236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II

 
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236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
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Fachberatung II
Pflanzenschutz im Kleingarten
unter ökologischen Bedingungen

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236   1
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
Impressum

Schriftenreihe des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde e. V., Berlin (BDG)
Heft 5/2014 – 36. Jahrgang

Seminar:           Fachberatung II
                   vom 19. bis 21. September 2014 in Dresden

Herausgeber: 	Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V.,
               Platanenallee 37, 14050 Berlin
               Telefon (030) 30 20 71-40/-41, Telefax (030) 30 20 71-39

Präsident:         Peter Paschke

Seminarleiter: Jürgen Sheldon
               Präsidiumsmitglied Fachberatung

Layout&Satz:       Uta Hartleb

Nachdruck und Vervielfältigung – auch auszugsweise –
nur mit schriftlicher Genehmigung des
Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG)

ISSN 0936-6083

Dieses Projekt wurde finanziell vom Bundesministerium für Umwelt, Natur-
schutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert.

Der Förderer übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit
der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten
Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen des Förderers überein-
stimmen.
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
Seminar Fachberatung II
vom 19. bis 21. September 2014 in Dresden

Pflanzenschutz im Kleingarten
unter ökologischen Bedingungen
Moderation
Jürgen Sheldon
(Präsidiumsmitglied Fachberatung des
Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V.)

Schriftenreihe des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde e.V., Berlin (BDG)
Heft Nr. 5/2014 – 36. Jahrgang
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
Seminar Fachberatung II
vom 19. bis 21. September 2014 in Dresden

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort
Jürgen Sheldon (Präsidiumsmitglied Fachberatung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V.)          7

Pflanzenschutzrecht im Kleingarten – Änderungen und Auswirkungen
Dir. und Prof. Martin Hommes (Julius Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst,
Braunschweig (JKI))                                                                                       9

Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
Hans Fink (Dipl. Ing. agr., Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung,Bonn)                          15

Sektorspezifische Leitlinien zum integrierten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten
Klaus-Dieter Kerpa (Fachberater, Firma W. Neudorff GmbH KG, Referent für ökologisches Gärtnern)           17

Sachkunde im Pflanzenschutz: Qualifikationsmerkmal der Fachberatung
im Kleingartenwesen?
Holger-Ulrich Schmidt (Amtsleiter, Pflanzenschutzamt Berlin)                                              24

Eignungskriterien, Zulassung, Kennzeichnung und Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln im Kleingarten
Christoph Hoyer (Dezernent für Pflanzenschutz im Gartenbau Hessischer
Pflanzenschutzdienst-Regierungspräsidium Gießen)                                                          35

ARBEITSGRUPPEN

Arbeitsgruppe I
Leitung: Andreas Madauß (Landesverband Brandenburg der Gartenfreunde e.V.)                                40

Arbeitsgruppe II
Leitung: Krafft Spirling (Landesverband Sachsen der Kleingärtner e.V.)                                    41

Arbeitsgruppe III
Leitung: Petra Neumann (Landesverband Schleswig-Holstein der Gartenfreunde e.V.)                          42

Anhang
Impressionen                                                                                              43
Die Grüne Schriftenreihe seit 1997                                                                        45

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                         5
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
Vorwort
                                                                             Unter dem Gesamtthema „Pflanzenschutz im Klein-
                                                                             garten unter ökologischen Bedingungen“ fand das 2.
                                                                             Seminar Fachberatung 2014 des Bundesverbandes
                                                                             Deutscher Gartenfreunde (BDG) mit über 60 Mul-
                                                                             tiplikatoren und Fachberatern aus den angeschlosse-
                                                                             nen Landesverbänden vom 19. bis zum 21. Septem-
                                                                             ber in Dresden statt.

                                                                             Den Auftakt machte Lothar Fritzsch, Vizepräsident
                                                                             des gastgebenden Landesverbands Sachsen der
                                                                             Kleingärtner (LSK). Er stellte den Landesverband vor.
                                                                             Als mitgliederstärkster Verband im BDG hat der LSK
                                                                             nicht nur gute Kontakte zur Sächsischen Staatsregie-
                                                                             rung, sondern steuert mit zahlreichen Leuchtturm-
                                                 Projekten und Best-Practice-Beispielen dazu bei, das Kleingartenwesen Sachsens
                                                 lebendig und zukunftsfähig zu gestalten.

                                                 Den ersten Fachbeitrag bestritt Prof. Martin Hommes vom Julius Kühn-Institut
                                                 Braunschweig mit dem Thema „Pflanzenschutzrecht im Kleingarten – Änderun-
                                                 gen und Auswirkungen“. Martin Hommes ging detailliert und leicht verständlich
                                                 auf die Geschichte und die Entwicklung der Pflanzenschutzgesetzgebung vom
                                                 ersten Entwurf 1968 in Deutschland bis zur aktuellen EU-Pflanzenschutzverord-
                                                 nung, die eine einheitliche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in allen EU-
                                                 Mitgliedstaaten fordert und vorschreibt, ein.

                                                 Das Pflanzenschutzrecht und alle Maßnahmen zur Weiterentwicklung eines
                                                 nachhaltigen Pflanzenschutzes werden in einem nationalen Aktionsplan der
                                                 Bundesregierung zusammengefasst. Hans Fink von der Bundesanstalt für Land-
                                                 wirtschaft und Ernährung (BLE), Bonn, erläuterte in seinem Vortrag die Bedin-
                                                 gungen des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz und fasste dessen Rechts-
                                                 grundlagen kurz und präzise zusammen.
                                                 Er ging besonders auf die für den Sektor Haus- und Kleingarten bedeutsamen
                                                 Aspekte ein. Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflan-
                                                 zenschutzmitteln (NAP) hat das Ziel, die Risiken weiter zu reduzieren, die durch
                                                 die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können.

                                                 Klaus-Dieter Kerpa, Fachberater der Firma W. Neudorff und Referent für ökologi-
                                                 sches Gärtnern erläuterte anhand der „Sektorspezifische Leitlinie zum integrier-
                                                 ten Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten“ die Anwendung und Umsetzung
                                                 der Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes im Kleingarten. Mit detail-
                                                 lierten Fotos und spannenden Videoclips aus dem Leben von Nützlingen wies
                                                 er nach, dass Freizeitgärtner und -gärtnerinnen mit einfachen Mitteln viel zur
                                                 Nützlingsförderung beitragen können.

                                                 Holger-Ulrich Schmidt, Chef des Berliner Pflanzenschutzamtes referierte über die
                                                 Sachkunde im Pflanzenschutz und ging auf die Frage ein, ob der Sachkundenach-
                                                 weis ein Qualitätsmerkmal der Fachberatung im Kleingartenwesen sei. Er verwies
                                                 auf 30 Jahre erfolgreiche Pflanzenschutzausbildung von Fachberatern durch den
                                                 Berliner Senat und plädierte dafür, den Fachkundenachweis für Hobbygärtner
                                                 und -gärtnerinnen strikt vom Sachkundenachweis für professionelle Anwender
                                                 abzugrenzen.

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                           7
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
Eignungskriterien, Zulassung, Kennzeichnung und Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln im Kleingarten waren Schwerpunkte des Vortrags von Christoph
Hoyer, Referent beim Pflanzenschutzdienst in Wetzlar. Er erklärte live und online
die Funktion der Pflanzenschutzmittel-Datenbank der Bundesanstalt für Verbrau-
cherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Dort können sich Fachberaterin-
nen und Fachberater über alle aktuell zugelassenen Präparate für den Haus- und
Kleingarten und deren Anwendungsbereiche informieren. Das BVL ist für die
Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland zuständig.

Anschließend wurden in drei Arbeitsgruppen alle Referate diskutiert und deren
Ergebnisse im Gesamtplenum vorgetragen. Den Besuch des Bundesforschungs-
instituts für Kulturpflanzen und des Instituts für Züchtungsforschung an Obst
des Julius Kühn-Instituts in Dresden-Pillnitz werteten die Seminarteilnehmer
ohne Ausnahme als Höhepunkt des lehrreichen Wochenendes.

Jürgen Sheldon (Präsidiumsmitglied Fachberatung des Bundesverbandes Deutscher
Gartenfreunde e.V.)

8                                                               bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
4. Richtlinie 2009/127/EG des Europäischen Parlaments
                                                                             und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Änderung der
Pflanzenschutzrecht im Kleingarten –                                         Richtlinie 2006/42/EG betreffend Maschinen zur Aus-
Änderungen und Auswirkungen                                                  bringung von Pestiziden. Diese Richtlinie führt europa-
                                                                             weit einen einheitlichen Standard für Pflanzenschutz-
                                                                             ausbringungsgeräte mit Überprüfungsintervallen ein.
                                     Dir. u. Prof. Dr. Martin
                                     Hommes                              Während Richtlinien den einzelnen Mitgliedsstaaten
                                     Julius Kühn-Institut,               bei der Umsetzung in nationales Recht einen gewissen
                                     Institut für Pflanzenschutz         Handlungsspielraum erlauben, sind Verordnungen in all
                                     in Gartenbau und Forst,             ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem
                                     Braunschweig                        einzelnen Mitgliedstaat. Im neuen Pflanzenschutzgesetz
                                                                         vom 6. Februar 2012 wird daher häufig nur noch auf die
                                                                         entsprechenden Teile der Verordnung bezuggenommen.
                                                                         Der Haus- und Kleingartenbereich ist von dem Pflanzen-
                                                                         schutzpaket in erster Linie von der EU-Zulassungsverord-
                                                                         nung 1107/2009 sowie von der Richtlinie 2009/128 be-
                                                                         troffen. Während die Richtlinie bereits am 25. November
                                                                         2009 in Kraft trat, gilt die Verordnung erst seit dem 14.
                                                                         Juni 2011. Die Verordnung löst weitgehend die frühere
                                                                         Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über
                                                                         das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ab. Ei-
                                                                         nige der zahlreichen Gründe für die neue Verordnung
1. EU Pflanzenschutzpaket                                                waren:

Im Jahre 2009 wurde von der EU ein Pflanzenschutzpa-                     1.	Die Form einer Verordnung wurde gewählt, um die
ket verabschiedet von dem auch der Haus- und Kleingar-                       Anwendung der neuen Vorschriften zu vereinfachen
tenbereich betroffen ist. Das Pflanzenschutzpaket besteht                    und eine einheitliche Anwendung in allen Mitglied-
aus zwei Verordnungen und zwei Richtlinien:                                  staaten zu gewährleisten.
                                                                         2.	Die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für
1. 
   Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen                            die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die
   Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über                        Umwelt; besondere Aufmerksamkeit soll dabei dem
   das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln                            Schutz gefährdeter Gruppen in der Bevölkerung gel-
   und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und                          ten, insbesondere von Schwangeren, Säuglingen und
   91/414/EWG des Rates. Die Verordnung regelt im We-                        Kindern
   sentlichen die Genehmigung von Wirkstoffen sowie                      3.	Die Verbesserung des freien Verkehrs der entspre-
   die zonale Bewertung und das Inverkehrbringen von                         chenden Produkte und die Verfügbarkeit dieser Pro-
   Pflanzenschutzmitteln innerhalb der europäischen Ge-                      dukte in den Mitgliedstaaten
   meinschaft.                                                           4. Die Schaffung von Anreizen für das Inverkehrbringen
                                                                             von Pflanzenschutzmitteln mit geringem Risiko
2. 
   Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen                        5.	Die Verbesserung der verwaltungstechnischen Zu-
   Parlaments und des Rates vom 25. November 2009                            sammenarbeit der Mitgliedstaaten in allen Phasen des
   über Statistiken zu Pestiziden. Auf dieser gesetzlichen                   Zulassungsverfahrens
   Grundlage sollen auf Gemeinschaftsebene detaillierte,                 6.	Die Gewährleistung des freien Warenverkehrs inner-
   harmonisierte und aktuelle statistische Daten über Ver-                   halb der Gemeinschaft durch den Grundsatz der ge-
   käufe und Verwendung von Pestiziden erhoben wer-                          genseitigen Anerkennung sowie die Unterteilung der
   den.                                                                      Gemeinschaft in Zonen mit vergleichbaren Bedingun-
                                                                             gen
3. Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments                   7. Um sicherzustellen, dass die Diversifizierung von
    und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Ak-                        Landwirtschaft und Gartenbau nicht durch die man-
    tionsrahmen der Gemeinschaft für eine nachhaltige                        gelnde Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln be-
    Verwendung von Pestiziden. Mit dieser Richtlinie soll                    hindert wird, wurden für geringfügige Verwendungen
    erstmals die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln                         besondere Regelungen getroffen.
    auf europäischer Ebene harmonisiert werden.                          8.	Festlegung von Bestimmungen zur Führung von Auf-
                                                                             zeichnungen und zur Information über die Verwen-

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                            9
236 Pflanzenschutz im Kleingarten - Fachberatung II
dung von Pflanzenschutzmitteln, um das Schutzni-        auch für nicht berufliche Verwender gelten, da in dieser
     veau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie       Verwendergruppe eine unsachgemäße Handhabung auf-
     für die Umwelt durch die Rückverfolgbarkeit einer       grund von mangelnden Kenntnissen sehr leicht möglich
     möglichen Exposition zu erhöhen, die Effizienz der      ist.
     Überwachung und Kontrolle zu steigern und die Kos-
     ten für die Überwachung der Wasserqualität zu verrin-   In Artikel 12 Verringerung der Verwendung von Pestizwi-
     gern.                                                   den bzw. der damit verbundenen Risiken in bestimmten
                                                             Gebieten:
In der EU-Verordnung 1107/2009 werden in Artikel 6           … Gebiete, die von der Allgemeinheit oder von gefährde-
„Bedingungen und Einschränkungen“ sowie in Artikel 31        ten Personengruppen im Sinne von Artikel 3 der Verord-
„Inhalt der Zulassungen“ die Festlegung von Verwender-       nung (EG) Nr. 1107/2009 genutzt werden.
kategorien (z. B. „beruflich“ oder „nicht beruflich“) ver-
bindlich vorgeschrieben.                                     sowie in Artikel 13 Handhabung und Lagerung von Pes-
                                                             tiziden sowie Behandlung von deren Verpackungen und
In Anhang I der Verordnung sind die Zonen für die Zu-        Restmengen:
lassung von Pflanzenschutzmitteln gemäß Artikel 3 Ab-        … (2) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maß-
satz 17 festgelegt. Der Zone A (Norden) gehören die Län-     nahmen in Bezug auf Pestizide, die für nicht berufliche
der Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen und       Verwender zugelassen sind, um eine gefährliche Hand-
Schweden an. Zone B (Mitte) besteht aus den Ländern          habung zu vermeiden. Diese Maßnahmen können die
Belgien, Deutschland, Irland, Luxemburg, Niederlan-          Verwendung von Pestiziden von geringer Toxizität, ge-
de, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien,        brauchsfertige Formulierungen und Begrenzungen der
Tschechische Republik, Ungarn und Vereinigtes König-         Größe von Behältern oder Verpackungen einschließen.
reich. Der Zone C (Süden) umfasst die Länder Bulgarien,
Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Portugal, Spani-
en und Zypern. Keine Zonen gibt es für die Zulassung         2. Pflanzenschutzgesetz
von Pflanzenschutzmitteln für die Verwendung in Ge-
wächshäusern, der Behandlung nach der Ernte, der Be-         Im neuen Pflanzenschutzgesetz vom 6. Februar 2012
handlung leerer Lagerhäuser sowie der Behandlung von         wird unter Berücksichtigung der neuen europäischen
Saatgut. Hier ist die gegenseitige Anerkennung über alle     Rahmenbedingungen in nachfolgenden Paragraphen
Zonen hinweg möglich.                                        speziell Bezug auf den Haus- und Kleingartenbereich ge-
                                                             nommen:
In der Richtlinie 2009/128 über einen Aktionsrahmen
der Gemeinschaft für eine nachhaltige Verwendung von         § 9 Persönliche Anforderungen
Pestiziden wird erstmals versucht, die Anwendung von         (1) Eine Person darf nur Pflanzenschutzmittel anwenden,
Pflanzenschutzmitteln auf europäischer Ebene zu har-         …
monisieren. Hinweise in der Verordnung auf nicht beruf-      wenn sie über einen von der zuständigen Behörde ausge-
liche Anwender finden sich insbesondere:                     stellten Sachkundenachweis verfügt.
                                                             (5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist kein
Bei den Gründen Nr. 9:                                       Sachkundenachweis erforderlich für die Anwendung von
Der Verkauf von Pestiziden, einschließlich des Verkaufs      Pflanzenschutzmitteln, die für nichtberufliche Anwender
über das Internet, ist ein wichtiges Element in der Ver-     zugelassen sind, im Haus- und Kleingartenbereich.
triebskette, und der Endverwender, insbesondere der be-
rufliche Verwender, sollte zum Zeitpunkt des Verkaufs        § 12 Vorschriften für die Anwendung von
eine spezifische Beratung zu Sicherheitshinweisen für        Pflanzenschutzmitteln
die menschliche Gesundheit und die Umwelt erhalten.          (1) Pflanzenschutzmittel dürfen einzeln oder gemischt
Nicht berufliche Verwender, die im Allgemeinen nicht         mit anderen nur angewandt werden, wenn sie zugelassen
über die gleichen Kenntnisse und die gleiche Ausbildung      sind, die Zulassung nicht ruht und nur
verfügen, sollten insbesondere Empfehlungen zur siche-       1. 	in den in der Zulassung festgesetzten, jeweils gültigen
ren Handhabung und Lagerung von Pestiziden sowie zur              Anwendungsgebieten,
Entsorgung der Verpackung erhalten.                          2. 	entsprechend den in der Zulassung festgesetzten, je-
                                                                  weils gültigen Anwendungsbestimmungen.
und Nr. 17:                                                  (2) Pflanzenschutzmittel dürfen nicht auf befestigten
Bei der Handhabung von Pestiziden … kann es besonders        Freilandflächen und nicht auf sonstigen Freilandflächen,
leicht zu einer unbeabsichtigten Exposition von Mensch       die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder
und Umwelt kommen. Hierfür sind daher besondere              gärtnerisch genutzt werden, angewendet werden.
Maßnahmen vorzusehen, … Die Maßnahmen sollten                Sie dürfen jedoch nicht in oder unmittelbar an oberir-

10                                                           bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
dischen Gewässern und Küstengewässern angewandt                          § 33 Zuständigkeit für die Zulassung von
werden. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von                        Pflanzenschutzmitteln
den Sätzen 1 und 2 für die Anwendung zugelassener                        (4) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens-
Pflanzenschutzmittel genehmigen, wenn der angestrebte                    mittelsicherheit veröffentlicht eine beschreibende Liste
Zweck vordringlich ist und mit zumutbarem Aufwand auf                    der zugelassenen Pflanzenschutzmittel mit Angaben
andere Art nicht erzielt werden kann und überwiegende                    über die für die Anwendung der Pflanzenschutzmittel
öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der                    wichtigen Merkmale und Eigenschaften, insbesondere
Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaus-                       die Eignung der Pflanzenschutzmittel für bestimmte An-
haltes, nicht entgegenstehen. Die zuständige Behörde                     wendungsgebiete, Boden- und Klimaverhältnisse und die
unterrichtet das Bundesamt für Verbraucherschutz und                     Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich, sowie den
Lebensmittelsicherheit jährlich über die erteilten Geneh-                Zeitpunkt, an dem die Zulassung der Pflanzenschutzmit-
migungen nach Satz 3.                                                    tel endet. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Le-
                                                                         bensmittelsicherheit macht die Rücknahme, den Wider-
(3) Pflanzenschutzmittel, die nur für die Anwendung                      ruf, die Rechtsgrundlage des jeweiligen Widerrufes oder
durch berufliche Anwender zugelassen sind, dürfen auch                   das Ruhen der Zulassung sowie eine Anordnung nach §
im Falle von Satz 2 Nummer 2 nur durch Personen ange-                    27 Absatz 2 im Bundesanzeiger oder im elektronischen
wandt werden, die, außer in den Fällen des § 9 Absatz 5                  Bundesanzeiger bekannt.
Nummer 2 und 3, sachkundig im Sinne des § 9 Absatz 1
Satz 1 sind. Im Haus- und Kleingartenbereich dürfen nur                  § 36 Ergänzende Bestimmungen für den Inhalt der
Pflanzenschutzmittel angewandt werden, die                               Zulassung
1.	für die Anwendung durch nichtberufliche Anwender                     (2) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens-
    zugelassen sind oder                                                 mittelsicherheit kann auf Antrag festlegen, dass ein für
2.	für berufliche Anwender zugelassen sind und für die                  berufliche Anwender zugelassenes Pflanzenschutzmit-
    das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebens-                      tel auf Grund seiner Eigenschaften auch im Haus- und
    mittelsicherheit die Eignung zur Anwendung im                        Kleingartenbereich angewendet werden darf, soweit sich
    Haus- und Kleingartenbereich nach § 36 Absatz 1 Satz                 das für berufliche Anwender zugelassene Pflanzenschutz-
    2 Nummer 3 oder Absatz 2 festgestellt hat.                           mittel nur durch Packungsgröße oder Darreichungsform
                                                                         von einem für nichtberufliche Anwender zugelassenen
§ 17 Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Flächen,                    Pflanzenschutzmittel unterscheidet.
die für die Allgemeinheit bestimmt sind
(1) Zusätzlich zu den Vorschriften nach § 12 darf auf Flä-               § 68 Bußgeldvorschriften
chen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, nur ein                   (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrläs-
zugelassenes Pflanzenschutzmittel angewandt werden,                      sig
1.	das als Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko                     8. entgegen § 12 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 oder 2 im
    nach Artikel 47 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009                    Haus- und Kleingartenbereich ein Pflanzenschutzmittel
    zugelassen ist,                                                      anwendet,
2.	für das vom Bundesamt für Verbraucherschutz und
    Lebensmittelsicherheit im Rahmen eines Zulassungs-                   § 74 Übergangsvorschriften
    verfahrens die Eignung für die Anwendung auf Flä-                    (12) Pflanzenschutzmittel, die vor dem 14. Februar 2012
    chen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, festge-               für die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich
    stellt worden ist oder                                               gekennzeichnet worden sind, gelten als zugelassen für
3.	das auf Grund seiner Eigenschaften vom Bundesamt                     nichtberufliche Anwender. Sie dürfen mit dieser Kenn-
    für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für                 zeichnung noch bis zum 14. Juni 2015 in Verkehr gebracht
    die Anwendung auf Flächen, die für die Allgemeinheit                 werden.
    bestimmt sind, nach dem Verfahren nach Absatz 2 ge-
    nehmigt worden ist.
                                                                         3. Anforderungen an Pflanzenschutzmittel für
Zu Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, ge-                     den Haus- und Kleingartenbereich
hören insbesondere öffentliche Parks und Gärten, Grün-
anlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden, öffentlich                  Eine spezifische Bewertung der Anwendung von Pflan-
zugängliche Sportplätze einschließlich Golfplätze, Schul-                zenschutzmitteln im Haus- und Kleingartenbereich, die
und Kindergartengelände, Spielplätze, Friedhöfe sowie                    von der Bewertung für berufliche Anwender abweichen
Flächen in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des                      kann, ist besonders aus folgenden Gründen erforderlich:
Gesundheitswesens.                                                       ➝ Der nicht-berufliche Anwender ist gemäß § 9 Abs. 5
                                                                            Nr. 1 Pflanzenschutzgesetz in der Regel nicht sach-
                                                                            kundig im Pflanzenschutz, also auch im Umgang mit

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                          11
Pflanzenschutzmitteln. Deshalb sind zur Sicherstel-            genschaften, die für Anwendungen im Freiland an
     lung des Schutzes von Mensch, Tier und Naturhaus-              blühenden Pflanzen vorgesehen sind, sind nicht zu-
     halt andere Voraussetzungen zu berücksichtigen als             lassungsfähig, sofern schädliche Auswirkungen auf
     bei beruflichen Anwendern, für die ein Sachkunde-              Blüten besuchende Nichtzielarten nicht ausgeschlos-
     nachweis erforderlich ist.                                     sen werden können
➝    Dem nicht-beruflichen Anwender kann nur eine ein-         ➝   Wegen der Gefahr von Pflanzenschutzmittel-Einträ-
      geschränkte Schutzausrüstung zugemutet werden,                 gen in Gewässer sind Anwendungen von Pflanzen-
      wie z. B. Handschuhe, langärmeliges Hemd, lange                schutzmitteln auf „Wegen und Plätzen“ nicht zulas-
      Hose, Kopfbedeckung und festes Schuhwerk.                      sungsfähig.
➝     Bei der Zulassungsprüfung ist außerdem zu berück-        ➝    Anwendungen, die zusätzliche Risikominderungs-
       sichtigen, dass die bestimmungsgemäße und sachge-              auflagen zum Schutz terrestrischer Organismen
       rechte Anwendung durch nicht-berufliche Anwender               (einschließlich Vögel und Säuger) erfordern, sind auf-
       nicht in dem Maße wie die Anwendung durch be-                  grund der hohen Anforderungen an die sachgerechte
       rufliche Anwender durch die zuständigen Behörden               Umsetzung der Auflagen grundsätzlich nicht zulas-
       kontrolliert werden kann. Daher ist bei der Zulassung          sungsfähig.
       darauf zu achten, dass nur Pflanzenschutzmittel für      ➝     Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen, für die in der
       nicht berufliche Anwender zugelassen und Anwen-                 Risikobewertung unter Berücksichtigung der spezifi-
       dungsbestimmungen erteilt werden, die unter den                 schen Anwendungsbedingungen im Haus- und Klein-
       spezifischen Bedingungen im Haus- und Kleingarten-              garten eine so große Neigung zur Abschwemmung
       bereich auch eingehalten werden können.                         angezeigt wird, dass Risikominderungsmaßnahmen
➝      Flächen werden im Haus- und Kleingartenbereich zu-             zu erteilen wären, sind nicht zulassungsfähig
        dem meist intensiv genutzt, insbesondere auch von       ➝      Anwendungen, die gemäß Risikobewertung zum
        sensiblen Personengruppen, wie z. B. Kinder, ältere             Schutz aquatischer Organismen einzuhaltende Ab-
        Menschen und Kranke.                                            stände zu Gewässern größer 10 m erfordern, sind
➝       Auch grenzen zu behandelnde Flächen häufig direkt              nicht zulassungsfähig.
         an Nachbargrundstücke/-gärten oder öffentlich ge-
         nutzte Wege und Flächen an, so dass die Einhaltung     Darüber hinaus gibt es spezielle Anforderungen an die
         eines größeren Sicherheitsabstands zu diesen Flächen   Dosierfähigkeit, Verpackungsgröße und Anwendungs-
         i.d.R. nicht möglich ist.                              form. Für nicht anwendungsfertige Pflanzenschutzmittel
                                                                (z. B. Formulierungen als Konzentrat) muss für die Zu-
Daher werden an Pflanzenschutzmittel für nicht berufli-         bereitung der für die Behandlung bestimmten Spritz-,
che Anwender in Absprache mit den an der Zulassung              Streich- oder Gießflüssigkeit eine Dosiergenauigkeit von
beteiligten Behörden spezielle Anforderungen gestellt:          ± 10 % gewährleistet sein und das Dosiersystem muss so
Für den Prüfbereich Gesundheit sind dies:                       beschaffen sein, dass Anwender und andere Nutzer sowie
➝ grundsätzliche Eignung nur noch von Mitteln mit ge-          der Naturhaushalt bei der Zubereitung nicht gefährdet
   ringem Risiko                                                werden können. Zudem darf eine maximale Verpackungs-
➝ sind zum Schutz des Anwenders mehr als festes                größe nicht überschritten werden. Berechnungsgrund-
   Schuhwerk, wie Gummistiefel, Handschuhe, langär-             lage ist die einmalige Behandlung einer Fläche von 500
   meliges Hemd und lange Hose, Kopfbedeckung oder              m² und die niedrigste für ein Anwendungsgebiet vorge-
   eine Schutzbrille erforderlich, ist die Zulassungsfähig-     sehene Aufwandmenge. Darüber hinaus kann die Verpa-
   keit nicht mehr gegeben                                      ckungsgröße individuell bewertet werden, wenn z. B. eine
➝ Pflanzenschutzmittel, die als sehr giftig, ätzend oder       Berechnung auf die Fläche nicht möglich oder nicht sinn-
   sensibilisierend (chemische Wirkstoffe) zu kenn-             voll ist (z. B. Spraydose, Pflanzenschutzstäbchen). Gene-
   zeichnen sind, sind grundsätzlich nicht zulassungsfä-        rell werden Pflanzenschutzmittel für eine Anwendung
   hig                                                          im Haus- und Kleingartenbereich nur zugelassen wer-
➝ Wenn die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels               den, wenn die Prüfung des Pflanzenschutzmittels ergibt,
   in Innenräumen vorgesehen ist, muss sichergestellt           dass das Pflanzenschutzmittel nach dem Stand der wis-
   werden, dass keine nachhaltige Belastung der Innen-          senschaftlichen Erkenntnisse und der Technik bei bestim-
   raumluft erfolgen kann                                       mungsgemäßer und sachgerechter Anwendung oder als
                                                                Folge einer solchen Anwendung keine schädlichen Aus-
Für den Prüfbereich Naturhaushalt gilt:                         wirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier, das
➝ Pflanzenschutzmittel, die als bienengefährlich der Ka-       Grundwasser sowie keine nicht vertretbaren Auswirkun-
   tegorien B1 und B2 einzustufen sind, sind für Anwen-         gen auf den Naturhaushalt haben. Für die Anwendung
   dungen im Freiland grundsätzlich nicht zulassungsfä-         durch nicht-berufliche Anwender im Haus- und Kleingar-
   hig                                                          tenbereich sind daher Anwendungsformen/-techniken
➝ Systemisch wirkende Mittel mit insektiziden Ei-              mit keiner oder geringer Exposition von Anwendern,

12                                                              bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
Dritten und Nichtzielflächen besonders geeignet (z. B. an-               5. Überblick zu Pflanzenschutzmitteln für den
wendungsfertige Mittel in Triggerflaschen, Stäbchen zum                      Haus- und Kleingartenbereich
Stecken, anwendungsfertige Mittel zum Streichen oder
Streuen).                                                                Einen aktuellen Überblick über die Anzahl der für den
                                                                         Haus- und Kleingartenbereich ausgewiesenen Pflanzen-
Auch wenn die für den nicht-beruflichen Anwender zu-                     schutzmittel und Wirkstoffe für verschiedene Wirkungs-
gelassenen Pflanzenschutzmittel vergleichsweise günsti-                  bereiche sowie ein Vergleich mit der Situation nach der
ge Eigenschaften haben und meist einfach in der Hand-                    ersten gesetzlichen Neuregelung im Jahre 2002 findet
habung sind, sollten sie dennoch nur mit dem nötigen                     sich in der Tabelle 1. Anfang 2014 waren insgesamt 123
Verantwortungsbewusstsein angewendet werden. Die                         verschiedene Pflanzenschutzmittel mit 65 Wirkstoffen
gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung von Pflanzen-                    bzw. Wirkstoffkombinationen für den Haus- und Klein-
schutzmitteln gelten selbstverständlich auch für alle Frei-              gartenbereich ausgewiesen. Während im Vergleich zum
zeitgärtner. Der Anwender sollte sorgfältig die Gebrauchs-               Jahr 2002 die Anzahl der Pflanzenschutzmittel bis 2014
anleitung lesen und alles beachten; was zur sicheren und                 um 16 % abgenommen hat, stieg die Zahl der Wirkstoffe
vorschriftsmäßigen Anwendung nötig ist. So darf die An-                  bzw. Wirkstoffkombinationen um einen Wirkstoff an. Zu-
wendung nur in den zugelassenen Anwendungsgebieten                       nahmen waren in den Bereichen Fungizide, Insektizide
erfolgen und es sind die Anwendungsbestimmungen ge-                      und Herbizide zu verzeichnen, während bei den Mitteln
nau einzuhalten. Zudem unterliegen alle Pflanzenschutz-                  zur Wundbehandlung und zur Veredelung an Obst- und
mittel dem Selbstbedienungsverbot. Vor dem Kauf sollte                   Ziergehölzen sowie Mittel gegen schädliche Nagetiere
man sich ausführlich beraten lassen; die Verkäufer sind                  (Rodentizide) und zur Verhütung von Wildschäden die
dazu gesetzlich verpflichtet.                                            Anzahl deutlich zurückging.

                                                                         Tab. 1: Anzahl der für den Haus- und Kleingartenbereich
                                                                         ausgewiesenen Pflanzenschutzmittel (PSM) und Wirkstoffe für
4. Informationen zu zugelassenen Pflanzen-                              verschiedene Wirkungsbereiche
    schutzmitteln
                                                                             Wirkungsbereich                       PSM1            WS2
Sämtliche für den Haus- und Kleingartenbereich ausge-                                                              20023   20144   20023 20144
wiesenen Pflanzenschutzmittel sind mit den dazugehö-                         Mittel zur Wundbehandlung und
rigen Verpackungen in einem separaten Mittelverzeich-                        zur Veredelung an Obst- und            23       4      5      1
nis (Teil 7) des Bundesamtes für Verbraucherschutz und                       Ziergehölzen
Lebensmittelsicherheit (BVL) aufgeführt. Dort ist auch                       Mittel gegen pilzliche und bakteri-
                                                                             elle Krankheitserreger (Fungizide
das Zulassungsende der einzelnen Mittel angegeben. Prä-                      und Bakterizide) sowie gegen Viren     20      21      14    18
parate, deren Zulassung abgelaufen ist, dürfen jetzt nur                     und Viroide
noch bis 18 Monate nach Ablauf der Zulassung eingesetzt                      Mittel gegen schädliche Milben
werden. Das Mittelverzeichnis erscheint in jährlichem                        (Akarizide) und Schadinsekten          45      40      19    21
                                                                             (Insektizide)
Abstand und kann über den Saphirverlag (Gutsstraße 15,
38551 Ribbesbüttel, Tel.: 0 53 74 / 65 76 Fax: / 65 77 E-Mail:               Mittel gegen Unkräuter (Herbizide)     24      39      12    16
verlag@saphirverlag.de) in gedruckter Form bezogen                           Mittel gegen Schnecken (Mollu-
                                                                             skizide)                                6       8      3      3
werden. Darüber hinaus wird vom BVL (www.bvl.bund.
de) im Internet eine elektronische Version als pdf-Datei                     Mittel gegen schädliche Nagetiere
                                                                             (Rodentizide) sowie zur Verhütung      27      11      10     6
kostenfrei zum Abruf zur Verfügung gestellt. Ebenfalls im                    von Wildschäden
Internetangebot des BVL besteht unter „Pflanzenschutz –                      Mittel zur Bewurzelung von
zugelassene Pflanzenschutzmittel – Online Datenbank“                         Stecklingen                             1       0      1      0
die Möglichkeit, sich online über den aktuellen Zulas-                       Summe                                 146     123      64    65
sungsstand von Pflanzenschutzmitteln zu informieren.                     1
                                                                                PSM ohne Übertragungen u. Vertriebserweiterungen
Dort sind auch gezielte Recherchen nach zugelassenen                     2
                                                                                Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen
Präparaten mit ausgewählten Anwendungen (Kombinati-                      3
                                                                                Stand: 27.08.2002 4Stand: Januar 2014
on von Schadorganismus und Kultur), wie z. B. Blattläuse
an Rosen, möglich. Aktuelle Hinweise über zugelassene
Pflanzenschutzmittel mit vielen Suchfunktionen sowie                     Wirft man einen Blick auf die Anzahl ausgewiesener An-
Hinweisen zu Nebenwirkungen auf Nützlinge finden sich                    wendungen in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in
auch auf den Internetseiten des Dienstleistungszentrums                  den verschiedenen Einsatzgebieten, so fällt auf, dass das
Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz unter www.pflanzen-                     Einsatzgebiet Zierpflanzen für den Haus- und Kleingar-
schutz-hausgarten.de.                                                    tenbereich die größte Bedeutung hat (Tabelle 2). Mehr als
                                                                         die Hälfte der Anwendungen (59 %) im Gebiet Zierpflan-
                                                                         zen sind aktuell für den Haus- und Kleingartenbereich

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                                         13
ausgewiesen. Die Einsatzgebiete Obst (20 %), Weinreben            Ausblick
(12 %) und Gemüse (11 %) folgen mit großem Abstand.
                                                                  Zusammenfassend betrachtet haben sich durch die neu-
                                                                  en rechtlichen Rahmenbedingungen, mit dem Ziel das
Tab. 2: Anzahl ausgewiesener Anwendungen in zugelassenen
Pflanzenschutzmitteln in einzelnen Einsatzgebieten sowie der      Schutzniveau insgesamt zu erhöhen, die Anforderungen
Anteil für den Haus- und Kleingartenbereich in %                  an Pflanzenschutzmittel für nicht berufliche Anwender
                                                                  und damit auch für den Haus- und Kleingartenbereich er-
                       Anzahl            Anzahl          Anteil   höht. Dies wird vermutlich langfristig zu einem Rückgang
 Einsatzgebiet
                 Anwendungen gesamt HuK-Anwendungen      in %     der für diesen Bereich ausgewiesen Pflanzenschutzmittel
 Zierpflanzen          1070                632            59      führen, da einige der zurzeit zugelassen Präparate diese
 Obst                   806                164            20      Anforderungen zukünftig nicht mehr erfüllen werden.
                                                                  Zudem ist zu berücksichtigen, dass für den Einsatz von
 Gemüse                1920                220             11
                                                                  Pflanzenschutzmitteln in den öffentlich zugänglichen
 Weinreben              242                    29         12
                                                                  Teilen von Kleingartenanlagen besondere Einschränkun-
 Ackerbau              2614                    17
Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen
                                                                         Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
Der Nationale Aktionsplan zur nach-
haltigen Anwendung von Pflanzen-                                         Der Nationale Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung
schutzmittelns                                                           von Pflanzenschutzmitteln (NAP) wurde von der Bun-
                                                                         desregierung im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie
                                                                         2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemein-
                                     Hans Fink                           schaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden
                                     Dipl. Ing. agr.,                    („EU-Rahmenrichtlinie“) am 10. April 2013 beschlossen.
                                     Bundesanstalt für                   Der NAP ist zugleich im Pflanzenschutzgesetz vom
                                     Landwirtschaft und                  6. Febr. 2012 verankert (§ 4 Abs. 1). Vorgänger des NAP
                                     Ernährung, Bonn                     gab es auf nationaler Ebene bereits ab 2004.
                                                                         Wesentliche Akteure des NAP sind Bund (v.a. BMEL mit
                                                                         JKI, BLE, BVL, BfR; BMUB), Länder, Kommunen, Ver-
                                                                         bände und letztlich die Anwender selbst.

                                                                         In Artikel 4 der EU-Rahmenrichtlinie werden im Zuge
                                                                         der nationalen Aktionspläne quantitative Vorgaben, Ziele,
                                                                         Maßnahmen und Zeitpläne zur Verringerung der Risiken
                                                                         und der Auswirkungen der Verwendung von Pflanzen-
                                                                         schutzmitteln auf die menschliche Gesundheit und die
                                                                         Umwelt gefordert. Ebenso werden die Förderung des in-
                                                                         tegrierten Pflanzenschutzes sowie alternativer Methoden
                                                                         oder Verfahren, um die Abhängigkeit von der Verwen-
                                                                         dung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu verringern,
                                                                         angesprochen.

                                                                         In Artikel 14 der EU-Rahmenrichtlinie wird festgelegt,
                                                                         dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen
                                                                         treffen, um einen Pflanzenschutz mit geringer Pflanzen-
                                                                         schutzmittelanwendung zu fördern, wobei wann immer
                                                                         möglich nichtchemischen Methoden der Vorzug gegeben
                                                                         wird. Es ist sicherzustellen, dass beruflichen Anwendern
                                                                         folgende Informationen und Instrumente zur Verfügung
                                                                         stehen: Warndienst, Prognosemodelle und Entschei-
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft                                     dungshilfen, Beratungsdienste für den integrierten Pflan-
und Ernährung                                                            zenschutz.
                                                                         Berufliche Verwender sollen kulturpflanzen- und sektor-
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung                       spezifische Leitlinien des integrierten Pflanzenschutzes
(BLE) nimmt vielfältige Verwaltungsaufgaben im Ge-                       freiwillig umsetzen. Öffentliche Stellen und/oder Organi-
schäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung                      sationen, die bestimmte berufliche Verwender vertreten,
und Landwirtschaft (BMEL) wahr.                                          können entsprechende Leitlinien aufstellen.
Die BLE betreut neben ihren Marktordnungs- und Kont-                     Die Mitgliedstaaten beschreiben in ihren nationalen Ak-
rollaufgaben die Umsetzung von Programmen, z.B. das                      tionsplänen, wie sie sicherstellen, dass alle beruflichen
Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere                           Verwender von Pestiziden die allgemeinen Grundsätze
Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN), ebenso den                    des integrierten Pflanzenschutzes gem. Anhang III spä-
Nationalen Aktionsplan Ernährung und Bewegung und                        testens ab dem 1. Januar 2014 anwenden.
den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwen-                       Diese lauten:
dung von Pflanzenschutzmitteln. Weiter werden Aufga-                     1. Vorbeugung und/oder Bekämpfung von Schadorgan,
ben zu Information und Koordination im Bereich Biolo-                    2. Überwachung
gische Vielfalt wahrgenommen.                                            3. Entscheidung,
Zudem sind in der BLE Projektträgerschaften, u.a. in den                 4. Vorrang für nichtchemische Verfahren,
Bereichen Innovationsförderung, Forschungsförderung                      5. Wahl der Pflanzenschutzmittel,
im Rahmen des BÖLN und für Modell- und Demonstrati-                      6. Notwendiges Maß,
onsvorhaben angesiedelt (z.B. Modellvorhaben „Demons-                    7. Resistenzmanagement,
trationsbetriebe integrierter Pflanzenschutz“).                          8. Erfolgskontrolle.

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                          15
Ebenso ist in § 3 Pflanzenschutzgesetz vom 6. Febr. 2012     •    ie fortlaufende Stärkung von Beratung und Infobe-
                                                                 d
festgelegt, dass Pflanzenschutz nur nach guter fachlicher        reitstellung sowie
Praxis einschließlich der Einhaltung der allgemeinen         •   die Erstellung der Leitlinien (bis 2015).
Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes erfolgen
darf.                                                        Konkret umgesetzt ist
                                                             die Ausschreibung einer Erhebung durch die BLE zu Si-
                                                             tuation und Handlungsfeldern des PSM – Einsatzes im
Globalziele des NAP                                          HuK.
                                                             Der Ausbau von Aufklärung/ Sachkunde/ Beratung wird
•  Die mit der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln          u.a. durch UBA vorangetrieben, das im Juni 2014 eine
   verbundenen Risiken und Auswirkungen für die              Umfrage als Grundlage für die Erstellung von Informati-
   menschliche Gesundheit und den Naturhaushalt sind         onsmaterialien durchführen ließ.
   weiter zu reduzieren.                                     Zur Verbesserung des Schutzes von Anwendern, Dritten
• Dazu gehört, dass die Risiken der Anwendung von           und Naturhaushalt sollen v.a. technische Lösungen ange-
   Pflanzenschutzmitteln für den Naturhaushalt bis           strebt werden.
   2023 um 30 % reduziert werden sollen (Basis Mittel-       Eine sektorspezifische Leitlinie zum integrierten Pflan-
   wert der Jahre 1996–2005).                                zenschutz im Haus- und Kleingartenbereich existiert be-
• Dazu gehört, dass die Rückstandshöchstgehaltsüber-        reits seit Februar 2013.
   schreitungen in allen Produktgruppen bei einheimi-
   schen und importierten Lebensmitteln bis 2021 auf
   unter 1 % reduziert werden sollen.
• Dazu gehört, dass die Auswirkungen der Anwendung
   chemischer Pflanzenschutzmittel auf Anwender, Ar-                                         Webseite
   beiter, unbeteiligte Personen (Bystander) und Anwoh-                                      www.nap-pflanzenschutz.de
   ner weiter reduziert werden sollen.
• Die Einführung und Weiterentwicklung von Pflanzen-
   schutzverfahren mit geringen Pflanzenschutzmittel-
   anwendungen im integrierten Pflanzenschutz und im
   ökologischen Landbau fördern.
• Die Anwendung von PSM auf das notwendige Maß
   begrenzen.
• Sicherheit beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln
   weiter verbessern.                                                                        Der Nationale Aktionsplan
•	Ausgewogene Information der Öffentlichkeit über                                           zur nachhaltigen Anwendung
   Nutzen und Risiko des Pflanzenschutzes, insbesonde-                                       von Pflanzenschutzmitteln
   re die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel                                          wurde am 10. April 2013
   betreffend, weiter verbessern.                                                            gemäß § 4 Pflanzenschutzge-
                                                                                             setz von der Bundesregierung
Die Ausgangslage bei Haus- und Kleingarten (HuK) ist                                         beschlossen.
gekennzeichnet durch die gesetzlich nicht erforderliche
Sachkunde sowie besondere Anforderungen für Zulas-
sung und Abgabe, u.a. bezüglich Dosierfähigkeit, Pa-
ckungsgröße, Anwendungsvorschriften, Etiketten und
Information.
Für die Offizialberatung sind die Länder zuständig, weiter                                   Erster wichtiger Schritt:
helfen können: Fachwarte in Vereinen, Warndienst, Infor-                                     Das „Reduktionsprogramm
mationen aus dem Internet, Informationen von Pflanzen-                                       chemischer Pflanzenschutz“
schutzdiensten, Industrie und aid („Nützlinge-App für                                        vom Oktober 2004
den Garten).
Problematisch ist die Herbizidanwendung auf Nichtkul-
turland, die rechtlich nicht zulässig ist.

Die spezifischen Ziele für den HuK im NAP umfassen
• die fortlaufende Aktualisierung der Wissensbasis,
• die Überprüfung der Zulassungsvoraussetzung für
   HuK-PSM (bis 2018),

16                                                           bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
01.10.2014

                                                                         Hierzu sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, nationale
Sektorspezifische Leitlinien zum                                         Aktionspläne (NAP) zu erstellen.
integrierten Pflanzenschutz im                                           Diese …...auch    für den Haus-
                                                                                sollen beschreiben,       und
                                                                                                        wie   Kleingarten-
                                                                                                            sicher  gestellt wird, dass
                                                                                bereich (HuK) sind Leitlinien des integrierten
                                                                         alle beruflichen Anwender von Pflanzenschutzmitteln die
Haus- und Kleingarten                                                           Pflanzenschutzes zu erarbeiten.
                                                                         allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschut-
                                                                         zes spätestens
                                                                                Aus diesemab 01.01.2014
                                                                                              Grund habenanwenden.   (…)
                                                                                                            die nachfolgenden
                                     Klaus-Dieter Kerpa                  … auchVerbände,
                                                                                 für den Haus-    und Kleingartenbereich
                                                                                             basierend auf den allgemeinen(HuK) sind
                                     Fachberater, Firma                         Grundsätzen
                                                                         Leitlinien             des IPS nach
                                                                                     des integrierten        Anhang III derzu erarbei-
                                                                                                        Pflanzenschutzes
                                     W. Neudorff GmbH KG,                ten.   Richtlinie 2009/128/EG,   gemeinsam   die
                                     Referent für ökologisches                  Empfehlungen      für die Umsetzung   von
                                                                         Aus diesem Grund haben die nachfolgenden Verbände,
                                                                                Maßnahmen für den HuK-Sektor in einer
                                     Gärtnern                            basierend auf den allgemeinen Grundsätzen des IPS nach
                                                                                Leitlinie erarbeitet.
                                                                         Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG, gemeinsam die
                                                                         Empfehlungen für die Umsetzung von Maßnahmen für
                                                                              K.D.Kerpa, BDG-Vortrag LL IPS HuK

                                                                         den HuK-Sektor in einer Leitlinie erarbeitet.

                                                                                                 Eigenheimerverband
                                                                                                 Deutschland e.V.

Dieser Vortrag stützt sich in weiten Teilen auf die gleich-
namige Broschüre, die durch den Bundesverband Deut-
scher Gartenfreunde und weitere Spitzenverbände des
Freizeitgartenbaus – basierend auf den allgemeinen                                                                    Verband der Kleingärtner,
                                                                                                                      Siedler u. Grundstücksnutzer e.V.

Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes nach                            K.D.Kerpa, BDG-Vortrag LL IPS HuK

Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG – für die Umset-
zung von Maßnahmen für den Sektor Haus- und Klein-                       Der Pflanzenschutz ist gesetzlich geregelt
garten erarbeitet wurde.                                                                                                                                          4

Siehe: http://www.kleingarten-bund.de/downloads/1_leit-                  Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutz-
linie_ips_im_huk_feb_2013.pdf                                            gesetz – PflSchG)

Eine neue Leitlinie im Kleingarten, was soll das denn                    § 1 Zweck
schon wieder?                                                            Zweck dieses Gesetzes ist,

Der Grund hierfür ergibt sich aus der Richtlinie 2009/128/                1. Pflanzen, insbesondere Kulturpflanzen, vor Schad-
EG (Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie) des Europäischen                        organismen und nichtparasitären Beeinträchtigun-
Parlaments und des Europäischen Rates vom 21. Oktober                        gen zu schützen,
2009.
                                                                          2. Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu
                                                                             schützen,
Um was geht es in dieser Pflanzenschutz-
Rahmenrichtlinie ?                                                       Manchmal muss man die Pflanzen vor dem Menschen
                                                                         schützen.
Es geht hierbei um die wichtigsten Güter, die wir haben:
                                                                         § 1 Zweck
Den Schutz der menschlichen Gesundheit und den                           Zweck dieses Gesetzes ist,
Schutz unserer Umwelt.
                                                                          3. Gefahren, die durch die Anwendung von Pflanzen-
Die Richtlinie 2009/128/EG schreibt allen Mitglied-                          schutzmitteln oder durch andere Maßnahmen des
staaten der Europäischen Union vor, die erforderlichen                       Pflanzenschutzes, insbesondere für die Gesundheit
Maßnahmen zur Förderung eines Pflanzenschutzes mit                           von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt,
möglichst geringer Verwendung von insbesondere che-                          entstehen können, abzuwenden oder ihnen vorzu-
mischen Pflanzenschutzmitteln zu treffen.                                    beugen,

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                                                    17
PflSchG Abschnitt 2 (Durchführung von Pflanzenschutz-        Anbau- u. kulturtechnische Maßnahmen
maßnahmen)
§3                                                           •  e ntsprechend den angebauten Kulturen den möglichst
Pflanzenschutz darf nur nach guter fachlicher Praxis            optimalen Standort wählen
durchgeführt werden.                                         • Anbauzeitpunkte (früher / später) variieren, um da-
                                                                durch den Infektionsdruck zu verringern
PflSchG Abschnitt 2 (Durchführung von Pflanzenschutz-        • Vermeidung hoher Saatdichte und enger Pflanzab-
maßnahmen)                                                      stände
§3                                                           • beim Anbau von Gemüse die Grundsätze von Frucht-
Die gute fachliche Praxis umfasst insbesondere                  folge und Fruchtwechsel beachten.
• die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze des integ-      • insbesondere ist auf möglichst lange Zeiträume zwi-
   rierten Pflanzenschutzes des Anhangs III der Richtli-        schen einem weiteren Nachbau der gleichen Kulturen
   nie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments.                 zu achten (mindert den Befallsdruck durch bodenbür-
                                                                tige Schadorganismen). Positiv können sich diesbe-
                                                                züglich auch Mischkulturen auswirken.
Integrierter Pflanzenschutz – was war das denn               • beim Anbau von Obst auf die erforderlichen Pflanz- u.
noch mal?                                                       Grenzabstände achten
                                                             • Bewässerung angepasst an den Bedarf der Kulturen
Integrierter Pflanzenschutz ist eine Kombination von            und an die Bodenart
Maßnahmen,bei denen die Anwendung chemischer                 • Bewässerungszeitpunkt:
Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt       	besser morgens als abends wässern (verringert die Ge-
wird.                                                           fahr von Pilzerkrankungen)
                                                             • Regel: besser seltener und reichlich gießen als täglich
Der Integrierte Pflanzenschutz schließt alle Maßnahmen          mit geringen Mengen bewässern
ein, die sinnvoll und möglich sind Pflanzen gesund zu        • kulturgerechte Düngung, (Nährstoffbedarf der Pflan-
erhalten.                                                       zen berücksichtigen)
                                                             • Überdüngung ist zu vermeiden.
Die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes sind        	(Eine Überversorgung mit Stickstoff führt zu schwa-
nach dem Pflanzenschutzgesetz von jedermann zu be-              chen, krankheitsanfälligen Pflanzen, Überdüngung
achten.                                                         mit Phosphor blockiert wichtige Spurennährstoffe)
                                                             • organische Dünger vorziehen
Die Maßnahmen und Instrumente des Integrierten Pflan-        • regelmäßige Überprüfung des pH-Wertes des Garten-
zenschutzes                                                     bodens
• chemische Maßnahmen                                        • Alle 3–4 Jahre Bodenanalyse durch ein kompetentes
• anbau- u. kulturtechnische Maßnahmen                          Bodenlabor, z.B. Lufa durchführen lassen.
• pflanzenzüchterische Maßnahmen                             • Vorbeugender Pflanzenschutz durch Pflanzenstär-
• nur hochwertiges, gesundes Pflanz- u. Saatgut ver-           kungsmittel
   wenden
• beim Gemüseanbau weniger anfällige oder resistente        Pflanzenstärkungsmittel sind Stoffe und Gemische ein-
   (tolerante) Sorten wählen                                 schl. Mikroorganismen, die ausschließlich dazu bestimmt
• auch bei Obstgehölzen auf widerstandsfähige bzw. re-      sind, allgemein der Gesunderhaltung der Pflanzen zu die-
   sistente Sorten zurückgreifen.                            nen oder Pflanzen vor nichtparasitären Beeinträchtigun-
                                                             gen zu schützen

Die Maßnahmen und Instrumente des
Integrierten Pflanzenschutzes                                Vorbeugender Pflanzenschutz durch
                                                             Pflanzenstärkungsmittel
Pflanzenzüchterische Maßnahmen
•     ur hochwertiges, gesundes Pflanz- u. Saatgut ver-
     n                                                       Pflanzenstärkungsmittel werden vomBundesamt für Ver-
     wenden                                                  braucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gemäß
                                                             PflSchG gelistet.
•    beim Gemüseanbau weniger anfällige oder resistente    Zu diesen Mittel zählen z.B. Heil- u. Wildkräuterauszüge,
     (tolerante) Sorten wählen                               Homöopathische Elixiere, Humusauszüge, aber auch
                                                             Wundverschlussmittel, Weißanstrichmittel für Obstbäu-
•    auch bei Obstgehölzen auf widerstandsfähige bzw. re-   me u.a.m.
     sistente Sorten zurückgreifen.                          Heil- u. Wildkräuterauszüge zur Pflanzenstärkung, wie

18                                                           bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
z.B. die gute, alte Brennnesseljauche lassen sich denkbar                Biotechnische Maßnahmen
einfach selber herstellen.
Wichtig ist hier, wie bei allen PfStm, die regelmäßige An-               Hierbei geht es um die Nutzung technischer Methoden
wendung!                                                                 für den Pflanzenschutz unter Berücksichtigung der Bio-
Eine große Bedeutung bezgl. der Pflanzengesundheit                       logie eines Schaderregers.
spielt das Bodenleben (EDAPHON)(die Gesamtheit der                       z.B. Leimtafeln zur Bekämpfung der Kirschfruchtfliege
pflanzlichen und tierischen Bodenlebewesen).
                                                                         Bei diesen Maßnahmen werden natürliche, physikalische
In einer Hand voll guter Gartenerde können mehr Orga-                    und teilweise auch chemische Reize ausgenutzt, die in
nismen vorkommen, als Menschen auf unserem Plane-                        der Entwicklung der Schädlinge, bei der Nahrungs- und
ten leben                                                                Partnersuche u.a. Prozessen eine Rolle spielen.

Funktion der Mikroorganismen                                             Biotechnische Maßnahmen werden häufig für
➝ Zersetzung von organischer Substanz                                    Prognosezwecke genutzt.
➝ Bereitstellung von Nährstoffen
➝ Bindung von organischer Substanz                                       So werden z.B. Pheromonfallen zur Ermittlung der Flug-
➝ Verbesserung der Bodenstruktur                                         zeitpunkte der Apfel- / Pflaumenwickler eingesetzt.
➝ Unterdrückung von schädlichen Keimen im Boden
➝ Ausscheidung sekundärer Pflanzenstoffe                                 Frisch aufgehangene Pheromonfalle für Apfelwickler-
➝ Pflanzen sind gesünder                                                 männchen. Deutlich sichtbar die Lockstoff-Kapsel.

Das Bodenleben wird positiv beeinflusst durch:                           Der Erwerbsanbau wendet seit einiger Zeit die sogenann-
• gute Humuswirtschaft                                                   te „Verwirrmethode“ an.
   (Versorgung mit Nährhumus u. Reifkompost)                             So werden z.B in Apfelanlagen viele solcher Dispender
• geeignete Gründüngung, Einarbeitung von Ernterück-                    mit dem Sexual-Lockstoff der Apfelwicklerweibchen aus-
   ständen, Mulchen                                                      gebracht.
• schonende Bodenbearbeitung                                             Dadurch werden die Männchen so „verwirrt“, dass sie die
• Verzicht auf leicht wasserlösliche Düngesalze                          Weibchen zur Begattung nicht finden und so keine be-
                                                                         fruchteten Eier abgelegt werden.

Mechanisch-physikalische Maßnahmen

Hierbei handelt es sich größtenteils um „Handarbeit“,                    Biologische Maßnahmen
z. B. das Absammeln von Raupen, Käfern oder Schnecken
                                                                         Die biologischen Maßnahmen beruhen darauf, dass nütz-
Fallen, z.B. gegen Wühlmäuse                                             liche Tiere oder Mikroorganismen geschützt, oder gezielt
Wildkräuter hacken/schuffeln/zupfen                                      zur Bekämpfung der Schädlinge eingesetzt werden.

Zu den einfachen, aber wirksamen Maßnahmen dieser                        Tiere oder Mikroorganismen, die uns bei der Schädlings-
Art, ist das möglichst zeitnahe Aufsammeln von „madi-                    bekämpfung helfen, werden als Nützlinge bezeichnet.
gen“ Äpfeln oder Pflaumen und Lagerung im Wasserbad
für 1–2 Tage.                                                            Zu den wichtigsten Nützlingen, die in unseren Gärten
➝ Die Raupen der Apfel- bzw. Pflaumenwickler ertrinken.                  vorkommen, gehören z.B.:
Hier sollten sich sinnvoller Weise alle Kleingärtner in ei-              • Vögel
ner Anlage beteiligen.                                                   • Marienkäfer und deren Larven
                                                                         • Laufkäfer
Hierzu zählt auch der sachgerechte Schnitt der Obstge-                   • Larven der Florfliegen
hölze. Gut ausgelichtete Obstgehölze trocknen besser                     • Larven der Schwebfliegen
ab, Pilzinfektionen werden reduziert. Beim Schnitt wer-                  • Schlupfwespen
den kranke Triebe entfernt. Astschere und Baumsäge                       • Spinnen
sind wichtige Instrumente im mechanisch-pysikalischen                    • Raubwanzen
Pflanzenschutz.                                                          • Raubmilben
 Leimringe gegen die Falter (Weibchen) der Frostspanner-                 • Spitzmaus und Igel
Raupen zählen ebenfalls zu den mechanisch-physikali-
schen Maßnahmen. Die flugunfähigen Weibchen bleiben                      Förderung und Nutzung natürlicher Regelmechanismen
im Leim hängen.                                                          = Nützlingsförderung

bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236                                                         19
Bereitstellung von Nisthilfen, Schaffung von Lebensräu-         •    ie Planung und Anlage von Kleinbiotopen, Rück-
                                                                    D
men, Rückzugsgebieten und Überwinterungsmöglich-                    zugsgebieten und Überwinterungshilfen, ist eine
keiten für unsere Nützlinge sind eine wichtige Grund-               wichtige Maßnahme zur Förderung natürlicher Regel-
lage, den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel                   mechanismen
einzuschränken.
                                                                Zu den biologischen Maßnahmen gehört auch insbeson-
                                                                dere der gezielte Einsatz von Nutzorganismen, die in Spe-
Maßnahmen zur Nützlingsförderung                                zial- betrieben gezüchtet bzw. vermehrt werden.

Nicht nur Nisthilfen, sondern auch Nahrung für Insekten         Diese Nützlinge kann man käuflich erwerben. Ihr Einsatz
und Kleintiere.                                                 erfolgt in der Regel in geschlossenen Räumen, z.B. in Ge-
                                                                wächshäusern.
•      ie Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) bestäubt
      D
      viele Blüten und ist nicht wählerisch.                    • Raubmilben, die gezielt gegen Spinnmilben im Ge-
                                                                  wächshaus eingesetzt werden. (z.B. gegen Spinnmil-
•      ie Seidenbiene (Colletes daviesanus) ist auf Pollen
      D                                                           ben an Gurken)
      und Nektar des Rainfarns spezialisiert.                     Anwendung von Raubmilben im Gewächshaus
                                                                	Die Raubmilben müssen frühzeitig bei beginnendem
•     L eonurus cardiaca, Herzgespann oder auch Löwen-           Befall eingesetzt werden.
       schwanz genannt, ist eine hervorragende Nahrungs-          So werden Raubmilben geliefert.
       pflanze für Wildbienen. Insbesondere Pelzbienen,
       Wollbienen und Hummeln finden sich hier ein.             • benfalls eignen sich bestimmte Schlupfwespenarten
                                                                 E
    	Diese alte, ursprünglich als Heilpflanze verwendete        zum Einsatz gegen Weiße Fliege im Gewächshaus.
       Wildstaude steht in vielen Bundesländern auf der Ro-     	
                                                                 Die zu den Schlupfwespen zählende Zehrwespe
       ten Liste.                                                ‚Encarsia formosa‘ legt ihre Eier in Larven der Wei-
                                                                 ßen Fliege. In den Larven entwickelt sich nun eine
•     Überwinterungskästen für Florfliegen sind eine gute       Schlupfwespe anstatt des Schädlings.
      Sache. Wichtig sind aber auch viele einfach blühende
      Pflanzen als Nahrungsquelle für die adulten Florflie-     	Die Schlupfwespe ist gerade mal ca. 0,7 mm groß und
      gen, die sich von Nektar ernähren. Besonders gut eig-       mit bloßem Auge kaum erkennbar.
      nen sich für Florfliegen Korbblütler als Nektarquellen.
                                                                Eine gute Lupe gehört zur Grundausrüstung jedes Fach-
•      uch Schwebfliegen sind im vollentwickeltem Stadi-
      A                                                         beraters.
      um Vegetarier.
                                                                Neben dem gezielten Einsatz von Nützlingen in geschlos-
•      ützlingsförderung durch gezielte Anpflanzung von
      N                                                         senen Räumen ist die Anwendung von bestimmten Orga-
      Lockpflanzen, z.B. auf einer kleinen „Nützlingswiese“     nismen auch im Freiland möglich.
                                                                z.B. gegen den Schädling der solche Schadbilder verur-
•  infach (ungefüllte) blühende Blumen/Stauden ver-
  E                                                             sacht.
  wenden.
	Günstig für viele Nützlinge sind Doldenblütler,               • „ Buchtenfraß“, häufig an Rhododendren zu sehen
  (= Doldengewächse) z.B.: Dill, Engelwurz, Kerbel,                „Gefurchter Dickmaulrüssler“
  Sellerie, Kümmel, Wilde Möhre, Fenchel, Liebstöckel              Käfergattung aus der Familie der Rüsselkäfer,
	u.a. Korbblütler, (= Korbblüten- oder Asterngewächse)         	(5–15mm groß). Dämmerungs- und nachtaktiv.
  z.B. Arnika, Wermut, Beifuß, Ringelblume, Purpur-             	Die Weibchen legen mehrere hundert Eier am Grunde
  farbener Sonnenhut, Gänseblümchen, Huflattich,                   der Pflanze ab.
  Kamille u.a.
	Natürlich darf bei dieser Aufzählung die Phacelia (Bie-       Dickmaulrüssler
  nenweide) nicht fehlen.                                       • Die Larven sind ca. 0,5 cm groß.
                                                                • Sie schädigen durch Wurzelfraß
•      rockenmauern sind wichtige Kleinstrukturen zur
      T                                                         • Sie sind in der Regel im April/Mai und August/Sep-
      Förderung natürlicher Regelmechanismen.                      tember bekämpfbar

•     Findet zu wenig Beachtung: Insektentränke                 Räuberische Nematoden gegen Dickmaulrüssler
                                                                • ca. 0,1mm lange Fadenwürmer
                                                                • ca. 0,02 mm dick.

20                                                              bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 236
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