten Nor-
     sind die typischen Fragen, die nicht nur technisch fundiert,    men sollten auf die Berücksichtigung von Lebensdauer,
     sondern bei der Governance auch unter Berücksichtigung          Wiederverwendung und Verwertung hinsichtlich ihrer

12
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT    AG 6

Anwendbarkeit für zirkuläre Geschäftsmodelle betrachtet     Performance und Restlebensdauer von Second-Life-Batte-
werden. Ein Beispiel für eine nachhaltige Lebensdauer aus   rien. Wenn sich die Batteriestückzahlen der Rückläufer er-
der Praxis ist das Thema „Reifen“.                          höhen, sollten standardisierte Recyclingprozesse bedarfs-
                                                            gerecht eingeführt werden, um die Recyclingeffizienz zu
Die beschriebenen Aspekte sollten bei den Arbeiten der      erhöhen. Darüber hinaus unterstützt eine standardisierte
Circular Economy Normungsgremien DIN NA 172-00-14-01        Ermittlung des CO2-Fußabdrucks von Batterien die Nach-
AK (national) und ISO/TC 323 (international) berücksich-    haltigkeitsbewertung hinsichtlich Treibhausgas-Emissio-
tigt werden.                                                nen und ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität.

Gesetzliche Anreize für Normungsaktivitäten                 Für die Umstellung der Fahrzeugstarterbatterien von blei-
                                                            basiert auf alternative chemische Zusammensetzungen
Im Fall des Einsatzes von recycelten beziehungsweise        wird die Definition einheitlicher Standards und Normen
kritischen Materialien, nachwachsenden Rohstoffen und       für lithium-ionenbasierte Starterbatterien eine schnelle
biologisch abbaubaren Stoffen sind zudem klare Regelun-     massentaugliche Marktdurchdringung unterstützen. Hier
gen notwendig. Technische Basisanforderungen werden in      haben bereits erste Normungsaktivitäten im Arbeitskreis
der Normung bereits adressiert. Für spezifische Anwen-      „DKE AK 371.0.4 Starterbatterien“ begonnen und weitere
dungsfelder müssen die gesetzlichen Anreize geschaffen      Normungsaktivitäten sollten initiiert werden.
werden, aus denen sich dann ein Standardization-Request
(Normungsauftrag) ergibt. Beispielsweise könnte eine Er-    HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR KRAFTSTOFFE FÜR
höhung des Anteils von recyceltem Material in Fahrzeugen    VERBRENNUNGSMOTOREN
verpflichtend werden. Daraus entstünde ein Anpassungs-
bedarf in bestehenden Normen.                               Für die Etablierung neuer Kraftstoffsorten im Markt ist
                                                            es notwendig, möglichst kurzfristig für bereits absehba-
Digitale Dokumentation der Kreislaufwirtschaft              re Kraftstoffqualitäten die Normung voranzubringen. Eine
                                                            Herausforderung stellt in diesem Zusammenhang die Un-
Vor allem die zuvor erwähnten Standardisierungsaktivitä-    sicherheit über die zukünftige Rolle von Kraftstoffen in
ten hinsichtlich der Transparenz von Lieferketten und der   Verbrennungsmotoren, insbesondere im Straßenverkehr,
Rückverfolgung von Materialien erfordern eine durchgän-     dar. Dementsprechend sind insbesondere mit Blick auf den
gige Digitalisierung der Dokumentation. Medienbrüche in     Einsatz erneuerbarer Reinkraftstoffe zukünftig Normungs-
der Dokumentation und damit verbundene Übertragungs-        bedarfe zu erwarten. Notwendig hierfür ist eine enge
fehler zwischen den einzelnen Stufen in einem Kreislauf     Abstimmung zwischen Kraftstoffherstellern, Fahrzeug-
können damit überwunden werden. Der Einsatz der not-        industrie und Forschung, um frühzeitig Normungsprozesse
wendigen IT-Technologien ist dabei hinsichtlich der Aus-    anzustoßen.
wirkung auf die Ökobilanz mitzuberücksichtigen.
                                                            Bereits absehbar besteht sowohl Handlungsbedarf bei
HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR BATTERIEN                         der Anpassung bestehender Kraftstoffnormen (DIN EN
                                                            228, DIN EN 590) als auch bei der Erarbeitung neuer
Basierend auf den Anforderungen für eine nachhaltige        Standards und Normen, um diese neuen Kraftstoffe im
Batterie-Wertschöpfungskette ergeben sich verschiedene      Markt anbieten zu können. Hierzu zählen beispielswei-
Handlungsbedarfe. Hierzu zählt zum Beispiel die Defini-     se höhere Blendanteile für Ottokraftstoffe (zum Beispiel
tion technischer Anforderungen an Wechselbatterien für      E20/E25 mit Bezug auf DIN EN 228) und Dieselkraftstof-
Kleinstfahrzeuge, wie E-Scooter und E-Bikes, hinsichtlich   fe, höhere Blendanteile von beispielsweise paraffini-
Größe (definierter Formfaktor), Aufbau und Demontage        schen Dieselkraftstoffen wie HVO/HEFA, GTL, BTL, PTL
sowie Schnittstellen. Darüber hinaus sind Prüfanforde-      mit Bezug auf DIN EN 590 oder Multiblend-Kraftstoffen
rungen zur Batteriealterung und Ermittlung des State of     (zum Beispiel basierend auf mehreren gleichzeitig zuge-
Health von enormer Bedeutung. Hierfür ist jedoch ein er-    mischten erneuerbaren Kraftstoffen, wie FAME/HVO oder
höhter Forschungsbedarf notwendig.                          Diesel-Ethanol-Kraftstoffe).

Ein weiteres zukünftiges Handlungsfeld ist die Entwick-     Weitere in den Akteursgruppen mit unterschiedlicher
lung von Standards für Second Life von Batterien. Themen    Priorität diskutierte Optionen sind beispielsweise Metha-
sind hier die Konformitätsbewertung der Antriebsbatterien   nol und darauf basierende Derivate wie OME (Oxymethyl-
von Elektrostraßenfahrzeugen für den Einsatz in stationä-   enether) oder MTG (Methanol to Gasoline).
ren Anwendungen und beispielsweise die Bewertung der

                                                                                                                         13
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

     HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR WASSERSTOFF                         Im Rahmen der Power-Quality-Vorgaben (vergleiche Nor-
                                                                   menreihe IEC 61000) ist außerdem zu prüfen, ob die bis-
     Eine Anpassung der Definition des Wirkungsgrads von           herigen Anforderungen an Verbraucher (Emission von
     Elektrolyseuren ist in der bestehenden Norm (ISO 22734)       Störsignalen einzelner Geräte) und das Immissionsniveau
     wünschenswert. Hintergrund ist, dass verschiedenste Her-      im Netz (kumulierte Effekte) bei einer breiten Marktein-
     steller noch immer Wirkungsgrade unspezifiziert nennen        führung noch zusammenpassen.
     und somit nicht nachvollziehbar ist, ob es sich um Zell(DC-
     Ebene)- oder Systemwirkungsgrade (inklusive Trafo zum         Im Bereich der batterieelektrischen Nutzfahrzeuge ist aus
     Beispiel zum Mittelspannungsnetz) handelt.                    aktueller Sicht die Notwendigkeit einer Normung höherer
                                                                   Ladeleistungen gegeben. Insbesondere für schwere Lkw
     Das von der gemeinsamen Technologieinitiative für Brenn-      im Fernverkehr sind die Entwicklung und Normung eines
     stoffzellen und Wasserstoff (FCH 2 JU) geförderte EU-Pro-     neuen Steckers notwendig, der die geforderte Ladeleistung
     jekt PRHYDE entwickelt Wasserstoff-Befüllprotokolle für       abdecken kann. Hiermit gehen gegebenenfalls auch andere
     Heavy-Duty-Anwendungen und weitere Aktivitäten im Be-         Anforderungen an den Netzanschluss und an Sicherheits-
     reich der Standardisierung. Dazu zählen der Betankungs-       vorkehrungen einher. Erste Normungsaktivitäten sind dazu
     prozess sowie ein Betankungsprotokoll für Wasserstoff/        bereits gestartet. Darüber hinaus sollte das Gesamtsystem
     Brennstoffzellen-Lkw. Auf dem Plenartreffen des Tech-         der elektrischen Energieübertragung hin zum Nutzfahr-
     nischen Komitees ISO/TC 197 Wasserstofftechnologie im         zeug normativ betrachtet werden. Dazu zählen beispiels-
     Dezember 2019 wurde ein Normungsantrag zum Thema              weise Aspekte wie die Anordnung der elektrischen Infra-
     „High Flow Hydrogen Fueling Protocol for Heavy Duty Ap-       struktur, die Ausgestaltung von Parkbuchten für Lkw oder
     plications“ vorgeschlagen. Eine daraus sich ergebende in-     eine Sicherstellung des Wetterschutzes.
     ternationale Normungsaktivität sollte von deutscher Seite
     Unterstützung finden.                                         HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE KOMMUNIKATION
                                                                   MIT FACHAKTEUREN
     Sobald bei ISO die bestehenden Normen für Flüssig-
     wasserstoff (LH2) (ISO 13984, ISO 13985) überarbeitet         Ein einheitliches Verständnis von Anwendung und Umfang
     werden, ist eine Unterstützung in den ISO-Gremien hilf-       der Standards und Normen sowie deren Nachhaltigkeit ist
     reich und wünschenswert.                                      unter den relevanten Fachakteuren aufgrund der Vielzahl
                                                                   und Komplexität der vorhandenen Standards und Normen
     Die Weiterentwicklung der Sicherheitsanforderungen im         nicht automatisch gegeben. Dies erschwert eine flächen-
     Rahmen der GTR 13 Phase II sollte begleitet und voran-        deckende und einheitliche Anwendung der Standards und
     getrieben werden. Insbesondere die Aufnahme der Con-          Normen, die Interoperabilität und Benutzerfreundlichkeit
     formable Tanks in diese Regulierung bietet das Potenzial,     sicherstellen sollen. Im Bereich der Elektromobilität ist
     H2-Speichersysteme in bestehende Batteriefahrzeugarchi-       beispielsweise ein Großteil der Basisanforderungen an den
     tekturen zu integrieren, und ist damit ein wichtiger Ena-     Betrieb und das Laden von Elektrofahrzeugen adressiert.
     bler für die Wasserstofftechnologie im Pkw. Die Schaffung     Diese müssen aber um die Aspekte der Bewertung der
     einer Zulassungsgrundlage für entsprechende Tanksyste-        Nachhaltigkeit ergänzt werden.
     me sollte daher für die Arbeiten im ISO/TC 197 unterstützt
     werden.                                                       Standardisierungsaktivitäten zu den Themen „Verständ-
                                                                   lichkeit“, „Transparenz“ und „einheitliche Anwendungen
     HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR ELEKTRISCHE ENERGIE                 von Standards und Normen“ im Bereich der Elektromo-
                                                                   bilität sollten daher zügig initiiert werden. Darin soll im
     Netzanschlüsse und Anschlusstechnik sind weitgehend           Sinne einer Use-Case-Beschreibung eine anschauliche und
     standardisiert. Elektrofahrzeuge sind aus Netzsicht Ver-      verständliche Anleitung für Städte und Gemeinden, aber
     braucher beziehungsweise im Fall des bidirektionalen          auch für öffentliche Einrichtungen und Unternehmen, er-
     Ladens Prosumer. Allerdings ist die Leistungsaufnahme         stellt werden, wie normative Anforderungen praktisch
     der Elektrofahrzeuge erheblich und damit sind auch die        umgesetzt werden können. Dementsprechende Standar-
     möglichen Auswirkungen der Ladevorgänge auf die Span-         disierungsaktivitäten sind auch für andere Verkehrsarten
     nungsqualität zu berücksichtigen. Eine weitergehende          und -bereiche zu formulieren, damit eine Kommunikation
     Standardisierung und Normung der Ladetechnik in Bezug         zur Vergleichbarkeit verschiedener Systeme sichergestellt
     auf Phasensymmetrie, Rampenverhalten, Lastsprünge             werden kann.
     auch während der Ladephasen (in Anlehnung an DIN EN
     50549-1) ist notwendig.

14
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT      AG 6

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE KOMMUNIKATION                   HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE TECHNISCHE
MIT VERBRAUCHER:INNEN                                         KOMMUNIKATION

Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit durch die Verbrau-     Verbraucher:innen benötigen differenzierte Informatio-
cher:innen wird ein einfach verständliches und standardi-     nen zum Stromverbrauch und dem technischen Zustand
siertes Bewertungssystem (zum Beispiel als Ampelsystem        ihres Elektrofahrzeugs. Für diese fehlen standardisier-
oder grafische Darstellung, die einen Vergleich ermöglicht)   te Verbrauchsdaten, zum Beispiel einheitliche Angaben
benötigt. Die Nachhaltigkeit sollte so weit wie möglich mit   an Ladestationen, die Angabe des Energieverbrauchs und
einfachen Symbolen und beispielsweise einer Farbkennung       des Ladezustands (State of Charge) sowie Angaben über
für Wirkgrößen dargestellt werden. Die Herausforderung        Wandlungsverluste beim Laden. Ein Standardisierungs-
ist dabei die Ermittlung einiger weniger Wirkgrößen (oder     oder Normungsprojekt, das Mess- und Bewertungsverfah-
im Idealfall einer Wirkgröße), die die Komplexität der ver-   ren für verbindliche, standardisierte Verbrauchs- und Effi-
schiedenen beteiligten Produkte und Technologien über         zienzdaten festlegt, sollte daher zeitnah gestartet werden.
deren jeweilige Lebenszyklen abbilden. Ein weiterer Aspekt
ist, dass das Verfahren zur Bestimmung dieser Wirkgröße       Im Zusammenspiel verschiedener Anwendungssysteme
so gestaltet werden muss, dass in Zukunft neue Techno-        (zum Beispiel für die Bereiche der Fahrzeuge oder Sekun-
logien (beispielsweise Antriebstechnologien, Herstellung      därspeicher) wird der Austausch von Informationen zum
von Kraftstoffen, Energiespeichersysteme etc.) in die Be-     Zustand und zu den Schnittstellen von Komponenten be-
wertung einbezogen werden können. Dies stellt hohe An-        nötigt, die über verschiedene Technologiebereiche hinweg
forderungen an die Agilität der Standardisierungsverfahren    standardisiert werden müssen, beispielsweise für den
für das Bewertungssystem.                                     State of Health von Batterien.

Im Kontext der Verbraucherkommunikation ist die Um-           Für einen Dokumentationsnachweis der Nachhaltigkeit
setzung der Nachhaltigkeit durch eine harmonisierte, ver-     ist ein einheitlicher Standard notwendig. Dieser sollte die
schiedene Verkehrssysteme integrierende Human Machine         Daten (zum Beispiel Zeitpunkt, Sender, Empfänger und
Interaction (HMI) zu betrachten. Ein dringender Hand-         Inhalt) anwendungsübergreifend festlegen und regeln,
lungsbedarf ergibt sich beispielsweise beim Laden von         welche Daten gespeichert, weitergegeben, welche nur an-
Elektrofahrzeugen. Aktuell sind zu viele Anwendungen und      onymisiert weitergegeben und welche konsolidiert als Be-
unterschiedliche Bedienoberflächen an den Ladeeinrich-        standteil integrierter Informationen bereitgestellt werden
tungen in Betrieb, die ein einfaches, transparentes und in-   sollten.
tuitives Benutzererlebnis erschweren. Insbesondere durch
eine Harmonisierung der HMI kann eine Akzeptanzsteige-        Bei der Abrechnung der Einzelladevorgänge von Elektro-
rung auf Verbraucherseite herbeigeführt werden. Hierzu        fahrzeugen liefern die Roaming-Anbieter ihre Daten aktuell
sollte ein Standardisierungsprojekt gestartet werden.         in uneinheitlichen Medien- und Datenformaten aus, was
                                                              dazu führt, dass die entsprechenden Datensätze manuell
Eine einheitliche Vorgehensweise wäre auch für zukünfti-      eingepflegt werden müssen. Im Sinne einer medienbruch-
ge Plug&Charge-Anwendungen wünschenswert. Im Rah-             freien und transparenten Kommunikation wäre es hilfreich,
men der internationalen Normreihe ISO 15118 werden die        einen idealerweise europäischen Standard zu etablieren,
Nutzung und Autorisierung eines öffentlich zugänglichen       der ein sicheres, standardisiertes und maschinenlesbares
Ladepunkts enorm vereinfacht, da die Zugangsdaten (Ver-       Datenformat zum Austausch der Ladedaten zwischen ver-
tragsinformationen oder Kreditkarten, Bankdaten, PayPal-      schiedenen Roaming-Plattformen, den Ladestationsbe-
Konto etc.) im Fahrzeug-Infotainmentsystem hinterlegt         treibern (Charging Service Operator, CSO) und den Elek-
sind. Ähnlich einfach kann bei vielen Ladepunkten heute       tromobilitätsdienstleistern (E-Mobility Service Provider,
schon beim Ad-hoc-Zugang mit dem Smartphone agiert            EMSP) ermöglicht.
werden. Eine praxisgerechte Vereinfachung der Abrech-
nungsmodalitäten wäre dabei wünschenswert.

                                                                                                                             15
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

      2.2 INTELLIGENTES LASTMANAGEMENT

     Die vollständige Schwerpunkt-Roadmap finden Sie hier:
     www.plattform-zukunft-mobilitaet.de/wp-content/uploads/2020/05/NPM-AG-6-Schwerpunkt-Roadmap-Automati-
     siertes-und-vernetztes-Fahren.pdf

16
STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT       AG 6

                                                            einheitlicher Schnittstellen in den Blick zu nehmen. Dies
                                                            soll den interoperablen Informationsaustausch zwischen
                                                            verschiedenen Systemen gewährleisten und bildet damit
                                                            eine wichtige Säule für eine Mobilität der Zukunft. Ein zen-
                                                            trales Element in der Betrachtung zum intelligenten Last-
                                                            management sind die Themen „Kundenfreundlichkeit“ und
                                                            „Nutzeranpassung“. Nur wenn es gelingt, die Regelungen
                                                            so zu treffen, dass der Komfort der Nutzer:innen nicht ein-
                                                            geschränkt wird, kann die Elektromobilität eine flächende-
                                                            ckende Akzeptanz gewinnen.

                                                            Weiterer Standardisierungsbedarf besteht bei der Kommu-
                                                            nikation zwischen Ladestation und dem Ladestationsbe-
                                                            treiber. Der Austausch von Informationen im Hinblick auf
EINLEITUNG                                                  Lastmanagement kann zahlreiche Daten vor, während und
                                                            nach dem Ladevorgang umfassen. Um Lastmanagement
von Dr. Ralf Petri,                                         möglichst wirtschaftlich, effizient und kundenfreundlich
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informations-     zu betreiben, ist ein Informationsaustausch bezüglich des
technik e. V., Bereichsleiter Mobilität                     Ladevorgangs sehr hilfreich, bevor das Fahrzeug den Lade-
                                                            punkt erreicht. Dazu werden verschiedene Schnittstellen
Die Zulassungszahlen für Elektrofahrzeuge, die Vielzahl     benötigt, um ein ganzheitliches und interoperables System
der angebotenen Modelle und vor allem die schnell wach-     zu schaffen. Aktuell ist im Hinblick auf die Vorbereitung
sende Anzahl an Ladepunkten dokumentieren den Umstieg       des Ladevorgangs noch keine Standardisierungs-/Nor-
auf Elektromobilität. Das Stromnetz in Deutschland steht    mungsaktivität vorhanden.
mit dieser einsetzenden Entwicklung, die in einen Massen-
markt Elektromobilität mündet, vor einer enormen Her-       Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik sollten die
ausforderung. Neben der erhöhten Nachfrage zeichnet sich    Handlungsempfehlung als strategische Orientierung be-
auch auf der Anbieterseite eine Steigerung der Ansprüche    trachten, um ein koordiniertes Vorgehen zur Umsetzung
an die Leistungsfähigkeit des Stromnetzes ab, durch die     eines intelligenten Lastmanagements zu initiieren. Da-
notwendige Integration von erneuerbaren Energiequellen      durch kann ein wesentlicher Beitrag zu einer stabilen und
und dezentraler Stromerzeugung.                             sicheren Stromversorgung in Deutschland geleistet und die
                                                            Integration von Elektromobilitätslösungen in das Strom-
Hohe punktuelle Netzbelastungen können zu einer Über-       netz sichergestellt werden.
lastung einzelner Netzstränge und Netzbetriebsmittel,
insbesondere im Bereich der Nieder- und Mittelspannung,
führen, sofern keine geeigneten Maßnahmen getroffen         HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN AUS DER
werden. Neben dem klassischen und kostenintensiven          SCHWERPUNKT­ROADMAP (AUSWAHL)
Netzausbau wird daher zukünftig die gezielte und intelli-
gente Steuerung des Leistungsbezugs innerhalb der Ver-      HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR
teilnetze eine entscheidende Rolle im Stromnetz spielen.    LEISTUNGSMANAGEMENT

Mit einem intelligenten Lastmanagement kann die zur         Das Thema „Leistungsmanagement“ wird bereits durch
Verfügung stehende Leistung so verteilt werden, dass        technische Arbeitskreise unterhalb des Gremiums DKE/
Überlasten vermieden und dennoch möglichst viele Nut-       K353 Elektrostraßenfahrzeuge adressiert. Auf dieser Basis
zer:innen optimal versorgt werden. Dieses Leistungsma-      sollen sowohl nationale als auch internationale Normungs-
nagement funktioniert in Kombination mit einem Energie-     projekte unverzüglich gestartet werden.
management, mit dem ein bezugs- und tarifoptimierter
Betrieb organisiert werden kann. Erste technische Lösun-    Priorisiert soll zunächst die Schnittstelle für das Leis-
gen für ein intelligentes Lastmanagement sind mittlerwei-   tungsmanagement national standardisiert werden. Zeit-
le am Markt verfügbar.                                      gleich soll die internationale Normungsarbeit für das
                                                            Leistungs- und Energiemanagement bei unidirektionalem
Nun gilt es, mit den wachsenden Herausforderungen über      Energiefluss initiiert werden. Auf dieser Basis soll im An-
neue Standards und Normen den Ausbau und die Definition

                                                                                                                            17
AG 6   STANDARDS UND NORMEN FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT

     schluss die Erweiterung für den bidirektionalen Energie-      greifendes Flotten- und Fuhrparkmanagement erlaubt. Die
     fluss erfolgen.                                               Bereitstellung von personellen Ressourcen in den genann-
                                                                   ten Gremien durch Unternehmen und Wissenschaft, zum
     Hierbei ist zu beachten, dass Steuerungsmöglichkeiten         Beispiel zur Implementierung von Prototypen, ist notwen-
     zum Laden von Elektrofahrzeugen, im Sinne der Kommuni-        dig und muss alle Interessengruppen abdecken.
     kation zwischen Fahrzeug und Ladestation, bereits in den
     Normen IEC 61851-1 und ISO 15118 beschrieben sind und         HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR STANDARD­SCHNITT­
     dort weiterentwickelt werden. Die kommende ISO 15118-         STELLE FÜR DIE STEUERUNG DURCH DEN NETZBETREIBER
     20 beschreibt unter anderem die Möglichkeiten zum bi-
     direktionalen Energiefluss. Diese Normen sind bei der zu      Es besteht weitergehender Normungsbedarf mit der fol-
     standardisierenden LIL-Schnittstelle zu berücksichtigen.      genden Priorisierung: Höchste Priorität besteht beim Leis-
                                                                   tungsmanagement. Energiemanagement und bidirektio-
     Die Bereitstellung von personellen Ressourcen in den ge-      naler Energiefluss sollen unmittelbar danach behandelt
     nannten Gremien durch Unternehmen und Wissenschaft            werden. Entsprechend den vorherigen Ausführungen ist
     sowie die politische Positionierung zur Förderung aus-        das Thema „Schnittstelle für das Leistungsmanagement“
     schließlich leistungs- und energiemanagementfähiger La-       bereits durch technische Arbeitskreise des VDE-FNN adres-
     deinfrastruktur sind entscheidend für die Geschwindigkeit     siert. Die erste Spezifikation wurde Ende 2020 abgeschlos-
     der Standardisierung und damit der Etablierung sicherer       sen und veröffentlicht. Die weitergehenden Spezifikatio-
     und interoperabler Lösungen.                                  nen der digitalen Schnittstelle werden Schritt für Schritt
                                                                   vorgenommen.
     Für den bidirektionalen Energiefluss sind neben Fragen
     zum Lastmanagement insbesondere Fragen zur elektroni-         Handlungsempfehlungen für Vorbereitung Ladevorgang
     schen Sicherheit zu priorisieren. Der frühzeitige Start der
     Entwicklung mit entsprechend schnellerer Finalisierung        Eine Standardisierung/Normung der Schnittstellen zwi-
     der Aktivitäten bedarf gegebenenfalls weiterer Ressour-       schen EMSP, CSO und Fahrzeug sowie die auszutauschen-
     cen. Dies gilt entsprechend auch für die anderen Themen-      den Parameter, die für die beschriebenen Anwendungsfälle
     felder der Schwerpunkt-Roadmap.                               benötigt werden, sind im Zeitraum bis 2027 beziehungs-
                                                                   weise 2030 (für bidirektionalen Energiefluss) erforderlich.
     HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR KOMMUNIKATION
     ZWISCHEN LADESTATION MIT DEM CSO­BACKEND                      HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR STANDARD­SCHNITT­
                                                                   STELLE CSO­EMSP
     Die DIN EN IEC 63110/VDE 0122-110-1 Protokoll zum
     Management von Lade- und Entladeinfrastruktur für             Die IEC 63119 berücksichtigt zum aktuellen Stand vor-
     Elektrofahrzeuge definiert bereits die abstrakte Kommu-       nehmlich Anwendungsfälle ohne jeglichen Bezug zum
     nikation einer Ladestation mit einem lokalen oder zentra-     Thema „Energiemanagement“. Aus diesem Grund besteht
     len Energiemanagementsystem, nimmt aber noch kei-             Handlungsbedarf im Hinblick auf die Normung und Stan-
     ne Vereinheitlichung der konkreten Kommunikation vor.         dardisierung einer Lastmanagementschnittstelle zwischen
     Aus diesem Grund besteht zusätzlicher Normungs- und           CSO und EMSP.
     Standardisierungsbedarf.
                                                                   Die Funktionalitäten bezüglich der Überwachung und Be-
     Die Funktionalitäten bezüglich der Überwachung und Be-        einflussung der Lade- und Entladeleistung inklusive der
     einflussung der Lade- und Entladeleistung inklusive der       damit einhergehenden Tarifinformationen, Prioritäten und
     damit einhergehenden Tarifinformationen, Prioritäten und      Statusinformationen sollten bei der zukünftigen Normung
     Statusinformationen sollten bei der zukünftigen Normung       und Standardisierung Berücksichtigung finden. Mithilfe
     und Standardisierung Berücksichtigung finden. Insbeson-       dieser Funktionalitäten kann zukünftig ein standardisier-
     dere Eingriffe in den Ladevorgang und Leistungsanpassun-      tes und interoperables Lastmanagement im Sinne des Leis-
     gen über die LIL sollen über die Schnittstelle dem CSO-       tungs- und Energiemanagements erreicht werden, das nicht
     Backend bekannt gemacht werden.                               zuletzt auch ein verbessertes ladevorgangsübergreifendes
                                                                   Flotten- und Fuhrparkmanagement erlaubt.
     Mithilfe dieser Funktionalitäten kann zukünftig ein stan-
     dardisiertes und interoperables Lastmanagement im Sinne
     des Leistungs- und Energiemanagements erreicht werden,
     das nicht zuletzt auch ein verbessertes ladevorgangsüber-

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