RAUM RENAISSANCE .LADENBAU - FORMORAL FLAGSHIPSTORE, CHINA ÜBERZEUGENDE RAUMKONZEPTE - ANDREA ESCHBACH

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RAUM RENAISSANCE .LADENBAU - FORMORAL FLAGSHIPSTORE, CHINA ÜBERZEUGENDE RAUMKONZEPTE - ANDREA ESCHBACH
Juli/August 2021

                                                     Raum Renaissance
                                                                       .Ladenbau
                                                               Formoral Flagshipstore, China
                                                               Überzeugende Raumkonzepte

                                                                                 .Licht
                                                                Sonderleuchte versus Serie
                                                                Museo dell´ Ara Pacis, Italien

                                                                             .Bildung
                                                                Stefan Rappold im Gespräch
                                                                      Möbel für Lernräume
D 19,40 EUR | EURO countries 20,60 EUR | 31,60 CHF
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.BILDUNG PROJEKT

                                      BILDUNGSLANDSCHAFT ALTSTADT NORD IN KÖLN

                                CLUSTER
                                SYSTEM
                      Einheit in der Vielfalt: Das Kölner Architekturbüro Gernot Schulz setzt mit den
                    Neubauten für die Bildungslandschaft Altstadt Nord (innen-)architektonische und
                    städtebauliche Maßstäbe. Hier greift das Prinzip „der Raum als dritter Pädagoge“.

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RAUM RENAISSANCE .LADENBAU - FORMORAL FLAGSHIPSTORE, CHINA ÜBERZEUGENDE RAUMKONZEPTE - ANDREA ESCHBACH
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                                      und um den Kölner Klingel-               Autorin
                                      pützpark sind acht Bildungs-         Andrea Eschbach
                                      einrichtungen entstanden: Fünf            Fotos
                               Schulen mit einem Studienhaus und           Stefan Schilling

                               einer Mensa, zwei Jugendeinrich-
                               tungen und eine Kindertagesstätte
                               haben sich hier zu einem Bildungsver-
                               bund zusammengeschlossen. Die
                               Bildungslandschaft Altstadt Nord
                               (BAN) in der rheinischen Metropole ist
                               ein Pilotprojekt für ein pädagogisches
                               Reformkonzept. Dahinter stehen die
                               Montag-Stiftung Jugend und Gesell-
                               schaft und das Amt für Schulent-
                               wicklung der Stadt Köln. In
                               gemeinsamer Anstrengung soll ein
                               stadtweit erreichbares, lokal orien-
                               tiertes Bildungsangebot für Lernende
                               aller Begabungen geschaffen und so
                               langfristig auf die Verbesserung der
                               Bildungschancen im Viertel und darü-
                               ber hinaus hingewirkt werden.
                               Nun, nach 14 Jahren Planungs- und
                               Bauzeit ist das ambitionierte Projekt
                               im nördlichen Teil der Kölner Altstadt
                               fertiggestellt. 2006 beschloss der Rat
                               der Stadt Köln mit Unterstützung der
                               Montag-Stiftungen das in Nordrhein-
                               Westfalen einmalige Modellprojekt
                               eines Bildungsverbunds aus benach-
                               barten Institutionen.

                               MODELLPROJEKT
                               2013 konnte das Architekturbüro
                               Gernot Schulz gemeinsam mit dem
                               Berliner Landschaftsarchitekturbüro
                               Topotek 1 den Architekturwettbe-
                               werb für sich entscheiden. Die Grund-
                               gedanken des Gewinnerentwurfs sind
                               so rasch umrissen wie bemerkens-
                               wert: Fünfeckige Gebäudeformen zur
                               Schaffung einer lebendigen Lern-
                               landschaft, ein zentrales und von allen
                               Seiten    begehbares      Studienhaus,
                               fließende Übergänge zum Park durch
                               abgestufte Bauhöhen sowie eine
                               dynamische Raumnutzung           durch
                               Entfall der Flure zugunsten von so-             Architekt
                                                                             Gernot Schulz
                               genannten Lernorten.
                                                                          startete mit einem
                               Kurzum: Es entstand ein Ensemble           eigenen Büro 1994.
                               mit hohem Innovationswert für das           Seitdem liegt der
Porträt: Studio Lichtschacht

                               Bildungssystem.                            Fokus auf Bildungs-
                               Das Modellprojekt entwickelte sich          und Kulturbauten.
                                                                           2001 gründete er
                               Schritt für Schritt im Dialog und im
                                                                            das Büro Gernot
                               Ringen mit allen Beteiligten – den         Schulz : Architektur
                               Bildungs- und Jugendeinrichtungen,             mit heute 25
                               der Stadt, den Anwohnern, den Archi-          Beschäftigten,

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.BILDUNG PROJEKT

                        tekten und der Stiftung. „Es galt, die          „Damit lassen sich unterschiedliche     Kindergartens mit hellen Farben
                        Idee der pädagogischen Architektur in           Raumanforderungen sehr gut darstel-     gekennzeichnet, die nicht nur Orien-
                        einem Campus umzusetzen“, erklärt               len“, sagt Burhenne de Cayres.          tierung, sondern auch Identität geben.
                        Projektleiterin Raphaella Burhenne de           Dabei folgt die innere Struktur der     Jede Raumeinheit verfügt über
                        Cayres. Darin klingt an, dass Archi-            Häuser dem partizipativ mit Päda-       Aufbewahrungsschränke, Garderoben
                        tektur und Städtebau neben den                  gogen entwickelten architektonischen    und Sitzecken in starkfarbigen
                        gestalterischen auch hohe inhaltliche           Konzept. Fast alle Gruppen- und Klas-   Fassungen, die von Blau über Hell-
                        Anforderungen erfüllen müssen. Der              senräume sind trotz der fünfeckigen     grün, Orange bis Brombeere reichen.
                        Raum als dritter Pädagoge gewisser-             Wabenstruktur der architektonischen     Die Öffnungen der Gebäude rahmen
                        maßen. Statt klassischem Frontalun-             Hülle als orthogonale Räume oder        gezielt Szenen des Lebens draußen.
                        terricht herrschen partnerschaftliche           Raumfolgen konzipiert. Da sie nahezu    Gleichzeitig lassen sie Einblicke von
                        Lernformen vor. Wichtig ist koopera-            immer an zwei Außenwände stoßen,        außen in das Gebäude zu, und vermit-
                        tives Arbeiten, über allem steht der            verändert sich zumeist ihre Raum-       teln damit absichtsvoll Eindrücke vom
                        Gedanke der Inklusion.                          form in ein unregelmäßiges Trapez.      Leben im Inneren.
                                                                        Hierdurch entstehen variantenreiche     Dieses Konzept trifft auch auf die
                        FÜNFECK ALS IDEALE FORM                         Raumbildungen und komplexe Figu-        „Lernorte“ im Erweiterungsbau der
                        Ein starres Architekturkonzept wurde            ren, die sich als unregelmäßige Viel-   Grundschule und der Realschule zu,
                        verworfen. Stattdessen experimen-               ecke im Grundriss abbilden.             die der klassenübergreifend in Clus-
                        tierten die Architekten mit mehreren            Die Zugehörigkeit unterschiedlicher     tern stattfindende Reformunterricht
                        geometrischen Figuren, bis sie sich für         Räume zum selben Spiel- oder Lern-      erfordert. Die Einheiten für die einzel-
                        das Pentagon als ideale Form für das            cluster wird durch farbige Flächen      nen Jahrgangsstufen sorgen für zeit-
                        offene Cluster-System entschieden.              geklärt. So sind die vier Gruppen des   gemäßes Lernen in wechselnden

Ein- und Ausblicke: Die Öffnungen der Gebäude rahmen gezielt die Umgebung.
So blickt man vom Fachraum Kunst in der obersten Etage der Realschule auf die Kirche St. Gereon.

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Alle Einrichtungen der BAN nutzen gemeinsam die Bibliothek und das
Selbstlernzentrum des Studienhauses. Es ist von allen Seiten begehbar.

Clustermitte einer Jahrgangsstufe in der Realschule: Zur Identitätsstiftung trägt auch das Farbkonzept bei. Jede Etage ist anders gestaltet.
Die Raumeinheit verfügt über identisch colorierte Schränke und Garderoben.

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.BILDUNG PROJEKT

     Im Fokus           Unterrichtsformen und -methoden.          Die BAN soll keine Insellage in der                                          te Außenräume, die Realschule
Die Kernidee für die    Der Unterricht kann und soll variiert     Stadt bilden, sondern ein Teil von ihr                                       benutzt den Park als Schulhof mit.
Bildungslandschaft      werden. Diese Flexibilität spiegeln       sein. So setzten die Architekten die                                         Werden Pädagogik, (Innen-)Archi-
  Altstadt Nord in
                        gleichfalls die Räume wider. „Der         einzelnen schulischen Institutionen an                                       tektur, Landschafts- und Stadtpla-
 Köln ist, an einem
 zentralen Ort eine
                        Cluster steht auch für Heimat“, erklärt   die Ränder, das öffentliche Studien-                                         nung zusammengedacht, können
    vollständige        die Architektin. „Das große System        haus dagegen wurde in der Mitte der                                          Lernorte von besonderer Qualität ent-
 Bildungskette für      Schule teilt sich in kleine, autarke      Bildungslandschaft platziert.                                                stehen. Dass dieses Zusammenspiel in
alle Altersgruppen      Einheiten auf.“ Zur Identitätsstiftung    Es übernimmt in dieser dichten, klein-                                       der Bildungslandschaft Altstadt Nord
   anzubieten. Die
                        trägt ebenso das Farbkonzept bei:         teiligen Struktur die zentrale Rolle –                                       geglückt ist, zeigt die Auszeichnung
  Grundrisse sind
  Variationen und
                        Jede Etage der Schulen schmücken          umringt vom denkmalgeschützten                                               mit dem Kölner Architekturpreis 2021.
   Kombinationen        andere Farben, die sich an der            Altbau der Grundschule, seiner Erwei-                                        Im Protokoll der Jury heißt es: „Sie ist
   unterschiedlich      Klaviatur Le Corbusiers orientieren.      terung sowie den Neubauten für die                                           auf vielen Ebenen bemerkenswert,
  großer Fünfecke.                                                Kindertagesstätte und die Realschule.                                        diese neue Bildungslandschaft, ein
                        STADTENTWICKLUNG                          Zwischen den ein- bis viergeschos-                                           Campus für Schüler aller Altersstufen
                        Die unparallelen Fassaden der Gebäu-      sigen Gebäuden liegen Gassen und                                             im Norden der Kölner Altstadt. Es
                        de erzeugen eine städtische Dichte,       Aufweitungen, die die Schulbauten                                            wurde ein Gebäudeensemble geschaf-
                        die Bildungsinstitutionen und öffent-     untereinander und die Stadt mit dem                                          fen, das eine starke eigene Identität
                        lichen Raum zusammenbringt. Denn          Park verbinden. Durch die Lage und                                           entwickelt und sich gleichzeitig her-
                        über das anspruchsvolle Bildungs-         Anordnung der Gebäude konnten die                                            vorragend in den städtebaulichen
                        konzept hinaus erhofft sich die Stadt     Planer auf Zäune und Mauern                                                  Kontext einbettet.“ Ein spektakulär
                        Köln Anstöße für die Entwicklung des      verzichten. Lediglich die Kita und die                                       geglücktes Vorhaben, dem man mög-
                        Viertels rund um den Klingelpützpark.     Grundschule verfügen über geschütz-                                          lichst viele Nachahmer wünscht.       ←

                                         „Im Fünfeck lassen sich die unterschiedlichen
                                           Raumanforderungen sehr gut darstellen“
                                                                        Raphaella Burhenne de Cayres

                                                                                                                                                  FAKTEN

                                                                                                                                                  Projekt: Bildungslandschaft Altstadt
                                                                                                                                                  Nord BAN
                                                                                                                                                  Standort: Gereonswall 57,
                                                                                                                                                  50670 Köln (Realschule)
                                                                                                                                                  Bauherr: Gebäudewirtschaft der
                                                                                                                                                  Stadt Köln mit dem Amt für
                                                                                                                                                  Schulentwicklung
                                                                                                                                                  Architekt:
                                                                                                                                                  Gernot Schulz : Architektur GmbH, Köln
                                                                                                                                                  Planungs- und Bauzeit: 2013 bis 2020
                                                                                                                                                  Landschaftsarchitektur:
                                                                                                                                                  Topotek1, Berlin
                                                                                                                                                  Lichtplanung:
                                                                                                                                                  Licht Kunst Licht AG, Bonn
                                                                                                                                                  BGF: 12 899 m² gesamt
                                                                                                                                                  Ausstattung (Auswahl): Boden-
                                                                                                                                                  beläge: Linoleum von Forbo Flooring
                                                                                                           Plan: Gernot Schulz : Architektur

                                                                                                                                                  und DLW, Teppichboden ‚Madra‘,
                                                                                                                                                  ‚Poodle‘ von Object Carpet; Akustik-
                                                                                                                                                  decken ‚Heradesign‘ von Knauf AMF;
                                                                                                                                                  Leuchten von XAL; Möblierung:
                                                                                                                                                  Schreinerarbeit mit Seekiefer, HPL,
                                                                                                                                                  Lärche nach dem Entwurf von
                                                                                                                                                  Gernot Schulz : Architektur

                        Grundrisse EG

56   md | Juli/August 2021
RAUM RENAISSANCE .LADENBAU - FORMORAL FLAGSHIPSTORE, CHINA ÜBERZEUGENDE RAUMKONZEPTE - ANDREA ESCHBACH
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