Verhaltenssüchte Glücksspiel- und Kaufsucht - Lehrgang zur Suchtvorbeugung an Berufsschulen - Institut Suchtprävention
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Verhaltenssüchte Glücksspiel- und Kaufsucht Lehrgang zur Suchtvorbeugung an Berufsschulen Mag. Dietmar Krenmayr, MA 27.04.2018 09.00 – 12.30 Uhr
Teil 1: Glücksspielsucht Glücksspielmarkt und -werbung Glücksspielsucht • Suchtentwicklung • Gefahren durch Glücksspiel Glücksspiel und Jugendliche • Entwicklungsaufgaben • Zahlen und Fakten Arten von Glücksspielen Gesetze Prävention Hilfsangebote
Glücksspiel- und Sportwetten-Werbung • „Aufreißen und gewinnen!“ (Brieflos) • „Alles ist möglich!“ (Lotto) • „Wetten, Sie gewinnen!“ (Admiral Sportwetten) • „Ihre Wette in sicheren Händen“ (Tipico Sportwetten) • „Das Wettbüro für Ihre Hosentasche“ (Cashpoint Mobile-App) • „Das Leben ist eine Spiel“ (bet-at-home.com) • „Glaub ans Glück!“ (ToiToiToi)
Bankvorteil („House Edge“) • Roulette 1,35 % - 2,7 % • Black Jack 0,54 % - 8 % • Automaten 5 % - 15 % • Sportwetten (bwin) 7% • Rubbellos 27 % - 45 % • Lotto (6 aus 45) 51,2 %
Definition von Glücksspiel • Ein Spiel, bei dem … • gegen Geldeinsatz • Gewinn in Aussicht gestellt wird, • ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. • Österreichisches Glücksspielgesetz (GSpG, 27.10.2014)
Die häufigsten Glücksspielformen Lotterieprodukte Lotto „6 aus 45“, Bingo, Euromillionen, ToiToiToi, Zahlenlotto 1-90, Joker, Rubbellos, Brieflos, Klassenlotterie Videolotterieterminals (VLT) Glücksspielautomaten Sportwetten (nicht laut Gesetz) Casinospiele Roulette; Kartenspiele: Black Jack, Poker; Würfelspiele: Backgammon Glücksspiele im Internet z.B. Internetpoker
„Gaming“ -> „Gambling“ (Computer)Spiele z.B. Strategiespiele, virtuelle Welten Hinzufügen von Glücksspielelementen z.B. Lotterien, Wetten, Poker Echtes Glücksspiel z.B. Poker, Casinospiele, Sportwetten mit Geldeinsatz Freemium z.B. Upgrades, Kauf virtueller Güter Demoseiten z.B. Pokerschulen, Übungsseiten Quelle: SUPRO, Stiftung Maria Ebene
„Gaming“ -> „Gambling“ Simuliertes Glücksspiel in Computerspielen Far Cry: Skill „Poker Profi“, Fall Out: New Vegas, Candy Crush: Lucky Wheel, … Loot Boxes & Pay2Win-Prinzip Erwerbbare Beutekisten mit zufällig generierter Ausrüstung Skin Gambling & Game Mediated Betting Begehrte Waffen/Ausrüstung als Einsatz auf Wett- und Glücksspielplattformen Social Gambling Spiel um virtuelle Währung in sozialen Netzwerken & Apps auf Facebook, App Store, Google Play: z.B. Zynga Poker, Slotomania, … Quelle: SUPRO, Stiftung Maria Ebene
Skin Gambling & Game Mediated Betting
Entwicklungskonzept der Spielsucht 1. Vulnerabilität als Voraussetzung z.B. Selbstunsicherheit, familiäre Faktoren etc. 2. “Gewinnphase” - magische Bedeutung des Gewinns als Macht, Zuwendung, Beachtung 3. “Verlustphase”- Ärger, Angst - neuerliches Spielen zur Abwehr von Identitätsverlust - “chasing” 4. “Verzweiflungsphase” Nach “Freikauf” oft Euphorie – Rückfall - Kontrollverlust, Normenabbau - Delikte, Isolierung
Spielsucht - Entwicklung Entscheidung zum Glücksspiel Weiter spielen AUSSTIEG Gewinn + Euphorie + Allmachtphantasien Verlust - Frustration - Ärger - Verzweiflung Hoffen auf Gewinn Stimulation Ablenkung von Belastungen
Risikofaktoren problematischen bzw. pathologischen Spielens OR=Odds-Ratio (Risiko) OR Alter (bis 35 J.) 2,2 Männlich 2,4 Migrationshintergrund 2,2 Pflicht-/Hauptschulabschluss 2,3 Arbeitslos 5,0 In Elternhaus mit Spielproblemen aufgewachsen 2,2 Aktuelle Spielprobleme in Familie 4,8 Mindestens riskanter Alkoholkonsum 3,0 Aktueller Cannabiskonsum (letzte 30 Tage) 3,6 Kalke et al., 2011
Lie-Bet-Screen-Test 1. „Haben Sie jemals beim Spielen das Bedürfnis verspürt, immer mehr Geld einzusetzen?“ 2. „Haben Sie jemals gegenüber Menschen, die Ihnen wichtig sind oder waren, über das Ausmaß Ihres Spielens lügen müssen?“ (1-mal „ja“: Hinweis auf Spielsuchtgefährdung)
Internationale Diagnosekriterien
DSM-5 (2013): Glücksspielstörung „gambling disorder“ • Wird als erste (und einzige) stoffungebundene Sucht zu den Suchtstörungen („substance-related and addictive disorders“) gezählt. (American Psychiatric Association 2013, 585ff). • Übernahme aller Merkmale aus DSM-IV außer „illegalen Handlungen“ • • Ausprägungsstufen der „gambling disorder“: • nach Anzahl der aufgetretenen Kriterien innerhalb von 12 Monaten - leicht (4-5 Kriterien) - mittel (6-7 Kriterien) - schwer (8-9 Kriterien)
Glücksspiel und Jugendliche
Spezielle Motivations-Risikofaktoren für Jugendliche • Erwartung von Geldgewinn • dadurch erweiterte Freizeitmöglichkeiten • Prestigegewinn als „SiegerIn“ • Ablenkung von Unsicherheit und sozialen Ängsten: „kein Verlierer“ bzw. „keine Verliererin“ • Soziale Komponenten (Eltern oder Peers spielen auch) • Ausblendung von Alltagsbelastungen (Eskapismus) • Langeweile (Scholz, 2012; Hayer, 2015)
Andere jugendbezogene Risikofaktoren • Jugendliche entwickeln besonders schnell ein ausgeprägtes Suchtgedächtnis • Die Sucht vereinnahmt psychosoziale Entwicklungsressourcen für den dem Erwerb von sozialen, intellektuellen, beruflichen und körperlichen Kompetenzen • Je früher Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung ein problematisches bzw. süchtiges Verhaltensmuster entwickeln, desto schlechter ist die Prognose • 50% der erwachsenen „Problemspieler“ hatten schon vor ihrem 18. Lebensjahr ein problematisches Spielverhalten • von diesen 50% hatten schon 50% vor ihrem 14. Lebensjahr ein problematisches Spielverhalten (vgl. Kurosch Yazdi: Junkies wie wir, 2013)
Glücksspiel - Zahlen und Fakten
Kalke et al., 2011 n=6.326 Kalke/Wurst, 2015 n=10.000 Alter: 14-65 Jahre Konsistente Ergebnisse 2011 -> 2015
Teilnahme am Glücksspiel / Formen (14-65 Jahre) n=10.000
Spielteilnahme der Bevölkerung (Kalke et al., 2011) letzte 12-Monate letzte 30-Tage Alle 42,0% 23,3% Männer 47,4% 28,7% Frauen 36,5% 18,0% 14-17 Jahre 9,7% 3,5% 18-35 Jahre 44,0% 21,6% 36-49 Jahre 45,8% 26,4% 50-65 Jahre 42,8% 26,6%
Spielteilnahme der Bevölkerung (Kalke et al., 2011) • Bei den 14- bis 17-Jährigen spielte im zurückliegenden Jahr etwa jede/r Zehnte um Geld. Im letzten Monat waren es 3,5 %. • Zwischen den Altersgruppen der Erwachsenen zeigen sich nur geringe Unterschiede in der Spielteilnahme: Jahresprävalenzen von jeweils (leicht) über 40 %. Monatsprävalenzen zwischen 22 und 27 %. • Vergleich mit der Folgebefragung (Kalke/Wurst 2015) bestätigt die Ergebnisse: • Jahresprävalenz 41 %, Monatsprävalenz 27 %
Teilnahme an Glücksspielarten (Jahresprävalenz) (Kalke et al., 2011)
Teilnahme an Glücksspielarten (Jahresprävalenz) (Kalke et al., 2011) • Jugendliche haben die geringsten Prävalenzraten. Sie spielen überwiegend Rubbellose (4,5 %) und Lotterien (3,8 %). • 18 bis 35-Jährige weisen die höchsten Anteile in (beinahe) allen Glücksspielarten auf. (Ausnahme: Lotterien). • Über 36-Jährige stellen den höchsten Anteil an LotterienspielerInnen. • Fast alle Glücksspiele werden mehr von Männern gespielt.
Anteil von ProblemspielerInnen in Österreich /OÖ (Kalke et al., 2011) • Bestimmung nach DSM-IV • Problematisches Spielverhalten (3-4 Kriterien): 0,43 % ca. 26.000 Personen • Pathologisches Spielverhalten (mind. 5 Kriterien): 0,66% ca. 38.000 Personen • Insgesamt 1,1% = ca. 64.000 Personen (14 bis 65 Jahre) • ident bei der Folgeuntersuchung (Kalke et al., 2015) • und einer Befragung in OÖ (Seyer et al., 2016)
Anteil ProblemspielerInnen nach verschiedenen Glücksspielarten (Kalke/Wurst, 2015)
Anteil ProblemspielerInnen nach verschiedenen Glücksspielarten (Kalke/Wurst, 2015) 1. Die Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ist bei Glücksspielautomaten in Spielhallen, Gastronomiebetrieben und Tankstellen am höchsten (27,2 %). 2. Es folgen Sportwetten (16,9 %) und die Glücksspielautomaten in Kasinos (8,1 %). 3. Die geringsten Anteile finden sich bei den Lotterien (2,1 %).
Problematisches Spielen nach Geschlecht und Alter (Kalke et al., 2011)
Anteil der ProblemspielerInnen am Geldeinsatz nach Spielart (Kalke et al., 2011)
Ikrath & Rohrer (2013): Nutzung von (Online-) Glücksspielen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Österreich (Institut für Jugendkulturforschung) Alter: 12-24 Jahre N = 1.000
Teilnahme an kommerziellen Wett- und Glücksspielangeboten um Geld – Lebenszeitprävalenzen 12-24 Jährige (Ikrath & Rohrer, 2013)
Nutzung von (Online-) Glücksspielen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Ikrath & Rohrer 2013) 1. Die Nutzung von Glücksspielen und Wetten steigt mit dem Alter an. 2. Geschlechterunterschied: Mehr männliche Kinder bzw. Jugendliche als weibliche spielen und wetten (Ausnahme: Onlineangebote). 3. Offline-Spiel (z. B. Kasino, Trafik, Wettcafé) überwiegt gegenüber dem Online-Spiel (Internet).
Einzelne Glücksspiele
Lotterieprodukte Lotto „6 aus 45“, Bingo, Euromillionen, ToiToiToi, Zahlenlotto 1-90, Joker, Rubbellos, Brieflos, … Übung mit Jugendlichen: Auszahlungsplan anschauen • Preis: 1 € • 2.500.000 Lose insgesamt (=100 %) • 593.000 „Schein-Gewinne“ (1 € = Einsatz) = 24 % • 148.355 reale Gewinne = 5 % aller Lose • -> 95 % aller Lose = kein Gewinn • Chance auf Hauptgewinn: 1:1.250.00 = 0,0000008 %
Gefährdungspotenzial von Glücksspielen Wann haben Glücksspiele ein hohes Suchtpotenzial? • Wenn sie eine schnelle Spielabfolge mit schneller Gewinn- und Verlustentscheidung haben. • Wenn ein kurzes Auszahlungsintervall vorliegt. • Wenn sie bei SpielerInnen das Gefühl wecken, den Spielverlauf steuern zu können. (z. B. Stopp-Tasten) • Wenn SpielerInnen durch „Fast-Gewinne“ den Eindruck haben, der Gewinn stehe in kurz bevor. • Wenn sie mit „versteckten“ Geldeinsätzen (Jetons, Punkte) arbeiten. • Wenn es viele Anreize mit Möglichkeiten zum Glücksspiel gibt.
Kasinospiele Roulette, Black Jack, Poker, Easy Hold’em Poker, Baccarat, Glücksrad, … Spiel 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Rot ● ● ● ● ? Schwarz ● ● ● ● ● ● ● ? Zero ● ? Worauf würden Sie setzen?
Wie der Zufall will … 18. 11. 2014, Casino Duisburg 20 mal schwarz in Folge ! Innerhalb der 20-mal schwarz: 17 und 22 fallen je 3x 2, 6, 13 und 28 fallen je 2x Roulette-“Gewinn-Systeme“ funktionieren nicht !!!
Spielerfehlschlüsse … Kognitive Irrtümer: • Gambler´s Fallacy: die Wahrscheinlichkeiten müssen sich ausgleichen? -> Der Zufall hat kein Gedächtnis • Bei einer Glückssträhne den Einsatz erhöhen • Fast-Gewinne erkennen („near miss“) Magisches Denken: • „Opfergaben“ an Croupier • Den richtigen Pullover anziehen • Die Spieltipps von Anfängern nachspielen • Nur an bestimmten Tischen spielen • Nur wenn die richtige Kellnerin im Spiellokal Dienst tut • Nur wenn die linke Hand juckt …
Hohe Suchtgefahr beim Automatenspiel • Schnelle Spiele • Schnelle Auszahlung bei Gewinn • Scheinbare Steuer-Möglichkeiten Start-, Stop-, Risikotasten • „Fastgewinne“ • Licht- und Tonsignale • + Familiäre Atmosphäre (Bedienstete) • keine Uhren • kein Tageslicht • z.T. freie Getränke, Zigaretten
Rechenbeispiel Spielautomat
Rechenbeispiel Spielautomat 1 Euer Einkommen pro Monat: _______________ Einsatz: 1 € pro Spiel 1 Spiel = 90 % Auszahlung im Durchschnitt ⇒ 10 % Verlust pro Spiel im Durchschnitt = 10 Cent Dauer eines Spiels: ca. 2 Sekunden ⇒ 30 Spiele pro Minute möglich
Auswertung Zeit Durchschnittlicher Verlust 2 Sekunden 10 Cent 4 Sekunden 20 Cent 6 Sekunden 30 Cent … … 1 Minute 300 Cent = 3 € 10 Minuten 30 € 1 Stunde 180 € 2 Stunden 360 € …
Sportwetten Der Einfluss von Wissen auf das Wettergebnis wird massiv überschätzt. (= „Kontroll-Illusion“) Zeitlich sehr intensive Informationssuche Suchtpotenzial von Sportwetten ist etwa 10-fach höher als das beim Lotto EuGH empfiehlt, Sportwetten wegen ihrer hohen Gefährlichkeit als Glücksspiel zu behandeln. Wettbüros und –cafés als soziale Treffpunkte Wetten als gemeinsames Interesse (im Freundeskreis, unter Fans, …)
Poker vs. Schach: Weltmeister Jahr Schach Poker 2003 Wladimir Kramnik Carlos Mortensen 2004 Wladimir Kramnik Greg Raymer 2005 Wladimir Kramnik Joe Hachem 2006 Wladimir Kramnik Jamie Gold 2007 Wladimir Kramnik Jerry Yang 2008 Viswanathan Anand Peter Eastgate 2009 Viswanathan Anand Joseph Cada 2010 Viswanathan Anand Jonathan Duhamel 2011 Viswanathan Anand Pius Heinz 2012 Viswanathan Anand Greg Merson 2013 Magnus Carlsen Ryan Riess 2014 Magnus Carlsen Martin Jacobson 2015 Magnus Carlsen Joe McKeehen 2016 Magnus Carlsen Qui Ngyuen
Gesetze
Oö Jugendschutzgesetz § 7 Glücksspielautomaten, Glücksspiele und Wetten • Unter 18 Jahren verboten: − Teilnahme an Glücksspielen und Wetten − Aufenthalt in Räumen in denen Glücksspiele oder Wetten überwiegend durchgeführt werden • Ab 16 Jahren erlaubt: − Lotto, Toto, Zahlenlotterien, Klassenlotterien, Nummernlotterien, Sofortlotterien, Zusatzspiele
Österr. Glücksspielgesetz • Glücksspielmonopol des Bundes -> Vergabe von 2 Konzessionen: − Österreichische Lotterien GmbH − Casinos Austria AG • Spielerschutzregelungen − Alter − Beobachtung des Spielverhaltens − Selbst/Fremdsperren
Oö. Glücksspielautomatengesetz 3 Lizenzen: ADMIRAL Casinos & Entertainment AG Excellent Entertainment AG PA Entertainment & Automaten AG • Gesetzlicher Spielerschutz greift nicht bei Teilnahme an (illegalen) Online-Casinos! • Anbindung jedes Automaten an Bundesrechenzentrum • Zutrittssystem („Spielerkarte“) • Aufzeichnung des Spielverhaltens • Identifikation und Ansprache von riskanten Spieler/innen • Selbst/Fremd-Sperren
„Spielerschutzorientierter Spielverlauf“ in OÖ Einzelaufstellung Automatensalon Höchsteinsatz pro Spiel 1€ 5€ Mindest-Spieldauer pro Spiel 2 Sekunden Maximalgewinn 1.000 €, 5.000 €, keine Jackpots keine Jackpots Gewinn- Ausschüttungsquote 82 % - 92 % 85 % - 95 % Tagesspieldauer 3 Stunden
Oö. Wettgesetz - Sportwetten sind in Österreich nicht als Glücksspiel geregelt - Wettereignis muss in der Zukunft liegen (d.h. keine Wetten auf Videos von z. B. Hunderennen, …) - Selbst/Fremdsperre möglich - Ansprache riskanter Spieler/innen
Suchtprävention
Soziale Defizite Schutzfaktoren C.Lagemann/Institut Suchtprävention
Psychische Gesundheit Gleichgewicht Belastungen Ressourcen Schutzfaktoren Stress in Schule / Beruf Beziehungen Selbstwert • Freunde Unterstützung C.Lagemann/Institut Suchtprävention • Eltern/Kinder • Freunde Entwicklungsaufgaben • Eltern Kommunikation Hoffnungsbereitschaft Zuversicht
Gesundheit / Beispiel Gleichgewicht Belastungen Ressourcen Schutzfaktoren z.B. Scheidung der Eltern → Massive psychische Belastung Gute Beziehung zu Geschwistern C.Lagemann/Institut Suchtprävention → Schulabbruch → Hoher Alkoholkonsum Eingebunden in soz. → Psychische Erkrankung Netzwerke → Suizid (Freundeskreis, Verein)
Schutzfaktoren gegen pathologisches Spielen • Stabiles Grundvertrauen, „Urvertrauen“ • Selbstvertrauen, Selbstsicherheit, Selbstwert • Belastbarkeit, Stressbewältigung (Entspannung) • Emotionale Stabilität • Impulskontrolle • Fähigkeit zu Bewältigung negativer Gefühle • Persönliche Autonomie • Konfliktfähigkeit • Kontakt/Kommunikationsbereitschaft • Bindungsfähigkeit • Stützendes Umfeld (Scholz, 2012)
Schutzfaktoren Umwelt • Gutes Verhältnis zu Eltern (Vertrauen und Unterstützung in schwierigen Situationen) • Entwicklungsförderndes LehrerInnenverhalten (Anforderungen, Unterstützung), positive Rollenmodelle • Soziale Integration, Freundschaften zu Gleichaltrigen (Vertrauen, Unterstützung, Deutungshilfe im Alltag) • Soziokulturelle Einflüsse Soziale Unterstützung, befriedigende Entwicklungsperspektiven, Zugang zu Information und Bildung, anregende Umwelt, genügend Einkommen
Diskussion um Regulierung von Glücksspielen Prohibition – Totalverbot für alle Glücksspiele Partielle Prohibition – Erlaubnis für gewisse Glücksspiele Legalisierung / Regulation im Sinne eines Monopols – Verzicht auf übermäßige Spielanreize und Fokus auf SpielerInnenschutz Kontrollierte Marktöffnung – Lizenzverteilung nach dem Prinzip der Einnahmemaximierung Freie Marktwirtschaft = Laissez-faire-Ansatz Entfesselung des Marktes
Forderungen der • Maximierung des technischen Spielerschutzes: Lange Spieldauer, niedrige Einsätze, Spielpausen, etc. • Unabhängiger SpielerInnenschutz: Einheitliches, breit gestreutes und gut platziertes Maßnahmenpaket (Hotline, Website, Informationsmaterialen, Sperrmechanismen, etc.) - von der öffentlichen Hand finanziert. Die bestehenden MitarbeiterInnenschulungen der GlückspielanbieterInnen sind zu optimieren. (Durchführung von Seiten unabhängiger und qualifizierter Einrichtungen mit öffentlichem Auftrag). • Jugendschutz: Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen, frühzeitiger Beginn präventiver Maßnahmen.
Forderungen • Einstufung der Sportwetten als Glücksspiel: Alterskontrollen, Sperrmöglichkeit, Einsatzlimits • Information und Sensibilisierung der Bevölkerung: Aufklärungskampagnen Abstimmung mit regionalen Prävention- und Hilfsangeboten unter Einbindung der AkteurInnen vor Ort • Präventionsprojekte /-programme für unterschiedliche Zielgruppen: Integration der Glücksspielthematik in bestehende Präventionsmaßnahmen. • Andererseits müssen speziell für Kinder und Jugendliche und insbesondere für Zielgruppen mit speziellen Risikofaktoren entsprechende Präventionsprogramme entwickelt bzw. bereits evaluierte Programme für Österreich adaptiert werden. • Bereitstellung der Ressourcen in den Bundesländern
Was schützt vor Glücksspiel-Sucht? • Fördern Sie die Stärken ihrer Jugendlichen! • Zuhören: Wissen Sie Bescheid über die (aktuellen) Interessen Ihrer Jugendlichen? • Was sehen Ihre Jugendlichen bei Ihnen im Umgang mit Glücksspiel? • Förderung von kritischem Bewusstsein gegenüber Glücksspiel und Glücksspielwerbung • Kontrolle von Spielstätten: Einhaltung des Jugendschutzes, gültige Lizenzen
Tipps für Angehörige • Problematisches oder pathologisches Spielen („Spielsucht“) wird vom Betroffenen verheimlicht • Mögliche Kennzeichen, z. B.: ständige Geldnot, verliehenes Geld wird nicht zurückgezahlt, Spielen nimmt viel Zeit ein, Gereiztheit, Nervosität • Gespräch suchen, Fakten ansprechen, eigene Sorge ausdrücken, Anschuldigungen vermeiden • Unterstützung im Familien- oder Freundeskreis suchen • Beratungsstelle kontaktieren
Hilfsangebote bei Glücksspielsucht Ambulanz für Spielsucht Kepler Universitätsklinikum Neuromed Campus Wagner-Jauregg-Weg 15, 4020 Linz Tel.: 05 768087 - 39571 e-mail: spielsucht.wj@gespag.at www.promenteooe.at/spielsucht Spielsuchtberatung der Schuldnerhilfe OÖ Stockhofstraße 9, 4020 Linz Tel.: 0732/77 77 34 email: linz@schuldner-hilfe.at www.schuldner-hilfe.at
Hilfsangebote bei Glücksspielsucht Magistrat der Stadt Wels, Sozialpsychische Beratungsdienste / Spielsuchtberatung Quergasse 1, 34600 Wels Tel.: 07242/29585 e-mail: spb@wels.gv.at Betreuungszentrum Linz Einrichtung des Grünen Kreises Sandgasse 11, 4020 Linz Tel.: 0664/8111024 e-mail: claudia.neuhold@gruenerkreis.at www.gruenerkreis.at
Hilfsangebote Glücksspielsucht Bundesministerium für Finanzen – Stabsstelle Spielerschutz Hilfsangebote, Selbsttest, Fachtagung,… https://www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel- spielerschutz/gluecksspiel-spielerschutz.html
Verhaltenssüchte, Teil 2: Kaufsucht
Teil 2: Kaufsucht Definition Entstehung Daten und Fakten Prävention Hilfsangebote
Die Bedeutung von Konsum „Konsum und Einkaufen stellen heute oft die einzige problemlos zugängliche Möglichkeit dar, Gefühle von sozialer Wärme, Anerkennung, Wertsteigerung und persönlichem Erfolg zu erleben.“ (Kollmann/Kautsch, 2011)
KaufSUCHT ? • Kaufsucht: Sucht, Zwang oder Störung der Impulskontrolle? • „Verbindliche internationale Kriterien für pathologisches Kaufen bzw. Kaufsucht sind derzeit nicht verfügbar.“ (Mader/Musalek, 2012) • hohe Komorbiditäten (Depression, Suchterkrankung, Angststörung) • Kaufsucht als gesellschaftlich unauffällige Sucht Diskrepanz: Hohe Abhängigkeitszahlen, relativ wenig öffentliches Interesse.
Entstehung von Kaufsucht Konsum ist Abbild und Voraussetzung sozialer Teilhabe und nicht zuletzt deshalb stark symbolisch überhöht. Der „heimliche Lehrplan“ der Werbung und Medien erzieht dazu, sich etwas zu gönnen, durch Güter zu kompensieren und Probleme zu „lösen“. Kompensatorisches Kaufen hat eine wichtige Funktion, nämlich erlittene Verletzungen und Frustrationen des Alltags kurzfristig auszugleichen und Problemen des Alltags auszuweichen. (…) Ursache solchen ausweichenden Verhaltens ist u.a. ein geschwächter Selbstwert. Ein Risikofaktor hierfür ist z. B. die emotionale Vernachlässigung durch die Eltern. (Reisch, Neuner & Raab, 2004)
Problematisches Kaufverhalten Begriffe: Kaufsucht, zwanghaftes Kaufen, exzessives Kaufen, Kaufsuchtgefährdung, … Kennzeichen • Starke Beschäftigung mit dem Thema Einkaufen • Starker und ständiger Drang, Einkaufen zu gehen und Geld auszugeben • Verlust der Impulskontrolle über/während des Einkaufens • Prozess des Einkaufens ist wichtig, nicht die Produkte Konsequenzen • Überschuldung • Negative Gefühle (z. B. Scham, Reue) • Familien-/Beziehungsprobleme (Büttner, 2012 )
Interview mit einer Kaufsüchtigen
Geschlechtsstereotype Warenwahl Frauen bevorzugen: • Kleidung • Schmuck • Schuhe • Accessoires Männer: • Elektronikartikel • Sportartikel (Müller, de Zwann, Mitchell, 2008)
Der Hohenheimer Kaufsuchtindikator
Charakterisierung des Kaufverhaltens (Raab et al., 2005) unauffälliges kompensatorisches süchtiges Kaufverhalten Kaufverhalten Kaufverhalten setzt sich mit Problemen schiebt Probleme zeitweise nutzt Kaufen um sich vor lösungsorientiert vor sich her, löst sie aber Problemen des Alltags auseinander dann doch abzuschirmen Güterbedarfsorientierter Güterkauf hin und wieder nutzt Kaufen zur Kauf um sich zu belohnen oder Bestätigung des zur Entspannung Selbstwerts eher rationales und „kontrollierter“ temporärer nutzt Kaufen regelmäßig zur vernunftgesteuertes Kontrollverlust Stimulierung und Konsumverhalten Stimmungsaufhellung hinterfragt Kaufimpulse schätzt symbolische ist unruhig und gereizt beim Funktionen der Güter Versuch den starken Kaufimpuls zu unterdrücken kann Käufe aufschieben, betrachtet Shopping als häufiger Verlust der Kaufabsichten aufgeben attraktive Selbstkontrolle Freizeitbeschäftigung (Ausgabenkontrolle)
AK-Studie 2017 (Nina Tröger) • Ein Viertel der Bevölkerung ist mindestens kaufsuchtgefährdet. • 11 % der Bevölkerung sind kaufsüchtig, weitere 13 % weisen ein kompensatorisches Kaufverhalten auf. • Jede dritte Frau und jeder fünfte Mann weisen ein mindestens kompensatorisches Kaufverhalten auf. • Frauen sind doppelt so oft stark kaufsüchtig als Männer. (Messinstrument: Hohenheimer Kaufsuchtindikator)
AK-Studie 2017 (Nina Tröger) • Junge Menschen sind stärker kaufsuchtgefährdet (36 % der 14-29-Jährigen).
AK-Studie 2017 (Nina Tröger) • Starker Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Kaufsuchtgefährdung. • Ein Drittel der Personen mit niedrigem Bildungsabschluss weist Kaufsuchtgefährdung auf.
AK-Studie 2017 (Nina Tröger) • Geschlecht: Keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern hinsichtlich Häufigkeit der Internetbestellungen • Alter und Bildung: Jüngere Personen und Personen mit höherer Bildung bestellen häufiger im Internet. • Kaufsucht: Personen, die häufig im Internet kaufen, weisen auch auch eine höhere Kaufsuchtgefährdung auf
Kaufen als Stimmungsmanagement Büttner, 2012
Risikofaktoren von Kaufsucht • Kaufsuchtgefährdete Personen sind gekennzeichnet durch: • Hohen Materialismus und niedrigen Selbstwert • „Teufelskreis“ negativer Emotionen • Mehr „Kauffreude“ und weniger „Zahlungsschmerz“ (Unterschiede in der Gehirnaktivität) • Schlechtere Aufmerksamkeitskontrolle (Personen mit Tendenz zur Kaufsucht können ihr Kaufziel schlechter gegen ablenkende Reize abschirmen) (Büttner, 2012)
Präventive Möglichkeiten • Wissensvermittlung in sozialen und therapeutischen Berufsgruppen • Informationsarbeit speziell bei Jugendlichen, somit auch • Wissensvermittlung für Eltern, PädagogInnen • Zuwendung statt Konsumförderung • Öffentliche Diskussion über problematische „Wert“-Haltungen (Scholz, 2013)
Ansätze zur Prävention von Kaufsucht im Jugendalter – Selbstwertstabilisierung – Vermittlung aktiver Copingstrategien – „Geldwirtschaftserziehung“ erlernen von Selbstkontrolle in finanziellen Angelegenheiten • wöchentliches Taschengeld • keine „leistungslosen“ Zuschläge • Handyverträge oft Überforderung für Kinder und Jugendliche. – Passende Werthaltung der Eltern • Abwägung / Verschiebung von Käufen – Reflexion von Konsumverhalten und Medien, Werbung / Werbeversprechen, Gruppenzwang zu Markenprodukten, ...
Tipps zur Kaufsucht- und Schuldenprävention – Einnahmen und Ausgaben aufschreiben – Einkaufslisten erstellen – nicht ermüdet bzw. erschöpft einkaufen gehen (verminderte Selbstkontrolle) – mit Bargeld bezahlen – Preis eines Produktes in Arbeitszeit umrechnen – bei starken Problemen professionelle Hilfe aufsuchen
Hilfsangebote bei Kaufsucht Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin Kepler Universitätsklinikum Neuromed Campus Wagner-Jauregg-Weg 15, 4020 Linz 05 768087 – 29571 Schuldnerberatung Schuldnerberatung Spittelwiese 3, 4020 Linz 0732 775511 www.ooe.schuldnerberatung.at/ Schuldnerhilfe OÖ Stockhofstraße 9, 4020 Linz 0732 777734 www.schuldner-hilfe.at
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