Weiterbildung von Lehrpersonen durch Coaching - Von Lehr-Lern-Theorien zur schulischen Praxis

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Weiterbildung von Lehrpersonen durch Coaching - Von Lehr-Lern-Theorien zur schulischen Praxis
Von Lehr-Lern-Theorien zur schulischen Praxis
Weiterbildung von Lehrpersonen durch Coaching
   
   
Weiterbildung von Lehrpersonen durch Coaching - Von Lehr-Lern-Theorien zur schulischen Praxis
Aufgabe für Studierende

           “Wie komme ich zu drei Vierteln des zu
            zwei Dritteln im Becher vorhandenen
            Hüttenkäses?”
          (Hasselhorn & Gold, 2007, p. 272)

HS 2008                                       henrik.saalbach@phz.ch
Mehrheit: Handelndes Problemlösen

                                              aus Vorlesung Prof. A. Gold

HS 2008              henrik.saalbach@phz.ch
Minderheit: Problemlösen durch Transfer

    Transfer Theorie -> Praxis: geschieht nicht spontan
    Hier: Anwendung von Bruchrechnen auf ein
     praktisches Alltagsproblem

          Begriff des trägen Wissens
                                                      aus Vorlesung Prof. A. Gold

HS 2008                      henrik.saalbach@phz.ch
Ausgangslage Coaching-Projekt:
Theorie-Praxis-Diskrepanz

 Theoretisches Wissen über Lehr- und Lernprozesse wird
  oft nicht in der schulischen Praxis umgesetzt
 Warum?
     Lernen am Modell
     Defizitäre Verhaltensorientierung
     Subjektive Theorien
     Stabilität von Routinen

      Potenzial zur Gestaltung von lernwirksamem
      Unterricht wird nicht ausgeschöpft.
Mögliche Lösungen: Ansätze an der ETH

 Zusammenführung von Theorie/Praxis bei der
  Gestaltungen von Unterrichtsumgebungen
   (MINT-Lernzentrum)
 Praxisbezug in der Ausbildung
   (Umsetzung innerhalb der Lehrdiplomsausbildung an der ETH)
 Effektive Fortbildung/Professionalisierung von
  Lehrpersonen in der schulischen Praxis
   (Fortbildungsangebote innerhalb EducETH)
Mögliche Lösungen: Ansätze an der ETH

 Zusammenführung von Theorie/Praxis bei der
  Gestaltungen von Unterrichtsumgebungen
   (MINT-Lernzentrum)
 Praxisbezug in der Ausbildung
   (Umsetzung innerhalb der Lehrdiplomsausbildung an der ETH)
 Effektive Fortbildung/Professionalisierung von
  Lehrpersonen in der schulischen Praxis
   (Fortbildungsangebote innerhalb EducETH)
Ansatzpunkt: Lehrerfortbildung
(Lipowski, 2004)

 Organisatorisch
        Langfristigkeit statt punktueller Veranstaltungen
        Wechsel zwischen Input- und Erprobungsphasen
 Inhaltlich
        Enger fachdidaktischer Fokus
        Inhaltlicher Rahmen und klare Ziele
 Methodisch
        Ansetzen an der tatsächlichen Praxis und den Überzeugungen
         der Teilnehmer
        Reflexion und Feedback

      Effektives Modell: Coaching von Lehrpersonen
Coaching allgemein
(Rauen, 2008)

 Dialogischer, personenzentrierter Beratungs- und
  Begleitungsprozess
 Meist im professionellen Kontext
 Prozessorientiert: Klient entwickelt eigene
  Lösungsansätze („Hilfe zur Selbsthilfe“)
 Zentral: eine Beratungsbeziehung, die durch gegenseitige
  Akzeptanz, Vertrauen und Freiwilligkeit geprägt ist.
Coaching im Kontext Schule

 Fachspezifisch-pädagogisches Coaching
  (Staub, 2001; West & Staub, 2003)
    Reflexion und Entwicklung von Denkgewohnheiten und
     fachspezifisch-pädagogischen Überzeugungen
    Nicht nur prozessorientiert: Coach übernimmt Mitverantwortung und
     interveniert
Projekt „Coaching von Lehrpersonen“ an der ETH

 Ziel: Förderung der professionellen Kompetenz von
  Lehrpersonen

 Coaching: Gemeinsame Reflexion von konkretem
  Unterricht

 Theoretische Basis: Aktuelle Befunde der Lehr- und
  Lernforschung in Form von Leitideen zu guten Unterricht

 Praktische Umsetzung: Klar strukturierter Ablauf auf der
  Basis von Leitfragen
Coaching von Lehrpersonen: Ablauf
Helmke (2006): Zyklenmodell erfolgreicher Unterrichtsentwicklung
Coaching von Lehrpersonen: Ablauf

 Vorgespräch

 Unterrichtsvorbesprechung
  Ausführliche Besprechung und Reflexion der Lernziele
  sowie der dafür notwendigen Lernprozesse

 Unterrichtsbeobachtung

 Unterrichtsnachbesprechung: Ko-Konstruktives
  Gespräch zur Lernwirksamkeit der Lektion(en) und zu
  deren Optimierung
Was ist spezifisch an unserem Ansatz?

 Zielgruppenspezifisch
 Coaching erfolgt „on the job“
 Coaches kennen die institutionellen Abläufe innerhalb der
  Schule
 Coaches sind Begleiter des Entwicklungsprozesses und
  keine „Superlehrer“
 Coaching ist nicht Beurteilung, sondern Förderung
 Legitimierung und Motivierung durch Lernzielkontrollen
 Zielvereinbarungen unterstützten Entwicklungsprozess
Fallbeispiel: Gymnasium, 5. Klasse

Fach
   Physik

Thema
   Mechanische Wellen
Fallbeispiel: Vorbesprechung

 Lernziele
   Verständnis der Beugung
   Verständnis von Wellenlänge und Frequenz sowie deren
    Zusammenhang, Ausbreitungsgeschwindigkeit
   Unterscheidung von Longitudinal- und Transversalwellen, Beispiele

 Vorhandes Vorwissen
   Schwingung, Frequenz, Periode, Kinematik, Modell Feder

 Notwendiges, aber nicht gesichertes
  Vorwissen/Fehlkonzepte
   Schwingung noch nicht “verdaut”
   Welle transportiert Stoff
Fallbeispiel: Lernzielkontrolle

Lernzielkontrolle
 Wozu eine Lernzielkontrolle?

   Theoretischer Hintergrund: Formative Assessment
   Antwort auf die Frage: Was ist während des Unterrichts in den
    Köpfen meiner Schüler/innen geschehen?

   Beispiel für eine Aufgabe:

  „Nennen Sie je ein Beispiel für eine Longitudinal- bzw. eine
  Transversalwelle. Erklären Sie für beide Beispiele, weshalb es sich um
  eine Longitudinal- bzw. eine Transversalwelle handelt.“
Fallbeispiel: Unterrichtsnachbesprechung

Auswertung der Lernzielkontrolle (Beispielaufgabe 1)

 „Nennen Sie je ein Beispiel für eine Longitudinal- bzw. eine
  Transversalwelle. Erklären Sie für beide Beispiele, weshalb es sich um
  eine Longitudinal- bzw. eine Transversalwelle handelt.“

 Richtige Antwort:
    Transversalwelle: Welle im Wasser (die Teilchen des Mediums schwingen
     senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle)
    Longitudinalwelle: Schallwelle (die die Teilchen des Mediums schwingen in
     der gleichen Richtung wie Ausbreitungsrichtung der Welle)

 Lösungsrate: 40% (6/15 hatten 0 Punkte)
Fallbeispiel: Unterrichtsnachbesprechung

Detailanalyse der Antworten:

   Lernende wissen, dass es etwas mit der Richtung zu tun hat.
   Allerdings: Verstehen das oft unabhängig von der Bewegung der
    Teilchen
   Unzureichende Antworten: „Transversalwelle = Teilchenbewegung
    von oben nach unten“, „Longitudinalwelle von links nach rechts“

  Gemeinsame Reflexion mit der Lehrperson:

   Wie könnte man den Unterricht gestalten, dass die Konzepte noch
    besser verstanden werden?
   Vorschläge: Anregung von Vergleichsprozessen, Beispiele in
    Kleingruppen diskutieren/erklären lassen
Fallbeispiel: Unterrichtsnachbesprechung
Auswertung der Lernzielkontrolle (Beispielaufgabe 2)

   „Ihr ferngesteuertes Segelboot schwimmt infolge leerer Batterie mitten
    auf einem See. Um zu vermeiden, dass Sie nass werden, werfen Sie
    Steine in die Nähe des Bootes, damit dieses durch die entstehenden
    Wellen ans Ufer getragen wird. – Ist das eine gute Idee? Begründen
    Sie Ihre Antwort in 2-3 Sätzen.“

 Richtige Antwort:
    Nein! Wellen transportieren nur Energie, aber keine Objekte!

 Lösungsrate: 1/15
Fallbeispiel: Unterrichtsnachbesprechung
Detailanalyse der Antworten:

   Tief verwurzelte Fehlvorstellung: Wellen transportieren nicht nur
    Energie, sondern auch Material
   Fehlvorstellung geht offenbar auf Alltagserfahrungen zurück

  Gemeinsame Reflexion mit der Lehrperson:

   Wie könnte man den Unterricht gestalten, dass die Konzepte noch
    besser verstanden werden?
   Vorschläge: Vertiefte Diskussion dieses Fehlkonzeptes im
    Unterricht, evtl. Demonstrationsexperiment; Vorhersagen der
    SchülerInnen begründen lassen, experimentelleÜberprüfung
    interpretieren und eigenes Wissen reflektieren lassen
Coaching von Lehrpersonen: Studie zur
Wirksamkeit
Nov/Dez 2009
 Fragestellungen
    Kann im Rahmen eines Coachings die grundsätzliche Einstellung
     einer Lehrperson dem Lernen gegenüber verändert werden?
    Kann das Coaching eine Steigerung der Unterrichtsqualität
     bewirken?
    Verändert sich durch das Coaching die Wahrnehmung des
     Unterrichts durch die Schüler/innen in einem positiven Sinn?
 Methode
    Anwendung des Coachings-Ansatzes auf etwa 8 Lehrpersonen der
     Naturwissenschaft aus verschiedenen Schulen
    Verwendung video- und fragebogenbasierter Messinstrumente vor
     und nach der Intervention
Coaching von Lehrpersonen: Feedbacks

Wie schätzt Du den Nutzen des von uns durchgeführten
  Coachings für Dich ein?

 „Der Nutzen für mich war: Rückmeldung von Aussen und
  gemeinsame Reflexion der Unterrichtsbesuche. Konkret
  werde ich Lernziele und deren Überprüfung mittels
  Lernkontrollen bewusster formulieren und gezielter
  einsetzen.“
 „Hoch. Die „Aussensicht“ mit präzisen Beobachtungs-
  schwerpunkten hat mir wertvolle Inputs gegeben.“
Coaching von Lehrpersonen: Zukunftsszenarien

 Wirksamkeitsmessung
 Upscaling
   Dienstleistungsangebot für Schulen
   Weiterbildungsangebot für Lehrpersonen (Mentoren,
    Praktikumslehrpersonen)
   Partielle Integration in die Ausbildung
 Finanzierung?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Unterrichtsvorgespräch
 Fachspezifisches-pädagogisches Wissen
Leitfrage: Welches Vorwissen und welche Fehlkonzepte
  können bei den Lernenden erwartet werden?
   Welches schulische Vorwissen kann bei den Lernenden (re)aktiviert
    werden?
   Welches informelle, alltägliche Vorwissen kann bei den Lernenden
    reaktiviert werden?
   Welche möglichen Fehlkonzepte könnten den Lernprozess stören
    oder gar verhindern?
   Mit welchen Mitteln könnten das Vorwissen bzw. die Fehlkonzepte
    diagnostiziert werden?
Unterrichtsvorgespräch
 Didaktische Methoden
Leitfrage: Welche Methoden werden zum Erreichen der
  Lernziele eingesetzt?
   Welche Methoden sind geeignet, um die einzelnen Lernziele
    umzusetzen?
   Welche Methoden sind vor dem Hintergrund der interindividuellen
    Unterschiede (bzgl. Vorwissen, Motivation, Lerngeschwindigkeit) in
    der Klasse geeignet?
   Welche Massnahmen zur kognitiven Aktivierung werden getroffen?
   Inwiefern wird dem Gedanken der Methodenvielfalt Genüge getan?
   Welchen Anteil haben Plenum-, Gruppenunterricht und Einzelarbeit
   Wie sind Gruppenarbeitsphasen organisiert?
   Wie wird die Einzelarbeit organisiert?
Reflexion unterrichtlichen Handlens

 Kunter, Brunner, Baumert et al.: Im Sinne des deliberate practice
  ist eine Erweiterung der beruflichen Kompetenz [von
  Lehrpersonen] – und speziell des fachbezogenen Wissens – nur
  dann zu erwarten, wenn das eigene Handeln bewusst reflektiert
  wird mit dem Ziel, das fachdidaktische Wissen und das
  Unterrichten zu verbessern.
Fallbeispiel: 1. Klasse Gymnasium
Thema: Kinematik/Beschleunigung
AuswertungderLernzielkontrolle
 Bei der Messung der Bewegung eines Autos ist ein Teil der Unterlagen
  verloren gegangen, übrig geblieben sind nur die folgenden Messdaten .
a.) Berechne die Geschwindigkeit des Autos aufgrund der Daten.
    b.) Erkläre in etwa 2 Sätzen, aufgrund welcher Überlegungen Du zu der
    Lösung gekommen bist.
                 Wert 1       Wert 2       Wert 3       Wert 4
   Ort (in m)    380          382          384          386
   Zeit (in s)   24           25           26           27

Lösungsrate: 50% (5/15 hatten 0 Punkte)
Analyse:
    haben einfach den Gesamtweg durch die Gesamtzeit dividiert; nicht
     die Veränderung und dann den Durchschnitt berechnet
    Fehlkonzept offenbar durch die Formel v=s/t
Leitideen guten Unterrichts

 Lernen ist ein je subjektiv zu vollziehender, geistiger
  Konstruktionsprozess.
 Konstruktivistisch orientierte Lernumgebungen sind
  lehrergesteuert, aber schülerzentriert.
 Der Schlüssel zur Initiierung von Lernprozessen ist die
  kognitive Aktivierung.
 Die Methoden sind abgestimmt auf die
  Lernvoraussetzungen und die Lernziele.
 Der Lernprozess der Schülerinnen und Schüler wird
  permanentkontrolliert.
 …
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