Yan Pei-Ming - Au nom du père / Im Namen des Vaters - Buch ...
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Yan Pei-Ming – Au nom du père / Im Namen des Vaters Musée Unterlinden, Colmar 2. April – 6. September 2021 L’homme le plus perspicace, père de l’artiste / Der scharfsinnigste Mensch, Vater des Künstlers 1996, Öl auf Leinwand, 200 x 235 cm Privatsammlung, Belgien Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. Pressedossier
Inhaltsverzeichnis 1. Eine spektakuläre Ausstellung zum Leben und Werk von Yan Pei- Ming | S. 3 Einführung der Kuratorin 2. Mehr als 60 Kunstwerke – viele davon erstmalig ausgestellt | S. 4 Auftakt – Galerie (Cabinet d’art graphique) Ackerhof – Ebene 1 Ackerhof – Ebene 2 3. Der Künstler | S. 9 Biografie 4. Begleitmaterial zur Ausstellung | S. 10 Katalog 5. Bildmaterial für die Presse | S. 11 6. Das Musée Unterlinden | S. 13 7. Praktische Informationen und Pressekontakt | S. 15 2
1. Eine spektakuläre Ausstellung zum Leben und Werk von Yan Pei-Ming Im Frühjahr 2021 widmet das Musée Unterlinden in Colmar dem international renommierten Maler Yan Pei-Ming eine Retrospektive seines Lebenswerks. Pei-Ming ist vor allem für seine monumentalen, oftmals monochromen Gemälde in einer überaus kraftvollen und markanten Malweise bekannt. In unmittelbarer Nähe zum Isenheimer Altar, dem herausragenden Werk der Museumssammlungen, ergibt sich eine völlig neue Lesart des Œuvres dieses Künstlers, der sich in seinem Schaffen mit den gleichen Themen auseinandersetzt wie Grünewald fünf Jahrhunderte zuvor: Herkunft, Religion und Opfertod. Die Ausstellung „Yan Pei-Ming – Im Namen des Vaters“ gibt einen Überblick über vier Jahrzehnte Kunstschaffen und präsentiert erstmalig in Frankreich mehr als fünfzig wichtige Gemälde und ein Dutzend Zeichnungen und Aquarelle aus Museen und Privatsammlungen in Europa und China sowie aus dem Fundus des Künstlers. Frédérique Goerig-Hergott, Chefkonservatorin im Musée Unterlinden, liefert mit dieser Ausstellung einen neuen, intensiven Einblick in Yan Pei-Mings Werk. Einführung der Kuratorin Die Geburtsstunde der Ausstellung im Musée Religion und Opfertod, die im Isenheimer Altar Unterlinden liegt im Jahr 2012. Bei einem Besuch aufscheinen. Zum anderen stellt die Ausstellung die des Musée des Beaux-Arts in Nantes entdeckte ich Frage nach der Identität des Malers, dessen dort Yan Pei-Mings Triptychon Nom d’un chien, Un Verbindung zu zwei unterschiedlichen Kulturen jour parfait ! (2012). seinem Œuvre einen universellen Charakter Dieses Triptychon, das erste ganzfigurige Bildnis verleiht. des Künstlers, erschien mir in seiner Mit rund fünfzig wichtigen Gemälden und einem Eindrücklichkeit, seiner Frontalität und Vertikalität Dutzend Zeichnungen und Aquarellen aus Museen wie die Manifestation eines Wiedererstarken einer und Privatsammlungen präsentiert sie eine völlig Selbstbehauptung. Diese neuartige, christushafte neue Lesart seiner vierzig Jahre währenden und monumentale Darstellung Yan Pei-Mings künstlerischen Karriere. Dabei steht der Blick auf wirkte wie das Echo eines Werks, das fünfhundert die eigene Identität, die Entwicklung seines Stils Jahre zuvor am entgegengesetzten Ende und seine Rezeption der Kunstgeschichte im Vordergrund; die von Porträts und Selbstbildnissen Frankreichs entstanden war, den Isenheimer Altar bestimmte Auswahl hinterfragt die Beziehung des von Mathias Grünewald (1512-1516), jenem Künstlers zu seiner Herkunft – von Mao über Meisterwerk der abendländischen Kunst in den Bildnisse seiner Eltern bis hin zu den „Paysages Sammlungen des Musée Unterlinden. Internationaux“ [ Weltlandschaften ]und Bildern Die Begegnung mit diesem Bild ging mir nicht mehr von Shanghai. aus dem Sinn. Ich wollte mehr über diesen Die Allgegenwart der Vaterfigur in seinem Schaffen international renommierten Künstler erfahren, der und die darin erkennbare Suche nach der eigenen 2009 im Louvre ausgestellt wurde und dessen Identität ließen dabei den Untertitel naheliegend Schaffen ich zu kennen glaubte. erscheinen: „Au nom du père“ [Im Namen des Denn trotz der Anerkennung, die er seit dem Ende Vaters]. der 1980er-Jahre in der Kunstwelt erfahren hatte Den Abschluss der Ausstellung bildet ein bislang und seiner von zahlreichen großen Ausstellungen noch nicht ausgestelltes Werk, das Yan Pei-Ming begleiteten Karriere war eine Frage unbeantwortet eigens für die Ausstellung im Musée Unterlinden als geblieben: Wer ist Yan Pei-Ming? zeitgenössisches Pendant zur Kreuzigung im Isenheimer Altar geschaffen hat. Das Interesse des Museums an dem aus China stammenden Künstler, dessen figuratives und Frédérique Goerig-Hergott expressives Werk auch einige Polyptychen umfasst, Conservatrice en chef, Musée Unterlinden korreliert zum einen mit den Themen Herkunft, Kuratorin der Ausstellung 3
2. Mehr als 60 Kunstwerke – viele davon erstmalig ausgestellt In der Galerie des Musée Unterlinden (Cabinet d’art graphique), die den Klostertrakt mit dem modernen Erweiterungsbau verbindet, leitet eine Reihe bisher unveröffentlichter Zeichnungen aus Yan Pei- Mings Frühwerk vom Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre die Ausstellung ein. Auf den beiden Ebenen des Ackerhofs, dem von Herzog & de Meuron entworfenen Neubau des Museums, folgen in sechs chronologisch-thematischen Abteilungen die monumentalen Gemälde Yan Pei-Mings mit den wiederkehrenden und zentralen Themen im Schaffen des Künstlers. Auftakt – Galerie (Cabinet d’art graphique) Den Auftakt zur Ausstellung bildet ein bislang unveröffentlichtes Porträt seiner Großmutter (1976), das zugleich für den Anfang seiner Karriere als Maler steht. Der damals 16-Jährige befindet sich auf der Suche nach seinem künstlerischen Weg und hinterfragt seine Herkunft im familiären Kreis. Umrahmt wird dieses Werk von seinen ersten Selbstbildnissen, die in China und kurz nach seiner Ankunft in Frankreich entstanden, als er sein Studium an der École supérieure des Beaux-Arts in Dijon aufnahm. Das in Colmar präsentierte Ensemble stammt aus der Sammlung des Künstlers und wird in Frankreich erstmals ausgestellt. Selbstbildnis 1978, Bleistift auf Papier, 44 x 30,6 cm Sammlung des Künstlers Fotografie: Clérin-Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. Ackerhof – Ebene 1 1. Mao Den Anfang bildet ein Gemälde mit Mao Zedong, dem Begründer und Parteiführer der Volksrepublik China. Das Sujet par excellence der chinesischen Propagandamalerei entspringt einer künstlerischen Kultur, die dem Porträt eigentlich kritisch gegenübersteht, und stellt das erste Bildthema dar, mit dem sich Pei-Ming, damals noch ein junger Propagandamaler in China, auseinandersetzte. Col rouge / Roter Kragen Diese großformatigen Bilder verhalfen ihm Mitte 1987, Mischtechnik auf Leinwand, 92 x 152 cm Privatsammlung, Frankreich der 1980er-Jahre in Frankreich zum Durchbruch. Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. Die ersten in Frankreich entstandenen Mao-Bilder schuf Yan Pei-Ming 1987, als er beschloss, sich einer neuen Darstellungsform dieser Ikone „Mao ist für mich eine Art Labor. Hier zuzuwenden: Das Format ist bescheidener führe ich all meine Experimente durch gehalten, Schriftzeichen und rote Farbe vermitteln und all meine Erfahrungen sammle ich den Bezug zur chinesischen Kultur. Als durch diese Porträts.“ Repräsentation Chinas bringen sie die Yan Pei-Ming im Gespräch mit M. Nuridsany, L’art Verbundenheit zu seinem Herkunftsland zum contemporain chinois, Paris, Flammarion, 2004, S. 50 Ausdruck, gleichzeitig zeugen sie von dem Wunsch, das Gemälde als rein künstlerisches Konstrukt des Malers zu definieren. 4
Ab 1988 wechselt Yan Pei-Mings Technik aus bewusst ineinander verschwimmenden Übergängen von Schwarz und Weiß zu einer mehr gestischen und spontanen Malweise, die mitunter beinahe abstrakt wirkt. Monumentale Formate, darunter auch einige Polyptychen, unterstreichen die Omnipotenz des Sujets und bewirken eine Sakralisierung des „Großen Steuermanns“. Der Tod hält Einzug in die Motivik von Yan Pei-Ming – als unumgängliches Thema, sowohl in seiner Arbeit als auch in einer existentiellen Innenschau. Wie seine Zeitgenossen Baselitz, Opalka oder Richter fordert der Künstler eine Autonomie der Malerei: Köpfe, Gesichter und Porträts werden zum eigenständigen Movens seiner Malerei.: „Ich sehe meine Arbeit als ein lebenslanges Programm: das Malen von Köpfen.“1 2. Der Vater In einer Serie mit Bildnissen wendet sich Yan Pei-Ming in einer Mischung aus Unversöhnlichkeit, Zärtlichkeit und Empathie dem eigenen Vater zu. Dabei verleiht er anonymen Figuren die gleiche Bedeutung wie der Maos. Das Porträt wird zu einem Bildnis des Menschen schlechthin, ein universelles Porträt, der Vorwand für die Darstellung einer Form von Menschlichkeit. Bereits in China hatte der eigene Vater Yan Pei-Ming als Motiv gedient (diese Werke sind verloren), in Frankreich entstanden Porträts des Vater ab Mitte der 1990er-Jahre und wurden in einem Zyklus aus 39 Bildern 1996 in der Ausstellung „Portrait d’un inconnu“ (Paris, Galerie Liliane & Michel Durand-Dessert) präsentiert. Der Künstler, der berichtet, wie sehr sein schweigsamer L’homme le plus perspicace, père de l’artiste / Vater ihm fremd blieb, beschließt aus dem Schweigen Der scharfsinnigste Mensch, Vater des Künstlers 1996, Öl auf Leinwand, 200 x 235 cm auszubrechen. Die Neutralität, die er beim Malen zu Privatsammlung, Belgien Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. bewahren versucht, verstärkt den seriellen Charakter dieser Bilder. Entgegen seiner ursprünglichen Intention „Alle Porträts, die ich derzeit von erfüllt sich das Porträt des Vaters unweigerlich mit meinem Vater male, tragen im Titel Empathie und Emotionalität. einen Superlativ. Mein Vater und meine Mutter wurden verheiratet und Yan Pei-Ming gibt seinen Gemälden Titel nach demselben meine Mutter liebt meinen Vater nicht. Schema: Der sanfteste Mensch, Vater des Künstlers; Der Sie beschimpft ihn jeden Tag. Gerade väterlichste Mensch, Vater des Künstlers… Dem Vater werden negative oder positive Eigenschaften im Superlativ heute hat sie wieder gesagt: „Er ist der zugeschrieben, um die Anonymität auszugleichen, die ihn Blödeste, der Dümmste.“ Ich vermische von Mao unterscheidet, dem einstigen chinesischen die Schimpftiraden meiner Mutter und Staatsführer und wiederkehrenden Sujet im Œuvre des das Ideal eines Künstlers. Söhne Malers. Yan Pei-Ming wagt den Vergleich und bekräftigt wünschen sich immer einen Vater, der 2004 in einem Interview: „Ich mache keinen großen der Stärkste ist, der Intelligenteste, der Unterschied zwischen Mao und meinem Vater (…) In China Reichste, der Sympathischste, der hat man uns immer eingebläut, dass Mao wichtiger wäre Liebevollste. Durch ihn kann ich die als der eigene Vater. Ich war damit nicht einverstanden gesamte Menschheit darstellen.“ (…) Natürlich ist Mao der Vater.“2 Diese obsessive Manier, die Ausdrucksweisen und „Yan Pei-Ming et ses modèles“, Gespräch mit Facetten des Gesichts seines Vaters festzuhalten und zu Laurent Salomé, La prisonnière, Musée des bewerten – mit positiven Eigenschaften und den Beaux-Arts, Rennes, 1997, S. 27 Verunglimpfungen seiner Mutter – verleihen diesem eine fühlbare Existenz und Präsenz. 1 Gespräch mit Bernard Marcadé, Art chinois 1990 – Chine demain pour hier, Paris, Carte Segrete, 1990, S. 64. 2 Michel Nuridsany, L’art contemporain chinois, Paris, Flammarion, 2004, S. 50. 5
Das allgemeine Bild der väterlichen Charaktere ergänzt Yan Pei-Ming um die heimische Landschaft des Vaters: Paysage International, lieu du crime (lieu de naissance du père de l’artiste) [Weltlandschaft Ort des Verbrechens (Geburtsort des Vaters des Künstlers) von 1996 stellt die Frage nach seinem Ursprung und seiner Herkunft. Der mehrdeutige und rätselhafte Titel verwischt die Spuren seiner Malerei. Die universelle Landschaft wird zum Geburtsort des Vaters und zum Ort des Verbrechens, ohne dass erkennbar würde, wer der Mörder ist. Bilder vom Tod seines Vaters, der 2003 verstarb, erinnern an Bilder vom Tod Maos, die ein oder zwei Jahre zuvor entstanden. Auch hier ist das Schicksal der beiden Männer im Werk Yan Pei-Mings eng miteinander verknüpft, jenseits des Lebens und bis hin zum Tod. Die Arbeiten mit dem Begräbnis des Vaters scheinen die abrupte Abwesenheit bannen zu wollen, ebenso wie die eigene Angst vor dem Tod, die den Künstler, mittlerweile selbst Vater von Kindern, beschäftigt. 3. Buddha Yan Pei-Ming wurde in einem alten Tempel unterrichtet, bis dieser im Zuge der Kulturrevolution schließen musste. Seine gesamte Kindheit ist von der buddhistischen Kultur geprägt und selbst nach dem Verbot von Buddha-Darstellungen durch die Revolutionäre malte er auf Wunsch von Familie und Bekannten weiterhin Bilder mit diesem Motiv. Im Korpus seiner in Frankreich entstandenen Bilder taucht die Figur des Buddhas erst spät auf, am Ende der 1990er-Jahre. Um seine Andachtsfunktion beraubt, verwandelt sich das dem Künstler aus seiner Jugend in China allgegenwärtige Bild Buddhas in das Symbol eines Synkretismus aus östlicher und westlicher Kultur und in eine Hommage an die Gläubigkeit seiner Mutter. „Schon als kleiner Junge fühlte ich mich von allem, was den Buddhismus betraf, ungeheuer stark angezogen, weil ich in einem Tempel geboren wurde und von Beginn an tief in der buddhistischen Kultur L’homme le plus perspicace, père de l’artiste / verwurzelt war. Es fällt mir nicht schwer, Zugang zu Der scharfsinnigste Mensch, Vater des Künstlers 1996, Öl auf Leinwand, 200 x 235 cm Buddha zu finden. Als Kind habe ich Buddha-Bilder Privatsammlung, Belgien gemalt, um sie meiner Familie zu schenken. Die Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. waren damals nirgends zu bekommen. Man braucht immer auch eine rebellische Seite.“ Yan Pei-Ming im Gespräch mit Fabien Stech, Yan Pei-Ming, Fils du dragon, Dijon, Presses du réel, 2. Aufl. 2004, S. 9. 4. Der Mann aus Shanghai Die Selbstbildnsse, die Ende der 1970er-Jahre ins Schaffen von Yan Pei-Ming Einzug halten, sind das Ergebnis einer langen Selbstreflexion, die 1983 plötzlich abbricht. In diesem Teil der Ausstellung sind die ersten dieser Bildnisse zu sehen, die der Künstler zwanzig Jahre später wieder aufgreifen sollte. Seitdem variiert er dieses Thema in zahlreichen Versionen und erforscht sein Gesicht in einem unaufhörlichen Dialog, in einer Konfrontation mit sich selbst. Wo Andy Warhol sein Star-Gesicht in Szene setzt und kultiviert, schafft Yan Pei-Ming Selbstbildnisse von eindrucksvoller Emotionalität und spürbarer Aufrichtigkeit. Dieses „Ich altere" ist ein Modell, das er in seinem Œuvre permanent behandelt und dokumentiert. Wie bei Rembrandt oder Picasso bringt die Wiederholung dieses Themas die Wirkung der Zeit zum Ausdruck und verrät die Besorgtheit des Künstlers angesichts der Endlichkeit des eigenen Seins. Autoportrait No 3 / Selbstbildnis Nr. 3 2000, Öl auf Leinwand, 235 x 200 cm Musée des Beaux-Arts, Dijon. Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. 6
Ackerhof – Ebene 2 5. Paysage international [Weltlandschaft] Yan Pei-Ming prägte 1978 eine der ersten Ausstellungen ausländischer Kunst in Shanghai. Sie war der französischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts gewidmet. In Frankreich taucht dieses Genre erstmals Mitte der 1990er-Jahre unter dem Oberbegriff Paysage nternational [Weltlandschaft] auf, der eine nicht identifizierte und allen Kontinenten gemeinsame geografische Umgebung beschreibt. Auch diese Bilder sind in der Regel monochrom und in der gleichen Technik und Energie ausgeführt. Wie International Landscape by Night / Weltlandschaft bei Nacht in seinen Mao-Porträts entwirft er hier 2011, Öl auf Leinwand, 300 x 400 cm stereotypische Landschaften. Ihre Musée national d'Art moderne, Centre Georges Pompidou, Paris Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020 Motive, wie Flussläufe und Wälder, sind der holländischen Malerei ebenso entlehnt wie dem kitschigen Dekor chinesischer Restaurants oder Vorbildern der Massenkultur. Da sie keine bestimmte Landschaft zeigen, entströmt ihnen ein universeller Charakter. In eine nächtliche Stimmung getaucht, kommen sie einer Idealisierung der Landschaft gleich und sind auf einer geistigen Ebene angesiedelt, einem Ort meditativer und globaler Kontemplation. Diese Landschaften folgen dem All Over des abstrakten Expressionismus. In ihrer Darstellung, Monochromatik, Dezentriertheit und der Neubetrachtung von Gemeinplätzen führen sie das Aufgreifen klassischer Genres bei Gerhard Richter fort. Zwar scheinen sie weit entfernt von der chinesischen Bildtradition, erinnern jedoch an die Landschaften auf traditionellen Rollbildern, in denen die Leere des Zentrums das eigentliche Kompositionsprinzip bildet. „Es sind Bilder, die schon einmal da waren, Klischees von Landschaften. Diese Art von Bild muss natürlich mit dem übrigen Teil der Arbeit verknüpft/in Verbindung gebracht werden, so als ob sie dessen Rahmen bilden würde: gleichermaßen eine kollektive Landschaft und ein kollektives Porträt. Meine Landschaften sind von bestürzender Banalität. Nichts geschieht in ihnen, sie ähneln allem und nichts.“ „Yan Pei-Ming im Gespräch mit Pascal Pique, April/Mai 1996“, in: Yan Pei-Ming, une petite fille a disparu, Issoire, Centre culturel, 1996, S. 68. 7
6. Selbstbildnisse Die zweite Ebene des Ackerhofs ist den jüngsten Selbstbildnissen des Künstlers gewidmet. In der Tradition des Vanitas-und Memento-Mori-Motivs zeigt sich Yan Pei-Ming in verschiedenen Phasen seines Lebens. In Verbindung mit Porträts seiner Eltern entsteht eine berührende und einfühlsame Hommage. Die Interpretation dieser Werke darf indes nicht allein durch das Prisma des westlichen Vanitas-Konzepts erfolgen. Sie zeugen von einer auf die eigene Lebensgeschichte und Kunstgeschichte ausgerichteten Innenschau des Künstlers, gleichzeitig verweisen sie auf seine Herkunft und die chinesische Kultur. Für Yan Pei-Ming „sind wir hier, weil unsere Eltern sich begegnet sind“ – er erforscht das Thema Herkunft bis zu den Ursprüngen der Menschheit. In der letzten Abteilung der Ausstellung erhebt sich neben dem Chaos der monumentalen Landschaft Ruines du temps réel [Ruinen der echten Zeit] der imposante Triptychon Nom d’un chien, un jour parfait ! [Verdammt noch mal, ein perfekter Tag!] von 2012. Es ist das erste ganzfigurige Bildnis des Künstlers: frontal, vertikal, aus dem abstrakten Bildraum des Gemäldes hervortretend, erscheint er darin wie ein Symbol der Erlösung. Ein bisher noch nie ausgestelltes Werk, das speziell für die Ausstellung im Musée Unterlinden entstand und auf den Isenheimer Altar Bezug nimmt, bildet den Abschluss dieser hervorragend ausgestatteten Retrospektive. Nom d’un chien, Un jour parfait ! [Verdammt noch mal, ein perfekter Tag!] 2012, Triptychon, Öl auf Leinwand, 400 x 280 cm Privatsammlung, Frankreich Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. „Ich verwende oft große Formate, damit die Betrachter physisch in das Bild eindringen können […] damit eine körperlich spürbare Verbindung zwischen dem Betrachter und dem Bild entsteht.“ Yan Pei-Ming – l’atelier A, Arte Video, Oktober 2012. 8
3. Der Künstler Biografie Yan Pei-Ming wurde 1960 in Shanghai geboren und wuchs in einer Zeit auf, in der der Mao-Kult und die Kulturrevolution ihren Höhepunkt erreichten. 1978, zwei Jahre nach dem Tod des „Großen Steuermanns“, erfolgte in China eine Abkehr vom Maokult und eine Modernisierung des kommunistischen Regimes. Am Ende des Pekinger Frühlings bewarb sich Yan Pei-Ming für ein Studium an der Kunstakademie in Shanghai, wurde jedoch abgelehnt. Als die 1977 von Deng Xiaoping eingeleitete Bildungsreform chinesischen Studenten die Möglichkeit bot, im Ausland zu studieren, verließ er 1980 im Alter von 19 Jahren China und ging nach Frankreich. 1981 wurde er an der École nationale supérieure des Beaux-Arts in Dijon Selbstbildnis / Autoportrait angenommen, wo er fünf Jahre später seine 1983, Öl auf Leinwand und Holz, 61 x 65 cm Ausbildung abschloss. Mit seinen Sammlung des Künstlers Fotografie: Clérin-Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. monochromen Bildnissen – insbesondere von Mao Zedong –, die westliche Bildtradition mit Elementen der chinesischen Kultur zu verbinden, beschied ihm frühen Erfolg. Der internationale Durchbruch gelang Yan Pei-Ming mit der Teilnahme an der Biennale in Venedig 2003. Sechs Jahre später lud ihn der Louvre zu einem künstlerischen Dialog mit der Mona Lisa ein, zu dessen Anlass die Serie Les Funérailles de Monna Lisa entstand (2009). In den letzten Jahren waren dem Künstler mehrere große Einzelausstellungen gewidmet: Des Moines Art Center, Des Moines (USA), 2008; Ullens Center for Contemporary Art, Beijing, 2009; QMA Gallery, Doha, Katar, 2012; Beijing Center for the Arts, Beijing, 2014; Centro de Arte Contemporaneo, Málaga, 2015; Villa Médici, Rom, 2016; Belvedere Museum, Wien, 2016. 2019 bespielte Yan Pei-Ming die Eröffnungsausstellung des Programms für zeitgenössische Kunst im Musée des Beaux-Arts in Dijon. Anlässlich des 200. Jubiläums von Gustave Courbets Geburtstag setzte er sich mit dem Werk des Malers in zwei Ausstellungen im Musée Courbet in Ornans und im Musée du Petit Palais in Paris auseinander. Im selben Jahr schuf er für das Musée d'Orsay das monumentale Triptychon Un enterrement à Shanghai (Montagne céleste, ma mère, l'adieu) [Eine Beisetzung in Shanghai (Himmelsgebirge, Meine Mutter, Abschied] , das er seiner verstorbenen Mutter widmete. Im Juni 2021 eröffnet eine Doppelausstellung in der Collection Lambert und im Palais des Papes in Avignon. Yan Pei-Ming lebt und arbeitet seit 1980 in Dijon. „Malen ist Beerdigen und Gebären zugleich, die Suche nach der Ausgewogenheit.“ Gespräch mit Claude Allemand-Cosneau und Hans Ulrich Obrist, Septièmes ateliers internationaux des Pays de la Loire, Clisson, Frac Pays de la Loire, 1990, S. 34. 9
4. Informationen zur Ausstellung Katalog Der mit den ausgestellten Werken reich illustrierte Katalog umfasst Texte von Christian Besson und Éric de Chassey sowie ein Gespräch der Kuratorin Frédérique Goerig-Hergott mit Yan Pei-Ming. Éditions Hazan Format: 230 x 280 cm, 184 Seiten. Preis: 30€ 10
5. Bildmaterial für die Presse Autoportrait / Selbstbildnis, 1978 Autoportrait / Col rouge / Bleistift auf Papier, Selbstbildnis, 1983 Öl Roter Kragen, 1987 44 x 30,6 cm auf Leinwand und Holz, Mischtechnik auf Sammlung des Künstlers 61 x 65 cm Leinwand, Gesetzlich Sammlung des Künstlers 92 x 152 cm vorgeschriebene Gesetzlich vorgeschriebene Privatsammlung, Frankreich Angaben: Fotografie: Angaben: Fotografie: Clérin- Gesetzlich Clérin-Morin Morin vorgeschriebene © Yan Pei-Ming, ADAGP, © Yan Pei-Ming, ADAGP, Angaben: Fotografie: Paris, 2020. Paris, 2020. André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. L’homme le plus perspicace, Invisible Buddha / Autoportrait No 3 / père de l’artiste / Unsichtbarer Buddha, Selbstbildnis Nr. 3, Der scharfsinnigste Mensch, 1999 2000 Vater des Künstlers, 1996 Öl auf Leinwand, Öl auf Leinwand, Öl auf Leinwand, 200 x 235 cm 235 x 200 cm 235 x 200 cm Privatsammlung, Belgien Privatsammlung, Frankreich Musée des Beaux- Gesetzlich vorgeschriebene Gesetzlich vorgeschriebene Arts, Dijon. Angaben: Angaben: Gesetzlich vorgeschriebene Fotografie: André Morin Fotografie: André Morin Angaben: © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020 © Yan Pei-Ming, ADAGP, Fotografie: André Morin Paris, 2020. © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. 11
Shanghai at Night / Fleurs Funérailles / International Landscape by Night / Shanghai bei Nacht, 2003 Grabblumen, 2003 Weltlandschaft bei Nacht, 2011 Öl auf Leinwand Öl auf Leinwand Öl auf Leinwand 350 x 350 cm 200 x 235 cm 300 x 400 cm Privatsammlung, Frankreich Privatsammlung, Belgien Musée national d'Art moderne, Centre Georges Pompidou, Paris Gesetzlich vorgeschriebene Gesetzlich vorgeschriebene Gesetzlich vorgeschriebene Angaben: Angaben: Angaben: Fotografie: André Morin Fotografie: André Morin Fotografie: André Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. 2020. 2020. Nom d’un chien, Un jour parfait ! / Ma mère / Meine Mutter, 2018 Verdammt noch mal, ein perfekter Tag!, 2012 Triptychon, Öl auf Leinwand Öl auf Leinwand 400 x 280 cm / Leinwand 350 x 350 cm Privatsammlung, Frankreich Privatsammlung, Frankreich Gesetzlich vorgeschriebene Angaben: Gesetzlich vorgeschriebene Angaben: Fotografie: André Morin Fotografie: Clérin-Morin © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. © Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2020. 12
6. Das Musée Unterlinden © Peter Mikolas Besucher können nunmehr auch die Ein Rundgang durch das Musée Unterlinden und aufeinanderfolgenden Etappen der mehr als 150- seine enzyklopädisch angelegten Sammlungen jährigen Geschichte des Museums nachvollziehen: kommt einer Reise durch beinahe 7000 Jahre Die Gebäude und die darin aufbewahrten Menschheitsgeschichte gleich, von Kunstwerke sind Zeugnisse der unermüdlichen vorgeschichtlicher Zeit bis zur Kunst des 20. Arbeit der Société Schongauer, die das Musée Jahrhunderts, eingerahmt in die facettenreiche Unterlinden seit seiner Gründung 1853 verwaltet. und vom Architekturbüro Herzog & de Meuron neu gestaltete Architektur des Museums. Das Musée Unterlinden öffnete am 3. April 1853 seine Türen. Neben dem 1848 in Bergheim Im Kreuzgang des ehemaligen Klosters entdeckten römischen Mosaik aus dem 3. begegnet man der Kunst des Mittelalters und der Jahrhundert wurden auch neuzeitliche Kunstwerke Renaissance in Werken von Martin Schongauer, wie der Isenheimer Altar und das Dominikaner- Hans Holbein, Lucas Cranach u.a., mit dem Retabel von Martin Schongauer präsentiert, die Isenheimer Altar (1512–1516) von Mathias während der Revolution beschlagnahmt worden Grünewald und Nikolas von Hagenau als waren. unbestrittenes Meisterwerk. Als Ausstellungssaal stand bei der Eröffnung Das ehemalige Stadtbad aus dem Jahr 1906 lediglich die Klosterkapelle zur Verfügung, die bietet ein ansprechendes Ambiente für einen Großteil der Sammlungen aufnahm. Diese Veranstaltungen, der Flügel für zeitgenössische erwies sich für die wachsende Zahl der schon bald Kunst beherbergt die Werke berühmter Künstler als zu klein, sodass immer wieder Erweiterungen des 20. Jahrhunderts wie Staël, Picasso, erforderlich wurden, ab der zweiten Hälfte des Dubuffet, Soulages u.v.m. letzten Jahrhunderts belegt das Museum schließlich den gesamten ehemaligen Die vom Architekturbüro Herzog & de Meuron Klosterkomplex. realisierte Erweiterung des Musée Unterlinden fügt sich mit einem modernen, an die Ende des 19. Jahrhunderts und während des 20. mittelalterliche Architektur anknüpfenden Jahrhunderts wurden mit museografischen Neubau harmonisch in den bestehenden Umgestaltungen die Ausstellungsräume an Komplex ein und stellt einen Meilenstein in der moderne Präsentationsformen angepasst und der Geschichte des Museums dar. Komfort der ständig wachsenden Zahl von Besuchern verbessert: 13
- Einrichtung des sogenannten „Kaminsaals“, Unterlinden ermöglichen die Planung einer in dem die „elsässischen Kuriositäten“ gezeigt umfangreichen Erweiterung mit vollständiger wurden, Einrichtung des „Théophile-Klem-Saals“ Neuordnung der Sammlungen. mit Werken aus der Stiftskirche Saint-Martin Nach dem 2009 international ausgeschriebenen Architektenwettbewerb wird das Architekturbüro - Einrichtung des „Fleischhauer-Saals“ zu Herzog & de Meuron in Basel mit der Realisierung Ehren des ehemaligen Präsidenten der Société des Vorhabens beauftragt. Schongauer mit den archäologischen Heute präsentiert sich das Museum in einem neu Sammlungen gestalteten urbanen Kontext, der neben dem alten Kloster das ehemalige Stadtbad aus den Anfängen - 1973–1974 wurden im Kellergeschoss 450m2 des 20. und die Neubauten des 21. Jahrhunderts Räumlichkeiten zur Präsentation moderner umfasst. Kunst eingerichtet Die Besucher werden dank dieser Neuorganisation An der Wende zum 21. Jahrhundert sieht sich den enzyklopädischen Charakter der das Museum dazu gezwungen, für Museumssammlungen noch besser erfassen Wechselausstellungen die Werke moderner können. Ein Rundgang durch das Musée Kunst vorübergehend in das Depot auszulagern. Unterlinden spannt einen Bogen von der Steinzeit Die Schließung des Stadtbads im Jahr 2003 und bis ins Jahr 2000 – von der Archäologie zu den die Überlassung des Gebäudes an das Musée bildenden Künsten und von der Volkskunst zum Kunsthandwerk. © Ruedi Walti 14
7. Praktische Informationen und Pressekontakt Praktische Informationen Pressekontakt Yan Pei-Ming – Au nom du père / Französische und Im Namen des Vaters ausländische Presse anne 2. April bis 6. September 2021 samson communications Federica Forte Kuratorin der Ausstellung Frédérique Goerig-Hergott, Conservatrice en chef + 33 (0)7 50 82 00 84 federica@annesamson.com Direktorin des Musée Unterlinden Pantxika De Paepe, Conservatrice en chef Lokale und regionale Presse Musée Unterlinden Musée Unterlinden Alexandra Morardet + 33 (0)3 89 20 22 74 Place Unterlinden – 68000 Colmar communication@musee-unterlinden.com Tel. +33 (0)3 89 20 15 50 info@musee-unterlinden.com Deutsche Presse www.musee-unterlinden.com BUCH CONTACT Murielle Rousseau +49 (0)761- 29 60 4-0 Öffnungszeiten buchcontact@buchcontact.de Montag, Mittwoch 9-18 h Donnerstag - Sonntag 9-18 h 1. Donnerstag im Monat 9-20 h Dienstag: geschlossen Eintrittspreise Normal / 13 € Ermäßigt / 11 € Jugendliche (12 bis 17 Jahre sowie Studenten bis 30 Jahre) / 8 € Familie / 35 € Frei / Kinder unter 12 Jahren Soziale Medien 15
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