Dokumentation Fachpolitischer Dialog zum Stadtumbau im Land Brandenburg

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Dokumentation Fachpolitischer Dialog zum Stadtumbau im Land Brandenburg
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   Fachpolitischer Dialog zum Stadtumbau im Land Brandenburg

              Workshop „Strategien für Wohngebiete im Wandel“
                     am 9. September 2009 in Wittstock

Am 9. September 2009 fand der dritte und abschließende Workshop im Rahmen des
Dialoges zum Stadtumbau im Land Brandenburg statt. Der Workshops widmete sich
dem Thema „Strategien für Wohngebiete im Wandel“. Im Fokus standen somit insbe-
sondere die derzeit noch relativ stabilen, aber stark überalterten Wohngebiete aus
den ersten beiden Jahrzehnten des industriellen Wohnungsbaus in der DDR. Diesen
Gebieten „in bzw. vor dem Generationswechsel“ kommt vielfach eine Schlüsselrolle
im künftigen Stadtumbauprozess zu. Diskutiert wurden aber auch die Handlungsbe-
darfe in den bisherigen Umstrukturierungsgebieten, den zumeist jüngeren Platten-
baugebieten. Ein weiterer Schwerpunkt des Workshops war der aktuelle Stand der
Erarbeitung von Stadtumbaustrategien bei den Stadtumbau-Kommunen und ihren
Wohnungsunternehmen sowie der Austausch zu konkreten Fragen bei deren Bear-
beitung.

An dem Workshop nahmen rund 100 Vertreter von kommunaler Verwaltung, Woh-
nungsunternehmen und privaten Dienstleistern teil. Es waren Vertreter aus 23 Stadt-
umbau-Kommunen sowie von 28 Wohnungsunternehmen anwesend. Die Folien der
Referenten des Workshops können Sie auf der Website des MIR unter
http://www.mir.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.152789.de lesen bzw. als
Download herunterladen.

Einleitend begrüßte der Bürgermeister der Stadt Wittstock, Jörg Gehrmann, die
Teilnehmer der Veranstaltung und stellte kurz die Problemlagen seiner Stadt vor.
Wittstock werde als Landstadt zunehmend attraktiver für ältere Menschen aus den
umliegenden Ortschaften und profitiere somit in gewisser Weise vom demografi-
schen Wandel. Die Stadt müsse sich
darauf aber auch durch ent-
sprechende      Infrastrukturangebote
einstellen. Zudem entstünden aus
den spezifischen Rahmenbedin-
gungen der „Flächenstadt“ Wittstock
neue Herausforderungen für den
Stadtumbau in den eingemeindeten
Ortsteilen. Als besonderes Beispiel
für den gelungenen Stadtumbau in
Wittstock hob er den Umbau der
ehemaligen Paul’schen Tuchfabrik
zu einem neuen Standort für
Einrichtungen der Stadtverwaltung
hervor.

Daran anknüpfend stellte Henning Roser von der BBSM, die für die Stadt Wittstock
als Stadtumbaubeauftragte fungiert, die Eckpunkte des Stadtumbaus in Wittstock
vor. Bezogen auf den Titel des Workshops „Wohngebiete im Wandel“ betonte er,
dass der Blick hier nicht ausschließlich auf die Gebiete des DDR-Wohnungsbaus

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gerichtet werden dürfe. In
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                                                     Wohngebiet, das sich am
                                                     stärksten im Wandel befinde.
                                                     Ein großes Problem in Wittstock
                                                     sei auch der Umgang mit dem
                                                     Geschosswohnungsbau          aus
                                                     den 1990er Jahren. Bezüglich
                                                     der Wohngebiete aus DDR-Zeit
                                                     stellte Herr Roser unterschied-
                                                     liche Strategien vor: In der
                                                     Bohnekampsiedlung        (1980er
                                                     Jahre) sei der flächenhafte
                                                     Rückbau unsanierter Gebäude
weitgehend abgeschlossen, hier steht mittelfristig auch der Abriss von sanierter Bau-
substanz an. In der Waldrandsiedlung (1970er Jahre) werde nur punktuell abgeris-
sen, einzelne Gebäude würden durch den Anbau von Aufzügen an die veränderten
Bedürfnisse der Bewohner angepasst. Neben diesen beiden Wohngebieten ist aus
gesamtstädtischer Sicht auch noch die Röbeler Vorstadt von Bedeutung, ein Quartier
aus der Zwischenkriegszeit mit geringen Leerständen und hoher Wohnqualität. Die
Stadtumbau-Strategie der Stadt Wittstock zielt, so Roser, auf die weitere Stärkung
der historischen Altstadt (durch weitere Sanierung von Gebäuden und die Verlage-
rung wichtiger Infrastruktur-Standorte in die Innenstadt, analog zum Umbau der
Tuchfabrik als Verwaltungsstandort). Für die Wohngebiete existiere eine Rahmen-
vereinbarung zwischen der Stadt und den beiden großen Wohnungsunternehmen,
die für den Zeitraum zwischen 2010 und 2016 den Rückbau von 330 WE (bereits
objektkonkret bestimmt) und für den Zeitraum bis 2020 den Rückbau weiterer ca. 210
WE vorsehe.

Jürgen Schweinberger (MIR) führte aus Sicht des Landes in die Thematik ein. Er
forderte die Kommunen auf, die künftigen Bedarfe für den Rückbau in den Wohnge-
bieten aus DDR-Zeit realistisch einzuschätzen. Dabei gehe es nicht nur um das not-
wendige Maß zur Reduzierung der Leerstände, sondern auch darum, welche Men-
gengerüste von den Wohnungsunternehmen realistisch umsetzbar seien. Die Um-
setzung des Rückbaus habe in den vergangenen Monaten erheblich an Dynamik
eingebüßt, vielerorts würden zur Verfügung gestellte
Fördermittel nicht abgefordert. Um künftig realistische
Planungen       in     den       Stadtumbaustrategien
festzuschreiben, sei ein intensives Monitoring als
Frühwarnsystem unabdingbar. In der zweiten Pro-
grammperiode werde es mehr als bisher darum
gehen, Beobachtungsgebiete zu definieren, um dann
punktuell auf die sich verändernde Nachfrage
reagieren zu können. In den älteren Wohngebieten,
den     „Generationswechselgebieten“      sei     diese
Nachfrageveränderung aber bereits heute deutlich
absehbar. Hier müsse es gemeinsam mit den
Wohnungsunternehmen,         explizit    auch       den
Genossenschaften,      darum       gehen,     frühzeitig
Strategien und Konzepte für den Umgang mit den
dortigen Beständen zu entwickeln.

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Dr. Heike Liebmann (IRS) und Stephan Kathke (EBP) stellten anschließend die
Konzeption des Workshops kurz vor. Sie wiesen darauf hin, dass eine tragfähige
Entwicklungsperspektive vieler Wohngebiete aus DDR-Zeit davon abhängig sei, ei-
nen Konsens zwischen Stadt und Eigentümern über den räumlichen Schwerpunkt,
Umfang und Zeitpunkt von Rückbau bzw. Investitionsmaßnahmen zu erzielen. Dabei
seien die Umbaustrategien für die Wohngebiete stets in gesamtstädtische Entwick-
lungsstrategien einzubetten und vor dem Hintergrund einer ab ca. 2015 wieder deut-
lich sinkenden Haushaltszahl, auch temporäre Strategiebausteine mit vorzusehen.

                                 Der Block A des Workshops „Wohngebiete im
                                 Wandel“ wurde eingeleitet durch einen Inputbeitrag
                                 von Michael Sachs, Vorstandsmitglied der SAGA
                                 Siedlungs-Aktiengesellschaft Hamburg und der
                                 GWG Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH.
                                 Die SAGA-GWG bewirtschaftet in Hamburg einen
                                 Wohnungsbestand von ca. 130.000 WE, davon ein
                                 großer Teil im geförderten Wohnungsbau.
                                 Zielgruppe sind die unteren und mittleren
                                 Einkommensschichten, der Anteil an Mietern die auf
                                 staatliche Unterstützung angewiesen sind, ist
                                 überdurchschnittlich hoch. Vor diesem Hintergrund
                                 skizzierte Sachs die Philosophie seines Un-
                                 ternehmens, einen Beitrag dazu zu leisten, dass
                                 das Leben in einem „ärmeren“ Stadtteil die
                                 Bildungs-, Entwicklungs- und Lebenschancen der
                                 Bewohner nicht behindert. Er betonte, dass die
Sicherung eines sozialen Ausgleichs in Stadtteilen mit besonderem Handlungsbedarf
nicht nur die Voraussetzung für ein konfliktarmes Zusammenleben, sondern letztlich
auch für das ökonomische Geschäftsmodell seiner Wohnungsgesellschaft sei. Des-
halb werde soziale Integration bei der SAGA-GWG eingebunden in ganzheitliche und
nachhaltige Strategien der sozialen Stadtentwicklung und Quartiersverbesserung.
Anhand zahlreicher Beispiele (siehe die ausführliche Vortragspräsentation) gab er
Anregungen, wie Wohnungsunternehmen auf den sich vollziehenden sozialstruktu-
rellen Wandels in den Wohngebieten reagieren und tragfähige Strategien für eine
marktfähige Bewirtschaftung entwickeln können.

Im zweiten Inputbeitrag skizzierte Matthias Klupp
von der Analyse & Konzepte GmbH Hamburg
einige neuere Trends der Nachfrage- und
Bestandsentwicklung und leitete daraus Schluss-
folgerungen für die Weiterentwicklung der
Stadtumbaugebiete ab: Da Nachfragerückgänge
zu Verschiebungen zwischen den unterschied-
lichen Marktsegmenten eines Wohnstandortes
führen, sei die Gewinnung neuer Zielgruppen für
„alte“ Bestände an frühzeitige Investitions-
entscheidungen geknüpft. Um diese Entschei-
dungen richtig treffen zu können, sei v.a. eine fun-
dierte Basis wichtig. Klupp knüpfte damit an den
Appell von Herrn Schweinberger an, ein tragfä-
higes Monitoring als Frühwarnsystem in den

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Wohngebieten zu installieren, um dann flexibel auf die sich ändernde Nachfrage rea-
gieren zu können. Dabei sei die Intensität von Investitionen auch immer abhängig
von Förderentscheidungen in der Stadtentwicklung, denn die Entwicklung der Woh-
nungsbestände müsse abgestimmt sein mit kommunalen Konzepten zu Infrastruktur,
Bildung etc. Insgesamt brauchen größere Bestandsinvestitionen v.a. in „Wohngebie-
ten im Wandel“ einen langfristigen Zeithorizont von mindestens 15 bis 20 Jahren.

Nach der Mittagspause wurde die Diskussion zu Wohngebieten im Wandel mit einem
moderierten Podiumsgespräch fortgesetzt. Als Kommunalvertreter nahm Frank Hein,
Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Bauaufsicht der Stadt Schwedt, an die-
ser Podiumsrunde teil. Er schilderte zunächst den bisherigen Verlauf des Stadtum-
bauprozesses in Schwedt, dessen strategische Ausrichtung grundsätzlich anhand
langfristiger und kleinräumig erfasster Monitoringdaten erfolgt. Diese Datengrundlage
sei insbesondere auch für den Umgang mit den Beobachtungsgebieten relevant, für
die der Rückbau von Wohngebäuden erst mittel- oder längerfristig anstehe. In diesen
Quartieren seien zum jetzigen Zeitpunkt noch punktuelle Investitionen zur Sicherung
der Wohn- und Lebensqualität notwendig, um die soziale Stabilität der Gebiete zu
erhalten. Insgesamt sei es wichtig, Prioritätensetzungen in der Stadtentwicklung öf-
fentlich zu kommunizieren und anhand diese „Positivplans“ zugleich zu vermitteln,
warum, an bestimmten Stellen nicht mehr investiert werde. Dann sei auch eine ver-
frühte öffentliche Diskussion über gebäudescharfe Abrisspläne nicht erforderlich.
Herr Hein betonte weiterhin, dass der Stadtumbauprozess in Schwedt bislang v.a.
deshalb so erfolgreich verlaufen sei, weil es stets eine enge und vertrauensvolle Ab-
stimmung zwischen der Stadtverwaltung und den beteiligten Wohnungsunternehmen
gegeben habe. Er wies in diesem Zusammenhang auf das notwendige Gleichgewicht
zwischen unsanierter Bausubstanz (als Rückbaureserve) einerseits und bezugsferti-
gen sanierten Wohnungen (als Ersatzwohnraum für abrissbetroffene Mieter) ande-
rerseits hin. Aus Sicht eines kommunalen Wohnungsunternehmens wurde dies von
Michael Jakobs, Geschäftsführer der WIS (Wohnungsbaugesellschaft im Spree-
wald, Lübbenau), bestätigt. Das Lübbenauer Abriss- und Sanierungskonzept habe
sich bewährt und sei mittlerweile vollständig umgesetzt. Unsicherheit bestehe jedoch
bezüglich der künftigen Leerstandsentwicklung in den (teil-)sanierten Gebäuden. Hier
stelle sich auch die Frage der Kommunikation von Abrissplanungen für solche Ge-
bäude, die derzeit noch gut vermietet seien. Für sein Wohnungsunternehmen sehe
er sich aber nicht in erster Linie in der Pflicht, zu beobachten, wo künftiges Rückbau-
potenzial für den Stadtumbau räumlich zu verorten sein wird. An erster Stelle stehe

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die nachfrageorientierte und damit mieterfreundliche Entwicklung des Bestandes und
der Infrastrukturen in den Quartieren und damit ein aktiver Umgang mit den sich ver-
ändernden Rahmenbedingungen. Anschließend griff Dr. Ralf Fischer, Quartiersma-
nager in den Cottbuser Plattenbaugebieten Sachsendorf-Madlow und Sandow die
Frage der Kommunikation von Rückbauplänen noch einmal dahingehend auf, dass
er davor warnte, die Bewohner zu lange im Unklaren zu lassen. „Schlimm ist, wenn
das Schlimmste eintritt und die Betroffenen sind nicht darauf vorbereitet“, betonte
                                         Fischer. Stadtumbau funktioniere nur auf
                                         Basis einer transparenten Kommunikation
                                         und kann sich durch die Einbeziehung von
                                         Bürgern als produktiver Lernprozess für alle
                                         Akteure im Stadtumbau entwickeln. In der
                                         weiteren Diskussion wurde auch in anderen
                                         Diskussionsbeiträgen noch einmal auf die

soziale Verantwortung der Kommunen
für die Abwartegebiete hingewiesen.
Zugleich zeigte sich aber, dass es in
vielen Kommunen und Wohnungs-
unternehmen große Unklarheiten für die
weiteren Perspektiven jener Bestände
gibt, die in der ersten Hälfte der 1990er
Jahre saniert wurden und nun auf einen
Generationenwechsel hinsteuern. Seitens des Fördermittelgebers forderte Jürgen
Schweinberger vom MIR die Kommunen auf, hier in ihren Stadtumbaukonzepten
realistische Szenarien durchzuspielen, um flexibel auf die neuen Herausforderungen
reagieren zu können.

Der Block B des Workshops widmete sich anschließend dem Stand der Bearbeitung
und konkreten Rückfragen zur Erarbeitung der Stadtumbaustrategien durch die
Kommunen. Diese sind zum 1. Dezember 2009 beim MIR vorzulegen. Sowohl Woh-
nungsunternehmen als auch kommunale Vertreter aus zahlreichen Städten meldeten
sich zu Wort und berichteten über den derzeitigen Stand der Bearbeitung. Exempla-
risch stellten Vertreter aus Frankfurt (Oder) und aus Lübben ihre Herangehenswei-
sen ausführlicher dar.

Die Veranstaltung in Wittstock bildete den vorläufigen Abschluss der Workshopreihe
zum Stadtumbau-Dialog. In seinen Schlussworten kündigte Jürgen Schweinberger
vom MIR jedoch an, dass der Dialog auch im Jahr 2010 fortgesetzt werde. Die Städte
seien aufgefordert, ihre Schwerpunktthemen zu benennen und sich jeweils themen-
spezifisch in kleineren Städtenetzwerken mit Arbeitscharakter zu formieren. Das MIR
werde den Prozess begleiten und im Frühjahr 2010 eine Auftaktveranstaltung für die
zweite Programmperiode des Stadtumbau Ost in Brandenburg organisieren.

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