Videographie in der Lehrer/innenbildung zur Entwicklung hermeneutischer Fallkompetenz - Qualitätsoffensive Lehrerbildung

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Fakultät Erziehungswissenschaften Institut für Berufspädagogik und Berufliche Didaktiken Professur für Gesundheit und Pflege/Berufliche Didaktik

                 Videographie in der Lehrer/innenbildung zur
                 Entwicklung hermeneutischer Fallkompetenz

                                      Prof‘in Dr. Roswitha Ertl-Schmuck

Praxisorientierung im Lehramtsstudium
Innovationen und Befunde der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Berlin, Workshop am 13. April 2018
AGENDA
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• Projektvorstellung

• Theoretischer Rahmen

• Videoausschnitt: Unterrichtseinstieg in das Thema
  Gesundheitsförderung

• Deutung in Kleingruppen

• Zusammenführung der Diskussion

• Vorstellung erster Ergebnisse aus dem Projekt
Professur für Gesundheit
und Pflege/Berufliche Didaktik
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  Zielgruppe:

  • Studierende im Höheren Lehramt und
  • Lehrende an berufsbildenden Schulen Fachrichtung
    Gesundheit und Pflege
Projektvorstellung
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Entwicklung und Erprobung eines hochschuldidaktischen
Konzepts zur Anbahnung hermeneutischer
Fallkompetenz
       den Einzelfall (Unterrichtsvideo) in seiner Logik
rekonstruieren und mit dem disziplinärem Wissen
verschränken

Forschungsfragen:
• Welchen Einfluss hat der Einsatz von Videovignetten
  auf die Entwicklung hermeneutischer Fallkompetenz?
• Welche Reflexionsprozesse lösen Videovignetten von
  realem Unterricht bei Studierenden aus?
• Welche domänespezifischen Antinomien werden
  erkennbar?
Theoretischer Rahmen
Strukturlogik professionellen Handelns (Oevermann
1996), von Helsper (2016) u.a. in die Lehrer/innenbildung
eingeführt.
Professionelles Handeln setzt
• spezifisches wissenschaftliches Wissen voraus, um
  Handlungsentscheidungen begründen zu können
• Wissenslogik und Falllogik werden reflexiv unter
  Berücksichtigung der je konkreten situativen
  Bedingungen miteinander verschränkt
• Prozess wird von Antinomien begleitet, die reflexiv zu
  handhaben sind
Theoretischer Rahmen

Berücksichtigung konstitutiver Antinomien des
Lehrer/innenhandelns: wie z.B.
      • Nähe versus Distanz
      • Organisation versus Interaktion
      • Autonomie versus Heteronomie (vgl. Helsper 1996:
        530 ff.)

                       Zielsetzung

  Sozialisation in eine wissenschaftlich-reflexive
                       Haltung
Daraus folgt
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• ein linearer Transfer von disziplinären Wissen zum pädagogischen
  Handeln in der Schulpraxis ist kaum möglich, die Formel des
  Theorie-Praxis-Transfers erweist sich als zu eng
• das Ausblenden der Differenz zwischen Wissen und Handeln eher
  zu einem technologischen Verständnis führt

 Wissenschaftliche Theorien                       pädagogische Schulpraxis

 Transformationsleistungen sind gebunden an den Lehrenden
    Lücke immer wieder neu zu erkunden und zu erschließen
Gefordert sind
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•   die Anerkennung des Spannungsverhältnisses zwischen Wissenschafts-
    und Schulpraxisorientierung, Irritationen als Bildungsanlässe nutzen
•   mit Antinomien umgehen lernen, bspw. eine Haltung zu Nähe und Distanz
    finden, diffuse und spezifische Anteile der Lehrer/innen-Schüler/innen-
    Beziehung ausbalancieren oder mit Autonomie und Heteronomie umgehen
    lernen
•   die Rekonstruktion von komplexen Unterrichtssituationen mit Rückgriff auf
    spezifisches disziplinäres Wissen (u.a. Helsper, Oevermann 1996);
    Strukturlogik professionellen Handelns erfordert die Sozialisation in einen
    wissenschaftlich-reflexiven Habitus, um für eine reflexive Berufspraxis
    vorzubereiten
•   Wissenschaftliches Wissen bildet einen Resonanzboden für die Ausdeutung
    von Unterrichtssituationen und mit subjektiven Theorien reflexiv umgehen
    zu können

            Wie kann dieser Anspruch in der ersten Phase der
                 Lehrer/innenbildung eingelöst werden?
Hochschuldidaktische Implikationen
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• Entwicklung hermeneutischer Fallkompetenz
            über den Einsatz von Fremdvideos und des
            Reflexionsinstruments Portfolio

• Schulpraxis wird über authentische Fälle in die Universität geholt;
  Arbeit an authentischen Fällen (Fremdfälle)
Ziele, die wir mit dem Einsatz von realen
Unterrichtsvideos verfolgen

• Reflexion über die Komplexität unterrichtlicher Prozesse
• Bewusstwerden des Unplanbaren in Lehr-Lernsituationen
• Erweiterung der Subjektiven Theorien
• Förderung von Flexibilität im Nachdenken über
  alternative Handlungsmöglichkeiten
• Ausdeutung von Lehr-Lernprozessen im Kontext genuiner
  pflegedidaktischer Zugänge
• Aufbau eines/einer gemeinsamen berufsdidaktischen
  Wissens/Sprache
• Bild- und Tonaufnahmen von sechs Lehr-
             Lernsituationen, Umfang 22 Unterrichtsstunden
           • Erstellung von sieben Videovignetten zu drei Lehr-
Produktion
             Lernsituationen (U‘einstieg, POL und Lernlabor)
           • Stimulated Recall zu vier Lehr-Lernsituationen
            (videographierte Lehrende)

          • hochschuldidaktische Konzeption: Einsatz der
            Videovignetten vom 3.-9. Semester
          • Zusammenführung mit dem bereits vorhandenen
Erprobung   Portfoliokonzept
          • Bisher: Erprobung der Videovignetten in drei Matrikeln

           • zurzeit Auswertung der über Tonband aufgenommenen
             Gruppendiskussionen der Studierenden (Offenes
             Codieren/Grounded Theory)
Evaluation
           • Weiterentwicklung des Konzepts zur Begleitforschung
Aktiver Teil des Workshops

Zeigen einer Videosequenz
Unterrichtseinstieg zum Thema: Gesundheitsförderung
ca. 8 Minuten
Aufgabenstellung für die Kleingruppen
(erhalten auch das Transkript zum Video)

1. Bitte entwickeln Sie Ihre Lesart für die Sequenz.
2. Was überrascht Sie, was irritiert Sie?

Diskussion im Plenum:
Können Videos zur Entwicklung hermeneutischer Fallkompetenz
anregen?
Erste
    Evaluationsergebnisse
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 die Studierenden verbalisieren ihre Subjektiven Theorien
  über Unterricht
 Reflexion über die Komplexität unterrichtlicher Prozesse wird
  möglich
 Praxisbezüge können gut hergestellt werden
 Studierende unterstellen den Lehrenden eine hohe
  Steuerungsmacht, beeinflussende Bedingungen auf der
  Mesoebene werden kaum wahrgenommen.
Herausforderungen:
 Unterrichtsvideos haben einen illustrativen Charakter, dieser
  kann die offene Ausdeutung verstellen
 Antinomien werden von den Studierenden nur selten
  thematisiert
 auf pflegedidaktische Wissensbestände wird teilweise
  Rückgriff genommen.
Antinomien in der
Pflegeausbildung
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Beispiele aus den Unterrichtsvideos:

• Das Pflegehandeln auf Gesundheitsförderung
  ausrichten, beim Wissen um die Gesundheitsgefahren
  des Berufs.
 Den zu Pflegenden in seiner Individualität Raum
  geben, während er/sie gleichzeitig im Lehr-
  Lernprozess zum Lerngegenstand wird.
• Die Simulation optimaler Pflegesituationen, beim
  Wissen um die tatsächlichen Arbeitsbedingungen.
• Die Selbststeuerung der Lernenden zu ermöglichen
  und gleichzeitig hinreichend die Fallbearbeitung zu
  gewährleisten (Sachantinomie).
Kontakt
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                                      Prof‘in Dr. Roswitha Ertl-Schmuck
                                      roswitha.ertl-schmuck@tu-dresden.de

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Homepage:
https://tu-dresden.de/zlsb/tud-sylber/test/teilprojekt-3/tud-sylber-
einzelvorhaben-3-3-unterrichtsvideos-zur-entwicklung-hermeneutischer-
fallkompetenz-in-der-lehrerbildung
Literatur
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     Altmeppen, Sandra (2018): Fallarbeit in der Lehrer/innenbildung – Anbahnung hermeneutischer
      Fallkompetenz mittels authentischer Unterrichtsvideos. In: Ertl-Schmuck, Roswitha, Hänel, Jonas:
      Passagen pflegedidaktischer Arbeit an der Schnittstelle von Hochschule und Schulpraxis. Weinheim
      und Basel: BeltzJuventa, S. 149-165
     Combe, Arno; Kolbe, Fritz-Ulrich (2008): Lehrerprofessionalität: Wissen, Können, Handeln. In:
      Helsper, Werner; Böhme, Jeanette (Hg.): Handbuch der Schulforschung. 2. Auflage. Wiesbaden:
      Springer VS. S. 877-901
     Ertl-Schmuck, Roswitha; Altmeppen, Sandra (2018): Wie kann hermeneutische Fallkompetenz
      gelingen? Portfolioarbeit in der Lehrer/innenbildung für Gesundheit und Pflege. In: PADUA
     Helsper, Werner (2016): Antinomien und Paradoxien im professionellen Handeln. In: Dick, Michael;
      Marotzki, Winfried; Mieg, Harald A. (Hg.): Handbuch Professionsentwicklung. Bad Heilbrunn:
      Verlag Julius Klinkhardt. S. 50-62
     Hericks, Uwe (2006): Professionalisierung als Entwicklungsaufgabe. Rekonstruktion zur
      Berufseingangsphase von Lehrerinnen und Lehrern. Wiesbaden: Springer VS

     Oevermann, Ulrich (1996): Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten
      Handelns. In: Combe, Arno/Helsper, Werner (Hg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen
      zum Typus pädagogischen Handelns. Frankfurt/Main: 70-182
     Schütze, Fritz (2000): Schwierigkeiten bei der Arbeit und Paradoxien des professionellen Handelns.
      Ein grundlagentheoretischer Aufriss. In: ZBBS, H. 1/2000: 49-96
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