Untersuchung zum Einfluss der infrarotreflektie-renden Innenwandfarbe IReflex auf die thermische Behaglichkeit und den Heizenergiebedarf
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Untersuchung zum Einfluss der infrarotreflektie- renden Innenwandfarbe IReflex auf die thermische Behaglichkeit und den Heizenergiebedarf Prof. Dr. Oliver Kornadt Lehrstuhl Bauphysik Bauhaus-Universität Weimar Coudraystr 11a 99423 Weimar Ansprechpartner Dipl.-Ing. Conrad Völker Tel.: 0 36 43 / 58 47 08 Fax.: 0 36 43 / 58 47 02
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................................. 2 Nomenklatur .......................................................................................................................................... 3 1 Einleitung ....................................................................................................................................... 4 1.1 Literaturrecherche .................................................................................................................. 4 1.2 Hintergrund............................................................................................................................ 5 2 Methoden........................................................................................................................................ 7 2.1 Messung ................................................................................................................................. 7 2.2 Verfahren zur Abschätzung des Transmissionswärmeverlustes ............................................ 9 3 Ergebnisse .................................................................................................................................... 10 4 Fazit .............................................................................................................................................. 15 Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................................ 16 Tabellenverzeichnis ............................................................................................................................. 17 Literaturverzeichnis............................................................................................................................ 18 2
Nomenklatur Symbole A m² Fläche h W/m²K Wärmeübergangswiderstand Q& W Wärmestrom q W/m² Wärmestromdichte R m²·K/W Wärmedurchlasswiderstand T K Temperatur ε - Emissionskoeffizient θ °C Temperatur σ W/(m2·K4) Stefan-Boltzmann-Konstante Indices a Luft (air) c konvektiv (convective) cond Wärmeleitung (conduction) e evaporativ r Strahlung (radiative) res Atmung (respiration) m energetischer Umsatz (metabolic) R Raum s Oberfläche (surface) W Wand 3
1 Einleitung 1.1 Literaturrecherche In der Fachliteratur sind verschiedene Untersuchungen zur Energieeinsparung durch eine Erhöhung des Reflexionsgrades der inneren Oberflächen der Wände zu finden. Eine sehr detaillierte Analyse ist [1] zu entnehmen, wobei basierend auf einer Energiebilanz eine Energieeinsparung in Höhe von 10- 15 % berechnet wurde. Unter Berücksichtigung eines Fensters sinkt dieser Wert auf 8 % ab. Die Simu- lation wurde für eine Außentemperatur θa=-15°C durchgeführt und gilt folglich nur für diese extremen Bedingungen. Als weiterer Vorteil wird in dieser Untersuchung ein schnellerer Aufheizvorgang bzw. die Verminde- rung der thermischen Trägheit genannt. Weiterhin wurde festgestellt, dass die Art des Heizsystems (Untersuchung von Plattenheizkörpern, Fußbodenheizung und Lüftungsheizung) keinen entscheiden- den Einfluss auf die Höhe der energetischen Einsparung hat. Dies widerspricht experimentellen Unter- suchungen von [2], in denen Einsparungen von 5 % (Heizkörper), 10 % (Warmluftheizung) und 18 % (Fußbodenheizung) gemessen werden konnten. Die genauen Randbedingungen der Messungen gehen aus dem Bericht nicht hervor. Begleitet wurden die Untersuchungen von thermographischen Messun- gen, über die aber aufgrund der fehlenden Legenden keine Aussagen getroffen werden können. Nach [3] sollen sich die Heizkosten durch das Aufbringen einer infrarotreflektierenden Farbe sogar expo- nentiell mit einem ansteigenden Reflexionsgrad senken. Auch [4] kommt, bei der messtechnischen Erfassung einer sehr schlecht gedämmten, aluminiumpig- mentierter Oberfläche auf bis zu 12 % Energieeinsparung im Vergleich zu einer herkömmlichen Wandoberfläche (θa=0°C). Dies soll für Emissionskoeffizienten von 0,2 bei einem Wärmedurchlass- widerstand von R=0,55 m²K/W gelten. Je höher allerdings der Wärmedurchlasswiderstand einer Wand, desto weniger effizient sei der Einsatz infrarotreflektierender Farbe. Als Grenzwert wird dabei ein Wärmedurchlasswiderstand R=2 m²K/W angegeben. Bei einem Wandaufbau mit einem darüber- liegenden Wärmedurchlasswiderstand hätte eine infrarotreflektierende Farbe demzufolge keinen Ef- fekt. Am Fraunhofer IBP wurde in experimentellen Untersuchungen eine energetische Einsparung von 5 % bei einer stationären Außentemperatur θa=-10°C ermittelt [5]. Erst durch die Verwendung von Lamel- lenstores vor den Fenstern, die die gleiche Beschichtung aufwiesen, konnte der Effekt auf 14 % erhöht werden. Dies deutet auf den großen Einfluss der Fensterfläche in der Realität hin. Erstaunlich sind auch die Untersuchungen von [6], bei denen an sechs nur mit Badehose bekleideten Probanden in einer Klimakammer (bei konstanter Wandtemperatur) die Hauttemperatur, Wärme- stromdichte und metabolische Aktivität gemessen wurden. Dabei wurde festgestellt, dass die Raum- temperatur durch infrarotreflektierende Farben um bis zu 4 K abgesenkt werden konnte, was einer Einsparung von 20 % gleichzusetzen sei. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind kritisch zu betrach- ten, da weder die gewählte Bekleidung noch die konstante Wandtemperatur realistische Ergebnisse erwarten lassen. 4
1.2 Hintergrund Die Wärmebilanz des menschlichen Körpers Q& c + Q& cond + Q& r + Q& e + Q& res = Q& m (1-1) setzt sich aus den verschiedenen Arten der Wärmeabgabe Q& c sensible Wärmeabgabe durch Konvektion, Q& cond sensible Wärmeabgabe durch Konduktion, Q& r sensible Wärmeabgabe durch Strahlung, Q& e latente Wärmeabgabe durch Wasserdampfdiffusion durch die Haut und Verdunstung von Schweiß, Q& res sensible & latente Wärmeabgabe durch Atmung, sowie den Wärmegewinnen (metabolische Aktivität Q& m , u.U. solare Gewinne etc.) zusammen. Fokus dieser Untersuchungen ist die dominierende sensible Wärmeabgabe des Menschen via Konvektion Q& c und Strahlung Q& r . Letztere basiert auf dem Stefan-Boltzmann-Gesetz, wobei der Wärmetransport für parallele Flächen über die Fläche des Strahlers, die Oberflächentemperaturen sowie die Emissionsko- effizienten bestimmt werden kann: σ Q& r = A ⋅ 1 1 ( ) ⋅ T14 − T24 . (1-2) + −1 ε1 ε2 Aus dieser vereinfachten Betrachtung wird ersichtlich, dass eine Erhöhung des Emissionskoeffizienten der Wandoberfläche zu einer Änderung des Strahlungsaustauschs zwischen den Flächen führt. Dies verändert wiederum die Oberflächentemperatur der im Strahlungsaustausch stehenden Flächen. Auf das Gebäude bezogen betrifft dies nicht nur die Oberflächen von Innen- und Außenwänden inklusive Decke und Fußboden, sondern auch Möbel und sogar in geringem Maße den Menschen. Dieser Strahlungsaustausch hängt, neben den Emissionskoeffizienten, auch maßgeblich von der Tem- peraturdifferenz zwischen den Strahlern ab. Aus diesem Grund sind bei kalten Außenwänden, bei- spielsweise durch eine schlechte Dämmung und kalte Außentemperaturen, größere Unterschiede bei einer Änderung des Emissionskoeffizienten zu erwarten. Wird der durch die Erhöhung des Emissionskoeffizienten verringerte Strahlungsverlust nur teilweise durch die geringere Wandtemperatur kompensiert, kann zusätzlich – bei gleicher thermischer Behag- lichkeit – die Lufttemperatur abgesenkt werden. Der dies beschreibende konvektive Term kann in Abhängigkeit der Temperaturdifferenz zwischen der Oberflächentemperatur des Menschen und der umgebenden Luft mit Q& c = hc ⋅ A ⋅ (θ s − θ a ) (1-3) 5
angegeben werden. Aus dieser Gleichung wird erkennbar, dass eine Absenkung der Lufttemperatur zu einer Erhöhung der Wärmeabgabe führt, wodurch die verringerte Wärmeabgabe via Strahlung durch die Erhöhung des Emissionskoeffizienten kompensiert werden kann. Um die genauen Auswirkungen der Absenkung des Emissionskoeffizienten zu bestimmen, wurden umfangreiche Messungen in einer Klimakammer durchgeführt, auf die im Folgenden eingegangen wird. 6
2 Methoden 2.1 Messung 2.1.1 Klimakammer Die Untersuchungen der infrarotreflektierenden IReflex-Farbe wurden in einer Klimakammer mit den Abmessungen 3 x 3 x 2,44 m durchgeführt. Diese wird mit Hilfe wasserführender Kapillarrohrmatten, welche verputzt auf die Innenflächen der Kammer aufgebracht sind, temperiert. Da alle Flächen (vier Wände, Fußboden, Decke) separat ansteuerbar sind, konnten verschiedene Szenarien untersucht wer- den. Die Temperaturregelung der Oberflächen erfolgt durch einen jeweils mittig auf den Kapillar- rohrmatten der Wände aufgebrachten PT100-Temperatursensor. Nach einer Einschwingphase, deren Länge maßgeblich von dem zu überbrückenden Temperaturunterschied abhängt, erreicht die Anlage einen quasistationären Zustand mit einer harmonischen Oszillation von ±0,1 K um das Temperaturziel. Eigens für die Untersuchungen wurde ein Sensor eingerichtet und programmiert, der im vorliegenden Fall die Raumtemperatur über die Fußbodenheizung steuerte. Dieser Sollwert wurde auf 21°C, ent- sprechend dem Behaglichkeitsdiagramm von [7], eingestellt und mit Hilfe eines die operative Tempe- ratur messenden Globethermometers überprüft. Sowohl die infrarotreflektierende als auch die herkömmliche Farbe wurden bereits vom Auftraggeber auf handelsübliche Tapeten aufgebracht und für die Untersuchungen auf die Wände und die Decke der Klimakammer aufgeklebt. Dabei musste darauf geachtet werden, dass der Verbund zwischen Tapete und Wandoberfläche sichergestellt war. Zur Kontrolle der tatsächlichen Oberflächentemperaturen wurden NTC-Sensoren auf verschiedene Wandoberflächen der Klimakammer aufgeklebt. Abbildung 1: Geometrie der Klimakammer Tabelle 1 ist das im Rahmen dieser Untersuchungen durchgeführte Messprogramm zu entnehmen. Dabei wurde ein Eckzimmer (zwei Außenwände & Dach) sowie ein Zimmer mit lediglich einer Au- ßenwand untersucht. Um den Einfluss des Gebäudes zu untersuchen, wurden verschiedene Wandauf- bauten bzw. die damit einhergehenden Oberflächentemperaturen untersucht. Dabei wurden die U- Werte • 1,64 W/m²K (Gründerzeit) 7
• 1,11 W/m²K (70er Jahre Haus) • 0,12 W/m²K (Passivhaus) entsprechend [8, 9] angesetzt, um die Oberflächentemperatur der Außenwand θs unter dem Einfluss des Wandaufbaus grob abzuschätzen. Bei dieser Berechnung wurden die Randbedingungen der DIN 4108-2 [10] zur Mindestanforderung an den Wärmeschutz (Wärmebrücken) mit einer Außenlufttem- peratur von θe=-5°C sowie eine Innenlufttemperatur von θi=20°C angesetzt. Um den Einfluss des Heizsystems zu untersuchen, wurde in einer Messreihe (Nr. 2) die Fußbodenhei- zung durch einen herkömmlichen Konvektor ersetzt. Weiterhin wurde das Messregime durch Untersu- chungen zur Aufheizdauer ergänzt (Nr. 3). Sowohl die instationäre Messung als auch die Konvektormessung wurden lediglich für den Gebäudetyp Gründerzeit (Eckzimmer) durchgeführt. Die Durchführung erfolgte in drei Schritten: Zunächst wurde die Versuchsreihe mit herkömmlicher Farbe durchgeführt (1.1; 2.1; …). Der Sollwert der Raumtemperatur wurde dabei auf die bereits er- wähnten 21° eingestellt. Anschließend wurde die infrarotreflektierende Farbe IReflex aufgebracht und die Messreihe unter den ansonsten gleichen Bedingungen wiederholt (1.2; 2.2; …). Daraufhin erfolgte eine schrittweise Absenkung der Raumtemperatur (1.3; 2.3; …), bis der Wärmestrom des Manikins identisch mit dem der ersten Messung war. Nr. Konstruktion simulierter Heizung Temperatur herkömmliche 10% IReflex Gebäudetyp Wand θs Farbe 5000 white θn.1=θn.2 qn.1=qn.3 1.1 ● 1.2 ● 1.3 FB-Heizung ● 1.4 1.5 Gründerzeit 14,7°C 2.1 ● 2.2 Konvektor ● 2.3 ● 2 Außenwände & Dach 3.1 1 ● FB-Heizung 3.2 ● 4.1 ● 4.2 70er Jahre FB-Heizung 16,4°C ● 4.3 ● 5.1 ● 5.2 Passivhaus FB-Heizung 19,6°C ● 5.3 ● 6.1 ● 6.2 Gründerzeit FB-Heizung 14,7°C ● 6.3 ● 1 Außenwand 7.1 ● 7.2 70er Jahre FB-Heizung 16,4°C ● 7.3 ● 1 Instationäre Messung der Aufheizdauer Tabelle 1: Messregime Die Untersuchungen wurden durch die thermografische Messung der Oberflächentemperatur der Hüllflächen sowie des thermischen Manikins ergänzt. Die Genauigkeit der Thermografie liegt nach Herstellerangaben bei lediglich ±2K, was einen für ungekühlte Systeme üblichen Wert darstellt. Wie sich im Zuge der Untersuchungen herausstellte, war für den Vergleich der Messergebnisse eine we- 8
sentlich höhere Genauigkeit aufgrund der geringen Temperaturunterschiede erforderlich. Aus diesem Grund wurde in der Auswertung auf die thermographischen Messungen verzichtet. 2.1.2 Thermisches Manikin Das im Rahmen dieser Untersuchungen verwendete thermische Manikin Feelix ist durch unter der Oberfläche verlaufende Heizdrähte in der Lage, eine dem Menschen ähnliche Hauttemperatur zu simulieren. Die Geometrie des Manikins (Körperhöhe stehend: 1,76 m) entspricht weitestgehend dem Median der deutschen Bevölkerung nach DIN 33402-2 [11]. Das Manikin ist in insgesamt 22 Segmen- te unterteilt, welche bezüglich Setup und Monitoring separat ansteuerbar sind. Über verschiedene Kontrollmodi lassen sich somit die Oberflächentemperatur, der Wärmestrom oder aber ein „Komfort- modus“ simulieren. Für ein möglichst realitätsnahes Szenario wurde letzterer in dieser Untersuchung verwendet. Dabei wird die Abschätzung θ core − θ skin qm = (2-1) R verwendet, wobei standardmäßig eine Kerntemperatur θcore=36,4°C sowie ein Wärmedurchlasswider- stand R=0,054 m²K/W vorgesehen sind. Damit passt sich die Oberflächentemperatur des Manikins den jeweiligen klimatischen Bedingungen an. Messtechnisch erfasst wurden folglich die sich einstel- lende Oberflächentemperatur sowie der Wärmestrom. Das Manikin war während der Untersuchungen mit üblicher Bekleidung ausgestattet (T-Shirt, Jeans, Schuhe, Socken). 2.2 Verfahren zur Abschätzung des Transmissionswärmeverlustes Mit der verwendeten Klimakammer ist es nicht möglich, die verrichtete Heizleistung zu bestimmen, um daraus einen möglichen Einspareffekt durch die Verwendung der IReflex-Farbe abzuleiten. Um dennoch eine Abschätzung der Energieeinsparung durchführen zu können, wurde auf die Temperatur- differenz zwischen dem in der Wand auf den Kapillarrohrmatten aufgebrachten Steuersensor (PT-100) sowie der tatsächlichen Oberflächentemperatur (NTC) zurückgegriffen. Da der Wärmeduchlaßwi- derstand R unveränderlich ist, kann über die Veränderung der Temperaturdifferenz durch das Auf- bringen der IReflex-Farbe die Veränderung des Wärmestroms q bestimmt werden: θ s , NTC − θW , PT 100 q= . (2-2) R Um die Genauigkeit dieses einfachen Verfahrens zu erhöhen, wurde auf den Mittelwert mehrerer Wände zurückgegriffen. Der damit bestimmte Wert stellt allerdings nur den Einspareffekt bezüglich der Transmission durch die Außenflächen (ohne Fenster) dar. 9
3 Ergebnisse Zunächst werden die Ergebnisse detailliert am Beispiel der Messung 1 (Gründerzeithaus mit 3 Außen- flächen) erläutert. In Abbildung 2 ist die Wärmeabgabe des thermischen Manikins für diese Messreihe dargestellt. Während das Manikin unter Verwendung der herkömmlichen Vergleichsfarbe 70,2 W/m² abgibt, sinkt dieser Wert bei gleicher Raumtemperatur um 1,6 W/m² auf 68,6 W/m² durch die Ver- wendung der infrarotreflektierenden Farbe ab (Messung 1.2). Aus diesem Grund wurde anschließend die Lufttemperatur schrittweise herabgesetzt, bis die Wärmeabgabe des Manikins dem Ausgangszu- stand entsprach (Messung 1.3). 75 q [W/m²] 70.2 70.2 70 68.6 65 60 55 50 1.1 1.2 1.3 Normale Farbe IReflex IReflex Abbildung 2: Wärmestromdichte des thermischen Manikins Ein differenzierteres Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Wärmestromdichte der einzelnen Seg- mente (Abbildung 3). Es zeigt sich, dass der veränderte Emissionskoeffizient der Wände bzw. die Absenkung der Lufttemperatur unterschiedliche Auswirkungen haben. So sinkt die Wärmeabgabe im Bereich des Oberkörpers durch das Aufbringen der IReflex-Farbe erwartungsgemäß deutlich ab. Im unteren Bereich des Manikins (Füße, Unterschenkel, etc.) ist jedoch ein Anstieg zu verzeichnen. Die- ser Effekt ist auf den Strahlungsaustausch mit der abgesenkten Fußbodenheizung (bei identischem Emissionskoeffizient) zurückzuführen. Entsprechend den Gleichungen (1-2) und (1-3) verhält sich die Oberflächentemperatur reziprok zur Wärmestromdichte (Abbildung 4). 10
q 35 1.1 Normale Farbe 31[W/m²] 34 33 32 1.2 IReflex 1.3 IReflex 30 110 q [W/m²] θs [°C] 35 100 34 90 80 33 70 60 32 50 31 40 30 30 L. foreleg R. foreleg L. Back thigh R. Back thigh Pelvis Back side Head Crown L. foreleg R. foreleg L. Back thigh R. Back thigh Pelvis Back side Head Crown L. front thigh L. Hand R. Hand R. Upper All L. front thigh L. Hand R. Hand R. Upper All L. foot R. foot R. front L. Side chest R. Side chest L. Side back R. Side back L. foot R. foot R. front L. Side chest R. Side chest L. Side back R. Side back L. Fore arm R. Fore arm L. Upper arm L. Fore arm R. Fore arm L. Upper arm Abbildung 3: Wärmestromdichte des thermischen Abbildung 4: Oberflächentemperatur des thermi- Manikins (einzelne Segmente) schen Manikins (einzelne Segmente) Die eingangs beschriebene Änderung der Oberflächentemperatur konnte ebenfalls messtechnisch bestätigt werden (Abbildung 5). Diese Änderung hat, gemäß Gleichung (1-2), auch einen entscheiden- den Einfluss auf den Wärmetransport zwischen dem Manikin und den umgebenden Wänden. Tenden- ziell lässt sich feststellen, dass die Temperatur der kalten Außenfläche (aktiv gekühlt) durch den veränderten Emissionskoeffizienten leicht absinkt. Dieser Effekt wird durch das Absenken der Luft- temperatur (1.3) noch verstärkt, da dadurch der konvektive Wärmeübergang zur Außenwand verrin- gert wird. Diese Absenkung der Oberflächentemperatur θ30s [C°] 1.1 Normale Farbe 1.2 IReflex 1.3 IReflex hat zur Folge, dass die Transmissionswärmever- 26.5 26.0 25.1 luste durch die Außenwände sinken. Einzelne 25 Untersuchungen der Fachliteratur, in denen die 20.7 20.1 20.2 sich verändernde Oberflächentemperatur nicht 20 17.9 16.4 16.2 16.4 16.2 16.6 16.2 16.4 16.1 berücksichtigt wird, haben unrealistische Ergeb- 15 nisse bezüglich der thermischen Behaglichkeit sowie der energetischen Einsparung zur Folge. 10 Auffällig ist, dass die Temperaturänderung der Decke, im Vergleich mit den anderen Flächen 5 am größten ist. Dies ist auf den Strahlungsaus- tausch mit dem Fußboden sowie die natürliche 0 Decke Wand 2 Wand 3 Wand 4 Fußboden Konvektion zurückzuführen. Da die Temperatur aktiv passiv aktiv aktiv aktiv der Fußbodenheizung durch die infrarotreflek- Abbildung 5: Oberflächentemperatur der umge- tierende Farbe abgesenkt werden kann, werden benden Flächen die radiativen und konvektiven Wärmegewinne der Decke vermindert, was zu einer deutlichen Temperatursenkung führt. 11
Interessant ist auch das Verhalten der passiven Innenwand: Das Aufbringen der infrarotreflektierenden Farbe führt zunächst zu einem Anstieg der Oberflächentemperatur, da die Strahlungsverluste gegen- über den kälteren Außenwänden reduziert werden. Wird zusätzlich die Lufttemperatur abgesenkt, sinkt auch die Temperatur dieser Fläche wieder geringfügig ab. Ebenfalls für die energetische Einsparung spricht das Verhalten der in diesen Untersuchungen automa- tisch gesteuerten Fußbodentemperatur: Bereits lediglich durch das Aufbringen der IReflex-Farbe kann die Temperatur des Fußbodens um 0,5 K abgesenkt werden. Im Zuge der Absenkung der Lufttempera- tur ist eine weitere Absenkung um nochmals 0,9 K möglich. Alle weiteren Messungen wurden nach einem ähnlichen Schema wie die ausführlich diskutierte Mes- sung 1 durchgeführt. Aus diesem Grund werden alle weiteren Messungen zusammengefasst darge- stellt. In Abbildung 6 ist die Wärmestromdichte des thermischen Manikins aller stationären Messungen aufgeführt. Tendenziell lässt sich feststellen, dass die absolute Wärmeabgabe von der Zahl der Außenwände bzw. deren Oberflächentemperatur abhängt. Dies gilt auch für die Veränderung durch das Aufbringen der IReflex-Farbe: Je mehr Außenflächen bzw. je kälter deren Oberflächentem- peratur, desto größer das absolute Absinken durch die infrarotreflektierende Farbe. Auffällig ist ledig- lich die Abweichung der absoluten Zahlen bei der zweiten Messung, was aus der Verwendung der Konvektorheizung resultiert. θ 26FB [°C] 28 24 22 20 18 n.1 Normale Farbe n.2 IReflex n.3 IReflex 75[W/m²] q 28FB [°C] θ 26.5 70.2 69.8 26.0 70 26 68.6 68.0 25.1 67.1 24.7 65.6 65.5 65.3 65.0 24.0 65 64.5 64.8 64,6 24 23.1 60 22 21.6 21.3 20.8 20.9 20.9 20.6 20.6 20.6 20.620.4 20.3 19.8 55 20 50 18 1 2 4 5 6 7 1 2 4 5 6 7 Abbildung 6: Wärmestromdichte des Manikins bei Abbildung 7: Fußbodentemperatur Raumtemperatur θR=21°C Abbildung 7 bestätigt den bereits erwähnten Zusammenhang zwischen der Zahl der Außenwände bzw. deren Dämmeigenschaften: Je größer die Wärmeabgabe über die Außenwände, desto größer ist die absolute Absenkung der Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung durch die infrarotreflektierende Farbe. Auffällig sind z.B. die Messungen 5-7, bei denen die Fußbodentemperatur teilweise noch unter der geforderten Raumtemperatur liegt. Die Ursache ist die Wärmeabgabe des thermischen Manikins, welche z.B. bei gutgedämmten Wänden ausreicht, um die geforderte Raumtemperatur zu halten. 12
Um den in der Literatur erwähnten Vorteil der 30[°C] θ infrarotreflektierenden Farbe beim Aufheizver- Normale Farbe IReflex 28 halten zu untersuchen, wurde die Messreihe um einen instationären Versuch ergänzt (Messung 26 θFB 3). Aus Abbildung 8 wird ersichtlich, dass dieser Effekt nicht nachvollzogen werden konn- 24 te. Ursache könnte die sehr geringe Wärmeka- 22 pazität der Wände der Klimakammer haben. Diese führt dazu, dass die Wärmespeicherung 20 der Umfassungsflächen auch bei instationären θR 18 Verhältnissen kaum eine Rolle spielt. Das Auf- bringen der infrarotreflektierenden Farbe ist 16 daher in diesem Fall wirkungslos. Allerdings 0:00 0:10 0:20 0:30 t [min] könnte unter (bezüglich der Wärmekapazität der Abbildung 8: Aufheizverhalten Wände) realistischeren Bedingungen ein ande- res Ergebnis erzielt werden. Um eine abschließende Aussage treffen zu können, bedarf es gegebenen- falls weiterer Untersuchungen. Entsprechend dem in Kapitel 2.2 vorgestellten Verfahren wurde die energetische Einsparung durch die Verwendung der IReflex-Farbe abgeschätzt (Tabelle 2). Dabei zeigt sich, dass der Effekt insbesondere vom Wandaufbau abhängt: Je schlechter die Wärmedämmung eines Gebäudes, umso mehr Energie kann eingespart werden. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Heiztyp offensichtlich lediglich einen geringen Effekt hat. Es ist allerdings zu vermuten, dass der Messaufbau insbesondere bei der Konvek- torheizung einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis hat, sodass diese Ergebnisse nicht zu gene- ralisieren sind. Weiterhin wird deutlich, dass die Zahl der Außenwände keinen entscheidenden Einfluss hat, da die hier gemessenen Abweichungen kleiner als der zu erwartende Messfehler sind. Nr. Konstruktion simulierter Heizung Temperatur abgeschätzte Einsparung Gebäudetyp Wand θW durch IReflex θR=21°C θR
Wie bereits erwähnt stellt der hier ermittelte Wert lediglich den Transmissionswärmeverlust durch die Außenwände dar. Eine Berücksichtigung des Lüftungswärmeverlustes würde zu einer deutlichen Abminderung des Effektes führen. Des Weiteren beziehen sich die Messungen und die daraus ermit- telte energetische Einsparung lediglich auf die gewählten winterlich-kalten Randbedingungen (θa=- 5°C). Des Weiteren wird der Transmissionswärmeverlust in der Realität stark durch die Fenster beeinflusst. Wie eingangs erwähnt, kann die Berücksichtung eines Fensters den Einspareffekt nahezu halbieren [1]. Da die Messungen in einer fensterlosen Klimakammer durchgeführt wurden, bleibt dieser Effekt unberücksichtigt. Darüber hinaus wurden die Messungen in einem unmöblierten Raum durchgeführt, was ebenfalls die Effektivität der infrarotreflektierenden Farbe erhöht. Die tatsächliche Reduktion des Jahresheizwärmebedarfs durch die IReflex-Farbe würde folglich aufgrund der genannten Einschrän- kungen deutlich geringer als in Tabelle 2 angegeben ausfallen. 14
4 Fazit Umfangreiche Messungen wurden durchgeführt, um die Auswirkungen der Absenkung des Emissi- onskoeffizienten bzw. der Erhöhung des Reflexionsgrades einer Wandinnenfarbe (IReflex) zu unter- suchen. Die Messungen fanden in einer Klimakammer, ausgestattet mit einem thermischen Manikin und weiterer Messsensorik, statt. Dabei wurden verschiedene Randbedingungen wie der Wandaufbau untersucht und miteinander verglichen. Durch die Modifikation des Emissionskoeffizienten ändert sich der Strahlungsaustausch zwischen den Flächen. Dies geht mit einer Änderung der Temperatur aller Oberflächen einher, was folglich Wände, Fußboden und Decke, sowie auch Möbel und den Mensch betrifft. Die Absenkung der Oberflächen- temperatur der Außenwände hat eine energetische Einsparung zur Folge, da der Transmissionswärme- verlust durch die Wände sinkt (Beispiel Gründerzeithaus: 15 % bei θa=-5°C). Unter Umständen kann allerdings durch die niedrigere Oberflächentemperatur die Gefahr der Schimmelpilzbildung steigen. Über die Absenkung der Wandoberflächentemperatur hinaus ermöglicht die Änderung des Strahlungs- austauschs zwischen Mensch und den umgebenden Flächen eine Absenkung der Lufttemperatur – bei gleicher thermischer Behaglichkeit. Dadurch kann die energetische Einsparung nochmals erhöht wer- den (Beispiel Gründerzeithaus: 22 % bei θa=-5°C). Die gemessenen Effekte sind vergleichbar mit denen der Fachliteratur. Die Ergebnisse können nur bedingt auf die Realität übertragen werden, da in den Untersuchungen diverse Vereinfachungen getroffen werden mussten. Dazu zählt die durch die Absenkung des Emissi- onskoeffizienten hervorgerufene Änderung der Oberflächentemperatur der Wände, die in der Klima- kammer nur teilweise realistisch nachgestellt werden konnte. Weitere Vereinfachungen wie • die Annnahme stationärer klimatischer Bedingungen bei einer winterlich-kalten Außentempe- ratur von θa=-5°C, • die Vernachlässigung des Lüftungswärmeverlustes, • die Vernachlässigung von Fenstern und Möbeln sind dafür verantwortlich, dass die energetische Einsparung in der Realität deutlich geringer ausfallen würde, als in den vorliegenden Messungen erfasst werden konnte. Die Anwendung der Thermographie, obgleich in zahlreichen anderen Untersuchungen der Literatur verwendet, erwies sich als nicht sinnvoll. Eine Ursache ist die geringe absolute Genauigkeit des Ver- fahrens ungekühlter Systeme. Erschwerend kommt hinzu, dass in der Regel nicht mit einfachen Mit- teln nachvollzogen werden kann, in welchem Maße die veränderte Oberflächentemperatur, der veränderte Emissionskoeffizient oder unter Umständen sogar Reflexionen während der Aufnahme das Ergebnis beeinflussen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine Erhöhung des Reflexionsgrades der Innenfarbe eine energetische Einsparung zur Folge hat. Da die Höhe der Einsparung maßgeblich von der Oberflä- chentemperatur der Außenwände abhängt, sind lediglich bei schlecht gedämmten Gebäuden signifi- kante Ergebnisse zu erwarten. Bei Gebäuden mit heute üblichem Dämmstandard sind dagegen keine bedeutsamen Effekte zu erwarten. 15
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Geometrie der Klimakammer............................................................................................ 7 Abbildung 2: Wärmestromdichte des thermischen Manikins ............................................................... 10 Abbildung 3: Wärmestromdichte des thermischen Manikins (einzelne Segmente).............................. 11 Abbildung 4: Oberflächentemperatur des thermischen Manikins (einzelne Segmente) ....................... 11 Abbildung 5: Oberflächentemperatur der umgebenden Flächen........................................................... 11 Abbildung 6: Wärmestromdichte des Manikins bei Raumtemperatur θR=21°C ................................... 12 Abbildung 7: Fußbodentemperatur ....................................................................................................... 12 Abbildung 8: Aufheizverhalten ............................................................................................................. 13 16
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Messregime ............................................................................................................................ 8 Tabelle 2: Abschätzung der Reduktion des Transmissionswärmeverlustes bei θa=-5°C ...................... 13 17
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