18-1/2 Das Museum als Teil seines politischen Umfelds - KULTURBEGEISTERT

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18-1/2 Das Museum als Teil seines politischen Umfelds - KULTURBEGEISTERT
Herausgegeben von Museumsbund Österreich

                                                                                                                                                                                                                                                         Das Museum als Teil seines politischen Umfelds
                           ISSN 1015-6720
18-1/2
     März 2018
                 € 14,30

                                            18-1/2                                      THEMA: Das Museum als Teil seines politischen Umfelds · Rückblick Museumstag 2017 · Das neue Weltmuseum Wien · Im Interview: Elisabeth Resmann & Stella Rollig
18-1/2 Das Museum als Teil seines politischen Umfelds - KULTURBEGEISTERT
INHALT
MÄRZ 18

                                               8                                                               55   56                                                                               113

                                                    DAS MUSEUM ALS TEIL SEINES                                      SCHAUPLATZE
                                                    POLITISCHEN UMFELDS
                                                                                                                    56 Museum bewegt wen und wohin?
                                                                                                                            Katja Stecher

                                               8
                                                    Gottfried Fliedl
                                                    Zehn Möglichkeiten, das Museum misszuverstehen
                                                                                                                    62 Kulturvermitteln – Vom Prekariat zum Beruf
                                                                                                                            Wencke Maderbacher & Sandra Malez

                                               12
                                                    ARGE schnittpunkt im Gespräch mit Nora Sternfeld
                                                    Das radikaldemokratische Museum
                                                                                                                    66 Museen sollten als kulturpolitische
                                                                                                                            Nina Schedlmayer im Gespräch mit Stella Rollig

                                               16
                                                    Paul Schuberth
                                                                                                                            Akteure auftreten
                                                    Kulturpolitik und Rechtspopulismus

                                                                                                                    70
                                                                                                                            Stefan Weiss im Gespräch mit Christian Schicklgruber

                                               20
                                                    Thomas Trenkler
                                                                                                                            Weltmuseum Wien: Museum mit den anderen
                                                    Kontaminierte Museumslandschaft
1                                          7
                                                                                                                            statt Museum über die anderen                                                  114                                             128

                                               24
                                                    Roman Scheuchenegger

                                                                                                                    76
                                                                                                                            Kain Schneider, Elisabeth Bernroitner & Bianca Figl
                                                    Das Museum als lernende Organisation
1         EDITORIAL                                                                                                         Sharing Stories. Dinge sprechen
                                                                                                                                                                                                           114 TERMINE
                                               28
                                                    Matthias Beitl im Gespräch mit Magdalena Puchberger

                                                                                                                    82
                                                                                                                            Hedwig Kainberger im Gespräch mit Elisabeth Resmann
                                                    100 Jahre Volkskundemuseum Wien:
                                                                                                                            Was wir herzeigen, machen wir gemeinsam
                                                    Das Museum als Useum
4         JOURNAL                                                                                                                                                                                          116 AUSSTELUNGS-
                                                                                                                    88
                                                                                                                            Angelika Doppelbauer, Renate Pölzl & Raffaela Sulzner

                                               34                                                                                                                                                              KALENDER
                                                    Bernd Holtwick
                                                                                                                            FUTURE undone. Eine Versuchsanordnung über die
          Werner Hanak geht ins Jüdische Mu-        Politisches Sprachrohr, Bildungsstätte oder Spaß-
          seum Frankfurt · Neue Struktur im                                                                                 Zukunft des Museums und das Museum der Zukunft
          Frauenmuseum Hittisau · Beethoven         macherin? Der Weg der DASA von der Gründung bis heute
          Museum eröffnet · Doppelspitze

                                                                                                                    94
          im Universalmuseum Joanneum ·                                                                                     Barbara M. Eggert

                                               38                                                                                                                                                          126 IM NACHSTEN HEFT
          Christian Rapp übernimmt HdG NÖ ·         Marina Sawranskaja
          MJMW: Schenkung des Archiv                                                                                        Aus dem Rahmen gefallen? Comics in der
          Ephrussi · MUSA Teil des Wien Mu-         Die Geschichte des sowjetischen Russlands der 1920er-
          seums · Gerda Ridler verlässt OÖ.                                                                                 aktuellen Ausstellungspraxis in Österreich
          Landesmuseum · Thorsten Sadowsky          bis 1930er-Jahre im staatlichen Michail-Bulgakow-Muse-
          übernimmt MdM Salzburg · Neue                                                                                                                                                                          Das interreligiöse Museum · Roboter im Muse-
                                                    um und die gegenwärtige Kulturpolitik Russlands
                                                                                                                    98
          Dauerausstellung im TMW                                                                                           Hadwig Kraeutler                                                                     um · Jubiläumsausstellungen 1918–1938 · For-
                                                                                                                                                                                                                 schungsinfrastrukturdatenbank des BMBWF
                                                                                                                            Curatress oder It was working-class women who
                                               44
                                                    Fabiola Arellano Cruz
                                                                                                                            giggled ... Unerhörtes zur Museohistoriographie
                                                    Die politische Dimension der nationalen Erinnerung-
                                                    museen in Lateinamerika

                                               50                                                                   100 MUSEUMSGUTESIEGELTRAGER
                                                    Barbara M. Eggert, Elisabetta Meneghini & Peter Strasser
                                                    Ausgezeichnet!? Kritische Gedanken zu (inter)nationalen
                                                    Zertifizierungskulturen für Kulturgut sowie Museen und
                                                                                                                           Museum der Stadt Villach · Karikaturmuseum Krems · DARINGER Kunstmu-
                                                    andere Sammlungsinstitutionen                                          seum Aspach · Heimatkundliches Museum St. Gilgen · Das Augustinermuseum
                                                                                                                           Rattenberg · Wien Museum: Virgilkapelle
18-1/2 Das Museum als Teil seines politischen Umfelds - KULTURBEGEISTERT
FUTURE UNDONE. EINE VERSUCHSANORD-
                                    NUNG ÜBER DIE ZUKUNFT DES MUSEUMS
                                    UND DAS MUSEUM DER ZUKUNFT

                                                                                                          Die Zukunft im Ausstellungsraum

                                                   W
                                                                 elche Bedeutung werden Museen in         Wie kann man Gedanken über die Zukunft durch Objekte in einer Ausstellung darstellen?
                                                                 Zukunft haben? Wie werden gesell-        Wie können Objekte über die Gegenwart in eine noch unbekannte Zukunft hinausweisen?
                                                                 schaftliche Verhältnisse in ihnen ver-   Ist nicht jeder zum Objekt gewordene Gedanke schon kein zukünftiger mehr, wenn er sich
                                                                 handelt? 24 Teilnehmer/innen des         in der Gegenwart manifestiert?
                                                   /ecm Masterlehrganges für Ausstellungstheorie und          Als Ausweg aus diesem Dilemma der Unmöglichkeit von Objekten aus der Zukunft
                                                   -praxis 2016–18 der Universität für angewandte         bedienten sich die Kuratorinnen und Kuratoren eines Blicks aus der Zukunft. Mit
                                                   Kunst Wien befassten sich in der Ausstellung FUTURE    dem fiktiven Begriff der Archäutopie, der sich aus den griechischen Wörtern arché
                                                   undone mit Beziehungen und Konflikten zwischen         (Ursprung, Grund) und utopos (Nicht-Ort) zusammensetzt, wurde der Versuch unter-
                                                   Museen und Gesellschaft. Ausstellungsobjekte, ein      nommen, dem (Un-)Möglichen oder Unberechenbaren der Zukunft einen Topos, einen
                                                   Public Program und Aktionen im öffentlichen Raum       Ort, zu geben.
                                                   luden dazu ein, in einem kollektiven Prozess über          Die Ausstellungsbesucher/innen wurden durch den Blick und die Gedanken einer
                                                   das Museum der Zukunft und die Zukunft des Muse-       Archäutopin durch die Ausstellung begleitet. Dadurch sollten gewohnte Denkstrukturen,
                                                   ums nachzudenken. Das Projekt erforschte Museen        Kategorisierungen und Blickwinkel aufgebrochen werden. Denn unsere gegenwärtige
                                                   als Speicher, Erinnerungsorte und öffentliche Räu-     Art zu denken, unsere Umwelt wahrzunehmen und einzuteilen, ist keinesfalls die einzig
                                                   me und thematisierte ihre Ökonomien. Es diskutier-     mögliche! Die Überlegungen der Archäutopin spielten lustvoll mit assoziativen Wort-
                                                   te Machtverhältnisse und Ausschlüsse in Vergan-        neuschöpfungen, die die Besucher/innen in diesen Nachdenkprozess einbinden sollten.
                                                   genheit und Gegenwart anhand von historischen          So evozierte der erfundene Begriff Mnemomenz die Themenkomplexe Erinnern und
     Ausstellungsansicht
                                                   und aktuellen Utopien, Reklamationen, Protesten,       Sammeln in Form von Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung und Mutter der Musen, so-
     Fotografie: Alicia Pawelczak
                                                   Visionen und Träumen.                                  wie des Vergessens und Entsammelns durch den Wortteil des psychiatrischen Syndroms

88          SCHAUPLÄTZE                                                                                                                                                                            SCHAUPLÄTZE   89
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Demenz. Die geschlechtsneutrale Form KuratoriZ, die         Trotz einiger dystopischer und kritischer Arbeiten
die Archäutopin verwendete, suggeriert eine Zukunft,    in der Ausstellung blieb der Ton der Archäutopin idea-
in der Unterschiede von Geschlecht und Gender nicht     lisierend utopisch. Der menschliche Sehnsuchtsort
mehr relevant sind.                                     einer Welt ohne Destruktivilenz, ein Neologismus für
    Die Archäutopin, so die Erzählung, findet im Jahr   Zerstörung und Gewalt, ist denkbar.
21** eine in Transportkisten eingepackte Ausstellung.
Sie beginnt die einzelnen Objekte aus den Kisten        Ein Museum, das bewegt
auszupacken und zu ordnen. Auf Basis ihres Wissens-
standes versucht sie inhaltliche Schlussfolgerungen     Neben dem Ausstellungsraum wurde auch der öffent-
aus den einzelnen Gegenständen zu ziehen und Ver-       liche Raum zur Spielwiese für ein Museum, das be-
bindungen zwischen den Objekten herzustellen.           wegt und durch den Austausch mit seinen Besuche-           Archäutopische
Dabei stellt sie beispielsweise folgende Überlegun-     rinnen und Besuchern bewegt wurde. Das Bewegte             Untersuchun-
                                                                                                                   gen, DIY-Publika-
gen über das Sammeln und Entsammeln von Objek-          Museum, ein mobiles Forschungs- und Vermittlungs-
                                                                                                                   tion, Grafikdesign:
ten an: „Ich kann mich noch so anstrengen, es lässt     tool, erkundete die Stadt als Museum und versuchte         Marie Artaker
sich hier kein Kollektorithmus erkennen, auf Basis      so auch Menschen zu erreichen, die den Weg ins             Fotografie: Alicia Pawelczak

dessen entschieden wurde, was aus dem ökonomi-          Museum nicht oder nur selten finden.
schen Kreislauf herausgenommen und gesammelt                In vier Aktionen lud es zum Mitgestalten und Teil-
wurde. Wie wurden diese Entscheidungen dann ge-         nehmen ein. Es bewegte sich zur Hauptbücherei Wien
troffen, wenn nicht algorithmisch?“                     und animierte Leser/innen zum Nachdenken über

90     SCHAUPLÄTZE                                                                                               SCHAUPLÄTZE                 91
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Formen der Wissensspeicherung; es machte Station                                         trale Sammelstrategien, Afrofuturismus als subversi-    FUTURE undone
                                                                                                                                                 Eine Versuchsanordnung über die Zukunft des Museums und das Museum der
am Naschmarkt Flohmarkt und ließ Marktteilnehmer/                                        ve Befragung von Geschichte und deren Vereinnah-
                                                                                                                                                 Zukunft
innen seine Sammlung mitgestalten; es positionierte                                      mung und die Besetzung des Museums als öffentli-        9. bis 29. Oktober 2017
sich am Platz der Menschenrechte und reflektierte                                        chen Ort. Zur Finissage fand die feierliche Gründung    Angewandte Innovation Laboratory (AIL)

mit Passantinnen und Passanten über kollektive Er-                                       der Schule der Archäutopie statt.
                                                                                                                                                 Kuratorinnen und Kuratoren: Marie Artaker, Christina Bierbaumer, Ana Daldon,
innerungen; es reiste in Schulen und hielt mit Schüler-                                      Alle durch die Ausstellung entstandenen Inhalte,    Katrin Derakhshifar, Angelika Doppelbauer, Elisabeth Falkensteiner, Karina
innen und Schülern tradierte Familiengeschichten                                         Ergebnisse und Erfahrungen wurden laufend im            Karadensky, Sarah Klimbacher, Maja Kordic-Grujic, Heidi Korzil, Johannes Leitich,
                                                                                                                                                 Marianna Mondelos, Ulrich Palzer, Theresa Pfahler, Susan Plawecki, Antonia
fest. Künstlerische Arbeiten und dialogische Interven-                                   Do-it-yourself-Ausstellungskatalog publiziert. So wie
                                                                                                                                                 Plessing, Katharina Pohler, Renate Pölzl, Julia Rüdiger, Raffaela Sulzner, Marlene
tionen der Klasse für Kunst und Kommunikative                                            die Ausstellung, verwies auch das Format der Publi-     Thimet, Olympia Tzortzi, Fleur Christine Vitale, Philipp Wagner
Praxis der Universität für angewandte Kunst Wien                                         kation auf die Vielstimmigkeit sowie den kollektiven,
                                                                                                                                                 Ausstellungsgestaltung: Atelier Wunderkammer
begleiteten die Erkundungen. Die im öffentlichen                                         offenen Prozess des Nachdenkens über die Zukunft
                                                                                                                                                 Ausstellungsgrafik: zunderzwo
Raum entstandenen Objekte und Geschichten fan-                                           und das Museum als Ort der Utopie.                      Ausstellungskatalog: /ecm 2016–2018 (Hg.), Archäutopische Untersuchungen.
den Eingang in den Ausstellungsraum und berei-                                               Von und mit unseren Gästen ließen wir uns zu        Dokumente der Ausstellung FUTURE undone. Eine Versuchsanordnung über die
                                                                                                                                                 Zukunft des Museums und das Museum der Zukunft, Wien 2017.
cherten den Diskurs.                                                                     einem partizipativen Manifest der Archäutopie inspi-
                                                                                         rieren, das wir zum Schluss jeder Veranstaltung
Archäutopische Untersuchungen                                                            gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
                                                                                         erweiterten.
Die Gründungsphase der Schule der Archäutopie
wurde im Public Program unter dem Titel Archäutopi-                                      (ERSTES) MANIFEST DER ARCHÄUTOPIE
sche Untersuchungen verhandelt. Ausgehend von
bestehenden Ausschlüssen und Missständen in Mu-                                            •   Museen von Marktlogiken lösen
seen diskutierten die Kuratorinnen und Kuratoren                                           •   Gesellschaft soll im Museum stattfinden
gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern,                                             •   Bedingungsloses Grundeinkommen
Referentinnen und Referenten des Public Program                                            •   Museen als Orte transdisziplinärer Forschung
über das, was als Ausdruck der vorhandenen gesell-                                         •   Die Gewohnheit etablieren, über Gewohnheiten
schaftlichen Bedürfnisse schon da ist, und erprob-                                             zu reflektieren
ten anhand von konkreten Beispielen in und außer-                                          •   SLOW MUSEUM
halb des Museums die vorgefundenen Strategien                                              •   Plädoyer für ein langsames, verlangsamtes und
für das Museum der Zukunft. Was kann das Muse-                                                 entschleunigtes Museum
um von diesen „realen Möglichkeiten“ lernen? Und                                           •   Museen müssen das besprechen und aufgreifen,
wie kann das, was woanders schon funktioniert, im                                              was „weh“ tut
Museum umgesetzt werden?                                                                   •   Das Museum der Zukunft ist mein Ort des
    Ziel war es, über inspirierende Formen des Arbei-                                          Aufenthalts
tens, Zusammenlebens und Handelns zu sprechen,                                             •   Flexible Reaktionsmöglichkeiten auf politische
sie als gelebte Zukunftsvisionen für das Museum                                                Veränderungen und Entwicklungen
fruchtbar zu machen, Kooperationen anzuregen, sich
auf Unbekanntes einzulassen und voneinander zu                                           Das Manifest kann nie abgeschlossen sein. Es ist
lernen.                                                                                  Aufgabe der Zukunft, die Beziehung von Gesellschaft
    In insgesamt sechs Veranstaltungen wurde disku-                                      und Museum weiter zu verhandeln.
tiert über alternative Wirtschaftsformen, die sich von
ökonomischen Zwängen loslösen, Kunsträume, die                                           Angelika Doppelbauer, Renate Pölzl
die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stel-                                    & Raffaela Sulzner
len, Strukturen im Museum, demokratische und dezen-                                      3 von 24, /ecm – Masterlehrgang für Ausstellungsthe-
                                                                                         orie und -praxis 2016–18,
                                                                                         Universität für angewandte Kunst Wien

                                                          Friedrich Kiesler Art of
                                                          This Century, 1942
                                                          Fotografie: Alicia Pawelczak

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18-1/2 Das Museum als Teil seines politischen Umfelds - KULTURBEGEISTERT
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