EDITORIAL Gestaltet der Wolf Ökosysteme mit? Prozessschutz mit großen Beutegreifern - über Rieger ...

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EDITORIAL Gestaltet der Wolf Ökosysteme mit? Prozessschutz mit großen Beutegreifern - über Rieger ...
Wilhelm Breuer et al., Der Uhu und Windenergieanlagen, NuL 47 (6), 2015, ###-###

EDITORIAL

                                                                                                                                                   Aktuelles
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Gestaltet der Wolf Ökosysteme mit?
Prozessschutz mit großen Beutegreifern
Der Wolf kommt – für die einen ist er (mär-                Berner Konvention und § 44 BNatSchG. Dabei
chenhaft) böse, anderen gilt er hoch willkom-              dürfen die einen Schutzerfordernisse nicht auf
men als Bereicherung 150 Jahre nach der Aus-               Kosten anderer auf’s Spiel gesetzt werden:
rottung. 31 Rudel plus vier Einzelpaare leben              Wirtschaftliche Verluste, die insbesondere
mit Stand von Februar 2015 nach Angaben des                Schafhalter durch Wolfsrisse erleiden, sind un-
NABU-Projektbüros Wolf in Deutschland. Sach-               bürokratisch zu regulieren. Schadenersatz ist
sen führt mit zwölf Rudeln die Länderliste an,             das eine. Mindestens ebenso wichtig ist aber,
gefolgt von Brandenburg (sieben Rudel plus                 vorbeugend tätig zu werden und Aufwendun-
zwei Paare), Niedersachsen (fünf Rudel plus                gen für einen besseren Herdenschutz durch             Prof. Dr. Eckhard Jedicke
zwei Paare), Sachsen-Anhalt (fünf Rudel) und               Zäune und Herdenschutzhunde zu ersetzen.              E-Mail: nul@jedicke.de
Mecklenburg-Vorpommern (zwei Rudel). Eine                  Denn der Naturschutz kann seine Ziele, auch           Twitter: @EckhardJedicke
beeindruckende Ausbreitungs-Bilanz, nachdem                für den guten Erhaltungs­     zustand mancher         www.nul-online.de
2000 erstmals wieder Wolfswelpen in Freiheit               FFH-Lebensraumtypen, auf vielen Flächen nur
geboren wurden.                                            durch die Arbeit der Schäfer erreichen. Und die
   In der Öffentlichkeit wird der Wolf auf meist           arbeiten, wie eine amtliche Studie in Baden-
nur zwei Aspekte reduziert: Angst vor Übergrif-            Württemberg für Berufsschäfer ermittelte,
fen auf den Menschen und Verluste für Tierhal-             ohne­hin für einen mittleren Stundenlohn von
ter, vor allem Schäfer, durch Wolfsrisse. Ökolo-           gerade mal 4,80 € – weniger als die Hälfte des
gisch betrachtet ist er vor allem Top-Prädator,            gesetzlichen Mindestlohns. Da kann jede zu-
an der Spitze der Nahrungskette stehend. Was               sätzliche Belastung das wirtschaftliche Ende
bedeutet diese Funktion für die Ökosysteme,                bedeuten – das hilft niemandem! „Kulturland-
welche der Wolf besiedelt?                                 schaft braucht Schafe!“ ist auch eine Erklärung
                                                           von acht bayerischen Verbänden betitelt, über
Kommt der Wolf, wachsen junge Eichen?                      die wir auf Seite 363 berichten.

Ein ausführliches Review in der vorliegenden               80 % positive Umfragewerte
Ausgabe bringt durchaus überraschende Ergeb-
nisse: Obwohl seine Biomasse im Ökosystem                  Übrigens besitzt der Wolf in der Öffentlichkeit
gering ist, könnte der Wolf als Schlüsselart das           ein sehr positives Image, wie eine repräsenta­
Potenzial besitzen, den Bestand von Huftieren              tiven Bevölkerungsumfrage des Meinungsfor-
und Mesoprädatoren (kleinen Raubtieren) zu                 schungsinstituts forsa ergab, die der NABU im
reduzieren – auf ein Level, das geringer ist, als          September bei einer internationalen Wolfs­
die Kapazität des Ökosystems zuließe. Im Er-               konferenz in Wolfsburg vorstellte:
gebnis sollte der Wolf indirekt maßgeblich die             ff80 % der Bundesbürger finden es erfreulich,
Verjüngungsdynamik von Wäldern und viel-                   dass der Wolf wieder Bestandteil von Natur und
leicht auch weitere Prozesse in Ökosystemen                Landschaft ist – für sie gehört der Wolf genauso
beeinflussen.                                              wie Fuchs in Reh in unsere Landschaft.
   Gewiss, Marco Heurich – Autor der Studie –              ffJeder Zweite (54 %) verbindet mit dem Wolf
schränkt ein, dass die Übertragbarkeit der For-            positive Gefühle, während bei nur 12 % der Men-
schungsergebnisse kritisch zu hinterfragen sei.            schen negative Empfindungen zum Tragen kom-
Dennoch sieht er die Rückkehr von großen Beute­            men.
greifern als wichtigen Ansatz zur Renaturierung            ff78 % der Bürger sind der Überzeugung, dass
von Ökosystemen: Als Bestandteil des Prozess-              Wölfe auch in Deutschland leben sollten, selbst
schutzes sollte es insbesondere in Groß­                   wenn es teilweise zu Problemen kommt.                 www.nul-online.de
schutzgebieten das Ziel sein, die natürliche               ffLediglich für 11 % der Befragten stellt die Rück-
Arten­ausstattung an Prädatoren wiederherzu-               kehr des Wolfes eine Bedrohung dar, 85 % hin-           Sämtliche Hauptbei­träge
stellen. Eine spannende Entwicklung – und viel-            gegen sehen dies nicht.                                 ab 2003 sowie den
leicht auch ein Schlüssel, um Wildverbiss zu               ffAllerdings gaben auch 30 % der Befragten an,          aktuellen Heftinhalt
reduzieren und Naturverjüngung vieler Wald-                Angst zu haben, in einem Gebiet mit Wolfs­              finden sie vollständig als
baumarten zu erleichtern?                                  vorkommen in den Wald zu gehen.                         durchsuchbare
                                                              Auch mit den weiteren Themen bietet das              PDF-Dateien in
Schäfer brauchen Unterstützung                             vorliegende Heft Anlässe zur Diskussion: Es             unserem Online-
                                                           geht um stoffliche Belastungen durch die Land-          Archiv.
Rechtlich gesehen ist der Wolf bestmöglich ge-             wirtschaft und einmal mehr um den Konflikt
schützt – durch Anhang IV der FFH-Richtlinie,              zwischen Windkraft und Artenschutz.

Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (11), 2015, 333-336, ISSN 0940-6808                                                                   333
EDITORIAL Gestaltet der Wolf Ökosysteme mit? Prozessschutz mit großen Beutegreifern - über Rieger ...
Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (6), 2015, ###-###, ISSN 0940-6808                                Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                 BERICHT AUS BRÜSSEL
                 Zwischenbilanz zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie
Aktuelles
Originalarbeit

                 2011 – 2020
                 Die EU-Kommission hat am           heit – der Verlust an biologi-     Vertragsverletzungsverfahrens          Dezember 2015 seine Rats-
                 02. Oktober ihre eigene Halb-      scher Vielfalt ist gleichbedeu-    gegen Deutschland bemängelt            schlussfolgerungen zu dieser
                 zeitbilanz zur EU-Biodiversi-      tend mit dem Verlust unserer       hat.                                   Thematik formulieren. Im Eu-
                 tätsstrategie veröffentlicht.      Lebensgrundlagen. Das können       ffEin ähnliches Bild ergibt sich       ropaparlament hat inzwischen
                 Bekanntlich hatten die Staats-     weder wir uns leisten noch un-     für die Meeresschutzgebiete.           die Arbeitsgruppe um den Be-
                 und Regierungschefs nach dem       sere Wirtschaft.“                  Deutschland hat zwar ausrei-           richterstatter Mark Demesma-
                 Scheitern des ursprünglichen          In der eigentlichen Analyse     chend Meeresschutzgebiete              eker ihre Arbeit zu einem Initi-
                 2010-Ziels, das sie 2001 verein-   und insbesondere in der Kurz-      ausgewiesen. Deren Schutz ist          ativbericht des Parlaments zu
                 bart hatten, im März 2010 ein      fassung, die die Fortschritte in   aber immer noch unzurei-               diesem Thema aufgenommen.
                 neues Datum zum Stopp des          den sechs Hauptzielen nach         chend, wie das Beispiel des vom        Der EP-Umweltausschuss beriet
                 weiteren Verlustes an biologi-     einem Ampelsystem markiert,        NABU beklagten Offshore-               den Halbzeitbericht am 12. Ok-
                 scher Vielfalt bis 2020 und so-    heißt es dagegen unge-             Windparks Butendiek in einem           tober mit dem neuen General-
                 gar eine „Vision“ bis 2050 be-     schminkt: Nach bisherigem          Natura-2000-Gebiet zeigt.              direktor der DG Umwelt, Dani-
                 schlossen. Danach soll bis 2020    Stand kann sowohl das Ober-            In einer ersten Stellungnah-       el Calleja Crespo. In der Diskus-
                 der Verlust der Biodiversität      ziel („Headline target“) der EU-   me wertete daher auch NABU-            sion kündigte Calleja Crespo
                 (Arten, Lebensräume, geneti-       Staatschefs als auch das Haupt-    Präsident Olaf Tschimpke den           sogar rechtliche Schritte an,
                 sche Vielfalt) gestoppt und ge-    ziel 3, die negativen Auswir-      Bericht als „deutliche Mah-            falls die Mitgliedstaaten ihre
                 schädigte Ökosysteme „weitest-     kungen der Land- (3a) und          nung, dass die Naturschutz-            selbst gesteckten Ziele und die
                 möglich“ wiederhergestellt         Forstwirtschaft (3b) auf die       richtlinien der EU zügiger um-         dazu beschlossenen Gesetze
                 werden. Die entsprechende          biologische Vielfalt und die       gesetzt werden müssen“.                nicht beachten würden.
                 EU-Strategie zur Erreichung        Ökosysteme zu reduzieren, bis          Die größten Fortschritte at-           Die Abgeordneten, darunter
                 dieses Oberziels, von sechs        2020 erneut nicht erreicht wer-    testiert die EU-Kommission             auch der deutsche Co-Bericht-
                 Hauptzielen und 20 detaillier-     den, sofern die Mitgliedstaaten    dem Hauptziel 5 zur besseren           erstatter Norbert Lins (CDU),
                 ten Einzelzielen wurde im Mai      ihre Anstrengungen nicht mas-      Kontrolle und Bekämpfung in-           forderten die vollständige Um-
                 2011 von der EU-Kommission         siv erhöhen.                       vasiver Arten. Dies stimmt zwar        setzung der EU-Biodiversitäts-
                 vorgelegt und von den Mit-            Hinsichtlich des Haupt-         insoweit, als dass mit der 2014        strategie. Vor dem Hintergrund
                 gliedstaaten und dem EU-Par-       ziels 1, die Umsetzung der Na-     von Ministerrat und EU-Parla-          des derzeitigen Fitness Checks
                 lament bestätigt (Naturschutz      turschutzrichtlinien zu verbes-    ment verabschiedeten und zum           unterstrichen sie dazu insbe-
                 und Landschaftsplanung 43 (6):     sern und die Anteile der Le-       01. Januar 2015 in Kraft getre-        sondere die Notwendigkeit der
                 162).                              bensraumtypen und Arten mit        tenen EU-Verordnung 1143/              vollständigen und zügigen Um-
                     In ihrer Analyse, die sich     einem guten Erhaltungszu-          2014 ein wichtiges Etappenziel         setzung der Naturschutzricht-
                 weitestgehend auf die vorhan-      stand zu erhöhen, verzeichnet      erreicht wurde (Naturschutz            linien und erteilten der von
                 denen Daten des „State of Na-      die Analyse Fortschritte. Sie      und Landschaftsplanung 46              Kommissionspräsident Jean-
                 ture in the EU“ (Naturschutz       bestätigt die Forschungsergeb-     (12): 358). Die Vorschlagsliste        Claude Juncker vorgeschlage-
                 und Landschaftsplanung 47 (6):     nisse von BirdLife, dass zwar      der Arten, für die diese Verord-       nen Öffnung und Neuverhand-
                 164), die Angaben der Mit-         einige Arten und Lebensräume       nung gelten soll, umfasst nach         lung der Richtlinien eine klare
                 gliedstaaten zur Umsetzung der     dort profitiert haben, wo die      dem bisherigen Entwurf vom             Absage.
                 Naturschutzrichtlinien (nach       Richtlinien konsequent umge-       August 2015 allerdings nur 37
                 Art. 12 Vogelschutz- und Art.      setzt wurden, insgesamt aber       Arten. Das ist angesichts von          Link zur Halbzeitbewertung der
                 17 FFH-Richtlinie) und ent-        nur 23 % aller untersuchten        1 000 bis 1 500 invasiven Arten,       EU-Kommission vom 02. Okto-
                 sprechende Parameter in der        Arten und sogar nur 16 % der       die erhebliche ökologische,            ber 2015, inklusive Kurzfas-
                 gemeinsamen Agrar- (GAP)           Lebensräume einen guten Er-        ökonomische und gesundheit-            sung und Pressemitteilung:
                 und Fischereipolitik (GFP)         haltungszustand aufweisen.         liche Schäden verursachen kön-            http://ec.europa.eu/environ
                 stützt, kommt die Kommission          Bekanntlich besteht hier        nen, nach Auffassung der Um-           ment/nature/biodiversity/comm
                 selbst zu einem schonungslosen     auch in Deutschland noch gro-      weltverbände nicht akzeptabel.         2006/2020.htm
                 Urteil. In der Pressemeldung       ßer Nachholbedarf:                     BirdLife Europe sowie ande-
                 der Kommission wird Umwelt-        ffZwar sind beispielsweise die     re in Brüssel aktive Umwelt-            KO N TA K T
                 kommissar Karmenu Vella noch       Kernzonen aller Nationalparke      und Tierschutzverbände haben
                                                                                                                                                 Claus Mayr
                 sehr moderat zitiert: „Aus die-    als Natura-2000-Gebiete aus-       die EU-Kommission daher be-                               ­arbeitet als
                 sem Bericht lassen sich viele      gewiesen, viele kleinere Natu-     reits Anfang Oktober aufgefor-                             Direktor für
                 Lehren ziehen – gute Fortschrit-   ra-2000-Gebiete haben aber         dert, diese Liste zumindest um                             Europapolitik des
                 te, nachahmenswerte Beispiele,     noch keinen ausreichenden          die Arten mit bekannt hohem                                NABU in Brüssel.
                 aber auch der große Arbeitsauf-    rechtlichen Schutz.                Risiko zu ergänzen. Zudem                                  Er berichtet in
                 wand, der noch erforderlich ist,   ffErst die Hälfte aller Natura-    müssen hier die Mitgliedstaa-                              dieser Kolumne
                                                                                                                                                  regelmäßig über
                 um die Lücken zu schließen         2000-Gebiete hat einen Ma-         ten im entsprechenden Exper-
                                                                                                                                                  wichtige euro­
                 und die Biodiversitätsziele für    nagementplan, wie die EU-          tengremium aktiv werden.               päische Entwicklungen.
                 2020 zu erreichen. Es gibt kei-    Kommission bereits im Februar          Der EU-Umweltministerrat
                                                                                                                              Claus.Mayr@NABU.de
                 nen Grund zur Selbstzufrieden-     im Rahmen eines anhängigen         wird auf seiner Sitzung am 16.

                 334                                                                    Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (11), 2015, 333-336, ISSN 0940-6808
Wilhelm Breuer et al., Der Uhu und Windenergieanlagen, NuL 47 (6), 2015, ###-###

Abgabe auf Pflanzenschutzmittel

                                                                                                                                                              Aktuelles
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Leipzig (UFZ). In Deutschland                                                                                           chender Höhe ihren Einsatz
könnten – wie bereits in Däne-                                                                                          mengenmäßig dämpfen, das
mark, Frankreich und Schwe-                                                                                             Risiko für Mensch und Umwelt
den – durch eine Abgabe auf                                                                                             verringern und so die notwen-
Pflanzenschutzmittel wichtige                                                                                           dige Trendumkehr einleiten.
Impulse gesetzt werden, um                                                                                              Zu den Lenkungseffekten zähl-
den weiter steigenden Einsatz                                                                                           ten nicht nur kurzfristige Sub-
von ökologisch und gesundheit-                                                                                          stitutions-, sondern auch lang-
lich bedenklichen Pestiziden zu                                                                                         fristige Markt- und Preiswir-
begrenzen. Die Abgabe trüge                                                                                             kungen bei Agrarprodukten.
wirksam dazu bei, Hersteller,                                                                                           Diese könnten über einen per-
Händler und Anwender an den                                                                                             manenten Strukturwandel und
Folgekosten zu beteiligen. Mit                                                                                          das Auffinden neuartiger Lö-
ihr ließen sich Schutzmaßnah-                                                                                           sungen eine weitere Reduzie-
men sowie Forschung zu alter-                                                                                           rung anregen.
nativen Pflanzenschutzkonzep-                                                                                               Die Forscher schlagen kon-
ten finanzieren und ein ökono-                                                                                          kret einen Grundabgabesatz in
mischer Anreiz zur kosteneffi-                                                                                          Höhe von 20 € für die maximal
zienten Reduzierung des Ein-                                                                                            zulässige Aufwandmenge je
satzes von Pflanzenschutzmit-                                                                                           Pflanzenschutzmittel pro Hek-
teln schaffen.                         Pestizideinsatz im Biosphärenreservat Spreewald – nicht nur in solchen Modell-   tar und Jahr vor. Hinzu kämen
    Zu diesem Ergebnis kommt           regionen, sondern generell empfiehlt das UFZ eine Abgabe auf PSM als Instru-     spezifische Risikozuschläge,
eine Studie des Helmholtz-             ment zur Steuerung.                                          © Eckhard Jedicke   etwa für Gesundheitsgefahren
Zentrums für Umweltforschung                                                                                            oder für Haus- und Kleingar-
(UFZ) im Auftrag des Ministe-          zide und Wachstumsregler) mit            sundheit zu Tage. Die Studie            tenmittel. Die Abgabe würde
riums für Energiewende, Land-          knapp 35 000 t Wirkstoffen ver-          zeige für Deutschland auf, so           den Einsatz von Pflanzen-
wirtschaft, Umwelt und ländli-         kauft worden, schreibt das UFZ           das Autorenteam, wie der Ein-           schutzmitteln, der typischer-
che Räume Schleswig-Holstein.          in einer Pressemitteilung (vgl.          satz von Pflanzenschutzmitteln          weise nur wenige Prozent der
PSM seien wichtige Hilfsmittel,        Hauptbeitrag Möcklel in die-             durch ökonomische Anreize               landwirtschaftlichen Produk-
um Kulturpflanzen und deren            sem Heft). Seit dem Jahr 2000            gezielt verringert und Anwen-           tionskosten ausmache, im
Erzeugnisse vor schädlichen            sei der Absatz wieder erkenn-            der an den externen Kosten              Durchschnitt um rund 40 % je
Organismen zu schützen. 2014           bar angestiegen. Neben den               beteiligt werden könnten.               Hektar verteuern. Die mög-
seien in Deutschland über              gewünschten Effekten träten                 Das Hauptfazit der Studie:           lichen Einnahmen aus der Ab-
100 000 t Pflanzenschutzmittel         zunehmend unerwünschte Wir-              Eine Abgabe auf Pflanzen-               gabe schätzen die Forscher pro
(Herbizide, Fungizide, Insekti-        kungen auf Umwelt und Ge-                schutzmittel könne bei ausrei-          Jahr auf 1 Mrd. €.

NAMEN UND NOTIZEN
P RO F. E M . D R . M I C H A E L      und 5,5 % mit einem endgül-              landarbeit und Kartierung sieht
                                                                                                                         Liebe Leserin, lieber Leser,
SUCCOW (74, Greifswald) er-            tigen Schutzstatus als Natio-            er als seine Schwerunkte in den
hält im Rahmen des Deutschen           nalpark, Biosphärenreservat              Studiengängen Umweltschutz               auch an uns gehen die Kos-
Umweltpreises Anfang Novem-            und Naturpark zu sichern. Den            und Biotechnik. Zuvor war er             tensteigerungen im Papier-,
ber in Essen den Ehrenpreis. Er        von der Deutschen Bundestif-             selbständig im eigenen Pla-              Herstellungs- und Ver triebs-
gilt national wie international        tung Umwelt jährlich verliehe-           nungsbüro für Naturschutz und            bereich nicht spurlos vorüber.
als Ausnahmepersönlichkeit im          ne Umweltpreis selbst teilen             seit 2008 als Direktor für Bio-          Aus diesem Grund beträgt ab
Naturschutz, sein Engagement           sich die Nachhaltigkeits- und            diversität und natürliche Roh-           Januar 2016 der Preis für ein
für große Wildnisgebiete in            Klimaforscher Prof. Dr. Mojib            stoffe bei der HeidelbergCe-             Jahres-Abonnement von Na-
Deutschland als einmalig. In-          Latif (60, Kiel) und Prof. Dr.           ment Group tätig. Rademacher             turschutz und Landschaftspla-
nerhalb kürzester Zeit gelang          Johan Rockström (49, Stock-              gilt als international ausgewie-         nung 122,40 € inkl. Versand-
es ihm zum Zeitpunkt der deut-         holm).                                   sener Experte für die Rena-              kosten im Inland, Online-Zu-
schen Wiedervereinigung, mit                                                    turierung von Steinbrüchen               gang und Mehrwertsteuer.
dem Nationalparkprogramm               PROF. DR. MICHAEL RADEMA-                und Kiesgruben. Er studierte an          Dieser Preis gilt ab Ihrer ers-
für den Osten Deutschlands             CHER verstärkt seit Beginn des           der Albert-Ludwigs-Universität           ten Rechnung in 2016. Wir
auf einen Schlag 12,1 % der            Wintersemesters das Hoch-                Freiburg und promovierte dort            hoffen auf Ihr Verständnis für
Landesfläche der ehemaligen            schullehrer-Kollegium der                2001 auf dem Gebiet der Bota-            diese notwendige Maßnahme.
DDR mit einem einstweiligen            Fachhochschule Bingen. Frei-             nik und Zoologie.

Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (11), 2015, 333-336, ISSN 0940-6808                                                                               335
Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (6), 2015, ###-###, ISSN 0940-6808                               Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart

                 KURZ & BÜNDIG
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                                                         TICKER
                 GEIER-TOD: Der tiermedizi-         Landschaftsentwicklung: In Cottbus haben drei große Forschungsinstitutionen ein Zentrum
                 nisch eingesetzte Wirkstoff Di-    für Nachhaltige Landschaftsentwicklung gegründet – BTU Cottbus-Senftenberg, GeoFor-
                 clofenac ist hoch gefährlich in    schungsZentrums GFZ in Potsdam und Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnen-
                 der Umwelt und bedroht die         fischerei (IGB) in Berlin. + + + Arten des Jahres: Der Hecht als „Botschafter“ für die Renaturie-
                 europäischen Geier. Aber kein      rung von Gewässern und Auen, der Stieglitz oder Distelfink als Bewohner strukturreicher
                 EU-Mitgliedsstaat zeigte sich      Landschaften und die Winter-Linde als genügsamer Stadtbaum und Nektarspender sind als
                 bereit, ein Verbotsverfahren       Fisch, Vogel bzw. Baum des Jahres 2016 proklamiert. + + + Moorschutz: Politischen Rückenwind
                 anzustrengen, obwohl un-           benötigen nasse Moore als Klimaretter – forderte das neue Greifswald Moor Centrum (GMC)
                 schädliche alternative Medika-     gemeinsam mit dem Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern in Berlin (www.greifs-
                 mente existieren, erklärte der     waldmoor.de). + + + Jubiläum: Sein 175-jähriges Bestehen hat der rheinland-pfälzische
                 NABU. Seit Anfang 2014 for-        Naturschutzverband Pollichia gefeiert – ihm gehören 2500 Mitglieder an. + + + Stromtod:
                 dern BirdLife International so-    Mindestens 10 000 ungesicherte gefährliche Strommasten stehen allein in Bayern – NABU
                 wie die European Vulture Con-      und LBV haben ein Vier-Punkte-Programm formuliert, um bundesweit die Ende 2012 abge-
                 servation Foundation (VCF) ein
                                                    laufene Pflicht des BNatSchG zu erfüllen, alle für Vögel gefährlichen Masten zu entschärfen.
                 sofortiges Einsatzverbot des
                 Wirkstoffes Diclofenac bei Tie-
                 ren in Europa. Anlässlich des
                 Internationalen Geiertages am
                 05. September 2015 klagten
                 die Organisationen, dass wei-
                 terhin keine effektiven Maß-
                 nahmen getroffen wurden, um
                                                   WINDKRAFT
                 ein Massensterben von Europas
                 Geiern zu verhindern. Auf dem
                                                   Auf den Standort kommt es an
                 indischen Subkontinent habe
                 das zur Behandlung von Rin-       Berlin/Münster (r). Windkraft     in der Studie dargestellt. Auch       Umwelt- und Planungsrecht
                 dern eingesetzte entzündungs-     ohne Konflikte mit dem Arten-     die landwirtschaftliche Nut-          der Westfälischen Wilhelms-
                 hemmende Mittel in den 90er       schutz? In einer Studie haben     zung der Felder im unmittel-          Universität Münster. „Vermei-
                 Jahren zu einem Massenster-       die TU Berlin, die Fachagentur    baren Anlagenumfeld könne             dungsmaßnahmen können
                 ben bei Geiern geführt, dem       Windenergie an Land (FA           so ausgestaltet werden, dass          bewirken, dass das Tötungsri-
                 99 % aller Geier Indiens zum      Wind) und die Universität         für Greifvögel dort kein at-          siko der betroffenen Arten
                 Opfer fielen.                     Münster Maßnahmen heraus-         traktives Jagdhabitat geschaf-        nicht in signifikantem Maße
                                                   gearbeitet, um den Schutz         fen wird, abseits der Anlagen         steigt“, so Prof. Dr. Johann
                 BLAUES BAND: Eine Arbeits-        gefährdeter Arten beim Aus-       aber sehr wohl.                       Köppel, Leiter des Fachgebiets
                 gruppe von Bundesverkehrs-        bau der Windenergie zu ge-            Darüber hinaus habe sich          Umweltprüfung und Umwelt-
                 und Bundesumweltministeri-        währleisten.                      als Vermeidungsmaßnahme               planung der TU Berlin.
                 um erarbeitet ein Bundespro-          Grundlage für den natur-      im Betrieb auch das kurzzeiti-            Der in der Studie enthalte-
                 gramm „Blaues Band“. Damit        und umweltverträglichen           ge Abschalten der Rotoren             ne Katalog von Vermeidungs-
                 sollen die nicht mehr für die     Ausbau der Windenergie ist        bewährt, um Fledermauskol-            maßnahmen biete Lösungs-
                 Schifffahrt benötigten Neben-     eine sorgfältige Standortwahl     lisionen zu verringern. Weite-        vorschläge für Konflikte zwi-
                 wasserstraßen einer neuen ge-     – so würden Windparks nicht       re Maßnahmen könnten die              schen Artenschutz und Wind-
                 sellschaftlichen Aufgabe zuge-    im Bereich konfliktärer Rast-     räumliche Anordnung der               energienutzung. Er trage den
                 führt werden, indem sie zu ei-    und Brutplätze entstehen oder     Windräder sein oder die akus-         derzeitigen Wissensstand aus
                 nem Biotopverbund von natio-      in Zugkorridore von Vögeln        tische „Vergrämung“ der Tiere         internationaler und nationa-
                 naler Bedeutung gestaltet         gebaut. Dennoch lasse sich        durch Schall.                         ler Literatur zusammen und
                 werden. Im Haushalt des BMUB      nicht ausschließen, dass ge-          Klima- und Artenschutzin-         sei durch Experteninterviews
                 stehen im Rahmen des Zu-          schützte Tiere von Windener-      teressen stünden sich vor al-         sowie die Auswertung ein-
                 kunftsinvestitionsprogramms       gieprojekten betroffen wer-       lem dann gegenüber, wenn              schlägiger Rechtsprechung
                 bereits 5 Mio. € für Maßnah-      den, heißt es in einer Presse-    durch die Windenergienut-             ergänzt worden. Die Studie
                 men in den Jahren 2016 bis        erklärung.                        zung gefährdete Arten einem           zeige aber auch, dass es wei-
                 2018 zur Verfügung. Die Was-          Werde eine Vermeidungs-       erhöhten Tötungsrisiko aus-           terhin erheblichen For-
                 ser- und Schifffahrtsverwaltung   maßnahme notwendig, sei           gesetzt werden. „Das Bundes-          schungsbedarf gibt.
                 soll hierfür neue Aufgaben er-    ihre Ausgestaltung im Einzel-     naturschutzgesetz verbietet               Link zur Studie: http://
                 halten. Der NABU begrüßte den     fall abhängig von der betrof-     jedoch grundsätzlich die Tö-          fachagentur-windenergie.de/
                 Start des von ihm angeregten      fenen Art und dem Natur-          tung oder erhebliche Störung          fileadmin/files/Veroeffent-
                 Programms und forderte, damit     raum. Beispielsweise werde        bestimmter Tierarten“, beton-         lichungen/FA-Wind_Studie_
                 die Grundlage für einen lang-     der Einfluss des Anlagen-         te Prof. Dr. Sabine Schlacke,         Vermeidungsmassnamen_10
                 fristigen Wechsel in der Gewäs-   designs und der Anlagengröße      Direktorin des Instituts für          -2015.pdf.
                 serpolitik zu schaffen.

                 336                                                                   Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (11), 2015, 333-336, ISSN 0940-6808
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