Visionen für Berlin - Bionisches Kanalsystem lässt Wohnhochhaus leben
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Bauen Städtischer Kontext: Vorn am Reichpietschufer das Modell des Hochhauses, vorgestellt von Wolfgang Keuthage. Hinten der Potsdamer Platz. Serie: HochhinausWelten (4) Visionen für Berlin — Bionisches Kanalsystem lässt Wohnhochhaus leben Wie in allen großen Metropolen in Deutschland wird auch in Berlin über neue Hochhaus-Pläne diskutiert. Das Architekturbüro HKA – Hastrich Keuthage Architekten sorgt jetzt mit einem Bebauungskonzept für ein 37-stöckiges Wohnhochhaus in unmittelbarer Nachbarschaft zum Potsdamer Platz für großes Aufsehen. Von Heiko Senebald Das Konzept mit dem Namen „Hohes Woh- haus wie ein Dreieck verbunden und so Keuthage hat sich bereits mit architek- nen am Reichpietschufer“ ist schlüssig, die bis zum Reichpietschufer erweitert. Der tonisch bemerkenswerten Berliner Ge- Vision gar nicht weit entfernt. Ohne die Potsdamer Platz würde mit seinen Tor- bäuden wie der Galerie Lafayette in der Entscheidung durch den Senat vorweg- häusern von Helmut Jahn, Renzo Piano Friedrichstraße von Jean Nouvel und dem nehmen zu wollen gehen die Entwurfsver- und Hans Kollhoff im Osten und dem Velodrom an der Landsberger Allee von fasser davon aus, dass es sich anbietet, Eckturm von Renzo Piano im Süden, Dominique Perrault als Projektleiter ein- das Grundstück in den Hochhausentwick- durch diesen neuen Eckturm in Verlän- gebracht. Die Partner haben Architektur lungsplan die Stadt Berlin aufzunehmen. gerung der Staatsbibliothek im Westen von der Pieke auf gelernt. Der Münsteraner Dann könnte bereits 2020 Baubeginn sein. gefasst — das „magische“ Dreieck würde Architekt arbeitet seit 2006 in der Partner- sozusagen geschlossen. Das Gute: Am schaft mit Gunther Hastrich als HKA-Ar- Der Ideengeber Wolfgang Keuthage vom Potsdamer Platz ist schon ein Mix aus chitekten. Auch die internationale Erfah- Architektenbüro HKA ist überzeugt: Aus Büroflächen und Wohnungen geplant rung mit Studium in Stuttgart, Berlin und städtebaulicher Sicht ist das Konzept klar und gebaut. Zusätzliche Wohnungen am Kapstadt sowie Projekten in Deutschland, durchdacht und sinnvoll. „Wir haben den Übergang zu den Wohnungsquartieren China, Nordkorea und Südkorea ist um- Potsdamer Platz gewählt, da an der ge- in Schöneberg passen da also gut ins fangreich. Das Büro HKA-Architekten steht wählten Stelle tatsächlich ein Hochhaus Konzept. „Das Wohnhochhaus würde der heute für moderne, zeitlose und innova- fehlt, um das Gesamtkonzept Potsdamer Durchmischung am Potsdamer Platz und tive Qualitäts-Architektur, die durch eine Platz und Kulturforum abzurunden“, sagt dem ganzen Quartier gut tun,“ so der Ar- besondere Liebe zum Detail auffällt. Die Keuthage. Beides würde durch das Hoch- chitekt. aktuellen Projekte im Wohnungsbau he- 30 AIZ 6|2018
Foto: HKA-Architekten Wolfgang Keuthage in seinem Büro in der Oranienburger Straße in Berlin. ben sich angenehm vom oft üblichen Bau- nungsstätten, Gemeinschaftsräume und feckigen Flächen sind von Stockwerk zu trägerstil ab und so erweist sich das Büro ein Café im Erdgeschoss. Stockwerk verschoben. Die Faltung wird Hastrich Keuthage Architekten mit belast- durch die Brüstungen mit ihrer veränderli- baren und stadtbewährten Referenzen für Aufgrund der zentralen Lage, der Größe chen Höhe in der Perspektive noch optisch die Aufgabe bestens qualifiziert. der Wohnungen, deren flexibler Aufteilung verstärkt. Wo die massive Brüstung weni- und der angebotenen Ausstattung könnte ger hoch ist, wird sie durch transparente Das neue Hochhaus ist mit 37 Stockwerken, es insbesondere auch für alteingesesse- Brüstungsteile ergänzt. „Durch ein tech- 120 Metern Höhe und mit etwa 220 Woh- ne Berliner eine interessante Wohnim- nisch einfaches Verlagern der auskragen- nungen geplant. Vorgesehen sind überwie- mobilie sein. Alleine durch die Anzahl an den Flächen entsteht eine ansprechende gend neun Wohnungen je Etage. Zusam- Wohneinheiten auf einer relativ kleinen Strukturierung, die das Hochhaus markant men mit einer Bruttogeschossfläche von Grundstücksfläche würde dieses Hoch- macht“, sagt der Architekt. Außerdem wer- ca. 1.000 Quadratmetern je Etage sind die haus bei Realisierung zur Entspannung auf den alle Wohnungen durch diesen struktu- Voraussetzungen für ein wirtschaftliches dem Berliner Wohnungsmarkt beitragen. rierenden Effekt extrem gut belichtet. Alle Hochhaus zum Wohnen gegeben. Damit Umzüge in diese attraktive neue Lage un- haben Balkone und bodentiefe Fenster, haben die Wohnungen eine Größe, die der- terstützten das, da so andere Wohnungen die beste Ausblicke eröffnen. „Natürlich zeit stark nachgefragt ist. Die Erschließung frei würden. haben wir den Entwurf selbst auf den Ort auf der Etage erlaubt bei Bedarf auch ei- bezogen. Das Grundstück führte in der Ent- nen anderen Wohnungsschlüssel. Zimmer Die Erschließung würde über das Reich- wurfsphase schnell zu einem Vieleck, Soli- in den Wohnungen können individuell an- pietschufer erfolgen. Über die Anlieger- tär, am Ende war es das Fünfeck. Und das geordnet werden. So entstehen Zwei- bis straße entlang des Piano-Sees, der zwi- half uns dann bei der Entwicklung der Fas- Fünf-Zimmer-Wohnungen. Die Ausstattung schen dem alten und dem neuen Eckturm sade. Wie bei einigen unserer vorherigen der Wohnungen entspricht bewusst einem liegt, gibt es eine direkte Verbindung zum Projekte ist es der Einsatz flacher Winkel, durchschnittlichen Standard. So gibt es Zentrum des Potsdamer Platzes. „Dieser die den Entwurf markant macht. Den Um- Parkettboden, eine Fußbodenheizung, ge- Weg würde für Fußgänger und Besucher gang mit diesem Gestaltungs- und Konst- spachtelte Wände und bodentiefe Fenster. der benachbarten Nationalgalerie bedeu- ruktionselement haben wir bei zahlreichen Die Küchen sind vorzugweise in den Wohn- tend angenehmer sein, als entlang der Projekten entwickelt“, erklärt Keuthage. raum integriert. In den vier untersten Eta- Potsdamer Straße mit ihrem dröhnenden gen befinden sich Gemeinschaftseinrich- hohen Verkaufsaufkommen“, so Keuthage. Neben den städtebaulichen und archi- tungen, die von den Bewohnern und der tektonischen Aspekten spielt das Thema Nachbarschaft genutzt werden können. Das Besondere an dem Wohnhochhaus Nachhaltigkeit für den Architekten eine Dazu gehören Konferenzräume, Begeg- ist seine eigenwillige Architektur. Die fün- große Rolle. „Ein Hochhaus hat eine rela- AIZ 6|2018 31
tiv kleine Hüllfläche. Gleichzeitig ist es selbst im Winter gut besonnt. Beides zu- sammen sind gute Voraussetzungen, um energieeffizient zu sein. Auch unter dem Aspekt der Flächenökonomie gehören sie zu den nachhaltigsten Gebäudearten, da mit minimalem Grundflächenbedarf ein Maximum an Wohnraum geschaffen wird“, sagt Keuthage. Das Architektenbüro HKA hat Kontakt mit dem Frauenhofer Institut für Solare Energiesysteme aufgenommen. Die Ber- liner Architekten haben in Abstimmung mit den Forschern vom Frauenhofer Ins- titut die Anwendung von durchströmba- ren Bauteilen aus Ultrahochleistungsbe- ton geplant. Diese wurden ursprünglich im Rahmen des Forschungsprojektes Tabsolar II entwickelt. „Dabei handelt es sich um ein bionisches Kanalsys- tem, dass sich der Geometrie der Bal- konbrüstungen anpasst und sich wie Adern auf diesen deutlich abzeichnet. Die Durchströmung und damit auch die Energiegewinnung wird sichtbar, zum visuellen Element. Jeder kann quasi spüren, wie das Hochhaus lebt“, erklärt Keuthage. Mit diesem System und einer exponierten Lage zur Sonne, sei es aus Architektur, die auffällt. Faltung Die HKA-Architekten Sicht des Architekten denkbar, dass das und Winkel sind Markenzeichen von Wohnhochhaus den Status als Passi- Wolfgang Keuthage. Das Büro HKA-Architekten ist ein Architekturbüro vhaus erreicht. Ob das so ist, wird zur mit dem Schwerpunkt Wohnungsbau, Sportbau- Zeit geprüft. ten und Gewerbebau. Das Büro arbeitet auch international. Sitz des Büros ist Berlin-Mitte. Wichtige realisierte Projekte des Büros sind: • BOUCHÉGÄRTEN, 276 Wohnungen, 2 Gewer- Mit diesem ambitionierten Bebauungs- beeinheiten, Berlin Alt-Treptow konzept mischen sich die Architekten • POLYGONGARDEN, 132 Wohnungen, 8 Gewer- bewusst in die Hochhausdiskussionen in beeinheiten , Berlin- Friedrichshain der Hauptstadt ein. Der Berliner Senat • ENGELDAMM 60, 53 Wohnungen, 2 Gewerbe- hat sich selbst zur Aufgabe gemacht, neue einheiten, Berlin-Mitte Standorte für mögliche Hochhausprojekte • DEUTSCHE BOTSCHAFT, Pyongyang, Nordko- zu benennen. „Wir wollen uns aktiv daran rea, Sanierung beteiligen und sinnvolle Vorschläge un- • OLYMPISCHES VELODROM für Peking 2008, terbreiten“, sagt Keuthage. Kooperation mit Büro Schürmann • BUSHOF mit Verwaltung, Werkstatt, Restau- Sein Bebauungskonzept zumindest stößt rant und Bushalle, Berlin- Friedrichshain jetzt schon auf positive Resonanz. „Nach einer ersten Veröffentlichung im Berliner Kontakt: HKA-Architekten Tagesspiegel melden sich viel Leser, sind Oranienburger Strasse 17 begeistert vom Standort, sprechen von 10178 Berlin innovativer Gestaltung und würden eine Tel +49 30 40041958 zügige Umsetzung begrüßen. Das ist zum Fax +49 30 40041957 Das bionische Kanalsystem jetzigen Zeitpunkt natürlich eher als An- mail@hka-architekten.de dient der Energiegewinnung. erkennung für die Projektidee und die www.hka-architekten.de Foto: Frauenhofer Institut für Architektur zu verstehen. Es freut einen Solare Energiesysteme aber dennoch“, so der Architekt. AIZ 6|2018 33
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