Uvex phynomic airLite ESD - Die Schutzhandschuhe für den 5. Sinn - Der Herr der Schuhe
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NR. 1 FEBRUAR 2020 EUR 8,– p r o t e c t y o u r s e l f uvex phynomic airLite ESD Die Schutzhandschuhe für den 5. Sinn uvex-safety.de/airlite THEMEN www.ppf- online.de Workwear Special Praktische Details MARKTÜBERSICHT Erste-Hilfe- für jedes Gewerk FUNKTIONSUNTERWÄSCHE Ausstattungen
Hintergrund 22 PPF 1/2020 „Arbeitsschuhe“ für die große Leinwand Schuhmachermeister Jürgen Ernst fertigt Modelle nach Maß – zu seinen Kunden gehört auch die internationale Filmbranche (MM) Unter dem Namen „Der zwischen 30 und 50 Arbeitsstunden in einem ‹ Auf leisen Soh- len schlichen Herr der Schuhe“ betreibt Jürgen Paar Maßschuhe – und das hat natürlich auch Jürgen Vogel und Ben Becker Ernst im hessischen Dreieich eine seinen Preis. Der beginnt bei etwa 1.800 Euro. als die Tresor- kleine, aber feine Manufaktur für Wer nachordert, spart zumindest die Leiste- knacker-Brüder Sass in solch Maßschuhe. Zu seinen Kunden zäh- nerstellung und damit 200 bis eleganten Stie- feletten über die len nicht nur Menschen, die großen 250 Euro, rechnet Ernst vor. Leinwand. / Fo- Wert auf hochwertiges, handgefer- Ein zugegebenermaßen tos: Jürgen Ernst tigtes Schuhwerk legen – und hierfür stolzer Preis. Doch wer sein auch das nötige Kleingeld besitzen. Schuhwerk pfleglich behandelt, hat über viele Szene“, erzählt er. „Da gab es Kleidung, Möbel und Auch Filmproduktionen von Babels- Jahre, wenn nicht Jahrzehnte Freude an den vieles mehr.“ Nur im Bereich Schuhe habe es fast berg bis Hollywood haben die Diens- Unikaten. Im Gegensatz zu vielen Schuhen niemanden gegeben. Anders als in London, Wien te des „Herrn der Schuhe“ schon des aus der Massenproduktion, die so billig ange- oder Budapest gebe es in Deutschland keine starke Öfteren in Anspruch genommen. boten werden, dass eine Reparatur nicht lohnt, Tradition in dieser Branche. Auch wegen günstiger sind Ausbesserungen bei den maßgefertigten Massenproduktion habe die Zahl der Schuhma- Gut Ding will Weile haben: Wer sich für ei- Modellen kein Problem und werden von Ernst cherbetriebe drastisch abgenommen. Viele Maß- nen handgefertigten Maßschuh entscheidet, zuverlässig erledigt. schumacher hätten ihr Wissen buchstäblich mit braucht Geduld. Drei bis vier Monaten müssen ins Grab genommen, sagt Ernst, der sich bewusst Ernsts Kunden von der Vermessung der Füße, Ein aussterbender Beruf für den Nischenberuf entschieden hat. Neben der Anfertigung des individuellen Leistens über Ernst, in Kehl geboren und in Freiburg aufge- handgefertigten Schuhen für Privatkunden sowie die Auswahl des Designs und der Materialien wachsen, zog es nach dem Abitur ins bunte Berlin. Personen aus den oberen Geschäftsetagen bedient bis hin zur manuellen Fertigung und Anpas- „Über meinen Bruder, der dort als Fotograf arbei- er hin und wieder eine ganz besondere Klientel: sung derzeit einkalkulieren. Am Ende stecken tete, kam ich schnell in Kontakt mit der kreativen Er liefert „Arbeitsschuhe“ für Leinwandstars von Babelsberg bis Hollywood. Film ab! Den Anstoß liefert eine kleinere Ausstellung Ende der 1990er Jahre, bei der unter anderen Ernst seine Kreationen präsentierte. Hier wurde die bekannte Werbeagentur Jung von Matt zufällig auf ihn aufmerksam. Für die Anzeigenkam- pagne eines großen Automobilkonzerns waren die Werbefachleute nämlich auf der Suche nach ausgefallenen Schuhen und entschieden sich für Ernsts Maßschuhe. Diese Gelegenheit zur Selbst- vermarktung wollte sich der junge Schuhmacher nicht entgehen lassen und verschickte die An- Jeder Schuh ein Unikat in Handarbeit: „Der Herr der Schuhe“ Jürgen Ernst in seiner Maßschuhwerk- statt im hessischen Dreieich / Foto: Moritz Matthes zeigenmotive als Arbeitsproben unter anderem
PPF 1/2020 23 welche den Unterkörper und damit auch die die von Ernst gefertigten Modelle bislang keine schmuckvollen Schuhe verdeckte. Stahlkappen oder einen Durchtrittschutz wie er bei regulären Berufs- oder Sicherheitsschuhen Kultregisseur verschont High-Heels gemäß EN 20345 beziehungsweise EN 20347 Prominent, sogar leinwandfüllend kamen gefordert ist, aber rutschhemmende Sohlen und dagegen die eleganten High-Heels von Hol- eine hohe Flexibilität gehörten meist zu den lywood-Star Diane Kruger in Quentin Taran- gewünschten Eigenschaften: Je nach Drehbuch tinos „Oscar“-prämiertem Streifen „Inglorious umzusetzen in Halbschuhen oder hohen Stiefeln. Basterds“ (2009) zur Geltung. Sie waren in Kultregisseur Quentin Tarantino adelte diese edlen High-Heels aus Ernsts Maßwerkstatt einer Großaufnahme zu sehen. „Über die „Immer ein Verlustgeschäft“ in seinem Film „Inglorius Basterds“ mit einer Großaufnahme. hellen Schuhe sollte ursprünglich Blut laufen“, Spannend, aber durchaus knifflig könnte erklärt Ernst. Doch Kultregisseur Tarantino man die Filmprojekte kurz beschreiben. Auch an Theater und Filmproduktionsgesellschaften. änderte die Szene kurzfristig und ersparte der Vorlauf für Hollywoodproduktionen sei „Erst mal ist nix passiert“, erinnert sich Ernst den High-Heels die ruinöse rote Dusche. Bei durchaus ambitioniert gewesen – teilweise sollte und schmunzelt. Doch nach einem Jahr klopfte der Comic-Verfilmung „Æon Flux“ (2005) das nach Maß und in Handarbeit gefertigte plötzlich die erste Filmfirma bei ihm an. Für die mit Charlize Theron machte Ernst mit Pla- Schuhwerk bereits nach zwei Wochen vor der Neuverfilmung von Erich Kästners Jugendroman teau-Schuhen einen Ausflug ins Science-Fic- Kamera stehen. „Kalkulatorisch waren die „Emil und die Detektive“ (2001) sollte Ernst das tion- und Fantasy-Genre. Mit vergleichsweise Filmschuhe immer ein Verlustgeschäft“, zieht Schuhwerk für den Bösewicht Max Grundeis, schlichten Stiefeln schickte der Maßschuhma- Ernst nüchtern Bilanz. Trotz der häufig zwei- bis gespielt von Jürgen Vogel, entwerfen: auffällige cher zuletzt schließlich Jeremy Renner und dreistelligen Millionenbudgets und der hohen rote Cowboystiefel. Die kamen offenbar gut an, Gemma Arterton in der Produktion „Hansel & Einspielergebnisse ist die Preissensibilität auch denn kurz darauf folgte mit der Produktion Gretel: Witch Hunters“ (2013) auf Hexenjagd. bei Blockbustern hoch. Trotzdem hat der „Herr „Sass“ (2001) der zweite Auftrag im Filmbu- der Schuhe“ die kreativen und spannenden siness. Mit dabei: Wieder Jürgen Vogel und Ben Für Stars und Stuntdoubles Aufträge stets genossen und würde auch künftige Becker in den Rollen der beiden Gangsterbrüder Neben den Stars müssen natürlich auch die Produktionen wieder gern begleiten. Inzwischen Erich und Franz Sass, die während der Weimarer Stunt-Doubles mit identisch aussehenden seien viele Hollywood-Produktionen aber wegen Republik als Tresorknacker für Schlagzeilen Schuhen ausgestattet werden. Allerdings handelt der historischen Stadtkulissen nach Osteuropa sorgten. Entsprechend der Zeit musste auch das es sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes um gewandert. Und natürlich hätten die Produk- Schuhwerk authentisch gestaltet werden und zwei Paar Schuhe, wie Ernst erklärt. Denn Stunts tionsfirmen auch Spitz gekriegt, dass die dort Ernst in die filigrane Schaftgestaltung der 20er stellen je nach Drehbuch unter Umständen stark ansässigen Schuhmacher deutlich günstigere Jahre Stiefeletten viel Geschick und Handwerks- abweichende Anforderungen an das Schuhwerk. Preise anbieten können. kunst investieren. Während ein Hauptdarsteller möglichweise glatte Sohlen benötigt, um in einer Tanzszene Und welche Projekte würden den „Herrn der Schuhe für Pabst Leo X. geschmeidig über das Parkett zu gleiten, muss Schuhe“ noch reizen? Für den Chansonier Nicht minder aufwendig gestaltete sich das das Double in einer anderen Einstellung viel- und Conférencier Tim Fischer, für den er schon nächste Projekt, eine internationale Produktion leicht eine Fassade erklimmen. Zwar hatten einmal extravagante Bühnenschuhe für seine mit großem Staraufgebot: Bei „Luther“ (2003) Shows gefertigt hat, würde er gerne nochmal gaben sich unter anderem Joseph Fiennes, Sir Pe- kreativ werden, verrät Ernst. Aber auch im Film- ter Ustinov, Bruno Ganz und Uwe Ochsenknecht bereich seien Schuhe für den berühmt-berüch- die Klinke in die Hand. Unter vielen Schuhen tigten Doppelnull-Agenten, selbstverständlich für die Hauptdarsteller entwarf Ernst auch für ausgestattet mit besonderen Gadgets, durchaus Ochsenknecht alias Pabst Leo X. standesgemäße ein spannendes Projekt. Treter für die Inthronisationsszene. Diese waren Für Schauspieler Uwe Ochsenknecht allein allerdings im Film so gut wie nicht zu sehen: wären diese Schuhe wohl zu extravagant, für Jürgen Ernst seine Rolle als Pabst Leo X. in der Produktion Der Schauspieler stand an einer Balustrade, „Luther“ passten sie aber perfekt. www.derherrderschuhe.de
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