Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire (CEQ2)
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Originalarbeit Validierung der deutschen https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire (CEQ2) Anya Pedersen, Katrin Sieprath und Martina Köhler Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Zusammenfassung: Der Childbirth Experience Questionnaire (CEQ; Dencker, Taft, Bergqvist, Lilja & Berg, 2010) ist ein reliables und valides Instrument zur Erfassung der Geburtserfahrung. Ziel der Studie war, die revidierte Fassung des CEQ (CEQ2) ins Deutsche zu übersetzen und an einer Stichprobe aus 295 Wöchnerinnen zu validieren. In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnte die 4-faktorielle Struktur der Originalversion nicht repliziert werden. Stattdessen wurden in einer explorativen Faktorenanalyse vier neue Faktoren gewonnen, die ähnli- chen übergeordneten Facetten des Geburtserlebens zugeordnet wurden. Für die neu gewonnenen Skalen erwiesen sich die internen Kon- sistenzen als überwiegend zufriedenstellend bis gut. Der Zusammenhang zwischen dem CEQ2 und der konstruktnahen Salmonʹs Item List (Stadlmayr et al., 2001) spricht zudem für die konvergente Validität. Ebenso zeigten sich auch die erwarteten Zusammenhänge mit rele- vanten Außenkriterien. Die Ergebnisse dieser ersten Validierungsstudie sind somit vielversprechend, wobei weitere Studien in anderen Settings sowie im Längsschnitt wünschenswert sind. Schlüsselwörter: Geburtserfahrung, Geburtserleben, Selbstbeurteilungsfragebogen, Übersetzung Translation and Validation of the Revised Childbirth Experience Questionnaire (CEQ2) Abstract: The Childbirth Experience Questionnaire (CEQ; Dencker et al., 2010) is a well-established, validated self-report measure of childbirth experience. The aim of the present study was to translate and validate a German version of the revised CEQ (CEQ2) in a sample of 295 women after delivery during inpatient treatment. The four-factorial structure of the original version was not validated in a confirmatory factor analysis. Instead, four new factors could be identified in an explorative factor analysis, which could be assigned to similar superordinate facets of birth experience. The four new subscales had reasonable internal consistencies. Moreover, significant correlations of the CEQ2 subscales with the Salmon’s Item List (Stadlmayr et al., 2001) indicated convergent validity. The CEQ2 was associated with relevant external criteria (e. g., type of birth, oxytocin administration). The results of this first validation study are therefore promising; further studies should be carried out in other settings and with longitudinal designs. Keywords: birth experience, birth satisfaction, delivery, self-report questionnaire Im Leben vieler Frauen stellt die Geburt eines Kindes Auch zukünftige Geburten können aufgrund eines nega- eines der einprägsamsten Ereignisse dar (Simkin, 1992). tiven Geburtserlebens durch Ängste negativ beeinflusst Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht verwunder- werden. So kann es beispielsweise zu einer grundsätzlichen lich, dass es Hinweise darauf gibt, dass die subjektive Be- Präferenz der Mutter für eine geplante Kaiserschnittgeburt urteilung der Geburtserfahrung langfristige Auswirkun- (primäre Sectio caesarea; Beck, 2004; Goodman, Mackey gen auf die Gesundheit und auf das Wohlbefinden von & Tavakoli, 2004; Pang, Leung, Lau & Hang Chung, 2008; Mutter und Kind haben kann (Simkin, 1991, 1992). Bei- Ryding, 1993; Waldenström, Hildingsson & Ryding, 2006) spielsweise können negative Geburtserfahrungen zu An- oder sogar zu einer Vermeidung zukünftiger Schwanger- passungsproblemen führen und mit einem erhöhten Ri- schaften (Gottvall & Waldenström, 2002) kommen. Den- siko für das Auftreten von traumatischen Stress-Symp- noch wird die subjektive Geburtserfahrung bisher in Stu- tomen (Creedy, Shochet & Horsfall, 2000; Czarnocka & dien selten als outcome-Maß berücksichtigt (Begley et al., Slade, 2000), postpartalen Depressionen (Righetti-Vel- 2014). tema, Conne-Perréard, Bousquet & Manzano, 1998) und Larkin, Begley und Devane (2009) definieren das Kon- Posttraumatischen Belastungsstörungen (Ayers & Picke- strukt Geburtserfahrung als ein individuelles Lebensereig- ring, 2001; Pantlen & Rohde, 2001; Soet, Brack & DiIorio, nis, das interagierende subjektive psychologische und 2003; Wijma, Söderquist & Wijma, 1997) einhergehen. physiologische Prozesse umfasst. Die Geburtserfahrung © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0) https://doi.org/10.1026/0012-1924/a000267
88 A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst: Einen auf die Geburtserfahrung ist sehr uneinheitlich. Auf der wichtigen Einflussfaktor stellt das Gefühl von Kontrolle einen Seite kann eine als schmerzhaft erlebte Geburt als während der Geburt dar. So beurteilen Frauen, die bei- stark belastend empfunden werden (Halperin, Sarid & spielsweise durch den Erhalt von Informationen und die Cwikel, 2014; Lavender, Walkinshaw & Walton, 1999; Einbindung in Entscheidungen während der Geburt ein Slade, MacPherson, Hume & Maresh, 1993). Dabei deuten https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 hohes Ausmaß an Kontrolle erlebt haben, ihre Geburts- Befunde zum Einfluss einer Periduralanästhesie (PDA) erfahrung positiver als Frauen, die weniger Kontrolle er- darauf hin, dass auch der Erhalt einer PDA zur Schmerz- lebt haben (Goodman et al., 2004; Green, Coupland & reduktion die Gesamtbeurteilung der Geburtserfahrung Kitzinger, 1998; Green & Baston, 2003; Waldenström, trotz der nach der PDA reduzierten Schmerzen nicht zum 1999). Des Weiteren sind die wahrgenommene persön- Positiven verändert (Waldenström et al., 2004). Dies wird liche Unterstützung und hier insbesondere die erlebte u. a. darauf zurückgeführt, dass für die nachträgliche Be- Betreuung durch die Entbindungspflegefachkraft von be- urteilung der Geburtserfahrung die Schmerzspitze, d. h. sonderer Relevanz für die individuelle Geburtserfahrung. die Stärke der Schmerzen vor Erhalt der PDA, von be- Dabei geht ein hohes Ausmaß an wahrgenommener Un- sonderer Relevanz ist (Waldenström et al., 2004). Auf der terstützung mit einer positiveren Geburtserfahrung ein- anderen Seite gibt es aber ebenso Hinweise darauf, dass her (Brown & Lumley, 1994; Hodnett, 2002; Hodnett, eine als schmerzhaft erlebte Geburt auch zu positiven Gates, Hofmeyr & Sakala, 2012; Waldenström, 1999; Wal- Gefühlen von Erfülltheit und Stolz führen kann (McCrea denström, Hildingsson, Rubertsson & Radestad, 2004). & Wright, 1999; Salmon, Miller & Drew, 1990; Walden- Einen weiteren wichtigen Einflussfaktor stellt die notwen- ström et al., 1996). dige Rate an geburtsmedizinischen Interventionen dar. Obwohl international verschiedene ein- und mehrdi- Dazu zählen beispielsweise die Gabe von Oxytocin als mensionale Instrumente zur Erfassung der Geburtserfah- Wehen auslösendes oder -verstärkendes Hormon und rung vorliegen (Labour Agentry Scale (LAS), Hodnett & operative Maßnahmen während des Geburtsverlaufs (se- Simmons-Tropea, 1987; Wijma Delivery Expectancy / Ex- kundäre Sectio caesarea oder vaginale operative Ent- perience Questionnaire (W-DEQ), Wijma et al., 1997), bindungen (Anwendung einer Geburtszange oder einer gibt es zum aktuellen Zeitpunkt lediglich ein deutsch- Saugglocke); Diedrich, 2007). Eine hohe Rate an ge- sprachiges Instrument, welches das intrapartale Geburts- burtsmedizinischen Interventionen sowie die Notwendig- erleben mehrdimensional mit seinen unterschiedlichen keit einer intensivmedizinischen Betreuung des Neuge- Facetten erfasst. Bei diesem Instrument handelt es sich borenen steigern das Risiko für eine negative Geburts- um die deutsche Version der Salmon’s Item List (Salmon erfahrung (Mori, Tokumasu, Pledge & Kenyon, 2011; & Drew, 1992; deutsche Version SIL-GER von Stadlmayr Waldenström et al., 2004; Wiklund, Edman, Ryding & et al., 2001), deren Subskalen in einer Validierungsstudie Andolf, 2008). Darüber hinaus ist eine längere Geburts- (N = 251) jedoch teilweise geringe interne Konsistenzen dauer eher mit einer negativeren Geburtserfahrung asso- aufwiesen, was die Aussagekraft der Skalen infrage stellt. ziiert als eine kürzere Geburtsdauer (Nystedt, Högberg & Zudem fokussiert die SIL-GER auf ein sehr enges Zeit- Lundman, 2005; Waldenström, Borg, Olsson, Sköld & fenster nach der Geburt (48 und 96 Stunden postpartum), Wall, 1996). Einen weiteren wichtigen Aspekt stellen die was sich für einige Untersuchungsfragen als ungünstig persönlichen Erwartungen der Frau an die Geburt dar, erweist. wobei realistische Erwartungen mit einer positiveren Ge- burtserfahrung einhergehen (Green et al., 1998; Green & Baston, 2003; Waldenström, 1999). Hauck, Fenwick, Der Childbirth Experience Questionnaire Downie und Butt (2007) konnten in diesem Zusammen- hang zeigen, dass Frauen, die schon mindestens ein Kind Dencker, Taft, Bergqvist, Lilja und Berg (2010) haben geboren hatten (Multiparae) und deren Erwartungen sich mit dem Childbirth Experience Questionnaire (CEQ) ein nach den erlebten Geburten an die Erfahrungen ange- weiteres theoretisch fundiertes Selbstbeurteilungsverfah- passt hatten, ihre Geburtserfahrung häufig positiver be- ren in schwedischer Sprache zur Erfassung des Geburts- urteilten als Erstgebärende (Primiparae), die ihrerseits erlebens vorgelegt, dessen Itemkonstruktion anhand von häufiger von nicht bestätigten Erwartungen berichteten. Literaturrecherche und Expertendiskussion erfolgte. Die Inwiefern die Anzahl der Geburten (Parität) generell ei- erste Version wurde 2010 publiziert und an einer Stich- nen Einfluss auf die Geburtserfahrung hat, ist noch nicht probe von N = 920 schwedischen Frauen mit einem Be- abschließend geklärt, wobei Waldenström und Kollegen urteilungszeitraum von bis zu einem Monat postpartal (2004) Erstgebärende als besonders vulnerabel für eine validiert. Das Verfahren erfasst mit insgesamt 22 Items negative Geburtserfahrung einschätzen. Die Befundlage die vier Dimensionen Bewältigungsmöglichkeiten (own ca- zum Einfluss des Schmerzerlebens während der Geburt pacity), Wahrgenommene Sicherheit (perceived safety), Pro- Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire 89 fessionelle Unterstützung (professional support) und Parti- Skalen Bewältigungsmöglichkeiten und Wahrgenommene Si- zipation (participation), wobei die Bildung eines Gesamt- cherheit unverändert übernommen, während die Skala scores nicht vorgesehen ist. Eine explorative Faktoren- Professionelle Unterstützung um zwei (Item 9, 18) und die analyse ergab, wie postuliert, eine 4-faktorielle Struktur Skala Partizipation um ein Item (Item 12) ergänzt wurden. mit einer Varianzaufklärung von 54 %. Die interne Kon- Darüber hinaus wurden fünf Items (Item 10, 11, 13, 14, 17) https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 sistenz lag mit Ausnahme der Skala Partizipation (α = .62) dieser beiden Skalen umformuliert und drei weitere Items für alle Skalen bei größer α = .70. Die Überprüfung der (Item 8, 15, 16) umgepolt. Die Antwortformate wurden Kriteriumsvalidität mittels known groups-Analysen zeigte beibehalten. In Absprache mit den Autoren der Original- erwartungsgemäß, dass Frauen, die eine längere Geburts- version wurde in der vorliegen Studie die revidierte eng- dauer, die Gabe von Oxytocin oder eine operative Entbin- lische Fassung des CEQ, d. h. der CEQ2, dessen Validie- dung erlebt hatten, ihre Geburtserfahrungen im Mittel als rung in Kürze publiziert werden soll, verwendet. Ziel der negativer einschätzten (Dencker et al., 2010). vorliegenden Studie war es, den CEQ2 in Anlehnung an Eine englischsprachige Übersetzung und Validierung die von Beaton, Bombardier, Guillemin und Ferraz (2000) erfolgte an einer Stichprobe von N = 350 Frauen mit ei- vorgeschlagene Prozedur ins Deutsche zu übersetzen und nem Retest-Intervall von zwei Wochen (Walker, Wilson, zu validieren sowie die psychometrischen Eigenschaften Bugg, Dencker & Thornton, 2015). In der englischspra- des CEQ2 zu überprüfen. chigen Version zeigten alle vier CEQ-Skalen gute bis sehr gute Reliabilitäten (Bewältigungsmöglichkeiten: α = .79; Wahrgenommene Sicherheit: α = .83; Professionelle Unter- stützung: α = .94; Partizipation: α = .72). Die Test-Retest- Methode Reliabilität für alle Skalen zeigte eine moderate (Parti- zipation: κ = .60) bis substantiale Übereinstimmung (Be- Vorgehensweise wältigungsmöglichkeiten: κ = .66; Wahrgenommene Sicher- heit: κ = .64; Professionelle Unterstützung: κ = .69; Ge- Der CEQ2 wurde entsprechend der Empfehlungen von samtskala: κ = .68). Die Überprüfung der Konstruktvali- Beaton und Kollegen (2000) von drei bilingualen Exper- dität mittels der in der Originalstudie verwendeten known ten unabhängig voneinander ins Deutsche übersetzt und groups-Vergleiche ergab auch in der übersetzten Version, von zwei weiteren bilingualen Experten, denen die Origi- dass Frauen, die eine längere Geburtsdauer, die Gabe von nalversion nicht bekannt war, rückübersetzt (s. ESM 1). Oxytocin oder eine operative Entbindung erlebt hatten, Genau wie die englischsprachige Fassung des CEQ2 be- ihr Geburtserleben auf den Skalen Bewältigungsmöglich- steht die deutsche Version aus insgesamt 25 Items, von keiten und Wahrgenommene Sicherheit sowie auf der – im denen neun Items (Item 3, 5, 8, 9, 15, 16, 21, 22, 23) eine Original nicht verwendeten – Gesamtskala im Mittel ne- gegenläufige Polung aufweisen und für die Auswertung gativer einschätzten als Frauen ohne diese Erfahrungen. invertiert werden. Als Antwortformat wurde eine 4-stufi- Hinsichtlich der Skala Partizipation zeigte sich dieser ge Likert Skala (Stimme gar nicht zu (1) bis Stimme voll- Gruppenunterschied nur für operative Entbindungen. Auf kommen zu (4)) und bei drei Items (Schmerzerleben, Ge- der Skala Professionelle Unterstützung ergab die known fühl von Kontrolle, Sicherheitsgefühl) eine visuelle Ana- groups-Analyse keine Gruppenunterschiede, was von den logskala (VAS; 0 – 100) verwendet. Die VAS-Scores wer- Autoren u. a. darauf zurückgeführt wird, dass in der den entsprechend der Originalversion wie folgt codiert: Schwedischen Validierungsstudie v. a. Frauen nach Spon- 0 – 40 (1), 41 – 60 (2), 61 – 80 (3) und 81 – 100 (4). tanpartus (< 5 % Sectio) befragt wurden, in der englischen Validierungsstudie hingegen 19 % der Frauen nach Sectio befragt wurden. Zudem ergab eine Überprüfung der Kri- Datenerhebung teriumsvalidität anhand des konstruktnahen Instruments Maternity Survey einen hohen Zusammenhang mit dem Für die Validierungsstudie wurden Frauen innerhalb der CEQ (r = .73). ersten sieben Tage postpartal auf den Wöchnerinnensta- Um den im Rahmen der beiden Validierungsstudien tionen der Frauenkliniken des UKSH Campus Kiel und beobachteten Deckeneffekt auf der Skala Professionelle des Städtischen Krankenhauses in Kiel rekrutiert. Ein- Unterstützung zu reduzieren und die aus nur drei Items schlusskriterien waren ein Mindestalter von 18 Jahren, bestehende Skala Partizipation, die mit einem Cronbachs eine Einlingsschwangerschaft sowie die Geburt eines ge- α-Wert von .62 eine unzureichende interne Konsistenz sunden und reifen (d. h. Schwangerschaftswoche (SSW) aufwies, zu verbessern, wurde eine revidierte Fassung der ab 37+0 bis 41+6) Kindes. Ausschlusskriterien waren schwedischen Version angekündigt (Walker et al., 2015). sprachliche Barrieren sowie eine primäre Sectio caesarea. In die revidierte Fassung des CEQ (CEQ2) wurden die Die Teilnahme erfolgte nach ausführlicher Information © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
90 A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire und Aufklärung sowie der schriftlichen Einwilligung zur 48 und 96 Stunden postpartum erfolgen; die Bearbei- Teilnahme. Neben der deutschen Version des CEQ2 tungszeit liegt bei 5 bis 10 Minuten. Die internen Konsis- wurde zur Konstruktvalidierung die deutsche Version der tenzen der Subskalen Erfülltheit und Gute emotionale Salmon’s Item List (SIL-GER) eingesetzt. Zusätzlich wur- Adaptation sind mit Cronbachs’s α-Werten von > .80 als den verschiedene soziodemographische Daten (z. B. Al- sehr gut einzuschätzen, wohingegen die Subskalen Nega- https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 ter, Familienstand) erfragt und geburtshilfliche Informa- tives emotionales Erleben und Physisches Unbehagen weni- tionen (d. h. Geburtsmodus (Spontanpartus vs. operati- ger zufriedenstellende interne Konsistenzen von < .70 ve Entbindung; n = 291), Parität (Primi- vs. Multipara; aufwiesen (Stichprobe mit N = 251 Frauen; Stadlmayr n = 292), Geburtsdauer (n = 208), Oxytocin-Gabe (n = 290), et al., 2001). In der vorliegenden Studie lagen alle inter- PDA (n = 290)), soweit verfügbar, aus den Krankenak- nen Konsistenzen mit Cronbachs’s α-Werten > .75 im gu- ten entnommen. Das Studienprotokoll wurde vor Beginn ten bis sehr guten Bereich; lediglich die interne Konsis- der Erhebung von der zuständigen Ethik-Kommission der tenz der Subskala Physisches Unbehagen war mit einem Medizinischen Fakultät (UKSH-Campus Kiel) geprüft und Cronbach‘s α-Wert von .48 verbesserungsbedürftig. als ethisch unbedenklich eingeschätzt. Zusätzlich erfolgte eine Prä-Registrierung im Deutschen Register Klinischer Studien (DRKS00009601). Statistische Analysen Die statistischen Analysen erfolgten mithilfe des Soft- Stichprobe ware-Pakets Statistical Package for the Social Sciences (SPSS Version 22.0). Die Untersuchung der Dimensio- Insgesamt wurden N = 345 Frauen auf den Wöchne- nalität des Fragebogens (CFA, EFA) wurde mit MPlus rinnenstationen der beiden regionalen Krankenhäuser (Version 8) durchgeführt. Itemschwierigkeiten wurden über die Studie informiert und zur Teilnahme eingeladen. mit Microsoft Excel (2016) berechnet. Die Überprüfung Sechsundzwanzig Frauen (7 %) lehnten die Teilnahme an der Datenqualität und Itemkennwerte erfolgte auf Ba- der Studie ab, sodass die Fragebögen an 319 Personen sis der deskriptiven Statistiken der Rohwertverteilungen verteilt wurden. Der Rücklauf der ausgegebenen Frage- der Einzelitems sowie der Berechnung von Itemschwie- bögen lag bei 93 %, sodass sich eine Analysestichprobe rigkeiten und -trennschärfen mit part-whole-Korrektur. von N = 295 Frauen mit einem Durchschnittsalter von Zur Untersuchung der Dimensionalität des Fragebogens M = 30.73 Jahren (SD = 4.71; Range: 18 – 43 Jahre) ergab. wurde zunächst die, für die Originalversion berichtete, In 77 % der Fälle erfolgte die Geburt als Spontanpartus, 4‐faktorielle Struktur des CEQ2 (Dencker, persönl. Mit- d. h. als natürliche vaginale Geburt ohne die Anwendung teilung, 26. 11. 2018) mittels einer konfirmatorischen Fak- operativer Maßnahmen (Diedrich, 2007). Für die Mehr- torenanalyse (CFA) mit robuster Maximum-Likelihood- zahl der Frauen (65 %) war es die erste Geburt. Die Ge- (MLR‐)Schätzung überprüft. Zur Skalierung wurden, wie burtsdauer lag bei durchschnittlich M = 7.63 Stunden allgemein üblich, Referenzvariablen (Faktor 1: Item 1, (SD = 4.35; Range: 0 – 20 Stunden). Oxytocin wurde in Faktor 2: Item 3, Faktor 3: Item 13, Faktor 4: Item 9) ge- 42 % der Geburten gegeben. Eine PDA erfolgte bei 35 % nutzt, deren unstandardisierte Ladungen auf 1 fixiert der Frauen. wurden (Bühner, 2011). Entsprechend der Ergebnisse der Validierung des CEQ (Dencker et al., 2010) wurden Kor- relationen zwischen den Faktoren zugelassen. Die Über- Weitere Messinstrumente prüfung des Modell-Fit erfolgte auf Basis der gängigen close-fit Indizes (Comparative Fit Index (CFI) ≥ .90 akzep- Die deutsche Version der Salmon’s Item List (SIL-GER; table bzw. ≥ .95 gute Modellpassung, Root Mean Square Stadlmayr et al., 2001) ist derzeit in Deutschland das ein- Error of Approximation (RMSEA) < .10 bzw. nahezu .05, zige validierte Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) ≤ .11; der Geburtserfahrung. Die Originalversion wurde 1992 Bollen, 1989; Hu & Bentler, 1999). Bei einer nur einge- von Salmon und Drew entwickelt und von Stadlmayr und schränkten Modellpassung wurden Möglichkeiten der Kollegen (2001) ins Deutsche übersetzt. Die SIL-GER Modelloptimierung überprüft (s. ESM 2). Aufgrund der umfasst 20 Items, die auf einer sechs-stufigen Likert- weiterhin nur eingeschränkten Modellpassung wurde an- Skala beurteilt und den zwei intrapartalen Dimensionen stelle der CFA eine explorative Faktorenanalyse (EFA) Gute emotionale Adaptation und Physisches Unbehagen mit obliquer Rotation (Geomin-Rotation) durchgeführt. (Schmerz-Belastungserleben) und den zwei postpartalen Die Bestimmung der Faktorenanzahl erfolgte auf Basis Dimensionen Erfülltheit und Negatives emotionales Erleben des Scree-Plots der Eigenwerte der unrotierten Faktoren zugeordnet werden. Die Datenerhebung sollte zwischen (Bortz & Schuster, 2016). Dabei wurden in Anlehnung Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire 91 an allgemeine Konventionen Ladungen ≥ .40 als rele- Beitrag zur Vorhersage der einzelnen Kriterien leisten. Als vant beurteilt (Fabrigar, Wegener, MacCallum & Strahan, Signifikanzniveau für alle Analysen wurde ein α-Niveau 1999). Bei relevanten Querladungen wurde für die Item- von p < .05 festgelegt. Skalen-Zuordnung auch die inhaltliche Passung in die Entscheidung mit einbezogen. https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 Abschließend erfolgte eine Kreuzvalidierung der Fak- torstruktur. Dafür wurde die Stichprobe zufällig in eine Ergebnisse explorative und eine konfirmatorische Hälfte geteilt. An der ersten Hälfte wurde die oben beschriebene EFA re- Datenqualität und Itemkennwerte pliziert. An der zweiten Hälfte wurde mithilfe einer CFA die in der EFA gefundene Faktorstruktur überprüft. Auf- Im Rahmen der Datenaufbereitung wurde zunächst der grund der durch die Halbierung entstehenden kleinen gesamte Datensatz auf fehlende Werte hin analysiert Substichproben erfolgte die Kreuzvalidierung lediglich im und einzelne fehlende Werte, im Sinne eines Auslassens Rahmen zusätzlicher Datenauswertungen. Die Überprü- einzelner Fragebogenitems in den Fragebögen (< 50 %), fung der Reliabilität erfolgte über die Bestimmung der wurden durch multiple Imputation mithilfe des Markov- internen Konsistenzen. Als Maß für die interne Konsis- Chain-Monte-Carlo (MCMC)-Algorithmus ersetzt (An- tenz wurden für die einzelnen Subskalen die jeweiligen zahl der imputierten Werte: CEQ2: n = 24; SIL-GER: McDonald’s Omega-Werte berechnet. Diese bieten im n = 25; Schafer & Graham, 2002). Hierbei wurden jeweils Vergleich zu Cronbach’s Alpha den Vorteil, dass auch bei fünf Imputationsschritte je Fragebogen durchgeführt, de- Interitemkorrelationen das Risiko einer Unter- oder Über- ren letzte Werte als Realisation für die fehlenden Beob- schätzung der Reliabilität vergleichsweise gering ist (Dunn, achtungen verwendet wurden. Auf diese Weise konnten Baguley & Brunsden, 2014). Die interne Konsistenz wurde für den CEQ2 100 % vollständige Datensätze und für die bei Reliabilitätskoeffizienten von McDonald’s ω ≥ .70 als SIL-GER 96 % (n = 282) erreicht werden. Die SIL-GER gegeben betrachtet (Watkins, 2017). Zur Vergleichbarkeit wurde von 13 Probandinnen nicht bearbeitet. Die Item- mit den vorherigen Validierungsstudien zum CEQ wur- schwierigkeiten lagen im mittleren bis hohen Bereich den die Cronbach’s Alpha-Koeffizienten der einzelnen (44.9 – 94.8), was auf eine teilweise eingeschränkte Diffe- Subskalen ebenfalls angegeben. Zur Ermittlung der kon- renzierungsfähigkeit (Item 9, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, vergenten Validität wurden die Pearson-Korrelationen 22) hinweist. Die eingeschränkte Differenzierungsfähig- zwischen den CEQ2-Subskalen und der SIL-GER berech- keit zeigte sich vor allem bei den Items der Subskala net. Dabei wurde die konvergente Validität bei Korrela- Professionelle Unterstützung, was damit in Zusammenhang tionen von r > .50 als gegeben betrachtet (Bühner, 2011; stehen könnte, dass alle befragten Wöchnerinnen profes- Moosbrugger & Kelava, 2012). Die Überprüfung der Kri- sionelle Unterstützung durch das Krankenhauspersonal teriumsvalidität erfolgte über die Berechnung von Pear- in Anspruch genommen und als Ergebnis ein gesundes son-Korrelationen anhand relevanter Variablen aus der Kind geboren hatten. Da Deckeneffekte somit möglicher- Literatur. In Anlehnung an die Validierungsstudien zum weise nicht nur ungünstige Itemformulierungen, sondern CEQ wurden der Geburtsmodus (Spontanpartus vs. ope- auch Besonderheiten der untersuchten Stichprobe reflek- rative Entbindung), die Geburtsdauer, sowie die Oxyto- tieren könnten, wurde von einer Itemselektion auf Ba- cin-Gabe als Kriterien verwendet. Zusätzlich dazu wurden sis der Itemschwierigkeiten abgesehen. Die Trennschär- die Parität (Primi- vs. Multipara) und der Erhalt einer fen lagen für alle Items im zufriedenstellenden Bereich PDA (nein vs. ja) als Kriterien genutzt. Dabei wurde > .30 (Döring & Bortz, 2016). Eine ausführliche Darstel- angenommen, dass Frauen tendenziell eine positivere lung der deskriptiven Kennwerte sowie unstandardisier- Geburtserfahrung erleben, wenn sie entweder ihr Kind ten Faktorladungen der explorativen Faktorenanalyse der spontan gebären, die Geburt weniger lange dauert oder Einzelitems des CEQ2 sind in ESM 3 zu finden. sie kein Oxytocin und keine PDA unter der Geburt er- halten haben (Dencker et al., 2010; Waldenström et al., 2004; Walker et al., 2015). Weiter wurde angenommen, Dimensionalität und Skalenkennwerte dass Erstgebärende vulnerabler für eine negative Ge- burtserfahrung sind (Waldenström et al., 2004). Über die Im CFA-Modell wurde jedes latente Konstrukt durch Berechnung der Pearson-Korrelationen hinaus wurde für seine entsprechenden manifesten Items des CEQ2 defi- die Kriteriumsvariablen mittels verschiedener Regres- niert (s. ESM 2). Der CFI-Wert lag mit einem Wert von sionsmodelle die inkrementelle Validität der CEQ2-Ska- .801 im nicht akzeptablen Bereich < .90 (Bollen, 1989; len im Vergleich zur SIL-GER bestimmt. Dabei sollten die Hu & Bentler, 1999). Im Gegensatz dazu sprachen der CEQ2-Skalen zusätzlich zur SIL-GER einen signifikanten RMSEA mit einem Wert von .080 (< .10) sowie der SRMR © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
92 A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire von .082 (< .11) für eine adäquate Modellgüte (Bollen, Skala Professionelle Unterstützung wies mit einer Schiefe 1989; Hu & Bentler, 1999). Somit konnte die für den CEQ2 von -1.82 sowie einer Kurtosis von 3.78 eine linksschiefe postulierte 4-faktoriellen Struktur (Dencker, persönl. Mit- Verteilung auf, was, wie oben dargestellt, möglicherweise teilung, 26. 11. 2018) nur eingeschränkt bestätigt werden. durch Stichprobencharakteristika bedingt sein könnte. Da sich zudem hohe Interkorrelationen von bis zu r = .97 Die Interskalenkorrelationen (vgl. Tabelle 1) sind moderat https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 zwischen den einzelnen Faktoren zeigten (s. ESM 2), bis hoch (Cohen, 2013), aber insgesamt deutlich niedri- wurden weitere Optionen einer Modelloptimierung ge- ger als die Korrelationen zwischen den in der Original- prüft (u. a. das Zulassen von Korrelationen zwischen den version des CEQ2 postulierten Subskalen (s. ESM 2). Fehlervarianzen der negativ formulierten Items, die Bil- dung von Faktoren 2. Ordnung, die Optimierung der Item-Skala-Zuordnung vor dem Hintergrund der Modifi- kationsindizes, die Selektion von Einzelitems auf Basis Reliabilität und Validität von geringen Faktorladungen [< .40; d. h. Item 10], sowie abweichenden Item-Formulierungen [Item 23 – 25]). Trotz Abgesehen von der Skala Partizipation, die einen McDo- der Modelloptimierungen konnte keine relevante Verbes- nald’s ω-Koeffizienten von .67 (95 %-VI = .58 – .85; Cron- serung des Modell-Fit erreicht werden, sodass die vorge- bach’s α = .67) aufwies, erwiesen sich alle anderen Skalen schlagene 4-faktorielle Struktur nur unzureichend bestä- mit Reliabilitätskennwerten von McDonald’s ω > .70 als tigt werden konnte. reliabel (vgl. Tabelle 1). Hinsichtlich der konvergenten Aus diesem Grund wurde eine explorative Faktoren- Validität zeigten sich erwartungsgemäß moderate bis ho- analyse (EFA) durchgeführt, um die latente Struktur der he negative Korrelationen der Skalenwerte des CEQ2 mit deutschen Version des CEQ2 zu ermitteln. Hierzu wurden dem SIL-GER-Gesamtwert (vgl. Tabelle 1). Die Überprü- zunächst die als Globalmaß formulierten Items (Item 23 – fung der Kriteriumsvalidität erfolgte über die Berechnung 25) aus der Skala eliminiert, da sie sich nicht nur in der Pearson-Korrelationen, wobei sich die erwarteten Zu- Art der Formulierung, sondern auch im Hinblick auf das sammenhänge nur zum Teil zeigten: Nach einem Spon- Antwortformat von den restlichen 22 Items substantiell tanpartus wurde das Geburtserleben auf den Skalen Be- unterschieden. Mit den verbliebenen 22 Items wurde eine wältigungsmöglichkeiten, Partizipation und Emotionales Er- explorative Faktorenanalyse mit obliquer Rotation (Geo- leben positiver eingeschätzt als nach einer operativen min-Rotation) durchgeführt. Dabei zeigte sich eine sehr Entbindung. Erwartungsgemäß wurde das Geburtserle- gute statistische, sowie inhaltliche Passung eines 4-fak- ben auch von denjenigen Frauen, die während der Ent- toriellen Modells mit leicht geänderter Zuordnung der bindung kein Oxytocin und keine PDA erhalten hatten Items zu den vier Faktoren (s. ESM 3). Die Benennung oder eine vorangegangene Geburt erlebt hatten (Multipa- der Faktoren konnte überwiegend beibehalten werden; rae), auf der Skala Emotionales Erleben positiver einge- lediglich der Faktor Wahrgenommene Sicherheit wurde, da schätzt (vgl. Tabelle 1). Entgegen der Erwartungen konn- er überwiegend Items zum emotionalen Erleben während ten für die Geburtsdauer keine Zusammenhänge mit den der Geburt enthielt (z. B. Item 6: „Ich fühlte mich wäh- CEQ2-Skalenwerten gezeigt werden. Zwischen den ge- rend der Wehen und der Entbindung glücklich“), ent- burtsmedizinischen Variablen (Geburtsmodus, Oxytocin- sprechend in Emotionales Erleben umbenannt. Vier Items gabe, PDA) fanden sich kleine bis mittlere positive Kor- (Item 1, 5, 8, 22) wiesen in diesem Modell Faktorladungen relationen zwischen .13 und .50. Hinsichtlich der Parität < .40 auf, sodass sie zur Skalenberechnung ausgeschlos- zeigten sich erwartungsgemäß kleine bis mittlere negative sen wurden. Ggf. kann erwogen werden, die in der deut- Zusammenhänge zwischen -.17 und -.38 mit den anderen schen Version ausgeschlossenen vier Items in internatio- geburtsmedizinischen Variablen. nalen Studien dennoch mitzuführen, um ergänzend Ver- Abschließend wurde die inkrementelle Validität durch gleiche hinsichtlich der Beantwortung einzelner Items zu Regressionsanalysen überprüft. Zur Vorhersage der binä- ermöglichen. Die gefundene Faktorstruktur konnte in ren Außenkriterien (Geburtsmodus, Oxytocin-Gabe, Pa- der zur Kreuzvalidierung halbierten Stichprobe explorativ rität, PDA) wurden logistische Regressionsanalysen be- repliziert (N = 148) und anschließend konfirmatorisch rechnet. Zur Vorhersage der Geburtsdauer wurde eine li- (N = 147) bestätigt werden (CFI = .90; RMSEA = .07; neare Regressionsanalyse durchgeführt. In den Analysen SRMR = .07). wurden zunächst jeweils der SIL-GER-Gesamtwert (Mo- Die Berechnung der Skalenwerte erfolgte, wie in den dell 1) und in einem zweiten Schritt zusätzlich die vier Ursprungsversionen des Fragebogens, durch skalenweise Skalen des CEQ2 (Modell 2) als Prädiktoren für die ver- Mittelwertbildung. Die Skalenausnutzungen können als schiedenen Kriterien berücksichtigt. Während Modell 1 gegeben und die entsprechenden Verteilungen als sym- lediglich für den Geburtsmodus signifikant wurde (Mo- metrisch betrachtet werden (vgl. Tabelle 1). Lediglich die dell-χ2 = 4.44, df = 1, p = .04; Nagelkerkes R2 = .02), führte Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire 93 Tabelle 1. Deskriptive Skalenkennwerte und Korrelationen der CEQ2-Skalen mit dem SIL-GER sowie mit geburtsmedizinischen Variablen Skala N M SD Schiefe Kurtosis McDonald’s ω α 1 2 3 4 [95 %-VI] 1. Bewältigungsmöglichkeiten 295 2.70 .65 -.40 -.11 .77 .77 1.00 [.72 – .82] https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 2. Professionelle Unterstützung 295 3.66 .41 -1.82 3.78 .83 .83 .32** 1.00 [.78 – .87] 3. Partizipation 295 3.25 .72 -.90 .20 .67 .67 .27** .43** 1.00 [.58 – .75] 4. Emotionales Erleben 295 2.50 .72 -.17 -.57 .82 .79 .55** .31** .39** 1.00 [.78 – .85] 5. SIL-GER-Gesamtwert 282 43.93 19.21 .58 .03 .89 -.46** -.34** -.36** -.58** 6. Geburtsmodus1 291 .23 .42 – – – – -.13* -.10 -.31** -.23** 7. Geburtsdauer 208 7.09 4.41 – – – – -.01 .02 -.01 -.09 8. Oxytocingabe1 290 .42 .50 – – – – -.04 -.02 -.10 -.13* 9. Parität 1 292 .36 .48 – – – – .04 -.11 .09 .12* 10. PDA1 290 .35 .48 – – – – -.10 -.06 -.05 -.17** Anmerkungen: CEQ2 = revidierte Version des Childbirth Experience Questionnaire (Deutsche Version), SIL-GER = Salmonʹs Item List – Deutsche Version, PDA = Periduralanästhesie; N = Stichprobengröße, M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, 95 %-VI = Bootstrap-95 %-Vertrauensintervall; α = Cron- bach’s α. 1 Punktbiseriale Korrelation: Geburtsmodus: Spontanpartus (0) vs. operative Entbindung (1); Oxytocingabe: nein (0) vs. ja (1); Parität: Primipara (0) vs. Multipara (1); PDA: nein (0) vs. ja (1); * p < .05, ** p < .01 (Pearson-Korrelationskoeffizient, 2-seitig). die Hinzunahme der CEQ2-Skalen als Prädiktorvaria- übersetzen, zu validieren und insbesondere die 4-faktori- blen in zwei von fünf Modellen zu einem relevanten An- elle Skalenstruktur zu überprüfen. stieg in der Varianzaufklärung (Geburtsmodus: Modell- Bezüglich der psychometrischen Eigenschaften des χ2 = 23.00, df = 4, p < .001; Nagelkerkes R2 = .14; Ge- CEQ2 zeigten sich im Einzelnen folgende Ergebnisse: burtsdauer: F (5, 193) = .57, p = .73; R2 = .01; Oxytocin- Die Analyse der Datenqualität und Itemkennwerte Gabe: Modell-χ2 = 7.67, df = 4, p = .10; Nagelkerkes erbrachte für den Großteil der Items zufriedenstellende R2 = .04; Parität: Modell-χ2 = 22.82, df = 4, p < .001; Na- Ergebnisse, wobei diejenigen Items, die sich auf den Er- gelkerkes R2 = .11; PDA: Modell-χ2 = 6.93, df = 4, p = .14; halt professioneller Unterstützung bezogen, größtenteils Nagelkerkes R2 = .04). Deckeneffekte (Itemschwierigkeiten > .80) und damit eine eingeschränkte Differenzierungsfähigkeit aufwiesen. Derartige Deckeneffekte zeigten sich schon in den un- terschiedlichen Validierungsstudien des CEQ (Dencker et al., 2010; Walker et al., 2015), d. h., dass durch die Re- Diskussion vision des Fragebogens – zumindest in der Deutschen Version – nicht die gewünschte Reduktion der Decken- Im Leben vieler Frauen stellt die Geburt eines Kindes effekte erreicht werden konnte. Walker und Kollegen eines der einprägsamsten Lebensereignisse dar. Eine ne- (2015) haben in Bezug auf die Deckeneffekte im CEQ2 gative Geburtserfahrung kann ein Risikofaktor für das argumentiert, dass diese Ausdruck einer insgesamt hohe Wohlbefinden von Mutter und Kind sein und zukünftige Zufriedenheit der Studienteilnehmerinnen mit der erhal- Schwangerschaften und Geburten negativ beeinflussen. tenen professionellen Unterstützung sein könnten. Da Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Instrumente zur diese hohe Zufriedenheit mit der professionellen Unter- Verfügung zu haben, die die Geburtserfahrung valide er- stützung nicht unbedingt für jede Untersuchungssituation fassen, um Mütter mit einer besonders negativen Geburts- angenommen werden kann, wurden die entsprechenden erfahrung frühzeitig identifizieren und ihnen entsprechen- Items, die möglicherweise in Situationen mit geringerer de Interventionen anbieten zu können. Übersetzte und va- professioneller Unterstützung relevant sein könnten, im lidierte Instrumente zur Erfassung der Geburtserfahrung Fragebogen belassen. Die Beibehaltung dieser Items er- liegen in Deutschland allerdings kaum vor. Daher war das höht zudem die internationale Vergleichbarkeit. Ziel dieser Arbeit, den CEQ2, der eine Revision des in- Im Hinblick auf die Skalenstruktur konnte die für den ternational vielfach eingesetzten CEQ darstellt, aber bis- CEQ2 postulierte 4-faktorielle Struktur des Fragebogens lang nur in englischer Sprache vorliegt, ins Deutsche zu (Dencker, persönl. Mitteilung, 26.11.2018) auch unter der © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
94 A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire Anwendung verschiedener Möglichkeiten der Modellop- geplante operative Entbindung (d. h. sekundäre Sectio timierung nicht repliziert werden. Stattdessen konnten in caesarea oder vaginale operative Entbindungen) zur Welt einer explorativen Faktorenanalyse vier neue Faktoren gebracht hatten. Lediglich bzgl. der Skala Professionelle gewonnen werden, die inhaltlich zwar, abgesehen von der Unterstützung zeigte sich kein Gruppenunterschied, was Umbenennung des Faktors Wahrgenommene Sicherheit in darauf hindeuten könnte, dass die Unterstützung durch https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 Emotionales Erleben, ähnlichen übergeordneten Facetten medizinisches Fachpersonal bei einer operativen Entbin- des Geburtserlebens (d. h. Bewältigungsmöglichkeiten, Pro- dung als vergleichbar mit einer spontanen Geburt wahr- fessionelle Unterstützung, Partizipation) zugeordnet wer- genommen wurde. Bezüglich der Oxytocin-Gabe, dem Er- den konnten, aber hinsichtlich der Zuordnung der Items halt einer PDA unter der Geburt und der Parität entspra- zu den Skalen, an einigen Stellen, Unterschiede aufwie- chen die Befunde den Erwartungen: Frauen, die während sen. In diesem Zusammenhang ist nicht auszuschließen, der Geburt kein Oxytocin und keine PDA erhalten hatten dass die unterschiedlichen faktoriellen Strukturen kultur- sowie Frauen, die schon mal ein Kind geboren hatten, abhängige Unterschiede in der Bewertung der Geburts- schätzten ihre Geburtserfahrung auf der Skala Emotio- erfahrung abbilden. So wäre es beispielsweise denkbar, nales Erleben positiver ein als Frauen, die während der dass in den verschiedenen Kulturen ein unterschiedli- Geburt Oxytocin erhalten hatten. Während Dencker und ches konzeptionelles Verständnis der Geburtserfahrung Kollegen (2010) im Rahmen der Validierung der schwe- vorliegt, das auch mit den sehr unterschiedlichen medizi- disch-sprachigen Originalversion des CEQ Hinweise dar- nischen Versorgungsstrukturen zusammenhängen könn- auf fanden, dass Frauen, die ihr Kind spontan und ohne te (Finkenstädt, 2017). Zur weiteren Klärung potentieller zusätzliche Gabe von Oxytocin entbunden haben, signifi- kultureller Besonderheiten sollte in zukünftigen Studien kant höhere Werte auf allen Skalen des CEQ aufwiesen, eine empirische Überprüfung der Messinvarianz anhand konnten wir im Einklang mit den Befunden aus der Va- der Fragebogendaten von Stichproben aus unterschiedli- lidierung der englischsprachigen CEQ-Version (Walker chen Kulturkreisen erfolgen. et al., 2015) die Befunde nur teilweise replizieren. Aller- Für die neu gewonnenen Skalen erwiesen sich die in- dings erwies sich das Geburtserleben, entgegen der Be- ternen Konsistenzen, in Anlehnung an allgemeine Kon- funde aus den Validierungsstudien zum CEQ (Dencker ventionen (Moosbrugger & Kelava, 2012), für alle Skalen et al., 2010; Walker et al., 2015), in unserer Stichprobe als als überwiegend zufriedenstellend bis gut. Während die unabhängig von der Geburtsdauer. Skalen Bewältigungsmöglichkeiten, Emotionales Erleben (im Walker und Kollegen (2015) nannten als mögliche CEQ: Wahrgenommene Sicherheit) und Professionelle Unter- Gründe für die beobachteten Unterschiede zu den Er- stützung auch in der Originalversion des CEQ vergleichba- gebnissen von Dencker und Kollegen (2010) Unterschie- re interne Konsistenzen zeigten, konnte durch die Revision de in den Stichprobencharakteristika, die auch für die des CEQ und die neue Item-Skala-Zuordnung für die Skala vorliegende Studie relevant sein könnten. In die Origi- Partizipation eine geringfügige Verbesserung der Reliabi- nalstudie (Dencker et al., 2010) wurden nur Erstgebä- lität erreicht werden (Cronbach’s α = .62; Dencker et al., rende bei unkomplizierter Schwangerschaft (low risk) mit 2010; in der aktuellen Studie Cronbach’s α = .67). spontanem Geburtsbeginn eingeschlossen. Bei der Un- Im Hinblick auf die konvergente Validität zeigten sich tersuchung von Walker und Kollegen (2015) wurden auch erwartungskonforme negative Zusammenhänge zwischen Frauen eingeschlossen, deren Schwangerschaft nicht zwin- der Beurteilung der Geburtserfahrung auf den verschiede- gend als unkompliziert einzuordnen war. In der vorliegen- nen Skalen des CEQ2 und der Beurteilung des Geburtser- den Untersuchung wurden darüber hinaus neben Erstge- lebens in der SIL-GER. Die Zusammenhänge erreichten bärenden auch Mehrfachgebärende sowie Frauen, deren auf den Skalen Bewältigungsmöglichkeiten und Emotionales Geburtsbeginn eingeleitet worden war oder durch Bla- Erleben Werte nahe .50, was als Bestätigung der konver- sensprung begann, eingeschlossen. Weitere mögliche Ur- genten Validität angesehen werden kann (Bühner, 2011; sachen für die Unterschiede in den Gruppenvergleichen Moosbrugger & Kelava, 2012). Für die Skalen Professio- könnten im postpartalen Zeitpunkt der Erhebung oder in nelle Unterstützung und Partizipation ist der Zusammen- der Datenerhebungsmethode liegen. Neben diesen Un- hang etwas geringer ausgeprägt, was inhaltlich erklärbar terschieden in der Stichprobenzusammensetzung erfolgte scheint, da die Items der SIL-GER primär emotionale Zu- die Datenerhebung in der vorliegenden Studie innerhalb stände des Geburtserlebens erfassen. der ersten sieben Tage nach der Geburt im stationären Bezüglich der Kriteriumsvalidität beurteilten Frauen, Kontext, wohingegen Dencker und Kollegen (2010) die die ihr Kind spontan zur Welt gebracht hatten, erwar- Teilnehmerinnen einen Monat postpartal per Email oder tungsgemäß ihre Geburtserfahrung auf den Skalen Be- postalisch kontaktierten. Dieser Rekrutierungsunterschied wältigungsmöglichkeiten, Emotionales Erleben und Partizi- zeigt sich auch in der deutlich höheren Rücklaufquote der pation positiver als Frauen, die ihr Kind durch eine un- vorliegenden Studie (93 % vs. 78 %), wodurch das Risiko Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire 95 einer systematischen Stichprobenselektion reduziert wer- lassen, nicht zuletzt um die Vergleichbarkeit mit der Ori- den konnte. Insgesamt wird vor dem Hintergrund der ginalversion zu erhalten. Schlussendlich konnte Simkin oben dargestellten Befunde die Validität des CEQ2 als (1992) zeigen, dass sich die Beurteilung der Geburtser- gegeben angesehen, wobei insbesondere auch die weiter- fahrung über die Zeit verändert. Einige Aspekte der Ge- führenden Analysen zur inkrementellen Validität für ei- burtserfahrung wurden einige Jahre nach der Geburt https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 nen diagnostischen Zugewinn im Hinblick auf die Erfas- negativer bewertet als kurz nach der Geburt, wobei die sung des Geburtserlebens sprechen. befragten Frauen sich auch Jahre später genau an die Geburt erinnern konnten. Da die Sorge um die Gesund- heit des Kindes eine der größten Sorgen von Schwangeren Stärken, Limitationen und Ausblick kurz vor der Geburt darstellt (Maimburg, Væth, Hvidman, Dürr & Olsen, 2013; Öhman, Grunewald & Waldenström, Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde ein 2003; Peñacoba-Puente, Monge & Morales, 2011), scheint standardisierter Übersetzungsprozess (Beaton et al., 2000) kurz nach der Geburt die Freude und Erleichterung über eingesetzt, um Einschränkungen der Reliabilität und Va- die Geburt eines gesunden Kindes im Vordergrund zu ste- lidität durch mögliche Übersetzungsfehler zu minimie- hen (Waldenström, 1999). Darüber hinaus gibt es Hin- ren. Auch konnten Unstimmigkeiten, die im Rahmen der weise darauf, dass die Unterstützung des betreuenden Übersetzung der schwedischen Version ins Englische ent- Personals bei Datenerhebungen im stationären Kontext standen waren, in Rücksprache mit der Autorin der Origi- nicht offen beurteilt wird (Robinson, Salmon & Yentis, nalversion für die Deutsche Version korrigiert werden. Po- 1998). Beide Aspekte können daher zu einer zunächst sitiv ist zudem, dass es gelungen ist, eine große Stichprobe positiveren Beurteilung der Geburtserfahrung beitragen konsekutiv zu erheben, die geringe Selektionseffekte be- (Green, 2012; Hodnett, 2002; Waldenström et al., 2004). inhaltet (sehr hohe Rücklaufquote), wobei die Datenerhe- Vor diesem Hintergrund erscheinen längsschnittliche bung in zwei unterschiedlichen Krankenhäusern die Re- Untersuchungen des Geburtserlebens sinnvoll und wün- präsentativität der Stichprobe erhöht. Zudem zeigte sich schenswert. eine hohe Akzeptanz der Teilnehmerinnen bzgl. des CEQ2 zur Studienteilnahme. Dennoch gibt es einige Limitationen, die berücksichtigt Fazit für die Praxis werden sollten: Für die deutsche Übersetzung des CEQ2 fand sich eine andere Faktorstruktur als in der engli- Die Erfassung des Geburtserlebens ist insbesondere auf- schen Version des CEQ2. Zwar konnten auch vier Fakto- grund des in Deutschland bestehenden Mangels an ver- ren extrahiert werden, diese unterschieden sich allerdings fügbaren validierten Instrumenten von hoher klinischer bezüglich der Itemzuordnung von den in der Original- Relevanz, um die Betreuungsqualität sowohl während als version des Fragebogens gefundenen vier Faktoren. Die auch nach der Geburt weiter zu verbessern. Der CEQ2 Überprüfung erfolgte mittels einer Kreuzvalidierung mit ist ein praktikables Selbstbeurteilungsverfahren, das mit Split-Half-Methode, wobei sich durch die Halbierung der einer Bearbeitungszeit von ca. 10 Minuten eine ökono- Stichprobe relativ kleine Teilstichprobengrößen ergaben. misch und von den Befragten gut akzeptierte Erfassung In Folgestudien wäre eine Überprüfung der gefunde- der Geburtserfahrung ermöglicht. Die mehrdimensionale nen Faktorstruktur in ausreichend großen Samples wün- Erhebung mit dem CEQ2 bietet zudem, beispielsweise schenswert. Des Weiteren konnte die auch schon in den im Rahmen von Evaluationsstudien und Verlaufsunter- Validierungsstudien der schwedischen und englischen suchungen, den Vorteil, dass eine detaillierte Erfassung Fragebogenversionen beobachtete geringe interne Kon- verschiedener Aspekte des Geburtserlebens möglich ist. sistenz der Skala Partizipation nur geringfügig verbessert Die Ergebnisse dieser ersten Validierungsstudie sind viel- werden. Vor dem Hintergrund der fortbestehenden Kürze versprechend, wobei die gefundene Faktorenstruktur in der Skala wäre es in Folgestudien zu erwägen, der Skala weiteren Studien repliziert werden sollte. Darüber hin- ggf. weitere Items hinzuzufügen. Darüber hinaus konnte aus wären Untersuchungen im Längsschnitt sowie ggf. auch der Deckeneffekt auf der Skala Professionelle Unter- auch Untersuchungen, bei denen das Ausmaß der pro- stützung nicht reduziert werden. Allerdings ist nicht aus- fessionellen Unterstützung zwischen Einrichtungen va- zuschließen, dass die hohen Werte, insbesondere auf der riiert, wünschenswert. Insgesamt unterstreichen die Er- Skala Professionelle Unterstützung durch den Zeitpunkt der gebnisse der vorliegenden Studie die gute Eignung des Datenerhebung (stationären Kontext kurz nach der Ge- CEQ2 für die klinische Praxis. burt) beeinflusst wurden. Daher wurden die Items dieser Skala trotz der eher geringen Differenzierungsfähigkeit bei Frauen kurz nach der Entbindung im Fragebogen be- © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
96 A. Pedersen et al., Validierung der deutschen Übersetzung des Childbirth Experience Questionnaire Elektronische Supplemente Dencker, A., Taft, C., Bergqvist, L., Lilja, H. & Berg, M. (2010). Childbirth Experience Questionnaire (CEQ): Development and evaluation of a multidimensional instrument. BMC pregnancy and childbirth, 10(681), 1 – 8. https://doi.org/10.1186/1471- Die elektronischen Supplemente sind mit der Online- 2393-10-81 Version dieses Artikels verfügbar unter https://doi.org/ Diedrich, K. (Hrsg.). (2007). Gynäkologie und Geburtshilfe: Mit 97 Tabellen (Springer E-book Collection, 2., vollst. neu bearb. https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0012-1924/a000267 - Wednesday, June 30, 2021 7:10:55 AM - Universitätsbibliothek Kiel IP Address:134.245.6.66 10.1026/0012-1924/a000267 Aufl.). Berlin: Springer. ESM 1. Vorgehen bei der Übersetzung des CEQ2 nach Döring, N. & Bortz, J. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation Beaton et al. (2000). in den Sozial- und Humanwissenschaften (Springer-Lehrbuch, ESM 2. Konfirmatorisches Faktorenmodell gemäß der 5. vollst. überarb., aktual. und erw. Aufl.). Berlin: Springer. Originalvalidierung des CEQ2 inklusive der standardisier- https://doi.org/10.1007/978-3-642-41089-5 Dunn, T. J., Baguley, T. & Brunsden, V. (2014). From alpha to ome- ten Faktorladungen sowie der Faktoreninterkorrelationen. ga: A practical solution to the pervasive problem of internal ESM 3. Deskriptive Kennwerte sowie unstandardisierte consistency estimation. British journal of psychology, 105, 399 – Faktorladungen der explorativen Faktorenanalyse der Ein- 412. https://doi.org/10.1111/bjop.12046 zelitems des CEQ2. Fabrigar, L. R., Wegener, D. T., MacCallum, R. C. & Strahan, E. J. (1999). Evaluating the use of exploratory factor analysis in psy- ESM 4. Deskriptive Skalenkennwerte und Interkorrelatio- chological research. Psychological Methods, 4, 272 – 299. nen der zur Validierung des CEQ2 betrachteten geburts- https://doi.org/10.1037/1082-989X.4.3.272 medizinischen Variablen. Finkenstädt, V. (2017). Zugangshürden in der Gesundheitsversor- gung: Ein europäischer Überblick. Köln: Wissenschaftliches In- stitut der PKV (WIP). Goodman, P., Mackey, M. C. & Tavakoli, A. S. (2004). Factors rela- ted to childbirth satisfaction. Journal of advanced nursing, 46, 212 – 219. https://doi.org/10.1111/j.1365-2648.2003.02981.x Gottvall, K. & Waldenström, U. (2002). Does a traumatic birth Literatur experience have an impact on future reproduction? BJOG: An International Journal of Obstetrics and Gynaecology, 109, 254 – Ayers, S. & Pickering, A. D. (2001). Do women get posttraumatic 260. https://doi.org/10.1111/j.1471-0528.2002.01200.x stress disorder as a result of childbirth? A prospective study of Green, J. M. (2012). Integrating women’s views into maternity care incidence. Birth, 28(2), 111 – 118. https://doi.org/10.1046/j. research and practice. Birth, 39, 291 – 295. https://doi.org/10. 1523-536X.2001.00111.x 1111/birt.12003 Beaton, D. E., Bombardier, C., Guillemin, F. & Ferraz, M. B. (2000). Green, J. M. & Baston, H. A. (2003). Feeling in control during labor: Guidelines for the process of cross-cultural adaptation of self- Concepts, correlates, and consequences. Birth, 30, 235 – 247. report measures. Spine, 25, 3186 – 3191. https://doi.org/10. https://doi.org/10.1046/j.1523-536X.2003.00253.x 1097/00007632-200012150-00014 Green, J. M., Coupland, V. A. & Kitzinger, J. (1998). Great expecta- Beck, C. T. (2004). Birth trauma: In the eye of the beholder. Nursing tions: A prospective study of women’s expectations and experi- research, 53(1), 28 – 35. https://doi.org/10.1097/00006199-200 ences of childbirth (2nd ed.). Hale, Cheshire: Books for Midwives. 401000-00005 Halperin, O., Sarid, O. & Cwikel, J. (2014). A comparison of Israeli Begley, C. M., Gross, M. M., Dencker, A., Benstoem, C., Berg, M. & Jewish and Arab women’s birth perceptions. Midwifery, 30, Devane, D. (2014). Outcome measures in studies on the use of 853 – 861. https://doi.org/10.1016/j.midw.2013.11.003 oxytocin for the treatment of delay in labour: A systematic re- Hauck, Y., Fenwick, J., Downie, J. & Butt, J. (2007). The influence view. Midwifery, 30, 975 – 982. https://doi.org/10.1016/j.midw. of childbirth expectations on Western Australian women’s per- 2014.06.005 ceptions of their birth experience. Midwifery, 23, 235 – 247. Bollen, K. A. (1989). Structural equations with latent variables. New https://doi.org/10.1016/j.midw.2006.02.002 York, NY: Wiley. Hodnett, E. D. (2002). Pain and women’s satisfaction with the ex- Bortz, J. & Schuster, C. (2016). Statistik für Human- und Sozial- perience of childbirth: A systematic review. American Journal of wissenschaftler: Extras online (Lehrbuch, 7., vollst. überarb. Obstetrics and Gynecology, 186, 160 – 172. https://doi.org/10. und erw. Aufl.). Berlin: Springer. 1016/S0002-9378(02)70189-0 Brown, S. & Lumley, J. (1994). Satisfaction with care in labor and Hodnett, E. D., Gates, S., Hofmeyr, G. J. & Sakala, C. (2012). Con- birth: A survey of 790 Australian women. Birth, 21(1), 4 – 13. tinuous support for women during childbirth. The Cochrane da- https://doi.org/10.1111/j.1523-536X.1994.tb00909.x tabase of systematic reviews, 10, CD003766. https://doi.org/10. Bühner, M. (2011). Einführung in die Test- und Fragebogenkon- 1002/14651858.CD003766.pub4 struktion (PS Psychologie, 3., aktual. und erw. Aufl.). München: Hodnett, E. D. & Simmons-Tropea, D. A. (1987). The labour agentry Pearson Studium. scale: Psychometric properties of an instrument measuring Cohen, J. (2013). Statistical power analysis for the behavioral control during childbirth. Research in Nursing & Health, 10, sciences (2nd ed.). Hoboken, NJ: Taylor and Francis. 301 – 310. https://doi.org/10.1002/nur.4770100503 Creedy, D. K., Shochet, I. M. & Horsfall, J. (2000). Childbirth and Hu, L.‐t. & Bentler, P. M. (1999). Cutoff criteria for fit indexes the development of acute trauma symptoms: Incidence and in covariance structure analysis: Conventional criteria versus contributing factors. Birth, 27(2), 104 – 111. https://doi.org/10. new alternatives. Structural Equation Modeling: A Multidiscipli- 1046/j.1523-536x.2000.00104.x nary Journal, 6(1), 1 – 55. https://doi.org/10.1080/1070551990 Czarnocka, J. & Slade, P. (2000). Prevalence and predictors of 9540118 post-traumatic stress symptoms following childbirth. British Larkin, P., Begley, C. M. & Devane, D. (2009). Women’s experiences Journal of Clinical Psychology, 39(1), 35 – 51. https://doi.org/10. of labour and birth: An evolutionary concept analysis. Midwifery, 1348/014466500163095 25(2), e49 – 59. https://doi.org/10.1016/j.midw.2007.07.010 Diagnostica (2021), 67 (2), 87–97 © 2021 The Author(s) Distributed as a Hogrefe OpenMind article under the license CC BY 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
Sie können auch lesen