Tätigkeitsbericht 2020 - GEWALTSCHUTZZENTRUM BURGENLAND

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Tätigkeitsbericht 2020 - GEWALTSCHUTZZENTRUM BURGENLAND
Tätigkeitsbericht 2020

      Foto: Dolores David, Fotowerkstatt unter der künstlerischen Leitung
                               von Sophie Lesch

GEWALTSCHUTZZENTRUM BURGENLAND
Tätigkeitsbericht 2020 - GEWALTSCHUTZZENTRUM BURGENLAND
Für den Inhalt verantwortlich:

Mag.a Karin Gölly
Gewaltschutzzentrum Burgenland
Waldmüllergasse 1/2
7400 Oberwart

Gefördert aus Mitteln des:

                                 SEITE 1
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort                                                              3

Leitbild des Gewaltschutzzentrums                                    4

Gewaltschutzzentrum Burgenland – Daten                               5

Betreuungsablauf                                                     6

Beratung                                                             7

       Kontaktaufnahme nach polizeilicher Meldung                    7

       Kontaktaufnahme ohne vorangegangene polizeiliche Meldung      7

       Erstberatung                                                  7

       Weiterführende psychosoziale und juristische Beratung         8

       „Follow up“ – Kontakte                                        8

Kooperation                                                          9

       Kooperation mit Polizei                                       9

       Kooperation mit Kinder- und Jugendhilfe                       9

       Kooperation mit Behörden und öffentlichen Einrichtungen       9

       Kooperation mit (Beratungs-)Einrichtungen                     10

Vernetzungsstrukturen                                                10

Öffentlichkeitsarbeit                                                11

Statistik des Gewaltschutzzentrums Burgenland                        13

Ist-Stand und Entwicklung                                            16

                                                                  SEITE 2
VORWORT

Das Jahr 2020 war für die Mitarbeiterinnen des Gewaltschutzzentrums
Burgenland geprägt von Herausforderungen. Gleich im ersten Quartal sahen wir
uns, wie alle Einrichtungen in Österreich, mit der Aufgabe konfrontiert, während
eines strengen Lockdowns des öffentlichen und privaten Lebens unser
Beratungs- und Unterstützungsangebot aufrecht zu erhalten und trotzdem die
erforderlichen Covid-19-Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Dies ist gut
gelungen, nicht zuletzt deshalb, weil sowohl seitens der Mitarbeiterinnen als
auch unserer Klient*innen hohe Flexibilität gezeigt wurde.

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ging die Zahl der Betretungs-
und Annäherungsverbote im Burgenland deutlich zurück. Die Anzahl der
Selbstmelder*innen blieb hingegen in etwa so hoch wie zuvor. Besonders
herausfordernd war die Betreuung unserer Hochrisikofälle. Es musste jeweils im
Einzelfall abgewogen werden, ob eine proaktive Kontaktaufnahme durch die
zuständige Mitarbeiterin des Gewaltschutzzentrums möglich ist, ohne die
Gefährdung der betroffenen Frauen zu erhöhen, weil der sich ebenfalls zu Hause
befindende Gefährder davon Kenntnis erhält.

Die ursprünglich für den Herbst 2020 geplante Übersiedelung des
Gewaltschutzzentrums Burgenland in neue Räumlichkeiten in Oberwart musste
aufgrund der Covid-19-Maßnahmen und damit verbundener Bauverzögerungen
auf den Jänner 2021 verschoben werden. Die Planung und Logistik dieses
Unterfangens wurden ebenfalls durch die notwendigen Covid-19-
Sicherheitsmaßnahmen erschwert. Aber auch diese Herausforderung konnte
durch die gute Zusammenarbeit des Teams hervorragend gelöst werden.

Seit 01.02.2021 freuen wir uns über den gewonnenen Platz und die Arbeit in den
schönen neuen Räumlichkeiten.

Mag.a Karin Gölly, Geschäftsführerin

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DAS LEITBILD DES GEWALTSCHUTZZENTRUMS
Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention1 sichert jedem Menschen
das Recht auf Leben zu. Artikel 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen
Union2 billigt jedem Menschen das Recht auf körperliche und geistige
Unversehrtheit zu.

Das Bedürfnis, in Sicherheit und körperlicher Unversehrtheit zu leben, ist ein
Grundbedürfnis jedes Menschen. Dieses wird allzu oft verletzt, meist von den
Opfern nahestehenden Personen. Vor allem Frauen und Kinder erleben
körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt durch nahe Bezugspersonen.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, Menschen dabei zu unterstützen und mit ihnen
gemeinsam Möglichkeiten zu finden, ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben
(wieder) zu erlangen. Unsere Haltung gegenüber Betroffenen ist geprägt von
Empathie und Respekt, ein wichtiger Grundsatz unserer Arbeit ist die
Vertraulichkeit.

Jedes Opfer soll die Unterstützung und Betreuung erhalten, die sie/er benötigt.
Vorrangige Ziele sind die Erhöhung der Sicherheit von Opfern, die
Unterstützung und Beratung hinsichtlich erforderlicher und möglicher Schritte,
die Hilfestellung in rechtlichen Fragen und die Begleitung auf dem Weg in ein
gewaltfreies Leben.

Um das genannte Unterstützungsangebot professionell anbieten zu können,
bedarf es neben der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiterinnen des
Gewaltschutzzentrums der Kooperation mit allen involvierten Einrichtungen
und Behörden. Dieser Vernetzungsarbeit räumen wir einen großen Stellenwert
ein, weil nur durch koordiniertes Vorgehen eine nachhaltige Verbesserung der
Situation von gewaltbetroffenen Menschen erreicht werden kann.

Die Arbeit des Gewaltschutzzentrums hat auch eine gesellschaftspolitische
Bedeutung und Funktion. Es ist uns wichtig, gewalttätiges Verhalten als Unrecht
zu benennen und uns auch öffentlich klar gegen Gewalt zu positionieren. In der
Kooperation und in der Schulung, in Diskussionsforen und bei medialen
Auftritten nehmen die Mitarbeiterinnen des Gewaltschutzzentrums eine
deutliche Position gegen Gewalt an Frauen, Männern und Kindern ein.

Die Vision einer Gesellschaft, die jeder/m Einzelnen die ihr/ihm zustehenden
Rechte einräumt, bestimmt unser Handeln in der Arbeit mit gewaltbetroffenen
Menschen.

1
  https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1958_210_0/1958_210_0.pdf
  (11.05.2021).
2
  https://fra.europa.eu/de/eu-charter/article/3-recht-auf-unversehrtheit (11.05.2021).

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GEWALTSCHUTZZENTRUM BURGENLAND – DATEN
Erreichbarkeit des Gewaltschutzzentrums Burgenland:
Öffnungszeiten:

Montag bis Freitag                                            09.00 – 13.00 Uhr

Donnerstag                                                    17.00 – 20.00 Uhr

Termine außerhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung.

Da die Verkehrsinfrastruktur im Burgenland schlecht ist und viele Klient*innen aus
unterschiedlichen Gründen nicht ausreichend mobil sind, um das Büro in Oberwart
aufzusuchen, bietet das Gewaltschutzzentrum Burgenland Beratungstage in allen
burgenländischen Bezirken an.

So fanden im Jahr 2020 71 Beratungstage in Eisenstadt, 19 Beratungstage in Neusiedl am
See, 3 Beratungstage in Mattersburg3, 6 Beratungstage in Oberpullendorf, 5
Beratungstage in Güssing und 5 Beratungstage in Jennersdorf statt. Klient*innen aus den
Bezirken Güssing und Oberpullendorf kommen überwiegend zur Beratung ins Büro in
Oberwart, sodass in diesen Bezirken keine regelmäßigen Beratungstage stattfinden,
sondern die Beraterinnen bei Bedarf in die Wohnortnähe der Klient*innen fahren. Etwas
mehr als die Hälfte der Beratungen fand auch im Jahr 2020 außerhalb der
Büroräumlichkeiten des Gewaltschutzzentrums statt.

Finanzierung des Gewaltschutzzentrums Burgenland:
Das Gewaltschutzzentrum Burgenland wird gefördert aus Mitteln des
Bundeministeriums für Inneres sowie des Bundeskanzleramtes, Sektion für
Frauenangelegenheiten und Gleichstellung. Die Kosten der Prozessbegleitung werden
vom Bundesministerium für Justiz getragen.

3
 Klient*innen aus dem Bezirk Mattersburg suchen in der Regel die Beratungstage in der auch öffentlich
gut erreichbaren Landeshauptstadt Eisenstadt auf.

                                                                                              SEITE 5
BETREUUNGSABLAUF
Daten-
übermittlung
durch Polizei

Kontaktaufnahme                                            Kontaktaufnahme
durch das                                                  durch Opfer bzw.
Gewaltschutz-                                              Vermittlung über
zentrum                                                    Einrichtung

            Persönliches Erstgespräch:

            Clearing
            Bedürfnisanalyse
            Bedrohungsmanagement (Gefährlichkeitseinschätzung
            und Sicherheitsplanung)
            Krisenintervention
            Juristische Beratung

                         Erstellung eines individuellen
                         Betreuungsplanes - rechtliche
                         und psychosoziale
                         Unterstützung (Beratung, Begleitung,
                         Vernetzung)

                             Abschluss
                             (ev. Weitervermittlung zu Therapie,
                             anderen sozialen Einrichtungen,
                             etc.)

                             Follow up
                                                                              SEITE 6
TÄTIGKEITSBEREICHE

Beratung
Kontaktaufnahme nach polizeilicher Meldung über ein
Betretungs- und Annäherungsverbot
Die telefonische Kontaktaufnahme wird mehrfach wiederholt (mindestens drei
Mal zu verschiedenen Tageszeiten und an verschiedenen Tagen), bei
Nichtgelingen eines Kontaktes wird mit der zuständigen Dienststelle bzw. den
im Bezirk tätigen Präventionsbeamt*innen Rücksprache gehalten.

In über 98% der Fälle, in denen ein Betretungs- und Annäherungsverbot
ausgesprochen wurde, war es uns möglich, einen persönlichen Kontakt zu den
gefährdeten Personen herzustellen.

Kontaktaufnahme ohne vorangegangene polizeiliche Meldung

Knapp 47% der Opfer kamen im Jahr 2020 über polizeiliche Vermittlung. Der
andere Teil wurde von Institutionen (Beratungsstellen, Kinder- und Jugendhilfe,
Gesundheitseinrichtungen, Sozialprojekten, Gerichten) an uns verwiesen.
Manche der Klient*innen kamen über Empfehlung von Familienangehörigen,
Freund*innen, Nachbar*innen, etc.

Erstberatung
Die Erstberatung dient vor allem der Stabilisierung der Gewaltbetroffenen und
der Krisenintervention. Dazu muss im Gespräch ein Vertrauensverhältnis zur
Klient*in hergestellt werden und ihre Gewaltgeschichte erfasst werden.
Besonderes Augenmerkt wird auf den Schutz und die Sicherheit gelegt. Deshalb
wird in jedem vom Gewaltschutzzentrum betreuten Fall eine
Gefährdungseinschätzung4 vorgenommen und anhand der Ergebnisse ein
individueller Sicherheitsplan erstellt. Weiter erhalten die Betroffenen rechtliche
Informationen betreffend das polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbot
und die zivilrechtliche Möglichkeit der Antragstellung auf Erlassung einer
Einstweiligen Verfügung beim Bezirksgericht. Hinsichtlich der strafrechtlichen,
familienrechtlichen, fremdenrechtlichen und zivilrechtlichen Angelegenheiten
der Betroffenen werden grundlegende Informationen vermittelt und das
Betreuungsangebot des Gewaltschutzzentrums erläutert. Für eine umfassende
Unterstützung kann es im Einzelfall auch notwendig sein, Maßnahmen zur

4
  Danger Assessment Scale (J. Campbell), im Bedarfsfall auch DyRiAS©-Analyse
(Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement, Darmstadt).

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Sicherung der aktuellen Grundbedürfnisse der Klient*innen zu treffen. Falls
Betroffenen noch keine Anzeige erstattet haben, werden allgemeine
Informationen zur Anzeigenerstattung bei der Polizei und zum
Gewaltschutzgesetz gegeben. Im Bedarfsfall erfolgt die Beiziehung des
Kriminalpolizeilichen Beratungsdienstes sowie die Vermittlung ans Frauenhaus
mit einer Weiterbetreuung durch das Gewaltschutzzentrum.

Weiterführende psychosoziale und juristische Beratung
Hinsichtlich der rechtlichen Beratung sind zur existenziellen Grundsicherung
vor allem Informationen über gesetzliche Unterhaltsansprüche und deren
Durchsetzung wesentlich (zB Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz,
Informationen zur bedarfsorientierten Mindestsicherung sowie zu
Unterstützungsleistungen der Kinder- und Jugendhilfe).

Wenn Betroffene die Erlassung einer Einstweiligen Verfügung zum Schutz vor
Gewalt beim Bezirksgericht beantragen möchten, werden sie dabei unterstützt,
in der Regel durch Verfassung eines schriftlichen Antrags gemeinsam mit den
Klient*innen durch die Mitarbeiterinnen des Gewaltschutzzentrums.

Die rechtliche Beratung umfasst daneben noch grundsätzliche Informationen
zum Scheidungs-, Obsorge- und Kontaktrecht. Es erfolgt die Aushändigung von
Informationsmaterial und bei Bedarf eine Internetrecherche zur Klärung aller
anstehenden Fragen, auch in Hinblick auf die Entwicklung von
Zukunftsperspektiven.

Bei Bedarf bietet das Gewaltschutzzentrum die Vermittlung von Kontakten und
die Begleitung zu Polizei, Gerichten, Kinder- und Jugendhilfe, Behörden und
anderen Einrichtungen an.

Auch bei der Erstellung von Ansuchen an den Weißen Ring bzw. karitative
Einrichtungen für finanzielle Zuwendungen erfolgt bei Bedarf die Unterstützung
durch die Mitarbeiterinnen des Gewaltschutzzentrums.

„Follow up“ – Kontakte
Etwa sechs Monate nach dem letzten Kontakt erfolgt ein telefonischer Follow-
up-Kontakt, bei dem das Betreuungsangebot wieder in Erinnerung gerufen wird.
Dies ist insbesondere bei Opfern, die bei der ersten Kontaktaufnahme keine
Unterstützung in Anspruch genommen haben, wichtig und wird von den
Betroffenen überwiegend sehr positiv bewertet.

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Kooperation
Für einen opfergerechten Interventionsprozess ist eine strukturierte
Zusammenarbeit aller befassten Einrichtungen nötig. Dazu erfolgt eine aktive
Kontaktaufnahme mit entsprechenden Kooperationspartner*innen durch das
Gewaltschutzzentrum. Durch gezielte Übermittlungen ist es möglich, die
Ressourcen und somit auch den Handlungsspielraum der Opfer zu erweitern.
Dem Gewaltschutzzentrum kommt hier auch die Funktion einer
Informationsdrehscheibe zu.

Kooperation mit Polizei
Wenn gefährdete(n) Person(en) nach der Übermittlung des Betretungs- und
Annäherungsverbotes nicht erreicht werden können, wird Kontakt mit den
Präventionsbeamt*innen des Bezirks aufgenommen. In Hochrisikofällen erfolgt
eine enge Kooperation mit der Polizei, u. a. in Zusammenhang mit
Sicherheitspolizeilichen  Fallkonferenzen,    in     denen       zusätzliche
Schutzmaßnahmen für Opfer und mitbetroffene Kinder festgelegt werden. Auf
Wunsch werden Opfer zur Anzeigenerstattung bei der Polizei begleitet.

Kooperation mit Kinder- und Jugendhilfe
Die zuständige Kinder- und Jugendhilfe wird kontaktiert, wenn nach der
polizeilichen Zuweisung kein persönlicher oder telefonischer Kontakt zur
Kindesmutter/zum Kindesvater als gefährdeter Person hergestellt werden
konnte und eine Kindeswohlgefährdung befürchtet wird. Außerdem werden
Opfer ermutigt, aktiv Kontakt mit der Kinder- und Jugendhilfe aufzunehmen
bzw. deren Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen.

In Hochrisikofällen ist die zuständige Abteilung der Kinder- und Jugendhilfe
sowie die Leitende Sozialarbeiterin der Burgenländischen Landesregierung in die
Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen miteinbezogen, um zusätzliche
Schutzmaßnahmen für minderjährige Opfer sowie mitbetroffene Kinder zu
finden.

Kooperation mit Behörden und öffentlichen Einrichtungen
Es finden fallbezogene Kooperationen mit ua dem Sozialamt, der
Fremdenpolizei (v. a. zur Klärung von aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten),
den Gemeindeämtern, dem Arbeitsmarktservice und der Schuldnerberatung
statt.

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Kooperation mit (Beratungs-)Einrichtungen
Zur Erweiterung der Ressourcen und des Unterstützungsangebotes für
Betroffene    findet    eine    enge     Kooperation    mit    verschiedenen
Beratungseinrichtungen im Burgenland statt. Regelmäßig gibt es bei besonderer
Gefährdung oder Opfern mit erhöhtem Betreuungsbedarf die Zusammenarbeit
mit dem Frauenhaus Burgenland, wobei die Betreuung durch das
Gewaltschutzzentrum auch bei einem Frauenhausaufenthalt weiter bestehen
bleibt. Mit den burgenländischen Frauenberatungsstellen sowie den
psychosozialen Diensten besteht seit vielen Jahren eine enge Vernetzung. Zur
Abdeckung therapeutischen Bedarfs kooperiert das Gewaltschutzzentrum mit
dem Institut für Psychotherapie im ländlichen Raum und den Psychiatrischen
Ambulanzen. Im Rahmen der opferschutzorientierten Täterarbeit besteht die
Zusammenarbeit mit dem Verein Neustart und den Männerberatungsstellen
Wien (für das Nordburgenland) und Steiermark (für das Südburgenland). Im
Gesundheitsbereich ist vor allem die gute Kooperation mit der Zentralen
Opferschutzgruppe des Schwerpunktkrankenhauses Oberwart zu erwähnen. Im
Zusammenhang mit minderjährigen Opfern gibt es eine Vernetzung mit dem
Standort    des     SOS     Kinderdorfes    Pinkafeld    (Jugendwohngruppe,
Kinderwohngruppe, Eltern-Kind-Begleitung, UMF-Wohnen und Mobile
Familienarbeit).

Vernetzungsstrukturen
Damit im konkreten Fall die Kooperation mit den beteiligten Einrichtungen
funktioniert, ist eine kontinuierliche Vernetzung unabdingbar.

Das Gewaltschutzzentrum beteiligt sich aktiv an der Arbeit des
burgenländischen Netzwerkes „Gemeinsam gegen Gewalt“ und stellt neben
der Expertise auch seine organisatorischen Möglichkeiten zur Verfügung. Ziel
der Vernetzung ist es, aktuelle Problemlagen zu erkennen, darauf aufmerksam
zu machen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Die Mitarbeiterinnen des
Gewaltschutzzentrums nehmen an den Bezirksnetzwerktreffen in allen
burgenländischen Bezirken regelmäßig teil.

Mit der Polizei findet strukturierte Zusammenarbeit auf folgenden Ebenen statt:

   -   Regelmäßige Kontakte mit der Landespolizeidirektion,                den
       Bezirkspolizeikommanden und dem Landeskriminalamt
   -   Teilnahme an den regionalen Vernetzungstreffen zu § 38a SPG
   -   Vortragstätigkeit bei Schulungsmaßnahmen der Polizei

                                                                       SEITE 10
-   Kontinuierliche Zusammenarbeit in Hochrisikofällen
   -   Teilnahme        am      Zivilgesellschaftlichen   Dialoggremium
       „Polizei.Macht.Menschen.Rechte“
   -   Teilnahme am Regionalen Zivilgesellschaftlichen Dialogforum
       „Polizei.Macht.Menschen.Rechte“

Kooperation im Zusammenhang mit Täterarbeit:

Seit Jahren kooperiert das Gewaltschutzzentrum sowohl mit Neustart
Burgenland als auch mit der Männerberatung Wien und der Gewaltarbeit des
Vereins für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark zum Angebot von
fallbezogenem Antigewalttraining im Nord- bzw. Südburgenland nach den
Standards opferschutzorientierter Täterarbeit. Die Geschäftsführung arbeitet
seit Jahren aktiv in der „Bundesarbeitsgemeinschaft Opferschutzorientierte
Täterarbeit“ mit.

Die bundesweite Vernetzung der Gewaltschutzzentren findet durch die
Teilnahme an den regelmäßigen Treffen des juristischen Fachforums der
österreichischen Gewaltschutzzentren, der Interventionsstelle Wien und der
Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels sowie an den regelmäßigen
Treffen     des      psychosozialen      Fachforums    der     österreichischen
Gewaltschutzzentren, der Interventionsstelle Wien und der Interventionsstelle
für Betroffene des Frauenhandels statt.

Die       Geschäftsführung      nimmt        regelmäßig       an        den
Geschäftsführerinnenkonferenzen der österreichischen Gewaltschutzzentren,
der Interventionsstelle Wien und der Interventionsstelle für Betroffene des
Frauenhandels teil.

Öffentlichkeitsarbeit
Die Öffentlichkeitsarbeit des Gewaltschutzzentrums besteht in der Erstellung
von      Informationsmaterial       für      die Betroffenen     und      für
Kooperationspartner*innen sowie Multiplikator*innen. Dazu werden Folder zu
den Angeboten des Gewaltschutzzentrums, Plakate mit einem Kurz-
Tätigkeitsbericht, Plakate mit Piktogrammen gegen Gewalt, Informationen zum
Gewaltschutzgesetz in verschiedenen Sprachen, Notfallkärtchen (für
Krankenhäuser und Arztpraxen) und Folder für Ärzt*innen und Patient*innen
zum Thema ärztliche Unterstützung und ärztliche Anzeige- und Meldepflichten
bei häuslicher Gewalt erstellt und verteilt.

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Die Pressearbeit geschieht aktiv durch Presseaussendungen bzw.
Pressekonferenzen zur jährlichen Bilanz oder besonderen Anlässen wie 16 Tage
gegen Gewalt, meist gemeinsam mit Kooperationspartner*innen. Auf Anfrage
stehen die Mitarbeiterinnen des Gewaltschutzzentrums den regionalen Medien
als Expertinnen zur Verfügung. Vereinzelt werden Einschaltungen in regionalen
Medien und Veröffentlichungen von Verbänden und Einrichtungen gemacht.

Multiplikatoren wie Ärzte*innen und Pflegepersonal, Betreuungslehrer*innen,
Kindergartenpädagogen*innen, Tagesmütter und -väter und andere potenzielle
Ansprechpartner*innen sind wichtige Zielgruppen der Öffentlichkeitsarbeit,
weil sie einerseits meinungsbildend und andererseits oftmals niederschwellige
Anlaufstellen für Betroffene sind. Das Gewaltschutzzentrum geht aktiv auf diese
Gruppen zu und versucht, sie in Vorträgen und Workshops über die
Möglichkeiten des Gewaltschutzes und das Angebot des Gewaltschutzzentrums
zu informieren.

Besonders wichtig ist dies für Opfergruppen, die von sich aus über wenig
Sozialkontakte verfügen, wie z. B. ältere oder pflegebedürftige Menschen. Hier
besteht ein reger Austausch mit Projekten zur Sensibilisierung von
Mitarbeiter*innen der Hauskrankenpflege und Mobiler Dienste.

Darüber hinaus wird im Rahmen von Kursmaßnahmen des AMS und des BFI für
langzeitarbeitslose Frauen und Jugendliche sowie Wiedereinsteigerinnen das
Gewaltschutzzentrum vorgestellt. Nach fast jedem dieser Termine melden sich
Teilnehmer*innen als selbst Betroffene oder als Vermittler*innen für Opfer aus
ihrem Umfeld. Dieselben Erfahrungen werden auch nach Vorträgen in Schulen
(BAfEP, Gesundheits- und Krankenpflegeschule, Sozialfachschule, AHS und
BHS) gemacht.

Diese Form der Öffentlichkeitsarbeit ist eine sehr zeitintensive, aber auch sehr
effektive, da Opfer sich unmittelbar angesprochen fühlen und ermutigt werden,
Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei diesen Vorträgen wird besonderes Augenmerk
auf die Sensibilisierung der Zuhörer*innen bezüglich des Themas häusliche
Gewalt gelegt und das Unterstützungsangebot des Gewaltschutzzentrums
Burgenland vorgestellt.

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STATISTIK DES GEWALTSCHUTZZENTRUMS BURGEN-
LAND 2020

STATISTIK 2020

Anzahl der beratenen Personen                                      612

davon Auftragsvertrag (BMI und Bundeskanzleramt, Sektion Frauen)   595

Anzahl der übermittelten Betretungs- und Annäherungs-              252
verbote
gemeldete Streitschlichtungen                                         1
gemeldete Anzeigen wegen Beharrlicher Verfolgung                      5
sonstige Mitteilungen                                                17

Geschlecht der Opfer
weiblich                                                           489
männlich                                                            123

Alter der Opfer

bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres (Lj.)                       54
11. bis vollendetes 14 Lj.                                          30
15. bis vollendetes 18 Lj.                                          35
19. bis vollendetes 21 Lj.                                          20
22. bis vollendetes 30 Lj.                                          82
31. bis vollendetes 40 Lj.                                          111
41. bis vollendetes 50 Lj.                                         128
51. bis vollendetes 60 Lj.                                          85
61. bis vollendetes 70 Lj.                                          36
71. bis vollendetes 80 Lj.                                          14
über 80 Jahre                                                        7
unbekannt                                                           10

Einkommen Opfer

aus Vollzeitbeschäftigung                                           98
aus Teilzeitbeschäftigung                                           78
aus geringfügiger Beschäftigung                                       9
aus selbständiger Erwerbstätigkeit                                   13
Lehre                                                                 7
Wochengeldbezug, Kinderbetreuungsgeldbezug                          27
Pension                                                             66
Arbeitslos (AMS Leistung)                                           53

                                                                   SEITE 13
Sozialhilfe, Mindestsicherung                             18
kein Einkommen                                            14
kein Einkommen - Kind                                    92
kein Einkommen - in Ausbildung (Schule, Universität …)   22
keine Angaben                                            115

Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden
minderjährigen (mj) Kinder

kein mj Kind                                             390
ein mj Kind                                              105
zwei mj Kinder                                            76
drei mj Kinder                                            25
vier mj Kinder und mehr                                   10
unbekannt                                                  6

Geschlecht der gefährdenden Personen

männlich                                                 444
weiblich                                                  56
unbekannt                                                  1

Alter der gefährdenden Personen
bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres (Lj.)              1
11. bis vollendetes 14 Lj.                                 1
15. bis vollendetes 18 Lj.                                17
19. bis vollendetes 21 Lj.                                 7
22. bis vollendetes 30 Lj.                                71
31. bis vollendetes 40 Lj.                               102
41. bis vollendetes 50 Lj.                               138
51. bis vollendetes 60 Lj.                                78
61. bis vollendetes 70 Lj.                                34
71. bis vollendetes 80 Lj.                                 9
über 80 Jahre                                              6
unbekannt                                                 37

Einkommen der gefährdenden Personen
aus Vollzeitbeschäftigung                                144
aus Teilzeitbeschäftigung                                 14
aus geringfügiger Beschäftigung                             1
aus selbständiger Beschäftigung                           28
Lehre                                                       3
Wochengeldbezug, Kinderbetreuungsgeldbezug                 0
Pension                                                   48
Arbeitslos (AMS Leistung)                                 78
Sozialhilfe, Mindestsicherung                              11

                                                         SEITE 14
kein Einkommen                                                12
kein Einkommen - Kind                                          4
kein Einkommen - in Ausbildung (Schule, Universität, …)        6
unbekannt                                                    152

Beziehungsverhältnisse bei Gewalt in (Ex)Partnerschaften

Ehemann misshandelt Ehefrau                                  121
Ehefrau misshandelt Ehemann                                   10
Ex-Ehemann misshandelt Ex-Frau                                32
Ex-Ehefrau misshandelt Ex-Mann                                 1
Lebensgefährte/Freund misshandelt Lebensgefährtin            66
Lebensgefährtin/Freundin misshandelt Lebensgefährten           3
Ex-Lebensgefährte/Freund misshandelt Ex-Lebensgefährtin      87
Ex-Lebensgefährtin/Freundin misshandelt Ex-Lebensgefährten     3
Gewalt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften               0

sonstige familiäre Beziehungen/sozialer Nahraum

(Stief)Vater misshandelt (Stief)Sohn                         47
(Stief)Mutter misshandelt (Stief)Sohn                          4
(Stief)Vater misshandelt (Stief)Tochter                      48
(Stief)Mutter misshandelt (Stief)Tochter                       7
(Stief)Sohn misshandelt (Stief)Mutter                        26
(Stief)Sohn misshandelt (Stief)Vater                           9
(Stief)Tochter misshandelt (Stief)Mutter                       8
(Stief)Tochter misshandelt (Stief)Vater                        2
(Stief)Bruder misshandelt (Stief)Schwester                    15
(Stief)Bruder misshandelt (Stief)Bruder                       10
(Stief)Schwester misshandelt (Stief)Bruder                     1
(Stief)Schwester misshandelt (Stief)Schwester                  1
sonstige Beziehungsverhältnisse                              117
unbekannt

Beziehungsverhältnisse bei Stalking

Ehemann stalkt Ehefrau                                        1
Ehefrau stalkt Ehemann                                        0
Ex-Ehemann stalkt Ex-Ehefrau                                  4
Ex-Ehefrau stalkt Ex-Ehemann                                  0
Lebensgefährte stalkt Lebensgefährtin                         0
Lebensgefährtin stalkt Lebensgefährten                        0
Ex-Lebensgefährte/Freund stalkt Ex-Lebensgefährtin            9
Ex-Lebensgefährtin/Freundin stalkt Ex-Lebensgefährten         3
Mann stalkt Frau (keine vorangegangene Liebesbeziehung)       9

                                                             SEITE 15
Mann stalkt Mann (keine vorangegangene Liebesbeziehung)                 2
 Frau stalkt Mann (keine vorangegangene Liebesbeziehung)                 1
 Frau stalkt Frau (keine vorangegangene Liebesbeziehung)                 2
 Stalking sonstige                                                       0
 Stalking durch unbekannte Person                                        1

 Eingebrachte Anträge auf Erlassung einer Einstweiligen                99
 Verfügung (EV)

 EV - Antrag mit Gewaltschutzzentrum nach einem Betretungs- und         77
 Annäherungsverbot
 EV - Antrag mit Gewaltschutzzentrum ohne vorangegangenes               22
 Betretungs- und Annäherungsverbot

 Tätigkeiten des Gewaltschutzzentrums                                 3932
 Anzahl der persönlichen Beratungsgespräche:                           583

 a. im Gewaltschutzzentrum                                             261
 b. außerhalb der Büroräumlichkeiten                                   322
 Anzahl der                                                           2201
 telefonischen Beratungen mit Klient*innen
 Anzahl der fallbezogenen Telefonate mit Institutionen/Angehörigen    1148

 Prozessbegleitungen                                                    59
 Summe aller Prozessbegleitungen (Zivil- und Strafverfahren)

 davon Anzahl der Strafprozessbegleitungen                              58
 Davon Anzahl der Zivilprozessbegleitungen                               1

IST-STAND UND ENTWICKLUNG
Covid-19-Situation

Im Jahr 2020 sank die Zahl der Klient*innen, die die Unterstützung des
Gewaltschutzzentrums in Anspruch genommen haben, gegenüber 2019. Bedingt
durch den deutlichen Rückgang der Betretungs- und Annäherungsverbote im
Jahr 2020 (bei vergleichbarer Zählweise wurden dem Gewaltschutzzentrum 2020
um 80 Betretungsverbote weniger übermittelt als im Jahr 2019) blieb trotz einer
gesteigerten Zahl an Selbstmelder*innen (im weitesten Sinn) die Gesamtzahl der
Betreuten um rund 50 Personen unter der Zahl des Vorjahres. Zudem wurden
dem Gewaltschutzzentrum, wie untenstehend noch ausführlich ausgeführt, um

                                                                       SEITE 16
knapp 88 % weniger Anzeigen wegen Beharrlicher Verfolgung übermittelt als im
Jahr 2019.

Das Management einer unvermindert guten Betreuung Gewaltbetroffener trotz
der notwendigen Einschränkungen durch die Covid-19-Maßnahmen stellte die
größte Herausforderung des Jahres 2020 dar und begleitet uns auch noch im Jahr
2021.

Anzeigen wegen Beharrlicher Verfolgung (§ 107a StGB)
Eine weitere Erklärung für die 2020 im Vergleich zu 2019 gesunkene Zahl an
betreuten Personen ist die Tatsache, dass seit 01.01.2020 mit dem Erlass des
Bundesministeriums für Inneres vom 12.12.20195 nur bei jenen
Anzeigenerstattung nach § 107a StGB, die den Ausspruch eines Betretungs- und
Annäherungsverbotes gemäß § 38a SPG zur Folge haben, die Übermittlung der
personenbezogenen Daten von der Exekutive an die gesetzlich anerkannten
Opferschutzeinrichtungen vorgesehen ist (§ 56 Abs 1 Z 3 iVm § 25 Abs 3 SPG).

Aus Sicht des Gewaltschutzzentrums Burgenland bedarf es einer gesetzlich
normierten Regelung der Datenübermittlung bei Beharrlicher Verfolgung (§ 107a
StGB), Fortgesetzter Gewaltausübung (§ 107b StGB) und Fortgesetzter
Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (§
107c StGB) ans Gewaltschutzzentrum, damit eine proaktive Kontaktaufnahme zu
den betroffenen Personen ermöglicht wird.

In den vergangenen Jahren wurden im Burgenland gemeinsam mit dem
Bundesministerium für Inneres und der Landespolizeidirektion zahlreiche
Anstrengungen unternommen, um eine Übermittlung von Anzeigen wegen
Beharrlicher Verfolgung ans Gewaltschutzzentrum möglichst lückenlos zu
erreichen. Das hat (bis zum Inkrafttreten des oben erwähnten Erlasses des
Bundesministeriums für Inneres vom 12.12.2019) im Burgenland dazu geführt,
dass nahezu 100 % der diesbezüglichen Anzeigenerstattungen dem
Gewaltschutzzentrum bekannt gemacht wurden und dieses in der Folge in der
Lage war, Stalkingopfer durch eine proaktive Kontaktaufnahme zu unterstützen.

Wenn im Zuge einer Anzeigenerstattung wegen Beharrlicher Verfolgung kein
Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wird, erhält das
Gewaltschutzzentrum die Daten der Betroffenen nicht mehr und kann diese
somit auch nicht proaktiv kontaktieren und Unterstützung anbieten. Im

5
  Erlass für die Organisation und die Umsetzung im Bereich Gewaltschutz in der Privatsphäre des Bundesministeriums
für Inneres, Erlass BMI-EE1500/0089-II/2/a/2019 vom 12.12.2019.

                                                                                                       SEITE 17
Burgenland ist die Zahl der betreuten Stalkingopfer deutlich gesunken (um fast
ein Drittel), da offenbar in nur sehr wenigen Fällen von den Polizeibeamt*innen
bei Anzeigenerstattungen wegen Beharrlicher Verfolgung das Vorliegen der
Voraussetzungen        für    den     Ausspruch     eines    Betretungs-    und
Annäherungsverbotes bejaht wird. Da Stalking in der Mehrzahl der Fälle von Ex-
Partner*innen ausgeübt wird, liegen hier dieselben Dynamiken wie bei anderen
Formen von (Ex-) Beziehungsgewalt vor. Aus diesem Grund ist es auch nach
Anzeigen wegen Beharrlicher Verfolgung so wichtig, dass die
Gewaltschutzzentren die Betroffenen wieder proaktiv kontaktieren können, um
ihnen Unterstützung anzubieten.

Die Folge der geänderten erlassmäßigen Regelung ist, dass Opfern von
Beharrlicher Verfolgung Informationen über wesentliche Rechte wie der
Möglichkeit der Antragstellung nach § 382g EO, Prozessbegleitung oder die
Möglichkeit der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen fehlen und sie
keine Begleitung und Beratung, vor allem auch in Hinblick auf ihre Sicherheit,
in Anspruch nehmen können.

Fortbildungen für Gesundheitsberufe

Zur Umsetzung der Bestimmungen der Istanbul-Konvention wurde vom
Gewaltschutzzentrum in enger Kooperation mit Annemarie Erdemgil-
Brandstätter für die Akademie Burgenland ein Konzept zur Verankerung des
Themas „Häusliche und sexualisierte Gewalt“ in den Ausbildungszweigen der
Fachhochschule Pinkafeld (Physiotherapie, Gesundheits- und Krankenpflege
und Gesundheitsmanagement) erarbeitet. Das erste Seminar für die Lehrenden
der Fachhochschule        Pinkafeld    und    Praktikumsanleiter*innen      von
Einrichtungen, in denen die Studierenden Praktika absolvieren, startete im März
2020, das zweite für den Herbst 2020 geplante Seminar musste Covid-19-bedingt
auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Das Gewaltschutzzentrum wird
künftig regelmäßig Workshops und Vorträge für die Studierenden durchführen,
die Themen häusliche und sexualisierte Gewalt wurden in den Lehrplänen
entsprechend verankert. Diese Aufgabe wird hauptsächlich eine Mitarbeiterin
übernehmen, die Juristin und Absolventin des Studienzweiges „Management im
Gesundheitswesen“ der Fachhochschule Pinkafeld ist. Covid-19-bedingt mussten
auch diese Workshops auf derzeit noch unbestimmte Zeit verschoben werden.

Polizeikooperationsgespräche im Burgenland

                                                                       SEITE 18
Das Gewaltschutzzentrum pflegt seit vielen Jahren eine sehr gute Kooperation
mit den Polizeibeamt*innen im Burgenland. Zum besseren persönlichen
Kennenlernen und zum Erfahrungsaustausch, vor allem auch hinsichtlich der
neuen Regelung des § 38a SPG durch das Gewaltschutzgesetz 2019, planten die
Mitarbeiterinnen für das Jahr 2020 Kooperationstreffen in allen
Polizeiinspektionen des Burgenlands. Anfang des Jahres 2020 fanden die
Kooperationstreffen in den sechs Bezirkspolizeikommanden und im
Stadtpolizeikommando Eisenstadt statt. An diesen Treffen nahmen neben der
Leitung der Bezirkspolizeikommanden auch die Präventionsbeamt*innen der
jeweiligen Bezirke und teilweise auch die Inspektionskommandant*innen teil.
Danach sollten über Koordination der Bezirkspolizeikommanden Gespräche auf
allen Polizeiinspektionen starten, an denen auch die Kommandant*innen der
Polizeiinspektionen teilnehmen sollten. Ziel dieser Gespräche wäre neben dem
persönlichen Kennenlernen der Beamt*innen und der Mitarbeiterinnen des
Gewaltschutzzentrums der Erfahrungsaustausch hinsichtlich der Bestimmungen
im § 38a SPG und die Besprechung der künftigen Kooperation zwischen Polizei
und Gewaltschutzzentrum (Wünsche und Verbesserungsvorschläge sollten hier
Platz finden) gewesen. Bei diesen Treffen sollte auch die Gelegenheit genützt
werden, die Situation der Opfer darzustellen und das Verständnis für manchmal
möglicherweise unverständlich wirkendes Verhalten von gefährdeten Personen,
das mit den speziellen Gewaltdynamiken in Fällen von häuslicher und
Beziehungsgewalt erklärt werden kann, zu vertiefen. Das Thema Beharrliche
Verfolgung und die Notwendigkeit, Stalkingopfer auf das Betreuungsangebot des
Gewaltschutzzentrums aktiv hinzuweisen, wenn kein Betretungs- und
Annäherungsverbot ausgesprochen wird, wäre ebenfalls ein wichtiges Thema bei
diesen Kooperationstreffen gewesen. Aufgrund der schon mehrfach erwähnten
Covid-19-Einschränkungen fanden nur einzelne dieser Kooperationsgespräche
statt, die meisten der bereits vereinbarten Termine mussten verschoben werden.
Derzeit ist noch nicht absehbar, wann diese fortgesetzt werden können.

Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen

Im Jahr 2020 fanden insgesamt fünf Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen mit
Beteiligung des Gewaltschutzzentrums statt, vier davon auf dessen Anregung.

Zur Vorbereitung eines nahtlosen Übergangs von den bereits etablierten
Risikofallkonferenzen unter der Koordination des sog. Kernteams, bestehend aus
Staatsanwaltschaft Eisenstadt, Landespolizeidirektion Burgenland und dem
Gewaltschutzzentrum, hin zu der durch das Gewaltschutzgesetz 2019 neu
geregelten Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden für die Abhaltung von
Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen wurde – Covid-19-bedingt erst im

                                                                      SEITE 19
Frühjahr – von der Landespolizeidirektion zu einem Jour fix geladen.
Teilnehmer*innen dieses Treffens waren neben den Bezirkshauptleuten und
deren Sicherheitsreferent*innen aller burgenländischen Bezirke Vertreter*innen
der Landespolizeidirektion, der Staatsanwaltschaft Eisenstadt und des
Gewaltschutzzentrums. Den Vertreter*innen der Bezirksverwaltungsbehörden
wurde die bisher gehandhabte Praxis der Risikofallkonferenzen dargestellt und
die vom Gewaltschutzzentrum verwendeten Risikoeinschätzungstools erläutert.
Basierend auf dem Erlass der Landespolizeidirektion Burgenland zu den
Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen und den Ergebnissen des Jour fix
konnte im Burgenland eine Vorgehensweise etabliert werden, die sich in der
praktischen Umsetzung sehr gut bewährt hat. Allen Anregungen zur Abhaltung
einer Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenz durch das Gewaltschutzzentrum
wurde bisher immer umgehend nachgekommen.

                                                                     SEITE 20
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