WILLKOMMEN! LAND UNTER - LEBEN MIT EXTREMHOCHWÄSSERN
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Univ.-Prof. Ing. Dr. phil. Verena WINIWARTER • Dekanin der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (Klagenfurt - Graz - Wien) • Professorin für Umweltgeschichte am Institut für Soziale Ökologie der Alpen- Adria-Universität Klagenfurt • Präsidentin der europäischen Gesellschaft für Umweltgeschichte 2001-2005 • Forschungsinteressen: Umweltgeschichte von Agrargesellschaften, Umweltgeschichte Österreichs, Wissenschaftstheorie interdisziplinärer Forschung • Herausgeberin der interdisziplinären Fachzeitschrift GAIA
Was tun, wenn Extreme normal sind? 400 Jahre wechselvoller Umgang mit der Dynamik der (Wiener) Donau Eine Präsentation aus ENVIEDAN, FWF P 22265-G18 Univ.-Prof. Ing. Dr. phil. Verena Winiwarter Österreichische Akademie der Wissenschaften, Kommission für interdisziplinäre x 13.11.2013 Ökologische Studien, Vortragsveranstaltung „Land Unter“, 4.11.2013
Wissen, wovon wir sprechen… • Extremereignisse sind seltene Ereignisse, die stark von einem statistischen Mittelwert abweichen. • Sie sind nicht unbedingt mit Schäden verbunden. • Eine Naturkatastrophe ist ein Schadenereignis, dessen Folgen von den Betroffenen nicht alleine bewältigt werden können. • Sie wird nicht immer durch Extremereignisse verursacht. • Naturgefahren sind natürliche Prozesse und Zustände, die Gesellschaft und Umwelt bedrohen. x R. H o h m a n n , C h. P f i s t e r u n d C h. F r e i, 2003 13.11.2013
Donau-Rekonstruktionsvideos sind zu finden unter: Hohensinner et al., 2013 http://www.youtube.com/user/kyselaklebt x 13.11.2013
Frostige Zeiten in der Kleinen Eiszeit • Eis auf der Donau zwischen Regensburg und Wien in ENGLISCHEN ZEITUNGEN 1/1687 3/1698 2/1703 1/1704 1-2/1705 3/1709 3/1710 2/1715 12/1716 1-4/1717 1-3/1718 3/1726 2/1736 1/1739 2/1740 3/1743 17.3.1744 2/1746 1/1747 2-3/1748 2/1753 1/1757 12/1761 1-2/1766 3/1788 1/1775 2/1780 11/1783 x 13.11.2013
Der Lakagigar-Ausbruch 1783/84 Vulkanite der Ausbrüche an der Laki-Spalte 1783/84 (Süd-Island) © Andreas Mieth, aus Winiwarter/Bork, 2014 x 13.11.2013
FEB/MÄRZ 1784 Brazdil et al, Theor Appl Climatol., 2009 x 13.11.2013
FEB/ MÄRZ 1784 Brazdil et al, Theor Appl Climatol., 2009 x 13.11.2013
FEB/ MÄRZ 1784 Temperaturanstieg von 0°C auf 10°C am 25/26.2. PLUS Regen Eis bricht binnen Stunden. Am Tabor steigt der Pegel von 26. Feb. abends bis 29.Feb an, das Hochwasser bricht sich Bahn, Wasser steigt daher bis 2.März nicht weiter. Ab 29.2. fällt die Temperatur wieder unter 0°C. x 13.11.2013 Brazdil et al, Theor Appl Climatol., 2009
STERBLICHKEIT TEMPERATUR Brazdil et al, Theor Appl Climatol., 2009 x 13.11.2013
x 13.11.2013
Indessen haben jene Drangsale doch keinen sonderlichen Einfluß auf die Arme[n] gehabt, indem die durch die weisen Policeyanstalten in dieser Zeit so gute wo nicht bessere Nahrung bekamen, als sie sich vor der Überschwemmung selbst verschaffen konnten, und sich etwa nach derselben verschaffen werden. Dagegen haben die Hauseigenthümer, der Handel, und die in den überschwemmt gewesenen Gässen wohnende Handwerksleute grossen Schaden gelitten. Wiener Zeitung 20, 10. März 1784, S. 494 x 13.11.2013
Gesellschaftliche Reaktionen Kurzfristig (bis 2 Wochen) und Mittelfristig (2 Wochen bis 6 Monate) • Sammlungen für Flutopfer • Armeeeinsatz gegen Plünderungen • Hygieneverordnungen • Anordnung der Reparatur zentraler Infrastruktur • Kontrolle von Spendenabrechnungen Langfristig (6 Monate bis 2-3 Jahre) • Notfallpläne, Einrichtung von Kommissionen, Vereinbarung von Warnsignalen x 13.11.2013
Pfister, 2002, 19 x 13.11.2013
Haben wir Vorräte? Können wir sie effektiv Was für ein verteilen? Herrscher/Staat wollen wir sein? x 13.11.2013 Nach UNICEF 1990
Extremhochwässer: Cui Bono? • Eine Möglichkeit, herrscherliche Fürsorge zu demonstrieren. http://kurier.at/politik/inland/hochwasser-und-ueberschwemmungen-politik-im- x 13.11.2013 regen/14.659.598/slideshow#14659598,14659248,
Eduard Gurk: Franz II./I. besichtigt den Schaden der Überschwemmung in der Rossau, 1830 x 13.11.2013 http://www.habsburger.net/de/medien/eduard-gurk-franz-iii-besichtigt-den-schaden-der-uberschwemmung-der-rossau-1830
Extremhochwasserschutz: Cui Bono? • Stabilisierung minimiert Kosten • Schafft Arbeitsplätze im Hochwasserschutz • Erlaubt die Nutzung der Infrastruktur- vorteile von Fließgewässern mit geringem Risiko • Hat massive Auswirkungen auf die Fließgewässer-Ökosysteme • Schafft Ewigkeitslasten – Selbstbindung von Gesellschaft x 13.11.2013
Schutz und Schaden • Schadenhöhe hängt ab von – Hochwasserhöhe – Geschwindigkeit des Erreichens der Maximalhöhe – Länge des Hochwasserereignisses – Anzahl von Ereignissen in rascher Folge – MENGE UND WERT DER MENSCHLICHEN BESITZTÜMER IM HOCHWASSERGEBIET x 13.11.2013
1704 1773/81 1849 1875 Haidvogl et al., 2013 x 13.11.2013
MENSCHLICHE BESITZTÜMER IM HOCHWASSERGEBIET 1704 1912 Haidvogl et al., 2013 x 13.11.2013
Die „Herstellung“ von Katastrophen St. Francis River (Quebec), Canada, Beginn des 20. Jahrhunderts • Hochwässer unterschiedlicher Intensität gehörten zum Alltag. • Industrialisierung führte zu kapitalintensiven Bauten am und im Fluss, die eine gleichmäßige Wasserzufuhr bzw. konstante elektrische Energie benötigen. • Je besser der Durchfluss kontrolliert werden konnte, desto besser für die Unternehmer. • Das Wasser, das durch Hochwasser verlorenging, sollte nutzbar gemacht werden. Natur brachte Unordnung in die ökonomische , industrielle Ordnung. Dafür mussten die Hochwässer als Katastrophe, Extrem, als außerhalb der Norm befindliche Gefahr markiert werden. Umgang mit Hochwasser wurde mehr und mehr professionalisiert. Das wandelte mit der Zeit auch die Wahrnehmung der Bevölkerung x 13.11.2013 Castonguay, 2007
Zum Weiterlesen … Brázdil, R., Demarée, G.R., Deutsch, M., Garnier, E., Kiss, A., Kolář, P., Luterbacher, J., Macdonald, N., and Rohr, C. , Dobrovolný, P., Kolář P. & Chromá K. (2010): Floods of the winter 1783/1784 in Europe: a scenario of an extreme event in the Little Ice Age, Theor. Appl. Climatol. 100, 163-189. Castonguay, Stéphane “The Production of Flood as Natural Catastrophe: Extreme Events and the Construction of Vulnerability in the Drainage Basin of the St. Francis River (Quebec), Mid- nineteenth to Mid-twentieth Century,” Environmental History 12 (October 2007): 820-44. Haidvogl G., M. Guthyne-Horvath, S. Gierlinger, S. Hohensinner & Ch. Sonnlechner (2013): Urban land for a growing city at the banks of a moving river: Vienna´s spread into the Danube island Unterer Werd from the late 17th to the beginning of the 20th century. In: Water History 5 (2), pp. 195-217. http://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s12685-013-0078-y.pdf Hohensinner S., B. Lager, Ch. Sonnlechner, G. Haidvogl, S. Gierlinger, M. Schmid, F. Krausmann & V. Winiwarter (2013): Changes in water and land: the reconstructed Viennese riverscape from 1500 to the present. In: Water History 5 (2), pp. 145-172. http://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s12685-013-0074-2.pdf Hohmann, Roland / Frei, Christoph / Pfister Christian: Extremereignisse, Naturgefahren und Naturkatastrophen, in: OcCC Organe consultatif sur les changements climatiques (Hg.): Extremereignisse und Klimaänderung. Bern 2003, S. 14–15. Pfister, Christian (Hg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500-2000. Bern 2002. x 13.11.2013
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