Zertifizierte Zerstörung - Zertifizierungen sind kein geeignetes Mittel gegen Abholzung, Waldschädigung und Ökosystemzerstörung - Wälder
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Zertifizierte Zerstörung Zertifizierungen sind kein geeignetes Mittel gegen Abholzung, Waldschädigung und Ökosystemzerstörung
Inhalt Zusammenfassung 04 Einführung 09 Definitionen rund um das Thema „Zertifizierung“ 12 I. Die inhärenten Grenzen von Zertifizierungen 14 II. Wichtige Aspekte für die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit von Zertifizierungssystemen 17 Führungsstrukturen und Entscheidungsprozesse 18 Standards 20 Rückverfolgbarkeit und Transparenz 25 Kontrolle 27 Implementierung 29 III. Analyse der wichtigsten Zertifizierungssysteme 38 IV. Schlussfolgerungen und der Weg in die Zukunft: Waldschutz geht weit über Zertifizierungen hinaus 43 Quellen51
Danksagung Wir möchten uns bei den folgenden Personen für ihr Feedback und ihre Kommentare bedanken: Sergio Bafoni, Lafcadio Cortesi, Catharine Grant, Aida Greenbury, Jonas Hulsens, Cristina Mestre, Shiobhan Pearce and Nancy Vallejo. Wir haben den Entwurf des Texts über die verschiedenen Zertifizierungssysteme aus den Kapiteln 2 und 3 zusammen mit dem Entwurf der Greenpeace-Bewer- tungstabelle an die jeweiligen Zertifizierungssysteme weitergeleitet, mit der Bitte um Stellungnahme. Wir bedanken uns herzlich bei den VertreterInnen der folgen- den Zertifizierungssysteme, die sich bei uns gemeldet haben und uns ihr Feedback und ihre Kommentare auf schriftlichem Weg zur Verfügung gestellt haben: RSPO, Rainforest Alliance, FairTrade, ISCC, MSPO, RTRS, ProTerra Foundation und PEFC. Wir haben diese Bei- träge überall dort eingearbeitet, wo sie uns wichtig und sinnvoll erschienen. Alle Rückmeldungen, die wir von den Zertifizierungssystemen erhalten haben, sind hier online verfügbar. © Ulet Ifansasti / Greenpeace Zertifizierte Zerstörung 3
Zusammenfassung und gleichzeitig weiterhin solche Rohstoffe produzieren Einführung und verbrauchen zu können. Ziel dieses Reports ist es, die Wirksamkeit (über- Fragen, die in diesem Report beantwortet werden wiegend) freiwilliger Zertifizierungssysteme für land- und und methodische Vorgehensweise: In den letzten forstwirtschaftliche Rohstoffe (nachstehend Jahrzehnten hat die Zertifizierung wald- und naturge- „Zertifizierungssysteme“ genannt) als Instrument gegen fährdender Rohstoffe (engl. Forest and Ecosystem Risk die weltweit stattfindende Entwaldung, die Schädigung Commodities, abgekürzt FERCs) auf der ganzen Welt von Wäldern, die Umwandlung anderer natürlicher zugenommen; dies hat der Entwaldung und der Ökosysteme und damit verbundene Menschenrechts- Zerstörung natürlicher Ökosysteme jedoch keinen verletzungen (einschließlich der Verletzung der Rechte Abbruch getan. Bedeutet dies, dass Zertifizierungen von indigenen Völkern und ArbeitnehmerInnen) zu nutzlos sind? Wie wirksam sind Zertifizierungssysteme, bewerten. wenn es darum geht, diese Probleme in den Griff zu Letztlich geht es darum, eine Entscheidungsgrundlage bekommen? Was schränkt die Wirksamkeit einer zu schaffen, die Regierungen und Unternehmen dabei Zertifizierung von vornherein ein? Gibt es Gemeinsam- hilft herauszufinden, welche Rolle Zertifizierungen bei keiten, was die Leistungen verschiedener Zertifizierungs- der Schaffung fairer und entwaldungsfreier Lieferketten systeme betrifft? Wo liegen die Stärken und Schwächen spielen können und sollten, welche Reformen erforderlich der am weitesten verbreiteten Zertifizierungssysteme? sind und welche sonstigen Maßnahmen für die Bewälti- Welche Reformen sind erforderlich, und welche Rolle gung der gegenwärtigen Klima- und Biodiversitätskrise können und sollten Zertifizierungen in Zukunft spielen? ergriffen werden müssen. Welche sonstigen Maßnahmen sind erforderlich, wenn es darum geht, der Entwaldung, der Schädigung von Hintergrund: Nach Angaben des Umweltprogramms Wäldern und der Umwandlung von Ökosystemen Einhalt der Vereinten Nationen (UNEP) ist die zunehmende zu gebieten? Diese Fragen bilden die Grundlage für den Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Nutzflächen vorliegenden Report. – vor allem die Viehzucht sowie Soja- und Ölpalmenplan- Der Report basiert auf einer umfangreichen Forschungs- tagen – für 70 bis 80 Prozent der weltweiten Entwaldung literatur über Zertifizierungen sowie den Meinungen von verantwortlich. Neben der Umwandlung und Schädigung ZertifizierungsexpertInnen. Im Mittelpunkt steht eine anderer natürlicher Ökosysteme trägt die Entwaldung Analyse von neun wichtigen Zertifizierungssystemen, wesentlich zum Klimanotstand und zur Biodiversitäts- die in fünf verschiedenen Landnutzungssektoren krise bei. Als Reaktion darauf verpflichteten sich zur Anwendung kommen. Diese Analyse basiert auf zahlreiche Regierungen und Unternehmen, darunter öffentlich zugänglichen Informationen (inklusive Mitglieder des Consumer Goods Forum (CGF), einem Rückmeldungen seitens der Zertifizierungssysteme weltweiten Netzwerk aus großen Herstellern, Einzel- selbst). händlern, Dienstleistern und Wirtschaftsverbänden, Abholzungen aus ihren Lieferketten zu verbannen und die Schädigung von Wäldern und anderen Ökosystemen einzudämmen. Viele wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Akteure sahen in der Zertifizierung land- und forstwirtschaftlicher Rohstoffe auch eine Möglichkeit, diese Probleme in den Griff zu bekommen Zertifizierte Zerstörung 4
vertreten sind. Dies ermöglicht den Konzernen eine Analyse: die inhärenten übergroße Einflussnahme, wenn Entscheidungen über Grenzen von Zertifizierungen Strategien und Aktivitäten anstehen. Mit anderen Worten wird durch diese Situation die Macht der Konzerne, die durch Zertifizierungen eigentlich reguliert werden sollte, Zertifizierungen weisen mehrere inhärente Beschrän- noch weiter zementiert.1 kungen auf: Erstens ist eine Zertifizierung ein rein Standards: Die von Zertifizierungssystemen festgelegten marktbasierter Mechanismus. Der primäre Anreiz für Standards sollten zumindest die folgenden Grundsätze Produzenten und Konsumgüterkonzerne, Umwelt- und abdecken: Sozialstandards einzuhalten, besteht also nicht darin, Keine Entwaldung und keine Schädigung oder Produkte auf „nachhaltige“ Weise zu erzeugen, sondern Umwandlung natürlicher Ökosysteme; Schutz von HCVs vielmehr darin, einen besseren Marktzugang zu erhalten (besonders schützenswerten Gebieten, die eine und/oder mehr Umsätze zu machen. sehr hohe biologische Vielfalt aufweisen), von HCS- Zweitens gibt es zwischen den einzelnen Zertifizierungs- Wäldern (Wäldern mit hoher Kohlenstoffspeicherung), systemen große Unterschiede, was ihre Führungs- von Naturschutzgebieten sowie von IFLs (Gebieten strukturen, die Qualität und Strenge der von ihnen mit mehr oder weniger unangetastetem Waldbestand; festgelegten Standards sowie die Implementierung Wiederherstellung umgewandelter Ökosysteme und dieser Standards betrifft. Dadurch haben zertifizierte Wiedergutmachung sozialer Schäden; freie, vorherige Betriebe die Möglichkeit, weiterhin „Business as usual“ und informierte Zustimmung (FPIC); Schutz der Land- zu betreiben bzw. an zerstörerischen Geschäftspraktiken rechte indigener Völker und anderer Gemeinschaften; festzuhalten und dennoch von sich zu behaupten, Schutz der Rechte von ArbeitnehmerInnen. „nachhaltige“ Produkte zu erzeugen oder zu vermarkten. In der Realität sind Zertifizierungsstandards jedoch Drittens wird durch die Zertifizierung die Verantwortung oftmals nicht in der Lage oder einfach zu schwach, für die Beurteilung von Werbeaussagen über ein Produkt, ökologische und soziale Schäden zu verhindern. die eigentlich bei den Unternehmen und Regierungen Zertifizierungssysteme unterscheiden sich auch häufig in liegen sollte, zum Teil auf die VerbraucherInnen ihren Anwendungsbereichen. So kann eine Zertifizierung abgewälzt – und das, obwohl VerbraucherInnen in der bestimmte wichtige Bereiche wie die Eindämmung von Regel nur zwischen Produkten unterscheiden, die Umweltschäden oder den Schutz der Rechte indigener als zertifiziert gekennzeichnet sind, und solchen, die kein Völker abdecken, aber andere Bereiche wie ein Verbot Gütezeichen tragen. von Kinderarbeit, die Reduktion von Pestiziden oder den Eine weitere Unzulänglichkeit von Zertifizierungen Verzicht auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) besteht darin, dass sie das exzessive Angebots- und außer Acht lassen. Nachfragewachstum bei Rohstoffen nicht eindämmen Zudem verlangen die meisten Zertifizierungssysteme können; zu diesem Zweck wurden sie auch nie nicht, dass alle Unternehmen, die einer Unternehmens- geschaffen. Durch dieses problematische Wachstum gruppe oder Erzeugergemeinschaft angehören, die wird der Nutzungsdruck auf die weltweiten Land- Zertifizierungsstandards einhalten. Dies führt häufig dazu, ressourcen zusätzlich forciert; dies treibt die Abholzung dass zertifizierte „nachhaltige“ Produkte Rohstoffe von von Wäldern und die Umwandlung anderer natürlicher Unternehmen enthalten, die an Ökosystemzerstörung Ökosysteme noch weiter voran. und/oder Menschenrechtsverletzungen mitbeteiligt sind. Und nicht zuletzt sind Zertifizierungssysteme dagegen Hinzu kommt, dass die Standards der meisten Zertifi- machtlos, dass ökologisch und sozial verantwortungs- zierungssysteme an das jeweilige Land oder die jeweilige lose Produzenten immer in der Lage sind, alternative Region angepasst werden dürfen. Diese Möglichkeit Märkte für nicht zertifizierte Produkte zu finden. Im der nationalen oder lokalen Anpassung kann die Englischen spricht man in diesem Zusammenhang auch Zertifizierungsstandards entweder stärken oder von „Leakage“. schwächen – je nachdem, ob die nationalen Bestimmungen bzw. lokalen Gesetze strenger oder weniger streng sind Analyse: wichtige Aspek- als die weltweit gültigen Prinzipien und Kriterien eines te für die Wirksamkeit von Zertifizierungssystems. Zertifizierungssystemen Rückverfolgbarkeit und Transparenz: Ein wirklich lückenloses Rückverfolgbarkeitssystem, das es ermög- Führungsstrukturen und Entscheidungsprozesse: licht, Rohstoffe von der Quelle bis zum Endprodukt und Bei den Führungsstrukturen von Zertifizierungs- umgekehrt zu verfolgen, ist für keinen einzigen Rohstoff, systemen besteht das Hauptproblem darin, dass private von dem ein Risiko für Wälder und Ökosysteme ausgeht Unternehmen und multinationale Konzerne tendenziell überproportional in den Leitungsgremien dieser Systeme 1 MSI Integrity (2020), S. 66 Zertifizierte Zerstörung 5
(engl. abgekürzt FERC), vorgesehen. Ein besonderes on Sustainable Palm Oil (RSPO) Unternehmen zertifiziert Risiko stellen „gemischte“ Rückverfolgbarkeitsmodelle haben, denen ein Verstoß gegen Nachhaltigkeits- dar, die sowohl zertifizierte als auch nicht zertifizierte standards bzw. eine Beteiligung an Umweltzerstörung Materialien enthalten. Ebenso fehlt es an vollständiger und/oder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen Transparenz (Offenlegung der gesamten Lieferkette). wird. Und wenn bereits zertifizierte Unternehmen Darüber hinaus verlangen die meisten Systeme keine oder deren Kontrollstellen gegen Sozial- und Umwelt- Veröffentlichung von Karten oder Informationen über standards von Zertifizierungssystemen verstoßen, verbleibende natürliche Ökosysteme oder besonders hat dies nicht unbedingt rasche und schwerwiegende schützenswerte Flächen in zertifizierten Gebieten. Und Konsequenzen. keines der Systeme verlangt volle Transparenz über die Eigentumsverhältnisse der zertifizierten Betriebe und der Bewertungstabelle für Zertifizierungssysteme siehe Unternehmensgruppen oder Erzeugervereinigungen, Seite 39. denen diese Betriebe angehören. Allerdings gibt es hier große Unterschiede zwischen den einzelnen Systemen, Schlussfolgerungen angefangen bei fast völliger Intransparenz bis hin zur Veröffentlichung sämtlicher Auditberichte sowie digitaler Zwar verfügen einige Zertifizierungssysteme über strenge Landkarten von allen Beschaffungsgebieten. Umwelt- und Sozialstandards, doch aufgrund der unzulänglichen Implementierung dieser Standards sowie Kontrolle: Die Kontrolle zertifizierter oder die Zerti- mangelnder Transparenz und Produktrückverfolgbarkeit fizierung beantragender Betriebe im Rahmen von Audits weisen auch diese Systeme gravierende Defizite auf. hat folgende inhärente Schwachstelle: Geplante Audits Einige Zertifizierungssysteme haben unter Umständen stellen nur eine Momentaufnahme der Bedingungen an einen lokal begrenzten positiven Effekt, wie etwa eine einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit dar erfolgreiche Anwendung in einzelnen Ländern oder und ermöglichen es den Betrieben, sich auf die Kontrolle Regionen. Doch viel zu viele Unternehmen sind trotz „vorzubereiten“. Darüber hinaus legen viele Zertifizie- erfolgter Zertifizierung weiterhin an der Zerstörung von rungssysteme nur für den Ersterzeuger oder -verarbeiter Wäldern und Ökosystemen, Landstreitigkeiten und/oder Qualitäts- und Leistungsstandards fest. Wenn eine Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Lieferkette durch mehrere Zertifizierungssysteme Die wichtigste Schlussfolgerung aus dieser Arbeit ist überwacht wird, werden die Zertifikatsinhaber oft von also, dass die Zertifizierung ein zu schwaches Instrument verschiedenen Kontrollstellen (KS) geprüft, und es gibt ist, um die weltweite Zerstörung von Wäldern und keine Möglichkeit, die vielfältigen Transaktionen innerhalb anderen Ökosystemen wirksam einzudämmen. Die von Lieferketten zu verifizieren. Zudem ist es gängige bestehenden Zertifizierungssysteme ermöglichen Praxis, dass Kontrollstellen direkt von den zertifizierten umweltschädigenden und sozial verantwortungslosen Betrieben, in denen sie ihre Audits durchführen, bezahlt Unternehmen, weiterhin „Business as usual“ zu werden. Die Betriebe können jederzeit eine andere betreiben. Durch die Schaffung und Pflege eines Kontrollstelle wählen, wenn sie mit den Ergebnissen positiven Images von FERCs und die damit verbundene eines Audits unzufrieden sind. Durch die so entstehende Ankurbelung der Nachfrage nach solchen Rohstoffen finanzielle Abhängigkeit der Kontrollstellen von ihren besteht die Gefahr, dass Zertifizierungen den Schaden, Kunden geraten Kontrollstellen und -personen in einen der durch die unkontrollierte Steigerung der Rohstoff- inhärenten Interessenskonflikt. produktion entsteht, sogar noch vergrößern. Im Endeffekt führen Zertifizierungssysteme dazu, dass Produkte, Implementierung: Zwar wird seitens der Zertifizierungs- die mit Waldvernichtung, Ökosystemzerstörung und systeme behauptet, dass Zertifizierungen eine positive Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang Wirkung haben, aber systematische wissenschaftliche stehen, einem Greenwashing unterzogen werden. Überprüfungen der Beweislage weisen für gewöhnlich darauf hin, dass Zertifizierungen nur „spärliche, be- Welche Rolle können und grenzte und häufig kontextspezifische Vorteile“2 haben. Die Unzulänglichkeiten von Zertifizierungssystemen sollten Zertifizierungen erstrecken sich auch auf die Art und Weise, wie die von in Zukunft spielen? ihnen festgelegten Standards interpretiert, implementiert und durchgesetzt werden. Die Fallstudien in diesem Die Schwächen und Mängel, die in diesem Report bei Report zeigen, dass der Round Table on zahlreichen Zertifizierungssystemen festgestellt wurden, Responsible Soy (RTRS), die ProTerra Foundation, der machen deutlich, dass politische EntscheidungsträgerInnen Forest Stewardship Council (FSC) und der Round Table nicht auf Zertifizierungen setzen sollten, um positive Veränderungen im Rohstoffsektor herbeizuführen. 2 MSI Integrity (2020) p.193. See also Oya, C., et al. (2017) and Petrokofsky, G., & Jennings, S. (2018). Zertifizierungen können bestenfalls als Ergänzung zu Zertifizierte Zerstörung 6
umfassenderen und verbindlicheren Maßnahmen dienen. Wäldern in Plantagen), der Schädigung von Wäldern Erst nach tiefgreifenden Reformen könnten Zertifizierun- sowie der Umwandlung und Schädigung anderer gen dazu beitragen, mittels strenger Standards und natürlicher Ökosysteme (einschließlich Torfmooren); vollständiger Transparenz positive ökologische 3) Festlegung eines frühen Zeitpunkts, ab dem die und soziale Veränderungen vor Ort voranzutreiben. Es ist Umwandlung von Wäldern und anderen natürlichen jedoch zwingend erforderlich, die Unzulänglichkeiten Ökosystemen verboten ist; 4) Verpflichtung zu von Zertifizierungen anzuerkennen und realistische Wiederherstellungs- und Rekultivierungsmaßnahmen Erwartungen in Bezug auf ihre Anwendungsmöglich- für den Fall, das vor dem festgelegten Verbotszeitpunkt keiten und die Bedingungen, unter denen sie wirksam Abholzungen und/oder Ökosystemumwandlungen sein können, zu entwickeln. Darüber hinaus ist stattgefunden haben, sowie zur Wiedergutmachung es wichtig, die Unterschiede zwischen den einzelnen sozialer Schäden; 5) Schutz von HCVs (besonders Zertifizierungssystemen zu erkennen und einer schützenswerten Gebieten, die eine sehr hohe Bewertung zuzuführen; wie dieser Report gezeigt biologische Vielfalt aufweisen), von HCS-Wäldern hat, manifestieren sich diese Unterschiede insbesondere (Wäldern mit hoher Kohlenstoffspeicherung), von in den Bereichen Führungsstrukturen, Standards, Naturschutzgebieten sowie von IFLs (Gebieten Transparenz, Implementierung und Wirksamkeit. mit mehr oder weniger unangetastetem Wald- bestand); 6) Unterstützung der Implementierung In Anbetracht der zahlreichen Unzulänglichkeiten von in kleinbäuerlichen Betrieben durch entsprechend Zertifizierungssystemen und insbesondere ihrer angepasste Bestimmungen. Darüber hinaus sollten mangelhaften Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit dürfen Zertifizierungssysteme eine ökologisch verträgliche Zertifizierungen nicht als Beweismittel anerkannt Rohstoffproduktion vorschreiben. werden, mit dem die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen zum Schutz von Wäldern, Ökosystemen • Vollständige Rückverfolgbarkeit und und Menschenrechten nachgewiesen werden kann. Transparenz: Als Mindestanforderung sollten Die Einbettung von Zertifizierungssystemen in gesetzliche Zertifizierungssysteme ein umfassendes Rahmenbedingungen würde dazu führen, dass die (lückenloses) Rückverfolgbarkeitssystem Verantwortung für die Sicherstellung der Einhaltung verlangen, das es ermöglicht, zertifizierte Produkte gesetzlicher Anforderungen von staatlichen Behörden auf vom landwirtschaftlichen Betrieb bis zum/zur private Kontrollstellen verlagert wird. Dies wiederum würde Endverbraucher/in zurückzuverfolgen. Alle an einer die Durchsetzung solcher Anforderungen erschweren. Lieferkette beteiligten Akteure sollten zertifiziert werden; im Rahmen dieser Zertifizierung sollten Empfehlung: eine transparente Berichterstattung über sämtliche Zertifizierungssysteme bedürfen Transaktionen innerhalb der Lieferkette sowie eine Mengenverfolgung verlangt werden. Nur so kann einer tiefgreifenden Reform eine lückenlose und geschlossene „Chain of Custody“ (Produktkette) sichergestellt werden. Bei einer grundlegenden Reform von Zertifizierungs- Darüber hinaus sollten Zertifizierungssysteme systemen sollten zumindest folgende zentrale Eckpunkte vollständige Transparenz einfordern. Dazu gehören berücksichtigt werden: die Veröffentlichung von Karten der zertifizierten Gebiete (einschließlich Schutzgebieten) und • Geeignete Führungsstrukturen: Es sollte Angaben zu den Eigentumsverhältnissen zertifizierter sichergestellt werden, dass die Leitungsgremien Betriebe. Abgesehen davon sollten alle Anforde- von Zertifizierungssystemen mehrheitlich mit rungen eines Zertifizierungssystems für sämtliche VertreterInnen sozialer und ökologischer Interessen Betriebe einer Unternehmensgruppe oder Erzeuger- (einschließlich VertreterInnen indigener und lokaler vereinigung gelten; damit sind alle Unternehmen Gemeinschaften) besetzt sind, damit Entschei- gemeint, die durch Eigentum, Geschäftsführung, dungen im Interesse der Menschen und unseres Verwaltung und/oder andere Formen der Kontrolle Planeten – und nicht im Interesse des Profits – miteinander verbunden sind. getroffen werden. • Unabhängigkeit der Kontrollstellen und • Geeignete Standards; diese sollten zumindest -personen: Es bedarf einer neuen Struktur, die die folgenden Bereiche abdecken: eine Art „Firewall“ zwischen den beiden Parteien 1) Vollständiger Schutz der Rechte und der Lebens- (Kontrollstelle und zertifizierter bzw. die Zertifizierung grundlagen indigener Völker sowie der Rechte von beantragender Betrieb) bildet; damit kann die direkte ArbeitnehmerInnen; 2) Verbot direkter und indirekter Auszahlung von Geldern verhindert, die jeweils am Entwaldung (einschließlich der Umwandlung von besten qualifizierte Kontrollstelle unvoreingenommen Zertifizierte Zerstörung 7
ausgewählt und die zufriedenstellende Durchführung Wiederherstellungs- und Rekultivierungsverfahren von Audits und anderen Bewertungen verifiziert vorangetrieben werden kann. Besonderes Augenmerk werden. sollte dabei auf die Situation von KleinbäuerInnen und lokalen Gemeinschaften im ländlichen Raum gelegt • Verstöße gegen Zertifizierungsstandards sollten werden, deren Lebensunterhalt von Wäldern und unmittelbar strenge Sanktionen nach sich ziehen. anderen Ökosystemen abhängt. Zertifikatsinhaber oder Mitglieder eines Zertifizie- rungssystems, die anhaltend oder schwerwiegend Die Unternehmen sind aufgefordert, unverzüglich gegen eine oder mehrere Anforderungen verstoßen, strenge Sozial- und Umweltstandards für die Rohstoff- sollten aus dem Zertifizierungssystem ausgeschlos- produktion einzufordern und zu implementieren, für alle sen werden. Rohstoffe strenge Rückverfolgbarkeits- und Transpa- renzsysteme einzurichten und ihre Lieferketten proaktiv Der Weg in die Zukunft: zu überwachen. Darüber hinaus sollten die Unternehmen wir brauchen faire und aktiv zum Schutz und zur Wiederherstellung von Wäldern und anderen natürlichen Ökosystemen beitragen, indem entwaldungsfreie Lieferketten sie entsprechende Projekte (auch finanziell) unterstützen. Die Regierungen der Erzeugerländer müssen für eine Der Weg in die Zukunft: umfassende Lieferketten-Gesetzgebung sorgen (sofern diese nicht bereits vorhanden ist), die Wälder und andere wir brauchen besondere natürliche Ökosysteme vor Zerstörung und/oder Strategien, die über Schädigung bewahrt. Diese Gesetze sollten Produzenten Lieferkettengesetze dazu verpflichten, ihre Lieferketten vollständig transparent und rückverfolgbar zu gestalten (u. a. durch die Veröffent- hinausgehen lichung von Landkarten, auf denen alle Beschaffungs- gebiete verzeichnet sind), und die Rechte indigener Um soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen und aus dem und lokaler Gemeinschaften sowie die Rechte von bedrohlichen Trilemma aus Klima-, Biodiversitäts- und ArbeitnehmerInnen schützen. Darüber hinaus sollten die Gesundheitskrise herauszukommen, sind darüber hinaus Regierungen durch geeignete Überwachungsprozesse weitere umfassende und gut durchdachte Strategien sicherstellen, dass die Vorschriften im Zusammenhang erforderlich. Im Kern geht es darum, dass sowohl die mit Lieferketten auch konsequent eingehalten Erzeuger- als auch die Verbraucherländer individuelle und werden und dass die Einhaltung dieser Vorschriften von gemeinsame Strategien entwickeln und umsetzen, die unabhängiger Seite kontrolliert wird. den Menschen, unserem Planeten und der biologischen Vielfalt zugutekommen. Dabei gilt es, den Verlust und Die Regierungen der Verbraucherländer und gege- die Schädigung aller natürlichen Ökosysteme rasch zu benenfalls regionale Akteure wie die EU müssen Gesetze stoppen oder rückgängig zu machen und die globale erlassen, die verhindern, dass Produkte auf den Markt Erwärmung in diesem Jahrhundert auf maximal 1,5 °C zu kommen, die mit der Zerstörung oder Schädigung von begrenzen. Zentrale Ziele sollten dabei einerseits ein auf Wäldern und Ökosystemen und/oder der Verletzung Rechten basierender, gesetzlich verankerter Schutz von der damit verbundenen Menschenrechte in Zusammen- mindestens 30 Prozent aller als Ökoregion definierten hang stehen. Konkret müssen gesetzliche Regelungen Gebiete und andererseits die Wiederherstellung von dafür Sorge tragen, dass jedes Unternehmen seine mindestens 500 Millionen Hektar natürlicher Waldflächen Sorgfaltspflichten erfüllt und seine Lieferkette vollständig sein. Diese Strategien müssen die soziale Gerechtigkeit rückverfolgbar und transparent gestaltet (Offenlegung wahren und dürfen keine Menschenrechte verletzen. Sie der gesamten Lieferkette). Darüber hinaus sollten müssen zudem mit Bemühungen kombiniert werden, einschlägige Gesetze sicherstellen, dass auch Finanz- den Verbrauch bestimmter Rohstoffe und Produkte institute ihre Sorgfaltspflichten erfüllen und somit weder zu reduzieren; im Mittelpunkt sollten dabei die Fragen direkt noch indirekt an der Zerstörung oder Schädigung stehen, wie sich das exzessive Wachstum der von Ökosystemen und/oder der Verletzung von Men- Rohstoffnachfrage eindämmen lässt und wie eine schenrechten beteiligt sind (und auch von der finanziellen gerechte Rohstoffverteilung erreicht werden kann. Unterstützung solcher Geschäftspraktiken absehen). Die Zusammenarbeit zwischen Verbraucher- und Erzeugerländern ist auch notwendig, damit die Einführung ökologisch unbedenklicher und sozial verträglicher Produktionsmethoden sowie wirksamer Zertifizierte Zerstörung 8
Einführung In diesem Report soll die Wirksamkeit (überwiegend) Die ungebremste Expansion land- und forstwirtschaftlicher freiwilliger Zertifizierungssysteme für landwirtschaftliche Flächen trägt auch zur Umwandlung und Schädigung Rohstoffe (nachstehend „Zertifizierungssysteme“ von anderen natürlichen Ökosystemen wie Feucht- genannt) bewertet werden, wenn es darum geht, die gebieten (insbesondere Torfmooren), Savannen sowie weltweit stattfindende Entwaldung, die Schädigung von Busch- und Graslandschaften bei.5 Diese anhaltende Wäldern, die Umwandlung anderer natürlicher Zerstörung führt zu einem verheerenden Verlust an Ökosysteme sowie damit verbundene Menschenrechts- biologischer Vielfalt,6 verletzt immer wieder die Rechte verletzungen (einschließlich der Verletzung der indigener Völker und anderer Gemeinschaften und trägt Rechte von indigenen Völkern und ArbeitnehmerInnen) massiv zum Klimawandel bei. Damit rückt das 1,5-Grad- einzudämmen. Ziel ist die Schaffung einer Entschei- Ziel (Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C im dungsgrundlage, die Regierungen und Unternehmen Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter), das beim Pariser dabei hilft herauszufinden, welche Rolle Zertifizierungen Klimaabkommen7 vereinbart und in einem Sonderbericht bei der Schaffung fairer und entwaldungsfreier des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaände- Lieferketten spielen können und sollten, welche Reformen rungen (IPCC) mit dem Titel „1,5 °C globale Erwärmung“8 erforderlich sind und welche sonstigen Maßnahmen bekräftigt wurde, in immer weitere Ferne. für die Bewältigung der gegenwärtigen Klima- und Biodiversitätskrise ergriffen werden müssen. In den späten 1980-er Jahren und stärker noch in den 1990er- und 2000-er Jahren rückten die wachsende Die weltweiten Waldbestände sind nicht nur die Heimat Rolle multinationaler Konzerne bei großflächigen Umwelt- unzähliger Tier- und Pflanzenarten sowie zahlreicher schäden und Menschenrechtsverletzungen und damit indigener und lokaler Gemeinschaften, sondern auch auch die Verantwortung dieser Konzerne in den Fokus ein wesentlicher Schutzwall gegen den sich rasant der Öffentlichkeit. Das Fehlverhalten dieser Unternehmen beschleunigenden Klimawandel. Die derzeitige globale wurde in zahlreichen Kampagnen von Nichtregierungs- Gesundheitskrise und die anhaltende Klimakatastrophe organisationen (NGOs) aufgedeckt. Dennoch haben die haben viele gemeinsame Ursachen; eine davon ist Regierungen der Erzeugerländer, in denen diese Konzerne die Zerstörung von Wäldern und anderen natürlichen tätig sind, keinerlei Gesetze erlassen oder durchgesetzt, Ökosystemen durch die industrielle Landwirtschaft. Da die dafür sorgen würden, dass die Unternehmen für der Mensch in ursprünglich natürliche Lebensräume die Verursachung ökologischer und sozialer Schäden eindringt und Krankheitserreger dadurch leichter von zur Verantwortung gezogen werden. Die Regierungen Wildtieren auf den Menschen überspringen können, der Verbraucherländer haben es ebenfalls verabsäumt, steigt auch das Risiko des Auftretens neuer Krankheiten wirksame Maßnahmen wie eine Regulierung der Märkte wie COVID-193. Nach Angaben des Umweltprogramms zu ergreifen, und hielten weiterhin am Schutz „ihrer“ der Vereinten Nationen (UNEP) ist die industrielle Land- Industrien und an veralteten Modellen zum Wirtschafts- wirtschaft – vor allem die Viehzucht sowie Soja- und wachstum fest. Multilaterale Initiativen und Institutionen Ölpalmenplantagen – für 70 bis 80 Prozent der weltweiten wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation Entwaldung verantwortlich.4 Schuld am ökologischen der Vereinten Nationen (FAO), die Konferenz der Kollaps trägt das neoliberale Wirtschaftssystem, Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung das auf exzessivem Wachstum, Konsumismus und der (UNCED), die Internationale Organisation für tropisches Ausbeutung der natürlichen Ressourcen beruht. 5 Siehe z. B. Bonanomi, J. et al. (2019). 6 IPBES (2019) 3 Everard, M. et al. (2020) 7 UNFCCC, The Paris Agreement [Webseite] 4 IRP (2019), S. 90 8 IPCC (2018) Zertifizierte Zerstörung 9
Holz (ITTO) und die Rio-Konferenz von 1992 erwiesen Walderklärung (NYDF)18. Um dieses Ziel zu erreichen, sich als unfähig, Lösungen zur Eindämmung der setzten zahlreiche Unternehmen und auch einige Entwaldungskrise bereitzustellen. Da es keine Regierungen in erster Linie auf freiwillige Maßnahmen ausreichenden nationalen und internationalen Kontroll- (und insbesondere auf Zertifizierungssysteme).19 Aber und Rechenschaftsmechanismen gab, die multi- als die Frist näher rückte, wurde klar, dass die CGF- nationalen Konzerne aber natürlich bestrebt waren, Unternehmen bis dahin keine entwaldungsfreien Reputationsschäden und Marktverluste möglichst Lieferketten zustande bringen würden20 und dass auch gering zu halten, begannen marktbasierte „Lösungen“ die anderen Initiativen kläglich scheitern würden. Wie die stark an Bedeutung zu gewinnen. Unternehmen, die Konvention der Vereinten Nationen über die biologische Zivilgesellschaft und auch einige Regierungen arbeiteten Vielfalt (CBD) in ihrem Bericht „Global Biodiversity Outlook zusammen, um freiwillige Rahmenvereinbarungen zu 2020“ bestätigte, ist die jüngste Entwaldungsrate zwar treffen.9 Seit den späten 1980er-Jahren haben solche niedriger als die des vorangegangenen Jahrzehnts, aber Multi-Stakeholder-Initiativen (und insbesondere freiwillige nur um etwa ein Drittel, und die Entwaldung dürfte sich in Zertifizierungssysteme) in Anzahl und Umfang rapide einigen Gebieten jetzt wieder beschleunigen. Der Verlust, zugenommen.10 Mittlerweile befassen sie sich mit einer die Schädigung und die Fragmentierung von Lebens- Reihe von Aspekten des Produktionsprozesses, unter räumen sind in Wäldern und anderen Ökosystemen anderem mit der Entwaldungsproblematik und dem weiterhin besorgniserregend hoch.21 Schutz der Rechte indigener Völker. Die Zivilgesellschaft, eine Reihe von politischen Entschei- Eines der ersten freiwilligen Zertifizierungssysteme, dungsträgerInnen und Unternehmen und sogar einige die auf diese Weise ins Leben gerufen wurden, ist Zertifizierungssysteme haben mittlerweile erkannt, dass der Forest Stewardship Council (FSC). Wie viele rein freiwillige Maßnahmen wie eine Zertifizierung nicht andere Systeme zeichnet sich dieser durch eine ausreichen, um einen echten Wandel herbeizuführen. Sie Multi-Stakeholder-Organisationsstruktur aus und erstellt plädieren daher für regulatorische Maßnahmen – unter weltweite Standards für die Rohstoffbewirtschaftung. anderem, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Im Laufe der Jahre wurden viele Anstrengungen zu schaffen.22 Es besteht die Einsicht, dass das, was zur Verbesserung von Standards und zur Etablierung vielen vor 30 Jahren als Lösung für die Erreichung dieser Zertifizierungssysteme unternommen – unter fairer und entwaldungsfreier Lieferketten vorschwebte, anderem von Greenpeace11 in Zusammenarbeit mit sich in der Praxis als wirkungslos erwiesen hat und dem Forest Stewardship Council (FSC)12 und – in dass es dringend anderer, umfassenderer Maßnahmen begrenztem Maße – auch mit dem Roundtable on bedarf, um die akute Klima- und Biodiversitätskrise in Sustainable Palm Oil (RSPO).13 den Griff zu bekommen. Trotz dieser Erkenntnis betrachten zahlreiche Akteure Zertifizierungen weiterhin als Im Jahr 2010 setzten sich Mitglieder des Consumer unverzichtbaren Teil der Lösung. Sie behaupten Goods Forum (CGF), einem weltweiten Netzwerk aus beispielsweise, dass dort, wo es an strengen Gesetzen großen Herstellern, Einzelhändlern, Dienstleistern und fehlt, freiwillige Zertifizierungssysteme bis zu einem Wirtschaftsverbänden, zum Ziel, Abholzungen bis zum gewissen Grad einen Beitrag zur Eindämmung der Jahr 2020 aus ihren Lieferketten zu verbannen.14 Das Entwaldung und zum Schutz der Menschenrechte leisten gleiche Ziel verfolgten auch mehrere internationale können. Dies geht oft Hand in Hand mit der Forderung, Initiativen zur Eindämmung der Entwaldung, darunter die Nachfrage nach „verantwortungsvoll“ oder die Amsterdam-Erklärung zu entwaldungsfreien Liefer- „nachhaltig“ produziertem (d. h. zertifiziertem) Soja, Palmöl ketten15, das Ziel Nr. 15.2 der Ziele für nachhaltige oder Holz zu steigern – mit dem Argument, dass eine Entwicklung der Vereinten Nationen (UN SDGs)16, Zunahme des Handels mit diesen Rohstoffen zu einem das Aichi-Biodiversitätsziel Nr. 517 und die New Yorker Rückgang von Abholzungen und anderen zerstörerischen Aktivitäten bei deren Produktion führen würde.23 In den letzten Jahrzehnten hat die Zertifizierung 9 Bartley, T. (2003), Chan, S. und Pattberg, P. (2008), MSI Integrity (2020) 10 Liu, P. (2010), OECD (2016) 11 Sofern nicht anders angegeben sind in diesem Report Verweise auf „Greenpeace“ als Verweise auf „Greenpeace International“ zu verstehen. 12 Siehe z. B. Greenpeace (2008a). 18 Die NYDF beinhaltet das Ziel, den Verlust natürlicher Wälder bis 2030 zu beenden, 13 Greenpeace Southeast Asia (15.11.2018) wobei dieser Verlust bis 2020 um 50 Prozent reduziert werden soll. Darüber hinaus 14 Consumer Goods Forum (29.11.2010) fordert sie die Revitalisierung von 350 Millionen Hektar geschädigter und entwaldeter 15 Sieben europäische Länder haben die Amsterdam-Erklärung zu entwaldungsfreien Flächen bis 2030, die Unterstützung des Privatsektors bei der Beseitigung der Ent- Lieferketten unterzeichnet und verpflichten sich damit zu entwaldungsfrei und nach- waldung aus den Lieferketten der wichtigsten landwirtschaftlichen Rohstoffe bis 2020 haltig produzierten Rohstoffen. sowie die Bereitstellung finanzieller Unterstützung zur Reduzierung der Emissionen 16 „Bis 2020 die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern aller Art fördern, Abhol- aus Entwaldung und Waldschädigung. Siehe New York Declaration on Forests, About zungen beenden, geschädigte Wälder revitalisieren und die weltweiten Aufforstungs- [Webseite]. und Wiederaufforstungsmaßnahmen erheblich steigern.“ Quelle: United Nations, 19 Lambin, E. F. und Thorlakson, T. (2018), Neeff, T. und Linhares-Juvena, T. (2017), Sustainable Development Goals Knowledge Platform, Sustainable Development Goal Pacheco, P. et al. (2021) 15 [Webseite]; Übersetzung: V. A. Neuhold. 20 Siehe Chain Reaction Research (05.03.2020), Ecobusiness (2018), Global Canopy 17 „Bis 2020 die Geschwindigkeit der Zerstörung aller natürlichen Lebensräume, ein- (2020), Greenpeace (2018b) sowie Greenpeace (2019c). schließlich der Wälder, mindestens halbieren und, sofern möglich, annähernd auf null 21 Secretariat of the Convention on Biological Diversity (2020), S. 7 bringen und die Schädigung und Fragmentierung der natürlichen Lebensräume um 22 MSI Integrity (2020), S. 31 und S. 48 ein Vielfaches verringern.“ Quelle: Convention on Biological Diversity, Aichi Biodiversity 23 Siehe z. B International Institute for Environment and Development, Four actions to Targets [Webseite]; Übersetzung: V. A. Neuhold. reduce the ‘forest footprint’ of commodities [Webseite]. Zertifizierte Zerstörung 10
wald- und naturgefährdender Rohstoffe (engl. Forest and haben bzw. von diesen als Best-Practice-Beispiele Ecosystem Risk Commodities, abgekürzt FERCs)24 auf gehandelt werden. der ganzen Welt zugenommen; dies hat der Entwaldung und der Zerstörung natürlicher Ökosysteme jedoch Basierend auf den Ergebnissen des Reports wird keinen Abbruch getan. Bedeutet dies, dass Zertifi- abschließend in den Schlussfolgerungen und zierungen nutzlos sind? Wie wirksam sind Zertifizierungs- Empfehlungen den Fragen nachgegangen, systeme, wenn es darum geht, die Entwaldung, die ob Zertifizierungen ihren Zweck erfüllen, worin die Schädigung von Wäldern und die Zerstörung anderer angemessene Rolle von Zertifizierung besteht, welche natürlicher Ökosysteme zu bekämpfen? Was schränkt Reformen erforderlich sind und welche sonstigen die Wirksamkeit einer Zertifizierung von vornherein ein? Maßnahmen Regierungen und Unternehmen ergreifen Gibt es gemeinsame Themen, was die Leistungen sollten, um saubere Lieferketten ohne Abholzung verschiedener Zertifizierungssysteme betrifft? Wo liegen und Menschenrechtsverletzungen zu schaffen, die die Stärken und Schwächen der am weitesten biologische Vielfalt und die Ökosysteme unseres verbreiteten Zertifizierungssysteme? Welche Reformen Planeten zu erhalten, die globale Erwärmung auf unter sind erforderlich, und welche Rolle können und sollten 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter Zertifizierungen in Zukunft spielen? Welche anderen zu begrenzen und mögliche weitere Pandemien zu Maßnahmen sind erforderlich, wenn es darum geht, der verhindern. Entwaldung, der Schädigung von Wäldern und der Umwandlung von Ökosystemen Einhalt zu gebieten? Diese Fragen bilden die Grundlage für den vorliegenden Report. Die vorliegende Arbeit basiert auf einer umfangreichen Forschungsliteratur über Zertifizierungen, öffentlich zugänglichen Informationen über eine Vielzahl von Zertifizierungssystemen25 (inklusive Rückmeldungen seitens der Zertifizierungssysteme selbst) sowie den Meinungen von ZertifizierungsexpertInnen. Zunächst werden einige Schlüsselbegriffe und -konzepte definiert, unter anderem „Zertifizierungssysteme“, „Kontrollstellen“, „Kennzeichnung“ und „Verifizierung“. Kapitel 1 untersucht die inhärenten Grenzen der Zertifizierung als Instrument gegen die weltweit stattfindende Entwaldung, die Schädigung von Wäldern und die Umwandlung anderer natürlicher Ökosysteme für die Produktion von FERCs. Kapitel 2 skizziert die Schlüsselfaktoren, die die Wirksamkeit von Zertifizierungssystemen bei der Erreichung dieses erstrebenswerten Ziels beeinflussen. Kapitel 3 ergänzt diese allgemeine Analyse um eine eingehende Betrachtung der Stärken und Schwächen einzelner Zertifizierungssysteme für Agrotreibstoffe, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz (derzeit nur auf Englisch verfügbar und nicht in diesem Teil erhalten). Es gibt sehr viel mehr Zertifizierungssysteme, als man hier im Detail analysieren kann. Daher beschränkt sich dieser Report darauf, nur einige wenige einer näheren Betrachtung zu unterziehen; der Schwerpunkt liegt dabei auf jenen Systemen, die am weitesten verbreitet sind und/oder die in den Augen von Regierungen und Unternehmen Vorbildcharakter © Ulet Ifansasti / Greenpeace 24 FERCs sind Rohstoffe, deren Gewinnung, Ernte oder Produktion schädliche Aus- wirkungen auf Wälder, andere Ökosysteme und damit verbundene Menschenrechte hat oder haben könnte, wie z. B. Soja (dient in erster Linie als Futtermittel für Nutz- tiere), Palmöl, Rindfleisch, Holz, Gummi und Kakao. Siehe Greenpeace (2020), S. 5. 25 Dabei wurden Änderungen, die Zertifizierungssysteme an ihren Standards und Lieferkettenmodellen vorgeschlagen haben oder in Zukunft vornehmen werden, nicht berücksichtigt. Zertifizierte Zerstörung 11
Definitionen rund um das Thema "Zertifizierung" Zertifizierungssysteme für FERCs legen eine Reihe von KundInnen versichern, dass sie oder ihre Lieferanten Umwelt- und Sozialstandards fest, die bei der Produktion Vorkehrungen getroffen haben, um die negativen öko- dieser Rohstoffe zu beachten sind. Diese Standards logischen und/oder sozialen Auswirkungen der Produktion bestehen in der Regel aus einer Reihe von Grundsätzen ihrer Rohstoffe so gering wie möglich zu halten, und dass und Kriterien (wobei die Grundsätze die allgemeinen ihre Produkte daher als „nachhaltig“ betrachtet werden Merkmale des Standards festlegen und die Kriterien können.29 Kein Zertifizierungssystem kann jedoch für sich definieren, welche Anforderungen an jedes Merkmal gestellt den Anspruch erheben, dass die zertifizierten Produkte werden) sowie objektiv überprüfbaren Indikatoren für tatsächlich nachhaltig sind, zumal nicht bekannt ist, was die Einhaltung der Kriterien. Ein Gebiet, ein Produkt, ein in Bezug auf Wälder, Böden und Landwirtschaft tatsächlich landwirtschaftlicher Betrieb, ein Hersteller oder ein nachhaltig ist.30 Verarbeiter (z. B. eine Mühle) gilt als zertifiziert, wenn es bzw. er die von einem bestimmten Zertifizierungssystem Die Kennzeichnung eines Produkts mit einem Gütezeichen festgelegten Standards erfüllt. ist ein „Versprechen“ bzw. eine Zusicherung, dass dieses Produkt die Kriterien eines Zertifizierungssystems erfüllt. Während sich die Zertifizierung auf einen bestimmten Sie erfolgt meist auf Seiten der Konsumgüterhersteller.31 Bewirtschaftungsbereich oder eine Verarbeitungsanlage Die Kennzeichnung ist in der Regel in die Verpackung bezieht, berechtigt die Mitgliedschaft einen Betrieb zur eines Produkts integriert und dient in der Theorie dazu, die Teilnahme an den Leitungsgremien des Zertifizierungs- KäuferInnen/VerbraucherInnen auf die Nachhaltigkeit des systems. Bei einigen Zertifizierungssystemen (wie z. B. dem Produkts hinzuweisen.32 FSC) kann ein Unternehmen ein Zertifikatsinhaber sein, muss aber nicht zwangsweise Mitglied sein.26 Bei anderen Ein wichtiger Aspekt von Zertifizierungen ist die Rück- Systemen (wie z. B. dem RSPO) ist die Mitgliedschaft eine verfolgbarkeit von Produkten oder Materialien, die in der Voraussetzung für die Zertifizierung.27 Regel über ein sogenanntes CoC-System und CoC- Standards (CoC = Chain of Custody) implementiert wird. Die Teilnahme an fast allen Zertifizierungssystemen ist (Anm. d. Übers.: Der englische Begriff „Chain of Custody“ freiwillig. Allerdings dienen die Systeme in einigen Fällen bezeichnet die chronologische Dokumentation bzw. dazu, den Unternehmen die Einhaltung gesetzlicher Papierspur, die über die Aufbewahrung, die Kontrolle, Vorgaben zu ermöglichen; so wird die Einhaltung der den Transfer, die Analyse und die Veräußerung physischer Nachhaltigkeitskriterien der Erneuerbare-Energien- oder elektronischer Beweismittel Auskunft gibt. Richtlinie der EU (engl. Renewable Energy Directive, Im Zusammenhang mit der Zertifizierung von Rohstoffen und abgekürzt RED) durch Zertifizierungssysteme wie die deren Rückverfolgbarkeit spricht man im Deutschen auch International Sustainability and Carbon Certification (ISCC) von „Produktkette“.) Unter Rückverfolgbarkeit versteht man und REDCert sichergestellt.28 die Möglichkeit, ein Produkt oder seine Bestandteile über die einzelnen Glieder einer Lieferkette hinweg (z. B. Produktion, Zertifizierungen werden häufig von Unternehmen in Anspruch genommen, die FERCs produzieren, mit FERCs 29 Die Firma Unilever zum Beispiel definiert „nachhaltige Beschaffung“ von Palmöl so, dass sie das Öl ausschließlich aus zertifiziert nachhaltigen Quellen bezieht. Siehe handeln oder Produkte herstellen oder verkaufen, die Unilever (2020), S. 3. 30 In der Norm ISO 14021 zu umweltbezogenen Anbietererklärungen heißt es: „Die FERCs enthalten. Damit möchten diese Unternehmen ihren Konzepte, die in Bezug auf Nachhaltigkeit zum Tragen kommen, sind sehr komplex und werden noch untersucht. Derzeit gibt es keine zuverlässigen Methoden, um Nachhaltigkeit zu messen oder ihre Erreichung zu bestätigen. Daher können Anbieter niemals behaupten, dass ihre Produkte nachhaltig seien.“ Siehe ISO (2016), Klausel 26 Siehe FSC, Homepage [Webseite] sowie FSC, Members [Webseite]. 5.5, S. 5; Übersetzung: V. A. Neuhold. 27 RSPO, RSPO certification [Webseite] 31 Liu, P. (2010) 28 European Commission, Voluntary schemes [Webseite] 32 EU Retail Forum for Sustainability (2011) Zertifizierte Zerstörung 12
© Kemal Jufri / Greenpeace Verarbeitung, Herstellung und Vertrieb) zu verfolgen; dies entsprechende Vorgabe“.37 Ein Beispiel wäre die unabhän- ist erforderlich, wenn eine Garantie hinsichtlich des Zerti- gige Verifizierung durch eine zweite Instanz, inwieweit ein fizierungsstatus eines Produkts übernommen werden soll. Unternehmen die NDPE-Politik verfolgt (No Deforestation, No Peat, No Exploitation/Keine Abholzung, kein Anbau auf Unternehmen oder Beratungsfirmen, die als Kontroll- Torf, keine Ausbeutung).38 Im Rahmen eines Audits eines stellen (KS) tätig sind, führen bei zertifizierten Betrieben Zertifizierungssystems kann der Vorgang der Beurteilung, (Produzenten, Verarbeitern, nachgelagerten Unternehmen) ob Betriebe die festgelegten sozialen und ökologischen als externe Partner sogenannte Audits durch; diese sollen Kriterien einhalten, ebenfalls als „Konformitätsbewertung“ sicherzustellen, dass die zertifizierten Betriebe die fest- oder „Verifizierung“ bezeichnet werden.39 gelegten sozialen und ökologischen Kriterien einhalten. Jede Kontrollstelle hat eine zugelassene Liste von Kontrollpersonen (dies sind in der Regel BeraterInnen oder MitarbeiterInnen der Kontrollstelle), die zur Durchführung der Audits berechtigt sind. Die zertifizierten Betriebe sind in der Regel selbst für die Beauftragung dieser externen Audits verantwortlich und haben auch die Kosten dafür zu tragen.33 Die meisten Zertifizierungssysteme stellen Akkreditierungs- anforderungen an Kontrollstellen, die auf den Vorgaben der Internationalen Organisation für Normung (ISO) basieren.34 Diese Zertifizierungssysteme verlangen, dass die Kontrollstellen von einer anerkannten Akkreditierungs- stelle akkreditiert werden, wie z. B. der Assurance Services International (ASI) beim FSC und RSPO.35 Vereinfacht ausgedrückt besteht die Rolle von Akkreditierungsstellen wie den ASI darin sicherzustellen, dass die Kontrollstellen die von den Zertifizierungssystemen festgelegten Regeln einhalten. Zusätzliche Kontrolle, Koordination und Unter- stützung bei der Anwendung von Nachhaltigkeitsstandards bieten Organisationen wie die ISEAL Alliance.36 Die Verifizierung ist ein einfacheres Konzept, das nicht notwendigerweise Teil eines Zertifizierungssystems ist. Sie kann definiert werden als die „Bewertung und Validierung der Einhaltung oder Erfüllung einer Verpflichtung, eines Standards oder eines Ziels bzw. die Bewertung und Validierung von Maßnahmen in Bezug auf eine 33 Siehe z. B. Carlson, K. M. et al. (2017), Food and Agriculture Organization of the United Nations (2018) und Food and Agriculture Organization of the United Nations, 37 Accountability Framework Initiative, Definitions (Monitoring, Verification, Reporting, Forest certification [Webseite]. Claims [Webseite]; Übersetzung: V. A. Neuhold 34 ISO (2012) 38 Accountability Framework Initiative, Core principles, 11. Monitoring and verification 35 ASI, Scheme owners we work with [Webseite] [Webseite], Wilmar International (2018) 36 ISEAL Alliance, Who we are [Webseite] 39 FSC (2014), S. 3 Zertifizierte Zerstörung 13
Kapitel 1 Die inhärenten Grenzen von Zertifizierungen Dieses Kapitel enthält einige Überlegungen zu den Vor diesem Hintergrund sind Zertifizierungen ein rein inhärenten Grenzen von Zertifizierungssystemen. marktbasierter Mechanismus: Der Anreiz für Produzenten, Folgende Aspekte werden einer näheren Betrachtung Umwelt- und Sozialstandards einzuhalten, besteht unterzogen: der beabsichtigte Zweck, die großen primär darin, einen besseren Marktzugang zu erhalten Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Syste- und/oder Preisaufschläge zu erzielen.41 Anstatt also men, die Verantwortung, die auf die VerbraucherInnen Anreize für eine möglichst konsequente Einhaltung von abgewälzt wird, und die Tatsache, dass die Probleme der Umwelt- und Sozialstandards zu schaffen, liegt das exzessiven Nachfrage nach FERCs und der Verschiebung Hauptaugenmerk darauf, die Nachfrage nach bzw. umweltschädlicher und sozial unverantwortlicher den Marktanteil von „nachhaltigen“ (d. h. zertifizierten) Produkte in noch offenstehende Märkte (sogenanntes Produkten zu steigern – ungeachtet dessen, dass es „Leakage“) durch Zertifizierungen nicht gelöst werden keine verlässliche Garantie für die Nachhaltigkeit der können. zertifizierten Produkte gibt.42 1. Statt um Nachhaltigkeit geht es Darüber hinaus wird allein durch das Vorhandensein um die Ausweitung des Marktzugangs, eines Zertifizierungssystems für einen bestimmten die Stärkung der Marktposition und Rohstoff die Marktposition dieses Rohstoffs gestärkt; die Steigerung von Profiten. Bemühungen, diesen Rohstoff durch alternative Roh- stoffe zu ersetzen, deren Produktion weniger schädlich Ein Rohstoff kann definiert werden als „ein wirtschaft- ist,43 oder die Produktion und den Verbrauch bestimmter liches Gut, in der Regel eine Ressource, das vollständig FERCs insgesamt zu verringern, werden dadurch oder weitgehend austauschbar ist; das heißt, der Markt möglicherweise ebenfalls eingebremst. Der RSPO geht behandelt Güter derselben Art und Beschaffenheit als sogar so weit, dass er seinen Mitgliedern verbietet, gleichwertig oder nahezu gleichwertig, ohne Rücksicht „Werbeaussagen zu machen, die implizieren, dass darauf, wer sie produziert hat.“40 Mit anderen Worten: die Verbannung von Palmöl aus einem Produkt besser Unabhängig davon, wo oder von wem ein Rohstoff wie für die soziale oder ökologische Nachhaltigkeit ist als Palmöl oder Soja produziert wird, handelt es sich letztlich die Verwendung von RSPO-zertifiziertem nachhaltigen um das gleiche Produkt, das auf dem Weltmarkt im Palmöl.“44 Wesentlichen den gleichen Wert hat. Zu den Möglich- keiten, die wirtschaftliche Rentabilität von Rohstoffen zu 2. Die Qualität von Zertifizierungsystemen erhöhen, gehören ein bevorzugter Marktzugang, variiert stark und das Label der Nachhaltigkeit Preisaufschläge und Kostensenkungen. Ein zentrales ist irreführend. Problem ist, dass in jenen Erzeuger- und Verbraucher- ländern, in denen es keine strengen und wirksamen Es gibt viele verschiedene Zertifizierungssysteme, aber gesetzlichen Rahmenbedingungen gibt, durch schädliche nur wenige Übereinstimmungen zwischen den einzelnen oder zerstörerische Geschäftspraktiken (wie etwa Systemen in Hinblick darauf, welche Wälder und Öko- unfaire Arbeitsbedingungen, schlechte soziale Praktiken, systeme geschützt werden sollten, wie mit dem Problem Landraub, Missachtung von Umweltstandards oder Steuervermeidung) Kostensenkungen erreicht werden 41 Siehe Liu, P. (2010) und Pavel, C. et al. (2016). 42 Gemäß der Norm ISO 14021 gibt es derzeit „keine zuverlässigen Methoden, können. um Nachhaltigkeit zu messen oder ihre Erreichung zu bestätigen. Daher können Anbieter niemals behaupten, dass ihre Produkte nachhaltig seien.“ Siehe ISO (2016) Klausel 5.5, S. 5; Übersetzung: V. A. Neuhold. 40 Wikipedia, Commodity [Website]; Übersetzung: V. A. Neuhold. Siehe auch Chen, 43 Changing Markets Foundation (2018), S. 86 J. (14.02.2020). 44 RSPO (2017a), S. 2; Übersetzung: V. A. Neuhold Zertifizierte Zerstörung 14
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