Strategien zur Starkregenvorsorge - Ein Handlungskonzept für Ludwigshafen - Stadt Ludwigshafen
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2 Strategien zur Starkregenvorsorge in Ludwigshafen 3 Die Beantwortung zweier Kernfragen bildet im Hinblick auf eine effiziente Unter Federführung der Stadtentwässerung Ludwigshafen wurde ein Überflutungsvorsorge die Basis für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt Arbeitskreis zur „Überflutungsvorsorge“ eingerichtet. Ziel dieser dezer- Ludwigshafen. nats- und fachbereichsübergreifenden Gruppe, der auch externe Stellen • Wie lassen sich die bereits beobachteten und nach den Zukunftsprojek- angehörten, war es, geeignete Strukturen, Prozesse und Methoden einer tionen vermehrt zu erwartenden Wetterextreme durch klimaangepasste koordinierten Überflutungsvorsorge in das Handeln der Stadtverwaltung Planung berücksichtigen? einzuführen und zu optimieren. • Und wie können dabei alle Akteure*innen vor Ort – im öffentlichen und privaten Bereich – angesprochen, in Abwägungs- und Entscheidungs- infrastruktur- gewässer- flächen- objekt- verhaltens- bezogene bezogene bezogene bezogene bezogene prozesse eingebunden und in ihrem Handeln sensibilisiert werden? Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen dezentrale Öffentlichkeitsarbeit Wassersensitive Entschärfung von risikoangepasste Regenwasser- und Stadt-/Bauleitplanung Abflusshindernissen Gebäudegestaltung bewirtschaftung Risikokommunikation Es liegt auf der Hand, dass die im Zusammenhang mit dem Klimawandel angepasste Wegegestaltung/ Schaffung von Retentionsorientierte technisch- konstruktiver Anpassung/ Optimierung von Retentionsräumen Land-/Forstwirtschaft -entwässerung beobachteten beziehungsweise zu erwartenden Extremwetterphänomene Überflutungsschutz Verwaltungsabläufen Optimierung der Abflussrückhalt (Sturm, Starkregen, Hitze) nicht beherrscht werden können, ihre Folgen sich Schaffung von Notwasserwegen Gewässer- außer-/ innerhalb der Verbesserung der Abflussverhältnisse Alarm- und Einsatzpläne unterhaltung Bebauung jedoch abmindern und Schäden reduzieren lassen. Die folgerichtige Entwick- Multifunktionale Verbesserung von Freihaltung von Elementarschaden- Einrichtung von lung geeigneter Anpassungsstrategien an den Klimawandel ist stadtweit zu Nutzung von Freiflächen Bauwerks- konstruktionen Gefährdungs- bereichen versicherung Frühwarnsystemen „denken“ und lässt sich damit letztendlich nur als Gemeinschaftsaufgabe kanalnetzbezogene Maßnahmen bewältigen. Bewirtschaftung Ausbau und Optimierung des Abflussrückhalt und Einleitmengen- Konstruktive Optimierung von Optimierung von Wartung, Funktions- Kanalnetzkapazitäten Kanalnetzes begrenzung Bauwerken/ Anlagen pflege und Betrieb 2 [aus: DWA-M 119, Bild 18 – Maßnahmenkategorien zur Überflutungsvorsorge] Stadtplanung Politik Umwelt-, Grünflächen- Zur Erstellung eines belastbaren Handlungskonzepts für die Stadt Ludwigs- planung hafen fanden insgesamt zehn Arbeitssitzungen und diverse Nachbespre- chungen statt. Kommunale Hierbei wurden die im Anwendungskontext lokaler Starkregen und urbaner Einsatz- u. Überflutungs- Rettungskräfte vorsorge Straßenbau Sturzfluten stehenden Themenfelder in Anlehnung an das Merkblatt M 119 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) „Risikomanagement in der kommunalen Überflutungsvorsorge für Entwässerungssysteme bei Starkregen“ analysiert und mögliche Maßnah- Grundstücks- Stadtent- men beziehungsweise Handlungsoptionen für verschiedene Bezugsebenen eigentümer*in wässerung herausgearbeitet und festgeschrieben. Bauverwaltung, Bauaufsicht
Kanalnetzbezogene Maßnahmen 4 5 Beteiligte: Stadtentwässerung und Straßenbau Bis zu den in den einschlägigen Richtlinien vorgegebenen bemessungsre- Bei Instandsetzungsmaßnahmen werden die Möglichkeiten der konstruk- levanten Regenereignissen hat die Kanalisation eine definierte „Entwässe- tiven Optimierung von Sonderbauwerken bezüglich lokaler hydraulischer rungsleistung“ sicher zu stellen und bildet damit das Fundament urbaner Engpässe geprüft. Eine aktiv gesteuerte Bewirtschaftung verfügbarer Netz- Entwässerungssysteme. kapazitäten kann bei größeren und verzweigten Netzen einen Beitrag zum Oberhalb dieses Bemessungsniveaus können im Einzelfall gezielte Ausbau- Überflutungsschutz darstellen, welcher allerdings in Ludwigshafen wegen und Optimierungsmaßnahmen an hydraulisch relevanten Netzteilen zu einer der starken Vermaschung der sehr flachen Kanalisation vernachlässigbar Verbesserung des Überflutungsschutzes beitragen. gering ist. Auf Basis der Bemessungsre- Die Notwendigkeit zur Begrenzung von geln der einschlägigen Richtli- Einleitemengen wird im Rahmen des nien ist der Sanierungsbedarf Entwässerungserlaubnisverfahrens auf im Ludwigshafener Kanalnetz Grundlage der Abwassersatzung geprüft, flächendeckend ermittelt um das Kanalnetz vor Überlastungen zu worden. Seine nach Prioritäten schützen. gereihte Abarbeitung erfolgt Für die verlässliche Ableitungskapazität sukzessive entweder im Rah- der Kanalisation ist deren fortwähren- men baulicher Sanierungspro- de betriebliche Unterhaltung auch im jekte oder in Einzelvorhaben. Bereich der Pumpwerke (insbesondere wegen der steigenden Verstopfungsge- fahr infolge des zunehmenden Anfalls von Feuchttüchern) zwingend notwendig. Sanierungsbedarf LU-Gartenstadt Zur Erhöhung der Betriebssicherheit außerhalb der Regelarbeitszeit wurde die In den letzten Jahrzehnten wurde das Kanalnetz der Stadt bereits durch In- bestehende Rufbereitschaft bei der Stad- vestitionsprogramme in neue Hauptsammler und Rückhaltebecken verstärkt tentwässerung ausgeweitet. (beispielsweise Hauptsammler Lagerhausstraße, Becken Sternstraße). Insbesondere begünstigen zugesetzte Straßenabläufe das Eintreten von Überflutungsschäden. Um das Schluckvermögen der Straßenabläufe in erforderlichem Maße zu gewährleisten, wurde das Reinigungsintervall in Ludwigshafen deutlich verkürzt. Bei Straßenbaumaßnahmen werden für die Auslegung der Straßenabläufe zukünftig die gleichen Bemessungsansätze wie für den Kanal zugrunde gelegt. In Straßen mit starkem Baumbestand wird die Anordnung verstopfungsunempfindlicherer Sonderformen (zum Beispiel Seiteneinläufe) geprüft.
Gewässerbezogene Maßnahmen Flächen- und infrastrukturbezogene Maßnahmen 6 7 Beteiligte: Gewässerzweckverband, Landschafts- und Grünplanung Beteiligte: Stadt-, Grün- und Verkehrsplanung, Stadtentwässerung, Grundeigentümer*innen Gewässerbezogene Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge zielen auf eine möglichst gefährdungsmindernde Gewässergestaltung und -unterhaltung Flächenbezogene Maßnahmen erfordern auf planerischer Ebene eine ab. frühzeitige wassersensible Stadt- und Bauleitplanung. Sie sind bei Neu- planungen und Erschließungen in der Regel einfacher umzusetzen als bei Der Beseitigung hydraulischer Engstellen durch Entschärfung von Abfluss- Maßnahmen im Siedlungsbestand. Insbesondere die Freihaltung überflu- hindernissen (Durchlässe, Verrohrungen) kommt hierbei eine besondere tungsgefährdeter Bereiche (unter anderem Geländetiefpunkte) und der Bedeutung zu und wird zukünftig für das Ludwigshafener Gewässersystem Abflussrückhalt können zur Verringerung von Überflutungsrisiken beitra- noch zu prüfen sein. Gleichzeitig kann durch die gezielte Schaffung von gen. Die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung auf Privatgrundstücken Rückhalteräumen eine hydraulische Überlastung eines oder mehrerer (Rückhalt, Versickerung, Verdunstung) kann bei flächiger Umsetzung zur Gewässerabschnitte reduziert werden. Gewässerausbau und Gewässerun- Entschärfung einer lokal bestehenden Überflutungsgefährdung führen. terhalt stehen unter Umständen in Konkurrenz zu Maßnahmen des Gewäs- serschutzes, dienen jedoch vom Grundsatz her ebenfalls der Überflutungs- Infrastrukturbezogene Maßnahmen vorsorge. umfassen im Wesentlichen eine auf die Belange der Überflutungsvor- In Ludwigshafen wurden im Rahmen sorge ausgerichtete wassersensible des Gewässerkonzepts 2020 bereits Verkehrs- und Straßenplanung. mehr als 70.000 m³ Rückhalteräume Hierzu zählen insbesondere die an Gewässern (zum Beispiel Polder gezielte Schaffung von Notwass- Oggersheim-Süd) errichtet und diver- erwegen an der Oberfläche sowie se Grabenabschnitte ausgebaut und die multifunktionale Nutzung von renaturiert (zum Beispiel Mittelgraben Freiflächen. am Bahnhof Oggersheim). Weitere Polder Oggersheim-Süd Maßnahmen sind in Vorbereitung oder in der Umsetzung. Oggersheim, Wingertsgewanne Süd Maudach, Unterer Grasweg Durch die gezielte Anlage und Gestaltung temporärer Ableitungswege und Mittelgraben am Bahnhof Oggersheim Naturnaher Rückhalteraum am Betriebs- Überflutungsbereiche können die schädlichen Auswirkungen von Starkre- punkt Froschlache genabflüssen in der Fläche abgewehrt beziehungsweise gemindert werden. Die Verlagerung des Wassers in einen Bereich mit deutlich geringerem
Schadenspotenzial ist hiermit ebenfalls erreichbar. Durch geeignete konst- 8 9 ruktive Maßnahmen bei besonderen Verkehrsinfrastrukturen lässt sich das Überflutungsrisiko zum Beispiel bei Unterführungen deutlich minimieren. Innerhalb der Stadtverwaltung Ludwigshafen wird die Prüfung der Überflu- tungsvorsorge in die Prozessabläufe der Bauleitplanung, der Straßenbau- sowie der Grünflächenmaßnahmen mit aufgenommen. Bei den Projekten werden die Fachleute der Stadtentwässerung sehr frühzeitig in die Planun- gen mit eingebunden, um ein möglicherweise bestehendes Überflutungsrisi- Die regelmäßige Wartung der Anlagen der Grundstücksentwässerung ist ko darzustellen und Optimierungsmaßnahmen zu erarbeiten. ein nicht zu unterschätzender Aspekt zur Vermeidung von Überflutungs- schäden. Eine unentbehrliche Maßnahme des Objektschutzes gegen erhöhte Wasserstände im Kanalnetz ist eine Rückstausicherung der Grundstücksent- wässerungsanlagen (Rückstauverschluss oder Abwasserhebeanlage). Objektbezogene Maßnahmen Beteiligte: Bauaufsicht, Stadtentwässerung, Grundeigentümer*innen In die vom Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen (WBL) aufgelegte Broschüre zum Schutz vor Kel- Zu den objektbezogenen Maßnahmen der Überflutungsvorsorge zählen kons- lerüberflutungen wurden die aktuellen Belange truktive Maßnahmen zum Schutz gegen eindringendes Wasser an Gebäuden objektbezogener Maßnahmen aufgenommen und und Gebäudeteilen sowie auf Grundstücken. mit Checklisten ergänzt, um den am Bau betei- ligten Personen umfassende Informationen zu dem Thema zur Verfügung zu stellen. Die neue Broschüre „Überflutungsvorsorge bei Starkrege- nereignissen“ findet sich auf der Homepage des WBL; sie kann auch bei der Stadtentwässerung unentgeltlich bezogen werden. Darüber hinaus werden im Rahmen der Baugenehmigungsverfahren von Fachleuten der Stadtentwässerung die Überflutungsrisiken bei den einge- reichten Vorhaben betrachtet. In der fachlichen Stellungnahme wird der Im Rahmen einer wassersensiblen Gebäude- und Grundstücksgestaltung Bauordnung mitgeteilt, wo und wie gegebenenfalls lokalisierte Risiken in (beispielsweise Gefälle vom Haus wegführen) können sie vorwiegend für der Baugenehmigung entsprechende Berücksichtigung finden können. In die Neu- und Umbauprojekte bestmöglich an das Schutzbedürfnis des jeweiligen satzungsrechtliche Entwässerungserlaubnis zum Anschluss an die öffent- Objekts angepasst werden. Durch nachträgliche Maßnahmen des tech- liche Kanalisation wird ergänzend ein Hinweis zur Überflutungsvorsorge nisch-konstruktiven Objektschutzes (zum Beispiel durch den Einbau von aufgenommen. druckdichten Kellerfenstern oder -türen) lässt sich ebenfalls eine effiziente Risikominimierung erreichen.
Verhaltensbezogene Maßnahmen 10 11 Beteiligte: Bürger*innen, Stadtverwaltung, Rettungsdienste Eine allgemeine Sensibilisierung für starkregenbedingte Überflutungsrisiken Nach Angaben des Datenschutzbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz sowie konkrete Informationen zu örtlichen Überflutungsgefährdungen lässt fehlt der Stadtverwaltung auch aus datenschutzrechtlichen Gründen die Er- sich durch eine adäquate Risikokommunikation und Öffentlichkeitsarbeit mächtigung zur Veröffentlichung dieser Karte. Daher wird den Grundstücks- erreichen. Ergänzend informieren Frühwarnsysteme wie die für Smartpho- eigentümer*innen (aber auch Erbpachtnehmer*innen) die Möglichkeit zur nes verfügbaren Unwetterwarnung-Apps „KATWARN“, „NINA“ und „Warn- Beantragung einer unentgeltlichen Auskunft aus der Gefahrenkarte bezüg- Wetter“ über drohende Unwetterlagen und ermöglichen so die Aktivierung lich der sich auf dem Grundstück (rechnerisch) einstellenden Wasserstände kurzfristiger Maßnahmen des Objektschutzes, sofern eine ausreichende gegeben. Vorwarnzeit zur Verfügung steht. Für eine erste Einschätzung der Gefahrenlage hat die Stadtver- waltung auf ihrer Homepage eine Karte der innerhalb des Stadtgebiets bestehenden Mul- KATWARN NINA WarnWetter den/Geländetieflagen veröf- fentlicht. Grundstücks- und Hauseigentümer*innen können eine finanzielle Risiko- vorsorge durch den Abschluss einer Elementarschadenversicherung oder Ferner werden kostenfreie Be- Rücklagenbildung für den Schadenfall treffen. ratungsgespräche von Fach- Auszug aus der Muldenkarte Auf kommunaler Ebene stellen vorbereitete Alarm- und Einsatzpläne für leuten der Stadtentwässerung Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rufbereitschaft der Stadtentwässerung angeboten. Die Stadtverwaltung eine wichtige Grundlage zur Bewältigung von Überflutungen dar. weist auf diese Möglichkeiten im Rahmen einer umfangreichen Öffentlich- keitsarbeit in den Printmedien und den Neuen Medien hin. Für das Stadtgebiet von Lud- wigshafen wurde mit einem Weiterhin konnten und können durch die aktive Mitarbeit in externen Projek- computergestützten Modell ten wie zum Beispiel Difu-Werkstatt „Kommunale Überflutungsvorsorge – eine sogenannte Starkre- Planer im Dialog“ (2/2016-2/2018) und KlimfAb „Netzwerk zur Klimafolgean- gengefahrenkarte erstellt, in passung in der kommunalen Abwasserentsorgung“ (seit 8/2018) und dem welcher die Wassertiefen bei damit einhergehenden fachlichen Austausch mit anderen Kommunen, Ent- einem Starkregenereignis von wässerungsbetrieben oder Zweckverbänden wesentliche Impulse für das 58 Litern pro Quadratmeter Handlungskonzept der Stadt Ludwigshafen gewonnen werden. Niederschlag und zwei Stun- Auszug aus der Gefahrenkarte den Dauer visualisiert sind. Der angesetzte Niederschlag entspricht statistisch einem 100-jährlichen Starkregener- eignis.
Kontakt Telefon: Zentrale 0621 504-3068 Team Grundstücksentwässerung 0621 504-6810 bis 6813 E-Mail: stadtentwässerung@ludwigshafen.de Anschrift: Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen Stadtentwässerung und Straßenunterhalt Unteres Rheinufer 47 67061 Ludwigshafen Impressum Herausgeberin: Stadt Ludwigshafen, WBL Wirtschaftsbetrieb – Eigenbetrieb der Stadt Redaktion: Stadtentwässerung und Straßenunterhalt Gestaltung: Öffentlichkeitsarbeit Auflage: 1. Auflage Januar 2020 Stand: Februar 2020 Quellen Bilder und Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen, Pixabay, shutterstock, Skizzen: DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. Inhalt Wir orientierten uns bei der Erstellung dieser Broschüre unter anderem an folgenden Schriftstücken: • einschlägige DIN-Normen • fachspezifische Veröffentlichungen der DWA • Handlungskonzepte anderer deutscher Städte zu diesem Thema • Broschüren und Ratgeber von fachspezifischen Firmen www.ludwigshafen.de
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