STELLUNGNAHME DES BUNDESVERBANDES DER UNTERNEHMENSJURISTEN E.V. ZUM REFERENTENENTWURF EINES GESETZES ZUR FÖRDERUNG VERBRAUCHERGERECHTER ANGEBOTE ...

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STELLUNGNAHME
                    DES
BUNDESVERBANDES DER UNTERNEHMENSJURISTEN E.V.
                    ZUM
             REFERENTENENTWURF
                    EINES
GESETZES ZUR FÖRDERUNG VERBRAUCHERGERECHTER
   ANGEBOTE IM RECHTSDIENSTLEISTUNGSMARKT

    DURCH DIE BUJ-FACHGRUPPE BERUFSRECHT
Bundesministerium der Justiz
        und für Verbraucherschutz
        11015 Berlin

        ausschließlich per E-Mail
        pglt@bmjv.bund.de und
        kaul-ra@bmjv.de
        Berlin, 7. Dezember 2020

        Verbändeanhörung zum RefE Rechtsdienstleistungsmarkt

        Sehr geehrte Damen und Herren,

        Sie haben uns mit Schreiben vom 2. November 2020 den Referentenentwurf Ihres Hauses zum
        geplanten „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden
        Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der
        rechtsberatenden Berufe“ (RefE Berufsausübungsgesellschaften; Bearbeitungsstand: 29.10.2020)
        übermittelt und uns Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Entwurf gegeben.

        Diese Gelegenheit nehmen wir gerne wahr und übersenden Ihnen anliegende Stellungnahme des
        Bundesverbandes der Unternehmensjuristen, verfasst von der BUJ-Fachgruppe Berufsrecht.

        Bei Rückfragen dazu stehen wir gerne zur Verfügung.

        Mit freundlichen Grüßen

        Andreas Dietzel                                                             Inga Vogt
        Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt

        Mitglied des BUJ-Gesamtvorstands und                                        BUJ-Hauptstadtrepräsentantin
        Leiter der BUJ-Fachgruppe Berufsrecht

Bundesverband der                        Präsident: Götz Kaßmann                                                Bankverbindung:
Unternehmensjuristen e.V.                Vizepräsidenten: Dr. Claudia Junker, Dr. Alexander Gommlich            Commerzbank Frankfurt
Hauptstadtrepräsentanz                   Schatzmeister: Dr. Timo Hermesmeier                                    IBAN: DE93 5004 0000 0585 4153 00
Friedrichstr. 94, 6. OG | 10117 Berlin   Beisitzer: Dr. Karsten Hardraht, Dr. Peter Hennke, Dr. Andreas         BIC:                     COBADEFFXXX
www.buj-verband.de                       Liepe, Dr. Marion Welp, Dr. Friederike Rotsch, Dr. Ingo Schaffernak,
                                         Dr. Hilka Schneider, Solms U. Wittig                                   BUJ Mitgliederverwaltung
Erfüllungsort und Gerichtsstand:                                                                                Toulouser Allee 27 | 40211 Düsseldorf
Frankfurt am Main                                                                                               Tel.: 0211 887-3683
Ust-IdNr.: DE279369733                                                                                          mitgliederverwaltung@buj-verband.de
Vereinsregister Nr.: VR 14631
BUJ-Stellungnahme

im Rahmen der Verbändeanhörung zum geplanten

Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt

(RefE Rechtsdienstleistungsmarkt; Bearbeitungsstand: 06.10.2020)

durch die Fachgruppe Berufsrecht

Zum Verband

Der Bundesverband der Unternehmensjuristen e.V. (BUJ) ist die größte und älteste
Interessenvertretung des Berufsstandes der Unternehmensjuristinnen und Unternehmensjuristen in
Deutschland. Er ist die Stimme der Syndikusrechtsanwältinnen und Syndikusrechtsanwälte

Die Mitglieder des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen arbeiten an der Schnittstelle zwischen
Rechtsordnung und Wirtschaft in den Rechtsabteilungen von Unternehmen, Verbänden und anderen
Institutionen.

Der BUJ greift aktuelle Themen auf bündelt die Expertise seiner Mitglieder und verschafft ihnen in
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Gehör. Der juristischen Fachverband arbeitet branchen- und
industrieübergreifend und hat sich durch die hohe Fachexpertise und mannigfaltige Praxiserfahrung
seiner Mitglieder als angesehener Ansprechpartner für Politik und Medien etabliert.

Zum RefE Rechtsdienstleistungsmarkt
Der Referentenentwurf Rechtsdienstleistungsmarkt steht im engen Zusammenhang mit der
berufsrechtlichen Regulierung von Legal Recht-Dienstleistungen und flankiert den Entwurf eines
Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden
Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der
rechtsberatenden Berufe (RefE Berufsausübungsgesellschaften; Bearbeitungsstand: 29.10.2020), zu
dem der BUJ im Rahmen der Verbändeanhörung gesondert Stellung nimmt.

    1. Der BUJ begrüßt die Deregulierung

Der BUJ unterstützt die vorsichtige Deregulierung des anwaltlichen Berufsrechts und die kohärente
Gleichstellung der Erfolgshonorare bei Rechtsdienstleistungen mit denen von Inkassodienstleistungen.
Damit wird zumindest partiell der Flucht in die Inkassolizenz begegnet und der Zugang zum Recht
quantitativ und qualitativ ausgebaut. Dies ist nicht zuletzt unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu
begrüßen.

    2. 2000 Euro-Grenze plausibel, aber vermutlich zu zaghaft

Auch wenn Massestreitverfahren oftmals einen Streitwert von mehr als 2.000 Euro haben, erscheint die
in § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVG-RefE vorgeschlagene 2.000 Euro-Grenze für die Vereinbarung von
Erfolgshonoraren aus Verbrauchersicht auf den ersten Blick auch unter Kohärenzgesichtspunkten
nachvollziehbar, da die durchgeführten Studien laut Referentenentwurf bewiesen haben, dass bis zu
diesem Schwellenwert das rationale Desinteresse an der Rechtsverfolgung überwiegt.
Aus Anwaltssicht sind die aufgerufenen Gegenstandswerte aber vermutlich noch zu gering, um
wirtschaftlich tragfähige (Legal-Tech-) Geschäftsmodelle anbieten zu können. Denn Rechtsanwälte
müssen bei der Entwicklung solcher Geschäftsmodelle zusätzlich die berufsspezifischen Anforderungen
(Conflict Check etc.) abbilden. Diese Investition lohnt sich aber nicht, wenn eine Vielzahl von
potenziellen Mandaten nicht angenommen werden können, weil der Streitwert über der 2000 Euro-
Grenze liegt.

Denn auch im Übrigen verbleibt es für Rechtsanwälte bei der eingeschränkten Möglichkeit
der Erfolgshonorarvereinbarung, wie sie bereits jetzt in § 4a Abs. 1 RVG möglich ist. Hieran vermag auch
die Streichung der "wirtschaftlichen Verhältnisse" i.S.d. jetzigen § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG hin zu einer
teleologischen generalisierenden Betrachtung im Referentenentwurf keine Erleichterung zu
verschaffen. Denn ausschlaggebend bleibt bei der Einzelfallbetrachtung unter verständiger Würdigung
aller Umstände, dass der Auftraggeber andernfalls von der Vereinbarung eines Erfolgshonorars
abgesehen hätte. Damit besteht die beweisrechtliche Hürde auch in § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG-RefE
bezüglich dessen Prüfungs- und Begründungsaufwand für den Rechtsanwalt fort.

Aus den vorgenannten Punkten erscheint der Referentenentwurf in der Anwendung in Bezug auf den
für Rechtsanwälte interessanten Bereich sehr schwerfällig. Hier wäre es möglicherweise vorzugswürdig,
die Einzelfallbetrachtung für die Erfolgshonorare nach § 4a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 RVG-RefE in Gänze
aufzugeben, um somit die generelle Möglichkeit Erfolgshonorare zu vereinbaren, zu eröffnen. Auch
wäre man auf diese Weise von der Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale, namentlich,
dass der Mandant andernfalls keine Rechtsverfolgung versucht hätte, befreit.

    3. Anwaltliche Unabhängigkeit ist Argument für die Zulassung von Erfolgshonoraren

Aus Sicht des BUJ stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die Vereinbarung eines Erfolgshonorars
tatsächlich die anwaltliche Unabhängigkeit in nicht hinnehmbarer Weise gefährdet und welche
Schlussfolgerungen hieraus konsequenter Weise für das Erfolgshonorar von Inkassodienstleistern zu
ziehen wären.

Zunächst erschließt sich dem BUJ nicht, weshalb ausgerechnet Rechtsanwälte als Organ der
Rechtspflege nicht oder weniger als sonstige Inkassodienstleister in der Lage sein sollen, dem schnöden
Mammon zu widersagen. Umgekehrt ist nicht nachvollziehbar, dass ein nach RDG kaum regulierter
Inkassodienstleister Erfolgshonorare vereinbaren darf, der berufsrechtlich streng regulierte
Rechtsanwalt trotz Beachtung der anwaltlichen Unabhängigkeit bei Erteilung seines Rechtsrats
hingegen nicht bzw. perspektivisch nur bei kleinen Streitwerten, die sich in der Gesamtkalkulation
wirtschaftlich vermutlich nicht tragen werden.

Aus Unternehmenssicht besteht jedenfalls ein Interesse daran, auch und gerade Rechtsanwälte mit
kleinteiligen, aber häufig wiederkehrenden Mandaten beauftragen zu können. Dies insbesondere im
Hinblick auf automatisierte Rechtdienstleistungen (Legal Tech). Denn zur Bewältigung / Bearbeitung von
massenhaften Ansprüchen müssen die Unternehmen dem Dienstleister eine Vielzahl von
Unternehmensdaten zur Verfügung stellen, Schnittstellen einrichten etc.

Nicht zuletzt zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses müssen die Unternehmen dabei besonderes
Augenmerk auf die Person des Dienstleisters einschließlich dessen Sub-Dienstleister sowie dessen
technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen legen. Die Tatsache, dass Rechtsanwälte
berufsrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (§ 43a BRAO, 203 StGB) und zum Schutz des
Mandatsgeheimnisses angemessene personelle, technische und organisatorische Maßnahmen zu
ergreifen haben (§ 2 BORA), ist also durchaus von Bedeutung.
Daher sollten aus Unternehmensperspektive bei der Auftragsvergabe gerade die sog. „core values“ der
Anwaltschaft, namentlich das anwaltliche Verschwiegenheitsrecht, das Verbot der Vertretung
widerstreitende Interessen und eben das Gebot der anwaltlichen Unabhängigkeit eine Rolle spielen
können. So verstanden ist das Gebot der anwaltlichen Unabhängigkeit eher ein Argument für als gegen
die Zulassung von Erfolgshonoraren.

Die hohen berufsrechtlichen Standards und die hohe Qualität anwaltlicher Dienstleistungen wird
perspektivisch dazu führen, dass die Qualität der am Markt angebotenen Inkassodienstleistungen
insgesamt steigt, die qualifizierte Rechtsberatung durch Rechtsanwälte kostengünstiger wird und
insgesamt der Zugang zum Recht verbessert wird.

Im Ergebnis streiten aus Sicht des BUJ keine durchgreifenden Gründe, den Rechtsdienstleistungsmarkt
dahingehend berufsrechtlich zu deregulieren, dass zwischen Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern
unter Wettbewerbs- und Kohärenzgesichtspunkten weitestgehende Waffengleichheit hergestellt wird.
Sollte die 2000 Euro-Grenze beibehalten werden, empfiehlt der BUJ im Rahmen der Evaluation des
Gesetzes zu überprüfen, ob die anwaltliche Unabhängigkeit unter der Zulassung von Erfolgshonoraren
tatsächlich leidet.
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