Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar

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Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar
Betriebsleitung

Mehr Platzanspruch und ein höherer Futterverbrauch: In der Freilandhaltung steigen die Kosten.                     Foto: Werkbild

Was kosten die neuen
Haltungsverfahren?
Am 31. Dezember ist endgültig Schluss mit der Käfig-                                     tung höher als bei der klassischen Käfig-
                                                                                        haltung. Das fängt bei den Junghennen
haltung von Legehennen. Was die neuen Haltungsver-                                      an (Übersicht 2). Denn auch die Aufzüch-
fahren kosten und was Neueinsteiger und Umsteller                                       ter müssen ihre Anlagen z. B. auf Boden-
wissen müssen, zeigt unsere Analyse.                                                    haltungssysteme umrüsten, damit die Tie-
                                                                                        re später im Legehennenstall bereits mit
                                                                                        den verschiedenen Bewegungsebenen
                                                                                        vertraut sind und z. B. Futtertröge, Trän-

A
      b dem 1. Januar 2010 sind für Lege-    verfahren fast zu einer Verdoppelung der   ken und Sitzstangen finden.
      hennen nur noch die Kleingrup-         Gebäude- und Einrichtungskosten je
      pen-, die Boden- oder die Freiland-    Hennenplatz (Übersicht 1).
haltung zugelassen. Alle drei Haltungssys-
teme haben einen höheren Platzanspruch       Futterkosten spielen                        Unsere Autoren:
pro Legehenne als die klassische Käfig-                                                   Ingrid Simon und Alfons Krafeld,
haltung. Konsequenz: Die Festkosten stei-
                                             große Rolle                                 Geflügelberater der Landwirtschafts-
gen. Gegenüber der klassischen Käfighal-        Auch die direkten Kosten sind in der      kammer Nordrhein-Westfalen
tung kommt es bei den neuen Haltungs-        Kleingruppen-, Boden- und Freilandhal-

24 top agrar 12/2009
Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar
nen
 Übersicht 1: Festkosten je Hennenplatz

                                                                                                                                       hen
 Position                           Käfig-         Klein-       Bodenhaltung         Boden-

                                                                                                                                     ge
                                   haltung        gruppe      mehrere Ebenen        haltung
                                                                                                                            r        Le
                                                                                                         Ne
 Gebäude €/Platz                      7,5           16              14                22                      ue Chancen fü
 Inneneinrichtung €/Platz             10            17              17                12
 Installation €/Platz                 1,5            2              2                  2
 Festkosten gesamt €/Platz            19            35              33                36
 Festkosten €/Platz und Jahr         2,04          3,93            3,76              3,76
 Vermarktungsfähige Eier je                                                                   Die Festkosten je Ei
                                     275            270              260                260   verdoppeln sich gegen-
 Henne und Jahr
 Festkosten Cent/Ei                   0,7           1,4              1,4                1,4   über der klassischen
 10 000er-Legehennenstall in Unternehmerbauweise ohne Berücksichtigung der Kosten für
                                                                                              Käfighaltung.
 Architekt, Genehmigung, Grundstück, Bodenbewegung und Erschließung.

   Der Futterverbrauch ist in al-
len alternativen Haltungssyste-
                                    Übersicht 2: Direktkosten je Hennenplatz
men ein deutlicher Kostentreiber   10 000 Hennenplätze                          Käfig- Klein- Bodenhal- Boden- Freiland-
(Übersicht 2). Das liegt vor allem                                             haltung gruppe tung m E* haltung haltung
an der größeren Bewegungsakti-     Junghenne (18 Wochen) in €                    3,40      3,40     3,80       3,80    3,80
vität der Hennen, die einen bis zu Futter/Tier/Tag in g                          112       115       118       122     128
20 % höheren Erhaltungsbedarf      MJ ME/kg                                      11,4      11,4     11,6       11,6    11,6
verursacht.
   Dieser Effekt verstärkt sich    Futterpreis €/dt                             21,50     21,50     22,00     22,00   22,00
noch, wenn das Stallklima nicht    Futterverbrauch kg/Henne und Jahr             40,9      42,0     43,1       44,5    46,7
stimmt. In den Ställen mit relativ Futterkosten €/Henne und Jahr                 8,79      9,03     9,48       9,79   10,27
wenig Tieren und gleichzeitig gu-  Energie und Wasser €/Henne und Jahr           0,30      0,30     0,50       0,60    0,60
ter Durchlüftung muss insbeson-    Tierarzt, Impfung, Hygiene €/Henne und Jahr   0,10      0,15     0,20       0,25    0,30
dere in den Übergangszeiten und
                                   Sonstige Kosten €/Henne und Jahr              0,20      0,20     0,26       0,26    0,50
im Winter zusätzlich geheizt wer-
den, um ein optimales Stallklima   Summe direkte Kosten €/Henne und Jahr        12,79     13,08     14,24     14,70   15,47
zu gewährleisten. Dadurch stei-    m E = mit mehreren Ebenen
gen zwar die Energiekosten. Aber
bei zu niedrigen Stalltemperatu- Auch die direkten Kosten steigen – besonders bei Futter, Energie und Tiergesundheit.
ren fressen die Hennen noch
mehr, um die für den eigenen
Wärmehaushalt notwendige Energie zu noch begrenzten Futteraufnahmevermö- Freilandhaltung), energiereicheres Futter
gewinnen. Gerade im ersten Drittel der gens der Hennen in den alternativen Hal- gegeben werden, um eine optimale Ver-
Legeperiode sollte daher aufgrund des tungssystemen (v. a. in der Boden- und sorgung der Tiere sicherzustellen.             j

 Diese Haltungssysteme sind noch zugelassen
 Kleingruppenhaltung                             Bodenhaltung                                  kelten Nestern. Eier aus der Bodenhal-
                                                                                               tung bekommen die Kennziffer 2.
    In der Kleingruppe (oder Kleinvolie-            Je nach Ausführung verfügen die Bo-
 re) werden Gruppen von 30 bis 60 Tieren         denhaltungssysteme über eine oder meh-
 gehalten. Das Gehege verfügt neben Fut-         rere Ebenen (Volierenhaltung). Die Le-
                                                                                               Freilandhaltung
 ter- und Tränkeeinrichtungen über Sitz-         gehennen können sich im gesamten Stall           Die Freilandhaltung stellt eine Erwei-
 stangen, Scharrmatten, abgedunkelte Nes-        bewegen. Bei der einfachen Bodenhal-          terung der Bodenhaltung dar. Die Ställe
 ter und Krallenabriebsmöglichkeiten.            tung können maximal 9 Hennen/m2 Stall-        sind ähnlich, verfügen aber zusätzlich
 Die Mindestgröße ist mit 2,5 m2 vorge-          grundfläche untergebracht werden. Bei          über einen bewachsenen Auslauf. Die
 geben. Die Mindesthöhe beträgt 60 cm.           der Volierenhaltung sind es höchstens 18.     Mindestauslauffläche pro Henne beträgt
    Große Teile des Gehegebodens sind               Mindestens ein Drittel der Stallgrund-     4 m2. Der Auslauf sollte strukturiert sein
 perforiert, so dass die Hennen ähnlich          fläche muss eingestreut sein und zum           und Schutzmöglichkeiten bieten.
 wie bei der klassischen Käfighaltung,            Sandbaden, Scharren, Laufen und Stre-            Die Biohaltung ist eine verschärfte
 wenig mit ihren Exkrementen in Berüh-           cken zur Verfügung stehen. Auf einer          Form der Freilandhaltung. Einem Bio-
 rung kommen. Die hygienischen Vortei-           Kotgrube und auf den unterschiedlichen        huhn stehen ebenfalls 4 m2 Auslauf –
 le der Käfighaltung bleiben somit erhal-         Etagen werden den Hennen Sitzstangen,         aber mehr Stallfläche zur Verfügung.
 ten. Eier aus der Kleingruppe werden            Futter- und Tränkemöglichkeiten ange-         Freilandeier sind mit einer 1 gestempelt,
 mit einer 3 gekennzeichnet.                     boten. Die Eiablage erfolgt in abgedun-       Bioeier mit einer 0.

                                                                                                             top agrar 12/2009        25
Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar
Betriebsleitung

   Grundsätzlich gilt: Die Aufwendungen
für Impfungen, Vitamingaben, Fliegen-
                                                    Übersicht 3: Kosten pro Ei steigen um bis zu 58 %
und Milbenbekämpfung sowie Entwur-                                                            Käfig-     Klein- Bodenhal-         Boden-     Freiland-
mung sind in der Boden- und Freilandhal-                                                     haltung    gruppe tung m E          haltung     haltung
tung deutlich höher als in der klassischen          Festkosten €/Platz und Jahr                2,04       3,93   3,76             3,76        3,90
Käfighaltung und in der Kleinvoliere, bei            Direkte Kosten €/Platz und Jahr           12,79      13,08   14,24            14,70       15,47
denen die Tiere kaum bzw. wenig mit ih-             Arbeitskosten €/Platz und Jahr             1,10       1,20   1,80             2,00        2,30
rem Kot in Kontakt kommen.
   Unter dem Strich sind die direkten               Gesamtkosten €/Platz und Jahr             15,93      18,21   19,80            20,46       21,67
Kosten bei der Freilandhaltung fast 3 €             Vermarktungsfähige* Eier/ Platz
                                                                                              275           270       260          260        240
pro Henne (1,8 Ct/Ei) höher als bei der             und Jahr
klassischen Käfighaltung, in der Boden-              Kosten/Ei in Cent                          5,8        6,7          7,6         8,2         9,0
haltung sind es je nach System zwischen             Mehrkosten in Cent                                   + 0,9        + 1,9       + 2,5       + 3,3
1,50 und 2 € pro Henne (0,8 – 1 Ct/Ei),             Mehrkosten                                          + 15 %       + 33 %      + 43 %      + 58 %
während die Kleingruppenhaltung kaum
                                                    *) Unter Berücksichtigung von Leerstandszeiten und der Junghenneneinstallung mit 18 Wochen
höhere direkte Kosten aufweist (Über-
sicht 2).                                      Unterm Strich steigen die Kosten bei den alternativen Haltungssystemen erheblich –
                                               bei der Kleingruppe im Schnitt um 15 %, bei der Freilandhaltung um 58 %.
Vermarktungsfähige Eier
entscheiden                                    luste im Vergleich dazu 15 bis 35 Eier we-               pro Ei. Die Produktion von Freilandeiern
   Aber nicht nur bei den Kosten, auch         niger vermarktet werden (Übersicht 3).                   ist sogar mehr als 3 Cent pro Ei teuerer.
bei den Leistungen gibt es Unterschiede        Hinzu kommt, dass diese Haltungssysteme                      Diese Werte sind allerdings Durch-
zwischen den Haltungssystemen. Dies            auch noch höhere Wind-, Bruch-, Knick-                   schnittsberechnungen, die z. B. abhängig
lässt sich an der Zahl der vermarktungsfä-     und Schmutzeieranteile aufweisen.                        von der Größe des Betriebes in weiten
higen Eier ablesen. In der Kleingruppen-          Unter dem Strich haben die neuen                      Grenzen schwanken können. So haben
haltung werden der herkömmlichen Kä-           Haltungssysteme deutlich höherer Kos-                    die Futterbezugsmengen sowie die Be-
fighaltung vergleichbare Leistungen er-         ten als die klassische Käfighaltung. Mit                  zugsregion durch Transport und Handels-
reicht. Allerdings steigt der Anteil der       0,9 Cent pro Ei fallen sie bei der Klein-                spannen einen sehr großen Einfluss auf
Schmutzeier. In der Boden- und Freiland-       gruppenhaltung noch vergleichsweise                      die Futterpreise. Die Preisspannen für die
haltung können aufgrund des höheren            moderat aus. Bei der Bodenhaltung sind                   gleiche Futtersorte können schnell zwi-
Krankheitsdrucks und größerer Tierver-         es je nach System schon 1,9 und 2,5 Cent                 schen drei bis fünf €/dt liegen. Mehr- oder

 Nur noch jedes zweite Ei aus Deutschland
 D    ie neuen Haltungsvorgaben für Le-
      gehennen beschleunigen den Struk-
 turwandel. Vor allem kleinere Betriebe
                                               Nachfrage sehr stabil. Entsprechend stei-
                                                                            z. B. erst 3 bis 5 % der Käfige umgerüstet
                                               gen die Importe vor allem aus den Nie-
                                               derlanden, Polen und Belgien.
                                                                            worden. In anderen EU-Staaten sieht es
                                                                            nicht besser aus. Deshalb dürfte der Ruf
 mit bis zu 10 000 Hennenplätzen steigen          Ab 2012 sind auch in den anderen EU-
                                                                            nach längeren Übergangsfristen laut
 aus der Produktion aus. Von 2007 auf          Mitgliedstaaten die herkömmlichen Käfi-
                                                                            werden.
 2008 hat in dieser Größenklasse jeder         ge verboten. Ob dann in der EU tatsäch-
                                                                                Offen ist, ob es nach Umsetzung des
 zehnte Betrieb aufgegeben. Dagegen            lich keine Hennen mehr im klassischen
                                                                            EU-Käfighaltungsverbotes auch in der
 stieg der Anteil der Betriebe mit 50 000      Käfig gehalten werden, ist gegenwärtig
                                                                            EU zu sinkenden Selbstversorgungsgra-
 Legehennen und mehr im gleichen Zeit-         fraglich. Jedenfalls läuft die Umrüstung
                                                                            den kommt, die durch steigende Impor-
 raum um 5 %.                                  EU-weit schleppend an. In Spanien sind
                                                                            te aus Drittländern kompensiert werden
                                                                                               müssten.
 Selbstversorgung                                                                                 Der deutsche Eier-
                                                                                               markt dürfte also auf
 sinkt weiter                           Importvolumen an Hühnereiern in 1 000 t                mittlere Sicht eher
    Dennoch ist der Selbst-         450                                                        knapp versorgt sein. Vor
 versorgungsgrad mit Eiern in       400 74,0                                                   diesem    Hintergrund
 Deutschland allein in den          350        71,2 70,7 70,6                                  könnten sich für deut-
 letzten drei Jahren um mehr        300                            67,8 67,4                   sche Legehennenhalter
 als 10 % auf aktuell rund          250                       68,5                             neue reizvolle Markt-
 55 % gesunken. Das Wachs-          200
                                                                                               und Absatzchancen ent-
 tum in den größeren Betrie-                                                                   wickeln.
 ben kann den Verlust an            150
 Legehennenplätzen in klei-         100             Importvolumen an Hühnereiern                                                B. Grabkowsky und
 neren Betrieben nicht auf-         500              Selbstversorgungsgrad mit Eiern in %                     55,0                 H.-W. Windhorst,
 fangen. Auch durch die um-           0                                                                                     Institut für Strukturfor-
 rüstungsbedingten      Leer-                2002      2003     2004     2005      2006     2007     2008     2009           schung und Planung in
 standsphasen fehlen deutsche                                                       Quelle: FAOSTAT 2009, MEG 2009          agrarischen Intensivge-
 Eier. Gleichzeitig ist die                                                                                                       bieten, Uni Vechta

26 top agrar 12/2009
Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar
nen
 Übersicht 5: Die Bodenhaltung wird

                                                                                                                                                      hen
 zum Standard

                                                                                                                                                    ge
                                                                                            2008 befand
                                                                                                                                           r        Le
                                                                                                                        Ne
 100
        Anteil der Haltungsformen in %                                                      sich schon jede                  ue Chancen fü
                                                                                            5. deutsche
                                                                                            Legehenne in
  80                                                                                        Bodenhaltung.
                                                                                            Innerhalb von     Wir halten fest
  60                                                                                        6 Jahren hat
                                                                                            sich der Anteil      Zwischen den verschiedenen künftig
  40           Ökologische Erzeugung   1)
                                               Freilandhaltung      Bodenhaltung
                                                                                            verdoppelt.       noch zugelassenen Haltungssystemen
                                                                                            Auch die Frei-    von Legehennen gibt es große Kostenun-
               Kleingruppe2)      Käfighaltung einschl. ausgestaltete Käfige
  20                                                                                        land- bzw. Öko-   terschiede. So ist die Produktion von Bo-
                                                                                            haltung haben     denhaltungseiern mindestens knapp 1
   0                                                                                        zugelegt. Dage-   Cent/Ei teurer als bei der Kleingruppe.
             2004          2005             2006       2007          2008          20103)   gen spielt die    Für Eier aus der Freilandhaltung liegt der
       1)
            Erstmalig 2007 erfasst; die Betriebe ordneten sich bis 2006 der Haltungsform    Kleingruppe ei-   Mehraufwand deutlich über 2 Ct/Ei.
            Freilandhaltung zu. 2) Erstmalig 2007 erfasst; 3) Schätzung nach Diekmann       ne geringere         Ob diese Mehrkosten durch entspre-
                  Quelle: B. Grabkowsky und H.-W. Windhorst nach Stat. Bundesamt 2008       Rolle als 2006    chende Preiszuschläge am Markt ausge-
                                                                                            erwartet.         glichen werden können, hängt von den
                                                                                                              jeweiligen Vermarktungswegen ab. In der
                                                                                                              Praxis gibt es viele erfolgreiche Modelle,
Minderkosten von 2,50 € je dt Futter er-                         fähige Eier mehr als ein durchschnittli-     wie die folgenden vier Praxisbeispiele
höhen oder drücken die Produktionskos-                           cher Eierproduzent. Allein dadurch lässt     zeigen. Wichtig ist, dass die gewählte Hal-
ten pro Ei um knapp 1 Cent.                                      sich eine Kostensenkung pro Ei um 0,4        tungsform zu den möglichen Absatzkanä-
   Auch das betriebliche Können ist ent-                         Ct erzielen, was je nach Vermarktungs-       len und betrieblichen Gegebenheiten
scheidend. Gute Betriebsleiter erzeugen                          weg einen Mehrerlös von 0,7 bis zu 1,2 €     passt. Dies will gut überlegt sein. Einen
bei gleichen Kosten zehn vermarktungs-                           pro Henne bedeutet.                          Königsweg gibt es nicht.                 j

                                                                                                                            top agrar 12/2009       27
Was kosten die neuen Haltungsverfahren? - Betriebsleitung - Top Agrar
l t er
       Betriebsleitung
      n ha rch
  n ne n du
He arte
 st           „Das 3er-Ei                            allein reicht auf Dauer nicht“
                                                                                            Boden-, Freiland- und Bioeiern geliefert
                                                                                            bekommen.

                                                                                            Höherer Aufwand,
                                                                                            höhere Preise
                                                                                                Die Vermarktung ist der einzige Grund,
                                                                                            warum Geisthövel von der Kleingruppe
                                                                                            abrückt. Bei der Bodenhaltung fallen die
                                                                                            Kosten durch zusätzlichen Futterver-
                                                                                            brauch und Arbeitsaufwand deutlich stär-
                                                                                            ker ins Gewicht. Ein besonderes Problem
                                                                                            sind die verlegten Eier. „Gerade durch das
                                                                                            nun tägliche Nachsuchen der Eier“, so
                                                                                            Geisthövel, „ist unsere persönliche Belas-
                                                                                            tung deutlich gestiegen.“ Hinzu kommen
                                                                                            Staub- und Hygieneprobleme. Die Tier-
                                                                                            verluste liegen mehr als doppelt so hoch.
                                                                                                Mindestens einen Cent (netto) zusätz-
                                                                                            lich pro Ei benötigt er, um seine Mehrkos-
                                                                                            ten gegenüber den 3er-Eiern aus der Klein-
                                                                                            gruppe hereinzuholen. Das gelingt im Mo-
                                                                                            ment. Der Eiermarkt stellt sich aufgrund
                                                                                            der aktuellen Unterversorgung äußerst po-
                                                                                            sitiv dar. „Ob wir unsere Mehrkosten aber
 Franz Geisthövel setzt inzwischen auf die Bodenhaltung.                                    auf Dauer erwirtschaften können“, so
                                                                                            Geisthövel, „ist eine ganz andere Frage.“
                                                                                                Der 47-Jährige glaubt, dass die Blase
 Er ist von der Kleingruppe                    fen gerne die Eier aus der Kleingruppe,      am Eiermarkt Mitte 2010 platzen könnte
                                               bei ihren Kunden zählt des Gesicht des       und erinnert an die Euphorie 2003. Da-
 positiv überrascht. Trotzdem                  Verkäufers mehr als die Nummer auf           mals sorgte der Ausbruch der Vogelgrippe
 wächst Franz Geisthövel in                    dem Ei“, sagt Geisthövel: „Diese Leute       in den Niederlanden für hohe Eierpreise,
 der Bodenhaltung – weil der                   sterben aber langsam aus, so dass wir uns    worauf die Erzeuger europaweit die Be-
                                               zunehmend auf den Lebensmitteleinzel-        stände aufstockten. Die Folge: Die Eier-
 Markt es so will.                             handel einstellen müssen.“ Dieser ist vom    preise brachen 2004/2005 massiv ein und
                                               Kleingruppenei abgerückt und möchte          stürzten auf ein Niveau von 4 bis 5 Cent.

 D    er Handel verlangt immer mehr das
      Komplettsortiment“, sagt Legehen-
 nenhalter Franz-Rudolf Geisthövel (47)
                                               am besten gleich ein Komplettpaket aus                     Matthias Schulze Steinmann

 vom Möhnesee bei Soest/NRW: „Deshalb
 investieren wir neben der Kleingruppe
 auch in die Bodenhaltung.“                     Je extensiver die Haltung, desto
    Geisthövel steckt mit dem Betrieb
 Sörries-Trockels, den er mit seiner Frau       höher die Risiken!
 und den Schwiegereltern bewirtschaftet,
 mitten in der Umstellung. Zum Jahresen-
 de wird der Betrieb noch rund 100 000
 Hennen zählen – die eine Hälfte in Klein-
                                                E   s gibt bis heute kein Haltungssystem,
                                                    das Tiergesundheit, Umwelt und Pro-
                                                duktqualität gleichermaßen gerecht wird.
                                                                                            ordnungen aufzubauen, weshalb sich
                                                                                            die Hennen teilweise erhebliche Verlet-
                                                                                            zungen in Rangkämpfen zufügen. Dies
 gruppenhaltung, die andere in Bodenhal-        Die Boden- und Freilandhaltungssyste-       kann bislang nur durch ein Stutzen der
 tung mit mehreren Etagen (Volierenhal-         me bieten den Hennen mehr Bewe-             Schnäbelspitzen abgemildert werden.
 tung). Ein weiterer Betriebszweig ist die      gungsspielraum und lassen sie viele ihrer      In Freilandsystemen kommen weite-
 Kükenproduktion mit 12 000 Elterntie-          natürlichen Verhaltensweisen ausüben.       re Probleme durch wechselnde Witte-
 ren. „Wo es geht, stellen wir die Käfigstäl-       Die Tiere kommen allerdings erheb-       rungseinflüsse und Gefahren durch
 le zum Jahresende auf Bodenhaltung             lich mit ihren Ausscheidungen in Be-        Beutegreifer und keimbelastete Kotein-
 um“, sagt Geisthövel: „Das ist aber aus        rührung. Dies führt dazu, dass sich         träge von Wildvögeln hinzu.
 Platzgründen nicht überall möglich – so        Endo- und Ektoparasiten im Verlauf ei-         Weiteres Problem: Bei beiden Syste-
 dass zum Teil nur die Kleingruppe              ner Legeperiode vermehren. Der              men liegen die Staub- und Ammoniak-
 bleibt.“                                       Krankheitsdruck ist dadurch erheblich       emissionen höher als in der Kleingruppe.
    Geisthövel vermarktet fast ausschließ-      höher. Leistungsdepressionen und er-        Je extensiver die Haltungssysteme sind,
 lich an Wiederverkäufer, die auf Märkten       höhte Tierverluste sind oft die Folge.      desto größer die Hygiene- und Krank-
 oder im Haustürgeschäft die Eier an den           Außerdem fällt es den Tieren in gro-     heitsrisiken sowie die Umweltbelastung.
 Mann bringen. Ein kleiner Teil geht an         ßen Gruppen schwerer, stabile Rang-             I. Simon und A. Krafeld, LWK NRW
 Großhändler. „Die Wiederverkäufer kau-

 28 top agrar 12/2009
nen
  Auf Neuland mit Freiland

                                                                                                                                      hen
                                                                                                                                    ge
                                                                                                                            r       Le
                                                                                                         Ne
                                                                                                              ue Chancen fü

Hermann und Daniel Janning aus Twist im Landkreis Emsland sehen ihre Chancen in der Freilandhaltung.

Hermann und Daniel Janning setzen auf die Freiland- und                                        Preiszuschlägen von 100 % und mehr.
                                                                                               „Die Auslistung der 3er-Eier durch die
Biohaltung. Den Einstieg in die Hennenhaltung hat der                                          großen Discounter kommt uns sicherlich
ehemalige Milchviehbetrieb nicht bereut.                                                       zugute“, sagt Hermann Janning. Er er-
                                                                                               wartet nicht zuletzt durch den europa-

E    in wachsender Markt mit einem
     Selbstversorgungsgrad deutlich unter
100 %, das ließ sich Hermann Janning
                                               klusive Zuwegung. Sie entschieden sich
                                               aber wegen des hohen Kapitalbedarfs und
                                               der fehlenden Erfahrung im ersten Jahr
                                                                                               weiten Ausstieg aus der Käfighaltung in
                                                                                               den nächsten Jahren feste Preise – trotz
                                                                                               des steigenden Angebotes.
(48) aus Twist im Emsland nicht zweimal        für eine vertragliche Lohnhaltung. Sie be-          Dabei waren die Zeiten nicht immer
sagen, als ihm sein Berater den Einstieg       kamen die Hennen, das Futter und die            so rosig. „Durch die hohen Getreideprei-
in die Legehennenhaltung schmackhaft           Medikamente von einem Marktpartner              se war die wirtschaftliche Situation
machte. Der neue Betriebszweig rechne-         gestellt und sparten so 150 000 € Umlauf-       2007/2008 deutlich angespannter“, erklärt
te sich auf dem Papier gut und die Fami-       kapital. Dafür liegt der Auszahlungspreis       Hofnachfolger Daniel. „Denn 40 % der
lie war an tägliche Arbeiten im Stall bei      der Eier bis heute um ein knappes Viertel       Produktionskosten sind Futterkosten.“
damals 25 Kühen gewohnt.                       (etwa 3,5 Ct) niedriger. „Für den Einstieg      Auch sind die Margen so eng, dass ein
    Janning verkaufte Kühe und Quote           war die Lohnhaltung das Richtige“, sagt         schlechter Durchgang gleich die Wirt-
und investierte in 19 800 Freilandplätze.      Hermann Janning: „Zum Ende der 13,5-            schaftlichkeit von mehreren guten mit
Die erforderlichen 8 ha Auslauffläche wa-       monatigen Legeperiode werden wir aber           nach unten reißt.
ren auf dem 80-ha-Betrieb vorhanden und        wieder ganz in Eigenregie produzieren.“             Aktuell verdient die Familie aufgrund
auch Sohn Daniel (21) konnte sich für den         Dafür sind die neuen Hennen schon be-        der guten Marktlage sowohl mit der kon-
neuen Betriebszweig begeistern. Den            stellt. Die Produktionskette bei Legehen-       ventionellen als auch mit der biologi-
Schritt hat die Familie nicht bereut und       nen ist straff organisiert. Die Jannings müs-   schen Freilandhaltung gutes Geld. Im di-
entschied sich 2008, weiter in der Lege-       sen mit einem halben Jahr Vorlauf planen.       rekten Vergleich der beiden Verfahren
hennenhaltung zu wachsen. Sie baute ei-                                                        hat zurzeit die Biohaltung die Nase vorn.
nen Stall für 16 200 Bio-Hennen. „Wir                                                          Dafür ist der Verwaltungsaufwand fast
wollten eigentlich einen Stall mit 22 000
                                               Eier für Aldi und Co.                           doppelt so hoch. Es herrschen straffe
klassischen Freilandplätzen bauen“, sagt          Die Eier vermarkten Vater und Sohn           Vorgaben, die mehrmals im Jahr kontrol-
Sohn Daniel „Aber Bio rechnete sich bes-       an einen Wiederverkäufer mit eigener            liert werden. Nicht jede Bio-Auflage kann
ser, und die Anforderungen, z. B. an die er-   Packstelle. Dieser beliefert Discounter         dabei überzeugen: Die Jannings dürfen
forderliche Stallfläche, sind kaum höher.“      wie Aldi und Lidl. Die Produktionskos-          z. B. den Mist aus der Biohaltung nicht im
                                               ten der mit 1 und 0 gekennzeichneten            eigenen Ackerbau ausbringen, weil dieser
                                               Freiland- und Bioeier liegen zwar deut-         konventionell läuft. Die Folge: Der „Bio-
Erster Durchgang im Lohn                       lich über den Kosten von Eiern aus Bo-          Mist“ wird verladen und über 200 km zu
   Vater und Sohn investierten rund            den- oder Kleingruppenhaltung, der Kun-         einem reinen Biobetrieb transportiert.
800 000 € in den Bau des Bio-Stalles in-       de honoriert den Mehraufwand aber mit                      Matthias Schulze Steinmann j

                                                                                                            top agrar 12/2009        29
Betriebsleitung

Mit Kleingruppen die Kosten im Griff                                                        den zum Jahresende stillgelegt.
                                                                                               Dann produziert Abler mit knapp
                                                                                            190 000 Hennen bei einer Legequote von
                                                                                            80 bis 85 % rund 50 Mio. Eier im Jahr.
                                                                                            Wenn die Marktlage weiterhin positiv
                                                                                            bleibt, kommen in den nächsten 3 Jahren
                                                                                            die genehmigten 135 000 Plätze hinzu.

                                                                                            Kostenführer mit
                                                                                            Packstation
                                                                                               „Der europäische Markt für 3er-Eier
                                                                                            bleibt auch weiterhin interessant“, ist er
                                                                                            überzeugt: „Zu niedrigeren Kosten, als
                                                                                            ich hier produziere, können es Franzosen
                                                                                            und Spanier auch nicht.“ Der Vater von
                                                                                            drei Kindern setzt auf Kostenführer-
                                                                                            schaft. Dabei ist die neue Packstelle der
                                                                                            entscheidende Baustein im Konzept des
                                                                                            Jungunternehmers. Eine Sortierleistung
                                                                                            von 60 000 Eiern in der Stunde ermög-
Jürgen Abeler aus NRW setzt auf Kostenführerschaft.            Fotos: Schulze Steinmann     licht es dem Betrieb, zu niedrigen Kosten
                                                                                            an große Endverbraucher zu liefern. Ent-
                                                                                            sprechend steht die Auslastung der Sor-

U    nsere Abnehmer beliefern vor allem
     große Endverbraucher und bevorzu-
gen daher die günstigen 3er-Eier“, sagt
                                               Wachstumsschritte. Ausgehend von
                                               100 000 Käfigplätzen mit angeschlossener
                                               Pack- und Sortieranlage investiert er in
                                                                                            tieranlage im Vordergrund. Drei Vollzeit-
                                                                                            und zehn 400-€-Kräfte beschäftigt der
                                                                                            Jungunternehmer inzwischen.
Jürgen Abeler aus Nordwalde im Müns-           zwei Ställe mit je 67 000 Kleingruppen-         Der Eierprofi sieht der Euphorie bei
terland: „Da lag es für uns nahe, in die       Plätzen und eine moderne Pack- und Sor-      den alternativen Haltungsformen gelas-
Kleinvoliere zu investieren – zumal sie        tierhalle. Zwei weitere Ställe mit 134 000   sen entgegen. „Die Qualität der Klein-
am besten in den Betrieb passt.“               Kleinvolierenplätzen sind erfolgreich be-    gruppeneier ist besser als bei der Boden-
   Der 37-Jährige Hennenhalter nutzt           antragt. Die alten Ställe sind als EU-aus-   oder Freilandhaltung“, so Jürgen Abeler:
das Auslaufen der herkömmlichen Käfig-          gestaltete Käfige umgebaut (54 000 Plätze     „Und die Kostenvorteile sind nicht zu
haltung in Deutschland für entschlossene       mit Bestandsschutz bis 2020) oder wer-       leugnen.“                            -mst-

Erfolgreich mit regionaler Vermarktung
M      arge statt Masse, das ist die Strate-
       gie von Agnes und Christian End-
res (beide 35) aus Großrinderfeld/Baden-
                                               Die geht los bei den Sortier- und Verpa-
                                               ckungskosten von rund 3 Ct/Ei. Allein die
                                               Eierschachtel, ein aufwendig bedrucktes
Württemberg. Bereits vor gut 10 Jahren         Poster-Pack mit dem Label und dem Ge-
entschied sich der Betrieb mit damals          sicht von Agnes und Christian, kostet auf
3 500 Hennen aus der Käfighaltung aus-          das einzelne Ei umgelegt 1,75 Ct.
zusteigen. Was sich seitdem abgespielt            Weitere 2 Ct/Ei entstehen durch Lo-
hat, ist eine echte Erfolgsgeschichte.         gistikkosten. Die Familie beliefert die
   Ausgehend von einer Investition in ei-      Abnehmer in der Region (vor allem
nen 6 000er-Bodenhaltungsstall hält die        EDEKA-Läden) mit zwei Verkaufsfahr-
Familie inzwischen 15 000 Hennen in ei-        zeugen samt Fahrern selbst. Dabei bietet
genen Ställen, weitere 15 000 sind unter       sie einen Vollservice: Die Kunden müssen
Vertrag. Der Clou dabei: Die Familie hat       die Eier nicht bestellen, sondern die Fah-   Agnes und Christian Endres verkaufen
im Laufe der Jahre ein eigenes Vermark-        rer liefern an einem festgelegten Wochen-    ihre Eier mit einer eigenen Marke.
tungs-Label geschaffen und verkauft die        tag und füllen die Regale entsprechend
Eier so mit einer ordentlichen Preisspan-      der zuvor verkauften Ware auf.
ne als regionales Produkt. Kunden aus                                                       saisonal schwachen Verkaufszeiten, Hof-
der Region müssen sich inzwischen im           Rund 60 000 € pro Jahr für                   feste und Aufbauten in Supermärkten. In
Supermarkt entscheiden: Nehmen sie den                                                      der Summe geben sie so im Jahr zwischen
10er-Pack gewöhnliche Bodenhaltungsei-
                                               Werbung und Marketing                        40 000 und 80 000 € aus. Das entspricht
er für 1,39 € oder das 10er-Paket Endres-         Ein weiterer Kostenblock entsteht für     rund 1 Ct/Ei.
Eier für 2,29 €? Sie nehmen häufig das          Werbung und Marketing. Die beiden in-           „Wir verkaufen nicht Bodenhaltungs-
Endres-Ei – Tendenz steigend.                  vestieren in Zeitungs- und Radiower-         eier, sondern Endres-Eier“, erklärt der
   Dafür betreibt die Familie einen ho-        bung, betreiben eine Internetseite und       Betriebsleiter die Vermarktungsstrategie.
hen Aufwand, der sich in zusätzlichen          drucken Plakate und Werbebroschüren.         „Am Anfang haben uns viele belächelt“,
Kosten von etwa 6 Ct/Ei niederschlägt.         Hinzu kommen besondere Aktionen in           sagt er, „heute lacht keiner mehr.“ -mst-

30 top agrar 12/2009
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