Zwischen-bilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung

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Zwischen-bilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung
Zwischen-
  bilanz
COVID-19:
  Umweltpolitik und
  Digitalisierung

  11. Juni 2020
Zwischen-bilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung
Inhalt

 COVID-19: Auswirkungen auf Digitalisierung und Umwelt im Überblick                                     3

 Homeoffice und Geschäftsreisen                                                                         6

 Onlinehandel                                                                                           8

 Daten, Internet und Kommunikationsinfrastrukturen                                                  10

                                         Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   2
Zwischen-bilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung
COVID-19:
                 Auswirkungen auf Digitalisierung
                 und Umwelt im Überblick
                                             Die im März 2020 veröffent-      aufgrund der Corona-Pande-           Eindämmung von COVID-19
                                             lichte Umweltpolitische          mie nochmals gestiegen.              auf Digitalisierung und Um-
                                             Digitalagenda des Bundes-        Digitale Lösungen haben die          welt dar. Dafür wurden in aus-
                                             ministeriums für Umwelt,         Auswirkungen des Social              gewählten Bereichen öffent-
                                             Naturschutz und nukleare         Distancing und der Maßnah-           lich verfügbare Daten aus
                                             Sicherheit (BMU) verdeutlicht,   men zur Eindämmung von               unterschiedlichen Quellen
                                             dass die zwei Megatrends         COVID-19 in vielen Fällen            zusammengestellt. Dazu zäh-
                                             des 21. Jahrhunderts, Digita-    abgefedert. Arbeitsplätze            len Umfragen zum Ver­halten
                                             lisierung und der Schutz von     konnten ins Homeoffice ver-          und zu den Absichten von
                                             Umwelt und Klima, zusam-         legt, soziale Kontakte im Netz       Bürgerinnen und Bürgern,
                                             mengebracht werden müs-          aufrechthalten, Einkäufe on-         Auswertungen von Social-
                                             sen. Eine sinnvoll gestaltete,   line erledigt werden. Zudem          Media-Aktivitäten, Statistiken
                                             umweltgerechte Digitalisie-      wurden Freizeitaktivitäten           zu tatsächlichem Kaufver-
                                             rung kann ein Werkzeug           teilweise durch Streaming            halten wie auch Veröffent-
                                             für den sozialökologischen       und Onlinespiele gestaltet.          lichungen von Unternehmen
                                             Umbau sein. Die globalen         Corona hat einen Digitali-           und Institutionen. Dieser erste
                                             Nachhaltigkeitsziele und die     sierungsschub ausgelöst.             Überblick zeigt klare Tenden-
                                             Pariser Klimaziele sind nur      Ohne Digitalisierung wären           zen, lässt somit konsistente
                                             dann zu erreichen, wenn digi-    die negativen Auswirkungen           Rückschlüsse auf kurzfristige
                                             tale Technologien besser als     auf Wirtschaft und Zusam-            Effekte zu und soll als Anstoß
                                             bisher für nachhaltige Formen    menleben sehr viel größer            für die Diskussion möglicher
                                             des Wirtschaftens, Wohnens,      gewesen.                             politischer Handlungsoptionen
                                             Arbeitens und Zusammen­                                               dienen.1
                                             lebens genutzt werden.           Diese Kurzanalyse stellt eine
                                                                              Zwischenbilanz der Auswir-
                                             Die Bedeutung der Digitalisie-   kungen der Corona-Pande-
                                             rung ist in den letzten Wochen   mie und der Maßnahmen zur

1
    Eine umfassendere Datenanalyse und
    Auswertung ist zu diesem Zeitpunkt
    nicht möglich und sollte Gegenstand
    vertiefter wissenschaftlicher Arbeiten
    sein.

                                                                                          Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   3
Die Daten dieser Zwischenbilanz im Überblick

                ►   57 % der Befragten sehen im April 2020 die Digitalisierung insgesamt als Chance. 2018 wa-
                    ren es 44 %. (DBU)
                ►   47 % der Befragten sehen im April 2020 in der Digitalisierung eine Chance für den Umwelt-
                    schutz. 2018 waren es 33 %. (DBU)

 Homeoffice und Geschäftsreise

                ►   75 % der Befragten erwarten durch die Digitalisierung eine Reduktion des Verkehrs. (DBU)
                ►   60 % der Erwerbstätigen waren zu Zeiten der Eindämmungsmaßnahmen weiterhin an
                    ihrem Arbeitsort tätig. (Universität Mannheim)
                ►   25–30 % der Erwerbstätigen konnten ihre Tätigkeit ins Homeoffice verlegen. (Universität
                    Mannheim)
                ►   Im März 45 % Reduktion der Aufenthalte an Arbeitsorten im Vergleich zu Vor der COVID-19
                    Pandemie (Vergleichswert 15.02.2020). Ende Mai 2020 30 % Reduktion (Google COVID-19
                    Mobility Report)
                ►   39 % derjenigen, die zum ersten Mal im Homeoffice gearbeitet haben, hatten zuvor keine
                    Erlaubnis des Arbeitgebers; 26 % wollten von sich aus nicht im Homeoffice arbeiten. (bidt)
                ►   39 % aller weltweit Befragten und 31 % aller deutschen Befragten gehen davon aus, dass
                    sie in den nächsten Jahren weniger Geschäftsreisen unternehmen. (EY Future Consumer
                    Index)
                ►   66 % der Befragten gehen davon aus, interne Abstimmungen in Zukunft über Video-
                    konferenzen abwickeln zu können. (Civey)
                ►   169 % Umsatzerhöhung beim Videokonferenzanbieter Zoom (SZ)

 Onlinehandel

                ►   60 % mehr Online-Transaktionen im April 2020 (Destatis)
                ►   60 % aller Befragten in Deutschland möchten in Zukunft Einkaufsfahrten reduzieren.
                    (EY Future Consumer Index)
                ►   25 % der befragten Deutschen möchten in Zukunft langlebige Konsumgüter vermehrt
                    online kaufen, weltweit beabsichtigen dies 40 %. (EY Future Consumer Index)
                ►   78 % der 30- bis 59-Jährigen geben an, bewusster in der Region einkaufen zu wollen.
                    (Hochschule Osnabrück)

 Daten, Internet und Kommunikationsinfrastrukturen

                ►   10 % Anstieg des Datenverkehrs zu Beginn der COVID-19-Gegenmaßnahmen im
                    März 2020 (DE-CIX)
                ►   9,16 Tbit/s Datendurchsatz am 10.03.2020 am Knoten in Frankfurt und damit Weltrekord
                    (der höchste jemals gemessene Wert) (DE-CIX)
                ►   30 % Erhöhung bei der Nutzung von Streamingdiensten und Cloud Gaming im März
                    (DE-CIX)
                ►   76 % Erhöhung der Kommunikation via Festnetz im März (Telekom)
                ►   18 % Erhöhung des Datenverkehrs im Festnetz im März (Vodafone)

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Ausgangslage – Digitalisierungsschub durch Maßnahmen zur
Eindämmung von COVID-19

             Die durch die Digitalisierung    ►   Konsumverhalten ver-               ►   Freizeitverhalten findet
             ermöglichten Verhaltens-             lagert sich zu Online­                 online statt. Mehr Strea-
             änderungen haben direkte             käufen. Konsumgüter wer-               ming von Medieninhalten
             Auswirkungen auf Umwelt              den bestellt und geliefert.            und mehr Computerspiele
             und Klima.                           Dadurch reduzieren sich                (online/offline) führen zu
                                                  Verkehre für den Einkauf im            einer Einschränkung von
             ►   Social Distancing und Ein-       stationären Handel, parallel           Freizeitverkehren und
                 dämmungsmaßnahmen                steigen jedoch die durch               geringerem Verbrauch von
                 führen zu einer Verlage-         Liefer- und Versanddienst-             Konsumgütern.
                 rung der Kommunika-              leistungen verursachten
                 tion im Arbeitsleben auf         Verkehrsströme. Gleich-            ►   Digitale Technologien
                 digitale Kanäle. Mehr            zeitig verschieben sich                und Geschäftsmodelle
                 Menschen arbeiten von zu         die Marktanteile zwischen              haben einen eigenen sig-
                 Hause aus (Homeoffice)           lokalem Einzelhandel und               nifikanten ökologischen
                 und Kundenkontakte               Online-Handelsplattformen              Fußabdruck – direkt und
                 erfolgen online. Das führt       mit potenziell negativen               indirekt. Jede neue digitale
                 zu einer Reduktion von           Wirkungen auf den erforder-            Anwendung sorgt für einen
                 Pendelverkehren und Ge-          lichen Ausbau nachhaltiger,            Anstieg von Datenmengen,
                 schäftsreisen und – poten-       regionaler Wertschöpfungs-             die bewegt und verwaltet
                 ziell – zu einer Reduktion       ketten.                                werden. Der Energiever-
                 von Bedarf an Büroflächen.                                              brauch steigt. Jedes neue
                                                                                         Endgerät, jede neue digita-
                                                                                         le Infrastruktur verbraucht
                                                                                         wertvolle Rohstoffe und
                                                                                         Energie.

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Was ist zu beobachten?

                                              Die Einschränkungen durch         Allerdings zeigt sich bereits,           Meetings und Geschäfts­
                                              die Maßnahmen zur Eindäm-         dass Verhaltensänderungen                reisen. Der Bedarf an Büro-
                                              mung der Pandemie haben           mit den Lockerungen wieder               flächen sinkt auf diese
                                              in vielen Bereichen einen         abnehmen. Die Chance für                 Weise.
                                              „Routinenbruch“ und neue          die Umweltpolitik liegt nun
                                              Verhaltensmuster erzwungen.       darin, die positiv zu werten-         2. Online-Transaktionen sind
                                              COVID-19 hat einen Bewusst-       den Verhaltensänderungen                 um bis zu 60 % im Vergleich
                                              seinswandel angestoßen: Die       als dauerhaften „Routinen­               zum Vorjahr gestiegen. Die
                                              Möglichkeiten der Digitalisie-    wechsel“ zu verstetigen.                 Mehrheit der Verbraucher
                                              rung für Umwelt und Klima                                                  interessiert sich für regio-
                                              sind breiter akzeptiert. Der      Drei wesentliche Erkenntnisse:           nale und lokale Konsum-
                                              DBU-Umweltmonitor2, zeigt,                                                 optionen, aber es fehlt an
                                              dass 57 % der Bürgerinnen         1. Die COVID-19 Gegenmaß-                entsprechenden Onlinean-
                                              und Bürger – und damit mehr          nahmen haben Potenzial                geboten.
                                              als noch vor der Corona-Krise        für Verkehrsreduktion durch
                                              (2018 waren es 44 %) – in der        Homeoffice und Virtualisie-        3. Der Digitalisierungsschub
                                              Digitalisierung eher Chancen         rung von Geschäftskontak-             führte unmittelbar mit
                                              sehen. Auch ist der Anteil de-       ten aufgezeigt; aber der              Eintritt der Eindämmungs-
                                              rer, die in der Digitalisierung      Trend ist schon wieder rück-          maßnahmen zu 10–20 %
                                              eher Vor- als Nachteile für die      läufig. Zeitnahe Maßnah-              mehr Datenvolumen,
                                              Umwelt sehen, während der            men könnten nach unserer              getrieben durch Videokon-
                                              Corona-Krise deutlich von            Einschätzung bis zu 8 %               ferenzen und Streaming,
                                              33 % auf 47 % angestiegen.           Reduktionspotenzial im                und zu einer entsprechend
                                              Ebenso ist der Anteil der Be-        Personenverkehr bewirken.             höheren Auslastung der
                                              fragten, die eine Reduktion          Ein Viertel aller Tätigkeiten         Kommunikationsinfrastruk-
                                              von Verkehren durch die              konnte während des Social             tur (vor allem im Festnetz).
                                              Digitalisierung erwarten,            distancing ins Homeoffice
                                              zwischen März und April 2020         verlegt werden. Videokon-
                                              sprunghaft von 53 % auf 75 %         ferenzen haben sich mehr
                                              gestiegen.                           als verdoppelt und ersetzen

2
    DBU-Umweltmonitor Corona-Folgen:
    Nachhaltigkeit während der Corona-
    Krise, Teil: Digitalisierung und Nach
    haltigkeit, https://www.dbu.de/2433
    publikation1587.html

                                                                                             Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   6
Homeoffice und
             Geschäftsreisen
              Bestandsaufnahme Homeoffice

                                            Gut ein Viertel aller Arbeitneh-      nahmen haben sich die von             ein Zehntel aller Befragten
                                            merinnen und Arbeitnehmer             Google über Positionsdaten            an einem Wechsel ins Home-
                                            gaben in Umfragen der Uni-            von Smartphones gemesse-              office. Regionale Unterschiede
                                            versität Mannheim an, dass            nen Aufenthalte an Arbeits-           in der Versorgung mit digitaler
                                            sie in der Hochphase der              orten an Werktagen um bis zu          Infrastruktur wurden in dieser
                                            Eindämmungsmaßnahmen                  45 % reduziert.4                      bundesweiten Abfrage nicht
                                            ihre Arbeit ins Homeoffice                                                  erfasst.
                                            verlagert haben. Die große            Die Maßnahmen zur Eindäm-
                                            Mehrheit (bis zu 60 %) ist            mung haben Verhaltensände-            Mit Beginn der Lockerungs-
                                            nach eigenen Angaben aber             rungen forciert. In einer aktu-       maßnahmen reduzieren sich
                                            weiterhin an ihren jeweiligen         ellen Umfrage des bidt gaben          die Homeoffice-Aufenthalte
                                            Arbeitsorten tätig gewesen.           39 % derjenigen, die während          wieder (siehe Abbildung 1).
                                            Bis zu 15 % der im Januar             dieser Zeit zum ersten Mal ins        Das Homeoffice wird zwar
                                            2020 noch Erwerbstätigen              Homeoffice gewechselt sind,           weiter genutzt, allerdings ver-
                                            haben ihre Arbeit nicht in bis-       an, dass ihr Arbeitgeber vor-         mehrt in einer Mischform mit
                                            herigem Umfang fortsetzen             her kein Homeoffice erlaubt           tageweisen Aufenthalten am
                                            können und waren entweder             habe.5 26 % äußerten, dass            Arbeitsplatz. Ende Mai 2020
                                            in Kurzarbeit, anderweitig            sie selbst nicht im Homeoffice        war die anhand der Google-
                                            freigestellt oder haben ihren         arbeiten wollten. Technische          Positionsdaten gemessene
                                            Arbeitsplatz verloren.3               Hürden spielen für die Be-            Anzahl der Aufenthalte von
                                                                                  fragten eine geringe Rolle.           Menschen an ihren Arbeits-
                                            Dieses Muster spiegelt sich           Schlechte Internetverbindun-          orten aber immer noch um
                                            in der Erfassung von Aufent-          gen und mangelnde techni-             die 30 % geringer als vor den
                                            haltsorten durch Positions-           sche Ausrüstung durch den             Eindämmungsmaßnahmen.6
                                            daten von Mobiltelefonen.             Arbeitgeber hinderten nach
                                            Zu Beginn der Gegenmaß-               eigenen Angaben ungefähr

                                                                  Abbildung 1:
                                                    Darstellung der Verlagerung
                                                     der Arbeit ins Homeoffice7

3
  Die Mannheimer Corona-Studie: Das
  Leben in Deutschland im Ausnahme-
  zustand: Beschäftigungssituation der
  Erwerbstätigen in Deutschland wäh-
  rend der Corona-Krise; Veränderung
  der Beschäftigungssituation der im
  Januar 2020 Erwerbstätigen, Mai 2020,
  https://www.uni-mannheim.de/gip/
  corona-studie/
4
  Google Covid-19 Community Mobility
  Reports, Juni 2020, https://www.
  google.com/covid19/mobility/
5
  Bayerisches Forschungszentrum für
  Digitale Transformation (bidt): Digita-
  lisierung durch Corona?, https://www.
  bidt.digital/studie-homeoffice/
6
  Teralytics-Erhebung auf der Basis von
  Mobilfunkdaten, Mai 2020, https://rki.
  mobility-covid19.teralytics.net/
7
  Daten auf Basis der Mannheimer
  Corona-Studie, Google Covid-19
  Community Mobility Reports und Apple
  Mobility Trends Report, Juni 2020

                                                                                               Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   7
Beobachtung der Virtualisierung von Kundenkontakten und Geschäftsreisen

                                         Als Antwort auf die COVID-19-     konferenzen spezialisierter          Eine aktuelle Civey-Umfrage
                                         Gegenmaßnahmen hat sich           Anbieter, hat seinen Umsatz          bestätigt diese Einschätzung:
                                         ein signifikanter Anteil von      nach eigenen Angaben im              Hier gehen 41,5 % davon
                                         Kontakten zwischen Unter-         ersten Quartal um 169 % im           aus, künftig weniger Ge-
                                         nehmen und zwischen Firmen        Vergleich zum Vorjahreszeit-         schäftsreisen zu machen.
                                         und Endkunden auf digitale        raum erhöht.9                        Die Befragten er­warten, dass
                                         Kanäle verlagert. Der Be-                                              Videokonferenzen in Zukunft
                                         treiber des größten deutschen     39 % aller weltweit Befragten        sowohl regelmäßige interne
                                         Datenknotenpunktes DE-CIX         und 31 % aller deutschen             Abstimmungen (66,0 %) als
                                         berichtet von einer Verdopp-      gaben in einer aktuellen             auch externe Meetings mit
                                         lung der Datenströme für          EY Umfrage10 an, dass sie            Geschäftspartnern (56,9 %)
                                         Videokonferenzen mit Beginn       erwarten, in den nächsten            ersetzen können.
                                         der Eindämmungsmaßnah-            Jahren weniger Geschäfts-
                                         men.8 Zoom, ein auf Video-        reisen zu unternehmen.

              Interpretation

                                         Die Auswirkungen der Ein-         den ursprünglichen Wachs-            ten erwartet wird, könnten
                                         dämmungsmaßnahmen auf             tumstrend zurückentwickelt.11        zudem langfristig neue Poten-
                                         die Nutzung des Homeoffice        Dieses Szenario ist auch für         ziale für die Gestaltung und
                                         zeigen Potenziale und Gren-       die COVID-19-Krise denkbar.          Nutzung städtischer Flächen
                                         zen der Digitalisierung und       Allerdings waren die digitalen       entstehen.
                                         Virtualisierung am Arbeits-       Möglichkeiten zu diesen Zeit-
                                         platz. Der Großteil aller         punkten wesentlich weniger           Mit Blick auf die in der Um-
                                         gegenwärtigen Arbeitsplätze       entwickelt und Videokommu-           weltpolitischen Digitalagenda
                                         ließ sich im Zeitraum der Ein-    nikation nicht flächendeckend        des Bundesministeriums für
                                         dämmung nicht virtualisieren.     verfügbar. In Kombination            Umwelt, Naturschutz und
                                         Angesichts der Reichweite         mit den signifikant höheren           nukleare Sicherheit formu-
                                         und Intensität der Gegen-         Effekten von COVID-19 ist es         ierten Grundsätze erscheint
                                         maßnahmen kann davon              möglich, dass es zu dauerhaf-        es uns deshalb sinnvoll,
                                         ausgegangen werden, dass          teren Verhaltensänderungen           Maßnahmen zu ergreifen,
                                         in dieser Zeit das bestehende     kommt. Darauf lassen die             die eine Verstetigung des
                                         Potenzial für Homeoffice-         Umfragen zu Erwartungen bei          Routinenwechsels gewähr-
                                         Arbeitsplätze voll ausge-         Geschäftsreisen und zur ver-         leisten und entsprechende
                                         schöpft wurde. Auf der Basis      stärkten Nutzung von Video-          Anreize setzen. Ermöglicht
                                         dieser Annahme ist davon          konferenzen schließen.               werden kann dies beispiels-
                                         auszugehen, dass 25–30 %                                               weise kurzfristig durch die
                                         aller Arbeitsplätze ins Home-     Pendlerverkehre und Ge-              verbesserte steuerliche An-
                                         office verlagert werden           schäftsreisen verursachen            rechenbarkeit von Ausgaben
                                         können. Die Befragungen der       jeweils ca. 20 % aller Perso-        für das Homeoffice und In-
                                         Universität Mannheim zeigen,      nenverkehrsaufwände. Es er-          vestitionen von Unternehmen
                                         dass vor allem gut verdie-        scheint unserer Ansicht nach         in entsprechende Infrastruk-
                                         nende Arbeitnehmerinnen           realistisch, dass dauerhaft          turen, Weiterbildungsmaß-
                                         und Arbeitnehmer mit hohem        10 % aller Pendlerverkehre           nahmen und Trainings zu
                                         Bildungsstandard Arbeits­         durch eine Ausweitung des            Führung und kollaborativem
9
 		 SZ vom 03.06.2020, https://www.
    sueddeutsche.de/wirtschaft/zoom-
                                         plätze haben, die auch im         Homeoffice und 30 % aller            Arbeiten über digitale Kanäle.
    umsatz-quartalszahlen-1.4925436      Home­office funktionieren.        Geschäftsreisen durch virtu-         Maßnahmen zur Interopera-
10
    EY Future Consumer Index, Mai
    2020, https://www.ey.com/en_ro/                                        elle Meetings ersetzt werden         bilität von Videoplattformen
    news/2020/05/ey-future-consumer-     In der Vergangenheit hat sich     können. Insgesamt würde              hätten zudem das Potenzial,
    index--four-consumer-behavior-
    trends-emerge-d                      die Zahl der Flugreisen für ge-   dies zu einer Reduktion der          deren Nutzung wesentlich
    Gössling et al., 2020: Pandemics,    schäftliche und private Anläs-    Personenverkehre um 8 %              kundenfreundlicher und nied-
11

    tourism and global change: a rapid
    assessment of COVID-19               se z. B. nach der Finanzkrise     führen. Durch die mögliche           rigschwelliger zu machen.
    https://doi.org/10.1080/09669582.
                                         oder den SARS-Ausbrüchen          Reduktion von Büroflächen,
    2020.1758708, auf Basis von Daten
    der Weltbank                         mittelfristig immer wieder auf    die von EY-Immobilienexper-

                                                                                       Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   8
Onlinehandel
                                                                  Abbildung 2:
                                                 Steigende Online-Transaktionen
                                                  im März gingen mit steigendem
                                                        Interesse am regionalen
                                                                  Einkauf einher

                 Beobachtung

                                             Die Zahl der Online-Trans-            Insgesamt ist die Bereit-            In der bereits erwähnten
                                             aktionen ist in der Phase des         schaft, online einzukaufen,          Befragung der Hochschule
                                             Social Distancing deutlich ge-        in Deutschland aber weniger          Osnabrück wollen 66 % der
                                             stiegen (siehe Abbildung 2).          ausgeprägt als in anderen            bis 29-Jährigen, 78 % der 30-
                                             Anfang April 2020 sind nach           Ländern. In einer EY-Um-             bis 59-Jährigen und 76 % der
                                             Angaben von Destatis 60 %             frage zu den Erwartungen             über 60-Jährigen bewusster
                                             mehr Käufe online abgewi-             von Konsumenten zu ihrem             in der Region Osnabrück
                                             ckelt worden als im gleichen          Einkaufsverhalten gaben 25           einkaufen. 19 % aller 30-
                                             Vorjahreszeitraum.12 In einer         % der befragten Deutschen            bis 59-Jährigen haben das
                                             repräsentativen Umfrage der           an, langlebige Konsumgüter           während der Maßnahmen zur
                                             Hochschule Osnabrück gaben            vermehrt online kaufen zu            Eindämmung der Pandemie
                                             34 % der bis 29-Jährigen,             wollen, weltweit beabsichti-         bereits vermehrt getan. Eine
                                             31 % der 30- bis 59-Jährigen          gen dies 40 %.14 Für Lebens-         Analyse der Suchinteressen
                                             und 19 % der über 60-Jähri-           mittel ist der Unterschied           auf Google Trends bestätigt
12
     Destatis, Mai 2020, https://www.        gen an, vermehrt bei großen           noch größer: Nur 17 % aller          diesen Trend deutschland-
     destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/
     Corona/Wirtschaft/kontextinforma-       Online-Handelsplattformen             Deutschen wollen hier mehr           weit: Es gab während dieser
     tionen-wirtschaft.html#krediteonline-   bestellt zu haben.13                  Onlineangebote nutzen, welt-         Zeit einen sprunghaften
     transaktionen
13
     Hochschule Osnabrück, Corona-Stu-                                             weit sind es 44 %.                   Anstieg bei der Suche nach
     die: Perspektiven für den Einzel-
     handel der Region Osnabrück, Mai
                                             Verhaltensänderungen zeigen                                                lokalen und regionalen On-
     2020, https://www.hs-osnabrueck.de/     sich auch im Bezahlverhalten.         Verhaltensänderungen lassen          line-Einkaufsmöglichkeiten.
     fileadmin/News/Nachrichten/
     zentral/2020-SoSe/Corona-Studie-        In der Studie der Universität         sich auch bei der Organisa-
     Hochschule-Osnabrueck.pdf               Osnabrück gaben mehr als              tion von Einkäufen beobach-
14
     EY Future Consumer Index, Mai
     2020, https://www.ey.com/en_ro/         zwei Drittel der Befragten in         ten: 60 % aller Befragten in
     news/2020/05/ey-future-consumer-        allen Altersgruppen an, häufi-        Deutschland gaben an, in
     index--four-consumer-behavior-
     trends-emerge-d                         ger bargeldlos bezahlt zu             Zukunft Einkaufsfahrten zu
15
     EY Future Consumer Index, Mai 2020,
     https://doi.org/10.1080/09669582.
                                             haben.                                reduzieren und Einkäufe zu
     2020.1758708                                                                  bündeln.15

                                                                                               Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   9
Interpretation

                 Mit Blick auf die in der Umwelt-   rung regionaler Wertschöp-            formationen und Umweltzei-
                 politischen Digitalagenda des      fungsketten würde sowohl aus          chen und durch die Förderung
                 BMU formulierten Grundsätze        umwelt- und klimapolitischer          der digitalen Kompetenzen der
                 erscheint es uns sinnvoll,         Perspektive positiv wirken als        Verbraucher. BMU entwickelt
                 Maßnahmen zu ergreifen,            auch Resilienz und Wettbe-            ebenfalls eine Roadmap zur
                 die das Interesse an Online-       werbsfähigkeit lokaler Struk-         Verringerung der Umweltwir-
                 zugängen zu regionalen             turen fördern. Gleichzeitig           kungen des Online-Handels
                 Konsumoptionen aufgreifen.         erhöht sich die Relevanz der          und die Vergabekriterien für
                 Seit Beginn der Eindäm-            bereits in der Umweltpoliti-          einen Blauen Engel für Liefer-
                 mungsmaßnahmen gibt es             schen Digitalagenda des BMU           und Versanddienstleistungen.
                 viele Initiativen des lokalen      formulierten Maßnahmen im
                 Einzelhandels und von Er-          Bereich Nachhaltiger Konsum
                 zeugernetzwerken mit dem           im Onlinehandel. Unter ande-
                 Ziel, neue Vertriebswege über      rem fördert BMU in Koopera-
                 lokale Onlineplattformen zu        tion mit interessierten Herstel-
                 erschließen. Hier bietet sich      lern, Händlern, Preisportalen
                 ein Potenzial, Investitionen in    und Online-Plattformen die
                 regionale Wertschöpfungs-          Umsetzung nachhaltiger Kon-
                 ketten zu verstetigen und das      sumstile im Online-Handel,
                 Momentum für einen Struktur-       z. B. durch die Bereitstellung
                 wandel zu nutzen. Die Förde-       umweltrelevanter Produktin­

                                                                Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   10
Daten, Internet und
                Kommunikations-
                infrastrukturen
                  Beobachtung

                                                Der DE-CIX-Internetknoten               Erweiterung der Kapazitäten          werden (siehe Abbildung 3).16
                                                in Frankfurt ist der größte             reagiert wird. Zu Beginn der         Dieser Wert hat sich auf
                                                seiner Art in Deutschland und           COVID-19-Gegenmaßnah-                hohem Niveau stabilisiert. Da-
                                                gehört zu den wichtigsten               men im März 2020 konnte              mit hat sich über Nacht und
                                                Knoten weltweit. Über die               ein sprunghafter Anstieg des         im Zeitraffer das durchschnitt-
                                                vergangenen Jahre ist hier              Datenverkehrs von rund 10 %,         liche Wachstum eines ganzen
                                                ein konstantes Wachstum des             verglichen mit dem durch-            Jahres ergeben.
                                                Datenverkehrs zu beobach-               schnittlichen Datenvolumen
                                                ten, auf das mit einer stetigen         vor COVID-19, verzeichnet

                                                                       Abbildung 3:
                                                         Auswirkung der COVID-19-
                                                         Gegenmaßnahmen auf den
                                                              Internet-Datenverkehr
                                                                am Beispiel DE-CIX
                                                        Internetknoten in Frankfurt17

                                                Dazu wurde am 10. März                  die 2 Millionen HD-Videos            DE-CIX insbesondere von
                                                2020 der höchste jemals welt-           oder einem 200 Kilometer             einer Zunahme an Video-
                                                weit gemessene Datendurch-              hohen Stapel beziehungs­             konferenzen (+120 %) und
                                                satz registriert. Mit 9,16 Tbit/s       weise 2 Milliarden DIN-A4-           einer erhöhten Nutzung von
16
     DE-CIX, Juni 2020, https://www.de-
                                                wurde am Knoten in Frankfurt            Seiten Text entspricht.18            Streamingdiensten und von
     cix.net/en/locations/germany/frankfurt/    ein neuer Weltrekord auf-                                                    Cloud Gaming verursacht
     statistics
17
     DE-CIX, Juni 2020, https://www.de-         gestellt – pro Sekunde wurde            Dieser Anstieg im März wurde         (+30 %).19
     cix.net/en/locations/germany/frankfurt/    eine Datenmenge übermittelt,            nach Angaben des Betreibers
     statistics
18
     DE-CIX, 11. März 2020, https://www.
     de-cix.net/en/news-events/news/
     de-cix-frankfurt-reaches-9-1-tbps
19
     DE-CIX, 21. April 2020, https://www.
     de-cix.net/en/news-events/news/
     we-are-all-online-internet-in-the-times-
     of-corona

                                                                                                   Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   11
Vergleichbare Effekte zeigen       Standardauslastung. In den            bzw. +80 % (Vodafone). Zu-
                                             sich auch in den Kommuni-          Mobilfunknetzen stieg die             dem konnten beide Unterneh-
                                             kationsnetzwerken. Die Deut-       Nutzung um rund ein Drittel           men eine mit den Daten von
                                             sche Telekom20 und Vodafone        (+30 % Telekom bzw. +37 %             DE-CIX konsistente Erhöhung
                                             Deutschland21 berichten von        Vodafone). Noch deutlich              des Datenverkehrs im Fest-
                                             einer erhöhten Nutzung ihrer       stärker waren die Effekte in          netz um 14 % (Telekom) bzw.
                                             Netze im März 2020 im Ver-         der Kommunikation via Fest-           18 % (Vodafone) messen.
                                             gleich zur durchschnittlichen      netz von +76 % (Telekom)

                 Interpretation

                                             Die Nutzung digitaler Lösun-       und Ressourceneffizienz,              kritischen Infrastrukturen.
                                             gen für Arbeiten, Einkaufen        der Minderung des Energie-            Dies ermöglicht die Weiter-
                                             und Freizeit und der zugrunde      verbrauches durch bessere             entwicklung und verbreitetere
                                             liegenden Infrastrukturen ist      Auslastung sowie einer nach-          Anwendung ökologischer Kri-
                                             in kurzer Zeit signifikant ange-   haltigen Energieversorgung            terien für Energieeffizienz und
                                             stiegen und hat den ohne-          durch erneuerbare Energien            Ressourcenschutz sowie die
                                             hin angelegten langfristigen       von Rechenzentren und                 Förderung konkreter Effizienz-
                                             Wachstumstrend dadurch             Kommunikationsnetzwerken              und Klimaschutzmaßnahmen,
                                             noch bestärkt. Die Bedeutung       auszurichten.                         insbesondere in kommunalen
                                             der Dateninfrastruktur und die                                           Rechenzentren. Die Pilot-
                                             Verfügbarkeit einer leistungs-     Die Erfahrungen aus den               funktion der Bundesregierung
                                             starken Breitbandversorgung        Eindämmungsmaßnahmen                  für einen ressourcen- und
                                             für die gesamte Bevölkerung,       bestätigen die Schwerpunkt-           energieeffizienten IT-Betrieb
                                             die Wirtschaft und Gesell-         setzung der Umweltpolitischen         der Bundesverwaltung sollte
                                             schaft wird unterstrichen.         Digitalagenda des BMU für             im Rahmen der Green IT-
                                             Gleichzeitig steigt damit die      eine umweltgerechte Digitali-         Initiative des Bundes kon­se-
                                             umwelt- und klimapolitische        sierung und die darin formu-          quent umgesetzt werden. Da-
                                             Bedeutung dieses Handlungs-        lierten Strategien für Rechen-        mit könnte die Anwendung der
                                             feldes.                            zentren und Cloud-Infrastruk-         anspruchsvollen Kriterien des
                                                                                turen als auch für die Entwick-       Blauen Engels für Hard- und
                                             Im Rahmen des Konjunktur-          lung von energieeffizienter           Software durch kommerzielle
                                             und Krisenbewältigungs­            Software. Wichtige Ansatz-            IT-Anbieter und -Nutzer ge-
                                             pakets bietet sich die Chance,     punkte für die nachhaltige Ent-       stärkt werden.
                                             Maßnahmen zur Stärkung             wicklung dieses Sektors sind
                                             der digitalen Infrastrukturen      konkrete Maßnahmen zu einer
                                             konsequent an der Energie          höheren Transparenz dieser

20
     Interview mit Telekom-Chef Tim
     Höttges von inside digital, 17. Mai
     2020, https://www.inside-digital.de/
     news/corona-telekom-netze-krise-
     festnetz-mobilfunk, zuletzt abgerufen
     am 4. Juni 2020
21
     Vodafone, 14. April 2020, https://
     www.vodafone.de/newsroom/unter-
     nehmen/corona-ticker-das-passiert-
     bei-vodafone/, zuletzt abgerufen am
     4. Juni 2020

                                                                                            Zwischenbilanz COVID-19: Umweltpolitik und Digitalisierung |   12
Juni 2020

                          Diese Zwischenbilanz wurde im Rahmen der Umweltpolitischen Digitalagenda des Bundes-
                          ministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) umgesetzt.

Autorinnen und Autoren

                          Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY)

                          ►   Thomas Losse-Müller
                          ►   Nadja Gläser
                          ►   Felix Czernin

                          Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

                          ►   Dr. Stephan Ramesohl
                          ►   Dr. Holger Berg
                          ►   Julian Lauten-Weiss

 Kontakt

                          umwelt.digitalagenda@de.ey.com

EY ist eine der großen deutschen Prüfungs- und Beratungsorganisationen. Mit mehr als 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 20 Büros
unterstützt EY mittelständische und Großunternehmen sowie die öffentliche Hand bei der Bewältigung transformatorischer Herausforderungen.

Das Wuppertal Institut erforscht und entwickelt Leitbilder, Strategien und Instrumente für Übergänge zu einer nachhaltigen Entwicklung auf
regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Im Zentrum stehen Ressourcen-, Klima- und Energieherausforderungen in ihren Wechselwirkungen
untereinander sowie mit Wirtschaft und Gesellschaft.
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