Nebelbildung am Flughafen München: Klimatologie und Modellierung - Forschungs- und Entwicklungsvertrag

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Nebelbildung am Flughafen München: Klimatologie und Modellierung - Forschungs- und Entwicklungsvertrag
Forschungs- und Entwicklungsvertrag

Nebelbildung am Flughafen München:
   Klimatologie und Modellierung

        Christina Mohr & Isabel Alberts
               Matthieu Masbou
                 Andreas Bott
                     April 2009

               Universität Bonn
              Meteorologisches Institut
                Auf dem Hügel 20
                    53121 Bonn
Nebelbildung am Flughafen München: Klimatologie und Modellierung - Forschungs- und Entwicklungsvertrag
Teil I

Klimatologie typischer Nebellagen am
    Flughafenstandort München

                 2
1 Einleitung und Aufgabenstellung
1.1 Umfang der Arbeiten
Nebel und damit verbundene reduzierte Sichtweiten haben einen großen Einfluss auf alle Be-
reiche des Verkehrs. Im Flugbetrieb greift bei verringerter Sicht die sogenannte Low Visibility
Condition (LWC), bei der verschiedene Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden müssen;
beispielsweise vergrößert sich der Abstand zwischen zwei startenden bzw. landenden Flugzeu-
gen bei weniger als 550 m Sichtweite.
   Die Vorhersage und Modellierung von Nebel ist durch seine hohe räumliche und zeitliche
Variabilität sehr schwierig und zum heutigen Zeitpunkt noch nicht detailliert genug möglich.
Eine Verbesserung ist gerade für den Flugverkehr dringend notwendig, um unnötig hohe Kosten
vermeiden zu können.
   Es wird daher eine Nebelklimatologie am Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen erstellt.
Dieser Flughafen liegt 28, 5 km nordöstlich der Stadt München im Erdinger Moos. Der sehr
feuchte Boden in dieser Region begünstigt die Bildung von Nebel, wodurch sich der Münchner
Flughafen als derjenige auszeichnet, der unter den großen deutschen Flughäfen am häufigsten
von Nebelereignissen mit Low Visibility Condition betroffen ist. Er ist daher für eine Untersu-
chung von verschiedenen Nebeltypen und generellen zur Nebelbildung führenden Mechanismen
gut geeignet.
   Da die Ursachen für Nebelbildung hauptsächlich Strahlungsabkühlung und Advektionspro-
zesse sind, soll der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Unterscheidung von Strahlungs- und Ad-
vektionslagen liegen. Es werden die Sichtweitegrenzen analog zur Definition der Betriebsbedin-
gungen bei Start und Landung (CAT-I, CAT-II, CAT-III) unterschieden und eine Unterteilung
in großräumige Wetterlagen vorgenommen, um den eventuellen Einfluss der geographischen
Lage des Flughafens beurteilen zu können.

1.2 Vorgehensweise
  1. Die stündlich vorhandenen Daten werden in Nebelereignisse unterteilt, welche danach
     anhand eines Entscheidungsbaums in die fünf Nebelarten Niederschlagsnebel, Strahlungs-
     nebel, Advektionsnebel, Nebel durch Wolkenabsinken und morgendlichen Verdunstungs-
     nebel klassifiziert werden.
  2. Mit den Nebelereignissen werden statistische Untersuchungen zur zeitlichen Verteilung
     des Nebels, zu Windstärke und Windrichtung sowie zur Nebeldauer und -intensität
     durchgeführt.
  3. Eine Unterteilung der Ereignisse in die CAT-Klassen für den Flugbetrieb wird vorge-
     nommen, um die Beeinträchtigung für den Flugverkehr in München durch verringerte

                                              3
Sichtweiten abschätzen zu können.

4. Die Nebelereignisse werden großräumigen Wetterlagen zugeordnet, um einen eventuellen
   geographischen Einfluss des Flughafens abschätzen zu können.

5. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird eine Empfehlung gegeben, an welchen
   Punkten im Umfeld des Flughafens idealerweise eine Instrumentierung zur Verbesserung
   der Nebelvorhersage erfolgen sollte.

                                         4
2 Datensatz und Analyseverfahren
2.1 Datensatz
Für die Klassifikation der Nebelereignisse wurde mit Daten der Wetterstation vom Münchner
Flughafen (WMO Stationsnummer 10870, geographische Koordinaten: 48 ◦ 21 ′ 17 ′′ N,
11 ◦ 47 ′ 15 ′′ O) gearbeitet: Aus den Synop-Daten wurden Temperatur, Taupunkt, Windstärke,
Windrichtung, Sichtweite und Niederschlag verwendet. Im METAR-Datensatz, einem Daten-
satz für die Flugwetterbeobachtung, befinden sich die ebenfalls benötigten Daten für Bede-
ckungsgrad und -höhe sowie die RVR-Daten (Runway Visual Range). Die RVR ist eine abge-
leitete Größe, die aus der meteorologischen Sicht, der Umfeldleuchtdichte und der Lichtstärke
der Landebahnbefeuerung ermittelt wird.
   Die Synop-Messungen werden zur vollen Stunde erfasst, die METAR-Daten im 30-Minuten-
Takt jeweils 20 und 50 Minuten nach einer vollen Stunde. Alle Uhrzeiten sind in UTC an-
gegeben. Um beide Datensätze zusammenzufügen, wurden die METAR-Daten entsprechend
interpoliert: Beispielsweise wurde aus den Werten von 00:50 UTC und 01:20 UTC der Wert
für 01:00 UTC gewonnen. Die verwendete Messreihe beginnt am 1. September 1995 und endet
am 31. Juli 2008. Eine Übersicht über die verwendeten Daten zeigt Tabelle 2.1.

    Tabelle 2.1: Übersicht über die verwendeten Daten. Zeitraum: September 1995 - Juli 2008

 Datensatz     verwendete Parameter             Messzeiten
 Synop         Temperatur                       stündlich, zur vollen Stunde
               Taupunkt
               Windstärke
               Windrichtung
               Sichtweite
               Niederschlag
 METAR         RVR (Runway Visual Range)        halbstündlich,
               Bedeckungsgrad                   20 und 50 Minuten nach einer vollen Stunde
               Bedeckungshöhe

                                              5
2.2 Analyseverfahren
2.2.1 Identifikation von Nebelereignissen
In dieser Arbeit wurde die WMO-Definition von Nebel verwendet, nach der Nebel dann auf-
tritt, wenn eine Sichtweite von weniger als 1000 m beobachtet wird und kondensierte Was-
sertröpfchen oder Eiskristalle in der Luft vorhanden sind. Die Auswertung der Daten und
Durchführung der Nebelklassifikation basiert auf einem Artikel von Tardif et al. [36], der eine
ereignis-basierte Nebelklimatologie des Großraums New York erstellt hat. Tardif hatte eine
20-jährige Messreihe mit Daten von 17 Messstationen aus der Region New York zur Verfü-
gung und konnte daher die räumliche Variabilität des Nebels detailliert untersuchen. Durch die
Analyse mit Daten von nur einer Station ist die Untersuchung der horizontalen Heterogenität
begrenzt.

   Die Qualität der stündlichen Messungen wurde überprüft und eine Einteilung in Nebeler-
eignisse vorgenommen. Als Nebelereignis versteht man normalerweise eine zusammenhängende
Serie von Messungen mit weniger als 1000 m Sichtweite. Dabei treten aber sehr viele sehr kurze
Ereignisse von oft nur einer Stunde Dauer auf, die nicht erfolgreich einem Nebeltyp zugeordnet
werden können.
   In dieser Arbeit wird daher für die Unterteilung der Messwerte in Nebelereignisse ein anderes
Verfahren angewendet, wobei ähnlich vorgegangen wird wie in Tardif et al. [36]. Das Verfahren
wird zunächst allgemein beschrieben, anschließend wird es anhand eines Beispiels (Abbildung
2.1) verdeutlicht.

  1. Ein Messwert wird als positiv oder negativ markiert: Den Wert positiv erhält er, wenn
     er in einer gleitenden Reihe von m Messungen, in denen mindestens n Messungen mit
     Sichtweite kleiner als 1000 m vorhanden sind, enthalten ist.

  2. Aus den so gekennzeichneten Messwerten werden zusammenhängende Positiv- und Ne-
     gativgruppen gebildet.

  3. Ein Nebelereignis dauert von der ersten Sichtweitemessung unter 1000 m bis zur letzten
     Sichtweitemessung unter 1000 m innerhalb einer positiven Gruppe.

  4. Im Folgenden wird m = 5 und n = 3 gesetzt.

   Abbildung 2.1 zeigt fünf verschiedene Beispiele einr 18-stündigen (fiktiven) Messreihe. In
Beispiel 5 bilden die Messpunkte 4 bis 12 eine positive Gruppe, dennoch endet das Nebeler-
eignis bereits mit der letzten Messung unter 1000 m bei Punkt 10.
   Auf diese Weise bleiben zwar einzelne kurze Ereignisse von weniger als drei Stunden Dau-
er unberücksichtigt, andererseits wird ein Nebelereignis auch nicht von kurzen Nebellücken
unterbrochen.
91, 3 % aller Nebelmessungen befinden sich innerhalb identifizierter Ereignisse.

  Damit sich Nebel bilden kann, muss eine bestimmte Kombination von verschiedenen Para-
metern eintreten. Um bevorzugte Einflüsse für die Nebelentwicklung erfassen zu können, sollte
der Zustand der Atmosphäre daher schon einige Stunden vor Nebelbeginn betrachtet werden.

                                               6
1   2      3     4      5      6     7   8       9     10      11      12       13   14   15   16     17       18

    Beispiel 1
                 N   N      N     N      P      P     P   P       P     P       P       P        N    N    N    N      N        N

    Beispiel 2
                 N   N      P     P      P      P     P   P       P     N       N       N        N    N    N    N      N        N

    Beispiel 3
                 N   N      N     P      P      P     P   P       N     N       N       N        N    N    N    N      N        N

    Beispiel 4
                 N   N      P     P      P      P     P   P       P     P       P       N        N    N    N    N      N        N

    Beispiel 5
                 N   N      N     P      P      P     P   P       P     P       P       P        N    N    N    N      N        N

                     Messung mit Sichtweite ≥ 1000m       N   kein Teil einer positiven Gruppe                  Nebelereignis

                     Messung mit Sichtweite < 1000m       P   Teil einer positiven Gruppe

             Abbildung 2.1: Graphik zum Verfahren der Identifikation von Nebelereignissen

Deshalb werden – abhängig vom jeweiligen Nebeltyp – die Parameter Temperatur, Taupunkt,
Bedeckungsgrad, Bedeckungshöhe und Niederschlag bis zu sechs Stunden vor Einsetzen des
Nebels untersucht. In den METAR-Daten fehlt eine große Anzahl von Werten, sodass vor der
eigentlichen Nebelklassifizierung eine Überprüfung und ggf. Aussortierung stattfinden muss,
falls die vorhandenen Daten für eine vernünftige Untersuchung nicht ausreichen. Wenn bei-
spielsweise für mehr als drei der betrachteten sechs Stundenwerte Daten nicht vorhanden sind,
wird die entsprechende Episode nicht verwendet.

2.2.2 Nebelklassifikation
Die fünf untersuchten Nebeltypen Niederschlagsnebel, Strahlungsnebel, Advektionsnebel, Nebel
durch Wolkenabsinken und Verdunstungsnebel wurden an die Untersuchungen von Tardif et
al. [36] angelehnt. In der Literatur gibt es auch einige Studien mit einer größeren Anzahl an
zu unterscheidenden Nebeltypen. Beispielsweise haben Willett (1928) [39] und später Byers
(1959) [14] eine Klassifikation mit elf Nebeltypen vorgenommen, die auf den Mechanismen der
Nebelbildung und auf verschiedenen im Zusammenhang mit Nebel auftretenden Wetterszena-
rien basiert. Eine etwas einfachere Klassifikation mit sechs Nebeltypen existiert von George
[24]. Hat man – wie im Fall dieser Arbeit – aber nur stündliche Daten zur Verfügung, ist eine
zu detaillierte Unterscheidung zwischen verschiedenen Typen nicht sinnvoll, weil die zeitliche
Auflösung der Daten dafür nicht ausreichend ist.
   Die Klassifizierung wurde mit einem Entscheidungsbaum (Abbildung 2.2) durchgeführt,
welcher auf den Ideen von Tardif et al. [36] basiert und nach genauerer Betrachtung der Daten
modifiziert wurde.
   Vor der eigentlichen Unterteilung der Ereignisse in die verschiedenen Nebeltypen wurde
überprüft, ob während eines gesamten Ereignisses Niederschlag gefallen ist, um so Sichtwei-
tenreduzierung durch Niederschlag auszuschließen. Diese Ereignisse wurden aussortiert.
Im folgenden werden die wichtigsten Mechanismen und Entscheidungskriterien der einzelnen
Nebeltypen erläutert:

                                                              7
Niederschlagsnebel:
Im zweistündigen Zeitraum vor Nebelbeginn ist Niederschlag gefallen. Der hier zur Nebelbil-
dung führende Prozess ist die Verdunstung des fallenden Niederschlags in Bodennähe.

Nebel durch Wolkenabsinken:
Eine bereits vorhandene hochnebelartige Stratusdecke muss allmählich weiter absinken und zu
Bodennebel führen; dies kann durch Tropfensedimentation oder eine initiale Abkühlung erfol-
gen. Für den Programmablauf bedeutet dies, dass sechs Stunden vor Nebelbeginn bereits eine
niedrige Wolkendecke vorhanden sein muss, die sich im Laufe der folgenden Stunden noch wei-
ter nach unten ausbreitet. Damit dieser Prozess möglich ist, ist also ein hoher Bedeckungsgrad
notwendig.

Strahlungsnebel:
Diese Nebelart bildet sich, wenn bei wolkenarmem, windschwachem Wetter eine nächtliche
negative Strahlungsbilanz eine so starke Abkühlung der bodennahen Luftschichten zur Folge
hat, dass es zur Kondensation des Wasserdampfes kommt.
Damit ein Ereignis als Strahlungsnebel klassifiziert wird, muss der Nebel zwischen Sonnenun-
tergang und Sonnenaufgang einsetzen und vor Beginn des Nebels muss eine Abkühlung zu
verzeichnen sein. Außerdem ist ein zumindest kurzzeitig geringer Bedeckungsgrad von Bedeu-
tung, damit es überhaupt zu der negativen Strahlungsbilanz kommen kann. Die Windstärke
bei einsetzendem Nebel muss kleiner als 2, 5 m/s sein.

Verdunstungsnebel:
Morgendlicher Verdunstungsnebel beruht auf dem Prinzip, dass kurz nach Sonnenaufgang die
untersten Luftschichten erwärmt werden, aber gleichzeitig durch ein vorhandenes Feuchtean-
gebot – beispielsweise einen See oder eine feuchte Wiese – der Taupunkt stärker ansteigt als
die Temperatur. Erreicht der Taupunkt die Lufttemperatur, bildet sich Nebel. Auch dieser
Nebeltyp bildet sich nur bei schwachem Wind.
Im Klassifikationsschema muss das Ereignis daher innerhalb einer Stunde nach Sonnenaufgang
beginnen und einen schwächeren Gradienten der Temparatur als des Taupunktes aufweisen.
Die Windstärke bei Nebelbeginn muss kleiner als 2, 5 m/s sein.

Advektionsnebel:
Er bildet sich durch das Überströmen von feuchter Luft über einen kalten Untergrund. Der so
entstandene Nebel kann danach durch Advektion weiter transportiert werden. Die Klassifika-
tion dieser Kategorie ist mit den Daten von nur einer Messstation sehr schwierig, da eigentlich
der Prozess des Herantransportierens des Nebels betrachtet werden müsste.
Im Entscheidungsbaum wird ein Ereignis als Advektionsnebel klassifiziert, wenn die Wind-
stärke mindestens 2, 5 m/s beträgt und vor Nebelbeginn eine Wolkenhöhe von 300 m nicht
überschritten wird.

Konnte ein Ereignis keinem der beschriebenen Nebeltypen zugeordnet werden, wurde es als
unbestimmt klassifiziert.

                                              8
Sichtweite < 1000 m

                 ja    Niederschlag während gesamter     nein
                               Nebelepisode?

    Sichtweite durch                          ja                                           nein
                                                       Niederschlag 2h vor Nebelbeginn
      Niederschlag                                       oder bei Nebelbeginn (NB)?
        reduziert

                                                                               ja        6h vor NB: Wolkenhöhe < 1000m,            nein
                        Niederschlagsnebel                                                       Absinken bis NB,
                                                                                              Bedeckungsgrad > 4/8?
9

                                                           Nebel durch                                          ja                                                   nein
                                                                                                                                      Wind < 2,5 m/s?
                                                          Wolkenabsinken

                                                                                             2h vor NB: Abkühlung,
                                                                             nein         Bedeckungsgrad < 5/8 (außer         ja                        ja                                          nein
                                                                                              Cirren), NB zwischen                                                 2h vor NB: Wolkenhöhe < 300 m?
                                                                                             Sonnenuntergang und
                                                                                            Sonnenaufgang +/- 2h?

                                            nein            NB innerhalb 1h nach             ja
                                                       Sonnenaufgang, T-Gradient < Td-                                    Strahlungsnebel        Advektionsnebel                                      unbestimmt
                                                                 Gradient?

                            unbestimmt                                                         Verdunstungsnebel

                                  Abbildung 2.2: Vorläufiger Entscheidungsbaum zur Klassifizierung der Nebeltypen
Den entwickelten Entscheidungsbam zeigt Abbildung 2.2, die daraus resultierende Verteilung
ist in Abbildung 2.3 dargestellt.

                                     80

                                     70

                                     60

                                     50
                   Haeufigkeit [%]

                                     40

                                     30

                                     20

                                     10

                                      0
                                          Nied.   Str.   Adv.     Wolken Verdunstung unbest.
                                                            Nebeltyp

Abbildung 2.3: Vorläufige Gesamtverteilung des Nebels bei insgesamt 338 Nebelereignissen im Zeit-
               raum September 1995 bis Juli 2008

  Mit etwa 56 % ist der Anteil des Strahlungsnebels wie erwartet am größten, gefolgt von Nebel
durch Wolkenabsinken mit 24 %. Niederschlagsnebel und Advektionsnebel werden deutlich sel-
tener zugeordnet und als Verdunstungsnebel wird sogar nur ein einziges Ereignis klassifiziert.
8 % der Ereignisse bleiben unbestimmt. Der Anteil des Nebels durch Wolkenabsinken erscheint
deutlich zu hoch, da im Allgemeinen ein solches Phänomen eher selten auftritt. Eine genauere
Analyse zeigte, dass ca. die Hälfte der in diese Kategorie eingeordneten Ereignisse gleichzeitig
auch Eigenschaften von Strahlungsnebel aufweisen und nur aufgrund der Reihenfolge des Ent-
scheidungsbaums dem Nebel durch Wolkenabsinken zugeordnet wurden. Der Entscheidungs-
baum sollte also so modifiziert werden, dass eine exaktere Unterscheidung von Strahlungsnebel
und Nebel durch Wolkenabsinken gewährleistet werden kann.

  Der minimale Bedeckungsgrad für Nebel durch Wolkenabsinken wurde ursprünglich auf 5/8
gesetzt. Trat dieser oder ein höherer Wert mindestens einmal in den letzten sechs Stunden
vor Nebelbeginn auf, wurde dieses Kriterium bereits als erfüllt angesehen. Diese Entscheidung
wurde getroffen, um nicht zu viele Ereignisse auszuschließen, die dann durch den Entschei-
dungsbaum nicht mehr erfolgreich hätten eingeordnet werden können. Genauer betrachtet
wird sich Nebel durch Wolkenabsinken aber wirklich nur bei länger anhaltender voller Be-
deckung bilden. Deshalb wurde der Entscheidungsbaum dahingehend geändert, dass nun in
dem gesamten sechsstündigen Zeitraum volle Bedeckung beobachtet werden muss. Desweite-
ren wurde nun auch die Windstärke bei der Klassifizierung von Nebel durch Wolkenabsinken
mitberücksichtigt: Da ein Prozess wie die langsame Sedimentation von Wolkentröpfchen bei

                                                            10
starkem Wind nicht stattfinden kann, wurde für diese Nebelkategorie ebenfalls eine maximale
Windstärke von 2, 5 m/s vorausgesetzt.

   Zusätzlich wurden die unterschiedlichen Bedingungen von Strahlungsnebel und Nebel durch
Wolkenabsinken einzeln getestet. Es sollte herausgefunden werden, welche Entscheidungen
einen großen Einfluss auf die Klassifikation haben und welche einen eher geringen. Dabei
stellte sich heraus, dass für den Strahlungsnebel die Beschränkung des Bedeckungsgrades auf
maximal 4/8 eine eher geringe Rolle spielt. Blieb diese Entscheidung unberücksichtigt, wurden
nur geringfügig mehr (etwa 2 %) Strahlungsnebel ereignisse gefunden. Damit nun die Ereignisse,
die aufgrund des für Nebel durch Wolkenabsinken zu geringen Bedeckungsgrades nicht alle als
unbestimmt eingeordnet werden, blieb die Entscheidung des geringen Bedeckungsgrades für
Strahlungsnebel unberücksichtigt. Den modifizierten Entscheidungsbaum zeigt Abbildung 2.4.

                                             11
Sichtweite < 1000 m

                                                 ja        Niederschlag während gesamter
                                                                                             nein
                                                                   Nebelepisode?

                              Sichtweite durch                                    ja                                                 nein
                                                                                           Niederschlag 2h vor Nebelbeginn
                                Niederschlag                                                    oder bei Nebelbeginn?
                                  reduziert

                                                                                                                   ja                                                  nein
                                                              Niederschlagsnebel                                                        Wind < 2,5 m/s?
12

                                                                                nein       6h vor NB: Wolkenhöhe < 1000m,       ja                         ja                                         nein
                                                                                                   Absinken bis NB,                                                  2h vor NB: Wolkenhöhe < 300 m?
                                                                                               Bedeckungsgrad > 7/8?

                                                              2h vor NB: Abkühlung,
                                               nein        Bedeckungsgrad < 5/8 (außer         ja                             Nebel durch
                                                               Cirren), NB zwischen                                                                Advektionsnebel                                      unbestimmt
                                                              Sonnenuntergang und                                            Wolkenabsinken
                                                              Sonnenaufgang +/- 2h?

                  nein        NB innerhalb 1h nach            ja
                         Sonnenaufgang, T-Gradient < Td-                                        Strahlungsnebel
                                   Gradient?

     unbestimmt                                               Verdunstungsnebel

                                  Abbildung 2.4: Endgültiger Entscheidungsbaum zur Klassifizierung der Nebeltypen
Die mit diesen geänderten Bedingungen erhaltene Verteilung der Nebeltypen (Abbildung
2.5) erscheint deutlich realistischer: Der Anteil des Strahlungsnebels hat sich auf 72 % erhöht,
ebenso wurde mehr Advektionsnebel klassifiziert. Die Zahl von Nebel durch Wolkenabsinken
hat sich drastisch verringert und liegt jetzt mit nur noch drei Ereignissen bei knapp 1 %.
Die in Strahlungsnebel eingeteilten Ereignisse haben nun zu einem großen Teil einen höheren
Bedeckungsgrad als vorher. Es kommt nicht selten vor, dass ein bis zwei Stunden vor Einsetzen
des Nebels noch voller Bedeckungsgrad beobachtet wurde und es erst in der letzten Stunde
vor Nebelbeginn aufklart. Hier muss allerdings erwähnt werden, dass mit stündlichen Werten
eine genaue Analyse nicht möglich ist. Beispielsweise kann in der Stunde vor Nebelbeginn eine
Bedeckung von 8/8 beobachtet werden und die Wolkendecke einige Minuten später aufreißen,
was innerhalb kürzester Zeit zur Bildung von Strahlungsnebel führt.

   Trotzdem befinden sich in der Kategorie Strahlungsnebel nun einige wenige Ereignisse, die
eine deutliche Absinkbewegung der Wolken aufweisen, deren Bedeckungsgrad aber kurzzeitig
zu gering ist, um dem Nebel durch Wolkenabsinken zugeordnet zu werden.
   Der Anteil der unbestimmten Nebelereignisse hat sich leicht erhöht auf 10 %. Eine genauere
Betrachtung dieser Ereignisse ergab, dass die größte Zahl dem Strahlungsnebel zuzuordnen
wäre, es aber häufig knapp an der Erfüllung einer der notwendigen Bedingungen scheiterte.
(Zum Beispiel kam es einige Male vor, dass der Nebel etwas zu spät am Vormittag einsetzte
oder der Wind etwas zu stark war.)
   Diese überarbeitete Version der Nebelklassifikation ist also sicher auch nicht perfekt, was
aber nur aufgrund der Analyse mit einem Entscheidungsbaum und ohne direkte Beobachtung
und Einordnung des Nebels vor Ort auch nicht möglich ist.

                                                     Gesamtverteilung der Nebeltypen
                                     80

                                     70

                                     60

                                     50
                   Haeufigkeit [%]

                                     40

                                     30

                                     20

                                     10

                                      0
                                          Nied.   Str.       Adv.     Wolken Verdunstung unbest.
                                                                Nebeltyp

        Abbildung 2.5: Gesamtverteilung des Nebels mit geändertem Entscheidungsbaum

                                                                 13
2.2.3 Berechnung von Häufigkeiten
Die Eigenschaften der verschiedenen Nebeltypen wurden im jahreszeitlichen sowie im tages-
zeitlichen Verlauf untersucht. Die Häufigkeiten wurden aus
                                                      
                                                  Nm,h
                                     Fm,h = 100                                     (2.1)
                                                  Nges
   berechnet. Dabei ist Fm,h die prozentuale Häufigkeit von Ereignissen, die zur Stunde h
im Monat m beginnen oder enden. Nm,h kennzeichnet die Anzahl von Ereignisen zu diesem
Zeitpunkt und Nges ist die Gesamtzahl der Ereignisse bzw. die Gesamtzahl von Ereignissen
eines bestimmten Nebeltyps. Die monatliche Häufigkeit ist dann die Summe
                                            X
                                      Fm =     Fm,h ,                                (2.2)
                                              h

  die tageszeitliche Frequenz errechnet sich analog aus
                                              X
                                        Fh =     Fm,h .                              (2.3)
                                              m

                                             14
3 Ergebnisse
Mit der überarbeiteten Version des Entscheidungsbaums (Abbildung 2.4) wurden im Zeitraum
von September 1995 bis Juli 2008 438 Ereignisse identifiziert, von denen 96 aufgrund von feh-
lenden Werten im Datensatz – in den meisten Fällen fehlten Bedeckungsgrad und Wolkenhöhe
in den METAR-Daten – aussortiert werden mussten. Vier Ereignisse entsprachen einer Sicht-
weitenreduzierung durch Niederschlag, wodurch nur noch 338 Nebelereignisse übrig bleiben.
Diese bilden die Grundgesamtheit für die durchgeführten statistischen Untersuchungen.
   Insgesamt konnten 305 Nebelereignisse (92 %) erfolgreich einer Kategorie zugeordnet wer-
den, 33 Ereignisse bleiben unbestimmt. An dieser Stelle werden noch einmal die bereits in
Abschnitt 2.2.2 beschriebenen Ergebnisse aus dem Entscheidungsbaum zusammenfassend dar-
gestellt (Abbildung 2.5):

   • Niederschlagsnebel: 15 Ereignisse (4, 4 %)
   • Strahlungsnebel: 244 Ereignisse (72, 2 %)
   • Advektionsnebel: 42 Ereignisse (12, 4 %)
   • Nebel durch Wolkenabsinken: 3 Ereignisse (0, 9 %)
   • Verdunstungsnebel: 1 Ereignis (0, 3 %)
   • unbestimmt: 33 Ereignisse (9, 8 %)

   Die weitaus wichtigsten Mechanismen zur Nebelbildung am Münchner Flughafen sind Strah-
lungsabkühlung und Advektionsprozesse. 84, 6 % des Nebels entstehen auf diese Art; dies ent-
spricht 286 Ereignissen. Nebel durch Wolkenabsinken und Verdunstungsnebel sind vernachläs-
sigbar.

3.1 Zeitliche Verteilungen
3.1.1 Monatliche Verteilung
Abbildung 3.1 zeigt die prozentuale monatliche Verteilung des Nebels. Dabei gibt die Höhe der
Säulen den Gesamtanteil des Nebels im jeweiligen Monat an, die verschiedenen Farben stellen
die einzelnen Nebeltypen dar. Man erkennt, dass Nebel hauptsächlich in den Herbst- und
Wintermonaten auftritt, zwischen September und Januar finden 76, 6 % der Nebelereignisse
statt, das Maximum befindet sich mit 70 Ereignissen oder 21, 0 % im Oktober. Strahlungsnebel
spiegelt diese Verteilung wider, das Maximum des Advektionsnebels befindet sich im Dezember.
Über die anderen Nebeltypen lässt sich aufgrund der geringen Datenmenge keine statistisch
repräsentative Aussage treffen.

                                                15
3.1.2 Nebeldauer

                                               24         Nied.
                                                          Str.
                                               22         Adv.
                                                          Wolken
                                               20         Verdunstung
                                                          unb.
                                               18
                  Monatliche Haeufigkeit [%]

                                               16

                                               14

                                               12

                                               10

                                                8

                                                6

                                                4

                                                2

                                                      J    F    M       A   M   J    J   A   S   O   N   D
                                                                                 Monat

                                                    Abbildung 3.1: Monatliche Verteilung des Nebels

   Um den mit einem Nebelereignis verbundenen Kostenaufwand im Flugbetrieb beurteilen zu
können, ist die Dauer des Nebels von entscheidender Bedeutung. Hierfür wurden Intervalle
von fünf Stunden Länge definiert; da ein Ereignis aber eine Mindestlänge von drei Stunden
hat (Abschnitt 2.2.1), ist das erste Intervall um zwei Stunden kürzer als die anderen. Dies ist
selbstverständlich bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. In Abbildung 3.2
ist nun die Verteilung der relativen Häufigkeit der Dauer von Nebelereignissen dargestellt.
   Insgesamt überwiegen die kurzen Ereignisse mit bis zu zehn Stunden Nebeldauer deutlich,
72, 2 % der Ereignisse liegen in den beiden ersten Intervallen. 4, 6 % der Ereignisse haben
allerdings eine Dauer von mehr als 25 Stunden, was kritisch zu bewerten ist: Aufgrund der
Ereignisdefinition kann eine Nebelepisode auch Lücken von bis zu zwei Stunden Länge haben
und ein solch langes Ereignis besteht wahrscheinlich eher aus mehreren Ereignissen mit kurzen
Unterbrechungen.
   Die Verteilung des Strahlungsnebels sieht der Gesamtverteilung am ähnlichsten, was auf-
grund des hohen Anteils dieser Nebelkategorie am Gesamtnebel nicht verwunderlich ist. Im
Bereich bis zu zehn Stunden Nebellänge liegen 73, 4 % der Strahlungsnebel ereignisse, bei Ad-
vektionsnebel sind es lediglich 50, 0%. Im Mittel können sich einmal gebildete Advektionsne-
bel ereignisse also länger halten als Strahlungsnebel ereignisse.

3.1.3 Nebelbeginn und -auflösung
Nachdem nun die durchschnittliche Länge von Nebelereignissen untersucht wurde, ist ein Blick
auf die Uhrzeiten von Nebelbeginn und -auflösung interessant. Abbildung 3.3 (a) zeigt, dass

                                                                                16
50

                                      40
                                           (a) gesamt
                    Haeufigkeit [%]

                                      30

                                      20

                                      10

                                       0
                                               3−5      6−10   11−15      16−20   21−25   >25
                                                                Anzahl Stunden

                                      50

                                      40
                                           (b) Advektionsnebel
                    Haeufigkeit [%]

                                      30

                                      20

                                      10

                                       0
                                               3−5      6−10   11−15      16−20   21−25   >25
                                                                Anzahl Stunden

                                      50

                                      40
                                           (c) Strahlungsnebel
                    Haeufigkeit [%]

                                      30

                                      20

                                      10

                                       0
                                               3−5      6−10   11−15      16−20   21−25   >25
                                                                Anzahl Stunden

Abbildung 3.2: Die durchschnittliche Nebeldauer für (a) alle Nebelereignisse, (b) Advektionsnebel, (c)
                Strahlungsnebel

Nebel überwiegend abends, nachts und in den frühen Morgenstunden, also zwischen Sonnen-
untergang und Sonnenaufgang beginnt. Im weiteren Tagesverlauf bildet sich nur noch selten
Nebel. In Abbildung 3.3 (b) ist die prozentuale Verteilung der Nebelauflösung dargestellt. Man
erkennt, dass die Auflösung von Nebel vor allem vormittags - vermutlich kurz nach Sonnen-
aufgang - stattfindet, was darauf schließen lässt, dass in den frühen Morgenstunden gebildeter

                                                                   17
Nebel rasch wieder verschwinden kann. Nebelereignisse, die sich abends oder in der ersten
Nachthälfte gebildet haben, dauern durchschnittlich länger an.
  Um den Zusammenhang von Nebelbildung und -auflösung mit den Zeiten von Sonnenauf-
gang und Sonnenuntergang näher zu betrachten, wurden Konturplots erstellt: Auf der Abszisse
der Abbildungen 3.4 und 3.5 sind die Uhrzeiten aufgetragen, auf der Ordinate die Monate.
Farbig dargestellt sind die prozentualen Häufigkeiten von Nebelbeginn und -auflösung für
Strahlungs- bzw. Advektionsnebel, die roten Kurven zeigen Sonnenaufgang und Sonnenunter-
gang. Die Konturlinien sind im Abstand von 0, 3 % dargestellt.
  Strahlungsnebel bildet sich hauptsächlich in den Herbstmonaten und da vor allem in der
zweiten Nachthälfte. Kurz nach Sonnenaufgang löst er sich meist rasch wieder auf. Advekti-
onsnebel bildet sich früher in der Nacht und löst sich ebenfalls nach Sonnenaufgang wieder
auf; diese Ergebnisse sind konsistent mit der Tatsache, dass Strahlungsnebel wesentlich mehr
Ereignisse von kurzer Dauer aufweist als Advektionsnebel (Abschnitt 3.1.2).
  Bei der Betrachtung von Abbildung 3.5 (Advektionsnebel) fällt eine weitere Besonderheit
auf: Es sind Ausschläge zu ganz bestimmten Uhrzeiten zu erkennen. Vor allem bei der Auflö-
sung des Nebels sind besondere Häufungen um 6, 8 und 10 UTC zu verzeichnen. Systematische
Messfehler scheiden hier aber eigentlich aus, da eine solche Struktur sonst auch bei Strahlungs-
nebel zu erkennen sein müsste, was nicht der Fall ist. Eventuell ist die Datengrundlage mit
42 Ereignissen für eine solche statistische Untersuchung noch zu gering und die auftretenden
Ausschläge kommen durch Zufall zustande.

                                              18
20

                  18
                       (a) Nebelbeginn
                  16

                  14
Haeufigkeit [%]

                  12

                  10

                   8

                   6

                   4

                   2

                       00   02   04   06   08   10      12    14   16   18   20   22
                                                Uhrzeit [UTC]

                  20

                  18
                       (b) Nebelaufloesung
                  16

                  14
Haeufigkeit [%]

                  12

                  10

                   8

                   6

                   4

                   2

                       00   02   04   06   08   10      12    14   16   18   20   22
                                                Uhrzeit [UTC]

                  Abbildung 3.3: Uhrzeiten bei (a) Nebelbeginn und (b) Nebelauflösung

                                                  19
Strahlungsnebel Beginn
                    D                                                                       7   %

                    N
                                                                                            6
                    O

                    S                                                                       5

                    A
                                                                                            4
                    J
            Monat

                    J       ← Sonnenaufgang                 Sonnenuntergang →
                                                                                            3
                    M

                    A                                                                       2

                    M
                                                                                            1
                    F

                    J                                                                       0
                        2   4     6     8       10      12      14      16   18   20   22
                                                     Uhrzeit [UTC]

                                              Strahlungsnebel Aufloesung
                    D                                                                       7   %

                    N
                                                                                            6
                    O

                    S                                                                       5

                    A
                                                                                            4
                    J
            Monat

                    J
                                                                                            3
                    M

                    A                                                                       2

                    M
                                                                                            1
                    F

                    J                                                                       0
                        2   4     6     8       10      12      14      16   18   20   22
                                                     Uhrzeit [UTC]

Abbildung 3.4: Beginn und Auflösung von Strahlungsnebel als Funktion von Tageszeit und Jahreszeit

                                                              20
Advektionsnebel Beginn
                    D                                                                       7   %

                    N
                                                                                            6
                    O

                    S                                                                       5

                    A
                                                                                            4
                    J
            Monat

                    J       ← Sonnenaufgang                  Sonnenuntergang →
                                                                                            3
                    M

                    A                                                                       2

                    M
                                                                                            1
                    F

                    J                                                                       0
                        2   4     6     8        10      12      14     16   18   20   22
                                                      Uhrzeit [UTC]

                                              Advektionsnebel Aufloesung
                    D                                                                       7   %

                    N
                                                                                            6
                    O

                    S                                                                       5

                    A
                                                                                            4
                    J
            Monat

                    J
                                                                                            3
                    M

                    A                                                                       2

                    M
                                                                                            1
                    F

                    J                                                                       0
                        2   4     6     8        10      12      14     16   18   20   22
                                                      Uhrzeit [UTC]

Abbildung 3.5: Beginn und Auflösung von Advektionsnebel als Funktion von Tageszeit und Jahreszeit

                                                               21
3.2 Wind
Sowohl die Windstärke als auch die Windrichtung sind entscheidende Kriterien für die Klassifi-
zierung von Nebel. Während sich Strahlungsnebel, Verdunstungsnebel und Nebel durch Wolken-
absinken nur bei schwachem Wind oder Windstille bilden können, ist Wind für die Entstehung
von Advektionsnebel eine notwendige Voraussetzung.
   Die Windrichtung gibt Aufschluss über bevorzugte Wetterlagen bei den verschiedenen Ne-
belkategorien und ermöglicht eine effektive Platzierung von Messgeräten für die kurzfristige
Vorhersage von Advektionsnebel.

3.2.1 Windstärke
Abbildung 3.6 zeigt die Verteilung der Windstärke bei Nebelbeginn (blau) im Vergleich mit
der Windstärke, wenn kein Nebel beobachtet wird (rot). Man kann deutlich sehen, dass Nebel
in den allermeisten Fällen bei niedrigen Windgeschwindigkeiten einsetzt mit einem Maximum
von 82, 0 % bei Windstärken bis zu 2 m/s. Danach ist ein sehr starker Abfall zu erkennen, bis
ab einer Windstärke von 6 m/s nahezu kein Nebel mehr einsetzt.
   Die Verteilung der Nicht-Nebel-Ereignisse ist wesentlich gleichmäßiger. Auch hier ist das
Maximum zwischen 0 und 2 m/s zu finden, die Verteilung nimmt zu größeren Windstärken
hin aber sehr viel langsamer ab. Beispielsweise sind im Bereich zwischen 0 und 2 m/s etwa
doppelt so viele Nebelmessungen wie Nicht-Nebelmessungen zu verzeichnen, im Intervall von
2 bis 4 m/s ist es umgekehrt: Hier befinden sich 15, 3 % Nebelmessungen gegenüber 32, 0 %
Nicht-Nebelmessungen.

                                   100
                                                                                          Nebel
                                    90                                                    kein Nebel

                                    80

                                    70
                 Haeufigkeit [%]

                                    60

                                    50

                                    40

                                    30

                                    20

                                    10

                                     0
                                         0   ]0,2]   ]2,4]     ]4,6]     ]6,8]   ]8,10]   >10
                                                         Windstaerke [m/s]

              Abbildung 3.6: Häufigkeitsverteilung der Windstärke bei Nebelbeginn

                                                             22
0
                     (a)   330                30
                                                                   Nebel; 7,5 % Windstille
                                                                   alle Messungen; 2,2 % windstill

                     300                                60

                                                             20
                                               10
               270                                           90

                     240                               120

                           210               150
                                   180

                                    0
                                                                  Advektionsnebel
                     (b)   330               30                   Strahlungsnebel; 5,1 % windstill

                     300                               60

                                                             40
                                              20
               270                                           90

                     240                               120

                           210               150
                                   180

Abbildung 3.7: (a) Verteilung der Windrichtung bei Nebelbeginn (blau) im Vergleich mit allen Mes-
               sungen der Windrichtung (rot). (b) Vergleich der Windrichtung bei Beginn von Strah-
               lungsnebel mit der Windrichtung bei Beginn von Advektionsnebel

                                                  23
3.2.2 Windrichtung
Um die Verteilung der Windrichtung bei Nebel beurteilen zu können, wurden Windrosen
erstellt (Abbildung 3.7), die sowohl die relative Häufigkeit der Windrichtung bei Nebelbeginn
als auch die Windrichtungsverteilung der übrigen Messungen am Münchner Flughafen zeigt.
Betrachtet man nun zunächst die gesamte Verteilung der Windrichtung (in rot dargestellt), so
erkennt man eine ausgeprägte Ost-West-Struktur mit einer Häufung des Windes aus westlichen
Richtungen. 2, 2 % der Messungen waren windstill. Dass nahezu kein Nord- und Südwind zu
verzeichnen ist, liegt unter anderem an der blockierenden Lage der Alpen.
   Bei Nebelbeginn (in blau dargestellt) tritt dagegen nur selten Westwind auf, die vorherr-
schende Windrichtung ist hier östlich geprägt, in 7, 5 % der Fälle gab es keinen Wind.
   Abbildung 3.7 (b) zeigt einen Vergleich der Windrichtung von Strahlungsnebel (rot) und
Advektionsnebel (blau), jeweils bei Nebelbeginn: Während Strahlungsnebel bei eher schwa-
chem östlichen Wind entsteht, weist der Advektionsnebel ein ganz klares Maximum bei einer
Windrichtung von 90◦ auf. Bei 5, 1 % der Messungen des Strahlungsnebels gab es keinen Wind.

3.3 Nebelintensität
Ein weiteres entscheidendes Kriterium für den Flugbetrieb ist die Intensität des Nebels, also
die minimale Sichtweite, die in einem Nebelereignis auftritt. Diese wurde für alle Ereignis-
se ermittelt und in Intervalle mit 100 m Sichtweitedifferenz eingeteilt. Die Ergebnisse zeigt
Abbildung 3.8.
  Nebelereignisse mit einer minimalen Sichtweite von weniger als 100 m gibt es eher selten; am
häufigsten treten innerhalb eines Ereignisses minimale Sichtweiten zwischen 100 m und 200 m
auf, insgesamt haben 77, 2 % der Ereignisse Sichtweiten von weniger als 400 m (Abbildung
3.8 (a)). Bei Strahlungsnebel kommen solch geringe Sichtweiten sogar mit einer Häufigkeit
von 81, 6 % vor. Advektionsnebel ist im Allgemeinen für seine sehr geringen Sichtweiten be-
kannt, was aber diese Nebelklassifizierung nicht bestätigen kann: Mit 69, 0 % ist der Anteil
an Nebelereignissen mit Sichtweite unter 400 m bei Advektionsnebel deutlich geringer als bei
Strahlungsnebel.

3.4 CAT-Einteilung
Die Unterteilung für die betrieblichen Anforderungen von Start und Landung an Flughäfen
enthält fünf verschiedene Kategorien:

                             CAT-I:       RVR ≥ 550m
                             CAT-II:      550m > RVR ≥ 300m
                             CAT-IIIa:    300m > RVR ≥ 200m
                             CAT-IIIb:    200m > RVR ≥ 75m
                             CAT-IIIc:    RVR < 75m

  Entscheidend für die Einteilung ist die RVR (Runway Visual Range, Definition: Abschnitt
2.1). An dieser Stelle ist noch einmal explizit zu erwähnen, dass die RVR etwas grundlegend

                                             24
50

                                             (a) gesamt
                   Haeufigkeit [%]      40

                                        30

                                        20

                                        10

                                         0
60
                                                                                 Synop−Daten
                                                                                 RVR: rechte Bahn
                                                                                 RVR: linke Bahn
                                     50

                                     40
                   Haeufigkeit [%]

                                     30

                                     20

                                     10

                                      0
                                          CAT−I   CAT−II   CAT−IIIa   CAT−IIIb        CAT−IIIc

Abbildung 3.9: Einteilung der Synop-Daten (blau) und der RVR-Daten (rechte Piste: gelb und linke
               Piste: rot) in CAT-I bis Cat-IIIc

   Eine Einteilung in die CAT-Klassen geschah sowohl mit den RVR-Daten als auch – zum Ver-
gleich – mit den Synopmessungen. In Abbildung 3.9 stellen die gelben Balken die Messungen
der rechten Piste, die roten Balken die Messungen von der linken Piste und die blauen Balken
die Ergebnisse aus den Synop-Messungen dar. Die beiden Pisten des Münchner Flughafens
befinden sich parallel nebeneinander mit einem Abstand von 2, 5 km und einem Versatz von
1, 5 km.
   Die Synop-Daten geben grundsätzlich eine geringere Sichtweite wieder als die RVR-Daten;
im CAT-I-Bereich überwiegt ganz klar der RVR-Anteil, wohingegen in der Kategorie CAT-III
wesentlich mehr Synop-Messungen zu verzeichnen sind. In der Kategorie CAT-IIIc (RVR <
75 m) wurden im betrachteten Zeitraum keine RVR-Messungen erfasst.

3.5 Wetterlagenklassifikation
Die Kenntnis über das bevorzugte Auftreten von Nebel bei bestimmten Wetterlagen kann
eventuell eine Risikoabschätzung der Nebelwahrscheinlichkeit ermöglichen. Um zu überprüfen,
ob Nebelbildung bei bestimmten Großwetterlagen verstärkt auftritt, wurde auf der Grundlage
von 30 katalogisierten Großwetterlagen Europas (Anhang A.1) eine Einteilung eines Teils der
Nebelereignisse vorgenommen.
  Im Internet [21] existiert ein Analysearchiv des Deutschen Wetterdienstes, in dem die ein-
zelnen Witterungsabschnitte der Großwetterlagen vom Jahr 2003 an aufgeführt sind. Anhand
dieses Archivs wurden die Strahlungs- und Advektionsnebelereignisse, die in diesem Zeitraum
stattgefunden haben, den Wetterlagen zugeordnet. Auf diese Weise konnten 35 % des Strah-

                                                           26
lungsnebels (86 Ereignisse) und 14 % (sechs Ereignisse) des Advektionsnebels klassifiziert wer-
den. Eine Liste der Großwetterlagen sowie der eingeteilten Nebelereignisse von Strahlungs-
und Advektionsnebel befindet sich in Anhang A.
   Strahlungsnebel bildet sich häufig bei Hochdrucklagen; 58 % der untersuchten Ereignisse
fanden bei antizyklonal dominierten Großwetterlagen statt. Somit bildete sich auch eine recht
große Zahl von Nebelereignissen bei zyklonalen Lagen, was zunächst erstaunlich erscheint. Hier
ist aber darauf hinzuweisen, dass die katalogisierten Wetterlagen für ganz Europa gelten und
daher durchaus die Möglichkeit besteht, dass auch bei großräumigen zyklonalen Wetterlagen
die zyklonale Prägung nicht für ganz Europa in gleichem Maße gilt. Die Bodendruckkarten
zeigen durchweg niedrige Druckgradienten im süddeutschen Raum, sodass die Grundvoraus-
setzung des ruhigen Wetters zur Bildung von Strahlungsnebel gegeben ist.

Abbildung 3.10: GFS-Analyse der Wetterlage vom 28.12.2007. Dargestellt sind die 500 hPa Isohypsen
                (schwarz), der Bodendruck (weiß) sowie farbig die relative Topographie. Die Karte
                zeigt eine Hochdruckbrücke Mitteleuropa, eine typische Wetterlage bei Strahlungsne-
                bel. Quelle: www.wetter3.de [33]

  Exemplarisch für eine typische Großwetterlage bei Strahlungsnebel wird nun die Lage vom
28.12.2007 vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die vorherrschende Großwetterlage eine Hoch-
druckbrücke Mitteleuropa, eine Wetterlage, bei der es oft zur Bildung von Strahlungsnebel
kommt. Abbildung 3.10 zeigt die GFS-Analyse der 500 hPa-Karte sowie den Bodendruck, far-
big ist die relative Topographie 500 hPa − 1000 hPa in gpdm dargestellt. Die Karte zeigt die
brückenartige Verbindung eines Hochdruckgebietes über der Iberischen Halbinsel und eines
Hochs über Osteuropa. Über Süddeutschland ist der niedrige Druckgradient zu erkennen, der
zu einer maximalen Windstärke von 1, 4 m/s während dieses Nebelereignisses führte.

   In dem betrachteten Zeitraum von Januar 2003 bis Juli 2008 liegen nur sechs Advektionsne-
bel ereignisse, eine statistische Analyse ist aufgrund der geringen Datenmenge also hier nicht

                                               27
Abbildung 3.11: GFS-Analyse der Wetterlage vom 30.11.2003, analog zu Abbildung 3.10 Quelle:
               www.wetter3.de [33]

möglich.
   Will man sich dieser Nebelkategorie aber dennoch über die Analyse von Wetterlagen annä-
hern, kann man dies mit Hilfe des Druckgradienten in Wetterkarten tun: Bei einem starken
Windfeld und damit verbundener hoher Turbulenz kann ein Austausch zwischen Boden und
Atmosphäre, wie er zur Bildung von Strahlungsnebel nötig ist, nicht stattfinden. Über die
möglichen horizontalen Austauschprozesse kann sich lediglich noch Advektionsnebel bilden.
   In Abbildung 3.11 ist die Karte vom 30.11.2003 zu sehen, die eine zyklonale Südlage dar-
stellt und bei der es zur Bildung von Advektionsnebel kam. Im Gegensatz zu Abbildung 3.10
sieht man hier die dichtere Drängung der Isobaren, die maximale Windstärke während des
Ereignisses lag bei 3, 5 m/s.

  Allgemein lässt sich sagen, dass eine Wetterlage für ganz Europa kaum eine Aussage machen
kann über ein solch lokales Phänomen wie ein Nebelfeld. Bei Strahlungsnebel erkennt man
zwar das bevorzugte Auftreten von Nebel bei Hochdrucklagen, aber genauso kann es zur
notwendigen Abkühlung mit Kondensation in Bodennähe bei zyklonalen Lagen kommen, die
lokal betrachtet die nötigen Voraussetzungen für Strahlunsnebel bieten.

3.6 Instrumentierungsempfehlung
Die Analyse der Nebelereignisse und insbesondere die des Advektionsnebels ergibt eine ausge-
prägte östliche Struktur in der Windrichtung. Die durchschnittliche Windstärke von Advekti-
onsnebel liegt bei etwa 3, 5 m/s.
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse und im Rahmen der technischen Möglichkeiten sollte eine

                                            28
mobile Messeinheit mit Möglichkeiten zur Bodenprofilmessung und Erfassung eines bodenna-
hen Atmosphärenprofils östlich des Flughafens im Bereich zwischen 60° und 120° positioniert
werden. Sieht man eine Vorhersage etwa eine Stunde vor Eintreffen des Nebels am Flughafen
vor, sollte die Messstation ca. 10 km außerhalb des Flughafens errichtet werden.
  Wesentlich effektiver als eine einzelne Messeinheit wäre allerdings die Positionierung mehre-
rer Stationen im Abstand von ein bis zwei Kilometern. Auf diese Weise könnte die Ausbreitung
des Nebels fast minutengenau verfolgt und eine frühzeitige Warnung für den Flugbetrieb aus-
gesprochen werden.

                                              29
4 Zusammenfassung und Diskussion
4.1 Zusammenfassung
  1. Aus stündlichen Synop- und METAR-Daten der Messstation vom Münchner Flugha-
     fen wurden Nebelereignisse gebildet, welche anhand eines Entscheidungsbaums in die
     fünf Nebelkategorien Niederschlagsnebel, Strahlungsnebel, Advektionsnebel, Nebel durch
     Wolkenabsinken und Verdunstungsnebel klassifiziert wurden. Dabei zeigte sich, dass sich
     Nebel in München hauptsächlich durch Strahlungsabkühlung bildet und auch Advekti-
     onsprozesse einen nicht unerheblichen Teil des Nebels ausmachen. Nebel durch Wolken-
     absinken und Verdunstungsnebel sind in dieser Region vernachlässigbar.

  2. Mit den so eingeteilten Ereignissen wurden statistische Untersuchungen zur Dauer von
     Nebel, zu bevorzugten Uhrzeiten und Jahreszeiten sowie zum Verhalten von Nebel bei
     Wind durchgeführt. Diese Untersuchungen ergaben, dass Nebel überwiegend in den
     Herbst- und Wintermonaten und dann vor allem nachts und in den frühen Morgenstun-
     den auftritt. Außerdem bildet sich Nebel meist bei schwachem Wind, der aus östlichen
     Richtungen weht.

  3. Eine Zuordnung zu großräumigen Wetterlagen eines Teils der Strahlungs- und Advekti-
     onsnebel ereigniss wurde anhand von 30 katalogisierten Großwetterlagen vorgenommen.
     Aufgrund der sehr kleinen Skala eines Nebelfeldes und der Allgemeinheit einer Großwet-
     terlage für ganz Europa können nur sehr begrenzte Aussagen über Nebel bei bestimmten
     Großwetterlagen gemacht werden: Strahlungsnebel bildet sich überwiegend bei antizyklo-
     nal geprägten Wetterlagen mit schwachem Windfeld, wohingegen Advektionsnebel bei
     Wetterlagen mit stärkerem Druckgradienten im süddeutschen Raum auftritt.

  4. Aufgrund der vorherigen Ergebnisse wurde eine Instrumentierungsempfehlung ausge-
     sprochen, an welchen Punkten im Umland des Flughafens idealerweise weitere Messun-
     gen zur Verbesserung der Nebelvorhersage gemacht werden sollten. Da bei Advektionsne-
     bel hauptsächlich östliche Windrichtungen vorherrschen, sollte eine Messeinheit östlich
     des Flughafengeländes positioniert werden.

4.2 Diskussion
Mit Hilfe des entwickelten Entscheidungsbaums ist man in der Lage, die grundsätzliche Vertei-
lung verschiedener Nebeltypen am Flughafenstandort München zu erfassen; das relativ häu-
fige Auftreten von Strahlungs- und Advektionsnebel ist gegenüber den selteneren Nebeltypen
klar ersichtlich. Typische Eigenschaften von Strahlungs- und Advektionsnebel wie z.B. die

                                             30
Windstärke und Windrichtung bei einsetzendem Nebel oder die typische Dauer und Inten-
sität eines Nebelereignisses wurden erarbeitet. Die Datengrundlage des Strahlungsnebels ist
ausreichend groß, um anhand der beim DWD vorhandenen katalogisierten Großwetterlagen
treffende Aussagen über die häufiger vorkommenden Hochdrucklagen bei Strahlungsnebel zu
machen. Allerdings ist ein Nebelfeld ein solch lokal begrenztes Phänomen, dass vielmehr auf
lokale atmosphärische Gegebenheiten als auf die Großwetterlage geschaut werden muss.

   Ein Entscheidungsbaum kann allerdings nie in der Lage sein, eine einhundertprozentige
Klassifizierung von Nebel anhand von stündlichen Synopmessungen vorzunehmen. Dazu ist
einerseits die zeitliche Auflösung der Daten nicht hoch genug, weil Nebel sowohl räumlich als
auch zeitlich sehr variabel ist. Andererseits ist ein Entscheidungsbaum immer eine Aneinan-
derreihung von ‘starren’ Entscheidungskriterien, die sich realen atmosphärischen Bedingungen
nicht ausreichend flexibel anpassen können. Somit bleibt es nicht aus, dass einzelne Nebeler-
eignisse durch das Schema hindurchfallen und nicht erfolgreich klassifiziert werden können.
Auf diese Weise kommt die recht hohe Zahl an unbestimmten Nebelereignissen zustande. Die-
se Ereignisse weisen eine oder mehrere Eigenschaften auf, die durch den Entscheidungsbaum
keinem Nebeltyp zugeordnet werden können.
   Allgemein ist die Datengrundlage der knapp 13-jährigen Messreihe noch zu gering, um auch
statistische Aussagen über die seltener auftretenden Nebeltypen machen zu können. Selbst bei
der zweithäufigsten Nebelkategorie Advektionsnebel mit 42 Ereignissen wird eine statistische
Aussage schon schwierig.
   Die Klassifizierung von Advektionsnebel ist mit nur einer Messstation nicht zufriedenstellend
möglich, da horizontal stattfindende Advektionsprozesse nicht erfasst werden können. Daten
aus dem näheren Umland des Flughafens waren aber in ausreichender räumlicher Auflösung
nicht zu bekommen, weshalb man sich der Kategorie Advektionsnebel momentan nur über die
Windstärke nähern kann.

4.3 Empfehlungen
Da in der heutigen Zeit Speichermedien in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, sollte
eine Überlegung dahingehend erfolgen, ob eine minütliche Speicherung der synoptischen Daten
nicht sinnvoll wäre. Das zeitlich sehr eng begrenzte Auftreten von Nebel könnte dann wesentlich
detaillierter beschrieben werden.
   Um eine Nebelklassifizierung noch effektiver durchführen zu können, wäre eine direkte Do-
kumentation auftretender Nebeltypen vor Ort sinnvoll. Ein Flughafen ist ohnehin rund um
die Uhr mit einem Meteorologen besetzt, so dass dies eigentlich kein Problem darstellen sollte.
   Damit Advektionsnebel besser eingeordnet werden kann, sind mehr Messstationen im Umfeld
des Flughafens nötig. Mit der für die Zukunft geplanten Instrumentierung im Umland sollte
hier aber eine annehmbare Lösung gefunden werden können.

                                              31
Teil II

Nebelprognose mit dem 1D Nebelmodell
              PAFOG

                 32
5 Einleitung und Aufgabenstellung
Aus bisherigen Studien ging hervor, dass die Vorhersagegüte des 1D Nebelmodells PAFOG
stark von der Modellinitialisierung abhängt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll das 1D
Nebelmodell PAFOG so modifiziert werden, dass lokale Beobachtungsdaten für Atmosphären-
profile aus Radiosonden- und MWRP-Messungen des Observatoriums in Lindenberg (FELG)1
sowie Vorhersagen des COSMO-Modells integriert werden können. Ziel soll sein, das Modell
flächendeckend mit COSMO-Vorhersagen oder in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von
Meßdaten, einsetzen zu können. Auf Grundlagen von Testdatensätzen des FELG sollen für
drei verschiedene Initialisierungsmöglichkeiten Sensitivitätsstudien durchgeführt werden.

     1. PAFOG-BASELINE: das Modell wird mit numerischen Randbedingungen aus COSMO-
        DE initialisiert.

     2. PAFOG-plus-RADIOSONDE: Die Modellinitialisierung geschieht mit Hilfe von Radio-
        sondenprofilen. Benötigte Parameter, die nicht gemessen werden, bleiben als numerische
        Randbedingungen aus COSMO-DE wie in PAFOG-Baseline erhalten.

     3. PAFOG-plus-MWRP: Das Modell wird mit MWRP-Profilen initialisiert. Auch bei die-
        ser Version werden nicht gemessene Parameter als numerische Randbedingungen aus
        COSMO-DE entnommen.

 1
     An dieser Stelle sei dem Observatorium Lindenberg gedankt für die rasche und unkomplizierte Bereitstellung
      der Messdaten, die in optimaler Form aufbereitet waren.

                                                       33
6 Das 1D Nebelmodell PAFOG
Das eindimensionale Nebelmodell PAFOG (PArameterized FOG model) [12] simuliert die we-
sentlichen physikalischen Prozesse in der atmosphärischen Grenzschicht und im Erdboden
unter Berücksichtigung der Effekte einer Vegetationsschicht, um so Prognosen für die Sicht-
weite erstellen und die Entwicklung von Strahlungsnebel simulieren zu können.
Im Modell wird die Entstehung von Nebel hinreichend berücksichtigt durch die Parametrisie-
rung der wolkenmikrophysikalischen Prozesse. Hierbei wird angenommen, dass die Größenver-
teilung der Nebeltropfen in Gestalt einer Lognormalverteilung mit fest vorgegebener Varianz
beschrieben werden kann, um so die spektrale Kondensationsgleichung lösen zu können. Mit
Hilfe einer einfachen Auswertung der Köhlergleichung kann die Aktivierung der Wolkentropfen
aus dem atmospärischen Aerosol (berücksichtigt werden unterschiedliche Standardaerosolty-
pen) erreicht werden [15].

  Die Turbulenz in der planetarischen Grenzschicht wird mit Hilfe einer prognostischen Glei-
chung für die turbulente kinetische Energie (TKE) parametrisiert [29]. Über Gradientansätze
wird der turbulente Austausch von Wärme, Feuchte und Impuls beschrieben, und die turbulen-
ten Austauschkoeffizienten werden mit Hilfe einer Mischungsweglänge aus der TKE bestimmt.
Um die Wechselwirkung zwischen Boden und Atmosphäre im Modell beschreiben zu können,
wurde ein Vegetationsmodell implementiert. In diesem wird die Vegetation durch eine einzel-
ne Schicht beschrieben und so wird der Austausch von sensiblen und latenten Wärmeflüssen,
von Impuls- und Feuchteflüssen sowie den Strahlungsflüssen zwischen Boden und Atmosphäre
geregelt.
Auf eine detaillierte Modellbeschreibung sowie eine Beschreibung der Programmstruktur wird
an dieser Stelle verzichtet. Ausführliche Beschreibungen finden sich in den Dokumentationen
von November 1997 sowie von November 2000 [11] [6].

                                            34
7 Input- und Outputdateien von PAFOG
7.1 Inputdateien
Das 1D Modell PAFOG benötigt zur Initialisierung neben dem aktuellen Datum eine Reihe von
Informationen, die sowohl den Zustand der Atmosphäre als auch den des Bodens beschreiben.
Hierzu gehören unter anderem Wind-, Feuchte- und Temperaturprofile. Diese Werte werden
in den folgenden Eingabedaten bereitgestellt und von PAFOG eingelesen:

7.1.1 Atmosphären-Daten
  1. inp.dat enthält die wesentlichen synoptischen Parameter zur Beschreibung des Atmo-
     sphärenzustandes am Vorhersageort. In dieser Datei werden neben Datum und Startzeit
     des Modells (zur Definition der Sonneneinstrahlung am Atmosphärenoberrand notwen-
     dig) die im folgenden aufgelisteten Variablen festgelegt.
        •   Lufttemperatur (◦ C), 2m über Grund
        •   Oberflächentemperatur (◦ C)
        •   Taupunkt (◦ C), 2m über Grund
        •   Bodendruck (hPa)
        •   Nebelober- und untergrenze (m): abhängig von der Verfügbarkeit
        •   Sichtweite (m): abhängig von der Verfügbarkeit
        •   relative Feuchte (%)
        •   Schnee ja/nein
        •   geostrophischer Wind (Knoten)
        •   Wolkenbedeckung hoch, mittel, tief (Achtel; stündliche Modelldaten)

     Die ersten acht Variablen werden zur Startzeit des Modells benötigt, die Wolkenbe-
     deckung sollte in stündlichen Daten von der Startzeit bis zum Ende der Prognosezeit
     vorliegen.

     7.1.2 Vertikalprofildaten der Atmosphäre
     Darüber hinaus werden noch folgende Vertikalprofile der Atmosphäre benötigt und eben-
     falls in der ASCII-Datei inp.dat abgespeichert.

                                             35
•   Luftdruck (hPa) (zur Startzeit des Modells)
        •   Höhenniveau (m) (zur Startzeit des Modells)
        •   Lufttemperatur (◦ C) (zur Startzeit des Modells)
        •   Taupunkt (◦ C) (zur Startzeit des Modells)

     7.1.3 Bodenprofil-Daten
     Ergänzend werden zur Initialisierung des Modells PAFOG sowohl Bodentemperaturpro-
     file als auch Bodenwassergehaltsprofile benötigt.
  2. soilq.dat stellt das Bodenwassergehaltsprofil zur Verfügung
        • Wassergehalt (Vol. %) je Bodenschicht (zur Startzeit des Modells)
        • Hydrologische Schichtgrenzen (m)
  3. soilt.dat stellt das Bodentemperaturprofil zur Verfügung
        • Bodentemperaturprofil (◦ C) (zur Startzeit des Modells)
        • Thermische Schichtgrenzen
     Ob die Bodenfeuchte explizit aus COSMO Vorhersagen bzw. aus Messungen eingelesen
     wird, kann in der Datei inp.dat mit der Einstellung: - 0=Profildaten vorhanden - fest-
     gelegt werden. Optional kann das Bodenprofil mit den Werten 3=trocken, 2=mittel und
     1=nass vorgegeben werden. Die Initialisierungsfeuchte wird in Abhängigkeit von den
     Bodenparametern implementiert. Hierzu werden die Attribute folgendermaßen belegt:
        • Nass entspricht den Werten der Feldkapazität
        • Trocken entspricht den Werten des permanenten Welkepunktes und die Werte
        • des Bodenprofils Feucht liegen zwischen Nass und Trocken
  4. DBASEv speichert Modellparameter, die nicht für jeden Modelllauf erneut angepasst
     werden müssen. Dies sind unter anderem geographische Breite und Länge des Vorhersa-
     geortes, Parameter zur Spezifikation des Aerosoltyps und Bodenparameter. Auch Infor-
     mationen über die Höhe der Wolkenniveaus und Wolkenwassergehalt werden hier fest-
     gelegt.
  5. can.dat stellt Vegetations- und Bodenparameter zur Verfügung, die je nach Jahreszeit
     an die Verhältnisse am Vorhersageort angepasst werden müssen. Dies sind z.B. die Ve-
     getationshöhe, der Blattflächenindex, der Bodentyp und noch weitere Parameter (siehe
     Dokumentation von 2000). Eine Änderung bei jedem Modelllauf ist nicht notwendig.
  6. initr.dat definiert Strahlungseigenschaften von Gasen, Aerosolpartikeln und Wolkentrop-
     fen. Die Datei ändert sich nicht.

Eine ausführlichere Beschreibung über den Aufbau der Inputdateien findet sich in den Doku-
mentationen von November 1997 [11] sowie von November 2000 [6].

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7.1.4 Outputdateien
Zu den in den Dokumentationen von 1997 und 2000 bereits erläuterten Outputdateien wurden
noch einige Outputdateien hinzugefügt:

  1. soiltemp.out enthält Stundenwerte der Bodentemperatur (◦ C) für jede Bodenprofiltiefe

  2. soilmoisture.out enthält Stundenwerte des Bodenwassergehaltes (Vol. %) für jede Bo-
     denprofiltiefe

  3. relativehumidity.out speichert Stundenwerte der relativen Feuchte (% ) für jede Atmo-
     sphärenprofilschicht

  4. visibility.out speichert Stundenwerte der Sichtweite (m) für jede Atmosphärenprofil-
     schicht

  5. liquid.out enthält Stundenwerte des Flüssigwassergehaltes (g/kg) für jede Atmosphären-
     profilschicht

  6. temperature.out liefert Stundenwerte der Temperatur (◦ C) für jede Atmosphärenprofil-
     schicht

  7. ccn.out speichert die Stundenwerte der Konzentration der Nebeltropfen (1/cm3 ) für jede
     Atmosphärenprofilschicht

  8. theta.out speichert Stundenwerte der potentiellen Temperatur (◦ C) für jede Atmosphä-
     renprofilschicht

  9. pressure.out liefert Stundenwerte des Luftdrucks (hPa) für jede Atmosphärenprofilschicht

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