Telepsychotherapie als Chance und Herausforderung: Eine longitudinale Mixed-Methods Studie

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Psychotherapie Forum (2021) 25:37–43
https://doi.org/10.1007/s00729-021-00169-2

Telepsychotherapie als Chance und Herausforderung: Eine
longitudinale Mixed-Methods Studie
Claudia Höfner · Markus Hochgerner · Gerd Mantl · Robert Stefan · Julia Stammer

Angenommen: 24. März 2021 / Online publiziert: 27. April 2021
© Der/die Autor(en) 2021

Zusammenfassung Seit Beginn der COVID-19 Krise                  Remote psychotherapy as an opportunity and
und der sukzessiven Lockdowns sind Psychothera-                 challenge. A longitudinal mixed-methods study
peut*innen plötzlich gefordert, auf Telepsychothera-
pie (TEP) umzustellen. Die vorliegende Studie un-               Summary Since the onset of the COVID-19 cri-
tersucht, wie dieser Umstieg bewältigt wird und wie             sis and successive lockdowns, psychotherapists are
erfahren sich Psychotherapeut*innen im Umgang mit               challenged to rapidly transition to telepsychotherapy
TEP fühlen, welche Veränderungen in der therapeu-               (TEP). The current study investigates how the sud-
tischen Beziehung wahrgenommen werden und wel-                  den change is managed and how experienced psy-
che Behandlungstechniken in der TEP als besonders               chotherapists feel in dealing with TEP, which changes
geeignet erscheinen. Die Untersuchungen wurden                  in therapeutic relationship are perceived, and which
longitudinal mit zwei Erhebungszeitpunkten mit ei-              treatment techniques appear to be particularly appro-
nem Mixed-Methods Forschungsdesign durchgeführt.                priate in TEP. The research was conducted longitudi-
Es zeigt sich, dass der Umstieg auf TEP gut bewältigt           nally with two data collection points using a mixed-
wird und die Erfahrung mit speziellen Apps und Vi-              methods research design. It is found that the switch
deotelefonie signifikant zunimmt. Die Ergebnisse der            to TEP is well managed and that experience with spe-
Untersuchung legen für die vorliegende Stichprobe               cific apps and video telephony increased significantly.
eine gewisse Adaptierungsfähigkeit der Psychothera-             The results of the study suggest a certain adaptabil-
peut*innen nahe und zeigen, dass durch TEP keine                ity of psychotherapists for the present sample and
allgemeine Tendenz zur Verschlechterung der Qualität            show that there is no general tendency in perceiving
der therapeutischen Beziehung wahrgenommen wird                 a deterioration in the quality of the therapeutic rela-
und dass mit der Zeit eine Adaptierung der therapeu-            tionship through TEP and that, over time, therapeutic
tischen Techniken aus der Face-to-Face Situation für            techniques are being adapted from the face-to-face
die TEP vollzogen wird.                                         situation to TEP.

Schlüsselwörter COVID-19 · Internetbasierte                     Keywords COVID-19 · Mixed-methods ·
Psychotherapie · Mixed-Methods ·                                Psychotherapeutic relationship · Psychotherapeutic
Psychotherapeutische Beziehung ·                                technique · Remote psychotherapy ·
Psychotherapeutische Technik · Internetbasierte                 Telepsychotherapy
Therapie · Telepsychotherapie
                                                                Einleitung

                                                                Am 16. März begann in Österreich der erste COVID-
                                                                19-Lockdown. In der anfangs unübersichtlichen Si-
                                                                tuation wurden in der niedergelassenen Gesundheits-
C. Höfner () · M. Hochgerner · G. Mantl · R. Stefan ·
J. Stammer
                                                                versorgung Ordinationen und Praxen weitgehend ge-
Österreichischer Arbeitskreis für Gruppentherapie und           schlossen, nach Möglichkeit auf Versorgung via Te-
Gruppendynamik, Lenaugasse 3, 1080 Wien, Österreich             lekommunikation umgestellt. Arbeit im Home-Office
praxis@claudiahoefner.at                                        und Neologismen wie Distance-Learning oder Social-

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Distancing prägen seither den Alltag. Auch die Psy-              zum Ausdruck zu bringen und Trost zu spenden. In
chotherapie ging auf Distanz (Markowitz et al. 2020;             einer Untersuchung von McBeath et al. (2020) kurz
Swartz 2020).                                                    nach Beginn der COVID-19 Krise werden Gefühle
    Erfreulicherweise wurde rasch und unbürokratisch             der Isolation in Sitzungen, Schwierigkeiten beim Auf-
seitens der Gesundheitsbehörde und der Sozialversi-              rechterhalten der therapeutischen Beziehung und mit
cherungsträger zu Beginn der Krise die Honorierung               all dem einher schnelle Ermüdung und ein Gefühl
von Telepsychotherapie (TEP) via Internet oder Te-               mangelnder Kompetenz und Wirksamkeit genannt.
lefon ermöglicht (ÖBVP 2020). Damit ist TEP, wel-                Nichtsdestotrotz gibt die überwiegende Mehrheit der
cher viele Psychotherapeut*innen bis dahin mit Skep-             Befragten dieser Studie an, dass TEP wirksam ist und
sis begegneten, plötzlich zur Routinepraxis für lau-             sich die behandelten Personen wohl fühlen würden.
fende und neue Psychotherapien geworden (Swartz                      Mit Anhalten der COVID-19 Krise wird deutlich,
2020). Derzeit wird auch in Österreich engagiert er-             dass neben Querschnittsuntersuchungen auch Ent-
forscht, wie sich die COVID-19 Krise in der Psycho-              wicklungen und Veränderungen im Umgang mit TEP
therapie mit Blick auf TEP auswirkt und wie Psycho-              longitudinal zu untersuchen sind (Korecka et al. 2020).
therapeut*innen den Übergang und die neue Situati-               Der vorliegende Artikel setzt hier an und präsentiert
on bewältigen (Höfner et. al. 2021, Mantl et. al. 2021,          Ergebnisse laufender Untersuchungen zu Verände-
Humer et al. 2020; Korecka et al. 2020; Probst et al.            rungen in der Psychotherapie durch die COVID-19
2020).                                                           Krise, in welchen Wahrnehmungen und Reflexionen
    Empirische Evidenz zur Wirksamkeit von TEP ist               von Psychotherapeut*innen in Österreich hinsicht-
zwar noch begrenzt, die vorhandene Studienlage ist               lich des Umgangs mit TEP erhoben werden. Die
aber vielversprechend (Swartz 2020). Markowitz et al.            Untersuchungen wurden longitudinal mit mehreren
(2020) konstatieren in einem Review, dass die For-               Erhebungszeitpunkten in einem Mixed-Methods For-
schung zu TEP bis zum Beginn der COVID-19 Krise                  schungsdesign durchgeführt.
vielfach mit selektiven Populationen gearbeitet hat                  Es wird nachfolgend dargestellt, wie der plötzliche
(z. B. HIV-positive Patient*innen oder Frauen mit                Umstieg bewältigt wurde und wie erfahren sich Psy-
postpartaler Depression in ruralen Gebieten). Das                chotherapeut*innen im Umgang mit TEP fühlen, wo-
ist nun anders, denn plötzlich sind alle Psychothe-              bei hier keine konkreten Hypothesen zugrunde ge-
rapeut*innen mit allen Populationen gefordert, TEP               legt wurden. Es wurde untersucht, welche Auswirkun-
oder zumindest gemischte Psychotherapie („blended                gen auf die therapeutische Beziehung wahrgenom-
therapy“, eine Kombination von Face-to-Face und                  men werden, wobei anhand des Reviews von Mar-
TEP) als aktuelle Routinepraxis anzubieten. Außer-               kowitz et al. (2020) und der Ergebnisse von McBeath
dem wird von den Review-Autor*innen zu bedenken                  et al. (2020) die Hypothese zugrunde lag, dass die Qua-
gegeben, dass die TEP oftmals als Ergänzung zu her-              lität derselben durch TEP eher negativ beeinträchtigt
kömmlicher Psychotherapie angewendet wurde und                   wird. Es wurde untersucht, welche Behandlungstech-
dass überwiegend kognitiv behaviorale Ansätze un-                niken in der TEP als besonders geeignet erscheinen,
tersucht wurden, welche hauptsächlich mit Sprach-                wobei hier die vom Forschungsteam angenommene
telefonie arbeiteten. Wenig Daten liegen demnach                 Hypothese zugrunde lag, dass etwa die Arbeit mit leib-
zu anderen methodischen Ansätzen in der TEP und                  und körperorientierten Interventionen oder kreativen
zu Videotherapie vor. Daraus ergibt sich, dass die               Medien unter TEP leidet. Von Interesse war bei allen
Forschungsliteratur vor der COVID-19 Krise in Bezug              Fragen, wie sich der Umgang mit TEP über die Zeit
auf die gegenwärtige Situation nur bedingt aussage-              verändert.
kräftig ist; Chancen und Herausforderungen werden
nunmehr deutlicher.                                              Studiendesign, Messzeitpunkte und Stichprobe
    TEP leistet etwas anderes und etwas mehr als
die herkömmliche Psychotherapie. Zum einen ist da                Die Erhebung erfolgte auf Basis einer Online-Befra-
die Gesundheitsversorgung in Zeiten von Lockdowns                gung über SociSurvey zu drei Testzeitpunkten (t1:
zu nennen, zum anderen ermöglicht sie Behand-                    06.04.–30.04.2020, t2: 12.05.–14.06.2020, t3: 20.11.–
lung und Supervision, wenn die Face-to-Face Situati-             19.12.2020) mittels eines Fragebogens1, welcher offe-
on aufgrund großer geographischer Distanzen nicht                ne und geschlossene Fragen kombiniert. Es wurde an
möglich ist. Wenig überraschend wird in dem Review               Psychotherapeut*innen des Österreichischen Arbeits-
von Markowitz et al. (2020) häufig die eingeschränk-             kreises für Gruppentherapie und Gruppendynamik
te oder nicht vorhandene Face-to-Face Begegnung                  (ÖAGG) über E-Mail ein Link zu einer Online-Befra-
erwähnt, welche das für die Psychotherapie so wich-              gung geschickt. Der Fragebogen umfasste Fragen zur
tige Wahrnehmen, Verstehen und Ausdrücken von                    therapeutischen Beziehung sowie zu den Erfahrungen
Emotionen und den damit verbundenen nonverbal-
gestischen Ausdruck und Austausch zum Abgleich im                1 Der Fragebogen umfasst insgesamt eine Länge von 25 Seiten in
therapeutischen Kontakt erheblich erschwert.                     DIN A4 Format, weshalb dieser nicht im Anhang beigefügt wird.
    Es ist auch nicht möglich, Patient*innen bei Bedarf          Auf Nachfrage kann dieser bei den Studienautor*innen angefragt
ein Taschentuch anzubieten, um nonverbal Mitgefühl               werden.

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mit neuen Medien in der Psychotherapie und zu den                   tig ist. Aufgrund der rasch eingeräumten Möglichkeit
Einschätzungen der Veränderungen der Themen in                      der Kassenfinanzierung wie bei regulärer Psychothe-
der Behandlung. Es wurden des Weiteren auch stan-                   rapie konnten so gut wie alle Psychotherapeut*innen
dardisierte Fragebögen2 eingesetzt, welche jedoch im                TEP durchführen. Lediglich etwa 14 % der Teilneh-
Rahmen einer weiteren Veröffentlichung ausgewertet                  menden in einem Angestelltenverhältnis konnten die-
werden (Mantl et. al. 2021). Da der Messzeitpunkt t3                se Möglichkeit in der Institution nicht nutzen.
derzeit noch ausgewertet wird, werden nachfolgend                      Es zeigt sich, dass 92 % der Befragten zum Zeit-
ausgewählte Ergebnisse aus t1 und t2 vorgestellt. Der               punkt t1 und 75,1 % zum Zeitpunkt t2 TEP zur Behand-
Fragebogen blieb bei den ersten beiden Messzeit-                    lung der Patient*innen verwendeten und dass trotz
punkten unverändert.                                                gelockerter Lockdowns im Mai und Juni 2020 eine
   In Österreich gibt es 23 anerkannte psychothera-                 große Anzahl von Behandlungen weiterhin mit TEP
peutische Verfahren, wobei diese den vier Grundströ-                durchgeführt wurde. Psychotherapeut*innen wurden
mungen psychodynamisch, humanistisch, systemisch                    befragt, wie sehr sie sich der TEP gewachsen fühlen,
und verhaltensorientiert zugeordnet werden können                   wobei 1 für sehr wenig und 5 für sehr stark stand.
(BMSGPK 2020). Die humanistische Orientierung ist                   Die Deskriptivstatistik zeigt, dass sich Psychothera-
bei allen Messzeitpunkten mit über 69 % überreprä-                  peut*innen bei t1 (sehr wenig 1: N = 6, 2: N = 11, 3:
sentiert. Das Alter der Psychotherapeut*innen wurde                 N = 51, 4: N = 60, sehr stark 5: N = 47, Ngesamt = 175) und
in 5-Jahres-Kategorien erfragt. Die Teilnahme an der                bei t2 (sehr wenig 1: N = 5, 2: N = 12, 3: N = 36, 4: N = 67,
Befragung war freiwillig und jederzeit ohne Nachteil                sehr stark 5: N = 57, Ngesamt = 177) mit einem Median
abzubrechen. Beim ersten Messzeitpunkt t1 liegen 175                von 4 dieser speziellen therapeutischen Arbeit mittels
(79,4 % Frauen) vollständig ausgefüllte Online-Frage-               TEP „stark“ gewachsen fühlen. Es zeigt sich, dass sich
bögen vor. Median und Modus der erhobenen Alters-                   Psychotherapeut*innen tendenziell etwas mehr bei t2
angaben liegen bei 7, also der Kategorie 50–54 Jahre.               dieser speziellen therapeutischen Arbeit mittels TEP
54 Teilnehmer*innen (30,9 %) befanden sich zum Zeit-                gewachsen fühlen.
punkt der Befragung noch in Ausbildung unter Su-                       Mit Blick auf die Unterschiede hinsichtlich der Er-
pervision. Beim zweiten Messzeitpunkt t2 liegen 177                 fahrung mit Sprachtelefonie und Videotelefonie zeigt
(79,1 % Frauen) vollständig ausgefüllte Online-Frage-               sich, dass Psychotherapeut*innen sich schon bei t1
bögen vor. Das Alter lag mit einem Median von 7 bei                 (völlig unerfahren 1: N = 0, 2: N = 3, 3: N = 21, 4: N = 47,
der Kategorie 50–54 Jahre und mit einem Modus von 8                 äußerst erfahren 5: N = 95, Ngesamt = 175) und tenden-
bei der Kategorie 55–59 Jahre. 57 Teilnehmer*innen                  ziell etwas mehr bei t2 (völlig unerfahren 1: N = 4, 2:
(32,2 %) befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung                  N = 8, 3: N = 23, 4: N = 56, äußerst erfahren 5: N = 95,
noch in Ausbildung unter Supervision.                               Ngesamt = 177) – wobei 5 der Höchstwert wäre – „sehr
   Da eine vollständige Anonymisierung ohne Mög-                    erfahren“ mit Sprachtelefonie fühlen. Der Median
lichkeit von Rückschlüssen auf einzelne Personen zu-                liegt zu beiden Messzeitpunkten bei 5, also „sehr
gesichert wurde, kam es nach den Erhebungen zu ei-                  erfahren“. Betrachtet man die Messwerte aus der
ner strengen, manuellen Zuordnung der Fälle in Be-                  paarweisen Zuordnung, so zeigt sich, dass es keinen
zug auf bestimmte Kriterien (Geschlecht, Altersgrup-                statistisch signifikanten Unterschied in der Erfahrung
pe, Bundesland, Bildung, Familienstand, psychothera-                im Kontakt über Sprachtelefonie in Abhängigkeit des
peutisches Verfahren) um übereinstimmende Fälle im                  Messzeitpunkts gibt (asymptotischer Wilcoxon-Test:
Sinne der Messwiederholung bzw. statistischen Zwil-                 z = –0,065, p = 0,948, n = 53). Deutlich anders ist das
lingen zu identifizieren. Es kam somit nach der paar-               Ergebnis bei Videotelefonie, bei der Psychothera-
weisen Zuordnung zu einer Fallzahl von 53 Psycho-                   peut*innen sich bei t1 (völlig unerfahren 1: N = 35, 2:
therapeut*innen (77,4 % Frauen), welche über die ers-               N = 25, 3: N = 49, 4: N = 45, äußerst erfahren 5: N = 21,
ten beiden Messzeitpunkte hinweg teilnahmen. Das                    Ngesamt = 175) und bei t2 (völlig unerfahren 1: N = 17, 2:
Alter lag mit einem Median von 6 bei der Katego-                    N = 27, 3: N = 48, 4: N = 59, äußerst erfahren 5: N = 26,
rie 45–49 Jahre und mit einem Modus von 5 bei der                   Ngesamt = 177) mit einem Median von 3 bei beiden
Kategorie 40–44 Jahre. 17 Teilnehmer*innen (32,1 %)                 Messzeitpunkten nur „eher erfahren“ fühlen. Hier ist
befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung noch in                   über den Zeitraum von t1 und t2 eine geringe Stei-
Ausbildung unter Supervision.                                       gerungstendenz erkennbar, welche bei Betrachtung
                                                                    der Messwerte aus der paarweisen Zuordnung einen
Umstieg auf Telepsychotherapie (TEP)                                statistisch signifikanten Unterschied zeigt (asympto-
                                                                    tischer Wilcoxon-Test: z = –2,631, p = 0,009, n = 53). Die
Die quantitative Auswertung zeigt, dass ein größe-                  Größe des statistischen Effekts liegt bei |d| = 0,78 und
rer Teil der teilnehmenden Psychotherapeut*innen (t1:               entspricht damit einem mittleren Effekt.
65,14 %, t2: 63,84 %) nicht im Angestelltenverhältnis tä-              Des Weiteren wurde gefragt, wie sehr sich die
                                                                    Studienteilnehmer*innen im Umgang mit Laptop/
2 Erhebung der Lebensqualität (WHOQOL-BREF, Angermeyer              Notebook, Stand-PC, Tablet und iPad erfahren fühlen.
et al. 2000), der Resilienz (CD-RISC-10, Sarubin et al. 2015) und   Der Erfahrungswert sollte sich sowohl auf den berufli-
der Affektivität (PANAS, Janke und Glöckner-Rist 2012).             chen als auch auf den privaten Umgang beziehen. Die

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Auswertung zeigt, dass sich Psychotherapeut*innen                   So sprechen 24 (t1) bzw. 26 (t2) Therapeut*innen
bei t1 (völlig unerfahren 1: N = 14, 2: N = 8, 3: N = 52,        in diesem Zusammenhang von einer Intensivierung
4: N = 59, äußerst erfahren 5: N = 42, Ngesamt = 175) und        der therapeutischen Beziehung. Beispielsweise meint
bei t2 (völlig unerfahren 1: N = 3, 2: N = 8, 3: N = 40,         eine Gestalttherapeutin: „Die therapeutische Bezie-
4: N = 73, äußerst erfahren 5: N = 53, Ngesamt = 177) mit        hung wird manchmal ,privater‘, der therapeutische
einem Median von 4 bei beiden Messzeitpunkten „er-               Setting-Rahmen [wird] als intimer wahrgenommen.“
fahren“ fühlen. Betrachtet man die Messwerte aus der             (20994, w5, IG6) Einzelne Befragte (t1: 4, t2: 9) geben
paarweisen Zuordnung, so zeigt sich, dass es keinen              zudem an, dass den Patient*innen durch den Einsatz
statistisch signifikanten Unterschied in der Erfahrung           von TEP die persönliche Öffnung leichter fällt. Etwas
im Kontakt über Sprachtelefonie in Abhängigkeit des              seltener wird die therapeutische Beziehung von den
Messzeitpunkts gibt (asymptotischer Wilcoxon-Test:               befragten Psychotherapeut*innen als distanzierter be-
z = –1,804, p = 0,071, n = 53).                                  schrieben (t1: 16, t2: 14), manchmal mit einer differen-
   Weniger Erfahrung zeigte sich im Umgang mit                   zierten Begründung, teilweise aber auch ohne. Diese
neueren technischen Medien: Skype, Zoom, Facetime,               Distanz tritt in manchen Fällen eher zu Beginn der
WhatsApp, Signal, TheraPsy Connect, Instahelp, Tele-             virtuellen Sitzungen auf, was für einen Gewöhnungs-
gram, Threema, fair-meeting, Jitsi Meet. Die Deskrip-            effekt und eine Adaptierungsfähigkeit spricht. Es zeigt
tivstatistik zeigt, dass sich Psychotherapeut*innen bei          sich, dass die Distanz mit zunehmender Vertrautheit
t1 (völlig unerfahren 1: N = 47, 2: N = 112, 3: N = 16, 4:       mit dem neuen Setting wieder abnimmt. Manche Be-
N = 0, äußerst erfahren 5: N = 0, Ngesamt = 175) und ten-        fragten sprechen von mehr Oberflächlichkeit in der
denziell etwas mehr bei t2 (völlig unerfahren 1: N = 3,          therapeutischen Beziehung und einer eingeschränk-
23: N = 131, 3: N = 20, 4: N = 3, äußerst erfahren 5: N = 0,     ten Möglichkeit, diese zu vertiefen (t1:12, t2: 9).
Ngesamt = 177) mit diesen speziellen Medien in Summe                Zu Beginn der Pandemie erleben doppelt so viele
mit einem Median von 2 bei beiden Messzeitpunkten                Psychotherapeut*innen Einschränkungen in der the-
„unerfahren“ fühlen. Die erkennbare Steigerungs-                 rapeutischen Beziehung wie beim zweiten Erhebungs-
tendenz zeigt bei Betrachtung der Messwerte aus                  zeitpunkt (t1:80, t2: 41). Hier fällt die eingeschränkte
der paarweisen Zuordnung einen statistisch signifi-              Wahrnehmung der Sinneseindrücke hinein, welche
kanten Unterschied (asymptotischer Wilcoxon-Test:                sich durch den Einsatz von TEP ergibt (t1:22, t2: 9).
z = –2,887, p = 0,004, n = 53). Die Erfahrung im Kontakt         Psychotherapie via „Telefon gestaltet sich schwierig,
über Videotelefonie ist bei t2 somit signifikant höher           da alle wichtigen nonverbalen Signale fehlen und es
als bei t1 (Median t1 und t2: 2; völlig unerfahren 1: N          leichter zu Missverständnissen kommt. Der persön-
zu t1 = 14, N zu t2 = 7; 2: N zu t1 = 36, N zu t2 = 40; 3 : N    liche Kontakt ist für mich nicht gleichwertig durch
zu t1 = 3, N zu t2 = 6; 4: N zu t1 und t2 = 0; äußerst er-       andere Medien zu ersetzen“ (540, w, PD). „Atmo-
fahren 5: N zu t1 und t2 = 0; Ngesamt = 53). Die Größe des       sphärisch ist weniger spürbar. Die zwischenleibliche
statistischen Effekts liegt bei |d| = 0,78 und entspricht        Resonanz fehlt bzw. ist nur visuell oder akustisch
damit einem mittleren Effekt.                                    wahrnehmbar“ (967, w, IG). Insgesamt findet „weni-
                                                                 ger Wahrnehmung von Körperausdruck, Stimmungen
Veränderung der therapeutischen Beziehung                        und Atmosphären“ statt (2655, w, IG).

Auf die Frage, welche Veränderungen Psychothera-                 Behandlungstechniken
peut*innen durch den Einsatz von TEP wahrnehmen,
antwortet ein Großteil der Befragten beim ersten                 Um die Antworten auf die offenen Fragen der qualita-
und zweiten Testzeitpunkt, dass sie die Qualität der             tiven Erhebung einzuordnen, wurden die Kategorien
therapeutischen Beziehung als verändert erleben (t1:             des generellen Selbsterlebens und in einer Spezifizie-
90 Angaben3, t2: 93 Angaben).                                    rung die Unterkategorien des sprachlichen Erlebens,
   Als Qualitätsmerkmale der therapeutischen Bezie-              des szenischen Erlebens und des Körpererlebens ge-
hung werden in diesem Zusammenhang vorrangig Ei-
genschaften wie Intensität und die Möglichkeit zur
                                                                 4 Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf den Fragebogen-
persönlichen Öffnung, aber auch das Erleben von Dis-
                                                                 Code, welcher in fortlaufenden Nummern angegeben wird.
tanz und einer gewissen Oberflächlichkeit genannt.               5 „m“ bzw. „w“ geben das Geschlecht der Therapeutin an.
Die Ergebnisse sind demnach sowohl in Richtung ei-
                                                                 6 Nachfolgende Abkürzungen geben jenes psychotherapeuti-
ner Intensivierung der Beziehung mit größerer per-
                                                                 sches Verfahren an, welchem der*die Therapeut*in angehört.
sönlicher Offenheit zu sehen, als auch in Richtung ei-           „nb“: nicht bekannt; „EL“: Existenzanalyse und Logotherapie;
ner erhöhten Distanzierung und Oberflächlichkeit der             „IG“: Integrative Gestalttherapie; „IT“: Integrative Therapie;
therapeutischen Beziehung.                                       „KBT“: Konzentrative Bewegungstherapie; „PD“: Psychodra-
                                                                 ma; „DG“: Dynamische Gruppenpsychotherapie; „PA“: Psycho-
                                                                 analyse; „SF“: Systemische Familientherapie; „HY“: Hypnose-
                                                                 psychotherapie; „KIP“: Katathym Imaginative Psychotherapie;
3 Die Anzahl hinter den Testzeitpunkten t und t beziehen sich    „KP“: Klientenzentrierte Psychotherapie; „PoP“: Psychoanaly-
                                         1     2
hier auf verschiedene Wortmeldungen und nicht auf die Anzahl     tisch orientierte Psychotherapie; „NLPt“: Neuro-Linguistische
der Therapeut*innen.                                             Psychotherapie; „GTP“: Gestalttheoretische Psychotherapie.

40    Telepsychotherapie als Chance und Herausforderung: Eine longitudinale Mixed-Methods Studie                     K
originalarbeit

bildet, um einerseits der Heterogenität der psycho-               deutlich zunimmt (t1: 27, t2: 43). Unter Körpererleben
therapeutischen Verfahren der Stichprobe gerecht zu               wird hier die aktuelle subjektive Wahrnehmung des
werden und andererseits allgemeine Tendenzen dies-                Körpers im Kontakt mit sich selbst und in Bezug zu
seits der Verfahrensunterschiede herauszuarbeiten.                wichtigen anderen Personen verstanden, wobei sub-
    Die Therapeut*innen geben am häufigsten an, dass              jektive Wahrnehmung die aktuellen Sinnesempfin-
sich bei TEP jene Techniken besonders gut eignen, die             dungen als auch damit verbundene lebensgeschicht-
sich auf das sprachliche Erleben beziehen (t1:139, t2:            liche Körpererfahrungen meint, die in ihren unter-
128). Dazu zählt, Begriffe assoziativ zu finden, als per-         schiedlichen Qualitäten situativ reaktiviert in das
sönlich bedeutsam zu erfassen und verstehend einzu-               aktuelle Erleben mit einfließen und damit wesentlich
ordnen und auch sprachlich adäquates und differen-                die persönliche, subjektive Bedeutungsgebung der
ziertes Erleben im inneren Dialog respektive mit an-              momentanen Situation beeinflussen. In diesem Zu-
deren Personen situationsgerecht zu nutzen. Am häu-               sammenhang führen Psychotherapeut*innen am häu-
figsten wird hier der Begriff des Gesprächs genannt               figsten die Leibarbeit oder auch Körperarbeit an (t1: 6,
(t1:45, t2: 59). Des Weiteren nennen die Befragten oft            t2: 10). Weitere Techniken sind Entspannungsübungen
das Zuhören (t1:16, t2: 10), Containing (t1:14, t2: 10)           (t1: 6, t2: 8) oder Körperwahrnehmungsübungen (t1: 6,
und Fragetechniken (t1: 12, t2: 8). Fragetechniken wer-           t2: 7).
den eher unspezifisch angeführt, zwei Psychothera-
peut*innen bezeichnen es als „zirkuläres Fragen“ (905,            Diskussion und Ausblick
m, SF; 2225, w, SF), ein Psychotherapeut spricht von
„systemischen Fragetechniken“ (2873, m, NLPt). Da-                Die Auswahl der Psychotherapeut*innen dieser Studie
rüber hinaus geben die Studienteilnehmer*innen an,                könnte eine potenzielle Quelle für Verzerrungen sein,
in der TEP Psychoeduktion einzusetzen (t1:7, t2: 6) und           da keine repräsentative Stichprobe erhoben wurde.
strukturierend zu arbeiten (t1:6, t2: 4). Weitere Techni-         Der Link zum Fragebogen wurde nur an Psycho-
ken sind: Reframing (t1:5, t2: 7), Schreiben (t1:4, t2: 4)        therapeut*innen des Österreichischen Arbeitskreises
wie etwa das „Schreiben von Tagebuch und Listen“                  für Gruppentherapie und Gruppendynamik (ÖAGG)
(360, w, IT), Sharing (t1:7, t2: 1), Zielfokussierung (t1:3,      über E-Mail geschickt. Dies ist insofern kritisch anzu-
t2: 4), Reflexion (t1:3, t2: 4), Externalisieren (t1:2, t2: 2),   merken, da so nur bestimmte psychotherapeutische
Beziehungsarbeit (t1: 3, t2: 0).                                  Verfahren untersucht wurden und Fragen zur the-
    Am zweithäufigsten nennen die Studienteilneh-                 rapeutischen Beziehung sowie zu den Erfahrungen
mer*innen, dass sich Techniken besonders gut eig-                 mit neuen Medien in der Psychotherapie und zu
nen, welche sich auf das szenische Erleben beziehen               den Einschätzungen der Veränderungen der Themen
(t1: 88, t2: 84). Szenisches Erleben meint das in der the-        in der Behandlung durch diese speziellen Verfah-
rapeutischen Situation aktiv imaginierte Entwickeln               ren beeinflusst sein könnten. So könnten zum Bei-
und Erfahren von Sequenzen mit sich und wichtigen                 spiel Veränderungen der therapeutischen Beziehung
anderen sowie die Aktivierung lebensgeschichtlicher               durch verhaltenstherapeutisch orientierte Psychothe-
Sequenzen als „Szenen“ der Erinnerung. Am häu-                    rapeut*innen, welche in dieser Umfrage nicht erfasst
figsten wird hier die psychotherapeutische Arbeit mit             wurden, anders wahrgenommen bzw. erlebt werden.
Imaginationen genannt (t1: 22, t2: 29). Die Psycho-               Die Erhebung mittels Online-Fragebogen bewirkt au-
therapeut*innen sprechen in diesem Zusammenhang                   ßerdem bis zu einem gewissen Grad, dass tendenziell
allgemein von Imaginationen, imaginativen Techni-                 Personen teilnehmen, die der elektronischen Da-
ken oder Visualisierungen.                                        tenverarbeitung und der Nutzung von Online-Tools
    Techniken, die das Selbsterleben betreffen, wer-              aufgeschlossen begegnen. Damit verstärkt sich mög-
den am dritthäufigsten genannt (t1: 41, t2: 37). Das              licherweise ein Problem, das auch in dem Review von
generelle Selbsterleben bezeichnet die ganzheitliche              Markowitz et al. (2020) benannt wird, nämlich dass
Selbsterfassung in ihrer leiblichen, psychischen und              bei Studien zu TEP vorwiegend Personen teilnehmen,
sozialen Situation und der speziellen, als Mentalisie-            die keine Berührungsängste mit Telekommunikati-
rungsfähigkeit bezeichneten Fähigkeit, mit sich und               on haben und damit dieser Behandlungsform eher
anderen gefühlshaft-selbstreflektierend verbunden                 wohlwollend begegnen. Entsprechend liegen dann
und handelnd zu sein. Diesbezüglich sprechen sie                  vermehrt positive Rückmeldungen vor. Eine weitere,
von Techniken wie Ressourcenarbeit, die sie nicht                 situationsbedingte Einschränkung bezüglich der Ana-
genauer beschreiben (t1: 14, t2: 11) und der Arbeit mit           lyse der Ergebnisse ist, dass keine Daten zur Situation
Symbolen und Gegenständen (t1: 5, t2: 9). Darüber                 vor der COVID-19 Situation mit der gegenständlichen
hinaus geben die Therapeut*innen an, dass sie Haus-               Stichprobe vorliegen.
aufgaben einsetzen (t1: 8, t2: 4) und mit Skills (t1: 2, t2:         Mit Blick auf die Umstellung zu TEP zeigt sich, dass
3), die Stressbewältigung und Spannungsregulation                 die überwiegende Mehrheit der Befragten mit Ein-
bewirken.                                                         setzen der COVID-19 Krise auf TEP umgestellt hat.
    Am seltensten werden zunächst Techniken einge-                Bemerkenswert ist, dass auch zum Zeitpunkt der Lo-
setzt, die sich auf das Körpererleben der Patient*innen           ckerung des Lockdowns zum Messzeitpunkt t2 eine
beziehen, wobei der Wert zum zweiten Messzeitpunkt                Mehrheit weiterhin TEP oder gemischte Psychothera-

K                              Telepsychotherapie als Chance und Herausforderung: Eine longitudinale Mixed-Methods Studie   41
originalarbeit

                                                                 Interessenkonflikt C. Höfner, M. Hochgerner, G. Mantl,
pie anwendet. Ob aus Sorge um die Gesundheit oder
                                                                 R. Stefan und J. Stammer geben an, dass kein Interessenkon-
aufgrund der Wahrnehmung, dass TEP ein probates                  flikt besteht.
Mittel zur psychotherapeutischen Arbeit ist, müssen
weitere Untersuchungen klären. Es zeigt sich, dass               Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons
die Erfahrung über spezielle Apps und Videotelefonie             Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, wel-
                                                                 che die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung
signifikant zunimmt sowie Tendenzen bestehen, dass
                                                                 und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt,
die Erfahrung mit neuen Medien im Allgemeinen zu-                sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle
nimmt.                                                           ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons
   Zum ersten Messzeitpunkt t1 nach Beginn des Lock-             Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen
downs werden 28 Angaben gemacht, die eine positi-                wurden.
ve (Intensivierung und persönliche Öffnung) Verände-             Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Dritt-
rung der Qualität der therapeutischen Beziehung be-              material unterliegen ebenfalls der genannten Creative Com-
kunden. In weiteren 28 Angaben wird von einer nega-              mons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts
tiven (mehr Distanz und Oberflächlichkeit) Verände-              anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter
rung der Qualität der therapeutischen Beziehung be-              der genannten Creative Commons Lizenz steht und die be-
richtet. Zum zweiten Messzeitpunkt t2 werden 35 po-              treffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften er-
                                                                 laubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen
sitive und 23 negative Angaben gemacht. Das bedeu-
                                                                 des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers
tet, dass entgegen der zugrunde gelegten Hypothese               einzuholen.
keineswegs eine allgemeine Tendenz zur Verschlech-
terung der Qualität der therapeutischen Beziehung                Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenz-
von den Teilnehmenden wahrgenommen wird. Über-                   information auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.
                                                                 0/deed.de.
raschend ist, dass sich mit der Zeit die Qualität der
therapeutischen Beziehung laut den Angaben der Be-
fragten im Rahmen von TEP auch verbessert. Auffäl-               Literatur
lig ist, dass zu t1 22 jedoch zu t2 lediglich 9 Psycho-
therapeut*innen von Einschränkungen bezüglich der                Angermeyer, M. C., Kilian, R., & Matschinger, H. (2000).
vollsinnlichen Wahrnehmung sprechen. Dies spricht                    WHOQOL-100 und WHOQOL-BREF – Handbuch für die
                                                                     deutschsprachigen Versionen der WHO Instrumente zur
sicherlich für die Adaptierungsfähigkeit von Psycho-
                                                                     Erfassung von Lebensqualität. Göttingen: Hogrefe.
therapeut*innen.                                                 BMSGPK (2020). Patient*innen/Patienten-Information über
   Allen Modifikationen der psychotherapeutischen                    die in Österreich anerkannten psychotherapeutischen
Technik zum Trotz gilt bis zu einem gewissen Grad                    Verfahren. https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:
weiterhin, dass die Psychotherapie wesentlich eine                   067ed3c8-aaea-4c84-84c2-a3afb9cef836/Patientenin
talking cure ist und auf Versprachlichung zielt; auch                formation_(BMGSPK),_Stand_29.04.2020.pdf. Zugegrif-
in der Face-to-Face Situation. Es mag daher wenig                    fen: 20. Dez. 2020.
                                                                 Höfner, C., Mantl, G., Korunka, C., & Hochgerner, M. (2021).
verwundern, dass bezüglich der besonders geeigne-
                                                                     Psychotherapie in Zeiten der Covid-19-Pandemie: Verän-
ten Techniken auch in der TEP am häufigsten das                      derung der Arbeitsbedingungen in der Versorgungspra-
sprachliche Erleben genannt wird, gefolgt vom szeni-                 xis. Feedback: Zeitschrift für Gruppentherapie und Bera-
schen Erleben und Selbsterleben, wobei die Anzahl                    tung, 1/2, 23–37.
der Angaben in diesen drei Kategorien über die Mess-             Humer, E., Stippl, P., Pieh, C., Schimböck, W., & Probst, T.
zeitpunkte eher konstant bleibt. Auffällig ist jedoch,               (2020). Psychotherapy via the Internet: what programs do
dass die Anzahl der verwendeten Techniken in der                     psychotherapistsuse, howwell-informeddothey feel, and
                                                                     what are their wishes for continuous education? Inter-
Kategorie des Körpererlebens vom ersten zum zwei-                    national Journal of Environmental Research and Public
ten Messzeitpunkt deutlich zunimmt und damit noch                    Health, 17(21), 1–9.
häufiger genannt wird, als Angaben zum Selbster-                 Janke, S., & Glöckner-Rist, A. (2012). Deutsche Version der Po-
leben (t1: 27, t2: 43). Dies spricht mit Blick auf die               sitive and Negative Affect Schedule (PANAS). Zusammen-
Stichprobe unter den genannten Einschränkungen                       stellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen (ZIS).
für eine hohe Adaptierungsfähigkeit von Psychothe-                   https://doi.org/10.6102/zis146.
                                                                 Korecka, N., Rabenstein, R., Pieh, C., Stippl, P., Barke, A., et al.
rapeut*innen und dafür, dass TEP, sowohl was die
                                                                     (2020). Psychotherapy by telephone or Internet in Austria
therapeutische Beziehung als auch Behandlungstech-                   and Germany which CBT psychotherapists rate it more
niken betrifft, eine wichtige Ergänzung zu Face-to-                  comparable to face-to-face psychotherapy in personal
face Psychotherapie sein könnte. Die Ergebnisse der                  contact and have more positive actual experiences com-
gegenständlichen Untersuchung legen damit nahe, in                   pared to previous expectations? International Journal of
Ausbildung, Forschung und Gesetzgebung die TEP in                    Environmental Research and Public Health, 17(21), 1–11.
Zukunft stärker zu berücksichtigen.                              Mantl, G., Höfnern, C., Stammer, J., & Hochgerner, M. (2021).
                                                                     Psychotherapie in der Krise. Eine Längsschnittstudie
Danksagung Wir bedanken uns bei allen Beteiligten des                zur Lebens- und Arbeitssituation von Psychothera-
ÖAGG und vor allem den Teilnehmer*innen der Erhebung.                peut*innen. Feedback: Zeitschrift für Gruppentherapie
                                                                     und Beratung, 1/2, 38–54.

42    Telepsychotherapie als Chance und Herausforderung: Eine longitudinale Mixed-Methods Studie                          K
originalarbeit

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    a psychotherapist in times of the novel coronavirus dis-        grafische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröf-
    ease: stress-level, job anxiety, and fear of coronavirus        fentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
    disease infection in more than 1,500 psychotherapists in

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