Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar
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Betriebsleitung Mehr Platzanspruch und ein höherer Futterverbrauch: In der Freilandhaltung steigen die Kosten. Foto: Werkbild Was kosten die neuen Haltungsverfahren? Am 31. Dezember ist endgültig Schluss mit der Käfig- tung höher als bei der klassischen Käfig- haltung. Das fängt bei den Junghennen haltung von Legehennen. Was die neuen Haltungsver- an (Übersicht 2). Denn auch die Aufzüch- fahren kosten und was Neueinsteiger und Umsteller ter müssen ihre Anlagen z. B. auf Boden- wissen müssen, zeigt unsere Analyse. haltungssysteme umrüsten, damit die Tie- re später im Legehennenstall bereits mit den verschiedenen Bewegungsebenen vertraut sind und z. B. Futtertröge, Trän- A b dem 1. Januar 2010 sind für Lege- verfahren fast zu einer Verdoppelung der ken und Sitzstangen finden. hennen nur noch die Kleingrup- Gebäude- und Einrichtungskosten je pen-, die Boden- oder die Freiland- Hennenplatz (Übersicht 1). haltung zugelassen. Alle drei Haltungssys- teme haben einen höheren Platzanspruch Futterkosten spielen Unsere Autoren: pro Legehenne als die klassische Käfig- Ingrid Simon und Alfons Krafeld, haltung. Konsequenz: Die Festkosten stei- große Rolle Geflügelberater der Landwirtschafts- gen. Gegenüber der klassischen Käfighal- Auch die direkten Kosten sind in der kammer Nordrhein-Westfalen tung kommt es bei den neuen Haltungs- Kleingruppen-, Boden- und Freilandhal- 24 top agrar 12/2009
nen Übersicht 1: Festkosten je Hennenplatz hen Position Käfig- Klein- Bodenhaltung Boden- ge haltung gruppe mehrere Ebenen haltung r Le Ne Gebäude €/Platz 7,5 16 14 22 ue Chancen fü Inneneinrichtung €/Platz 10 17 17 12 Installation €/Platz 1,5 2 2 2 Festkosten gesamt €/Platz 19 35 33 36 Festkosten €/Platz und Jahr 2,04 3,93 3,76 3,76 Vermarktungsfähige Eier je Die Festkosten je Ei 275 270 260 260 verdoppeln sich gegen- Henne und Jahr Festkosten Cent/Ei 0,7 1,4 1,4 1,4 über der klassischen 10 000er-Legehennenstall in Unternehmerbauweise ohne Berücksichtigung der Kosten für Käfighaltung. Architekt, Genehmigung, Grundstück, Bodenbewegung und Erschließung. Der Futterverbrauch ist in al- len alternativen Haltungssyste- Übersicht 2: Direktkosten je Hennenplatz men ein deutlicher Kostentreiber 10 000 Hennenplätze Käfig- Klein- Bodenhal- Boden- Freiland- (Übersicht 2). Das liegt vor allem haltung gruppe tung m E* haltung haltung an der größeren Bewegungsakti- Junghenne (18 Wochen) in € 3,40 3,40 3,80 3,80 3,80 vität der Hennen, die einen bis zu Futter/Tier/Tag in g 112 115 118 122 128 20 % höheren Erhaltungsbedarf MJ ME/kg 11,4 11,4 11,6 11,6 11,6 verursacht. Dieser Effekt verstärkt sich Futterpreis €/dt 21,50 21,50 22,00 22,00 22,00 noch, wenn das Stallklima nicht Futterverbrauch kg/Henne und Jahr 40,9 42,0 43,1 44,5 46,7 stimmt. In den Ställen mit relativ Futterkosten €/Henne und Jahr 8,79 9,03 9,48 9,79 10,27 wenig Tieren und gleichzeitig gu- Energie und Wasser €/Henne und Jahr 0,30 0,30 0,50 0,60 0,60 ter Durchlüftung muss insbeson- Tierarzt, Impfung, Hygiene €/Henne und Jahr 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 dere in den Übergangszeiten und Sonstige Kosten €/Henne und Jahr 0,20 0,20 0,26 0,26 0,50 im Winter zusätzlich geheizt wer- den, um ein optimales Stallklima Summe direkte Kosten €/Henne und Jahr 12,79 13,08 14,24 14,70 15,47 zu gewährleisten. Dadurch stei- m E = mit mehreren Ebenen gen zwar die Energiekosten. Aber bei zu niedrigen Stalltemperatu- Auch die direkten Kosten steigen – besonders bei Futter, Energie und Tiergesundheit. ren fressen die Hennen noch mehr, um die für den eigenen Wärmehaushalt notwendige Energie zu noch begrenzten Futteraufnahmevermö- Freilandhaltung), energiereicheres Futter gewinnen. Gerade im ersten Drittel der gens der Hennen in den alternativen Hal- gegeben werden, um eine optimale Ver- Legeperiode sollte daher aufgrund des tungssystemen (v. a. in der Boden- und sorgung der Tiere sicherzustellen. j Diese Haltungssysteme sind noch zugelassen Kleingruppenhaltung Bodenhaltung kelten Nestern. Eier aus der Bodenhal- tung bekommen die Kennziffer 2. In der Kleingruppe (oder Kleinvolie- Je nach Ausführung verfügen die Bo- re) werden Gruppen von 30 bis 60 Tieren denhaltungssysteme über eine oder meh- gehalten. Das Gehege verfügt neben Fut- rere Ebenen (Volierenhaltung). Die Le- Freilandhaltung ter- und Tränkeeinrichtungen über Sitz- gehennen können sich im gesamten Stall Die Freilandhaltung stellt eine Erwei- stangen, Scharrmatten, abgedunkelte Nes- bewegen. Bei der einfachen Bodenhal- terung der Bodenhaltung dar. Die Ställe ter und Krallenabriebsmöglichkeiten. tung können maximal 9 Hennen/m2 Stall- sind ähnlich, verfügen aber zusätzlich Die Mindestgröße ist mit 2,5 m2 vorge- grundfläche untergebracht werden. Bei über einen bewachsenen Auslauf. Die geben. Die Mindesthöhe beträgt 60 cm. der Volierenhaltung sind es höchstens 18. Mindestauslauffläche pro Henne beträgt Große Teile des Gehegebodens sind Mindestens ein Drittel der Stallgrund- 4 m2. Der Auslauf sollte strukturiert sein perforiert, so dass die Hennen ähnlich fläche muss eingestreut sein und zum und Schutzmöglichkeiten bieten. wie bei der klassischen Käfighaltung, Sandbaden, Scharren, Laufen und Stre- Die Biohaltung ist eine verschärfte wenig mit ihren Exkrementen in Berüh- cken zur Verfügung stehen. Auf einer Form der Freilandhaltung. Einem Bio- rung kommen. Die hygienischen Vortei- Kotgrube und auf den unterschiedlichen huhn stehen ebenfalls 4 m2 Auslauf – le der Käfighaltung bleiben somit erhal- Etagen werden den Hennen Sitzstangen, aber mehr Stallfläche zur Verfügung. ten. Eier aus der Kleingruppe werden Futter- und Tränkemöglichkeiten ange- Freilandeier sind mit einer 1 gestempelt, mit einer 3 gekennzeichnet. boten. Die Eiablage erfolgt in abgedun- Bioeier mit einer 0. top agrar 12/2009 25
Betriebsleitung Grundsätzlich gilt: Die Aufwendungen für Impfungen, Vitamingaben, Fliegen- Übersicht 3: Kosten pro Ei steigen um bis zu 58 % und Milbenbekämpfung sowie Entwur- Käfig- Klein- Bodenhal- Boden- Freiland- mung sind in der Boden- und Freilandhal- haltung gruppe tung m E haltung haltung tung deutlich höher als in der klassischen Festkosten €/Platz und Jahr 2,04 3,93 3,76 3,76 3,90 Käfighaltung und in der Kleinvoliere, bei Direkte Kosten €/Platz und Jahr 12,79 13,08 14,24 14,70 15,47 denen die Tiere kaum bzw. wenig mit ih- Arbeitskosten €/Platz und Jahr 1,10 1,20 1,80 2,00 2,30 rem Kot in Kontakt kommen. Unter dem Strich sind die direkten Gesamtkosten €/Platz und Jahr 15,93 18,21 19,80 20,46 21,67 Kosten bei der Freilandhaltung fast 3 € Vermarktungsfähige* Eier/ Platz 275 270 260 260 240 pro Henne (1,8 Ct/Ei) höher als bei der und Jahr klassischen Käfighaltung, in der Boden- Kosten/Ei in Cent 5,8 6,7 7,6 8,2 9,0 haltung sind es je nach System zwischen Mehrkosten in Cent + 0,9 + 1,9 + 2,5 + 3,3 1,50 und 2 € pro Henne (0,8 – 1 Ct/Ei), Mehrkosten + 15 % + 33 % + 43 % + 58 % während die Kleingruppenhaltung kaum *) Unter Berücksichtigung von Leerstandszeiten und der Junghenneneinstallung mit 18 Wochen höhere direkte Kosten aufweist (Über- sicht 2). Unterm Strich steigen die Kosten bei den alternativen Haltungssystemen erheblich – bei der Kleingruppe im Schnitt um 15 %, bei der Freilandhaltung um 58 %. Vermarktungsfähige Eier entscheiden luste im Vergleich dazu 15 bis 35 Eier we- pro Ei. Die Produktion von Freilandeiern Aber nicht nur bei den Kosten, auch niger vermarktet werden (Übersicht 3). ist sogar mehr als 3 Cent pro Ei teuerer. bei den Leistungen gibt es Unterschiede Hinzu kommt, dass diese Haltungssysteme Diese Werte sind allerdings Durch- zwischen den Haltungssystemen. Dies auch noch höhere Wind-, Bruch-, Knick- schnittsberechnungen, die z. B. abhängig lässt sich an der Zahl der vermarktungsfä- und Schmutzeieranteile aufweisen. von der Größe des Betriebes in weiten higen Eier ablesen. In der Kleingruppen- Unter dem Strich haben die neuen Grenzen schwanken können. So haben haltung werden der herkömmlichen Kä- Haltungssysteme deutlich höherer Kos- die Futterbezugsmengen sowie die Be- fighaltung vergleichbare Leistungen er- ten als die klassische Käfighaltung. Mit zugsregion durch Transport und Handels- reicht. Allerdings steigt der Anteil der 0,9 Cent pro Ei fallen sie bei der Klein- spannen einen sehr großen Einfluss auf Schmutzeier. In der Boden- und Freiland- gruppenhaltung noch vergleichsweise die Futterpreise. Die Preisspannen für die haltung können aufgrund des höheren moderat aus. Bei der Bodenhaltung sind gleiche Futtersorte können schnell zwi- Krankheitsdrucks und größerer Tierver- es je nach System schon 1,9 und 2,5 Cent schen drei bis fünf €/dt liegen. Mehr- oder Nur noch jedes zweite Ei aus Deutschland D ie neuen Haltungsvorgaben für Le- gehennen beschleunigen den Struk- turwandel. Vor allem kleinere Betriebe Nachfrage sehr stabil. Entsprechend stei- z. B. erst 3 bis 5 % der Käfige umgerüstet gen die Importe vor allem aus den Nie- derlanden, Polen und Belgien. worden. In anderen EU-Staaten sieht es nicht besser aus. Deshalb dürfte der Ruf mit bis zu 10 000 Hennenplätzen steigen Ab 2012 sind auch in den anderen EU- nach längeren Übergangsfristen laut aus der Produktion aus. Von 2007 auf Mitgliedstaaten die herkömmlichen Käfi- werden. 2008 hat in dieser Größenklasse jeder ge verboten. Ob dann in der EU tatsäch- Offen ist, ob es nach Umsetzung des zehnte Betrieb aufgegeben. Dagegen lich keine Hennen mehr im klassischen EU-Käfighaltungsverbotes auch in der stieg der Anteil der Betriebe mit 50 000 Käfig gehalten werden, ist gegenwärtig EU zu sinkenden Selbstversorgungsgra- Legehennen und mehr im gleichen Zeit- fraglich. Jedenfalls läuft die Umrüstung den kommt, die durch steigende Impor- raum um 5 %. EU-weit schleppend an. In Spanien sind te aus Drittländern kompensiert werden müssten. Selbstversorgung Der deutsche Eier- markt dürfte also auf sinkt weiter Importvolumen an Hühnereiern in 1 000 t mittlere Sicht eher Dennoch ist der Selbst- 450 knapp versorgt sein. Vor versorgungsgrad mit Eiern in 400 74,0 diesem Hintergrund Deutschland allein in den 350 71,2 70,7 70,6 könnten sich für deut- letzten drei Jahren um mehr 300 67,8 67,4 sche Legehennenhalter als 10 % auf aktuell rund 250 68,5 neue reizvolle Markt- 55 % gesunken. Das Wachs- 200 und Absatzchancen ent- tum in den größeren Betrie- wickeln. ben kann den Verlust an 150 Legehennenplätzen in klei- 100 Importvolumen an Hühnereiern B. Grabkowsky und neren Betrieben nicht auf- 500 Selbstversorgungsgrad mit Eiern in % 55,0 H.-W. Windhorst, fangen. Auch durch die um- 0 Institut für Strukturfor- rüstungsbedingten Leer- 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 schung und Planung in standsphasen fehlen deutsche Quelle: FAOSTAT 2009, MEG 2009 agrarischen Intensivge- Eier. Gleichzeitig ist die bieten, Uni Vechta 26 top agrar 12/2009
nen Übersicht 5: Die Bodenhaltung wird hen zum Standard ge 2008 befand r Le Ne 100 Anteil der Haltungsformen in % sich schon jede ue Chancen fü 5. deutsche Legehenne in 80 Bodenhaltung. Innerhalb von Wir halten fest 60 6 Jahren hat sich der Anteil Zwischen den verschiedenen künftig 40 Ökologische Erzeugung 1) Freilandhaltung Bodenhaltung verdoppelt. noch zugelassenen Haltungssystemen Auch die Frei- von Legehennen gibt es große Kostenun- Kleingruppe2) Käfighaltung einschl. ausgestaltete Käfige 20 land- bzw. Öko- terschiede. So ist die Produktion von Bo- haltung haben denhaltungseiern mindestens knapp 1 0 zugelegt. Dage- Cent/Ei teurer als bei der Kleingruppe. 2004 2005 2006 2007 2008 20103) gen spielt die Für Eier aus der Freilandhaltung liegt der 1) Erstmalig 2007 erfasst; die Betriebe ordneten sich bis 2006 der Haltungsform Kleingruppe ei- Mehraufwand deutlich über 2 Ct/Ei. Freilandhaltung zu. 2) Erstmalig 2007 erfasst; 3) Schätzung nach Diekmann ne geringere Ob diese Mehrkosten durch entspre- Quelle: B. Grabkowsky und H.-W. Windhorst nach Stat. Bundesamt 2008 Rolle als 2006 chende Preiszuschläge am Markt ausge- erwartet. glichen werden können, hängt von den jeweiligen Vermarktungswegen ab. In der Praxis gibt es viele erfolgreiche Modelle, Minderkosten von 2,50 € je dt Futter er- fähige Eier mehr als ein durchschnittli- wie die folgenden vier Praxisbeispiele höhen oder drücken die Produktionskos- cher Eierproduzent. Allein dadurch lässt zeigen. Wichtig ist, dass die gewählte Hal- ten pro Ei um knapp 1 Cent. sich eine Kostensenkung pro Ei um 0,4 tungsform zu den möglichen Absatzkanä- Auch das betriebliche Können ist ent- Ct erzielen, was je nach Vermarktungs- len und betrieblichen Gegebenheiten scheidend. Gute Betriebsleiter erzeugen weg einen Mehrerlös von 0,7 bis zu 1,2 € passt. Dies will gut überlegt sein. Einen bei gleichen Kosten zehn vermarktungs- pro Henne bedeutet. Königsweg gibt es nicht. j top agrar 12/2009 27
l t er Betriebsleitung n ha rch n ne n du He arte st „Das 3er-Ei allein reicht auf Dauer nicht“ Boden-, Freiland- und Bioeiern geliefert bekommen. Höherer Aufwand, höhere Preise Die Vermarktung ist der einzige Grund, warum Geisthövel von der Kleingruppe abrückt. Bei der Bodenhaltung fallen die Kosten durch zusätzlichen Futterver- brauch und Arbeitsaufwand deutlich stär- ker ins Gewicht. Ein besonderes Problem sind die verlegten Eier. „Gerade durch das nun tägliche Nachsuchen der Eier“, so Geisthövel, „ist unsere persönliche Belas- tung deutlich gestiegen.“ Hinzu kommen Staub- und Hygieneprobleme. Die Tier- verluste liegen mehr als doppelt so hoch. Mindestens einen Cent (netto) zusätz- lich pro Ei benötigt er, um seine Mehrkos- ten gegenüber den 3er-Eiern aus der Klein- gruppe hereinzuholen. Das gelingt im Mo- ment. Der Eiermarkt stellt sich aufgrund der aktuellen Unterversorgung äußerst po- sitiv dar. „Ob wir unsere Mehrkosten aber Franz Geisthövel setzt inzwischen auf die Bodenhaltung. auf Dauer erwirtschaften können“, so Geisthövel, „ist eine ganz andere Frage.“ Der 47-Jährige glaubt, dass die Blase Er ist von der Kleingruppe fen gerne die Eier aus der Kleingruppe, am Eiermarkt Mitte 2010 platzen könnte bei ihren Kunden zählt des Gesicht des und erinnert an die Euphorie 2003. Da- positiv überrascht. Trotzdem Verkäufers mehr als die Nummer auf mals sorgte der Ausbruch der Vogelgrippe wächst Franz Geisthövel in dem Ei“, sagt Geisthövel: „Diese Leute in den Niederlanden für hohe Eierpreise, der Bodenhaltung – weil der sterben aber langsam aus, so dass wir uns worauf die Erzeuger europaweit die Be- zunehmend auf den Lebensmitteleinzel- stände aufstockten. Die Folge: Die Eier- Markt es so will. handel einstellen müssen.“ Dieser ist vom preise brachen 2004/2005 massiv ein und Kleingruppenei abgerückt und möchte stürzten auf ein Niveau von 4 bis 5 Cent. D er Handel verlangt immer mehr das Komplettsortiment“, sagt Legehen- nenhalter Franz-Rudolf Geisthövel (47) am besten gleich ein Komplettpaket aus Matthias Schulze Steinmann vom Möhnesee bei Soest/NRW: „Deshalb investieren wir neben der Kleingruppe auch in die Bodenhaltung.“ Je extensiver die Haltung, desto Geisthövel steckt mit dem Betrieb Sörries-Trockels, den er mit seiner Frau höher die Risiken! und den Schwiegereltern bewirtschaftet, mitten in der Umstellung. Zum Jahresen- de wird der Betrieb noch rund 100 000 Hennen zählen – die eine Hälfte in Klein- E s gibt bis heute kein Haltungssystem, das Tiergesundheit, Umwelt und Pro- duktqualität gleichermaßen gerecht wird. ordnungen aufzubauen, weshalb sich die Hennen teilweise erhebliche Verlet- zungen in Rangkämpfen zufügen. Dies gruppenhaltung, die andere in Bodenhal- Die Boden- und Freilandhaltungssyste- kann bislang nur durch ein Stutzen der tung mit mehreren Etagen (Volierenhal- me bieten den Hennen mehr Bewe- Schnäbelspitzen abgemildert werden. tung). Ein weiterer Betriebszweig ist die gungsspielraum und lassen sie viele ihrer In Freilandsystemen kommen weite- Kükenproduktion mit 12 000 Elterntie- natürlichen Verhaltensweisen ausüben. re Probleme durch wechselnde Witte- ren. „Wo es geht, stellen wir die Käfigstäl- Die Tiere kommen allerdings erheb- rungseinflüsse und Gefahren durch le zum Jahresende auf Bodenhaltung lich mit ihren Ausscheidungen in Be- Beutegreifer und keimbelastete Kotein- um“, sagt Geisthövel: „Das ist aber aus rührung. Dies führt dazu, dass sich träge von Wildvögeln hinzu. Platzgründen nicht überall möglich – so Endo- und Ektoparasiten im Verlauf ei- Weiteres Problem: Bei beiden Syste- dass zum Teil nur die Kleingruppe ner Legeperiode vermehren. Der men liegen die Staub- und Ammoniak- bleibt.“ Krankheitsdruck ist dadurch erheblich emissionen höher als in der Kleingruppe. Geisthövel vermarktet fast ausschließ- höher. Leistungsdepressionen und er- Je extensiver die Haltungssysteme sind, lich an Wiederverkäufer, die auf Märkten höhte Tierverluste sind oft die Folge. desto größer die Hygiene- und Krank- oder im Haustürgeschäft die Eier an den Außerdem fällt es den Tieren in gro- heitsrisiken sowie die Umweltbelastung. Mann bringen. Ein kleiner Teil geht an ßen Gruppen schwerer, stabile Rang- I. Simon und A. Krafeld, LWK NRW Großhändler. „Die Wiederverkäufer kau- 28 top agrar 12/2009
nen Auf Neuland mit Freiland hen ge r Le Ne ue Chancen fü Hermann und Daniel Janning aus Twist im Landkreis Emsland sehen ihre Chancen in der Freilandhaltung. Hermann und Daniel Janning setzen auf die Freiland- und Preiszuschlägen von 100 % und mehr. „Die Auslistung der 3er-Eier durch die Biohaltung. Den Einstieg in die Hennenhaltung hat der großen Discounter kommt uns sicherlich ehemalige Milchviehbetrieb nicht bereut. zugute“, sagt Hermann Janning. Er er- wartet nicht zuletzt durch den europa- E in wachsender Markt mit einem Selbstversorgungsgrad deutlich unter 100 %, das ließ sich Hermann Janning klusive Zuwegung. Sie entschieden sich aber wegen des hohen Kapitalbedarfs und der fehlenden Erfahrung im ersten Jahr weiten Ausstieg aus der Käfighaltung in den nächsten Jahren feste Preise – trotz des steigenden Angebotes. (48) aus Twist im Emsland nicht zweimal für eine vertragliche Lohnhaltung. Sie be- Dabei waren die Zeiten nicht immer sagen, als ihm sein Berater den Einstieg kamen die Hennen, das Futter und die so rosig. „Durch die hohen Getreideprei- in die Legehennenhaltung schmackhaft Medikamente von einem Marktpartner se war die wirtschaftliche Situation machte. Der neue Betriebszweig rechne- gestellt und sparten so 150 000 € Umlauf- 2007/2008 deutlich angespannter“, erklärt te sich auf dem Papier gut und die Fami- kapital. Dafür liegt der Auszahlungspreis Hofnachfolger Daniel. „Denn 40 % der lie war an tägliche Arbeiten im Stall bei der Eier bis heute um ein knappes Viertel Produktionskosten sind Futterkosten.“ damals 25 Kühen gewohnt. (etwa 3,5 Ct) niedriger. „Für den Einstieg Auch sind die Margen so eng, dass ein Janning verkaufte Kühe und Quote war die Lohnhaltung das Richtige“, sagt schlechter Durchgang gleich die Wirt- und investierte in 19 800 Freilandplätze. Hermann Janning: „Zum Ende der 13,5- schaftlichkeit von mehreren guten mit Die erforderlichen 8 ha Auslauffläche wa- monatigen Legeperiode werden wir aber nach unten reißt. ren auf dem 80-ha-Betrieb vorhanden und wieder ganz in Eigenregie produzieren.“ Aktuell verdient die Familie aufgrund auch Sohn Daniel (21) konnte sich für den Dafür sind die neuen Hennen schon be- der guten Marktlage sowohl mit der kon- neuen Betriebszweig begeistern. Den stellt. Die Produktionskette bei Legehen- ventionellen als auch mit der biologi- Schritt hat die Familie nicht bereut und nen ist straff organisiert. Die Jannings müs- schen Freilandhaltung gutes Geld. Im di- entschied sich 2008, weiter in der Lege- sen mit einem halben Jahr Vorlauf planen. rekten Vergleich der beiden Verfahren hennenhaltung zu wachsen. Sie baute ei- hat zurzeit die Biohaltung die Nase vorn. nen Stall für 16 200 Bio-Hennen. „Wir Dafür ist der Verwaltungsaufwand fast wollten eigentlich einen Stall mit 22 000 Eier für Aldi und Co. doppelt so hoch. Es herrschen straffe klassischen Freilandplätzen bauen“, sagt Die Eier vermarkten Vater und Sohn Vorgaben, die mehrmals im Jahr kontrol- Sohn Daniel „Aber Bio rechnete sich bes- an einen Wiederverkäufer mit eigener liert werden. Nicht jede Bio-Auflage kann ser, und die Anforderungen, z. B. an die er- Packstelle. Dieser beliefert Discounter dabei überzeugen: Die Jannings dürfen forderliche Stallfläche, sind kaum höher.“ wie Aldi und Lidl. Die Produktionskos- z. B. den Mist aus der Biohaltung nicht im ten der mit 1 und 0 gekennzeichneten eigenen Ackerbau ausbringen, weil dieser Freiland- und Bioeier liegen zwar deut- konventionell läuft. Die Folge: Der „Bio- Erster Durchgang im Lohn lich über den Kosten von Eiern aus Bo- Mist“ wird verladen und über 200 km zu Vater und Sohn investierten rund den- oder Kleingruppenhaltung, der Kun- einem reinen Biobetrieb transportiert. 800 000 € in den Bau des Bio-Stalles in- de honoriert den Mehraufwand aber mit Matthias Schulze Steinmann j top agrar 12/2009 29
Betriebsleitung Mit Kleingruppen die Kosten im Griff den zum Jahresende stillgelegt. Dann produziert Abler mit knapp 190 000 Hennen bei einer Legequote von 80 bis 85 % rund 50 Mio. Eier im Jahr. Wenn die Marktlage weiterhin positiv bleibt, kommen in den nächsten 3 Jahren die genehmigten 135 000 Plätze hinzu. Kostenführer mit Packstation „Der europäische Markt für 3er-Eier bleibt auch weiterhin interessant“, ist er überzeugt: „Zu niedrigeren Kosten, als ich hier produziere, können es Franzosen und Spanier auch nicht.“ Der Vater von drei Kindern setzt auf Kostenführer- schaft. Dabei ist die neue Packstelle der entscheidende Baustein im Konzept des Jungunternehmers. Eine Sortierleistung von 60 000 Eiern in der Stunde ermög- Jürgen Abeler aus NRW setzt auf Kostenführerschaft. Fotos: Schulze Steinmann licht es dem Betrieb, zu niedrigen Kosten an große Endverbraucher zu liefern. Ent- sprechend steht die Auslastung der Sor- U nsere Abnehmer beliefern vor allem große Endverbraucher und bevorzu- gen daher die günstigen 3er-Eier“, sagt Wachstumsschritte. Ausgehend von 100 000 Käfigplätzen mit angeschlossener Pack- und Sortieranlage investiert er in tieranlage im Vordergrund. Drei Vollzeit- und zehn 400-€-Kräfte beschäftigt der Jungunternehmer inzwischen. Jürgen Abeler aus Nordwalde im Müns- zwei Ställe mit je 67 000 Kleingruppen- Der Eierprofi sieht der Euphorie bei terland: „Da lag es für uns nahe, in die Plätzen und eine moderne Pack- und Sor- den alternativen Haltungsformen gelas- Kleinvoliere zu investieren – zumal sie tierhalle. Zwei weitere Ställe mit 134 000 sen entgegen. „Die Qualität der Klein- am besten in den Betrieb passt.“ Kleinvolierenplätzen sind erfolgreich be- gruppeneier ist besser als bei der Boden- Der 37-Jährige Hennenhalter nutzt antragt. Die alten Ställe sind als EU-aus- oder Freilandhaltung“, so Jürgen Abeler: das Auslaufen der herkömmlichen Käfig- gestaltete Käfige umgebaut (54 000 Plätze „Und die Kostenvorteile sind nicht zu haltung in Deutschland für entschlossene mit Bestandsschutz bis 2020) oder wer- leugnen.“ -mst- Erfolgreich mit regionaler Vermarktung M arge statt Masse, das ist die Strate- gie von Agnes und Christian End- res (beide 35) aus Großrinderfeld/Baden- Die geht los bei den Sortier- und Verpa- ckungskosten von rund 3 Ct/Ei. Allein die Eierschachtel, ein aufwendig bedrucktes Württemberg. Bereits vor gut 10 Jahren Poster-Pack mit dem Label und dem Ge- entschied sich der Betrieb mit damals sicht von Agnes und Christian, kostet auf 3 500 Hennen aus der Käfighaltung aus- das einzelne Ei umgelegt 1,75 Ct. zusteigen. Was sich seitdem abgespielt Weitere 2 Ct/Ei entstehen durch Lo- hat, ist eine echte Erfolgsgeschichte. gistikkosten. Die Familie beliefert die Ausgehend von einer Investition in ei- Abnehmer in der Region (vor allem nen 6 000er-Bodenhaltungsstall hält die EDEKA-Läden) mit zwei Verkaufsfahr- Familie inzwischen 15 000 Hennen in ei- zeugen samt Fahrern selbst. Dabei bietet genen Ställen, weitere 15 000 sind unter sie einen Vollservice: Die Kunden müssen Vertrag. Der Clou dabei: Die Familie hat die Eier nicht bestellen, sondern die Fah- Agnes und Christian Endres verkaufen im Laufe der Jahre ein eigenes Vermark- rer liefern an einem festgelegten Wochen- ihre Eier mit einer eigenen Marke. tungs-Label geschaffen und verkauft die tag und füllen die Regale entsprechend Eier so mit einer ordentlichen Preisspan- der zuvor verkauften Ware auf. ne als regionales Produkt. Kunden aus saisonal schwachen Verkaufszeiten, Hof- der Region müssen sich inzwischen im Rund 60 000 € pro Jahr für feste und Aufbauten in Supermärkten. In Supermarkt entscheiden: Nehmen sie den der Summe geben sie so im Jahr zwischen 10er-Pack gewöhnliche Bodenhaltungsei- Werbung und Marketing 40 000 und 80 000 € aus. Das entspricht er für 1,39 € oder das 10er-Paket Endres- Ein weiterer Kostenblock entsteht für rund 1 Ct/Ei. Eier für 2,29 €? Sie nehmen häufig das Werbung und Marketing. Die beiden in- „Wir verkaufen nicht Bodenhaltungs- Endres-Ei – Tendenz steigend. vestieren in Zeitungs- und Radiower- eier, sondern Endres-Eier“, erklärt der Dafür betreibt die Familie einen ho- bung, betreiben eine Internetseite und Betriebsleiter die Vermarktungsstrategie. hen Aufwand, der sich in zusätzlichen drucken Plakate und Werbebroschüren. „Am Anfang haben uns viele belächelt“, Kosten von etwa 6 Ct/Ei niederschlägt. Hinzu kommen besondere Aktionen in sagt er, „heute lacht keiner mehr.“ -mst- 30 top agrar 12/2009
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