Wenn einer eine Reise tut so kann man viel erleben! Und 110 Jahre MGI

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Wenn einer eine Reise tut so kann man viel erleben! Und 110 Jahre MGI
MUSIKREISE MGI 1918

    Wenn einer eine Reise tut so kann man viel
    erleben! Und 110 Jahre MGI
    Diese bekannte Rezitation soll uns auf zwei Jubiläen hinweisen. Mit Datum 31. De-
    zember 1918 wurde im Protokollbuch der Musikgesellschaft Immensee ein Reisebe-
    richt auf den Stoos verfasst. Im Weiteren kann im Jahr 2019 die Musikgesellschaft
    Immensee auf eine 110-jährige Geschichte zurückblicken. Aber lassen wir uns die Ge-
    schichten erzählen.
    Im Freier Schweizer vom 27. Mai 1896 ist folgende Einsendung zu lesen: «Küssnacht.
    Immensee: Am Pfingst-Nachheiligtag produzierte sich bei Anlass der Feuermusterung
    in Immensee zum ersten Male unsere junge, aus acht Mann bestehende Feuerwehr-
    musik und allgemein hörten wir dieselbe rühmen, sie leistet schon recht Tüchtiges und
    gereicht dem ganzen schmucken und zum grossen Teile neuorganisierten und unifor-
    mierten Steiger Korps zur Ehre.» Eine erste Erwähnung von einer kleinen Musikfor-
    mation in Immensee die eine Bereicherung war für diesen Anlass. Dann aber vergin-
    gen einige Jahre bis dann die Musikgesellschaft Immensee im Jahre 1909 gegründet
    wurde. 13 junge Männer liessen sich als Gründer in das Protokollbuch eintragen. Der
    erste Präsident war Martin Schuler. Staub Josef, Haberthür Albert, Schönbächler Sieg-
    fried, Muff Franz, Sidler Klemenz, Seeholzer Iwan, Städelin Karl, Wyss Josef, Gara-
    venta Karl, Müller Josef, Schuler Karl, Truttmann Alois waren die weiteren Gründungs-
    mitglieder.
    Die am 1. März 1908 gegründete Schützengesellschaft in Immensee fragte nun die
    noch junge Musikgesellschaft, ob sie nicht am ersten Kilbischiessen vom 14./15. No-
    vember 1909 mitwirken würden. Nach langem Zögern beschloss man die Zusage zu
    erteilen und den ersten Schritt an die Öffentlichkeit zu wagen. So lesen wir im "Freier
    Schweizer" vom 20. November 1909:
    .. Der weltliche Teil der Feier lockte viele liebenswerte Nachbarn ans friedliche Ge-
    stade. Punkt 12 Uhr krachten die ersten Schüsse auf dem neuen Platze, aber auch
    punkt 2 Uhr erschien wie angekündigt die neue zehnköpfige Musik zum ersten Mal auf
    dem Plan. Aufrecht wie die wackeren Sieben marschierten sie daher, wohl pochten die
    Herzen, aber die ernstfrohen Musikerminen verrieten minder Furcht als das Bewusst-
    sein, Herr ihrer noch kleinen Kunst zu sein. In der Tat, die vorgetragenen 4 Nummern
    erntete, als das recht gute Produkt von Anfängern, nur ein Lob. Das Spiel mit seinen
    geradezu bewunderungswürdigen Pianos, mit den gut vorgetragenen Fortissimos,
    markiert vom festen Takt, verriet die meisterhafte Direktion des Hochw. Herrn Prof.
    Bosetti aus dem Institut Bethlehem. Glückauf, der beflissenen Söhne der edlen Mu-
    sika, wir gratulieren ihnen herzlichst. Dem Hochw. Herrn Direktor unsern innigs-
    ten Dank. … I n den Kilbimontag wurden wir über die Schwelle unseres schlichten
    Kirchleins geführt zur Schützenmesse, an der Spitze die junge Musik, dann kamen die
    Armbrustschützen als der älteste Verein und als Schluss der neue Schiessverein. Der
    stramme Einzug unter den anmutigen Weisen der Musik, dem feierlichen Glockenge-
    läute präsentierte sich für das bescheidene Immensee ganz imposant und lockte
    manch altem Männlein und Weiblein selbst Tränen der Rührung. Den ganzen Tag
    über wurde das eifrige Gewehrfeuer nicht eingestellt bis Abenddämmerung Halt gebot
    und man sich an das Plündern des stolzen Gabentempels im Schulhause machte."
    Als Gage bekam die Musikgesellschaft für diesen Auftritt 10.00 Fr. und ein Znüni.

    Freier Schweizer, Freitag, 21. Dezember 2018 – Nr. 102 – Seite 2
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Wenn einer eine Reise tut so kann man viel erleben! Und 110 Jahre MGI
MUSIKREISE MGI 1918

    Hintere Reihe: (v.l.n.r.) Städelin Karl, Müller Josef, Schönbächler Siegfried
    Mittlere Reihe: Schuler Karl jun. Sidler Klemenz, Seeholzer Iwan, Haberthür Albert
    Vordere Reihe: Holzgang Alois, Wyss Josef, Schuler Martin, Muff Franz, Staub Josef, Garaventa
    Karl
    Das Foto von 1911 zeigt die Musikgesellschaft Immensee mit den Gründungsmitglie-
    dern.

    Die alte Käserei in Ober-Immensee.             Karl Garaventa *1888 + 1965
    (2011 durch einen Neubau ersetzt)

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    Der Käsekeller diente als Probelokal
    Als Probelokal diente der Käsekeller der Sennerei in Oberimmensee. Man wagte sich
    an die Öffentlichkeit und veranstaltete eine Christbaumfeier im Gasthaus Schlüssel,
    spielte im Kurhaus Baumgarten auf, um nur zwei Anlässe aus dem Jahre 1910 zu
    nennen. 1911 begann man mit der Theaterproduktion im Gasthaus Schlüssel. Diese
    Tradition dauerte bis 1978 mit dem letzten Theaterstück «Unzuerächnisfähig».
    Nun hören wir, was der Protokolleintrag vom 31. Dezember 1918 vermeldet. Am 6. Juli
    1918 begab sich die Musikgesellschaft Immensee auf eine Musikreise auf den Stoos.
    Die Musikkollegen machten einen Besuch bei ihrem Aktivmitglied Karl Garaventa, der
    in Sommer 1918 auf dem Stoos Älpler war. Das Geschlecht Garaventa stammt aus
    Genua und Giuseppe Garaventa zog zwischen 1855 und 1860 in die Schweiz und liess
    sich zuerst in Goldau nieder. Giuseppe Garaventa erwarb dann 1894 die Liegenschaft
    Rütibühl, Seelacker, teil Hünglech, sowie Güter- und Allmend Land – ein Bauerngut
    mit Käserei in Ober-Immensee.

    Die Liegenschaft Rütibühl in Ober-Immensee
    1914 übernahm Karl Garaventa dieses Heimwesen. Die Landwirtschaft und das Käsen
    packten ihn wenig. Vielmehr lag ihm das Tüfteln, weshalb ihn der Vater einen «Machi-
    nengrind» nannte. Karl konstruierte alles Mögliche: Güllenpumpen, Mostpressen und
    den Löchlitöff, ein Motorrad, dessen Aussehen an einen Metallbaukasten erinnerte.
    Karl übernahm von der Schweizerischen Bundesbahnen Holzakkorde an der Ri-
    gilehne. 1928 baute er dann erste Holzseilbahn. Daraus ging dann das Seilbahnunter-
    nehmen Garaventa AG hervor, die 2018 auch ein kleines Jubiläum feiern konnten und
    mit dem Inovationspreis der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz 2018 in
    Anerkennung für den Bau der neuen Stoosbahn ausgezeichnet wurde. Erste Sekre-
    tärin bei Karl Garaventa war Pia Huwiler aus Immensee.
    Lassen wir nun einige Zeilen zu Gemüte führen:» Samstag, den 6. Juli ging’s abends
    mit dem 8 Uhr Zug nach Brunnen. Da sind wir auf Befehl in der Moststube Brunnen
    eingekehrt, mit kurzem Musikklang. Um 10 Uhr Abmarsch nach Morschach. Ankunft
    im Nägelisgärtli um 11.30 Uhr. Da nahmen wir Znüni. Um 12.30 Uhr Abmarsch ohne
    Schirm. Ankunft auf dem alpenrosengeschmückten Stoos bei Garaventa Karls Hütte
    um 1.50 Uhr nachts. Garaventa war in gutem Schlafe, von der Tagwacht von Schuler
    Karl und Beeler Josef erweckt. Da war eine freundliche Aufnahme mit einem grossen
    Kessel voll Milch und wurde mit gutem Glust beim Tropfen auf geschlappt. Um 2.30
    Uhr gingen wir gruppenweise mit Begleit von Karl Garaventa zum Schlafe. Schlüssel-
    wirt fand den Schlaf ohne Begleit. Morgens um 6 Uhr waren wieder alle auf den

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    Füssen. Es haben nicht alle gut geschlafen. Besonders jene im oberen Stock. Um 7
    Uhr gab Garaventa Karl das Frühstück. Nachher kurzer Musikvortrag vor der Hütte.
    Dann geht es auf die Frohalp. Die ersten kamen um 9.45 Uhr dort an. Die letzten weiss
    wer will, betreff Alpenrosen pflücken. Um 12 Uhr mittags sind alle wieder gesund bei
    Karls Hütte eingetroffen. Da wird’s in allen Ecken gemütlich zu Mittag gegessen. Der
    Schwarze ist auch nicht vergessen worden. Nach dem Musikvortrag vor Karls Hütte
    Abmarsch um 1.10 Uhr zum Hotel Stoos mit Musikvortrag und da gibt’s guten Wein
    und einige Tänzchen. Nach 2 Uhr weiter zur Alpen Wirtschaft mit einem Musikvortrag
    und gemütlichem Tanzbeinschwingen. Mit aller Gewalt um 3.30 Uhr Abmarsch bis Nä-
    gelisgärtli. Dort kommen wir um 4.10 Uhr an. Das Zabig eingenommen mit vortragen
    von Musikstücken. Um 5.15 Uhr Abschied genommen von unserem treuen Musikkol-
    legen Garaventa Karl mit fröhlichem Lebewohl und innigsten Dank für die gute Auf-
    nahme und die gute Bewirtung. Mit Geschwindigkeit und Hindernissen ging es nach
    Brunnen. Der Zug fuhr um 6.20 Uhr ab nach Immensee. Dort sind wir noch zufrieden
    und müssen noch ins Ribetschi und dort noch einige Musikvorträge zum Besten ge-
    ben. Um 8.30 Uhr gingen fast alle heim. Einige mussten noch einen Abstecher ma-
    chen. Im Jahr 1918 hatte die Musikgesellschaft Immensee 6 öffentliche Auftritte. Ge-
    zeichnet der Präsident Muff Franz und der Aktuar Alois Holzgang.»
    Diese paar Zeilen zeigen auf, was klein angefangen und heute aus dem Dorf Immen-
    see nicht mehr wegzudenken ist. Die Musikgesellschaft Immensee belebt das Dorfle-
    ben wie auch die anderen Dorfvereine von Immensee. Halten wir Sorge zu diesen
    Vereinen und gratulieren der Musikgesellschaft Immensee zu diesem kleinen Jubi-
    läum.

    Historischer Verein Küssnacht am Rigi

    Peter Trutmann

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