236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
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Fachberatung Management Öffentlichkeitsarbeit Recht Umwelt > 236 Fachberatung II Pflanzenschutz im Kleingarten unter ökologischen Bedingungen bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 1
Impressum Schriftenreihe des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V., Berlin (BDG) Heft 5/2014 – 36. Jahrgang Seminar: Fachberatung II vom 19. bis 21. September 2014 in Dresden Herausgeber: Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V., Platanenallee 37, 14050 Berlin Telefon (030) 30 20 71-40/-41, Telefax (030) 30 20 71-39 Präsident: Peter Paschke Seminarleiter: Jürgen Sheldon Präsidiumsmitglied Fachberatung Layout&Satz: Uta Hartleb Nachdruck und Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG) ISSN 0936-6083 Dieses Projekt wurde finanziell vom Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Der Förderer übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen des Förderers überein- stimmen.
Seminar Fachberatung II vom 19. bis 21. September 2014 in Dresden Pflanzenschutz im Kleingarten unter ökologischen Bedingungen Moderation Jürgen Sheldon (Präsidiumsmitglied Fachberatung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V.) Schriftenreihe des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V., Berlin (BDG) Heft Nr. 5/2014 – 36. Jahrgang
Seminar Fachberatung II vom 19. bis 21. September 2014 in Dresden INHALTSVERZEICHNIS Vorwort Jürgen Sheldon (Präsidiumsmitglied Fachberatung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V.) 7 Pflanzenschutzrecht im Kleingarten – Änderungen und Auswirkungen Dir. und Prof. Martin Hommes (Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst, Braunschweig (JKI)) 9 Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln Hans Fink (Dipl. Ing. agr., Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung,Bonn) 15 Sektorspezifische Leitlinien zum integrierten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten Klaus-Dieter Kerpa (Fachberater, Firma W. Neudorff GmbH KG, Referent für ökologisches Gärtnern) 17 Sachkunde im Pflanzenschutz: Qualifikationsmerkmal der Fachberatung im Kleingartenwesen? Holger-Ulrich Schmidt (Amtsleiter, Pflanzenschutzamt Berlin) 24 Eignungskriterien, Zulassung, Kennzeichnung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Kleingarten Christoph Hoyer (Dezernent für Pflanzenschutz im Gartenbau Hessischer Pflanzenschutzdienst-Regierungspräsidium Gießen) 35 ARBEITSGRUPPEN Arbeitsgruppe I Leitung: Andreas Madauß (Landesverband Brandenburg der Gartenfreunde e.V.) 40 Arbeitsgruppe II Leitung: Krafft Spirling (Landesverband Sachsen der Kleingärtner e.V.) 41 Arbeitsgruppe III Leitung: Petra Neumann (Landesverband Schleswig-Holstein der Gartenfreunde e.V.) 42 Anhang Impressionen 43 Die Grüne Schriftenreihe seit 1997 45 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 5
Vorwort Unter dem Gesamtthema „Pflanzenschutz im Klein- garten unter ökologischen Bedingungen“ fand das 2. Seminar Fachberatung 2014 des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG) mit über 60 Mul- tiplikatoren und Fachberatern aus den angeschlosse- nen Landesverbänden vom 19. bis zum 21. Septem- ber in Dresden statt. Den Auftakt machte Lothar Fritzsch, Vizepräsident des gastgebenden Landesverbands Sachsen der Kleingärtner (LSK). Er stellte den Landesverband vor. Als mitgliederstärkster Verband im BDG hat der LSK nicht nur gute Kontakte zur Sächsischen Staatsregie- rung, sondern steuert mit zahlreichen Leuchtturm- Projekten und Best-Practice-Beispielen dazu bei, das Kleingartenwesen Sachsens lebendig und zukunftsfähig zu gestalten. Den ersten Fachbeitrag bestritt Prof. Martin Hommes vom Julius Kühn-Institut Braunschweig mit dem Thema „Pflanzenschutzrecht im Kleingarten – Änderun- gen und Auswirkungen“. Martin Hommes ging detailliert und leicht verständlich auf die Geschichte und die Entwicklung der Pflanzenschutzgesetzgebung vom ersten Entwurf 1968 in Deutschland bis zur aktuellen EU-Pflanzenschutzverord- nung, die eine einheitliche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in allen EU- Mitgliedstaaten fordert und vorschreibt, ein. Das Pflanzenschutzrecht und alle Maßnahmen zur Weiterentwicklung eines nachhaltigen Pflanzenschutzes werden in einem nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zusammengefasst. Hans Fink von der Bundesanstalt für Land- wirtschaft und Ernährung (BLE), Bonn, erläuterte in seinem Vortrag die Bedin- gungen des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz und fasste dessen Rechts- grundlagen kurz und präzise zusammen. Er ging besonders auf die für den Sektor Haus- und Kleingarten bedeutsamen Aspekte ein. Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflan- zenschutzmitteln (NAP) hat das Ziel, die Risiken weiter zu reduzieren, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können. Klaus-Dieter Kerpa, Fachberater der Firma W. Neudorff und Referent für ökologi- sches Gärtnern erläuterte anhand der „Sektorspezifische Leitlinie zum integrier- ten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten“ die Anwendung und Umsetzung der Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes im Kleingarten. Mit detail- lierten Fotos und spannenden Videoclips aus dem Leben von Nützlingen wies er nach, dass Freizeitgärtner und -gärtnerinnen mit einfachen Mitteln viel zur Nützlingsförderung beitragen können. Holger-Ulrich Schmidt, Chef des Berliner Pflanzenschutzamtes referierte über die Sachkunde im Pflanzenschutz und ging auf die Frage ein, ob der Sachkundenach- weis ein Qualitätsmerkmal der Fachberatung im Kleingartenwesen sei. Er verwies auf 30 Jahre erfolgreiche Pflanzenschutzausbildung von Fachberatern durch den Berliner Senat und plädierte dafür, den Fachkundenachweis für Hobbygärtner und -gärtnerinnen strikt vom Sachkundenachweis für professionelle Anwender abzugrenzen. bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 7
Eignungskriterien, Zulassung, Kennzeichnung und Anwendung von Pflanzen- schutzmitteln im Kleingarten waren Schwerpunkte des Vortrags von Christoph Hoyer, Referent beim Pflanzenschutzdienst in Wetzlar. Er erklärte live und online die Funktion der Pflanzenschutzmittel-Datenbank der Bundesanstalt für Verbrau- cherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Dort können sich Fachberaterin- nen und Fachberater über alle aktuell zugelassenen Präparate für den Haus- und Kleingarten und deren Anwendungsbereiche informieren. Das BVL ist für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland zuständig. Anschließend wurden in drei Arbeitsgruppen alle Referate diskutiert und deren Ergebnisse im Gesamtplenum vorgetragen. Den Besuch des Bundesforschungs- instituts für Kulturpflanzen und des Instituts für Züchtungsforschung an Obst des Julius Kühn-Instituts in Dresden-Pillnitz werteten die Seminarteilnehmer ohne Ausnahme als Höhepunkt des lehrreichen Wochenendes. Jürgen Sheldon (Präsidiumsmitglied Fachberatung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V.) 8 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
4. Richtlinie 2009/127/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Änderung der Pflanzenschutzrecht im Kleingarten – Richtlinie 2006/42/EG betreffend Maschinen zur Aus- Änderungen und Auswirkungen bringung von Pestiziden. Diese Richtlinie führt europa- weit einen einheitlichen Standard für Pflanzenschutz- ausbringungsgeräte mit Überprüfungsintervallen ein. Dir. u. Prof. Dr. Martin Hommes Während Richtlinien den einzelnen Mitgliedsstaaten Julius Kühn-Institut, bei der Umsetzung in nationales Recht einen gewissen Institut für Pflanzenschutz Handlungsspielraum erlauben, sind Verordnungen in all in Gartenbau und Forst, ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Braunschweig einzelnen Mitgliedstaat. Im neuen Pflanzenschutzgesetz vom 6. Februar 2012 wird daher häufig nur noch auf die entsprechenden Teile der Verordnung bezuggenommen. Der Haus- und Kleingartenbereich ist von dem Pflanzen- schutzpaket in erster Linie von der EU-Zulassungsverord- nung 1107/2009 sowie von der Richtlinie 2009/128 be- troffen. Während die Richtlinie bereits am 25. November 2009 in Kraft trat, gilt die Verordnung erst seit dem 14. Juni 2011. Die Verordnung löst weitgehend die frühere Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ab. Ei- nige der zahlreichen Gründe für die neue Verordnung 1. EU Pflanzenschutzpaket waren: Im Jahre 2009 wurde von der EU ein Pflanzenschutzpa- 1. Die Form einer Verordnung wurde gewählt, um die ket verabschiedet von dem auch der Haus- und Kleingar- Anwendung der neuen Vorschriften zu vereinfachen tenbereich betroffen ist. Das Pflanzenschutzpaket besteht und eine einheitliche Anwendung in allen Mitglied- aus zwei Verordnungen und zwei Richtlinien: staaten zu gewährleisten. 2. Die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für 1. Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über Umwelt; besondere Aufmerksamkeit soll dabei dem das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln Schutz gefährdeter Gruppen in der Bevölkerung gel- und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und ten, insbesondere von Schwangeren, Säuglingen und 91/414/EWG des Rates. Die Verordnung regelt im We- Kindern sentlichen die Genehmigung von Wirkstoffen sowie 3. Die Verbesserung des freien Verkehrs der entspre- die zonale Bewertung und das Inverkehrbringen von chenden Produkte und die Verfügbarkeit dieser Pro- Pflanzenschutzmitteln innerhalb der europäischen Ge- dukte in den Mitgliedstaaten meinschaft. 4. Die Schaffung von Anreizen für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit geringem Risiko 2. Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen 5. Die Verbesserung der verwaltungstechnischen Zu- Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 sammenarbeit der Mitgliedstaaten in allen Phasen des über Statistiken zu Pestiziden. Auf dieser gesetzlichen Zulassungsverfahrens Grundlage sollen auf Gemeinschaftsebene detaillierte, 6. Die Gewährleistung des freien Warenverkehrs inner- harmonisierte und aktuelle statistische Daten über Ver- halb der Gemeinschaft durch den Grundsatz der ge- käufe und Verwendung von Pestiziden erhoben wer- genseitigen Anerkennung sowie die Unterteilung der den. Gemeinschaft in Zonen mit vergleichbaren Bedingun- gen 3. Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments 7. Um sicherzustellen, dass die Diversifizierung von und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Ak- Landwirtschaft und Gartenbau nicht durch die man- tionsrahmen der Gemeinschaft für eine nachhaltige gelnde Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln be- Verwendung von Pestiziden. Mit dieser Richtlinie soll hindert wird, wurden für geringfügige Verwendungen erstmals die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln besondere Regelungen getroffen. auf europäischer Ebene harmonisiert werden. 8. Festlegung von Bestimmungen zur Führung von Auf- zeichnungen und zur Information über die Verwen- bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 9
dung von Pflanzenschutzmitteln, um das Schutzni- auch für nicht berufliche Verwender gelten, da in dieser veau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie Verwendergruppe eine unsachgemäße Handhabung auf- für die Umwelt durch die Rückverfolgbarkeit einer grund von mangelnden Kenntnissen sehr leicht möglich möglichen Exposition zu erhöhen, die Effizienz der ist. Überwachung und Kontrolle zu steigern und die Kos- ten für die Überwachung der Wasserqualität zu verrin- In Artikel 12 Verringerung der Verwendung von Pestizwi- gern. den bzw. der damit verbundenen Risiken in bestimmten Gebieten: In der EU-Verordnung 1107/2009 werden in Artikel 6 … Gebiete, die von der Allgemeinheit oder von gefährde- „Bedingungen und Einschränkungen“ sowie in Artikel 31 ten Personengruppen im Sinne von Artikel 3 der Verord- „Inhalt der Zulassungen“ die Festlegung von Verwender- nung (EG) Nr. 1107/2009 genutzt werden. kategorien (z. B. „beruflich“ oder „nicht beruflich“) ver- bindlich vorgeschrieben. sowie in Artikel 13 Handhabung und Lagerung von Pes- tiziden sowie Behandlung von deren Verpackungen und In Anhang I der Verordnung sind die Zonen für die Zu- Restmengen: lassung von Pflanzenschutzmitteln gemäß Artikel 3 Ab- … (2) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maß- satz 17 festgelegt. Der Zone A (Norden) gehören die Län- nahmen in Bezug auf Pestizide, die für nicht berufliche der Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen und Verwender zugelassen sind, um eine gefährliche Hand- Schweden an. Zone B (Mitte) besteht aus den Ländern habung zu vermeiden. Diese Maßnahmen können die Belgien, Deutschland, Irland, Luxemburg, Niederlan- Verwendung von Pestiziden von geringer Toxizität, ge- de, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, brauchsfertige Formulierungen und Begrenzungen der Tschechische Republik, Ungarn und Vereinigtes König- Größe von Behältern oder Verpackungen einschließen. reich. Der Zone C (Süden) umfasst die Länder Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Portugal, Spani- en und Zypern. Keine Zonen gibt es für die Zulassung 2. Pflanzenschutzgesetz von Pflanzenschutzmitteln für die Verwendung in Ge- wächshäusern, der Behandlung nach der Ernte, der Be- Im neuen Pflanzenschutzgesetz vom 6. Februar 2012 handlung leerer Lagerhäuser sowie der Behandlung von wird unter Berücksichtigung der neuen europäischen Saatgut. Hier ist die gegenseitige Anerkennung über alle Rahmenbedingungen in nachfolgenden Paragraphen Zonen hinweg möglich. speziell Bezug auf den Haus- und Kleingartenbereich ge- nommen: In der Richtlinie 2009/128 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für eine nachhaltige Verwendung von § 9 Persönliche Anforderungen Pestiziden wird erstmals versucht, die Anwendung von (1) Eine Person darf nur Pflanzenschutzmittel anwenden, Pflanzenschutzmitteln auf europäischer Ebene zu har- … monisieren. Hinweise in der Verordnung auf nicht beruf- wenn sie über einen von der zuständigen Behörde ausge- liche Anwender finden sich insbesondere: stellten Sachkundenachweis verfügt. (5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist kein Bei den Gründen Nr. 9: Sachkundenachweis erforderlich für die Anwendung von Der Verkauf von Pestiziden, einschließlich des Verkaufs Pflanzenschutzmitteln, die für nichtberufliche Anwender über das Internet, ist ein wichtiges Element in der Ver- zugelassen sind, im Haus- und Kleingartenbereich. triebskette, und der Endverwender, insbesondere der be- rufliche Verwender, sollte zum Zeitpunkt des Verkaufs § 12 Vorschriften für die Anwendung von eine spezifische Beratung zu Sicherheitshinweisen für Pflanzenschutzmitteln die menschliche Gesundheit und die Umwelt erhalten. (1) Pflanzenschutzmittel dürfen einzeln oder gemischt Nicht berufliche Verwender, die im Allgemeinen nicht mit anderen nur angewandt werden, wenn sie zugelassen über die gleichen Kenntnisse und die gleiche Ausbildung sind, die Zulassung nicht ruht und nur verfügen, sollten insbesondere Empfehlungen zur siche- 1. in den in der Zulassung festgesetzten, jeweils gültigen ren Handhabung und Lagerung von Pestiziden sowie zur Anwendungsgebieten, Entsorgung der Verpackung erhalten. 2. entsprechend den in der Zulassung festgesetzten, je- weils gültigen Anwendungsbestimmungen. und Nr. 17: (2) Pflanzenschutzmittel dürfen nicht auf befestigten Bei der Handhabung von Pestiziden … kann es besonders Freilandflächen und nicht auf sonstigen Freilandflächen, leicht zu einer unbeabsichtigten Exposition von Mensch die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder und Umwelt kommen. Hierfür sind daher besondere gärtnerisch genutzt werden, angewendet werden. Maßnahmen vorzusehen, … Die Maßnahmen sollten Sie dürfen jedoch nicht in oder unmittelbar an oberir- 10 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
dischen Gewässern und Küstengewässern angewandt § 33 Zuständigkeit für die Zulassung von werden. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von Pflanzenschutzmitteln den Sätzen 1 und 2 für die Anwendung zugelassener (4) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens- Pflanzenschutzmittel genehmigen, wenn der angestrebte mittelsicherheit veröffentlicht eine beschreibende Liste Zweck vordringlich ist und mit zumutbarem Aufwand auf der zugelassenen Pflanzenschutzmittel mit Angaben andere Art nicht erzielt werden kann und überwiegende über die für die Anwendung der Pflanzenschutzmittel öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der wichtigen Merkmale und Eigenschaften, insbesondere Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaus- die Eignung der Pflanzenschutzmittel für bestimmte An- haltes, nicht entgegenstehen. Die zuständige Behörde wendungsgebiete, Boden- und Klimaverhältnisse und die unterrichtet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich, sowie den Lebensmittelsicherheit jährlich über die erteilten Geneh- Zeitpunkt, an dem die Zulassung der Pflanzenschutzmit- migungen nach Satz 3. tel endet. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Le- bensmittelsicherheit macht die Rücknahme, den Wider- (3) Pflanzenschutzmittel, die nur für die Anwendung ruf, die Rechtsgrundlage des jeweiligen Widerrufes oder durch berufliche Anwender zugelassen sind, dürfen auch das Ruhen der Zulassung sowie eine Anordnung nach § im Falle von Satz 2 Nummer 2 nur durch Personen ange- 27 Absatz 2 im Bundesanzeiger oder im elektronischen wandt werden, die, außer in den Fällen des § 9 Absatz 5 Bundesanzeiger bekannt. Nummer 2 und 3, sachkundig im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 1 sind. Im Haus- und Kleingartenbereich dürfen nur § 36 Ergänzende Bestimmungen für den Inhalt der Pflanzenschutzmittel angewandt werden, die Zulassung 1. für die Anwendung durch nichtberufliche Anwender (2) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens- zugelassen sind oder mittelsicherheit kann auf Antrag festlegen, dass ein für 2. für berufliche Anwender zugelassen sind und für die berufliche Anwender zugelassenes Pflanzenschutzmit- das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens- tel auf Grund seiner Eigenschaften auch im Haus- und mittelsicherheit die Eignung zur Anwendung im Kleingartenbereich angewendet werden darf, soweit sich Haus- und Kleingartenbereich nach § 36 Absatz 1 Satz das für berufliche Anwender zugelassene Pflanzenschutz- 2 Nummer 3 oder Absatz 2 festgestellt hat. mittel nur durch Packungsgröße oder Darreichungsform von einem für nichtberufliche Anwender zugelassenen § 17 Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen, Pflanzenschutzmittel unterscheidet. die für die Allgemeinheit bestimmt sind (1) Zusätzlich zu den Vorschriften nach § 12 darf auf Flä- § 68 Bußgeldvorschriften chen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, nur ein (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrläs- zugelassenes Pflanzenschutzmittel angewandt werden, sig 1. das als Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko 8. entgegen § 12 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 oder 2 im nach Artikel 47 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Haus- und Kleingartenbereich ein Pflanzenschutzmittel zugelassen ist, anwendet, 2. für das vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Rahmen eines Zulassungs- § 74 Übergangsvorschriften verfahrens die Eignung für die Anwendung auf Flä- (12) Pflanzenschutzmittel, die vor dem 14. Februar 2012 chen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, festge- für die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich stellt worden ist oder gekennzeichnet worden sind, gelten als zugelassen für 3. das auf Grund seiner Eigenschaften vom Bundesamt nichtberufliche Anwender. Sie dürfen mit dieser Kenn- für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für zeichnung noch bis zum 14. Juni 2015 in Verkehr gebracht die Anwendung auf Flächen, die für die Allgemeinheit werden. bestimmt sind, nach dem Verfahren nach Absatz 2 ge- nehmigt worden ist. 3. Anforderungen an Pflanzenschutzmittel für Zu Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, ge- den Haus- und Kleingartenbereich hören insbesondere öffentliche Parks und Gärten, Grün- anlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden, öffentlich Eine spezifische Bewertung der Anwendung von Pflan- zugängliche Sportplätze einschließlich Golfplätze, Schul- zenschutzmitteln im Haus- und Kleingartenbereich, die und Kindergartengelände, Spielplätze, Friedhöfe sowie von der Bewertung für berufliche Anwender abweichen Flächen in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des kann, ist besonders aus folgenden Gründen erforderlich: Gesundheitswesens. ➝ Der nicht-berufliche Anwender ist gemäß § 9 Abs. 5 Nr. 1 Pflanzenschutzgesetz in der Regel nicht sach- kundig im Pflanzenschutz, also auch im Umgang mit bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 11
Pflanzenschutzmitteln. Deshalb sind zur Sicherstel- genschaften, die für Anwendungen im Freiland an lung des Schutzes von Mensch, Tier und Naturhaus- blühenden Pflanzen vorgesehen sind, sind nicht zu- halt andere Voraussetzungen zu berücksichtigen als lassungsfähig, sofern schädliche Auswirkungen auf bei beruflichen Anwendern, für die ein Sachkunde- Blüten besuchende Nichtzielarten nicht ausgeschlos- nachweis erforderlich ist. sen werden können ➝ Dem nicht-beruflichen Anwender kann nur eine ein- ➝ Wegen der Gefahr von Pflanzenschutzmittel-Einträ- geschränkte Schutzausrüstung zugemutet werden, gen in Gewässer sind Anwendungen von Pflanzen- wie z. B. Handschuhe, langärmeliges Hemd, lange schutzmitteln auf „Wegen und Plätzen“ nicht zulas- Hose, Kopfbedeckung und festes Schuhwerk. sungsfähig. ➝ Bei der Zulassungsprüfung ist außerdem zu berück- ➝ Anwendungen, die zusätzliche Risikominderungs- sichtigen, dass die bestimmungsgemäße und sachge- auflagen zum Schutz terrestrischer Organismen rechte Anwendung durch nicht-berufliche Anwender (einschließlich Vögel und Säuger) erfordern, sind auf- nicht in dem Maße wie die Anwendung durch be- grund der hohen Anforderungen an die sachgerechte rufliche Anwender durch die zuständigen Behörden Umsetzung der Auflagen grundsätzlich nicht zulas- kontrolliert werden kann. Daher ist bei der Zulassung sungsfähig. darauf zu achten, dass nur Pflanzenschutzmittel für ➝ Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen, für die in der nicht berufliche Anwender zugelassen und Anwen- Risikobewertung unter Berücksichtigung der spezifi- dungsbestimmungen erteilt werden, die unter den schen Anwendungsbedingungen im Haus- und Klein- spezifischen Bedingungen im Haus- und Kleingarten- garten eine so große Neigung zur Abschwemmung bereich auch eingehalten werden können. angezeigt wird, dass Risikominderungsmaßnahmen ➝ Flächen werden im Haus- und Kleingartenbereich zu- zu erteilen wären, sind nicht zulassungsfähig dem meist intensiv genutzt, insbesondere auch von ➝ Anwendungen, die gemäß Risikobewertung zum sensiblen Personengruppen, wie z. B. Kinder, ältere Schutz aquatischer Organismen einzuhaltende Ab- Menschen und Kranke. stände zu Gewässern größer 10 m erfordern, sind ➝ Auch grenzen zu behandelnde Flächen häufig direkt nicht zulassungsfähig. an Nachbargrundstücke/-gärten oder öffentlich ge- nutzte Wege und Flächen an, so dass die Einhaltung Darüber hinaus gibt es spezielle Anforderungen an die eines größeren Sicherheitsabstands zu diesen Flächen Dosierfähigkeit, Verpackungsgröße und Anwendungs- i.d.R. nicht möglich ist. form. Für nicht anwendungsfertige Pflanzenschutzmittel (z. B. Formulierungen als Konzentrat) muss für die Zu- Daher werden an Pflanzenschutzmittel für nicht berufli- bereitung der für die Behandlung bestimmten Spritz-, che Anwender in Absprache mit den an der Zulassung Streich- oder Gießflüssigkeit eine Dosiergenauigkeit von beteiligten Behörden spezielle Anforderungen gestellt: ± 10 % gewährleistet sein und das Dosiersystem muss so Für den Prüfbereich Gesundheit sind dies: beschaffen sein, dass Anwender und andere Nutzer sowie ➝ grundsätzliche Eignung nur noch von Mitteln mit ge- der Naturhaushalt bei der Zubereitung nicht gefährdet ringem Risiko werden können. Zudem darf eine maximale Verpackungs- ➝ sind zum Schutz des Anwenders mehr als festes größe nicht überschritten werden. Berechnungsgrund- Schuhwerk, wie Gummistiefel, Handschuhe, langär- lage ist die einmalige Behandlung einer Fläche von 500 meliges Hemd und lange Hose, Kopfbedeckung oder m² und die niedrigste für ein Anwendungsgebiet vorge- eine Schutzbrille erforderlich, ist die Zulassungsfähig- sehene Aufwandmenge. Darüber hinaus kann die Verpa- keit nicht mehr gegeben ckungsgröße individuell bewertet werden, wenn z. B. eine ➝ Pflanzenschutzmittel, die als sehr giftig, ätzend oder Berechnung auf die Fläche nicht möglich oder nicht sinn- sensibilisierend (chemische Wirkstoffe) zu kenn- voll ist (z. B. Spraydose, Pflanzenschutzstäbchen). Gene- zeichnen sind, sind grundsätzlich nicht zulassungsfä- rell werden Pflanzenschutzmittel für eine Anwendung hig im Haus- und Kleingartenbereich nur zugelassen wer- ➝ Wenn die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels den, wenn die Prüfung des Pflanzenschutzmittels ergibt, in Innenräumen vorgesehen ist, muss sichergestellt dass das Pflanzenschutzmittel nach dem Stand der wis- werden, dass keine nachhaltige Belastung der Innen- senschaftlichen Erkenntnisse und der Technik bei bestim- raumluft erfolgen kann mungsgemäßer und sachgerechter Anwendung oder als Folge einer solchen Anwendung keine schädlichen Aus- Für den Prüfbereich Naturhaushalt gilt: wirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier, das ➝ Pflanzenschutzmittel, die als bienengefährlich der Ka- Grundwasser sowie keine nicht vertretbaren Auswirkun- tegorien B1 und B2 einzustufen sind, sind für Anwen- gen auf den Naturhaushalt haben. Für die Anwendung dungen im Freiland grundsätzlich nicht zulassungsfä- durch nicht-berufliche Anwender im Haus- und Kleingar- hig tenbereich sind daher Anwendungsformen/-techniken ➝ Systemisch wirkende Mittel mit insektiziden Ei- mit keiner oder geringer Exposition von Anwendern, 12 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
Dritten und Nichtzielflächen besonders geeignet (z. B. an- 5. Überblick zu Pflanzenschutzmitteln für den wendungsfertige Mittel in Triggerflaschen, Stäbchen zum Haus- und Kleingartenbereich Stecken, anwendungsfertige Mittel zum Streichen oder Streuen). Einen aktuellen Überblick über die Anzahl der für den Haus- und Kleingartenbereich ausgewiesenen Pflanzen- Auch wenn die für den nicht-beruflichen Anwender zu- schutzmittel und Wirkstoffe für verschiedene Wirkungs- gelassenen Pflanzenschutzmittel vergleichsweise günsti- bereiche sowie ein Vergleich mit der Situation nach der ge Eigenschaften haben und meist einfach in der Hand- ersten gesetzlichen Neuregelung im Jahre 2002 findet habung sind, sollten sie dennoch nur mit dem nötigen sich in der Tabelle 1. Anfang 2014 waren insgesamt 123 Verantwortungsbewusstsein angewendet werden. Die verschiedene Pflanzenschutzmittel mit 65 Wirkstoffen gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung von Pflanzen- bzw. Wirkstoffkombinationen für den Haus- und Klein- schutzmitteln gelten selbstverständlich auch für alle Frei- gartenbereich ausgewiesen. Während im Vergleich zum zeitgärtner. Der Anwender sollte sorgfältig die Gebrauchs- Jahr 2002 die Anzahl der Pflanzenschutzmittel bis 2014 anleitung lesen und alles beachten; was zur sicheren und um 16 % abgenommen hat, stieg die Zahl der Wirkstoffe vorschriftsmäßigen Anwendung nötig ist. So darf die An- bzw. Wirkstoffkombinationen um einen Wirkstoff an. Zu- wendung nur in den zugelassenen Anwendungsgebieten nahmen waren in den Bereichen Fungizide, Insektizide erfolgen und es sind die Anwendungsbestimmungen ge- und Herbizide zu verzeichnen, während bei den Mitteln nau einzuhalten. Zudem unterliegen alle Pflanzenschutz- zur Wundbehandlung und zur Veredelung an Obst- und mittel dem Selbstbedienungsverbot. Vor dem Kauf sollte Ziergehölzen sowie Mittel gegen schädliche Nagetiere man sich ausführlich beraten lassen; die Verkäufer sind (Rodentizide) und zur Verhütung von Wildschäden die dazu gesetzlich verpflichtet. Anzahl deutlich zurückging. Tab. 1: Anzahl der für den Haus- und Kleingartenbereich ausgewiesenen Pflanzenschutzmittel (PSM) und Wirkstoffe für 4. Informationen zu zugelassenen Pflanzen- verschiedene Wirkungsbereiche schutzmitteln Wirkungsbereich PSM1 WS2 Sämtliche für den Haus- und Kleingartenbereich ausge- 20023 20144 20023 20144 wiesenen Pflanzenschutzmittel sind mit den dazugehö- Mittel zur Wundbehandlung und rigen Verpackungen in einem separaten Mittelverzeich- zur Veredelung an Obst- und 23 4 5 1 nis (Teil 7) des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Ziergehölzen Lebensmittelsicherheit (BVL) aufgeführt. Dort ist auch Mittel gegen pilzliche und bakteri- elle Krankheitserreger (Fungizide das Zulassungsende der einzelnen Mittel angegeben. Prä- und Bakterizide) sowie gegen Viren 20 21 14 18 parate, deren Zulassung abgelaufen ist, dürfen jetzt nur und Viroide noch bis 18 Monate nach Ablauf der Zulassung eingesetzt Mittel gegen schädliche Milben werden. Das Mittelverzeichnis erscheint in jährlichem (Akarizide) und Schadinsekten 45 40 19 21 (Insektizide) Abstand und kann über den Saphirverlag (Gutsstraße 15, 38551 Ribbesbüttel, Tel.: 0 53 74 / 65 76 Fax: / 65 77 E-Mail: Mittel gegen Unkräuter (Herbizide) 24 39 12 16 verlag@saphirverlag.de) in gedruckter Form bezogen Mittel gegen Schnecken (Mollu- skizide) 6 8 3 3 werden. Darüber hinaus wird vom BVL (www.bvl.bund. de) im Internet eine elektronische Version als pdf-Datei Mittel gegen schädliche Nagetiere (Rodentizide) sowie zur Verhütung 27 11 10 6 kostenfrei zum Abruf zur Verfügung gestellt. Ebenfalls im von Wildschäden Internetangebot des BVL besteht unter „Pflanzenschutz – Mittel zur Bewurzelung von zugelassene Pflanzenschutzmittel – Online Datenbank“ Stecklingen 1 0 1 0 die Möglichkeit, sich online über den aktuellen Zulas- Summe 146 123 64 65 sungsstand von Pflanzenschutzmitteln zu informieren. 1 PSM ohne Übertragungen u. Vertriebserweiterungen Dort sind auch gezielte Recherchen nach zugelassenen 2 Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen Präparaten mit ausgewählten Anwendungen (Kombinati- 3 Stand: 27.08.2002 4Stand: Januar 2014 on von Schadorganismus und Kultur), wie z. B. Blattläuse an Rosen, möglich. Aktuelle Hinweise über zugelassene Pflanzenschutzmittel mit vielen Suchfunktionen sowie Wirft man einen Blick auf die Anzahl ausgewiesener An- Hinweisen zu Nebenwirkungen auf Nützlinge finden sich wendungen in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in auch auf den Internetseiten des Dienstleistungszentrums den verschiedenen Einsatzgebieten, so fällt auf, dass das Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz unter www.pflanzen- Einsatzgebiet Zierpflanzen für den Haus- und Kleingar- schutz-hausgarten.de. tenbereich die größte Bedeutung hat (Tabelle 2). Mehr als die Hälfte der Anwendungen (59 %) im Gebiet Zierpflan- zen sind aktuell für den Haus- und Kleingartenbereich bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 13
ausgewiesen. Die Einsatzgebiete Obst (20 %), Weinreben Ausblick (12 %) und Gemüse (11 %) folgen mit großem Abstand. Zusammenfassend betrachtet haben sich durch die neu- en rechtlichen Rahmenbedingungen, mit dem Ziel das Tab. 2: Anzahl ausgewiesener Anwendungen in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in einzelnen Einsatzgebieten sowie der Schutzniveau insgesamt zu erhöhen, die Anforderungen Anteil für den Haus- und Kleingartenbereich in % an Pflanzenschutzmittel für nicht berufliche Anwender und damit auch für den Haus- und Kleingartenbereich er- Anzahl Anzahl Anteil höht. Dies wird vermutlich langfristig zu einem Rückgang Einsatzgebiet Anwendungen gesamt HuK-Anwendungen in % der für diesen Bereich ausgewiesen Pflanzenschutzmittel Zierpflanzen 1070 632 59 führen, da einige der zurzeit zugelassen Präparate diese Obst 806 164 20 Anforderungen zukünftig nicht mehr erfüllen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für den Einsatz von Gemüse 1920 220 11 Pflanzenschutzmitteln in den öffentlich zugänglichen Weinreben 242 29 12 Teilen von Kleingartenanlagen besondere Einschränkun- Ackerbau 2614 17
Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln Der Nationale Aktionsplan zur nach- haltigen Anwendung von Pflanzen- Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung schutzmittelns von Pflanzenschutzmitteln (NAP) wurde von der Bun- desregierung im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemein- Hans Fink schaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden Dipl. Ing. agr., („EU-Rahmenrichtlinie“) am 10. April 2013 beschlossen. Bundesanstalt für Der NAP ist zugleich im Pflanzenschutzgesetz vom Landwirtschaft und 6. Febr. 2012 verankert (§ 4 Abs. 1). Vorgänger des NAP Ernährung, Bonn gab es auf nationaler Ebene bereits ab 2004. Wesentliche Akteure des NAP sind Bund (v.a. BMEL mit JKI, BLE, BVL, BfR; BMUB), Länder, Kommunen, Ver- bände und letztlich die Anwender selbst. In Artikel 4 der EU-Rahmenrichtlinie werden im Zuge der nationalen Aktionspläne quantitative Vorgaben, Ziele, Maßnahmen und Zeitpläne zur Verringerung der Risiken und der Auswirkungen der Verwendung von Pflanzen- schutzmitteln auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt gefordert. Ebenso werden die Förderung des in- tegrierten Pflanzenschutzes sowie alternativer Methoden oder Verfahren, um die Abhängigkeit von der Verwen- dung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu verringern, angesprochen. In Artikel 14 der EU-Rahmenrichtlinie wird festgelegt, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um einen Pflanzenschutz mit geringer Pflanzen- schutzmittelanwendung zu fördern, wobei wann immer möglich nichtchemischen Methoden der Vorzug gegeben wird. Es ist sicherzustellen, dass beruflichen Anwendern folgende Informationen und Instrumente zur Verfügung stehen: Warndienst, Prognosemodelle und Entschei- Die Bundesanstalt für Landwirtschaft dungshilfen, Beratungsdienste für den integrierten Pflan- und Ernährung zenschutz. Berufliche Verwender sollen kulturpflanzen- und sektor- Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung spezifische Leitlinien des integrierten Pflanzenschutzes (BLE) nimmt vielfältige Verwaltungsaufgaben im Ge- freiwillig umsetzen. Öffentliche Stellen und/oder Organi- schäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung sationen, die bestimmte berufliche Verwender vertreten, und Landwirtschaft (BMEL) wahr. können entsprechende Leitlinien aufstellen. Die BLE betreut neben ihren Marktordnungs- und Kont- Die Mitgliedstaaten beschreiben in ihren nationalen Ak- rollaufgaben die Umsetzung von Programmen, z.B. das tionsplänen, wie sie sicherstellen, dass alle beruflichen Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Verwender von Pestiziden die allgemeinen Grundsätze Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN), ebenso den des integrierten Pflanzenschutzes gem. Anhang III spä- Nationalen Aktionsplan Ernährung und Bewegung und testens ab dem 1. Januar 2014 anwenden. den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwen- Diese lauten: dung von Pflanzenschutzmitteln. Weiter werden Aufga- 1. Vorbeugung und/oder Bekämpfung von Schadorgan, ben zu Information und Koordination im Bereich Biolo- 2. Überwachung gische Vielfalt wahrgenommen. 3. Entscheidung, Zudem sind in der BLE Projektträgerschaften, u.a. in den 4. Vorrang für nichtchemische Verfahren, Bereichen Innovationsförderung, Forschungsförderung 5. Wahl der Pflanzenschutzmittel, im Rahmen des BÖLN und für Modell- und Demonstrati- 6. Notwendiges Maß, onsvorhaben angesiedelt (z.B. Modellvorhaben „Demons- 7. Resistenzmanagement, trationsbetriebe integrierter Pflanzenschutz“). 8. Erfolgskontrolle. bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 15
Ebenso ist in § 3 Pflanzenschutzgesetz vom 6. Febr. 2012 • ie fortlaufende Stärkung von Beratung und Infobe- d festgelegt, dass Pflanzenschutz nur nach guter fachlicher reitstellung sowie Praxis einschließlich der Einhaltung der allgemeinen • die Erstellung der Leitlinien (bis 2015). Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes erfolgen darf. Konkret umgesetzt ist die Ausschreibung einer Erhebung durch die BLE zu Si- tuation und Handlungsfeldern des PSM – Einsatzes im Globalziele des NAP HuK. Der Ausbau von Aufklärung/ Sachkunde/ Beratung wird • Die mit der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln u.a. durch UBA vorangetrieben, das im Juni 2014 eine verbundenen Risiken und Auswirkungen für die Umfrage als Grundlage für die Erstellung von Informati- menschliche Gesundheit und den Naturhaushalt sind onsmaterialien durchführen ließ. weiter zu reduzieren. Zur Verbesserung des Schutzes von Anwendern, Dritten • Dazu gehört, dass die Risiken der Anwendung von und Naturhaushalt sollen v.a. technische Lösungen ange- Pflanzenschutzmitteln für den Naturhaushalt bis strebt werden. 2023 um 30 % reduziert werden sollen (Basis Mittel- Eine sektorspezifische Leitlinie zum integrierten Pflan- wert der Jahre 1996–2005). zenschutz im Haus- und Kleingartenbereich existiert be- • Dazu gehört, dass die Rückstandshöchstgehaltsüber- reits seit Februar 2013. schreitungen in allen Produktgruppen bei einheimi- schen und importierten Lebensmitteln bis 2021 auf unter 1 % reduziert werden sollen. • Dazu gehört, dass die Auswirkungen der Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf Anwender, Ar- Webseite beiter, unbeteiligte Personen (Bystander) und Anwoh- www.nap-pflanzenschutz.de ner weiter reduziert werden sollen. • Die Einführung und Weiterentwicklung von Pflanzen- schutzverfahren mit geringen Pflanzenschutzmittel- anwendungen im integrierten Pflanzenschutz und im ökologischen Landbau fördern. • Die Anwendung von PSM auf das notwendige Maß begrenzen. • Sicherheit beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln weiter verbessern. Der Nationale Aktionsplan • Ausgewogene Information der Öffentlichkeit über zur nachhaltigen Anwendung Nutzen und Risiko des Pflanzenschutzes, insbesonde- von Pflanzenschutzmitteln re die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel wurde am 10. April 2013 betreffend, weiter verbessern. gemäß § 4 Pflanzenschutzge- setz von der Bundesregierung Die Ausgangslage bei Haus- und Kleingarten (HuK) ist beschlossen. gekennzeichnet durch die gesetzlich nicht erforderliche Sachkunde sowie besondere Anforderungen für Zulas- sung und Abgabe, u.a. bezüglich Dosierfähigkeit, Pa- ckungsgröße, Anwendungsvorschriften, Etiketten und Information. Für die Offizialberatung sind die Länder zuständig, weiter Erster wichtiger Schritt: helfen können: Fachwarte in Vereinen, Warndienst, Infor- Das „Reduktionsprogramm mationen aus dem Internet, Informationen von Pflanzen- chemischer Pflanzenschutz“ schutzdiensten, Industrie und aid („Nützlinge-App für vom Oktober 2004 den Garten). Problematisch ist die Herbizidanwendung auf Nichtkul- turland, die rechtlich nicht zulässig ist. Die spezifischen Ziele für den HuK im NAP umfassen • die fortlaufende Aktualisierung der Wissensbasis, • die Überprüfung der Zulassungsvoraussetzung für HuK-PSM (bis 2018), 16 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
01.10.2014 Hierzu sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, nationale Sektorspezifische Leitlinien zum Aktionspläne (NAP) zu erstellen. integrierten Pflanzenschutz im Diese …...auch für den Haus- sollen beschreiben, und wie Kleingarten- sicher gestellt wird, dass bereich (HuK) sind Leitlinien des integrierten alle beruflichen Anwender von Pflanzenschutzmitteln die Haus- und Kleingarten Pflanzenschutzes zu erarbeiten. allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschut- zes spätestens Aus diesemab 01.01.2014 Grund habenanwenden. (…) die nachfolgenden Klaus-Dieter Kerpa … auchVerbände, für den Haus- und Kleingartenbereich basierend auf den allgemeinen(HuK) sind Fachberater, Firma Grundsätzen Leitlinien des IPS nach des integrierten Anhang III derzu erarbei- Pflanzenschutzes W. Neudorff GmbH KG, ten. Richtlinie 2009/128/EG, gemeinsam die Referent für ökologisches Empfehlungen für die Umsetzung von Aus diesem Grund haben die nachfolgenden Verbände, Maßnahmen für den HuK-Sektor in einer Gärtnern basierend auf den allgemeinen Grundsätzen des IPS nach Leitlinie erarbeitet. Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG, gemeinsam die Empfehlungen für die Umsetzung von Maßnahmen für K.D.Kerpa, BDG-Vortrag LL IPS HuK den HuK-Sektor in einer Leitlinie erarbeitet. Eigenheimerverband Deutschland e.V. Dieser Vortrag stützt sich in weiten Teilen auf die gleich- namige Broschüre, die durch den Bundesverband Deut- scher Gartenfreunde und weitere Spitzenverbände des Freizeitgartenbaus – basierend auf den allgemeinen Verband der Kleingärtner, Siedler u. Grundstücksnutzer e.V. Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes nach K.D.Kerpa, BDG-Vortrag LL IPS HuK Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG – für die Umset- zung von Maßnahmen für den Sektor Haus- und Klein- Der Pflanzenschutz ist gesetzlich geregelt garten erarbeitet wurde. 4 Siehe: http://www.kleingarten-bund.de/downloads/1_leit- Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutz- linie_ips_im_huk_feb_2013.pdf gesetz – PflSchG) Eine neue Leitlinie im Kleingarten, was soll das denn § 1 Zweck schon wieder? Zweck dieses Gesetzes ist, Der Grund hierfür ergibt sich aus der Richtlinie 2009/128/ 1. Pflanzen, insbesondere Kulturpflanzen, vor Schad- EG (Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie) des Europäischen organismen und nichtparasitären Beeinträchtigun- Parlaments und des Europäischen Rates vom 21. Oktober gen zu schützen, 2009. 2. Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen, Um was geht es in dieser Pflanzenschutz- Rahmenrichtlinie ? Manchmal muss man die Pflanzen vor dem Menschen schützen. Es geht hierbei um die wichtigsten Güter, die wir haben: § 1 Zweck Den Schutz der menschlichen Gesundheit und den Zweck dieses Gesetzes ist, Schutz unserer Umwelt. 3. Gefahren, die durch die Anwendung von Pflanzen- Die Richtlinie 2009/128/EG schreibt allen Mitglied- schutzmitteln oder durch andere Maßnahmen des staaten der Europäischen Union vor, die erforderlichen Pflanzenschutzes, insbesondere für die Gesundheit Maßnahmen zur Förderung eines Pflanzenschutzes mit von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt, möglichst geringer Verwendung von insbesondere che- entstehen können, abzuwenden oder ihnen vorzu- mischen Pflanzenschutzmitteln zu treffen. beugen, bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 17
PflSchG Abschnitt 2 (Durchführung von Pflanzenschutz- Anbau- u. kulturtechnische Maßnahmen maßnahmen) §3 • e ntsprechend den angebauten Kulturen den möglichst Pflanzenschutz darf nur nach guter fachlicher Praxis optimalen Standort wählen durchgeführt werden. • Anbauzeitpunkte (früher / später) variieren, um da- durch den Infektionsdruck zu verringern PflSchG Abschnitt 2 (Durchführung von Pflanzenschutz- • Vermeidung hoher Saatdichte und enger Pflanzab- maßnahmen) stände §3 • beim Anbau von Gemüse die Grundsätze von Frucht- Die gute fachliche Praxis umfasst insbesondere folge und Fruchtwechsel beachten. • die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze des integ- • insbesondere ist auf möglichst lange Zeiträume zwi- rierten Pflanzenschutzes des Anhangs III der Richtli- schen einem weiteren Nachbau der gleichen Kulturen nie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments. zu achten (mindert den Befallsdruck durch bodenbür- tige Schadorganismen). Positiv können sich diesbe- züglich auch Mischkulturen auswirken. Integrierter Pflanzenschutz – was war das denn • beim Anbau von Obst auf die erforderlichen Pflanz- u. noch mal? Grenzabstände achten • Bewässerung angepasst an den Bedarf der Kulturen Integrierter Pflanzenschutz ist eine Kombination von und an die Bodenart Maßnahmen,bei denen die Anwendung chemischer • Bewässerungszeitpunkt: Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt besser morgens als abends wässern (verringert die Ge- wird. fahr von Pilzerkrankungen) • Regel: besser seltener und reichlich gießen als täglich Der Integrierte Pflanzenschutz schließt alle Maßnahmen mit geringen Mengen bewässern ein, die sinnvoll und möglich sind Pflanzen gesund zu • kulturgerechte Düngung, (Nährstoffbedarf der Pflan- erhalten. zen berücksichtigen) • Überdüngung ist zu vermeiden. Die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes sind (Eine Überversorgung mit Stickstoff führt zu schwa- nach dem Pflanzenschutzgesetz von jedermann zu be- chen, krankheitsanfälligen Pflanzen, Überdüngung achten. mit Phosphor blockiert wichtige Spurennährstoffe) • organische Dünger vorziehen Die Maßnahmen und Instrumente des Integrierten Pflan- • regelmäßige Überprüfung des pH-Wertes des Garten- zenschutzes bodens • chemische Maßnahmen • Alle 3–4 Jahre Bodenanalyse durch ein kompetentes • anbau- u. kulturtechnische Maßnahmen Bodenlabor, z.B. Lufa durchführen lassen. • pflanzenzüchterische Maßnahmen • Vorbeugender Pflanzenschutz durch Pflanzenstär- • nur hochwertiges, gesundes Pflanz- u. Saatgut ver- kungsmittel wenden • beim Gemüseanbau weniger anfällige oder resistente Pflanzenstärkungsmittel sind Stoffe und Gemische ein- (tolerante) Sorten wählen schl. Mikroorganismen, die ausschließlich dazu bestimmt • auch bei Obstgehölzen auf widerstandsfähige bzw. re- sind, allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen zu die- sistente Sorten zurückgreifen. nen oder Pflanzen vor nichtparasitären Beeinträchtigun- gen zu schützen Die Maßnahmen und Instrumente des Integrierten Pflanzenschutzes Vorbeugender Pflanzenschutz durch Pflanzenstärkungsmittel Pflanzenzüchterische Maßnahmen • ur hochwertiges, gesundes Pflanz- u. Saatgut ver- n Pflanzenstärkungsmittel werden vomBundesamt für Ver- wenden braucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gemäß PflSchG gelistet. • beim Gemüseanbau weniger anfällige oder resistente Zu diesen Mittel zählen z.B. Heil- u. Wildkräuterauszüge, (tolerante) Sorten wählen Homöopathische Elixiere, Humusauszüge, aber auch Wundverschlussmittel, Weißanstrichmittel für Obstbäu- • auch bei Obstgehölzen auf widerstandsfähige bzw. re- me u.a.m. sistente Sorten zurückgreifen. Heil- u. Wildkräuterauszüge zur Pflanzenstärkung, wie 18 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
z.B. die gute, alte Brennnesseljauche lassen sich denkbar Biotechnische Maßnahmen einfach selber herstellen. Wichtig ist hier, wie bei allen PfStm, die regelmäßige An- Hierbei geht es um die Nutzung technischer Methoden wendung! für den Pflanzenschutz unter Berücksichtigung der Bio- Eine große Bedeutung bezgl. der Pflanzengesundheit logie eines Schaderregers. spielt das Bodenleben (EDAPHON)(die Gesamtheit der z.B. Leimtafeln zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege pflanzlichen und tierischen Bodenlebewesen). Bei diesen Maßnahmen werden natürliche, physikalische In einer Hand voll guter Gartenerde können mehr Orga- und teilweise auch chemische Reize ausgenutzt, die in nismen vorkommen, als Menschen auf unserem Plane- der Entwicklung der Schädlinge, bei der Nahrungs- und ten leben Partnersuche u.a. Prozessen eine Rolle spielen. Funktion der Mikroorganismen Biotechnische Maßnahmen werden häufig für ➝ Zersetzung von organischer Substanz Prognosezwecke genutzt. ➝ Bereitstellung von Nährstoffen ➝ Bindung von organischer Substanz So werden z.B. Pheromonfallen zur Ermittlung der Flug- ➝ Verbesserung der Bodenstruktur zeitpunkte der Apfel- / Pflaumenwickler eingesetzt. ➝ Unterdrückung von schädlichen Keimen im Boden ➝ Ausscheidung sekundärer Pflanzenstoffe Frisch aufgehangene Pheromonfalle für Apfelwickler- ➝ Pflanzen sind gesünder männchen. Deutlich sichtbar die Lockstoff-Kapsel. Das Bodenleben wird positiv beeinflusst durch: Der Erwerbsanbau wendet seit einiger Zeit die sogenann- • gute Humuswirtschaft te „Verwirrmethode“ an. (Versorgung mit Nährhumus u. Reifkompost) So werden z.B in Apfelanlagen viele solcher Dispender • geeignete Gründüngung, Einarbeitung von Ernterück- mit dem Sexual-Lockstoff der Apfelwicklerweibchen aus- ständen, Mulchen gebracht. • schonende Bodenbearbeitung Dadurch werden die Männchen so „verwirrt“, dass sie die • Verzicht auf leicht wasserlösliche Düngesalze Weibchen zur Begattung nicht finden und so keine be- fruchteten Eier abgelegt werden. Mechanisch-physikalische Maßnahmen Hierbei handelt es sich größtenteils um „Handarbeit“, Biologische Maßnahmen z. B. das Absammeln von Raupen, Käfern oder Schnecken Die biologischen Maßnahmen beruhen darauf, dass nütz- Fallen, z.B. gegen Wühlmäuse liche Tiere oder Mikroorganismen geschützt, oder gezielt Wildkräuter hacken/schuffeln/zupfen zur Bekämpfung der Schädlinge eingesetzt werden. Zu den einfachen, aber wirksamen Maßnahmen dieser Tiere oder Mikroorganismen, die uns bei der Schädlings- Art, ist das möglichst zeitnahe Aufsammeln von „madi- bekämpfung helfen, werden als Nützlinge bezeichnet. gen“ Äpfeln oder Pflaumen und Lagerung im Wasserbad für 1–2 Tage. Zu den wichtigsten Nützlingen, die in unseren Gärten ➝ Die Raupen der Apfel- bzw. Pflaumenwickler ertrinken. vorkommen, gehören z.B.: Hier sollten sich sinnvoller Weise alle Kleingärtner in ei- • Vögel ner Anlage beteiligen. • Marienkäfer und deren Larven • Laufkäfer Hierzu zählt auch der sachgerechte Schnitt der Obstge- • Larven der Florfliegen hölze. Gut ausgelichtete Obstgehölze trocknen besser • Larven der Schwebfliegen ab, Pilzinfektionen werden reduziert. Beim Schnitt wer- • Schlupfwespen den kranke Triebe entfernt. Astschere und Baumsäge • Spinnen sind wichtige Instrumente im mechanisch-pysikalischen • Raubwanzen Pflanzenschutz. • Raubmilben Leimringe gegen die Falter (Weibchen) der Frostspanner- • Spitzmaus und Igel Raupen zählen ebenfalls zu den mechanisch-physikali- schen Maßnahmen. Die flugunfähigen Weibchen bleiben Förderung und Nutzung natürlicher Regelmechanismen im Leim hängen. = Nützlingsförderung bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236 19
Bereitstellung von Nisthilfen, Schaffung von Lebensräu- • ie Planung und Anlage von Kleinbiotopen, Rück- D men, Rückzugsgebieten und Überwinterungsmöglich- zugsgebieten und Überwinterungshilfen, ist eine keiten für unsere Nützlinge sind eine wichtige Grund- wichtige Maßnahme zur Förderung natürlicher Regel- lage, den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel mechanismen einzuschränken. Zu den biologischen Maßnahmen gehört auch insbeson- dere der gezielte Einsatz von Nutzorganismen, die in Spe- Maßnahmen zur Nützlingsförderung zial- betrieben gezüchtet bzw. vermehrt werden. Nicht nur Nisthilfen, sondern auch Nahrung für Insekten Diese Nützlinge kann man käuflich erwerben. Ihr Einsatz und Kleintiere. erfolgt in der Regel in geschlossenen Räumen, z.B. in Ge- wächshäusern. • ie Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) bestäubt D viele Blüten und ist nicht wählerisch. • Raubmilben, die gezielt gegen Spinnmilben im Ge- wächshaus eingesetzt werden. (z.B. gegen Spinnmil- • ie Seidenbiene (Colletes daviesanus) ist auf Pollen D ben an Gurken) und Nektar des Rainfarns spezialisiert. Anwendung von Raubmilben im Gewächshaus Die Raubmilben müssen frühzeitig bei beginnendem • L eonurus cardiaca, Herzgespann oder auch Löwen- Befall eingesetzt werden. schwanz genannt, ist eine hervorragende Nahrungs- So werden Raubmilben geliefert. pflanze für Wildbienen. Insbesondere Pelzbienen, Wollbienen und Hummeln finden sich hier ein. • benfalls eignen sich bestimmte Schlupfwespenarten E Diese alte, ursprünglich als Heilpflanze verwendete zum Einsatz gegen Weiße Fliege im Gewächshaus. Wildstaude steht in vielen Bundesländern auf der Ro- Die zu den Schlupfwespen zählende Zehrwespe ten Liste. ‚Encarsia formosa‘ legt ihre Eier in Larven der Wei- ßen Fliege. In den Larven entwickelt sich nun eine • Überwinterungskästen für Florfliegen sind eine gute Schlupfwespe anstatt des Schädlings. Sache. Wichtig sind aber auch viele einfach blühende Pflanzen als Nahrungsquelle für die adulten Florflie- Die Schlupfwespe ist gerade mal ca. 0,7 mm groß und gen, die sich von Nektar ernähren. Besonders gut eig- mit bloßem Auge kaum erkennbar. nen sich für Florfliegen Korbblütler als Nektarquellen. Eine gute Lupe gehört zur Grundausrüstung jedes Fach- • uch Schwebfliegen sind im vollentwickeltem Stadi- A beraters. um Vegetarier. Neben dem gezielten Einsatz von Nützlingen in geschlos- • ützlingsförderung durch gezielte Anpflanzung von N senen Räumen ist die Anwendung von bestimmten Orga- Lockpflanzen, z.B. auf einer kleinen „Nützlingswiese“ nismen auch im Freiland möglich. z.B. gegen den Schädling der solche Schadbilder verur- • infach (ungefüllte) blühende Blumen/Stauden ver- E sacht. wenden. Günstig für viele Nützlinge sind Doldenblütler, • „ Buchtenfraß“, häufig an Rhododendren zu sehen (= Doldengewächse) z.B.: Dill, Engelwurz, Kerbel, „Gefurchter Dickmaulrüssler“ Sellerie, Kümmel, Wilde Möhre, Fenchel, Liebstöckel Käfergattung aus der Familie der Rüsselkäfer, u.a. Korbblütler, (= Korbblüten- oder Asterngewächse) (5–15mm groß). Dämmerungs- und nachtaktiv. z.B. Arnika, Wermut, Beifuß, Ringelblume, Purpur- Die Weibchen legen mehrere hundert Eier am Grunde farbener Sonnenhut, Gänseblümchen, Huflattich, der Pflanze ab. Kamille u.a. Natürlich darf bei dieser Aufzählung die Phacelia (Bie- Dickmaulrüssler nenweide) nicht fehlen. • Die Larven sind ca. 0,5 cm groß. • Sie schädigen durch Wurzelfraß • rockenmauern sind wichtige Kleinstrukturen zur T • Sie sind in der Regel im April/Mai und August/Sep- Förderung natürlicher Regelmechanismen. tember bekämpfbar • Findet zu wenig Beachtung: Insektentränke Räuberische Nematoden gegen Dickmaulrüssler • ca. 0,1mm lange Fadenwürmer • ca. 0,02 mm dick. 20 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
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