Was ist Sucht? Zwischen Genuss und Risiko - Bobritzsch, 9.10.2015 - Was ist Sucht Schreibgesch 374tzt

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Was ist Sucht? Zwischen Genuss und Risiko - Bobritzsch, 9.10.2015 - Was ist Sucht Schreibgesch 374tzt
Was ist Sucht?
                                        Zwischen Genuss und
                                        Risiko

Dagmar Mohn

Psychologische Psychotherapeutin

Suchtberatungs- und behandlungsstelle    Bobritzsch, 9.10.2015
Diakonisches Werk Pirna e.V.
Alkohol – des Deutschen liebstes Genussmittel
Droge = chemische Substanz, die eine stimmungsverändernde Wirkung hat, die das
momentane Befinden und Erleben beeinflusst ( Droge)

Droge = Stoff, der bewusst genommen wird, um das Bewusstsein zu verändern

Erwartete Wirkungen

Genuss, regt Appetit an                     Stressbewältigung              Rausch/Kick

Schmerzmittel               Schlafmittel        Beruhigungsmittel      Antidepressivum

Abbau von Ängsten / Hemmungen                    entspannt   erleichtert     betäubt

Gegen Langeweile, Einsamkeit, Ohnmacht                             Flucht vor Problemen

Macht leistungsfähiger, sorgloser, mutiger

Kontaktfreudigkeit                 hilft zu vergessen, gegen Wut       abschalten

Veränderte Wahrnehmung                       befriedigt   …………………………………….

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Legale Drogen                          Illegale Drogen

Alkohol                Aufputschmittel       Halluzinogene
Nikotin                    Kokain
Coffein                    Crack           LSD
Medikamente                                       Cannabis
     Analgetika        Amphetamine
     (Schmerzmittel)                          Marihuana
     Tranquilizer          Metamphetamine
                           (Crystal)
     (Beruhigungsmittel)                      Haschisch
     Barbiturate
     (Schlafmittel)          Designerdrogen   Opiate
     Opiate
     (Morphin, Codein, Methadon)
                                        Opium Heroin         Seite 4
Genuss ohne Risiko – geht das ?

     Gesundheitlich risikoarmer Grenzwert
        für Frauen max. 12g reiner Alkohol am Tag

        für Männer max. 24g

        pro Woche mindestens 2 alkoholfreie Tage

       10g reiner Alkoholsind enthalten in: - 0,2 l Bier

                                             - 1/8 l Wein

                                              - 0,1 l Sekt

                                              - 2 -4cl Spirituosen

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Risikoarmer Alkoholkonsum eines gesunden Erwachsenen

  alkoholische Getränke als eine gelegentliche Möglichkeit des Genießens oder der
Konventionen

  auf keinen Fall im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, während Krankheiten /
Schwangerschaft)

  Hobbys, Interessen sowie Arten der Entspannung und des Genusses, bei denen
Alkohol keine Rolle spielt

  auch Freunde, die mäßig, wenig oder keinen Alkoholtrinken

  üblicherweise während des Trinkens auch etwas essen

  nicht länger als 1 -2 Stunden a „am Stück“ trinkt

  im allg. nicht mehr als 0,5 ‰ erreicht (also ca. 0,2 -0,3 l Bier pro ½ Stunde)

  sich wohl fühlt mit dem eigenen Trinkkonsum

  kein Restalkohol am nächsten Morgen, keine Auffälligkeit am nächsten Tag!
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Wie wird es gefährlich?

   Gebrauch – sinnvolle und hilfreiche Verwendung von Dingen

   Genuss – etwas gebrauchen, was nicht unbedingt notwendig ist, aber eine
angenehme Wirkung hat

   Missbrauch – körperlich, psychisch oder sozial schädliche Verwendungsweise von
Dingen oder ein selbstschädigendes Verhalten

   Ausweichendes / Abweichendes Verhalten

   Gewöhnung / Gewohnheit – aus ständiger Wiederholung des abweichenden
Verhaltens

   Abhängigkeit / Sucht – krankhafte Interaktion zwischen einer Person einerseits
und einer Substanz bzw. einer fixierten Verhaltensweise andererseits

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Risiko durch Missbrauch

  zu unpassender Gelegenheit ( Autofahren, Arbeit, Sport, Schwangerschaft)

   zu oft (regelmäßig / täglich)

   zu viel (bis zum Rauschzustand, Übelkeit, Filmriss)

   zur gezielten Besserung der seelischen Befindlichkeit („Seelentröster“)

   in gesundheitlich bedenklichem Umfang / bei Krankheit

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Warum konsumierst Du Crystal?

              ich war schüchtern / ängstlich = ich habe keine Hemmungen mehr

              mir ging es oft schlecht = ich bin gut drauf

              ich war oft müde = ich bin immer wach

              ich räumte nicht auf = ich kann mühelos putzen / aufräumen

              ich war unattraktiv = ich bin sexy

              ich war oft allein = ich bin unter Leuten

              ich war dick = ich bin schlank

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Zwei Konsumtypen von Crystal
Typ I                                 Typ II

Häufig klischeehaftes                 Unauffälliges Erscheinungsbild
Erscheinungsbild des
                                      Oft älter als 30 Jahre
Drogenkonsumenten
                                      Feste Strukturen wie Familie und
Meist junge Menschen Anfang 20
                                      Arbeit
Ohne Schulabschluss, ohne
                                      Später Konsumbeginn zur
Ausbildung, ohne feste Strukturen
                                      Leistungssteigerung
Meist wenig eigener Antrieb zu
                                      Hoher eigener Leidensdruck,
Veränderung, sondern Druck von
                                      Veränderungsbereitschaft
anderen (Eltern, Justiz, Jobcenter)
                                      Angst vor Auffälligkeit und sozialen
                                      Verlusten

SBB Diakonisches Werk Pirna e. V.
                                                                             Seite 10
Wirkung von Crystal
- setzt an den Nervenenden im Gehirn an,
  verhindert durch das Verdrängen von Dopamin und Noradrenalin deren Wiederaufnahme
  und führt so zu permanenter Erregung
- bei wiederholtem Konsum Abbau der Neurotransmitter – Bedarf nach Dosissteigerung
- sehr schnelle Überwindung der Blut – Hirn – Schranke, d.h. wirkt unmittelbar und 2 bis 3 mal
  länger als andere Amphetamine
- damit zentrale Stimulation von Antrieb und Stimmung
- Wahrnehmung von Hunger, Durst, Müdigkeit stark eingeschränkt
- subjektive Wahrnehmung von stärkerer Konzentrationsfähigkeit, Leistungsfähigkeit,
  besserem Wohlbefinden
- dabei Nervosität, motorische Unruhe, Konzentrationsschwäche beobachtbar
- anfangs Erhöhung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Ausdauer durch Mobilisierung
  der körperlichen Leistungsreserven
- Anstieg von Blutdruck, Herzfrequenz, Erweiterung der Atemwege, der Pupillen
- sozial Enthemmung, stärkere Risikobereitschaft, Realitätsverlust, Leistungsabfall,
  schlechteres Sehvermögen durch fehlende Adaption Pupillen beobachtbar
- langfristig Schlafstörungen, Erschöpfung, extremer Gewichtsverlust, Zahnschäden,
  Hautentzündungen
- starke psychische Abhängigkeit
                                                                                         Seite 11
Folgen von Crystalkonsum

- Wechsel von hoher Erregung / Euphorie und totaler Erschöpfung / Depression
- Konzentrationsprobleme, Verzetteln in zeitgleichen Handlungen
- fehlendes Zeitgefühl, unfähig zu konkreter Planung, Terminprobleme
- zunehmend monotone Handlungen
- mangelnde Körperwahrnehmung und Gesundheitsfürsorge
- Mangelernährung
- soziale Probleme (Schul-, Berufsprobleme, finanzielle Probleme)
- Depressionen, Angstzustände, Mischkonsum mit Alkohol und anderen Drogen
- zunehmende Aggressivität (verbale und körperliche Auseinandersetzungen)
- unbewusste Reinszenierung von bereits erlebten Traumatisierungen
- häufig wechselnde Partnerschaften und sexuelle Beziehungen
- ungewollte und unbemerkte Schwangerschaften
- gestörter Wach-Schlaf-Rhythmus und damit gestörter Tagesablauf, Schlafmangel
- zunehmende Gefahr psychotischer Störungen

SBB Diakonisches Werk Pirna e.V.                                           Seite 12
https://www.youtube.com/watch?v=lyVboF7V-w

                                             Seite 13
Definition der WHO:

„Sucht ist ein Zustand von periodischem oder
chronischem Angewiesensein auf bestimmte
Substanzen oder Verhaltensweisen. Eine Abhängigkeit
ist gekennzeichnet durch das Auftreten von
Entzugserscheinungen bei Abwesenheit der Substanz
oder der Tätigkeit sowie durch Toleranzentwicklung
und die dadurch erforderliche Dosissteigerung ohne
Rücksicht auf körperliche oder psychische
Zerstörungszeichen.“

SBB Diakonisches Werk Pirna e. V.                 Seite 14
Diagnose Abhängigkeit
nach der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen ICD 10
bei 3 oder mehr der folgenden Kriterien gleichzeitig über mindestens 1 Monat oder
wiederholt innerhalb von 12 Monaten

  Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren.

  Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge
des Alkoholkonsums.

  Alkoholgebrauch, mit dem Ziel, Entzugssymptome zu mildern; körperliches
Entzugssyndrom

  Nachweis einer Toleranz gegenüber Alkohol und daraus resultierende Dosissteigerung

  Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit Alkohol; fortschreitende
Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des
Substanzkonsums.

  Anhaltender Alkoholkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen
körperlicher, psychischer oder sozialer Art.

SBB Diakonisches Werk Pirna e. V.                                                      Seite 15
Erklärungsansätze für Sucht
      Sucht als ausweichendes Verhalten (Alltagssüchte)

       Sucht als Defizit körpereigener Opiate (Endorphine, Enkephaline)

       Sucht als erlerntes Verhalten

       Sucht als Regression (Psychoanalyse)

       Sucht als Coping- Strategie (Entwicklungstheorie)

       „Die Balance verloren“ (Psychosoziale Gleichgewichtstheorie)

       Familie im Suchtproblem (Defizite, Sozialisation, Vorbild, Beziehungs- und Kommunikationsmuster)

       Sucht als abweichendes Verhalten (Normverletzung)

       Sucht als Ergebnis gesellschaftlicher Stigmatisierung

       Suchtmittelangebot (Markt)

       Sucht als Spiegel der Gesellschaft / Werte / Normen

       Sucht als Folge der Wirksamkeit der Massenmedien

SBB Diakonisches Werk Pirna e. V.                                                                    Seite 16
Warum wird ein Mensch abhängig und andere nicht?

                                            Mensch

                                            Sucht

                                    Droge
                                                     Umwelt

SBB Diakonisches Werk Pirna e. V.                             Seite 17
Personale Schutzfaktoren
  ausreichende Selbstachtung / positives Selbstwertgefühl (sich annehmen, wie man ist)

   realistische Selbsteinschätzung

   Konflikt- und Kommunikationsfähigkeiten

   aktive Problembewältigungsstile, Erfahrungen in der Problembewältigung

  Vertrauen in die Selbstwirksamkeit („Ich schaffe das“)

  Hohe Eigenaktivität ( sich selbst beschäftigen können)

  Risikobewusstsein / Risikokompetenz

  Zuversichtliche Lebenseinstellung, Verankertsein im Leben

  Selbstständige Urteilsbildung, Kritikfähigkeit

  Genuss- und Erlebnisfähigkeit

  Ausreichende kognitive Fähigkeiten

SBB Diakonisches Werk Pirna e.V.                                                         Seite 18
Soziale Schutzfaktoren

 Stabiles Verhältnis zu Eltern ( Sicherheit in schwierigen Situationen)

 Sichere emotionale Bezugspersonen

 Tragfähiges soziales Netz (Familie, Freunde)

 Zugang zu Bildung und Information

 Sozial gesundes Klima in Schule, Ausbildung, Arbeit

 Ausreichende Lebens- und Entwicklungsperspektiven

Verstehbare Strukturen und Regeln, Vertrauen, Unterstützung, Ausgewogenheit in
Förderung und Forderungen, Freiraum …….

SBB Diakonisches Werk Pirna e.V.                                                 Seite 19
Zusammenfassung

   Abhängigkeit / Sucht ist eine Krankheit

   suchtkrank kann jeder werden!

   JVA unterstützt den Betroffenen bei Kontaktaufnahme zum Hilfesystem

   strengste Vertraulichkeit wird zugesichert

   Der ehrenamtliche Helfer ist kein Therapeut

  Frühintervention als Chance zum Neubeginn

   zur Annahme von Handlungshilfen ermutigen

   Transparenz der Maßnahmen

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-   Wir leben in einem offen zugänglichen, vereinigten Europa
-   10- Punkteplan der Sächs. Staatsregierung = Ernstnehmen eines Problems, das
    sowohl gesellschaftlich, als auch flächenmäßig kein Randproblem ist
-   Verstärkung der repressiven Maßnahmen nur gut als eindeutiges Zeichen dafür,
    dass Herstellung und Vertrieb von Crystal illegal sind und bleiben zum Schutz
    der Menschen vor den unkalkulierbaren, massiven Schädigungen durch diese
    Substanz
-   keine Polizei der Welt kann Herstellung und Vertrieb des Stoffes wirklich
    verhindern!

-   „Wurzel des Übels“ ist nicht die Herstellung von Crystal, sondern unsere
    Gesellschaft mit ihren Leistungs- und Lebensansprüchen (schneller, weiter,
    höher) ; nur der Erste, Beste zählt ,…

Was wir brauchen:
- klare Haltung zu allen Suchtformen
- Ehrlichkeit, aktive Zuwendung und Konsequenz statt Verwöhnung
- Streit- / Konfliktkultur in allen gesellschaftlichen Bereichen
- Zeit für Kinder und Jugendliche
- ausreichende, kurzfristige, flächendeckende Hilfeangebote für Betroffene und
  ihre Familien
                                                                                    Seite 21
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dagmar Mohn
Psychologische Psychotherapeutin
Suchtberatungs- und behandlungsstelle
Diakonisches Werk Pirna e.V.

Schmiedestraße 2
01796 Pirna
Tel.:03501 528646
suchtberatung@diakonie-pirna.de

                                           Seite 22
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