Studiumsplanung im New Normal - QUALITATIVE PILOTSTUDIE - A&B One

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QUALITATIVE PILOTSTUDIE

Studiumsplanung
im New Normal
COVID-19 verändert den Studienalltag dramatisch, auf noch nicht absehbare Zeit. Hochschulen müssen
auch beim Studierendenmarketing und in der Studienberatung kurzfristig reagieren. Die vorliegende qua-
litative Befragung von Studiumsplaner*innen aus dem Abiturjahrgang 2020 zeigt coronabedingte Verän-
derungen in der Studienorientierung und neue Erwartungen auf. Die Befragung der Zielgruppe wurde er-
gänzt durch Interviews mit Akteur*innen im Hochschulmarketing an den sächsischen Hochschulen.

ERFAHRUNGEN AUS STUDIERENDEN-                                           Die Resonanz auf die neuen digitalen Formate
                                                                        wirkt oft zufriedenstellend (Klickraten), zuweilen
MARKETING UND DER BERATUNG                                              auch enttäuschend (digitale Messen und auch sog.
Die Akteur*innen an den Hochschulen schildern                           „Webinare“). Die Wirkung bleibt aufgrund der di-
den Shutdown nicht nur als enorme Herausforde-                          gitalen Distanz schwer einschätzbar.
rung, sondern auch als Zeit mit vielen konstrukti-                      Zu befürchten ist, dass die Pandemie auch in der
ven Veränderungen. Es entstand Freiraum für In-                         Studienberatung polarisiert: Ohnehin Engagierte
novation, Improvisation und digitale Evolution,                         beteiligen sich auch digital, eine schweigende
eine konstruktive Zusammenarbeit und eine neue                          Mehrheit wird womöglich schlechter erreicht.
Wertschätzung für die Hochschulkommunikation.
                                                                        Es gilt nun, die neuen Formate zu prüfen und zu
Der Fokus lag zunächst oft darauf, kurzfristig aus-                     professionalisieren: z. B. für kommende Hoch-
fallende Präsenzformate digital zu kompensieren;                        schultage und mit Blick auf die (Ein-)Bindung von
vor allem durch virtuelle Hochschultage und die                         Bewerber*innen und Studienanfänger*innen.
Umstellung der Beratung auf Web-Meetings bzw.
Online-Workshops. In diesem Zuge wurden oft                             Der Weg vom Informieren zum Involvieren ist die
auch die Bewegtbildangebote massiv ausgebaut.                           zentrale Herausforderung im Social Distancing.

 9 qualitative Interviews                     2 Fokusgruppen                           Zur Aussagekraft der
 mit Akteur*innen                             mit Abiturient*innen                     qualitativen Stichprobe

 • Studierendenmarketing                      • Abiturjahrgang von Gymna-              Die Studie hat Pilotcharakter:
   und Studienberatung an                       sien (Stufe 12) und berufli-           Sie soll ein aktuelles und an-
   sächsischen Hochschulen                      chen Gymnasien (Stufe 13)              schauliches Bild der Zielgruppe
   (alle Hochschultypen)                                                               vermitteln. Die Befunde wer-
                                              • Ein Studium wird konkret
                                                                                       den gestärkt durch den Ver-
 • Direkter Kontakt zur Ziel-                   geplant oder angestrebt.
                                                                                       gleich mit vergleichbaren
   gruppe Abiturient*innen
                                              • Streuung der Fachrichtungen            Fokusgruppen aus den letzten
   in der alltäglichen Arbeit
                                                                                       Jahren und den Abgleich mit
                                                                                       den Einschätzungen der
 Juli 2020 (telefonisch, ca. 1 h),            15.07.2020 in Dresden                    befragten Expert*innen.
 Präsentation im September                    (jeweils 8 Befragte, je 2 h)
Abb.: Untersuchungsdesign

Fokusgruppen und Expert*innen-Interviews zur Studiumsplanung im New Normal                             September 2020 | Seite 1
STUDIEN-/BERUFSORIENTIERUNG                                             Auswirkungen der Corona-Krise
IM CORONA-ABI-JAHRGANG                                                  Die pragmatische Grundorientierung wird durch
                                                                        die Corona-Krise verstärkt. Die Abiturient*innen
Die befragten Abiturient*innen unterscheiden                            waren vom schulischen Shutdown zwar nur kurz
sich auffallend von vergleichbaren Fokusgruppen                         betroffen, sie fühlten sich aber doch oft ziemlich
der letzten Jahre. Selbstfindungsprobleme sind in                       allein gelassen. Belastend war die lange Unsicher-
den Hintergrund getreten, die Stimmung wirkt we-                        heit bei den Terminen für die Abiturprüfungen,
niger aufgeregt, eher zupackend und pragmatisch,                        und surreale Umstände prägten das Lebensereig-
manchmal auch verschlossen und wie betäubt.                             nis Abitur. Am Ende steht die Erfahrung, dass man
Trends im Entscheidungsverhalten                                        es (alleine) geschafft hat und nun nicht zaudern
                                                                        darf. Verunsicherungen und Verlusterfahrungen
Die Befragten wirken in ihrer Berufsorientierung                        werden kaum eingestanden: Die Stufe 12 hatte ja
insgesamt bodenständiger und realistischer als                          Glück im Unglück, sie darf sich nicht zu laut be-
frühere Jahrgänge: Sie müssen offenbar nicht                            schweren.
(mehr) alles haben oder werden. Sie folgen
stattdessen oft Neigungen und Talenten,
die sie schon früh für sich entdeckt und       „Wir haben dann halt Aufgaben gestellt bekommen.“
dann auch ernst genommen haben („so bin        „Ich wollte eigentlich nach Asien, jetzt fang ich erstmal
ich halt“).                                    ein Studium an und mache später ein Urlaubssemester.“
Bei der Studienwahl zeigt sich eine Präfe-       „Ich glaube, dass jeder von uns mehrspurig fährt.“
renz für breiter angelegte, bewährte und
„klassische“ Studiengänge mit vielen Opti-
                                                           Corona trifft die Abiturient*innen in ihrer weite-
onen. Eine (zu) frühe Spezialisierung wird eher mit        ren Lebensplanung ganz unterschiedlich. Davon
Skepsis betrachtet, der Wunsch nach Selbstver-
                                                           hängt ganz entscheidend die Stimmung ab: Wenn
wirklichung oft auf später verschoben. Anhaltende          Lebensträume geplatzt sind (z. B. Auslandsjahre,
Entscheidungsunfähigkeit ist in den Fokusgruppen
                                                           duales Studium) wirken die Befragten auffällig
und auch in der Peergroup der Befragten eine sel-
                                                           schweigsam und verschlossen. Sie treten dann
tene Ausnahme.
                                                                   auch untereinander kaum in Kontakt, ver-
                                                                   folgen pragmatisch ihre (neu gefassten)
   „Ich studiere dann doch lieber Wirtschaftswissenschaften        Pläne und verhalten sich dabei nach dem
   als Kommunikationsdesign.“                                      Motto: Augen zu und durch.
   „Hab‘ mich für Informatik entschieden. Spiele auch                          In den krisenhaften und unsicheren Zeiten
   Klavier, aber bei Musik weiß man nie, was draus wird.“                      gilt es nun unterzukommen. Das Gros will
                                                                               nach dem quälenden Shutdown keinesfalls
   „Ich werde jetzt Lehrerin. Man kann ja später immer
                                                                               weiter „herumlungern“, sondern etwas
   nochmal was anderes machen.“
                                                                               tun. Das Studium gilt dabei als eine sichere,
   „Am wichtigsten ist doch jetzt, unterzukommen.“                             oft auch als die einzige Wahl. Alternativen
                                                                               fallen weg, sind rar oder kaum planbar
Der pragmatisch-zupackende Umgang mit der                                      (z. B. Auslandsaufenthalte, Praktika, Jobs,
„Qual der (Studien-)Wahl“ spiegelt generations-                         Ausbildungsplätze). Auch bei der Bewerbung ge-
spezifische Einstellungen, wie sie z. B. auch von                       hen viele auf Nummer sicher, indem sie sich viele
der Sinus Jugendstudie 2020 (für 14- bis 17-Jäh-                        Optionen offen halten und einen „Plan B“ haben.
rige) beschrieben werden: „Die Unübersichtlich-                         Die Corona-Krise befördert einen (neuen) Prag-
keit der Verhältnisse in der Welt verstärkt […] die                     matismus bei der Studien- und Berufsorientie-
Sehnsucht nach Zugehörigkeit, Halt und Orientie-                        rung, der ohnehin typisch für die junge Genera-
rung“; die Berufswünsche seien „eher bodenstän-                         tion ist. Aufgrund mangelnder Alternativen ist
dig und realistisch“, die junge Generation sei                          mit vielen Studienbewerber*innen, aber auch
„ernsthafter“ und „besorgter“ geworden.                                 viel Bewegung in den Zulassungsverfahren zu
                                                                        rechnen.

Fokusgruppen und Expert*innen-Interviews zur Studiumsplanung im New Normal                              September 2020 | Seite 2
INFORMATIONSVERHALTEN                                                   Keine Präsenz wird dennoch recht durchweg als
                                                                        herber Verlust von Studien- und Lebensqualität er-
UND INFORMATIONSBEDARF                                                  lebt: von Austausch, Gemeinschaft, Aufbruch und
Die Information zur Studien- und Berufsorientie-                        Selbständigkeit. Die Stimmung reicht von Duld-
rung erfolgt (weiter) auf vielen unterschiedlichen                      samkeit bis zum Galgenhumor.
Wegen, unter Corona aber mit anderen Akzenten.                     Es ist daher wahrscheinlich, dass die Art
                                                                   und Qualität der Lehre bei mehreren Zulas-
  „Wir entscheiden ja alle oft aus unserer Bubble heraus.“         sungen ein entscheidender Faktor für die
                                                                   Wahl der Hochschule sein kann. Der Infor-
  „Das Wichtigste ist, angenommen zu werden. Man kann
                                                                   mationsbedarf wird wohl bis zum Studien-
  sich überall wohl fühlen.“ – „Ich fahre gar nicht erst hin.“
                                                                   start noch deutlich größer werden. Auch
                                                                   die Expert*innen berichten, dass Fragen zu
Die Studiumsplaner*innen neigen im Social Dis-               den Studienbedingungen im Zeitverlauf (Juli bis
tancing zu Unabhängigkeit und Selbständigkeit in             September) spürbar zugenommen haben.
der Information. Die Bereitschaft, Beratung zu su-
chen, ist eher gering – trotz vieler Fragen in unsi-         Hochschulen können Bewerber*innen binden, in-
cheren Zeiten. Eine gewisse Zurückhaltung bemer-             dem sie transparent über die (vorläufige) Pla-
ken auch die befragten Studienberater*innen.                 nung für das Wintersemester informieren: direkt
                                                             auf den Einstiegsseiten für die Studiumsplanung.
Zu beachten ist außerdem eine gedämpfte bis ge-              Vertrauensbildend wirkt auch eine Erläuterung,
drückte Stimmungslage. Das Studium verspricht                warum derzeit noch nichts definitiv sein kann
dieses Jahr nicht (notwendig) den großen Auf-                und auf welchen Wegen weiter informiert wird.
bruch; das neue „Studentenleben“ wird sich
(wenn überhaupt) nur sehr eingeschränkt realisie-
ren. Es wirkt daher unpassend, wenn zu sehr dafür
oder damit geworben wird.                                    VERTIEFUNG ZU INFORMATIONS-
                                                                        UND BERATUNGSFORMATEN
Erfahrung, Sicherheit und Bewährtes sind wichti-
ger geworden als Innovation und Spezialisierung,                        Die Studieninformation nutzt viele Kanäle. Die fol-
auch bei der Bewertung von Hochschulen. Alar-                           gende Detailanalyse fokussiert Instrumente, die
mismus herrscht zuweilen mit Blick auf Details,                         durch die Corona-Krise eine veränderte oder be-
weil sich viele Regeln kurzfristig ändern und die                       sondere Bedeutung erhalten haben.
Angst groß ist, etwas zu verpassen.
                                                                        Webseiten und Landingpages
Erwartungen an das (digitale?) Wintersemester
                                                             Die Internetpräsenz der Hochschulen ist (weiter-
Das Thema „digitale Lehre“ ist da und bedeutsam,             hin) das Medium mit der höchsten Reichweite,
auch wenn es nicht immer zum Thema gemacht                   dem breitesten Themenspektrum und dem größ-
wird. Alle Befragten wissen um die Problematik,              ten Nutzwert. Entsprechend hoch sind die Erwar-
viele wollen sich angesichts der herrschenden Un-            tungen an Übersicht und Usability, Aktualität und
sicherheit aber nicht „verrückt machen“. Sie war-            Vollständigkeit.
ten ab, bis die Zulassung
                                                                        Die Befragten begrüßen durchweg,
vorliegt und das Lebens-
                                  „Ich fände es schade, wenn            dass Hochschulen „aufgeräumte“ Ein-
praktische zu klären ist (z. B.
                                  alles online stattfindet. Aber        stiegsseiten für die Studieninformation
Umzug).
                                  es ist wie es ist.“                   bereitstellen. Es verwirrt allerdings,
Die jungen Erwachsenen                                                  wenn es zu viele Eingangsportale gibt,
                                  „Ich bin da schon distanzierter,      weil dadurch Doppelstrukturen entste-
betonen ihre Einsicht in die
                                  möchte mich schon an der Uni          hen. Es frustriert, wenn die schöne
Notwendigkeit, und dass sie
sich mit digitaler Lehre ar-      eingewöhnen, das geht nicht,          Oberfläche dann in der Tiefe auf veral-
                                  wenn ich nur am Laptop sitze.“        tete und unübersichtliche Hochschul-
rangieren können. Dies ist
auch Ausweis ihrer Kompe-         „Es gibt ja nicht wirklich            webseiten verweist (z. B. Seiten der Fa-
tenz als „Digital Natives“.       Informationen dazu.“                  kultäten).

Fokusgruppen und Expert*innen-Interviews zur Studiumsplanung im New Normal                             September 2020 | Seite 3
Mit Blick auf werbliche Ansprache zeigt sich die ak-                    Webinare/Online-Workshops
tuelle Generation kritisch, was auch an der ge-
                                                                        Das sog. „Webinar“ ist kein klar gelerntes Ange-
dämpften Gesamtstimmung liegt (s. o.). Image-
                                                                        bot. Das Gros der Befragten erwartet einen Live-
werbung soll nicht überhand nehmen und die
                                                                        Vortrag mit anschließender Chat-Möglichkeit und
sachliche Information nicht überlagern. Problema-
                                                                        erlebt dies eher wie ein Video, dem man lange pas-
tisch ist, dass manche Formate im Hochschulver-
                                                                        siv folgen muss. Dabei sinken die Aufmerksamkeit
gleich austauschbar wirken (z. B. „10 gute Gründe
                                                                        und die Bereitschaft, Fragen zu stellen. Eine (auch
für…“). Auch zu viele Stimmen von Studierenden
                                                                        innere) Beteiligung gelingt nur bei sehr konkretem
wirken irgendwann wie „gecastet“.
                                                                                Interesse, wenn es z. B. um den konkret an-
                                                                                gestrebten Studiengang geht.
   „Die Studenten, die da gezeigt werden, sind natürlich
   immer voll überzeugt…“                                                      Für eine Erstinformation werden kurze Vi-
                                                                               deos oder selbstbestimmte Formate bevor-
   „Manchmal findet man die Studiengänge gar nicht mehr                        zugt. Online-Workshops zu Beratungsthe-
   zwischen der ganzen Eigenwerbung.“                                          men (z. B. Studienwahl, Studienstart) wer-
                                                                               den besser angenommen, so auch die Er-
Die Webseite kann kaum unterschätzt werden.                                    fahrung aus der Studienberatung.
Sie braucht eine schöne Oberfläche, aber auch
                                                                        Vorträge können als Video vorproduziert werden
eine gute Verzahnung mit den tiefen Inhalten.
                                                                        und dabei auch auf die typischen Fragen einge-
Hochschulmarketing muss in die (Corona-)Zeit
                                                                        hen. Das Live-Format passt besser zu beratungs-
passen (Campusleben!) und darf nicht auf Kosten
                                                                        intensiven Themen und braucht dann frühzeitige
von Nutzwert und Übersicht gehen.
                                                                        Interaktion. „Online-Workshop“ wird dem eher
                                                                        gerecht als der (geschützte) Begriff „Webinar“.
Bewegtbildangebote
Bewegte Bilder werden gern, aber nicht im-                              Virtuelle/digitale Studieninformationstage
mer geklickt. Sie sind anschaulich und be-
quem, haben aber Kehrseiten: Man gerät in                   „Noch nie gehört… Klingt erstmal langweilig.“ – „Wie ein
eine passive Haltung („lean back“) und ist                  virtueller Parteitag.“ – „Das ist die diesjährige Notlösung.“
dem Bilderstrom ausgeliefert. Das „nervt“
vor allem beim Absurfen vieler Webseiten.                   „Für mich ist das nicht das Gleiche wie hinfahren.“
Die befragten Abiturient*innen wollen kei-         „Ob ich mir das komplett anschauen würde…“
neswegs nur Videos konsumieren. Vieles
geht besser im Text, und sie regen Alterna-                 In den Fokusgruppen war das neue Angebot digi-
tiven an, die mehr Selbstbestimmung erlauben:               taler Hochschultage nur in Einzelfällen bekannt; es
von der Bildergalerie über Audio (Podcasts) bis             wurde genutzt, wenn ein Besuch konkret geplant
zum Street-View-Format.                                     war. Die meisten Befragten können sich auch nach
                                                            Erläuterung schwer vorstellen, über Stunden hin-
Video liegt im Trend, ist aber kein Allheilmittel.
Formate und Ziele müssen definiert sein: Teaser             weg dem Streaming zu folgen. Das eigentliche, oft
                                                            gemeinschaftliche Erlebnis beim (womöglich ers-
für viele (ca. 3 Min.) oder Special Interests für we-
                                                            ten) Hochschulbesuch stellt sich allein vor dem
nige (ca. 15 Min.)? Kurze Clips sind zentral für
                                                            Bildschirm ohnehin kaum ein. Es fehlt die Atmo-
Social Media, dürfen aber die Webseite nicht
                                                            sphäre vor Ort, das reale Erleben und die Möglich-
überfrachten. Oft ist weniger mehr!
                                                                    keit einer allmählichen Annäherung.

  „Ich sehe schon gern Videos, aber nicht zu etwas, das ich                    Fraglich ist auch, warum Information und
  kurz nachlesen kann, wie zum Beispiel, was ein NC ist.“                      Beratung auf einen Tag verknappt werden,
                                                                               wenn die Angebote ohnehin nur digital zu-
  „Manchmal sind Bilder besser: Wie sehen Wohnheime                            gänglich sind. In der Zweitverwertung (z. B.
  oder Hörsäle aus? Da kann man schnell durchklicken.“                         auf einer Landingpage) tritt der Hochschul-
                                                                               tag dann in verwirrende Konkurrenz zum

Fokusgruppen und Expert*innen-Interviews zur Studiumsplanung im New Normal                             September 2020 | Seite 4
eigentlichen Informationsangebot: Wo soll man                           Persönliche Kontaktaufnahme und Beratung
anfangen? Was ist vollständig und aktuell?
                                                                        Das vielfältige Beratungsangebot der Hochschulen
Die befragten Abiturient*innen befürworten eher,                        wird in den Fokusgruppen eher selten themati-
die Inhalte (z. B. Interviews, Statements, Vorlesun-                    siert. Ein Grund (neben anderen) kann sein, dass
gen) kontinuierlich bereit zu stellen: in kompakter                     es auf den Webseiten zu wenig auffällt, zu wenig
Form und integriert auf den Webseiten. Zusätzlich                       einladend wirkt, oder dass Erreichbarkeiten und
und regelmäßig sollte Beratung angeboten wer-                           Beratungsthemen nicht hinreichend deutlich wer-
den, z. B. in Form von Online-Workshops oder                            den. Die Zugangsschwelle ist ohnehin eher hoch;
auch als einfache Sprechstunde.                                         sie wird im Social Distancing noch verstärkt.
Der „virtuelle Hochschultag“ macht(e) Sinn bei                          Zur ersten Kontaktaufnahme wünschen sich die
kurzfristig ausfallenden Events, er kann den Be-                        Abiturient*innen viele Kanäle; oft auch eine Chat-
such vor Ort aber kaum ersetzen. Künftige digi-                         Funktion. Für persönliche Beratung bevorzugen
tale Veranstaltungen müssen das Original nicht                          sie meist das Telefon, selten einen Video-Call.
kopieren, sondern transformieren. Vielverspre-
                                                                        Beratung muss derzeit aktiver beworben werden,
chend sind (soweit möglich) hybride Formen oder
                                                                        weil sie weniger selbstverständlich erwartet und
eine zeitliche Entzerrung (z. B. auf eine Woche)
                                                                        in Anspruch genommen wird. In der Pandemie
mit termingebundenen Beratungsformaten.
                                                                        sollte deutlich werden: Wir sind für euch da –
                                                                        nicht nur digital, auch persönlich.
Digitale Bildungsmessen
Das Angebot einer digitalen Messe ist den Befrag-                       EIN KURZES FAZIT
ten nur selten bekannt. Es wirkt eher langweilig,                       Die Analyse der Einzelmaßnahmen zeigt, dass im
nicht vergleichbar mit dem Erlebnis vor Ort. Auch                       neuen Normal auch ihr Zusammenwirken neu aus-
der Nutzen ist fraglich, soweit die Messe nur Infor-                    tariert werden muss. Bei Marketing, Information
mationen bündelt, die ohnehin im Internet abruf-                        und Beratung kommt es auf gute Abstimmung der
bar sind: Man könnte genauso gut „surfen“. Bei                          Abteilungen und auf ausgewogene Verhältnisse
Beratungsterminen befürchtet man unnötige Kol-                          an: zwischen digitaler Kommunikation und per-
lisionen, weil diese auf einer Messe ja (relativ) zeit-                 sönlicher Erreichbarkeit, werblicher Ansprache
gleich stattfinden.                                                     und sachlicher Information, bewegten Bildern und
Das digitale Potenzial von Messen ist begrenzt.                         selbstbestimmten Formaten, termingebundenen
Eine Teilnahme sollte sorgfältig geprüft werden.                        Events und bereitgestellten Informationen.

  Sächsisches Staatsministerium                                         A&B One
  für Wissenschaft, Kultur und Tourismus                                Kommunikationsagentur GmbH
  Sabine Hülsmann                                                       Ralf Weinen
  Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Wissenschaft                        Leiter Research
  Tel. 0351 564-60220                                                   Tel. 030 24086-645
  sabine.huelsmann@smwk.sachsen.de                                      r.weinen@a-b-one.de

  Die Studie wurde beauftragt von der Initiative                        Verantwortlich für die Durchführung waren die
  „Pack dein Studium. Am besten in Sachsen.“,                           Markt- und Sozialforscher der Agentur A&B One.
  mit der das Sächsische Wissenschaftsministe-                          Sie begleiten die Initiative seit 2007 durch quali-
  rium und die sächsischen Hochschulen über                             tative Zielgruppenbefragungen, zum Beispiel von
  die Studienmöglichkeiten im Freistaat infor-                          Abiturient*innen, Erstsemestern, Lehrkräften
  mieren.                                                               (Gymnasien) und Expert*innen.

  www.pack-dein-studium.de                                              www.a-b-one.de/research

Fokusgruppen und Expert*innen-Interviews zur Studiumsplanung im New Normal                              September 2020 | Seite 5
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