Wo Badener Sushi und Japaner Brägele essen - KARLHEINZ SCHERFLING
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Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 39 K ARLHEINZ S CHERFLING Wo Badener Sushi und Japaner Brägele essen Die Freiburger Markthalle wurde runderneuert
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 40 W enn in der Grün- wälderstraße nicht eine große, wehen- de Fahne den Namen Markt- halle tragen würde, käme kaum ein Passant auf die Idee, hinter der edlen Sand- steinfassade aus dem 19. Jahrhundert und einem eher kleinen Eingang einen ganz speziellen Gourmettempel anzutreffen, in dem sich tag- täglich die Menschen um die Imbissstände drängen, sich zum kurzen Gespräch in der Mittagspause treffen, etwas Besonderes für die heimische Küche einkaufen oder ein- fach nur dem bunten Treiben zuschauen. Die Freiburger Markthalle, vor 20 Jahren in den Räumen der ehemaligen Druckerei von Poppen & Ort- mann eingerichtet, ist längst zu einer Institution in der Stadt geworden. In die Jahre gekommen, wurde sie im Sommer 2007 runderneuert und erstrahlt jetzt in neuem Glanz der kristallenen Lüster. Die Champagnerbar ist im Zentrum der Markthalle ein beliebter Treffpunkt. Für die Stammkunden war es Markthallenmanager Thomas eine lange Zeit der Entbeh- Holtz sagte, als die letzten rung: Genau sechs Monate Handwerker kurz vor knapp und sechs Tage mussten sie ihr Werkzeug zusammen- auf ihren Besuch beim Inder räumten. Als dann am Sams- Bild vorige Seite: oder Chinesen, beim Cham- tag, 6. Oktober, die Besucher Die Inschrift über dem Torbogen in der Grünwälderstraße erinnert dar- pagnerstand oder bei der Kaf- die Halle stürmten, war kein an, dass hier einmal die Freiburger feebar verzichten. So lange Oberbürgermeister wie 20 Zeitung gedruckt wurde. Heute be- dauerten die Umbauarbeiten, Jahre zuvor zugegen, um mit findet sich in den Druckereiräumen eine attraktive Markthalle. die aber nach 20 Jahren drin- dem feierlichen Durchschnei- Alle Fotos: Karlheinz Scherfling gend notwendig waren, wie den eines Wurstbandes das 40
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 41 treiber. Die Angebotspalette liest sich dennoch ähnlich multikulti wie zuvor. Zwei Betriebe hatten es allerdings nicht mehr geschafft, recht- zeitig mit ihrem Stand fertig zu sein. Aber die Lücken fie- len bei dem Gedränge erst gar nicht auf. Denn jeder war froh, irgendwo ein Plätz- chen zu finden, um seinen Tandoorispieß vom Inder, Sushi vom Japaner, eine ita- Startsignal zu geben. Mehr als 20 000 Besucher sollen es gewesen sein, die an dem er- sten Tag der Wiedereröff- nung neugierig in die Halle drängten, auf der Suche nach ihrem Stammstand oder inter- essiert nach Neuem Aus- schau haltend. Neues gab es viel zu erkun- den, denn zwei Drittel der 20 Stände haben neue Be- lienische Vorspeise oder ein badisches Suppenfleisch ohne heftige Stöße in die Rippen verzehren zu kön- nen. Besonders dicht war das Gedränge am Champa- gnerstand, der mitten in der sich weit nach oben öffnen- den Halle ein zentraler Punkt in der Markthalle und mit seinen kristallenen Lüs- tern auch ein attraktiver Blickfang ist. 41
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 42 Eines registrierten die Stamm- sten Hochsommer freuen. Was der Besucher auch nicht gäste an diesem ersten Tag Was beim ersten Besuch zu sehen bekommt, macht nach den Bauarbeiten mit be- auch auffiel, war der Ein- gerade mal ein Drittel der ge- sonderem Lob: Obwohl sich druck, dass alles etwas heller samten Halle aus: In der zwei- so viele Menschen in den und im zentralen Bereich ten Etage befindet sich eine Gängen drängten, gab es kei- auch geräumiger ist (wenn große Spülstraße, in der das ne „dicke Luft“. Dieses Pro- sich nicht, wie am Eröff- Geschirr von allen Anbietern blem zu lösen, war eines der nungstag, Tausende Men- gewaschen wird. Im Kellerge- Hauptanliegen bei den Reno- schen gleichzeitig durch die schoss finden sich nicht nur Die Fensterfront im Martinsgäßle (links), eine ausgetretene Sandsteintreppe aus früheren Zeiten (Mitte) und die Fassade des Druckhauses von Poppen & Ortmann in der Kaiser-Joseph-Straße. vierungsarbeiten gewesen. Flure drängen). Der Gast, der die Vorratszellen der Stand- Und in dieses Detail wurde sein Augenmerk nur auf die betreiber, sondern auch der auch kräftig investiert. Heute vielfältigsten Speisen richtet, gekühlte Müllraum. „Hygiene sorgt im Obergeschoss eine die meistens vor seinen Au- wird bei uns groß geschrie- leistungsfähige Klimaanlage gen zubereitet werden, sieht ben“, sagte Manager Thomas dafür, dass sich die Besucher nicht auf den ersten Blick, Holtz. Die Modernisierung der Markthalle auch im dass sich auch an den Markt- hat sich der Besitzer der Im- Hochsommer wohl fühlen ständen einiges gewaltig ver- mobilie, der Verlag Poppen & können, wenn wieder einmal ändert hat. Verbesserung der Ortmann, 2,8 Millionen Euro schwüles Wetter den Freibur- Hygiene war nämlich ein wei- kosten lassen. Die 20 Mieter gern das Leben schwer macht, teres Ziel der Umbauarbeiten haben für die Standeinrich- oder wenn sich ganz viele und so haben jetzt alle Stände tung eine Million Euro inves- Menschen durch die Flure einen Sockel und das Fett in titert. drängen. Die Lüftungsanlage der Abluft kann sich nicht Wer nur in einer kurzen Pause sei zehnmal so leistungsfähig mehr irgendwo absetzen, in die Markthalle gehen wie ihre Vorgängerin, sagte sondern wird von UVC-Lam- möchte, bekommt jetzt auch Thomas Holtz. Nun, da kön- pen in den Absaugvorrichtun- kleine oder mittlere Portionen nen wir uns ja auf den näch- gen verbrannt. als Pausensnack und wen das 42
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 43 Gedränge abschreckt, der kann sich in eine der kleinen Zonen zwischen den Stän- den zurückziehen oder sein Essen wie bisher in der Oste- ria zu sich nehmen. Im Som- mer besteht zudem die Mög- lichkeit, sich mit seinem Essen in den Außenbereich der Gast- stätte Martinsbräu im Martins- gässle zu setzen. A propos Martinsgässle: Hieß das nicht einmal Fressgässle? So wenig wie jüngere Freibur- ger von der Markthalle wissen, dass sie hier in einem ehema- Im Durchgang zur Grünwälderstraße gibt es frisches Obst und Gemüse. ligen Industriegebäude kuli- narischen Genüssen frönen, durch die städtischen Geneh- tung dieses großen Innen- wo einst die Badische Zei- migungsbehörden absolvie- stadtgeländes zwischen Augu- tung gedruckt wurde, so we- ren, bis schließlich Oberbür- stinerplatz, Grünwälderstraße, nig wissen sie noch vom Streit germeister Rolf Böhme ein Kaiser-Joseph-Straße und Ger- um das Fressgässle vor mehr Machtwort sprach. Am berau. Vor allem sollte Wohn- als 20 Jahren, von jener klei- 1. März 1986 konnten die bebauung gefördert und ge- nen Gasse, in der einst nachts zwölf zugelassenen Anbieter werbliche Aktivitäten in dem die grünen Kleinlaster der ihre Stände aufstellen und Mischgebiet begrenzt wer- Badischen Zeitung die frisch allerlei kulinarische Spezialitä- den. Allerdings erwiesen sich gedruckten Zeitungen abhol- ten anbieten. Der Delikates- die Verkaufsverhandlungen ten, um sie in die umliegen- senmarkt im Freien, so wurde über die Grundstücke im Jahre den Dörfer und Städte zu immer wieder beteuert, sollte 1986 als sehr schwierig und bringen. keine Konkurrenz zum Müns- auch die von den Planern vor- Als die Druckerei 1984 ihren termarkt sein. Der kleine ex- geschlagene Nutzung schien Neubau im Industriegebiet quisite Samstagsmarkt wurde möglichen Investoren nicht Süd bezogen hatte, wurde es rasch zu einem Treffpunkt von Erfolg versprechend. ruhig in der kleinen Sackgasse Freiburger Feinschmeckern Der spontane Erfolg im Fress- neben dem Martinstor. 1985 und sein Name stand auch so- gässle ließ Geschäftsleute auf bemühte sich ein neu gegrün- gleich fest „Fressgässle“. die Idee kommen, so etwas in deter Verein, in der 37 Meter Während nun neues Leben in größerem Stil und unter Dach langen Gasse eine „Fress- die kleine Gasse eingekehrt anzubieten. Mögliche Räume gasse“ einzurichten, in der ein war, standen die Räume in der dazu lagen gleich nebenan in bunter Spezialitätenmarkt je- ehemaligen Druckerei weitge- der aufgelassenen Druckerei den Samstag zu den üblichen hend leer. Zur Disposition von Poppen & Ortmann. Im Marktzeiten eine Auswahl von standen zu der Zeit auch das Juli 1986 ging Holger West- Feinschmeckerwaren aus ver- große „Harmonie-“ und das phal, einer der Initiatoren des schiedenen Ländern anbieten Dietler-Gelände. Die Stadt- Projekts, mit der Idee an die sollte. Die Initiatoren mussten planer und der Gemeinderat Öffentlichkeit, in der ehemali- einen gewaltigen Hürdenlauf suchten nach einer Neugestal- gen Druckerei eine Markt- 43
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 44 Münsterplatz Konkurrenz ma- war aufgegangen, die Freibur- chen. Exotische Waren vor ger Markthalle war ein voller allem sollten in der „Freiburger Erfolg. Hatten die Anbieter Markthalle“ feilgeboten wer- anfangs noch damit gerech- den, darunter auch indische, net, dass sie viele Waren wie türkische, spanische, französi- auf dem Markt verkaufen sche und italienische Speziali- würden, so zeigte sich schon täten. Dass ein Markt dafür in bald, dass der Imbissbereich Freiburg vorhanden sei, stand einen stärkeren Zulauf hatte. für die Initiatoren, den Hotel- Die Markthalle war zum Treff- kaufmann und Gastronomen punkt geworden für viele, die Holger Westphal und seinen in der Innenstadt ihrer Arbeit Partner Wolf-Peter Gertzen nachgehen und dort ihre fest. Am 6. Juni 1987 hatten sie Mittagspause verbrachten, für Verabredungen und Ge- Für moderate Preise ... spräche, aber auch eine At- traktion für viele Touristen halle einzurichten, in der Spe- aus aller Herren Länder. Und zialitäten für verwöhnte Gau- so ist es bis heute nichts Un- men angeboten werden soll- gewöhnliches, wenn man ja- ten. Mit dem Besitzer war panische Touristen beim arg- bereits Einigkeit über einen wöhnischen probieren von 20-jährigen Mietvertrag er- badischen Brägele am Kartof- zielt worden und 15 Markt- felstand sieht, während badi- beschicker hätten bereits ihr sche Geschäftsleute sich ja- festes Interesse bekundet. An panisches Sushi schmecken der baulichen Substanz des lassen. denkmalgeschützten Gebäu- des sollte nichts verändert werden. Die Planung sah vor, dass die ehemalige Rotations- ... international essen ... halle im ersten Obergeschoss in eine Markthalle umfunktio- es geschafft, als Oberbürger- niert werden sollte. Die Halle meister Rolf Böhme besagtes eigne sich bestens zur Unter- Wurstband durchschnitt und bringung verschiedener klei- die neue „Freiburger Markt- ner Marktstände, meinten die halle“ eröffnete. Auf der Flä- Geschäftsleute. Das Angebot che von 800 Quadratmetern sollte besonders an verwöhnte waren 24 Verkaufsstände und Gaumen appellieren – Spezia- sechs Aktionsstände aufge- litäten wie Frischfisch, Tofu, baut, deren Sortiment sich kalt gepresste Öle, französi- nach den Worten der Unter- scher Käse und Patisserie soll- nehmer am „gehobenen Be- ten gar nicht erst den Gedan- darf“ orientierten. ken aufkommen lassen, man Schon ein Jahr nach der Eröff- wolle dem Markt auf dem nung stand fest: Das Konzept ... und dem Koch zuschauen 44
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 45 Durch das Glasdach gelangt viel Licht in den zentralen Bereich der Markthalle. Während sich drinnen in der jährige Bestehen gefeiert. gibt es auch längere Öff- Markthalle die Gäste an dem Aber schon da zeichnete sich nungszeiten. Donnerstags bis internationalen Angebot an ab, dass der Markt Probleme samstags hat die Markthalle Speisen und Getränken er- bekommen würde. Denn nach bis 24 Uhr geöffnet. Jeder freuten, spielte sich draußen und nach waren von den ur- Abend wird dabei unter ei- im Fressgässle, oder vielmehr sprünglich 30 Anbietern viele nem anderen Motto stehen. im Rathaus, eine Provinzpos- Marktbeschicker abgesprun- Während der Donnerstag im se ab. Der Name Fressgässle gen, die Zahl sank auf acht, Zeichen der Cocktails und schien dem gemeinderät- zu wenig für eine Genehmi- der lässigen Beschallung auf lichen Kulturausschuss nicht gung, die mindestens zwölf After-Work-Publikum ausge- angemessen, gar vulgär, wes- vorschreibt. So kam dann im richtet ist, wird freitags und halb das kleine Straßenstück elften Jahr, im April 1997 das samstags eher die gediegene künftig Martinsgässle heißen Aus für diese Attraktion. Das beschauliche Richtung ein- müsse. In der Badischen Zei- Martinsgässle ist indes nicht geschlagen unter kristallenen tung zeigte eine Flut von verwaist. Heute gibt es dort Lüstern. Der Gemüsestand Leserbriefen, was das badi- jede Menge an Freisitzen der am Eingang zur Grünwälder- sche Volk von dieser Bevor- Gastronomen, die bei schö- straße verwandelt sich dann mundung hielt, aber es blieb nem Wetter fast immer voll zu einer gemütlichen Bar, ge- beim Martinsgässle. Der besetzt sind. nannt „Die GemüseBar“, mit samstägliche Markt blieb Und drinnen in der Freiburger dem wohl schönsten Raucher- auch mit dem neuen Namen Markthalle, da hat sich nicht Innenhof Freiburgs: mit Brun- eine Attraktion für Einheimi- nur vieles in der Ausstattung nen, Markise, Wärmelampen sche und Touristen und mit und im Service positiv geän- und mediterranen Möbeln. Jazzmusik wurde das zehn- dert. Seit der Neueröffnung ■ 45
Markthalle 14.11.2007 13:52 Uhr Seite 46 E J O G E M V 'UUGPYQUU • Brasilianisch • Englisch • Feinkost • Badisch • Risotto • Sushi • Champagner • Gemüse • Fisch • Antipasti • Chinesisch neue Öffnungszeiten • Wein .P ° .J 6IS°6IS • Indisch %P 'S 4B 6IS°6IS • Suppen 4POOUBH VOE 'FJFSUBH HFTDIMPTTFO • Pizza (SOXjMEFSTUSÁ'SFJCVSH • Pasta XXXGSFJCVSHNBSLUIBMMFEF • Arabisch • Sorbetteria • Persisch • Crêpes
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