Umberto Eco Handbuch Erik Schilling (Hg.) Leben - Werk - Wirkung - LMU München

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Umberto Eco Handbuch Erik Schilling (Hg.) Leben - Werk - Wirkung - LMU München
Erik Schilling (Hg.)

Umberto Eco
Handbuch
Leben – Werk – Wirkung
Erik Schilling (Hg.)

Umberto Eco-Handbuch
Leben – Werk – Wirkung

J. B. Metzler Verlag
Der Herausgeber
Erik Schilling ist Privatdozent für Neuere Deutsche Literatur
und Vergleichende Literaturwissenschaft an der LMU
München. Er studierte deutsche, lateinische und italienische
Philologie in München, Pavia und Salamanca und wurde
in München und Stanford mit einer Arbeit zu Umberto Eco
und dem historischen Roman promoviert.

ISBN 978-3-476-05779-2
ISBN 978-3-476-05780-8 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978–3-476–05780–8

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
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J. B. Metzler
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Inhalt

Vorwort     VII                                       16 Der Friedhof in Prag (Il cimitero di Praga)
                                                         Susanne Kleinert 206
                                                      17 Nullnummer (Numero zero) Julia Ilgner 214
 I Person und Zeit

 1   Biographische Skizze Thomas Stauder 3            IV Weitere literarische Werke
 2   Diskursive Kontexte Klaus Birnstiel 13
 3   Rezeption Thomas Stauder 23                      18 Erzählungen/Essays Michèle Mattusch      225
 4   Eco übersetzen – Erfahrungen aus drei Jahr-      19 Kinderbücher Cornelia Rémi 233
     zehnten Burkhart Kroeber 38

                                                      V Weitere Schriften
II Theoretische Werke
                                                      20 Schriften zur Ästhetik Angela Oster 245
 5 Das offene Kunstwerk (Opera aperta)                21 Schriften zur Medientheorie Erik Schilling 260
   Dieter Mersch 49                                   22 Schriften zu Politik und Zeitgeschehen
 6 Frühe semiotische Schriften Winfried Nöth 59          Antonio Roselli 269
 7 Spätere Schriften zur Semiotik und Sprachphi-
   losophie Armin Burkhardt 82
 8 Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit      VI Denkfiguren – Konzeptionen – Begriffe
   schreibt (Come si fa una tesi di laurea)
   Zeno Bampi 107                                     23   Abduktion(sprozesse) Magdalena Specht 289
 9 Schriften zur Interpretationstheorie               24   Ästhetik Grit Fröhlich 293
   Helge Schalk 113                                   25   Autofiktion Thomas Stauder 296
10 Textkritik und Übersetzen Holger Siever 130        26   Bibliothek Dirk Werle 299
                                                      27   Gender Rabea Conrad 302
                                                      28   Geschichte Jörg Schwarz 307
III Romane                                            29   Historisches Erzählen Erik Schilling 312
                                                      30   Interpretation Grit Fröhlich 315
11 Der Name der Rose (Il nome della rosa)             31   Liste Eva von Contzen 318
   Erik Schilling 147                                 32   Literatur/Theorie Erik Schilling 321
12 Das Foucaultsche Pendel (Il pendolo di Foucault)   33   Metapher Armin Burkhardt 323
   Katrin Max 166                                     34   Mittelalter Jörg Schwarz 332
13 Die Insel des vorigen Tages (L’isola del giorno    35   Musik Cosima Linke 337
   prima) Günter Berger 179                           36   Philosophie im Roman Nadine Popst 340
14 Baudolino Susanne Friede 189                       37   Populärkulturelle Rezeption Erik Schilling 343
15 Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana        38   Populismus/›Urfaschismus‹ Erik Schilling 347
   (La misteriosa fiamma della regina Loana)          39   Postmoderne Erik Schilling 348
   Monika Schmitz-Emans 196                           40   Renaissance/Barock Angela Oster 351
VI     Inhalt

41 Semiologie/Semiotik/Sematologie                Anhang
   Jürgen Trabant 354
42 Serendipität Reinhard M. Möller 358            Zeittafel 383
43 Sprache und Sein Erik Schilling 362            Autorinnen und Autoren   385
44 Tod Thomas Stauder 364                         Werkregister 386
45 Verschwörungstheorien Susanne Kleinert   367   Personenregister 390
46 Zeichen Armin Burkhardt 370
47 Zeitung Julia Ilgner 376
Vorwort

Umberto Eco war ein »großer Intellektueller« und          in der Hauptrolle verfilmt. Eco wäre nicht Eco, hätte er
»einer der bedeutendsten italienischen Schriftstel-       nicht seine Erfahrungen mit der Rezeption des Ro-
ler«, so Michael Krüger bzw. Maike Albath in ihren        mans in der Nachschrift zum ›Namen der Rose‹ selbst-
Nachrufen auf Eco in der ZEIT und im Deutschland-         reflexiv verarbeitet. Ab 1988 folgten sechs weitere Ro-
funk im Februar 2016. Christopher Schmidt nannte          mane: Das Foucaultsche Pendel (Il pendolo di Fou-
Eco in der Süddeutschen Zeitung einen »unvergleich-       cault), Die Insel des vorigen Tages (L ’isola del giorno
lichen Spurenleser und philosophischen Meisterde-         prima), Baudolino (Baudolino), Die geheimnisvolle
tektiv«. »Was dieser Autor alles wusste!«, rief Michael   Flamme der Königin Loana (La misteriosa fiamma del-
Braun anerkennend in der taz und hob zusätzlich           la regina Loana), Der Friedhof in Prag (Il cimitero di
Ecos Brückenschläge zwischen Hoch- und Populär-           Praga) sowie Nullnummer (Numero zero), alle ins
kultur hervor.                                            Deutsche übersetzt von Burkhart Kroeber, der schon
   Die Nachrufe veranschaulichen schlaglichtartig,        den Namen der Rose entdeckt und für den Hanser-
was an Umberto Ecos intellektuellem Wirken so fas-        Verlag die Rechte gesichert hatte.
zinierend und unvergleichlich ist: Es handelt sich um        Die Romane spielen im Mittelalter, im Barock, im
einen Denker, der sich mit gleicher Gewandtheit in        19. und 20. Jahrhundert und verhandeln philosophi-
den Schriften des Thomas von Aquin und den Comics         sche und theologische, literaturtheoretische und his-
der 1950er Jahre bewegte, der zur Tagespolitik genau-     torische, hoch- und populärkulturelle Themen. Oft
so informiert Stellung nahm wie zu literaturtheoreti-     nimmt Eco Anleihen bei Strukturen des Kriminal-
schen Debatten – und natürlich um den Autor, der mit      romans, oft auch bei seinen eigenen theoretischen
Der Name der Rose einen der wichtigsten Romane des        Schriften, etwa wenn er Fragen von Semiotik oder In-
20. Jahrhunderts schrieb.                                 terpretationstheorie in seinen Romanen weiterdenkt.
   Sein Studium in Turin, in dem er mit politischen       Beinahe alle Romane stellen darüber hinaus ›Mini-En-
Aktivitäten bereits öffentlich hervorgetreten war,        zyklopädien‹ dar, die das gesammelte Wissen einer
schloss Eco mit einer Arbeit über Thomas von Aquin        Zeit, eines kulturellen Raumes oder eines Diskurses
ab. Es folgten einige Jahre bei der öffentlichen Rund-    abbilden. So folgt man als Leserin oder Leser der Ro-
funkanstalt RAI in Mailand sowie beim Verlag Bom-         mane Ecos nicht nur einem oft verwinkelten und meist
piani ebendort. Im Jahr 1962 veröffentlichte Eco – im     spannenden Plot, sondern lernt zugleich faszinierende
Alter von 30 Jahren – sein erstes international rezi-     Dinge über das Vakuum oder Superman, über den
piertes Buch: Opera aperta (Das offene Kunstwerk), in     Handel mit Reliquien oder das Konzept ›Zeit‹.
dem er sich für eine tätige Mitarbeit der Rezipientin-       Parallel zu seinem Wirken als Literat blieb Eco sei-
nen und Rezipienten bei der Wahrnehmung und In-           ner Tätigkeit als Akademiker treu. Mit Lector in fabula
terpretation von Kunstwerken aussprach. In den spä-       legte er 1979 eine erste Interpretations- und Rezepti-
ten 1960er und den 1970er Jahren publizierte Eco sei-     onstheorie vor, die er in den folgenden Jahren differen-
ne grundlegenden Schriften zur Semiotik, die ihm ab       zierte und erweiterte, etwa in Die Grenzen der Interpre-
1975 in Bologna die weltweit erste Professur für Se-      tation (I limiti dell’interpretazione). Grundlegenden
miotik einbrachten.                                       Fragen des Seins und des menschlichen Lebens wid-
   1980 dann der Paukenschlag: Der Name der Rose (Il      mete er sich in Kant und das Schnabeltier (Kant e l’orni-
nome della rosa), ein Mittelalterroman mit dutzenden      torinco) oder in seinen Debatten über den Glauben
Seiten über theologische Debatten und philosophi-         und das Christentum mit Kardinal Carlo Maria Marti-
sche Auseinandersetzungen, avanciert zum interna-         ni. Die Themen aus dem Bereich der Ästhetik, mit de-
tionalen Beststeller und wird 1986 mit Sean Connery       nen er sich in seiner Dissertation zu Thomas von
VIII    Vorwort

Aquin beschäftigt hatte, griff Eco in seinen reich bebil-   dererseits systematische Beiträge (›Denkfiguren‹), die
derten Büchern über die Geschichte der Schönheit            vielfältige Querbezüge aufzeigen, etwa zwischen Ge-
und der Hässlichkeit wieder auf.                            schichte und Gegenwart, Semiotik und Kriminal-
    Zahlreiche Themen ziehen sich durch die literari-       roman, historischem Erzählen und Postmoderne. In
schen und theoretischen Werke gleichermaßen. Zu             den Kapiteln zu Ecos Romanen werden dabei stets der
nennen ist hier allem voran die Faszination für Zei-        italienische Originaltext und die deutsche Überset-
chen in ihrer mannigfachen Ausprägung. Aber auch            zung zitiert. Ecos theoretische Schriften werden i. d. R.
die Frage der Kommunikation beschäftigt Eco in Ro-          aus Platzgründen nur in Übersetzung wiedergegeben.
manen, semiotischen Schriften und Überlegungen zur          Gleiches gilt für Zitate aus den Romanen im Rahmen
Medientheorie. Ecos Begeisterung für Bücher und Bi-         der Denkfiguren.
bliotheken findet sich an vielen Stellen seines Werks          Dieses Handbuch richtet sich nicht nur an Litera-
wieder, verbunden mit der Rolle von Wissen und En-          turwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaft-
zyklopädien – wenngleich dieses Wissen dem Men-             ler, sondern auch an Philosophinnen und Politikwis-
schen teils in verworrener, labyrinthisch anmutender        senschaftler, an Musikwissenschaftlerinnen und His-
Gestalt gegenübertritt. Seit seiner Kindheit war Eco        toriker, an Sprachwissenschaftlerinnen und Semioti-
passionierter Leser von Comics – und auch dies über-        ker. Im Prinzip ist es – wie Ecos Wirken selbst – für
führt er in sein wissenschaftliches und literarisches       große Teile der Geistes- und Sozialwissenschaften an-
Schaffen, nämlich in eine profunde Auseinanderset-          schlussfähig, ja selbst die Naturwissenschaften kön-
zung mit Populärkultur.                                     nen manche Anregung darin finden, etwa ausgehend
    Nicht zuletzt war Eco zeitlebens ein politischer        von Ecos Überlegungen zum Verhältnis von biologi-
Geist. Dies begann bei seiner Auseinandersetzung mit        schen Signalen und Semiotik. Möge das Handbuch
der katholischen Kirche in den frühen 1950er Jahren         also dazu dienen, möglichst vielen Leserinnen und
sowie seinem Engagement für kommunistische Be-              Lesern einige Wegweiser durch die verschlungenen
strebungen in dieser Zeit. Es reichte über die Frage        und vielfältigen Denkräume Ecos zu bieten – und
nach politischen Implikationen medialer Phänomene,          möge es dabei zugleich Anregung sein, die Werke
etwa des Fernsehens als Massenmedium, und zog sich          Ecos selbst zu lesen.
über seine wöchentliche Kolumne in der Zeitschrift             Mein Dank gebührt in erster Linie allen Beiträ-
L ’Espresso bis hin zu kritischen Positionierungen ge-      gerinnen und Beiträgern, ohne deren gesammeltes
gen die Mitte-Rechts-Regierungen von Silvio Berlus-         Wissen und (teils jahrzehntelange) Erfahrung im Um-
coni, insbesondere ab dem Jahr 2001. Gleichzeitig           gang mit den Werken Ecos dieses Handbuch nicht
umfasst Ecos politisches Wirken weniger offensicht-         möglich gewesen wäre. Sie alle haben sich darauf ein-
liche, aber nicht weniger relevante Beiträge, etwa in       gelassen, die Labyrinthe Ecos systematisch zu durch-
Form der Vermittlung pazifistischer Überzeugungen           wandern, haben dem Minotaurus ins Auge gesehen
in seinen Kinderbüchern, oder seiner klaren Positio-        und an Ariadnes Faden entlang den Weg nach draußen
nierung im ›Fall‹ Aldo Braibanti, der in den 1960er         gefunden. Herzlich danken möchte ich darüber hinaus
Jahren als Homosexueller verurteilt wurde.                  Jakob Lenz für die Anregung, ein Handbuch zu Um-
    Umberto Eco – so lässt sich zusammenfassen – war        berto Eco zu gestalten. Großer Dank für die überaus
einer der wichtigsten Intellektuellen und Schriftsteller    sorgfältige redaktionelle Betreuung des Textes gebührt
des 20. Jahrhunderts. Mit Der Name der Rose wurde er        Magdalena Specht. Und schließlich danke ich dem
einem Weltpublikum bekannt, danach blieb er mit sei-        Verlag J. B. Metzler für die Bereitschaft, das Handbuch
nen sechs weiteren Romanen sowie zahllosen Essays,          dort erscheinen zu lassen, und Oliver Schütze für die
Interviews und Zeitschriftenkolumnen präsent. Auch          umsichtige Betreuung im Lektorat.
als Schriftsteller war Eco zeitlebens Literatur- und Kul-      Gewidmet sei das Buch meinem Vater Michael
turtheoretiker; bei kaum einem weiteren Autor ist das       Schilling, der als Mediävist mich schon früh an das
theoretische und literarische Schaffen ähnlich stark        Mittelalter heranführte und den Namen der Rose un-
verknüpft.                                                  ter den Weihnachtsbaum eines Jugendlichen legte.
    Das vorliegende Umberto Eco-Handbuch bietet ei-
nen Wegweiser in alle Aspekte von Ecos vielfältigem                                   München, am 2. Dezember 2020
Wirken. Dazu umfasst es einerseits Übersichtskapitel                                                   Erik Schilling
zu Ecos theoretischen und literarischen Schriften, an-
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