Alltagsökonomie: Bedeutung für Krisensicherheit und Fundament eines gerechten und nachhaltigen Umbaus
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https://foundationaleconomy.com/ Alltagsökonomie: Bedeutung für Krisensicherheit und Fundament eines gerechten und nachhaltigen Umbaus Dialog Forum 2021 - 3V für Österreichs Zukunft AK Niederösterreich, St. Pölten, 25.02.2021
Übersicht I. Schwächen einer marktfundamentalen Ordnung II. Alltagsökonomie: ein grundlegend anderer Blick auf Wirtschaft III. Hebel für einen gerechten und nachhaltigen Umbau
1 Die Schwächen einer marktfundamentalen Ordnung COVID-19 als Stress-Test für Versorgungssicherheit • Krisenanfällige Wertschöpfungsketten: Das Beispiel Schutzausrüstung und medizinische Geräte • Neoliberal inspirierte „Reformen“ des Gesundheitswesens • Einseitig ausgerichtetes Patentsystem behindert wirksame Pandemiebekämpfung
1 Die Schwächen einer marktfundamentalen Ordnung Erosionsprozesse schon vor COVID-19 sichtbar • Privatisierungspolitiken: Von der Euphorie in die Krise • Zunehmende Konflikte in der EU-Handelsagenda • Schutz Kritischer Industrien & Infrastrukturen durch europäische und nationale Investitionskontrollen Die sichtbare Rückkehr des Staates und das Ende des Marktliberalismus „as we know it“ “We are going to do it, we are going to do it together. One thing I think the coronavirus crisis has already proved is that there really is such a thing as society.” Boris Johnson, März 2020
2 Alltagsökonomie: ein grundlegend anderer Blick auf Wirtschaft Ökonomie des Alltagslebens „Wir müssen die Ökonomie wieder als etwas begreifen, das zuallererst dem guten Leben der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet ist.“ (FEC 2019) • Wirtschaften als die Organisation der Lebensgrundlagen (Polanyi 1978; Knobloch 2019) • Ein zonales Konzept von Wirtschaft in Anlehnung an Fernand Braudel (1985) • Verschiedene Wirtschaftsbereiche mit eigenen Logiken und Prinzipien vs. die eine Marktwirtschaft • Ein kollektives Projekt mit transdisziplinärem Verständnis und dem Anspruch, den Rahmen neu zu setzten
2 … zu den Fundamenten von Wirtschaft und Gesellschaft Die Ökonomie des Alltagslebens ist • Binnenwirtschaft • Territorial verankert in Netzwerk-/Filialsystemen • Weitgehend geschützt vor internationalem Wettbewerb • Stark öffentlich geprägt Materielle Grundversorgung Soziale Daseinsvorsorge Wasser, Strom, Mobilität, Gesundheit, Bildung, Banken, Lebensmittel Pflege
2 … zu den Fundamenten von Wirtschaft und Gesellschaft Die Ökonomie des Alltagslebens ist • Binnenwirtschaft • Territorial verankert in Netzwerk-/Filialsystemen • Weitgehend geschützt vor internationalem Wettbewerb • Stark öffentlich geprägt Humaner Selbstzweck Mittel zum Zweck • Grundlage für das • Rückgrat einer effizienten „Gute Leben für alle“ Volkswirtschaft Materielle Grundversorgung Soziale Daseinsvorsorge Wasser, Strom, Mobilität, Gesundheit, Bildung, Banken, Lebensmittel Pflege
2 Vereinfachte Darstellung von Wirtschaftsbereichen Wirtschaftsbereiche unbezahlt Monetär erfasst in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Alltagsökonomie Export- Grundversorgungs- unbezahlter Sektor – erweiterte orientierte Renten- ökonomie private Haushalte Nahver- Markt- ökonomie Grundlegende Daseinsvorsorge sorgung ökonomie Nahversorgung Beispiele Gesundheits- Gastronomie, Autozuliefer- Aktien-/ unbezahlte Pflege versorgung, Lebensmittel Immobilien- Frisiersalon industrie von Angehörigen Energie markt Zukunftsfähige Politikmaßnahmen Aufwertung Ausbau Ausbau Ausbau Umbau Rückbau Quelle: Krisch et al. 2020
2 Grundversorgungsökonomie in der VGR Brutto-Wertschöpfung in Österreich nach Wirtschaftsbereichen (1995-2018) Quelle: Eurostat 2020 • Grundversorgungsökonomie ist bedeutender Teil der Bruttowertschöpfung (43%) • Verteilung nach Wertschöpfungs-Komponenten zeigt bedeutenden Beschäftigungsanteil bei niedrigen Netto-Überschüssen
2 Grundversorgungsökonomie in der VGR Brutto-Anlageinvestitionen in Österreich nach Wirtschaftsbereichen (2018) Quelle: Eurostat 2020 • 31% der Investitionen entfallen auf Grundversorgungsökonomie – „Gebaute Umwelt“ der Daseinsvorsorge • Umkämpft, was als „Investition“ gilt Revision ESVG 2010: militärische Waffensysteme vs. sozial investive Ausgaben (Social Investment) „Investing in Death vs. Investing in Life“ (Diane Elson)
2 Erwerbstätige in Österreich nach Wirtschaftsbereichen Erwerbstätige in Österreich nach Wirtschaftsbereichen und Geschlecht (2017) Beschäftigungspolitisches Gewicht • Grundversorgungsökonomie: ca. 1,9 Mio. Erwerbstätige (44% der Gesamtwirtschaft) • Mit erweiterter Nahversorgung: ca. 2,8 Mio. Erwerbstätige (65% der Gesamtwirtschaft) • Weniger Personen in materieller Grundversorgungsökonomie (18%) als in sozialer Daseinsvorsorge (26%) beschäftigt Quelle: Statistik Austria 2017 Geschlechterverhältnis spiegelt gesellschaftlich verbreitete Aufgabenteilung wider • Materielle GÖ mit Branchen aus dem technischen Infrastrukturbereich: 59% Männer • Soziale DV mit überwiegend sozialen Infrastrukturbranchen: 63% Frauen • Restliche wirtschaftliche Aktivitäten vorrangig global orientiert: 60% Männer
2 Regionale Bedeutung der Grundversorgungsökonomie GVÖ in wirtschaftlich schwächeren Bundesländern wichtiger • Burgenland mehr als 50% der Erwerbstätigen in Grundversorgungsökonomie beschäftigt • Sonderfall Wien: geringster Anteil in der materiellen GÖ (13%); höchster Anteil in sozialer DV (30 %) Regionale Bedeutung der Regionale Bedeutung der Grundversorgungsökonomie nach Bundesländern (2017) Grundversorgungsökonomie nach NUTS-3 in NÖ (2017) 60% 60% 50% 50% 40% 40% 30% 30% 20% 20% 10% 10% 0% 0% Anteil materielle GÖ Anteil soziale DV Anteil Materielle GÖ Anteil soziale DV Quelle: Statistik Austria 2017 Quelle: Statistik Austria 2017 Bedeutende räumliche Unterschiede innerhalb der Bundesländer • Fast 60% der Erwerbtätigen im Weinviertel in der Grundversorgungsökonomie vs. knapp 40% im Wiener Umland Süd
3 Hebel für einen gerechten und nachhaltigen Umbau Stärkung der Alltagsökonomie kann Vielfachkrisen adressieren • Ökologische Krise: Sozial-Ökologische Infrastrukturen für universalisierbare Alltäglichkeit • Soziale Ungleichheit: Öffentliche Bereitstellung als leistbare Alternative Beispiel Wohnraumversorgung • Gesellschaftliche Polarisierung: Bibliotheken und Parks als Gemeingüter des Zusammenlebens - „Paläste für die Menschen“ (Eric Klinenberg) • Territorialer Spaltung: Stärkung der Alltagsökonomie als Antwort auf die „Rache der abgehängten Regionen“ (Rodríguez-Pose)
3 Handlungsfelder für eine gestärkte Ökonomie des Alltagslebens 10-Punkte Programm des Foundational Economy Collective (März 2020) • Sektorale Interventionen: von Gesundheit/Pflege über Lebensmittel-, Energie- und Wohnraumversorgung • Restrukturierung von Lieferketten und die Rolle öffentlicher Beschaffung • Öffentliche Verwaltungen stärken • Verantwortung für Grundversorgung jenseits der eigenen Grenzen
3 Vor-Ort-Bündnisse und lokale Transformationspläne Breite Allianzen für den Wandel • Kommunale Selbstverwaltung als Ansatzpunkt für einen „unternehmerischen Munizipalismus“ • Bestehende institutionelle Lösungen (z.B. Stadtwerke) weiterentwickeln und neu finden • Gesellschaftliche Betriebslizenzen • Experimentelle Politik, die die politische und ökonomische Teilhabe der BürgerInnen stärkt
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